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Betreutes Wohnen erfreut sich bei älteren Menschen steigender Nachfrage. Wer sich als Leistungsanbieter etablieren will, der muss wissen: Welche Erfolgsfaktoren gibt es? Wie ist das Angebot zielgruppengerecht am Markt zu positionieren? Welche Normen und Standards, welche baulichen Aspekte sind zu beachten? Autor Lutz H. Michel ist Experte für neue Wohnformen. Er schafft Klarheit im Begriffswirrwarr, gibt einen Überblick zu den verschiedenen Angeboten und praktische Einblicke in die komplexen Wohn- und Dienstleistungsprodukte. So bietet der Praxisleitfaden Orientierung bei der Konzepterstellung, beim Planen und Realisieren wie auch beim "Betrieb" betreuter Wohnanlagen. Nutzen Sie dieses Buch als wertvolles Werkzeug, um betreutes Wohnen für ältere Menschen nachhaltig zu gestalten und erfolgreich zu realisieren. Darüber hinaus bietet das Buch einen Blick über den Tellerrand nach Österreich und in die Schweiz.
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Seitenzahl: 254
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Lutz H. Michel
Betreutes Wohnen für ältere Menschen
nachhaltig gestalten und erfolgreich realisieren
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.
Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.
© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2023
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Foto Titelseite: AdobeStock, elenabsl
