Binärcode - Christian Gude - E-Book

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Christian Gude

4,3

Beschreibung

Hauptkommissar Karl Rünz gerät auf einer Brachfläche im Norden Darmstadts in einen Hinterhalt. Ein Unbekannter fällt einem Scharfschützen zum Opfer, und beinahe hätte es auch ihn erwischt. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen, steht Rünz vor zwei existenziellen Fragen: "Werde ich wirklich mit Nordic Walking anfangen?" und "Wer hat diesen dicken Italiener ermordet?" Und dann ist da noch dieses rätselhafte, verschlüsselte Signal, auf das er sich keinen Reim machen kann.

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Titel

Christian Gude

Binärcode

Der zweite Fall für Kommissar Rünz

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2008 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 07575/2095-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

2. Auflage 2008

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

Titelfoto: ESA (European Space Agency)

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des ESOC

(European Space Operations Center), Darmstadt

Gesetzt aus der 9/12,8 Punkt GV Garamond

ISBN 978-3-8392-3072-5

Bibliografische Information

der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Vorbemerkung

Sämtliche Protagonisten dieses Romans und ihre Handlungen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen zufällig. Nicht erfunden ist eine der faszinierendsten wissenschaftlichen Missionen europäischer Staaten, die den Grundstoff und die Inspiration für diese Geschichte lieferte. Für Hintergrundinformationen über dieses Projekt und die Art und Weise, mit der es in den fiktiven Kontext eines Kriminalromans eingebettet wurde, sei dem interessierten Leser die Lektüre des Nachwortes empfohlen.

Prolog

Er hielt die Fernbedienung in der Hand wie der Junkie die Pumpe. Keine Frage, er konnte aufhören, wann immer er wollte. Außerdem war es Freitagabend, am nächsten Morgen würde er ausschlafen, er hatte nichts vor, abgesehen von ein paar Besorgungen im Baumarkt. Nur zehn Minuten, nur mal schnell durchzappen, dann rasch ins Bett, damit er morgens frisch und ausgeschlafen war. Auf den Tasten herumspielend zauderte Rünz ein paar Sekunden, unentschlossen, ob er der Versuchung nachgeben sollte. Dann entschied er, dass Askese letztlich doch die unsympathischste Spielart menschlicher Süchte war. Er schaltete das Gerät ein, ließ sich in den Sessel fallen und klickte durch die Kabelprogramme, aber die Batterien seiner Fernbedienung gaben sich seinem Zapping-Exzess bald geschlagen. Träge und unfähig aufzustehen, war er einer Arte-Dokumentation über den Kriegsfotografen James Nachtwey ausgeliefert. Der Reporter stand mit einem Laboranten in einer Dunkelkammer, beide diskutierten einen noch tropfnassen, großen Schwarz-Weiß-Abzug. Das Foto zeigte einen zehn- oder zwölfjährigen Afrikaner, den Kopf kahl rasiert und übersäht mit den Schrunden und Narben des Überlebenskampfes, im Hintergrund unscharf die vom Bürgerkrieg verwüstete, menschenleere Straße im Außenbezirk irgendeiner afrikanischen Großstadt – Mogadischu, Luanda, Brazzaville oder Abidjan. Aus ästhetischer Perspektive war die Aufnahme überaus raffiniert komponiert, das Gesicht des Jungen am unteren Bildrand angeschnitten, nur Augen und Schädel sichtbar. Er schien wie traumatisiert mit starrem Blick an Kamera und Fotograf vorbeizuschauen, konzentriert darauf, irgendwie die nächsten Stunden zu überstehen. Nachtwey gab dem Laboranten immer wieder Anweisungen für das optimale Abwedeln des Hintergrundes bei der Vergrößerung des Negativs, der Assistent erstellte einen Abzug nach dem anderen, eine schier endlose Prozedur, bis der Fotograf endlich mit dem Ergebnis zufrieden war.

Die nächste Einstellung zeigte die gleiche Aufnahme, gerahmt, an einer weiß gekalkten Wand, auf einer Ausstellung, irgendwo in einem alten, umgewidmeten Lagergebäude der Chelsea Piers auf der Westseite Manhattans. Zwei Besucherinnen diskutierten engagiert die Bildkomposition, beide in präzise kalkuliertem Schmuddel-Look, den sie mit exklusiven Accessoires geschickt kontrapunktierten. Eine der Frauen deckte immer wieder Bereiche des Fotos mit der flachen Hand ab, wie um sich der Wahl des perfekten Ausschnittes zu vergewissern.

Rünz öffnete sich eine Flasche Pfungstädter Schwarzbier, nahm einen großen Schluck und prostete dem Afrikaner zu. Der Junge hatte das Maximum erreicht, was ein Mensch in seiner Situation erreichen konnte – er war zur Bildikone eines saturierten New Yorker Vernissagen-Publikums geworden.

Binärcode

Das Projektil schlug wenige Zentimeter links neben dem Kommissar in flachem Winkel auf und riss eine Wolke schallschneller mikrofeiner Betonpartikel aus dem rissigen, alten Industrieboden, die ihm an Knöcheln, Händen und Gesicht jeden Quadratzentimeter unbedeckter Haut perforierten. Wie ein flacher Stein auf dem Wasser prallte das Geschoss ab, setzte seine durch den Drallverlust instabile Flugbahn laut pfeifend fort, landete irgendwo östlich des Knell-Geländes in der Gewerbezone zwischen Frankfurter Straße und Messplatz. Rünz kicherte trotz seiner misslichen Lage, er stellte sich vor, wie der Staatsanwältin im Schottener Weg das heiße deformierte Metallklümpchen durch das offene Fenster direkt auf den Schreibtisch segelte, bereit zur Asservierung. Kalt war ihm, und er hatte Angst. Er kauerte sich noch enger mit dem Rücken an den schützenden Stapel teergetränkter alter Eisenbahnschwellen und wendete den Kopf nach rechts, um sein Gesicht zu schützen. Als hätte der Sniper Rünz’ Bewegung vorausgeahnt, platzierte er den nächsten Treffer auf der anderen Seite der Deckung. Diesmal erwischte der Betonschrot den Kommissar bei geöffneten Augen frontal im Gesicht. Er schrie auf, griff reflexartig mit den Fingern nach seinem Kopf und zog sie sofort wieder zurück, weil ihm jede Berührung der Augen unerträgliche Schmerzen bereitete. Dutzende Splitter hatten sich fest in seine Hornhaut eingebrannt und machten jede mechanische Reibung zur Qual. Aber er konnte den Lidreflex nicht unterdrücken. Jedes Mal, wenn sich die Augen schlossen, fühlte er sich, als bearbeitete jemand mit grobkörnigem Schleifpapier seine Pupillen. Die Hände zum Schutz an die Schläfen gelegt, spähte er durch die Finger nach links zu dem Verwundeten. Der Mann lag einer fetten Made gleich auf dem Bauch und versuchte vergeblich, seinen mächtigen schlaffen Körper mit der Kraft seiner Arme zu Rünz hinter die Deckung zu ziehen. Anfangs war er dem Kommissar nur dick erschienen, aber sein Leib schien unter dem Einfluss innerer Blutungen von Minute zu Minute weiter anzuschwellen. Er hatte die Jeanshose in den Kniekehlen hängen, sein riesiger pickliger Hintern sah in der kalten Winterluft aus wie eine gerupfte Putenbrust.

