Blutiger Sommer - Gabriella Wollenhaupt - E-Book

Blutiger Sommer E-Book

Gabriella Wollenhaupt

4,7

Beschreibung

Ein Frauenmörder spielt sein grausames Spiel Berlin 1846: Gleich zwei Verbrechensserien erschüttern die Stadt. An der Havel geht ein Vergewaltiger um und im Scheunenviertel werden junge Frauen regelrecht abgeschlachtet. Der leitende Ermittler Justus von Kleist steht bald gehörig unter Druck. Denn Polizeipräsident Eugen von Puttkamer geht es nicht nur um eine schnelle Aufklärung der Mordserie, er will den Fall auch für seine politischen Ziele nutzen. Deshalb passt es ihm gut, dass der erste Verdächtige ein Jude ist. Doch von Kleist glaubt nicht an dessen Schuld. Zufällig bringt ihn seine Frau Rachel auf eine Spur, die in eine ganz andere Richtung weist …

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Gabriella WollenhauptFriedemann Grenz

Blutiger Sommer

Historischer Kriminalroman

© 2012 by GRAFIT Verlag GmbH Chemnitzer Str. 31, D-44139 Dortmund Internet: www.grafit.de E-Mail: [email protected] Alle Rechte vorbehalten. Umschlaggestaltung: Dorothea Posdiena,www.posdiena-wrobel-kommunikationsdesign.de, unter Verwendung der Abbildung: ›Nanna‹ (Anselm Feuerbach) und eines Fotos von Kamrowski / photocase.com eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck eISBN 978-3-89425-874-0

Die Autoren

Gabriella Wollenhaupt, Jahrgang 1952, arbeitet als Fernsehredakteurin in Dortmund. Ihre freche Polizeireporterin Maria Grappa ermittelt seit 1993 regelmäßig in Bierstadt und hat Kultstatus. Zuletzt erschien Grappa lässt die Puppen tanzen. Der erste Fall für Rachel Grünblatt in Leichentuch und Lumpengeld steht den Grappa-Krimis in Sachen Witz und Ironie in nichts nach und entstand schon unter Mitarbeit von:

Friedemann Grenz, Jahrgang 1944, beschäftigt sich seit Jahrzehnten als Dozent für Literaturwissenschaft und Philosophie mit Texten. Er arbeitet als freier Lektor. Nun schreibt er auch.

www.gabriella-wollenhaupt.de

Personen

Justus von Kleist

königlich-preußischer Polizeidirektor

Rachel von Kleist,

geb.

Grünblatt

seine Frau

Kurt Gruber

Kutscher der von Kleists

Ada Hertel

Köchin in der Villa Kleist

Sophie

Zofe im Hause Kleist

Adolph von Kleist*

Cousin Justus von Kleists

Frieda Freifrau von Gaudy

verarmte Adelige

Ernst von Bodelschwingh*

Innenminister

Eugen von Puttkamer*

Polizeipräsident

Johann Ludwig Casper*

Rechtsmediziner

Schwarz

und

Escher

Kriminalkommissare

Matuschke

und

Wimmer

Gendarmen

Langhein

und

Kleinschmidt

Gendarmen

Jette Wehner

junge Hemdennäherin

Marie Wichmann

Jettes Zimmergenossin, Schankmädchen

Emma Delitz

Jettes Wirtin

Peter Delitz

ihr Sohn

Erna Krawuttke

Garderobiere in der Kroll-Oper

Ludwig Schwind

Gelegenheitsarbeiter

Franz Steinmeyer*

Pfarrer in Nowawes

Henri Lapalus

Redakteur der

Vossischen Zeitung

Levin Schücking*

Journalist auf der Durchreise

Eremias Spitznas

Druckereileiter

Abraham Kohnen

Metzgermeister

Samuel Rebenstein

jüdischer Metzgergeselle

Salomon Feingold

Rabbi im Scheunenviertel

Samuel Bleichröder*

jüdischer Bankier

* historische Personen, siehe Nachbemerkung

Zitat

Berlin ist zu groß geworden, als dass der Hof, die Bürokratie esnoch vollkommen beherrschen könnten. Es dehnt sich unaufhaltsam aus, das Elend frisst sich immer tiefer in den Organismus hinein … Damit wenige glänzen und in Pracht und Überfluss leben und wohnen, ist die Mehrzahl entweder dem maßlosen Elende oder doch der traurigsten Erfahrung, der furchtbarsten Beschränkung, der unsichersten Lebensexistenz preisgegeben.