ISBN 978-3-7486-0655-0
1 Einleitung
2 Strukturen und Grundlagen
2.1 Begriff des „Betreuten Wohnens“
2.2 Abgrenzung zu anderen „Wohn- und Betreuungsformen“ für das Leben im Alter
2.2.1 Überblick
2.2.2 Wohn- und Dienstleistungsformen „jenseits“ des Betreuten Wohnens
2.3 Einordnung und Rahmenbedingungen
2.3.1 Demografie, Mentalitäten und Milieus als Treiber zukünftiger Entwicklungen
2.3.2 Ordnungs- und Leistungsrecht
2.3.3 Finanz- und betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen
2.4 Erscheinungsformen
2.5 Zusammenfassung
3 Erfolgsfaktoren – so gelingt Betreutes Wohnen
3.1 Die richtige Zielgruppe
3.2 Das richtige Konzept und Angebot
3.3 Kosten und Nutzen
3.3.1 Wohnkosten
3.3.2 Betreuungspauschale
3.4 Marktpositionierung – Produktgestaltung – Konkurrenz
3.5 Modularität und Integration in Leistungsketten
3.6 Zertifikate und Gütesiegel
3.6.1 Überblick
3.6.2 Normen und Standards im Betreuten Wohnen
3.6.3 Resümee
3.7 Typgesicherte und konzeptgerechte Vertragsgestaltung
3.8 Zusammenfassung
4 Betreuung und Personal
4.1 Leistungsbild „Betreuung“
4.2 Grundleistungen
4.2.1 Überblick
4.2.2 Grundleistungen Einzelheiten
4.2.3 Betreuung: Beratung, Information und Vermittlung von Wahlleistungen
4.2.4 Wahlleistungen
4.3 Optimierung der Leistungsstruktur
4.4 Personal
4.4.1 Qualitative Anforderungen an das Personal
4.4.2 Quantitative Anforderungen an den Personaleinsatz
4.5 Kosten und Leistungen – Vergütungsbemessung
4.6 Exkurs: Das Zusammenspiel zwischen Vermieter und Betreuungsträger bei der Vermietung
5 Bauliche Aspekte
5.1 Standort
5.2 Wohnanlage
5.3 Wohnungen
5.3.1 Flächen und Wohnungsmix
5.3.2 Grundrisse und Auslegung
5.3.3 Ausstattung der Wohnungen
6 Gestaltung und Vertragsgestaltung
6.1 Grundsätzliches
6.2 Konzeption und Leistungsbild
6.2.1 Das Problem: Wer leistet verschiedene (kooperierende) Leistungsanbieter oder „Alles aus einer Hand“?
6.2.2 Organisationsmodelle und Umsetzungsebenen
6.2.3 Resümee
6.2.4 Exkurs: Leistungs- und förderrechtliche Implikationen
6.3 Vertragsgestaltung
6.3.1 Alles-aus-einer-Hand-Modelle
6.3.2 Vertragsgestaltung bei den „Kooperationsmodellen“
6.3.3 Zusammenfassung/Hinweise zur „Modellwahl“
6.4 Leistungsrechtliche Implikationen in Bezug auf die Gestaltung der Angebotskonzeptionen
6.4.1 Überblick
6.4.2 Leistungsrechtliche Hilfen im Bereich der Miete/Wohnkosten
6.4.3 Hilfen im Bereich der Betreuungspauschale
6.4.4 Pflege- und Betreuungskosten
6.4.5 Zusammenfassung
6.5 Exkurs: Investmentaspekte: Fremdinvestment vs. Eigeninvestment
6.6 Zusammenfassung
7 Qualität und Qualitätssicherung
7.1 Qualitätskriterien
7.1.1 Anforderungen an den Standort
7.1.2 Konzeptionelle und bauliche Anforderungen an das Gebäude und Wohnangebot
7.1.3 Anforderungen an die Dienstleistungen
7.1.4 Qualitative und quantitative Anforderungen an das Personal
7.1.5 Anforderungen an die Transparenz und Informationen vor Vertragsschluss
7.1.6 Anforderungen an die Vertragsgestaltung
7.1.7 Anforderungen an die Qualitätssicherung
7.2 Laufende Qualitätssicherung
7.2.1 Interne Qualitätssicherung
7.2.2 Externe Qualitätssicherung
7.3 Zusammenfassung
8 Betreutes Wohnen im Verbund
8.1 Auslöser und Ausprägungen
8.2 Ordnungs- und einrichtungsrechtliche Aspekte
8.3 Wirtschaftlichkeitsaspekte
8.3.1 Die Problematik von „Quersubventionierungen“
8.3.2 „Sonderkonstellationen“
8.3.3 Zusammenfassung
9 Vorgehen in Projekten
9.1 Von der Idee zum Konzept
9.1.1 Allein oder kooperativ?
9.1.2 Wenn kooperativ, dann: mit wem und wie?
9.2 Vom Konzept zum Produkt
9.3 Zusammenwirken der Beteiligten in der Projektphase bei Kooperationsmodellen
9.3.1 Gemeinsame Schaffung des integrierten Leistungsbilds Betreutes Wohnen
9.3.2 Wechselseitige sonstige Leistungen
9.3.3 Besonderheiten aus dem Blickwinkel der DIN 77800 – Betreutes Wohnen
9.3.4 Zusammenfassung
9.4 Praxistipps zur „Modellwahl“ bei Projekten des Betreuten Wohnens
10 Länderberichte
10.1 Betreutes Wohnen in Österreich
10.1.1 Das Pflegesystem in Österreich
10.1.2 Alternative Wohnformen in Österreich
10.1.3 Arten von alternativen Wohnformen
10.1.4 Erfolgsfaktoren für alternative Wohnformen
10.1.5 Herangehensweise, Umsetzung und Erfahrung der letzten sieben Jahre im Unternehmen der Barmherzigen Schwestern Pflege GmbH
10.1.6 Ausblick
10.2 Betreutes Wohnen in der Schweiz
10.2.1 Überblick
10.2.2 Das Wohn- und Pflegemodell 2030
10.2.3 Betreutes Wohnen in der Schweiz – aktueller Stand
Literatur
Links
Autoren und Autorin
Betreutes Wohnen ist zurzeit en vogue. Sei es unter der Bezeichnung „Service Wohnen“ oder „Wohnen mit Service“ oder anderweitigen Labeln. Dabei sind zwei Trends unübersehbar: Der erste Trend ist, Betreutes Wohnen mit Tagespflegeangeboten zu verbinden, um so ein tragfähiges ambulant strukturiertes Leistungsmodell für das Wohnen mit Unterstützungsleistungen im Alter zu schaffen. Der zweite Trend zeigt sich in der Kreation von „Residenzangeboten“, die auf überaus komfortables Wohnen in Verbindung mit einem breit gefächerten Dienstleistungsangebot für das Leben im Alter abzielen. Ist der erste Trend eher durch die ambulanten Refinanzierungsmöglichkeiten geprägt, so ist der zweite Trend durch das Abzielen auf die „Silver Ager“ mit entsprechenden verfügbaren Einkommen charakterisiert.
Dabei ist es sowohl die Immobilienseite, die als Treiber derartiger Angebote auftritt, als auch die Dienstleisterseite, letztere v. a. in Gestalt von Erbringern ambulanter Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Immobilienseite lässt sich gegenwärtig stark vom Trend zum „Betongold“ leiten, die ambulanten Pflege- und Betreuungsdienstleister erkennen in betreuten Wohnformen, so auch im Betreuten Wohnen, die Option, ihre Dienstleistungen lokal zu clustern, um so Effizienzvorteile zu erreichen, sprich: die Ineffizienzen der „fahrenden Dienste“ zu vermeiden, ein breiteres Personalspektrum einsetzen zu können, nämlich nicht nur Pflegekräfte, und damit Kundenbindung zu betreiben wie auch neue Kundengruppen zu erreichen.
Beiden Anbietergruppen ist gemeinsam, dass ihnen die Spezifika des „Betreuten Wohnens“ vielfach entweder fremd sind oder sie perspektivisch als Wohnungsanbieter oder vice versa Pflegeanbieter an das Thema herangehen. Dabei ist weder das eine noch das andere zielführend: Betreutes Wohnen ist ein komplexes Wohn-/Dienstleistungsprodukt, das eigene Erfolgsfaktoren aufweist.
Dieser Praxisleitfaden soll den interessierten Anbietern Orientierung bei der Konzeptionierung, Planung und Realisierung wie auch dem „Betrieb“ betreuter Wohnanlagen geben. Gleichfalls kann er den Beratern und Finanziers als Leitfaden für die Identifikation erfolgversprechender Angebote und kompetenter Anbieter dienen. Und er bietet einen Blick über den Tellerrand nach Österreich und in die Schweiz: Die Beiträge von Jana Bockholdt zu den Tendenzen Betreuten Wohnens in Österreich und von Dr. Markus Leser und Prof. Dr. Lorenz Imhoff zu den Entwicklungen in der Schweiz geben eine Fülle von Anregungen, Wohnen mit Service grenzüberschreitend – vor allem im übertragenen Sinn des Wortes! – weiterzudenken. Ihnen sei hierfür besonders gedankt!
Und last not least: Herzlich sei auch dem Vincentz-Lektorat und hier insbesondere Bettina Schäfer und Klaus Mencke für die geduldige, kreative und sehr gelungene Umsetzung der Rohtexte und -grafiken des Autors gedankt, die das Buch erst für die geschätzten Leser zu dem gemacht hat, was es sein soll: eine übersichtliche und lesbare Handreichung für die praktische Arbeit!
Köln/Marbella, Juni 2023
Lutz H. Michel
Der Begriff „Betreutes Wohnen“ und das dahinterliegende Wohnangebot sind in Deutschland schillernd. Betreutes Wohnen ist maßgeblich gekennzeichnet durch zwei Betrachtungsdimensionen:
durch die Eingrenzung dessen, was gemeinhin unter dem Begriff „Betreutes Wohnen“ verstanden wird, was relevante Quellen darunter verstehen und was vor dem Hintergrund der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen darunter verstanden werden sollte,
sowie
durch die Abgrenzung zu anderen sog. „Neuen Wohnformen und -konzepten“, die „wohnnahe“ Betreuungsangebote, wie z. B. ambulant betreute Wohngemeinschaften, sog. gemeinschaftliches Wohnen und anderes, umfassen.