Rünz zog sein Handy aus der Jackentasche. Die Verletzungen der Hornhaut hatten ihm die scharfe Nahsicht geraubt, weder auf seiner Armbanduhr noch auf den Tasten und dem Display konnte er irgendetwas erkennen, wahrscheinlich war bei seinem Hechtsprung das Gerät ohnehin beschädigt worden. Mehrmals versuchte er blind, eine Verbindung herzustellen – ohne Erfolg. Er tastete den Boden um sich herum ab. Der Ausrichtung und Tiefe der Kerben nach zu urteilen, die die Geschosse im Beton hinterließen, musste der Sniper irgendwo westlich auf erhöhter Position auf der Lauer liegen. Rünz war womöglich dicht an ihm vorbeigelaufen, als er vom Sensfelder Weg das Knell-Gelände betreten hatte. Die alte Brachfläche mit ihren leeren Backsteinhallen, Laderampen und dem dichten Buschwerk war der ideale Ort für einen Hinterhalt. Vielleicht lag er auf dem Dach einer der verfallenen Werkhallen, kaum fünfzig Meter entfernt. Wenn er weiter weg war, schoss er nach Pythagoras von höherer Position aus, dann kam eigentlich nur der alte Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg infrage, der wie eine gigantische versteinerte Spitzmorchel die Silhouette des Areals dominierte. Seine Präzision auf diese Entfernung war über jeden Zweifel erhaben, sie setzte erstklassiges Material und eine hervorragende Ausbildung voraus. Nur beim ersten Schuss hatte der Jäger gepatzt. Rünz hatte neben dem Verwundeten gekniet, als ihm die Kugel um die Ohren flog, er hatte sich mit einem Satz hinter den Schwellenstapel gerettet. Der Kommissar stellte überschlägige Berechnungen an, kombinierte die Sekundenbruchteile, mit denen der gedämpfte Mündungsknall dem Aufprall der Kugel folgte, mit der Mündungsgeschwindigkeit eines hochwertigen Repetierers und entschied sich für den Hochbunker.

Der Angeschossene lag knapp drei Meter neben ihm im freien Gelände, der Schütze hätte ihm längst den Fangschuss geben können. Offensichtlich brauchte er ihn als lebenden Köder, um Rünz aus der Deckung zu locken. Aber Heldentum war dem Ermittler fremd. Er versuchte, die Zeitspanne abzuschätzen, seit er auf dem Parkplatz des Baumarktes in der Otto-Röhm-Straße mit der Zentrale gefunkt hatte. Das Präsidium hatte ihn über einen Notruf von einem Mobiltelefon unterrichtet, aber der Anrufer war außerstande gewesen, seinen Aufenthaltsort mitzuteilen. Rünz hatte das zersplitterte Handy neben dem Verwundeten gesehen und sich gewundert, dass der Dicke in diesem Zustand mit seinen Wurstfingern überhaupt die drei Zahlen auf der Tastatur getroffen hatte. Die Kollegen konnten die Signalquelle auf das Knell-Gelände eingrenzen. Rünz hatte zugesagt, nach dem Rechten zu schauen, und war um 9.30 Uhr vom Baumarkt losgefahren, im Kofferraum einige Regalböden, mit denen er etwas Ordnung in die explodierende esoterische Privatbibliothek seiner Frau bringen wollte. Er hatte rund zehn Minuten gebraucht, um auf der Suche nach einem Zugang im Schritttempo um das Gelände herumzufahren, hatte schließlich die Zufahrt zum Sensfelder Weg direkt hinter dem Müllheizkraftwerk gefunden und, als er fast schon wieder auf dem Carl-Schenck-Ring stand, das Loch im übermannshohen Bretterzaun entdeckt, der das ganze Areal umgab. Danach vielleicht noch einmal zehn Minuten, bis er die Baracken inspiziert und den Angeschossenen auf der Freifläche entdeckt hatte. Also mochte es jetzt ungefähr 9.50 Uhr sein. Seine Zentrale würde in zehn Minuten vergeblich versuchen, ihn anzufunken, dann würden sie es ohne Erfolg auf seinem Mobiltelefon versuchen. Um spätestens 10.10 Uhr würde sich eine Streife oder ein Kollege aus seinem Team aufmachen, um nach ihm zu suchen. Er hatte also noch gut und gerne zwanzig Minuten Überlebenskampf vor sich, bevor er mit professioneller Unterstützung rechnen konnte.

Der Schlot des Müllheizkraftwerkes südlich der Brachfläche blies stoisch seine Rauchfahne in den Himmel. Rünz spielte verschiedene Szenarien durch. Variante eins war der Heldentod. Er konnte die Deckung verlassen, sich einen Arm des verwundeten Riesen nehmen und versuchen, ihn beiseite zu ziehen. Der Schütze hatte ihn dann wie auf dem Präsentierteller und konnte sich in aller Ruhe überlegen, ob er ihn gleich terminierte oder lieber etwas leiden ließ, indem er ihm zuerst die Kniescheiben zerschoss. Das Ergebnis war ein Begräbnis in allen Ehren, mit Anwesenheit des Polizeipräsidenten, eine Witwe, die bei einem seelenverwandten Veganer aus ihrer Pilatesgruppe Trost suchte, und einige Kollegen, die ein paar Tage ein betretenes Gesicht machten, bevor sie zum Tagesgeschäft übergingen. Ach ja, und natürlich sein Schwager Brecker, der alles daransetzen würde, Rünz’ großkalibrige Ruger in seine Waffensammlung aufzunehmen.

Variante zwei führte zum gleichen Resultat, allerdings ohne dass Rünz die Deckung verließ. Der Schütze hatte seit einer halben Minute nicht gefeuert, vielleicht hatte er den Turm längst verlassen und schlich in aller Ruhe wie ein Großwildjäger mit seiner Langwaffe durch das Gestrüpp, um die waidwunde Beute Auge in Auge zu erledigen. Für diesen Fall hatte Rünz allerdings eine kleine Überraschung präsent – er war bewaffnet. Nicht mit seiner Dienstwaffe, die P6 lag im Waffenschrank im Präsidium, das Schulterholster war ihm zu unbequem im Alltagseinsatz. Aber er hatte sich zum bevorstehenden 45. Geburtstag mit einem kompakten 38er LadySmith beschenkt, einer wunderschön brünierten Waffe mit Wurzelholzgriff und zweizölligem Lauf, die er in einem Lederholster am Unterschenkel trug. Eine kleine Schwester für seine großkalibrige Ruger Super Redhawk. Das mit dem Knöchelholster hatte er sich Richard Widmark in ›Nur noch 72 Stunden‹ abgeschaut. Rünz liebte amerikanische Polizeifilme aus den Sechzigern. Alle rauchten ständig, niemand trieb Sport, ohne Unterlass boten sich Menschen gegenseitig hochprozentige Drinks an, Frauen ließen sich von Männern widerstandslos mit ›Kleines‹ anreden und jeder Polizist trug als Zweitwaffe in einem Holster an seinem Unterschenkel einen handlichen Smallframe aus dem Hause Smith & Wesson. Ein Paradies.