Friedrich Saß, Journalist, in Berlin in seiner neuestenZeit und Entwicklung, erschienen 1846

Es ist keine Kunst, ein ehrlicher Mann zu sein, wenn man täglich Suppe, Gemüse und Fleisch zu essen hat.

Georg Büchner (1813 – 1837)

Romanbeginn

Eine blonde Braut im Unterkleid muss flüchten. Ein Pfau ist nicht böse und ruft nach Regen. Eine Kutsche nimmt einen neuen Passagier auf.

Eines nach dem anderen kommen die Mädchen an Land und kleiden sich an. Hübsch sind sie. Appetitlich sind sie. Er wird weiter schauen und warten. Wenn die Frauen gegangen sind, wird er auch gehen. Heute ist kein guter Tag.

Das Ufer liegt nun leer und einsam. Ferner Donner kündigt Regen an. Gerade will er sein Versteck verlassen, da sieht er eine Gestalt, die Richtung Fluss schlendert. Schnell verbirgt er sich wieder. Eine junge Frau – fast noch ein Kind. Groß und schmal mit dichtem blondem Haar, das hochgesteckt ist. Sie schaut zum Wasser, dann zum Himmel. Scheint zu überlegen, ob es Sinn macht, jetzt noch zu baden, obwohl bald Blitze aus den Wolken schlagen werden.

Es beginnt zu tröpfeln.

Er hält den Atem an. Ja, sie hat sich entschieden. Sie nestelt an den Bändern ihres Kleides und lässt es in den Sand gleiten. Sie befreit sich von den Pantalons. Ihre schmalen Finger lösen die Haken des Mieders. Sie trägt nur noch die kurze Chemise und nimmt die Nadeln aus dem Haar. Es reicht ihr bis an die Schulterblätter. Sie geht zum Fluss, prüft das Wasser mit dem Fuß und steigt hinein.

Endlich, denkt er. Der Tag wird doch noch gut. Eine wohlige Ruhe steigt in ihm auf. Nachdem sich das Mädchen einige Meter vom Ufer entfernt hat, verlässt er sein Versteck und setzt sich neben die abgelegten Kleider. Wind kommt auf.

Der Himmel öffnet seine Schleusen. Regen stürzt herab. Wasserdampf legt sich als Nebel auf den Fluss und nimmt der Uferlinie die Schärfe.

Der Mann im Sand streichelt die Kleider des badenden Mädchens und legt seine Jacke darüber, um den Stoff vor dem Regen zu schützen. Das Mieder nimmt er auf, steckt die Nase hinein und zieht Luft ein. Mit geschlossenen Augen denkt er an weißes Fleisch, lange Schenkel und die köstliche Mitte.

Das Mädchen verlässt das Wasser und entdeckt den Fremden. Das nasse Unterkleid klebt an ihren Formen.

»Was willst du hier?«, fragt es erschrocken und bedeckt die Brüste mit den Händen.

»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagt der Mann. »Ich passe nur auf deine Sachen auf. Damit sie nicht nass werden.«

Zögerlich nähert sich die junge Frau. Der Mann sieht nicht aus, als würde er ihr etwas antun. Aber wem sieht man das schon an?

Er lächelt und reicht ihr die Kleider. Um sie greifen zu können, müsste sie die Hände von den Brüsten nehmen.

»Lass alles fallen und dreh dich um«, fordert sie. »Damit ich mich ankleiden kann.«

»Stell dich nicht so an«, sagt er. »Und tu nicht so, als wäre ich der Erste, der dich nackt sieht.«

Sie zuckt zusammen. Der Ton des Fremden ist gemein. Sie schaut sich um. Außer dem Mann ist niemand zu sehen.

»Geh weg«, fordert sie.

»Nein. Komm her und hol dir dein Zeug. Es ist doch nur ein Spiel, ganz harmlos.« Er lächelt wieder.

Der Regen will nicht aufhören. Nun zucken auch Blitze. Sie schaut zum Wasser. Die Regentropfen tanzen auf dem Fluss.

»Wenn du wieder ins Wasser gehst, erschlägt dich der Blitz«, sagt der Mann. »Überleg dir gut, was du tust.«

Doch sie überlegt nicht lange, läuft zum Wasser und stürzt sich hinein. Ich bin eine gute Schwimmerin, denkt sie und lässt sich von der Strömung mitziehen.