Die Begrifflichkeit „Betreutes Wohnen“ ist trotz der föderalen Heimgesetzgebung und Standardisierungen nach wie vor schillernd. Unter die Bezeichnungen „Betreutes Wohnen“, „Wohnen mit Service“ und “Service-Wohnen“ werden so unterschiedliche Wohnangebote wie Altenwohnheime, Seniorenresidenzen, an Pflegeheime angegliederte Pflegewohnungen, „normale“ Wohnungen, die mit einem mehr oder minder inhaltsleeren Servicevertrag mit einem Dienstleister Sicherheit im Alter versprechen, aber auch unverkäufliche und sodann „umgelabelte“ Eigentumswohnungen und anderes gefasst. Zudem stellt sich eine begriffliche, nicht sachliche Nähe zum Betreuten Wohnen der Eingliederungshilfe dar, was die babylonische Begriffsverwirrung eher fördert, denn klärt.
Dies findet seinen Grund darin, dass sich der Begriff „Betreutes Wohnen“ qua lege bis Mitte 2008 nur in einer gesetzlichen Norm, nämlich dem Heimgesetz – und zwar in Abgrenzung zur „heimmäßigen Unterbringung“ in § 1 HeimG – fand und ansonsten sich nur die Gerontologie, die Seniorenwirtschaft und am Rande in marginalem Umfang auch die Immobilienwirtschaft mit den konzeptionellen Fragestellungen in Bezug auf serviceorientierte Seniorenwohnkonzepte beschäftigten. Erst mit der Typisierung von Angebotsformen in vielen Landesheimgesetzen ist dies etwas anders geworden. In gerontologischer Hinsicht hat erstmals Saup das Betreute Wohnen wissenschaftlich bearbeitet und es in den Zusammenhang mit selbstständigem Leben und Wohnen im Gegensatz zur „heimmäßigen Unterbringung“ in stationären Einrichtungen gestellt. Für ihn ist das Betreute Wohnen eine „unterstützende Wohnform“ mit der Zielsetzung, so lange und so weitgehend wie möglich Substitut von Pflege und Betreuung in einer stationären Einrichtung zu sein. Dieses Verständnis ist auch für die föderale Regelung dieser Wohnform in den Heimgesetzen prägend geworden.
So findet man mittlerweile 16 Regelungen dieser Wohnform, teils in der Begrifflichkeit Betreutes Wohnen, teils sich davon bewusst absetzend unter Verwendung von Begriffen wie Service-Wohnen oder Wohnen mit Unterstützungsleistungen. Dabei stehen hinter den Begriffen auch differenzierte Definitionen und Abgrenzungen.
Weitere Definitionen und Begriffsklärungen finden sich maßgebend in den Gütesiegeln Betreutes Wohnen Baden-Württemberg sowie Nordrhein-Westfalen sowie in der DIN 77800 – „Qualitätsanforderungen an die Anbieter der Wohnform Betreutes Wohnen für ältere Menschen“.
Im Gütesiegel „Betreutes Wohnen Baden-Württemberg“ wird unter Betreutem Wohnen die Verbindung der Zielsetzung, auch im Alter ein selbstständiges und unabhängiges Leben in vertrauter Umgebung zu ermöglichen, mit der anderen Zielsetzung, dem im Alter stärker werdenden Bedürfnis nach Sicherheit, nach bedarfsgerechter Unterstützung und Hilfe sowie einer möglichst praktisch und bequemen Gestaltung der Wohnung zu vereinen, also selbstständiges Wohnen mit eigener Haushaltsführung zu fördern und gleichzeitig die Sicherheit bedarfsgerechter Hilfe zu gewährleisten, verstanden. Dieses Verständnis wurde sodann von den zeitlich nachfolgenden Standardisierungsprojekten aufgenommen und weiterentwickelt.
Die Dokumentation zum Qualitätssiegel NRW erspart sich einen eigenen Definitionsversuch und stellt vielmehr auf die Merkmale ab, die sich durchgängig in den Begriffsklärungen finden: seniorengerechtes bzw. barrierefreies oder barrierearmes Wohnen in Selbstständigkeit und Selbstbestimmung mit einer Grundlage an Sicherheit und Unterstützung.
Die DIN 77800 – Betreutes Wohnen entwickelte eine eigenständige Definition, indem die Wohnform „Betreutes Wohnen“ gegenüber der (gesetzlich geregelten) Wohnform „Heim“ abgegrenzt wird.
Die Norm definiert Betreutes Wohnen wie folgt:
„Leistungsprofil für ältere Menschen, die in einer barrierefreien Wohnung und Wohnanlage leben, das Grundleistungen/allgemeine Betreuungsleistungen und Wahlleistungen/weitergehende Betreuungsleistungen umfasst.“
Ergänzt wird diese Definition durch eine qualitative Abgrenzung zum Heim:
„Das Leistungsprofil unterstützt eine selbstständige und selbstbestimmte Haushalts- und Lebensführung und die Einbindung in soziale Strukturen der Hausgemeinschaft und des Wohnumfeldes. Das Leistungsprofil des Betreuten Wohnens orientiert sich nicht am Heim im Sinne des Heimgesetzes.“
Nimmt man diese Begriffsklärungen zusammen, so ergibt sich eine eigene Begrifflichkeit, die diesem Praxisleitfaden zugrunde gelegt wird:
„Betreutes Wohnen ist ein Leistungsprofil für ältere Menschen, das einerseits die Leistungskomponente „Wohnen“ in Form einer barrierefreien Wohnung und Wohnanlage und andererseits die Leistungskomponente „Dienstleistungen“ in Gestalt der Ausformung eines Grundleistungspakets umfasst. Das Grundleistungspaket ist integrierter Bestandteil des Leistungskonzepts dergestalt, dass es mit dem Wohnen eine vertraglich kombinierte Leistung (Kopplung) darstellt und inhaltlich wenigstens eine Basissicherheit bietet. Die Basissicherheit entsteht in Gestalt der Hausnotrufsicherung, der Beratung und Betreuung in Form allgemeiner Unterstützungsleistungen, ergänzt um die Vermittlung von Wahlleistungen, die ihrerseits fakultativen Charakter besitzen.“
Diese Definition korrespondiert mit den ordnungsrechtlichen Regelungen, die Anwendung finden (können) und die bei der individuellen projektbezogenen Gestaltung der Konzepte und Angebotsvarianten zu beachten sind. Relevant ist allein die Verbindung der beiden Leistungskomponenten einerseits und der skizzierte Minimum-Inhalt an Leistungen, insbesondere der obligatorischen Leistungsmodule andererseits.