Der Dicke hatte aufgehört zu kriechen, den Bewegungen seines Rückens nach zu urteilen wurde sein Atem unregelmäßiger. Rünz hörte von Südosten Sondersignale von Einsatzfahrzeugen, die sich über die Frankfurter Straße näherten. Womöglich hatte er Glück, und einer der Obdachlosen, die sich nachts in die Baracken auf dem Gelände zum Schlafen zurückzogen, hatte die Szene verfolgt und seine Kollegen alarmiert. In einer der Hallen stand die Halfpipe einer Skaterclique, hoffentlich schliefen die Kids samstags um diese Uhrzeit noch in ihren Mittelschicht-Eigenheimen ihren THC-Rausch aus, ein unbedarfter Teenager mit muffigen Dreadlocks war das Letzte, was er hier in der Schusslinie brauchte. Die Sondersignale kamen näher, mindestens drei oder vier Fahrzeuge, Rünz hätte aufstehen müssen, um über das Dickicht nach Osten zu spähen und etwas zu erkennen. Die Signale wurden wieder leiser, die Kolonne war wohl nach Osten Richtung Messplatz abgebogen, zum Hundertwasserhaus oder dem Berufsschulzentrum. Ein paar Minuten lang passierte überhaupt nichts. Der Dicke hatte aufgehört zu atmen. Der Kommissar resignierte. Dann hörte er ihre Stimme.

»ERR RUUUNZ!«

Er zuckte zusammen, drehte sich um und spähte durch einen der Schlitze zwischen den Schwellen. Es gab nur einen Menschen, der seinen Namen so aussprach. Seine französische Kollegin Charlotte de Tailly stand auf halbem Weg zwischen dem Bunker und ihm, auf freiem Feld, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie schaute sich um und rief nach ihm, ein offenes Scheunentor hätte kein schwierigeres Ziel abgegeben. Rünz schrie, seine Stimme überschlug sich, statt ›Deckung‹ brachte er nur ein unendlich gedehntes ›DEEEECKOOOOO‹ heraus, er schrie, als könne er mit seinen Stimmbändern den Kurs des Projektils beeinflussen, er schrie auch dann noch, als die Französin konsterniert ein rotes Loch in ihrem Brustbein registrierte, aus dem hellrotes, sauerstoffgesättigtes Blut wie aus einem kleinen Geysir spuckte.

Der Kommissar kannte aus zahlreichen Untersuchungen die Auswirkungen überschallschneller Metallgeschosse, die auf menschliche Körper trafen. Selbst der Impuls eines 44er Magnum-Kalibers reichte nicht aus, um einen erwachsenen Menschen allein durch die Wucht des Projektils umzuwerfen, auch wenn Generationen von Hollywoodregisseuren seit Peckinpahs ›Wild Bunch‹ das den Kinozuschauern in unzähligen Slow Motions hatten weismachen wollen. Die heute ungelenk und lächerlich anmutenden Darstellungen der Mimen in den frühen Western aus den 40ern und 50ern kamen der Realität viel näher. Die Französin legte andächtig den Kopf auf die Schulter und presste ihre Hände auf die blutende Wunde. Einige Sekunden stand sie so da, wie eine ins Gebet versunkene Madonna, dann gaben ihre Beine nach, und sie sackte unspektakulär zusammen.

Rünz versagte sich jede weitere Abwägung. Er nahm seinen LadySmith aus dem Holster, entsicherte und stürmte halbblind aus der Deckung geradewegs auf den Hochbunker zu. Zwei oder drei Sekunden war er sicher, der Jäger musste aufstehen, ein rennendes Tier konnte er nur aus kniender oder stehender Position erlegen. Aus vollem Lauf feuerte Rünz, die Schüsse mitzählend, er musste sich eine Kugel aufbewahren für den unwahrscheinlichen Fall, dass er die Stahltür am Fuß des Turmes lebend erreichte. Die Geschosse zerplatzten am meterdicken Beton des Bunkers, ohne nennenswerte Spuren zu hinterlassen – genauso gut hätte er einen afrikanischen Elefantenbullen mit Knallerbsen bewerfen können.

Die Demontagetrupps der Deutschen Bahn hatten schon Jahre zuvor ganze Arbeit geleistet, das Gelände von allen alten Gleisanlagen, Rangier- und Signaleinrichtungen befreit. Sie hatten nur ein einziges Stück vergessen, eine zehn Meter lange rostige und krautüberwucherte Vignolschiene, die quer in Rünz’ Laufrichtung lag und nach Jahren nutzlosen Herumlungerns noch einmal eine Aufgabe hatte – einen südhessischen Polizeihauptkommissar an der Ausübung seiner Pflichten zu hindern. Er blieb mit der rechten Fußspitze unter dem Schienenkopf hängen, kippte vornüber und schlug mit der Schläfe auf dem Beton auf. Aber er verlor nicht sofort das Bewusstsein. Seine Muskeln waren gelähmt, er verdrehte wie ein Chamäleon seine schmerzenden Pupillen, um seine Umgebung zu erfassen. Dann sah er sie, in einigen Metern Entfernung, durch die Büsche hindurch. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Charli ihn an. Sie lag im Sterben, ihre Lippen formten die immergleichen Silben, als wollte sie Rünz noch etwas mitteilen. Was folgte, war schwarze Leere.

* * *

Krankenhäuser waren eine sinnvolle Einrichtung, mit einem marginalen Nachteil – sie gaben einem nicht die Chance, zu genesen. In Kliniken galten zwei ungeschriebene Gesetze. Das erste verbot den Patienten, aktiv zu werden, das zweite untersagte ihnen, zur Ruhe zu kommen. Versuchte Rünz seinen Aktionsradius mit Ausflügen durch die Klinikflure zu erweitern, blind vortastend, immer mit einer Hand an der Wand entlang, riet ihm das Pflegepersonal, auf der Station zu bleiben, da für irgendwann in den nächsten 48 Stunden eine wichtige Untersuchung angesetzt sei. Wollte er sich dagegen entspannen, betrat eine Reinigungskraft das Zimmer, die Nachtschwester kam mit den kleinen Schlafhelfern, der Chefarzt schaute mit seinem Hofstaat vorbei, fummelte an seinem Körper herum und raunte dem Oberarzt lateinische Fachausdrücke zu, es wurde Frühstück, Mittagessen, Kaffee oder Abendessen gebracht oder wieder abgeholt, eine Schwester nahm die Essenswünsche für die folgende Woche auf, Besuch kam, Blutdruck wurde gemessen oder die Betten gemacht. Betten wurden meist um fünf Uhr morgens gemacht, denn dann war Schichtwechsel. Die nicht bettlägerigen Patienten standen dann einige Minuten schlaftrunken wie Zombies in den Krankenzimmern herum und ließen sich danach wieder ins frische Laken fallen, um bis zum Frühstück noch einmal wegzudösen. So verbrachte Rünz die meiste Zeit im Bett, zur Untätigkeit verdammt, ein deprimierender Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachsein, in dem der Unterschied zwischen Tag und Nacht verschwamm.