Neben dem Betreuten Wohnen gibt es eine Vielzahl anderer Angebote, die vom Betreuten Wohnen abzugrenzen sind:
Betreuungs- und Pflegeangebote ohne Wohnkomponente,
Stationäre Betreuungs- und Pflegeangebote,
ambulant Betreutes Wohnen,
ambulant Betreute Wohngemeinschaften/Demenz-Wohngemeinschaften,
Gemeinschaftliches Wohnen,
Mehrgenerationen-Wohnen,
Betreutes Wohnen zu Hause,
Wohnungswirtschaftliche Servicekonzepte für Senioren.
Diese werden nachfolgend abgegrenzt.
Wie bereits soeben angedeutet, grenzt sich Betreutes Wohnen von diversen anderen „Wohn- und Betreuungsformen“ ab.
Die für die Gestaltung ambulanter Wohnkonzepte relevanten Wohn- und Versorgungsformen sind Legion. Sie sind schillernd und auch nur wenige Typen haben – was die Orientierung teils erleichtert, teils aber auch erschwert – eine gesetzliche Regelung erfahren. Das gilt für das „Heimrecht“, also die Landeseinrichtungsrechte, wie auch für das Leistungsrecht, also das SGB V und SGB XI, wie auch das SGB XII, und auch das öffentliche Baurecht, also das Bauplanungsrecht wie auch das Bauordnungsrecht.
Nach Obigem sind dabei stets zwei Kernbegriffe mitzudenken: „Leben in einem (privaten) Wohnsetting“ oder „Leben in einer (institutionalisierten) Einrichtung“.
Es handelt sich um
Betreuungs- und Pflegeangebote ohne Wohnkomponente, also ambulante Versorgung im eigenen privaten zu Hause,
Betreutes Wohnen (Wohnen mit integrierten allgemeinen Unterstützungsleistungen) – hier im Mittelpunkt stehend und oben definiert,
Stationäre Betreuungs- und Pflegeangebote („Altenpflege- und Betreuungseinrichtungen, „EULA’s etc.),
ambulant Betreutes Wohnen (in der Eingliederungshilfe),
ambulant Betreute Wohngemeinschaften/Demenz-Wohngemeinschaften,
Gemeinschaftliches Wohnen (z. B. in Baugruppenmodellen),
Mehrgenerationen-Wohnen (ob nun institutionalisiert oder nicht),
Wohnungswirtschaftliche Servicekonzepte für Senioren („Sozialhausmeister“)
und systematisch nicht ganz korrekt: Tages- und auch Nachtpflegeangebote als „teilstationäre“ Angebote ohne Wohncharakter.
Die Wohnangebote staffeln sich nach folgender „Servicepyramide“:
Abbildung 1: Servicepyramide
Will sich ein ambulanter oder stationärer Leistungsanbieter wie aber auch ein Immobilienentwickler/Investor dem Thema annähern, muss er sich die Unterschiedlichkeit der „Typen“ bewusst machen:
Betreuungs- und Pflegeangebote in der eigenen Häuslichkeit
Wenn ältere hilfsbedürftige Menschen Hilfsangebote, seien es Betreuungsangebote und/oder pflegerische Hilfen oder nur hauswirtschaftliche Unterstützung in der eigenen Häuslichkeit je nach aktuellem Bedarf von unterschiedlichen Leistungsträgern, selbst organisieren, so liegt kein „Betreutes Wohnen“, sondern eine „klassische“ ambulante Versorgung im Rahmen des SGB XI und SGB V in Form von „häuslicher (Kranken-)Pflege und Betreuung“ vor, da es konzeptionell an der organisatorischen Bündelung von Dienstleistungen und deren institutionalisierter Verbindung mit Wohnangeboten fehlt. Daran ändert sich auch nichts, wenn etwa eine Wohnungsgesellschaft eine Kooperation mit einem Pflegedienst im Rahmen eines „Quartierskonzepts“ eingeht. Die häusliche Versorgung bleibt „klassische“ ambulante Pflege.
Stationäre Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen
Die gegenüber der soeben skizzierten Leistungsform „häusliche ambulante Pflege“, aber auch des „Betreuten Wohnens“ diametral entgegengesetzte Leistungskonzeption ist die der stationären Pflege in eigens dafür vorgesehenen Einrichtungen, also das klassische Pflegeheim. Unabhängig davon, wie dieser Typ ordnungsrechtlich mit jur. Begriffen belegt wird, maßgeblich ist, dass diese Einrichtungen einerseits strukturell wie aber auch leistungsbezogen den Charakter von „Einrichtungen“ haben, also die Allokation von personellen und sächlichen Mitteln, die den Zweck haben, die in ihnen lebenden Menschen in allen Belangen zu versorgen. § 13 Abs. 2 SGB XII beinhaltet eine Legaldefinition von Einrichtungen, die insofern als Anhalt genommen werden kann, als sie auf die Gesamtverantwortung für den Hilfeprozess beim Einrichtungsträger abstellt. Entscheidend ist, dass ein „Träger“ ein integriertes Wohn-, Pflege- und Betreuungsangebot inkl. Verpflegung unter einheitlicher konzeptioneller Verantwortung macht, das nicht individueller Gestaltung durch denjenigen, der es abnimmt, unterliegt.
Entscheidend ist insofern, dass Wohnen und qualifizierte Dienstleistungen, nämlich hauswirtschaftliche Versorgung, Verpflegung, Betreuung und pflegerische Versorgung, integrierte Teile eines Einrichtungsganzen sind, in rechtlicher und organisatorischer Hinsicht einem Einrichtungsträger zugeordnet sind und dieser die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Hilfebedürftigen übernimmt. Maßgebend ist, dass die Gesamtverantwortung für den Hilfeprozess beim Einrichtungsträger liegt.
Diese Grenzziehung hat immense Bedeutung in Bezug auf die Abgrenzung zu „mehrgliedrigen Verbundangeboten“.