Ein vertrauter Duft weckte ihn aus der Trance, eine Melange aus Palmöl, Kokos, Lavendel und Rosenextrakt, die sich langsam, aber nachdrücklich ihren Weg durch die Ausdünstungen der Putz- und Desinfektionsmittel bahnte.

»Dass ich deine Weleda-Ökoseife mal gerne riechen würde – scheint ziemlich schlimm um mich zu stehen.«

»Warst halt lange genug auf Entzug.«

Seine Frau raschelte mit irgendeiner Papierschachtel, er gab sich keine Mühe, unter seinem Augenverband hindurchzulinsen. Dann spürte er ihre Hand über seinem Gesicht und millimetergroße minzige Kügelchen zwischen seinen Lippen.

»Nicht schlucken, langsam im Mund zergehen lassen!«

Er nahm seinen Mut zusammen, öffnete die Lippen und ließ die Bällchen in seine Mundhöhle fallen.

»Keine schlechte Gelegenheit, mich zu vergiften«, nuschelte er.

»Eben. Ein homöopathisches Mittel.«

»Hast du das mit dem Oberarzt besprochen?«

»Natürlich, kann nicht schaden, sagt er.«

»Ist das schon so weit, dass Kassenpatienten nur noch Medikamente bekommen, die nicht schaden können?«

»Hör auf herumzupiensen, das ist Graphites, gut für deine Verletzungen.«

Rünz simulierte Würgereiz und tastete nach seinem Spucknapf.

»Grafit?? Du steckst mir hier eine zerbröselte Bleistiftmine in den Mund?«

»Da mach dir mal keine Sorgen. Das sind Globuli in einer D12-Potenz. Von denen musst du schon ein paar Tausend nehmen, bis man mit dir zeichnen kann.«

»Ach ja, ihr Homöopathie-Schamanen seid ja Meister der Verdünnung. Welche Wirkstoffkonzentration haben wir denn hier?«

»Wichtig ist doch die feinstoffliche Information, die beim Potenzieren vermittelt wird.«

»Sag schon, welche Konzentration?«

»Eins zu eine Billion.«

Die Kügelchen lösten sich auf in seinem Mund und hinterließen einen scharfen Nachgeschmack.

»Eins zu eine Billion – na ja, vielleicht habe ich Glück und erwische ein Molekül. Man soll ja auch nicht überdosieren.«

Seine Frau seufzte. Rünz war beunruhigt, er konnte ihre Befindlichkeit nicht zuverlässig beurteilen, wenn er sie nicht sah. Jetzt, wo er so hilfsbedürftig dalag, empfand er plötzlich wieder große Zuneigung zu ihr, während sie sonst für seinen Gefühlshaushalt so relevant war wie ein funktioneller und unverzichtbarer Einrichtungsgegenstand in ihrem gemeinsamen Haushalt. Auch Liebe schien letztendlich nach durchweg eigennützigen ökonomischen Prinzipien zu funktionieren.

»Hast du sie gut gekannt?«, fragte sie.

Rünz fühlte Panik aufkommen. Sie wollte über Gefühle reden, und er konnte nicht weglaufen.

»Sie gehörte zu meinem Team, war hier für ein Jahr, im Rahmen eines Austauschprogrammes mit unserer französischen Partnerstadt Troyes. Sie wäre in vier Wochen wieder zurückgegangen, zu ihren Kollegen ins Commissariat …«

»Das meinte ich nicht.«

Rünz schluckte. Er verstand, sie wollte wissen, was in ihm vorging, seine Trauer, die Art, wie er den Tod einer Kollegin verarbeitete. Charli fehlte, das war natürlich schade, zumal sie mit ihrem überragenden Einfühlungsvermögen in einigen schwierigen Verhören entscheidende Wendungen herbeigeführt hatte. Aber seine Hauptsorge galt der Unruhe, die die ganze Sache in seinen Arbeitsalltag brachte – die interne Untersuchung, mögliche Umstrukturierungen, Kontakte mit ihren Angehörigen, lästige Journalisten. Aber das musste seine Frau nicht wissen.

»Es ist nicht leicht …«, presste er hervor, als unterdrückte er mühsam eine starke Gefühlswallung.

»Ich weiß, du brauchst jetzt einfach Zeit.«

Sie legte ihm tröstend die Hand auf den Unterarm, er entschied spontan, noch eine Schaufel Sentiment nachzulegen.

»Weißt du, wir haben nicht nur perfekt zusammengearbeitet, wir haben uns auch gut verstanden, auf einer menschlichen Ebene.«

Die Hand verschwand von seinem Unterarm.

»Auf einer menschlich-professionellen Ebene, meine ich.«

»Das freut mich«, sagte sie kühl. »Ich habe dir deine Waffenmagazine mitgebracht, sind heute mit der Post gekommen. Verlange jetzt bitte nicht von mir, dir diesen Rambo-Mist vorzulesen, mein Bruder ist sicher der Richtige für diesen Job.«

Sie legte ihm die Hefte auf die Bettdecke. Rünz strich zärtlich mit den Fingerspitzen über das Titelblatt des Deutschen Waffenjournals, als könnte er die Konturen der abgebildeten Walther SSP an der Oberflächenbeschaffenheit der Druckfarbe ertasten.

»Danke«, hauchte er. »Und – wie geht’s dir so?«

»Wie bitte? Du fragst mich, wie es mir geht? Welche Drogen geben die dir hier? Schalt besser einen Gang zurück, ich könnte denken, du magst mich.«

»So war das nicht gemeint. Ich muss einfach wissen, ob du fit genug bist, um mich in den nächsten Jahrzehnten zu versorgen, wenn ich nicht mehr auf die Beine komme.«

»Da mach dir keine Hoffnungen auf Vollpension, wenn die dich hier nicht auf die Beine kriegen, ich schaffe das zu Hause ganz sicher.«

Rünz hörte, wie sie aufstand und sich den Mantel anzog.