Ambulant betreute Wohngemeinschaften
Ambulant betreute Wohngemeinschaften verlangen, dass sich Menschen zum gemeinschaftlichen Zusammenwohnen in einem Haushalt unter gemeinschaftlicher Haushaltsführung zusammenfinden. Sie haben einen gemeinschaftlichen Haushalt zu führen. Dieser kann von einem oder mehreren Dienstleistern unterstützt werden, aber der darf nicht durch ihn „geführt“ werden: Ist Letzteres der Fall, so mutiert die Wohngemeinschaft zur Einrichtung – siehe oben. Entscheidendes Kriterium für sog. selbstorganisierte Wohngemeinschaften ist die Selbstbestimmung der Mitglieder der Wohngemeinschaft in der Gestaltung ihres Lebensumfeldes, spezifisch in der Wahl der erforderlichen Dienstleistungen und Dienstleister. Die andere Kategorie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Dienstleister, regelmäßig ein ambulanter Pflegedienst, als Initiator der Wohngemeinschaft agiert, das organisatorische Rückgrat bildet, als maßgeblicher (Pflege-)Dienstleister in der Wohngemeinschaft entweder aufgrund eines gekoppelten Vertragsverhältnisses oder einer sonstigen rechtlichen Gestaltung agiert, die vertraglich wie auch faktisch ein „Alles-aus-einer-Hand“-Dienstleistungspaket bildet. Bei diesen anbietergesteuerten Wohngemeinschaften hat das Mitglied der Wohngemeinschaft auch die Betreuungs-, wenn nicht sogar auch Pflegeleistungen obligatorisch von dem initiierenden Dienstleister zu beziehen.
Abbildung 2: Struktur der ambulant betreuten Wohngemeinschaften
Der entscheidende Unterschied zum Betreuten Wohnen liegt also in Dreierlei: Erstens wird im Betreuten Wohnen ein individueller, selbstständiger Haushalt geführt, wohingegen in Wohngemeinschaften ein gemeinschaftlicher Haushalt gestaltet wird. Zweitens findet das Wohnen im Betreuten Wohnen in einer singulären „Einzelwohnung“ in Privatheit statt und nicht in einer „Gemeinschaftswohnung“ mehrerer Personen. Drittens ist das Leistungsbild der Dienstleistungen gegenüber demjenigen in Wohngemeinschaften einerseits auf selbstständiges Leben fokussiert und andererseits auf „allgemeine Unterstützungsleistungen“ reduziert, wohingegen in Wohngemeinschaften die Pflege- und weitergehenden Betreuungsleistungen typbestimmend sind.
Ambulant betreutes Wohnen/Betreutes Wohnen für Behinderte und bei besonderer Hilfebedürftigkeit
Ambulant betreutes Wohnen gem. §§ 53, 54 SGB XII betrifft in der Zielgruppe und in der Leistungsstrukturierung einen vollkommen anderen Sachverhalt als das „Betreute Wohnen für Senioren“: hier geht es um die Wiedereingliederung Kranker und Behinderter in ein „normales“ Leben.
Gemeinschaftliches Wohnen
Gemeinschaftliche Wohnprojekte sind dadurch gekennzeichnet, dass sich – i. d. R., aber nicht zwingend – ältere Menschen zusammenfinden, um in einer Art „Bauherren-Gemeinschaft“ sich ein gemeinsames Zuhause zu schaffen. Diese Selbstorganisation des Bauens kann in Bezug auf die Dienstleistungsstruktur in eine Art „Wohnen mit Dienstleistungen“ münden, unterscheidet sich dann aber von Betreutem Wohnen dadurch, dass die Mitglieder des gemeinschaftlichen Wohnprojekts regelmäßig in einer Auftraggebergemeinschaft agieren, die derjenigen selbstorganisierter ambulant betreuter Wohngemeinschaften ähnelt. Das klassische Betreute Wohnen weist hingegen eine Dualität zwischen mehreren unabhängig voneinander agierenden Personen ohne eine rechtliche Verbindung untereinander und einem dritten Dienstleister auf, zu dem jeweils getrennte Vertragsverhältnisse begründet werden.
Mehrgenerationen-Wohnen
Die Wohnform des Mehrgenerationen-Wohnens weist als Spezifikum auf, dass es sich um gemeinschaftsorientierte Wohnformen handelt, deren Merkmal die Mischung der Generationen und eine konzeptionelle Integration der Bewohner unterschiedlichen Alters im Hinblick auf wechselseitige Hilfe- und Unterstützungskonzepte ist. Altersbezogene Hilfe und Unterstützungsangebote muss sich der jeweilige Bewohner – ggf. mithilfe sozialer Organisationen – selbst organisieren. Eine Basissicherheit wie beim Betreuten Wohnen findet sich nicht zwingend. Dies hindert nicht, dass sich in einem „Mehrgenerationen-Wohnprojekt“ auch Elemente des Betreuten Wohnens finden können, also i. d. R. ein niedrigschwelliges Dienstleistungsangebot.
Betreutes Wohnen zu Hause
Als Abwandlung des Betreuten Wohnens und prinzipiell eine Ausprägung der normalen Versorgung in der Häuslichkeit findet sich ohne die Komponente der Zurverfügungstellung von Wohnraum in Verbindung mit einem Grunddienstleistungspaket die Vorhaltung und Erbringung von seniorenorientierten Dienstleistungen in den eigenen vier Wänden außerhalb einer spezifisch seniorenbezogenen Wohnanlage. Der Leistungsumfang besteht regelmäßig aus dem Hausnotruf und ergänzenden Beratungsdienstleistungen und soziokulturellen Angeboten, nicht jedoch einer lokalen Präsenz von Betreuungsmitarbeitern. Personelle Präsenz gibt es in der Regel in der Form von regelmäßigen Hausbesuchen im Rahmen des Betreuungsangebots. Es handelt sich also um disloziertes „Einzelwohnen“ und nicht um geclustertes Wohnen für eine definierte Zielgruppe unter einem Dach.