»Ich muss los, habe heute meinen Pilatesabend.«

»Ah, die Warmduschergymnastik. Sind meine beiden Freunde auch noch dabei? Warum lädst du sie nicht mal wieder zum Essen ein?«

»Deine Freunde? Nach deinem Auftritt neulich? Gott, ich will nicht wissen, wie du mit deinen Feinden umgehst.«

»So nachtragend? Schade, ich hätte mich an die beiden gewöhnen können.«

»Mach dir nichts draus, du hast ja einen, der auf deiner Wellenlänge sendet. Klaus wird dich heute noch besuchen.«

Rünz döste sofort wieder ein, nachdem seine Frau gegangen war. Als er das nächste Mal aufwachte, war ein instinktiver Angstreflex die Ursache, die basale Nervenreaktion eines Primaten auf die unmittelbare Nähe eines gefährlichen Räubers. Er hatte das Zeitgefühl verloren; seit dem Besuch seiner Frau konnten Minuten oder Stunden vergangen sein. Durch seine Augenverbände nahm er einen blassen Lichtschein wahr, er drehte mehrmals den Kopf, um herauszufinden, ob Tageslicht oder die Neonröhren an der Zimmerdecke den Raum erhellten.

Sein Schwager Klaus Brecker knarzte mit seinen 110 Kilo Lebendgewicht auf dem Besucherstuhl herum. Rosenduft und Lavendel waren Pitralon Classic Aftershave gewichen.

»Klaus?«

»Jep«, knurrte Brecker und verschränkte die Arme vor der Heldenbrust. Rünz gähnte und versuchte, seine Gedanken zu sortieren.

»Was ist mit den Leuten aus meinem Team, Wedel und Bunter? Keiner lässt sich hier blicken.«

»Danke, freue mich auch, dich zu sehen. Die Ärzte haben dich abgeschottet, Besuch nur von der Familie. Und bevor du jetzt anfängst …«

»Wie stehen die Ermittlungen, wen hat Hoven als Vertreter für mich eingesetzt? Haben sie den Schützen? Ist der Dicke identifiziert? Ihr müsst oben in diesem Hochbunker …«

»Das wäre ja mal ganz was Neues – die Superhirne von der Ermittlungsgruppe Darmstadt City informieren ein Streifenhörnchen vom zweiten Revier über ihre Ermittlungsergebnisse. Du bist wirklich auf den Kopf gefallen. War ganz schön was los im Präsidium. Presse, LKA, BKA, öfter mal Besuch von der französischen Staatspolizei. Aber eigentlich darf ich dir gar nichts erzählen.«

Brecker beugte sich vor zum Krankenbett.

»Sag mal, wie sieht’s denn hier so aus mit dem weiblichen Personal? Hast dir doch sicher schon ausgiebig die Prostata abtasten lassen.«

Er ließ sich wieder in den Stuhl fallen und klatschte seine Pratze auf den Oberschenkel.

»Ach, ich vergaß, die Augenbinde! So ein Jammer. Obwohl – manchmal vielleicht besser so, wenn man gar nicht sieht, wer einen da gerade beglückt! Übrigens – im Präsidium steht so ein Karton auf dem Flur, mit deinen privaten Sachen. Dachte, das würde dich vielleicht interessieren.«

Rünz war nicht in Scherzlaune.

»Hör zu, Klaus. Ich gebe dir den Schlüssel von meinem Waffenschrank mit. Bring mir morgen meine Ruger mit der gesamten Pflegeserie vorbei. Mit meinem Baby kann ich mich auch blind beschäftigen. Ich drehe hier am Rad ohne Ablenkung, mein letzter Zimmernachbar hat acht Stunden täglich ›Neun Live‹ geguckt.«

»Ist doch genau dein Niveau mit dem Hirnschaden. Tu nicht so, als hättest du dir zu Hause immer Themenabende bei Arte und Phönix reingezogen. Soll ich dir noch einen Schalldämpfer besorgen? Du könntest hier unten in der Kühlkammer an den Abgängen etwas trainieren, damit du in Form bleibst. Wann lassen die dich eigentlich hier wieder raus?«

»Die haben alles in mich reingesteckt und mich in alles reingesteckt, was man zu Untersuchungszwecken benutzen kann. Morgen nehmen die mir die verdammte Augenbinde ab, und ich habe einen Termin mit dem Stationsarzt, denke, ich bin dann so weit in Ordnung und kann spätestens übermorgen wieder nach Hause. Wenn nichts dazwischenkommt …«

* * *

»Mit Ihren Verletzungen ist so weit alles in Ordnung.«

Der Arzt mochte vielleicht Mitte 30 sein, er saß auf einem kleinen Drehschemel und wirkte entspannt und ausgeruht. Vielleicht hatte er seinen Dienst gerade erst angetreten, womöglich wirkte er auch so zufrieden, weil ihn die Reformen und Tarifverhandlungen der letzten Jahre von der Last der Überstunden und Doppelschichten befreit hatten. Er hatte einen deprimierend durchtrainierten Körper, blonde Locken und eine klassisch ebenmäßige Physiognomie, ganz so, als wäre Agasias’ Borghesischer Fechter eben mal vom Marmorpodest gestiegen, hätte seinen Degen gegen ein Stethoskop getauscht und mit einem weißen Kittel den Louvre verlassen. Die natürliche Arroganz attraktiver junger Menschen war ihm eigen – wahrscheinlich bewunderte er morgens beim Rasieren seine Schönheit und probte markante Gesichtsausdrücke, vielleicht nahm er einen zweiten Spiegel zur Hilfe, um sein Profil zu begutachten. Und in zehn Jahren würde er in Baden-Baden ein kleines Frischzellensanatorium für solvente Senioren eröffnen. Ganz sicher verursachte er einigen Aufruhr und Zickereien unter dem weiblichen Pflegepersonal im Darmstädter Klinikum.

Der Mediziner hatte die Betonung auf ›Verletzungen‹ gelegt, so klang es wie die Einleitung eines Vortrages, der ein paar unangenehme Überraschungen bereithielt.

»Sie hatten durch ihren Sturz bedingt eine Gehirnprellung, ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades. Ihre retrograde Amnesie beschränkt sich auf ein oder zwei Stunden, Sie haben keine neurologischen Ausfälle mehr. Können Sie mir Ihren gestrigen Tagesablauf schildern?«

Rünz beantwortete die Frage routiniert, ohne sich exakt zu erinnern. Der Vortag war sicher nicht anders verlaufen als die restlichen Tage seines Klinikaufenthaltes.

»Ihre Prognose ist gut, Spätfolgen des Traumas sind unwahrscheinlich. Sie sollten sich in den nächsten zwei bis drei Monaten noch Ruhe gönnen, Stress und Lärm vermeiden, möglichst kein Fernsehen, kein Alkohol.«

Rünz runzelte die Stirn. Wenn es irgendein probates Mittel gab, sich Ruhe zu gönnen, dann war es ein Kombinationspräparat aus einem Nachmittag auf dem Schießstand, einer Doppelfolge ›Walker, Texas Ranger‹ und einigen Flaschen Pfungstädter Schwarzbier.