Wohnungswirtschaftliche Servicekonzepte für Senioren
Die wohnungswirtschaftlichen Servicekonzepte für Senioren beinhalten im Wesentlichen sog. niedrigschwellige Angebote in Form von Vermittlungsangeboten des Wohnungseigentümers, die in der Regel als Wahlleistungen den Hausnotruf und andere hauswirtschaftliche und ähnliche Angebote umfassen. Es handelt sich dabei mehr um wohnungsbezogene Leistungen als um Betreuungsleistungen. In der Regel handelt es sich um individuell von Wohnungsgesellschaften entweder selbst oder über eine Kooperation mit sozialen Dienstleistern und/oder Pflegediensten initiierte und vorgehaltene Dienstleistungskonzepte für ältere Mieter in ihren Wohnungsbeständen. Es handelt sich um ein mehr oder minder unterschiedlich ausgestaltetes, häufig auch auf ehrenamtlichen Strukturen basierendes Angebot, das älteren Menschen helfen soll, weiterhin in ihren angestammten Wohnungen wohnen zu können.
2.2.3Zusammenfassung
Betreutes Wohnen ist also nur das, was ein trägerunabhängiges, auf Selbstständigkeit und Individualität ausgerichtetes Wohnen mit einem Mindestmaß an Sicherheit ist. Die benachbarten Wohnformen weisen grundsätzlich andere Zielsetzungen, Leistungsbilder und auch andere Rahmenbedingungen ordnungs- wie auch leistungsrechtlicher Art auf. Dies zwingt, auf „Typenklarheit“ zu achten.
Entwicklung und Betrieb von Betreutem Wohnen hat entscheidend die Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, innerhalb derer sich Wohnen mit Service abspielt. Es handelt sich um
tiefgreifende Veränderungen in Bezug auf Demografie, Mentalitäten und Milieus
das Aufkommen neuer integrierter Wohnkonzepte und Wohnformen,
Veränderungen in der leistungsrechtlichen und versicherungsrechtlichen Einordnung der Leistungsformen, die mit „Wohnen im Alter“ verbunden werden,
detaillierte öffentlich-rechtliche Rahmensetzungen für die „Produktgestaltung“, wobei dies nicht nur das Betreute Wohnen an sich, sondern viel stärker die benachbarten Versorgungsformen „Wohngemeinschaft“ und „Heim“ betrifft.
Die soeben skizzierten Angebotsformen bewegen sich damit in drei Dimensionen: die erste Dimension ist die der Demografie und Mentalitäten, die zweite ist die der rechtlichen Rahmensetzungen und die dritte die der Betriebs- und Finanzwirtschaft.
Demografie bedeutet in Bezug auf die „älterwerdende Gesellschaft“ vor allen Dingen einen Anstieg der hochaltrigen Bevölkerungsgruppen mit der Konsequenz des steigenden Bedarfs an Betreuungs- und Pflegedienstleistungen. Weniger das Wohnangebot an sich, vielmehr das Unterstützungsangebot ist wichtig. Das gilt insbesondere auch in Bezug auf den Trend zur „regionalen Entvölkerung“, also das Problem, altersgerechte Infrastrukturen aufrechtzuerhalten und das auch noch angesichts des sich verstärkenden Mangels an Human Resources im Bereich vor allem der stationären Pflege, aber nicht nur da. Hinzukommt, dass die „mentale“ Präferenz zum Wohnen im Heim nicht steigt, sondern eher zurückgeht. Die Pflege zu Hause wird präferiert – was zu Hause auch immer meint.
Zudem befindet sich die Lebens- und Wohnform Betreutes Wohnen als spezifische, „institutionalisierte“ Wohnform in Konkurrenz mit ähnlichen, ebenfalls serviceorientierten Wohnformen. Es sind dies Wohngruppenmodelle, Formen ambulant betreuter Wohngemeinschaften, eigenorganisiertes Wohnen mit selbstorganisierter Unterstützung, Betreutes Wohnen zu Hause und Ähnliches.
Je dichter das Angebotsnetz dieser Konzepte wird, desto geringer wird der Bedarf an „institutionalisierten“ Wohnformen. Nimmt man zudem in den Blick, dass das klassische Pflegeheim zunehmend von „vorstationären“ Konzepten substituiert werden soll und werden wird, so ist schon heute zu konstatieren, dass sich hieraus der Trend ergibt, dass Betreutes Wohnen im Kontext versorgungsintensiverer Angebote (Wohngemeinschaften, Tagespflege) zunehmend zur Alternative zu stationären Angeboten wird. Treiber hier ist auch die ambulante Finanzierungsstruktur. Die verstärkt zu beobachtenden „Versorgungsketten“ wie auch „Verbundangebote“ sind hierfür beredter Beleg.
Abbildung 3:Leistungsdichte von Wohnformen mit Dienstleistungen im Alter
Neben den soeben erwähnten Aspekten stehen die öffentlich-rechtlichen Rahmensetzungen für die Gestaltung des Produkts Betreutes Wohnen. Mit der durch die Föderalismusreform evozierten Zersplitterung der Landesheimrechte bzw. Landes-Einrichtungsrechte ist ein öffentlich-rechtlicher Flickenteppich in Deutschland entstanden, in dem die Bandbreite der Regelungen und Regelungsintensivität in Bezug auf Betreutes Wohnen von dem juristischen Status quo des – überholten – § 1 Abs. 2 Heimgesetz bis hin zu einer „Verstaatlichung“ des Betreuten Wohnens und einer faktischen Gleichbehandlung mit stationären Einrichtungen reicht. Die bundesrechtliche Regelung des Einrichtungs-Zivilrechts durch das WBVG tut ihr Übriges, die Komplexität selbst klar strukturierter Angebote in Form von Grund- und Wahlleistungen mit Abgrenzungsfragen und Gestaltungsoptionen anzureichern.