»Was Ihre Hornhautverletzungen angeht, da haben Sie insgesamt ziemliches Glück gehabt. Die meisten der Perforationen sind weniger als einen Millimeter groß, das Gewebe wird an diesen Stellen aufquellen und mit der Zeit von selbst heilen. Die wenigen tieferen Wunden haben wir chirurgisch versorgt. Halten Sie unbedingt die Medikamentierung mit den Antibiotika streng ein, eine Endophthalmitis kann Sie Ihr Augenlicht kosten! Na ja, der Rest sind Prellungen und Schürfwunden, nichts Gravierendes.«

Einige Sekunden herrschte Schweigen zwischen Arzt und Patient.

»Aber?«, fragte Rünz. »Sie sagten am Anfang, dass mit meinen Verletzungen so weit alles in Ordnung ist.«

»Richtig. Wir haben in den letzten Tagen ein ziemlich umfassendes Untersuchungsprogramm mit Ihnen gefahren, ist Ihnen wohl nicht entgangen.«

»Jesus, ich dachte, Sie hätten mich nur als Dummy benutzt, um Ihre Geräte zu testen.«

»Wir haben in Ihrem Gehirn eine Anomalie gefunden, im äußeren Bereich Ihres Großhirns. Im Frontallappen, um genau zu sein.«

Der Adonis rotierte auf seinem Hocker, nahm eine Aufnahme aus einer Mappe auf seinem Schreibtisch und wandte sich wieder Rünz zu. Das Bild zeigte den Vertikalschnitt eines menschlichen Kopfes, und unter den gegebenen Umständen musste Rünz davon ausgehen, dass es sein eigener war. Er studierte fasziniert die graue Masse unter der Schädelkalotte – hier lag sie vor ihm, die Hardware seiner Seele, ein paar Milliarden synaptischer Schaltkreise, in denen alles gespeichert und abrufbar war, von seiner Aversion gegen Nordic Walkerüber seine neurotische Angst vor dem Erbrechen bis zu der tiefen Befriedigung, die er spürte, wenn er sich mit seinen Waffen beschäftigte. Rünz hatte sich in 25 Berufsjahren intensiv mit rechtsmedizinischen Fragestellungen auseinandergesetzt, er konnte die Anomalie, die der Mediziner meinte, sofort identifizieren. Zwischen Stammhirn und vorderer Begrenzung des Stirnbeins leuchtete ein haselnussgroßer heller Fleck, der sich klar von der homogenen grauen Masse seines Großhirns abhob und vom umgebenden Gewebe scharf abgrenzte.

»Sie meinen das Ding hier?«

Rünz legte den Finger auf den Fleck.

»CT, MRT, Angiografie – alles deutet auf ein Astrozytom hin, eine Form von Geschwulst, die aus den Stützzellen des zentralen Nervensystems entsteht. Eine der häufigsten raumgreifenden Gewebeveränderungen des Gehirns – im mittleren Lebensalter.«

Immerhin, er hatte nicht von der zweiten Lebenshälfte gesprochen. Der junge Held schien irgendwie um den Begriff ›Tumor‹ herumzuschiffen. Rünz hatte als Patient jetzt eigentlich die Gretchenfrage nach der Bösartigkeit zu stellen, aber ihn beschäftigte etwas anderes. Er fühlte sich gekränkt. Der Stationsarzt war mindestens zehn Jahre jünger als er. Die Diagnose einer vielleicht letalen Erkrankung hätte er sich lieber von einem erfahrenen Chefarzt mitteilen lassen, mit alters- und standesgemäßem Pathos und Schwere in der Stimme.

»Hatten Sie, von Ihrem Sturz mal abgesehen, in den letzten ein bis zwei Jahren vermehrt Konzentrationsstörungen? Fühlten Sie sich schlapp und antriebsschwach? Leiden Sie unter Krämpfen und epileptischen Anfällen? Beschweren sich Ihre Frau, Freunde oder Kollegen über ihr zunehmend unsoziales Verhalten?«

Rünz verneinte, wider besseres Wissen, was die letzte Frage anging. Wenn solche Vorwürfe seiner Frau ein zuverlässiges Indiz für unheilbare Krankheiten waren, dann stand es schlecht um ihn.

»Sie sind Polizist, entnehme ich Ihren Unterlagen. Waren Sie jemals in Ihrem Leben über einen längeren Zeitraum petrochemischen Substanzen ausgesetzt, Kraftstoffen, Heizölen, Chemikalien, was auch immer?«

»Na ja, Mitte der 80er, da habe ich mal vollgetankt, unten an der ARAL-Tankstelle in der Rheinstraße. Damals war der Sprit noch billig, wissen Sie …«

Rünz konnte es nicht lassen. Wenn es ernst wurde, fing er an, Faxen zu machen, als könnte er die existenzielle Tragweite der Situation ins Lächerliche transformieren. Der Beau ignorierte seine Witze.

»Jetzt sagen Sie schon, wie gefährlich ist das Ding?«

»Das kann ich Ihnen auf Basis der vorliegenden Untersuchungsergebnisse nicht sagen. Jedenfalls handelt es sich hier höchstwahrscheinlich nicht um eine Metastase eines Primärtumors, der irgendwo in Ihrem Körper schlummert, und gestreut hat die Geschwulst auch nicht. Es gibt ein breites Spektrum bei dieser Form der Gliome, niedrig-maligne, selten aber auch solche, die bösartige Neubildungen hervorrufen. Meist werden Gewebeveränderungen wie diese nur durch Zufallsbefunde diagnostiziert, wie in Ihrem Fall. Ohne Ihren Unfall hätte Sie zeitlebens wahrscheinlich kein Arzt mit diesem Befund konfrontieren müssen. Wenn Sie sichergehen wollen, empfehle ich Ihnen eine feingewebliche Untersuchung. Eine Biopsie.«

Der Kommissar zuckte zusammen. Die Vorstellung einer Kanüle, die in seinen Schädel eindringt, verursachte ihm Schweißausbrüche. Der Arzt schien seine Reaktion zu registrieren.

»Das ist weniger brisant, als Sie vielleicht denken. Alles passiert unter Vollnarkose, eine bildgestützte stereotaktische Gewebeentnahme. Die Komplikationsrate liegt bei unter zwei Prozent, und nach drei Tagen haben wir ein belastbares Ergebnis. Lassen Sie uns direkt einen Termin ausmachen.«

Zwei Prozent klangen eigentlich beruhigend, andererseits lief dann bei jedem 50. Patienten etwas schief. Rünz verkniff sich die Frage, wie viele Patienten sie in den letzten Monaten komplikationsfrei biopsiert hatten. Er schaute aus dem Fenster des Untersuchungszimmers auf die Autokolonnen in der Bismarckstraße und beschloss, das zu tun, was er am besten konnte – die ganze Sache erst mal zu ignorieren. Durch Aussitzen hatte er schon viele Probleme gelöst.