Zu den einrichtungsrechtlichen Rahmenbedingungen kommen zudem Aspekte des öffentlichen Bau- und Planungsrechts und zwar der Regelungen zur Zulässigkeit von Vorhaben gem. BauGB wie zur baulichen Gestaltung durch die Landesbauordnungen. Hier gilt zunächst, dass Betreutes Wohnen „Wohnen“ ist und dass eine betreute Wohnanlage kein Altenpflegeheim oder eine andere Einrichtung zum Wohnen und der Pflege älterer Menschen ist. Das ist die Hauptweichenstellung. Zusätzlich gewinnt bei Kombinationsangeboten Relevanz, was dem Betreuten Wohnen baulich „unter einem Dach“ weiter zugeordnet wird. Je nachdem, um welche Nutzungsarten und welche baulichen Komponenten es sich handelt, steht die Immobilie nicht mehr (nur) unter dem öffentlichen Baurecht für Wohngebäude, sondern kann schnell unter die Kategorie von Sonderbauten mit strengeren Anforderungen, insbes. des Brandschutzes, fallen.
Daraus ergibt sich, dass es bei der Konzeption von derartigen mehrgliedrigen Wohnangeboten zu kurz gesprungen ist, nur auf die einrichtungsrechtlichen Aspekte zu achten.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Bereiche:
der landesspezifisch definierte Rahmen des Einrichtungsrechts-/Ordnungsrechts,
der bundeseinheitlich festgelegte Rahmen des Leistungsrechts und
der ebenfalls überwiegend bundesrechtlich determinierte Rahmen des Immobilienrechts.
Diese drei Bereiche sind bei allen Gestaltungsüberlegungen zwingend zu beachten, will man nachhaltig wirtschaftliche Angebote, insbesondere Angebotskombinationen, konzeptionieren und vermeiden, ungewollt in Kategorien zu kommen, die konzeptionell nicht angestrebt werden.
Im Bereich des Ordnungsrechts sind im Hinblick auf die Gestaltung der Wohnangebote mit Dienstleistungen vor allem die Regelungen in den 16 Landesheimgesetzen relevant, die – ganz unterschiedlich ausgeformt – drei Typen erfassen:
das "Betreute Wohnen“,
die „ambulant betreuten Wohngemeinschaften“ und
die voll- und teilstationären Versorgungsformen „Heim“ und „Tages- und Nachtpflege“.
Eine weitgehende Einheitlichkeit in der Definition wie auch in der Einbeziehung in den Geltungsbereich der Einrichtungsgesetze besteht nur bei den vollstationären Angeboten. Einheitlichkeit der Definition, aber Unterschiedlichkeit bei der Einbeziehung in die Geltung des Ordnungsrechts gibt es bei den teilstationären Tages- und Nachtpflegen. Beim Betreuten Wohnen variieren die Definitionen und auch die Grenzziehungen zur Geltung des Einrichtungsrechts.
Eine grobe erste Orientierung mag das nachfolgende Schaubild geben:
Abbildung 4: Wohnangebote im Landeseinrichtungsrecht
Die Struktur bei dem „Betreuten Wohnen“ verdeutlicht grundsätzlich das nachfolgende Schaubild:
Abbildung 5: Leistungsstruktur Betreutes Wohnen
Aus dieser landesrechtlich unterschiedlichen Lage ergibt sich zum Thema Gestaltung, Betriebswirtschaft und Leistungsrecht Dreierlei:
Die Gestaltungsentscheidung ist wesentlich abhängig von der ordnungsrechtlichen Lage: die auf den ersten Blick organisatorisch-vertragsrechtlich „optimale“ Gestaltung des Betriebs ist dann u. U. keine „optimale“ mehr, wenn etwa die ordnungsrechtlichen Vorgaben dazu führen, dass die entstehenden Kosten nicht mehr refinanzierungsfähig sind oder die Folgen „unternehmenspolitisch“ unerwünscht sind.
Die Betriebswirtschaft hängt wesentlich von der Gestaltung ab.
Die Refinanzierungsfähigkeit qua Leistungsrecht basiert wiederum auf der Betriebswirtschaft, die eben ihrerseits wesentlich vom Ordnungsrecht beeinflusst wird.
Es handelt sich um einen „strategischen Zirkel“.
Abbildung 6: Strategischer Zirkel
Als Folgerung hieraus ist zu ziehen: Jede Gestaltungsentscheidung hat sich zwingend auf die ordnungs- und leistungsrechtlichen Rahmen einzustellen, da diese die Betriebswirtschaft vorgeben.
Leistungsrecht
Der leistungsrechtliche Rahmen für die hier interessierende Wohn- und Versorgungsform des Betreuten Wohnens ist „ambulant“: Die Versorgung findet in der Häuslichkeit statt. Die Versorgung in den hier auch mitbehandelten Tagespflegeangeboten ist „teilstationär“. Zu beachten ist, dass die Kombination u. U. zu einem „vollstationären“ Angebot führen kann.
Dieser Grundsatz bestimmt:
die Frage der „Philosophie“,
die Frage der Gestehungskosten,
die Frage der Platzierung und Vermarktung der Angebote und vor allem
die Frage: Wer bezahlt was, also die leistungsrechtliche Refinanzierung.
Häusliche Pflege und Betreuung ist ein Thema der §§ 36 ff. SGB XI und §§ 37, 11, 132 SGB XI. Die Versorgung in der Tages- und Nachtpflege richtet sich nach §§ 41 ff. SGB XI.
Liegt eine hier im Mittelpunkt stehende häusliche Versorgung vor, so richtet sich diese ungeachtet, in welcher Häuslichkeit diese stattfindet, nach den obigen Vorgaben. Liegt keine Versorgung in der Häuslichkeit vor, so richtet sich das leistungsrechtliche Regime nach §§ 43 ff. SGB XI bzw. in den erwähnten Tages- und Nachtpflegen nach §§ 41 ff. SGB XI.
Es gilt dabei der Grundsatz, dass nicht gedeckte Kosten zulasten des Versorgungsbedürftigen gehen. Kann er diese nicht aufbringen, so kommt als weiterer Kostenträger der Sozialhilfeträger ins Spiel. Seine Eintrittspflicht ist im hier relevanten Bereich der Unterstützung für Pflege und Betreuung im Alter in §§ 41 ff., 70 f. SGB XII und §§ 61 ff. SGB XII geregelt.