»Haben Sie mit meiner Frau über die Diagnose gesprochen?«

»Dafür bestand bislang kein Anlass, Sie sind bei Bewusstsein und voll zurechnungsfähig. Aber wenn Sie möchten …«

»Nein, nein, ich mache das. Und wenn ich diese Biopsie nicht machen lasse? Wie stünden dann meine Chancen?«

»Die Wahrscheinlichkeit für eine maligne Geschwulst liegt bei rund zehn Prozent. In den nächsten Tagen nehmen wir hier unten im Haus einen Computertomografen der neuesten Generation in Betrieb. Wenn Sie die Gewebeentnahme ablehnen, vereinbaren Sie möglichst bald einen Termin für eine CT. Wir machen eine Präzisionsvermessung des Knotens, das Gleiche in drei Monaten noch mal. Mit einem engmaschigen Monitoring können wir das Wachstum kontrollieren.«

Rünz schaute ein paar Sekunden betroffen aus dem Fenster. Der Mediziner machte keine weiteren Versuche, ihn zu einer Gewebeprobe zu überreden. Rünz war fast ein wenig enttäuscht, er vermisste bei dem jungen Schönling den aufopferungsvollen Gestus, mit dem Ärzte in Krankenhaus-Soaps beratungsresistenten Patienten ihre Therapievorschläge andienten.

»Was kann ich sonst noch tun?«, fragte Rünz.

»Für Ihre Gesundheit? Das, was wir alle tun sollten. Ernähren Sie sich gesund, bewegen Sie sich. Ihr Leistungsvermögen könnte etwas besser sein für Ihr Alter, fangen Sie mit Sport an. Etwas Schonendes für den Anfang – wie wär’s mit Nordic Walking?«

Nordic Walking. Warum nicht gleich Pilates? Der Beau wirkte unruhig, als wäre er in Gedanken schon bei seinem nächsten Termin. Sie verließen gemeinsam das Untersuchungszimmer und verabschiedeten sich. Am Ende des Flurs blieb Rünz stehen und drehte sich um, der blonde Engel stand vor dem Stationszimmer und flirtete mit einer Krankenschwester. Zwei junge, vitale, attraktive und gesunde Menschen – Wesen aus einer anderen Welt.

* * *

Eigentlich war es eine glänzende Idee, nach einer längeren Auszeit den Arbeitsplatz an einem Freitag wieder aufzusuchen. Man schaffte sich einen lockeren Übergang und hatte nicht die deprimierende Aussicht auf eine ganze Arbeitswoche.

Vor dem Eingang des Präsidiums stand ein fabrikneuer Citroën C6 mit französischem Kennzeichen und den Endziffern 10 des Départements Aube. Rünz blieb einen Moment stehen und genoss das mutige Stück Industriedesign, eine erstarrte schwarze Ozeanwelle kurz vor der Brandung, die zeitgemäße stilistische Referenz an eine Stilikone der 60er-Jahre, den alten DS. In welchem Département lag eigentlich Troyes? Rünz wurde unruhig, vielleicht hätte er seine vorzeitige Rückkehr zum Dienst doch telefonisch ankündigen sollen.

Der Fahrer kam ihm im Foyer des Präsidiums entgegen, ein wendiger und temperamentvoller kleiner Mittsechziger, der mit finster entschlossenem Gesichtsausdruck dem Ausgang zustrebte. Das dünne, schüttere und schneeweiße Haar stand in allen Richtungen vom Kopf ab, als hätte er sich elektrisch aufgeladen. Rünz hatte ihn nie zuvor gesehen, aber alles kam ihm bekannt vor – der starke Vorbiss, die quirlige Art, wie er sich bewegte. Charlis Vater, er hatte keine Zweifel. Der Alte hatte seiner Tochter einiges an genetischer Ausstattung mit auf den kurzen Lebensweg gegeben. Sollte Rünz sich ihm zu erkennen geben? Er zögerte zu lange, der Franzose war schnell aus dem Gebäude und in seinem Auto. Das hydraktive Fahrwerk lupfte die Karosse an, und er verließ den Parkplatz Richtung Stadtmitte.

Rünz ging weiter zu seinem Büro. Aus dem Besprechungsraum seiner Abteilung hörte er Stimmen, die Tür stand offen, er blieb am Eingang stehen. Bunter und Wedel registrierten ihn nicht, die Rücken ihm zugewandt standen sie am Tisch vor ihren Unterlagen und einigen Folienbeuteln mit Beweismaterial und diskutierten. Er lauschte dem Gespräch einen Moment, ohne auf sich aufmerksam zu machen. Bunter hatte die Rolle des Ermittlungsleiters übernommen, keine Überraschung, der Westfale war schließlich Rünz’ offizieller Stellvertreter. Aber die Verve, mit der sich der sonst eher phlegmatische Westfale in die übernommene Aufgabe geworfen hatte, wirkte doch unheimlich. Er trug einen Anzug, gut, nicht gerade ein aktuelles Modell, aber ein Quantensprung im Vergleich zu dem Birkenstock-Look, in dem er jahrelang herumgeschlurft war. Sein Bauch wirkte etwas flacher, und der Vollbart war auf ein durchaus businesskompatibles Maß zurechtgestutzt. Hier nutzte ein Mann seine Chance. Wedel demonstrierte penetrante Jugendlichkeit, er trug Sneakers und eine goldfarbene gesteppte Daunenjacke aus der aktuellen Winterkollektion irgendeiner Jugendmarke, mit der er gegen akute Heizungsausfälle gewappnet war, dazu gegelte Naturlocken. Er hörte Bunter konzentriert zu und nickte ab und an bestätigend mit dem Kopf. Die beiden schienen blendend zusammenzuarbeiten.

Drei Worte nur, ein kurzer Satz, unendlich oft wiederholt, jedes Mal etwas lauter, wie bei einer albernen Ausstellungsperformance, eine akustische Installation, die irgendein Kunststudent mitten in Rünz’ krankem Kopf veranstaltete – JEDER IST ERSETZBAR.

Die zwei drehten sich um und starrten ihn an. Er hatte den Satz laut und deutlich ausgesprochen, wie ein Kind, dem noch das Über-Ich als zensierende Instanz fehlte. Keiner sagte ein Wort, eine indifferente Situation. Der alte Wolf war zurückgekehrt – würde er mit seinem Nachfolger um den Rang des Alphatieres rivalisieren?

»Wir haben Sie erst am Montag erwartet. Wie geht es Ihnen?«, fragte Bunter.

»Schon gut, bin heute nur Gasthörer«, klärte Rünz die Lage. »Ab nächste Woche wieder offiziell im Dienst. Da unten am Eingang – Charlis Vater, richtig? Haben Sie mit ihm gesprochen?«

»Hoven hat ihn eingeladen, als Wiedergutmachung sozusagen«, antwortete Bunter. »Er war Dauergast bei uns, es gab einigen Ärger, weil sich die Überführung von Charlis Leiche verzögerte. Die Staatsanwältin hat natürlich eine Obduktion angeordnet. Bartmann hatte in Frankfurt seine Kühlfächer voll und musste erst mal andere Fälle abarbeiten, bevor er sich um Charli kümmern konnte. Ihr Vater ist hier im Dreieck gesprungen, er musste über zwei Wochen warten, bis er seine Tochter rückführen und beerdigen konnte.«

»Die Beisetzung – war von euch jemand dabei?«

Bunter nestelte nervös am Revers seines C&A-Sakkos.

»Ich bin mit Hoven rübergefahren. War keine angenehme Sache, sie hatte eine große Familie, viele kleine Nichten und Neffen, die mit den Nerven völlig fertig waren.«

Bunter war mit Hoven rübergefahren. Ein trauriger Anlass, aber eine gute Gelegenheit, mit Hoven ins Gespräch zu kommen. Rünz trat ein paar Schritte vor und überblickte die Fotos, Skizzen und Notizen, die auf dem Tisch ausgebreitet lagen.

»Wo ist Meyer?«

»Feiert Resturlaub ab«, sagte Bunter. »Hat sich im Urlaub krankgemeldet, Knöchel verstaucht oder so.«

»Hat der sich schon mal in einem Urlaub nicht krankgemeldet?«

Rünz musste sich zusammenreißen. In Gegenwart von Untergebenen über Mitarbeiter herzuziehen, zeugte nicht von Führungsqualität. Er wechselte das Thema.

»Warum hält mich keiner auf dem Laufenden? Und an meiner Aussage hatte wohl auch keiner Interesse. Seit drei Wochen studiere ich das deutsche Gesundheitssystem von innen, ich könnte bei Maischberger als Experte anheuern.«

»Wir haben versucht, mit Ihnen zu sprechen, aber Ihre Ärzte …«

»Ja, ja, die Schutzhaft, schon gut. Wo ist die ganze Entourage – BKA, LKA, Interpol –, eine Kollegin ist ermordet worden.«

Bunter zog ratlos die Schultern hoch.

»Wir können uns das auch nicht erklären. In den ersten 14 Tagen nach den Morden hatten wir hier einen richtigen Hofstaat, die Leute haben sich gegenseitig Hühneraugen getreten. Wir hatten hier eigens für den Fall eine Einsatzzentrale improvisiert mit den besten Leuten, Rheinland-Pfalz und Bayern haben mit Spezialisten Amtshilfe geleistet, Geld schien keine Rolle zu spielen. Tagelang stand uns ein Expertenteam aus Nanterre auf den Füßen, SCTIP der Police Nationale, der Dienst für internationale technische Zusammenarbeit. Die wollten sich hier voll einbringen bei den Ermittlungen. Und dann, nach zwei Wochen, kommen wir Montagmorgen hierher – und alle sind weg. Die Staatsanwältin druckste herum, und Hoven sagte, das ginge schon in Ordnung, wir hätten bundesweit akute Terrorwarnungen, die Leute müssten sich erst mal darum kümmern. Seitdem köcheln wir hier wieder allein.«

»Wir hatten hier einen richtig schönen internationalen Presseauflauf in den ersten Tagen«, sagte Wedel. »Eine französische Polizistin, die in Deutschland ermordet wird – hat ganz schön Staub aufgewirbelt bei unseren Nachbarn. ›Le Monde‹ hatte uns mit einem Einspalter auf der Titelseite, der ›Figaro‹ auf Seite zwei, von der deutschen Presse mal ganz abgesehen.«

Er stand breitbeinig da in seiner Goldjacke und den Schlabberjeans und gestikulierte beim Reden im Stil afroamerikanischer Rapper. Erwachsen zu werden war keine leichte Aufgabe.

»Sie können sich vorstellen, was hier los war. Hat einiges an Energie gekostet, uns die Medienmeute vom Hals zu halten, aber Hoven hat sich da voll eingebracht.«

Bunter grinste schelmisch, und Rünz konnte sich lebhaft vorstellen, mit welcher Begeisterung sich sein Vorgesetzter vor die Objektive gestürzt hatte.

»Wie weit seid ihr?«, fragte Rünz.

»Woran können Sie sich noch erinnern?«, fragte Bunter.

»Mir fehlen die letzten zwei oder drei Stunden vor dem Sturz.«

»Gut. Wir hatten um 9.25 Uhr einen Anruf per Handy in der Notrufzentrale. Klang ziemlich undeutlich, wie ein Besoffener, die Stimme kaum verständlich, danach ein paar Worte mit russischem Akzent, dann war die Verbindung weg. Das Ganze klang nicht dramatisch, keine Anzeichen unmittelbarer Gefahr, eher so, als hätte jemand versehentlich den Notruf seines Handys aktiviert. Wir haben die Signalquelle mit dem IMSI-Catcher auf dem Knell-Gelände geortet. Die Stadt war ziemlich dicht, ein Schwertransport mit einem Stahlteil für das neue Kongresszentrum hatte sich in der Pallaswiesenstraße verkeilt. Wir oder die Kollegen vom ersten Revier unten im Schloss hätten ziemlich lange gebraucht, deswegen haben wir erst mal gecheckt, ob zufällig jemand in der Nähe ist. Um 9.30 Uhr haben wir Ihr Auto in der Otto-Röhm-Straße lokalisiert und Sie angefunkt, Sie haben zugesagt, mal nachzusehen. Wir haben eine Baumarktquittung und ein paar Regalbretter in Ihrem Dienstwagen am Sensfelder Weg gefunden. Vermute, Sie waren beim Männershopping im Baumarkt.«

Rünz überlegte krampfhaft, ob er irgendwelche kompromittierenden Privatsachen in seinem Wagen hatte liegen lassen, aber Bunter machte keine Anspielungen in dieser Richtung.

»Bis zehn Uhr haben wir auf eine Reaktion von Ihnen gewartet, dann hat sich Charli mit zwei Kollegen vom zweiten Revier auf den Weg gemacht. Die haben fast 20 Minuten durch die Stadt gebraucht, und just als sie den Rhönring überqueren, kommt ein Notruf rein – Wohnungsbrand im Hundertwasserhaus. Die drei disponieren um, Charli steigt am Knell-Gelände aus, die zwei von der Bereitschaft fahren weiter zum Brandort. Dort war ja schließlich unmittelbare Gefahr im Verzug, keiner wusste, ob der Block nicht evakuiert werden musste. Na ja, als wir dann um elf Uhr auf der Knell waren, um nach Ihnen und Charli zu suchen, fanden wir Sie bewusstlos mit einem ziemlich blutigen Kopf, Charli und den Dicken tot.«

»Hat er einen Namen, der Dicke?«

Wedel schob ihm einen Stapel mit Aufnahmen von Kleidungsstücken hin.

»Keine Papiere, Geld oder Dokumente. Melderegister, INPOL, SIS, AZR – alles negativ. In den drei Wochen seit den Morden sind bundesweit 18 Personen als vermisst gemeldet worden, kein Treffer. Familie, Nachbarn, Freundeskreis, Arbeitgeber – keiner meldet sich. Scheint nicht viele Kontakte gehabt zu haben.«