Dies gilt auch im Bereich der häuslichen Versorgung und insbesondere auch im Bereich der Pflege und Betreuung im Betreuten Wohnen und wird von den ambulanten Diensten gegenwärtig noch viel zu gering eingeschätzt, obgleich die „Sozialhilfequote“ tendenziell auf 40 % bis 50 % zusteuert, d. h. jeder zweite Nutzer/Kunde anspruchsberechtigt ist. Noch viel zu häufig wird in den Grenzen der ambulanten Sachleistungspauschalen gedacht und dann werden die Leistungen reduziert angeboten, obgleich Kostenträger für „mehr“ zur Verfügung stehen.
Entscheidend ist, dass die Vertragsstruktur klar ist: Maßgeblich ist ein „Dreiecksverhältnis“ mit den drei Beteiligten „Kostenträger“/„Leistungserbringer“ und „Leistungsempfänger“/„Kunde“.
Abbildung 7: Sozialrechtliches Dreiecksverhältnis
Der Leistungserbringer erbringt hiernach seine Leistung aufgrund eines Dienstleistungsvertrags mit dem Kunden im Auftrag von und für den Kostenträger aufgrund einer mit dem Kostenträger geschlossenen Vereinbarung („Versorgungsvertrag ambulant“). Fehlt ein vertragliches Glied, so scheitert nicht die Leistungserbringung an sich, aber die Refinanzierung der Leistung im Verhältnis Leistungserbringer – Kostenträger.
Damit gewinnen für Leistungserbringer die „Versorgungsverträge“ mit den Pflegekassen, denen der Kostenträger Sozialhilfe beigetreten ist, immense Relevanz für die Herstellung einer stabilen Wirtschaftlichkeit.
Im Bereich des Leistungsrechts ist zudem nach den wegweisenden Entscheidungen des BSG im September 2020 dem Modell des „Betreuten Wohnens in Mieterwohngruppen“ besondere Aufmerksamkeit zu widmen, um die Leistungen des § 38a SGB XI für die Mieter zu mobilisieren.
Immobilienrecht
Wie der Begriff Betreutes Wohnen als kombiniertes „Wohn- und Versorgungsangebot“ bereits sagt, handelt es sich um einen Angebotstyp, der mit der Immobiliennutzung in institutionalisierter Verbindung steht: Keine Grundleistung im Betreuten Wohnen ohne die Wohnraumnutzung, womit die Gestaltung der Immobiliennutzungsverhältnisse in den Blick kommt.
Sofern der Immobilieneigentümer selbst nicht Wohnraumüberlassung und Dienstleistungen aus einer Hand selbst erbringen will, sind zwei Ebenen bei der Organisation der Immobiliennutzung mit dem Ziel der Nutzungsüberlassung von privatem Wohnraum zu unterscheiden:
Die erste Ebene ist: Wie verschafft sich der Dienstleister oder der Vermieter erforderlichenfalls die Nutzungsmöglichkeit an der Immobilie, in der er für seine Kunden Wohnraum überlassen oder Dienstleistungen erbringen will?
Die zweite Ebene ist: Wie wird zwischen dem über die Nutzung der Immobilie Berechtigten – sei es der Eigentümer, ein Generalmieter oder eben der Dienstleister selbst – die Nutzungsüberlassung an „privatem Wohnraum“ organisiert?
Mehrere Varianten sind aus der Sicht des Eigentümers denkbar:
Der Eigentümer vermietet selbst, ein von ihm unterschiedener Dienstleister erbringt die Dienstleistungen, wobei entweder beide „nebeneinanderher“ agieren oder „kooperieren“.
Der Eigentümer vermietet an einen wohnungswirtschaftlich agierenden Generalmieter, der seinerseits untervermietet, und ein von diesem unterschiedener Dienstleister erbringt die Dienstleistungen, wobei entweder beide „nebeneinanderher“ agieren oder „kooperieren“.
Der Eigentümer vermietet an einen Dienstleister, der seinerseits privaten Wohnraum untervermietet und selbst Dienstleistungen erbringt, entweder unter rechtlicher Trennung von Wohnraumüberlassung und Dienstleistungserbringung oder unter Kopplung von Wohnen und Dienstleistungen.
Abbildung 8: Organisationsmodelle der immobilienwirtschaftlichen Organisation von BW
Aus der Sicht des Dienstleisters ergeben sich folgende Gestaltungsvarianten:
Der Dienstleister erbringt seine Dienstleistungen parallel zu der Immobilienüberlassung ohne „Kooperation“ mit demjenigen, der die Wohnraumüberlassung organisiert.
Der Dienstleister ist selbst Überlasser von Wohnraum, indem er den von ihm als Generalmieter angemieteten Wohnraum seinerseits untervermietet und zugleich die Dienstleistungen, entweder unter rechtlicher Trennung von Wohnraumüberlassung und Dienstleistungserbringung oder unter Kopplung von Wohnen und Dienstleistungen, erbringt.
Der Dienstleister erbringt seine Dienstleistungen parallel zu der Immobiliennutzung allerdings in „Kooperation“ mit demjenigen, der die Wohnraumüberlassung organisiert.
Diese Gestaltungsalternativen gelten allerdings nur für das Betreute Wohnen (wie auch Wohngemeinschaften) als „betreute Wohnform“, nicht jedoch für die Tages- und Nachtpflege: Hier wird die Dienstleistung „Pflege und Betreuung“ stets gekoppelt mit der für die Zeit dieser Dienstleistungserbringung erforderlichen Nutzung der Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung erbracht.
Abbildung 9: Organisation des dienstleistungsorientierten BW
Die investitions- und finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass sich das Betreute Wohnen nach wie vor im Zwiespalt zwischen „Wohn- und Spezialimmobilie“ befindet.
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung drängen verstärkt alternative Wohnformen, wie
Betreutes Wohnen zu Hause
sowie
Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen auf den Markt. Sie werden Bestandteil von Wohnanlagen und ergänzen das Wohnangebot.