Ein Schrei – heiser und monoton. Rachel schaudert. Obwohl sie weiß, wer Urheber dieser merkwürdigen Töne ist, fühlt sie sich abgestoßen. So schöne große Vögel und so hässliche Stimmen!

Die Tiere kommen aus Indien. Rachel hat einen Reisebericht gelesen, in dem die Pfauen ausführlich beschrieben wurden. Neuerdings tragen Damen Pfauenfedern an Hüten, Taschen und am Dekolleté.

Hinter ihr raschelt es in den Büschen. Sie schnellt herum. Ein Hahn schlägt Rad und schreitet auf sie zu. Rachel kann sich nicht rühren. Das leuchtend schillernde Blau blendet sie. Das Federkleid schwingt in wellenartigen Bewegungen. Der Glanz der späten Sonne vergoldet es.

»Hab keine Angst.« Justus von Kleist nimmt die Hand seiner Frau. »Bleib einfach ruhig. Die Vögel sind an Menschen gewöhnt.«

Das Pfauenrad schwindet und bildet eine Schleppe.

»Er hat böse Augen«, flüstert Rachel. Von dem Nasenloch des Vogels zieht sich ein schmales Band bis zum Auge. Die breite, halb ovale Fläche unter dem Auge ist weiß und nackt.

»Kein Tier ist böse«, widerspricht Justus. »Das überlassen sie uns Menschen.«

Der Pfau wartet, legt den schmalen Kopf schief. Er scheint dem Gespräch zu lauschen.

»Bist du ein böser Vogel?« Rachel drückt sich an ihren Mann.

Der Pfau antwortet. Mit einem zischenden Geräusch bildet er ruckartig erneut das fächerförmige Rad aus langen, irisierenden Schwanzfedern.

Rachel stockt der Atem. Der Pfau reckt den Hals nach oben und setzt das Fächerrad in Bewegung. Eine zitternde Bewegung entsteht und ein hölzernes Geräusch ist zu hören.

»Er will, dass wir gehen«, erklärt Justus.

Wie um das zu bekräftigen, stößt der Pfau erneut einen heiseren Schrei aus.

»Jetzt verspricht er uns Regen«, behauptet Justus. »Endlich Regen! Die Inder glauben übrigens, dass der Pfau minh-ao ruft, was so viel heißt wie: Regen kommt.«

»Was du alles weißt!«, sagt Rachel zärtlich.

»Das wissen alle Berliner. Wir sind schließlich auf der Pfaueninsel.«

Der Pfauen-Hahn verschwindet im Gebüsch. In der Ferne ertönt ein Donnergrollen.

»Hörst du?«, fragt von Kleist.

»Der Regen«, nickt sie. »Er kommt wirklich.«

Das Boot bringt sie von der Insel zum Festland. Rachel und Justus fassen sich an den Händen und laufen zum Landauer. Der Regen prasselt auf sie nieder. Kutscher Gruber öffnet die Tür. Er hat das Verdeck aufgeknüpft und sein Cape übergeworfen.

»Det kommt jetzt aba runter«, schnieft er mit Blick auf den graugrünen Himmel. »Und fällig war’s ooch. Det war ja nich mehr feierlich. Nach Hause, die Herrschaften? Oder noch irjendwo einkehren?«

»Fahren Sie ein Stück am Ufer entlang«, bittet Rachel. »Ich finde die Havel jetzt besonders schön.«

»Aber jerne, Madame.«

Rachel legt den Kopf an die Schulter ihres Mannes. Sie denkt zurück an die Stadt, in der sie fast dreißig Jahre gelebt hat. Jahrelang ertrug sie die Eintönigkeit ihres Lebens und hatte sich fast mit ihr abgefunden. Bis der Polizeidirektor Justus von Kleist aus Berlin vom preußischen König nach Morgenthal geschickt wurde, um einige unschöne Morde aufzuklären. Damals waren sie sich nähergekommen und nun ist die Eintönigkeit Morgenthals weit weg und vorbei.

»Schläfst du?«, fragt Justus leise.

»Aber nein«, murmelt sie. »Ich hab an zu Hause gedacht.«

»Unser Zuhause?«

»Nein«, gesteht sie. »An Morgenthal.«

»Heimweh?«

»Nein. Nur Erinnerungen daran, wie alles gekommen ist. Und dass es jetzt gut ist.«

Sie meint es genau, wie sie es sagt. Sie hat bei Justus gelegen schon in der ersten Nacht, im ersten Gasthof auf der Reise nach Berlin. Es war neu für sie. Ein Mann. Ihr Mann. Eine heilige Handlung. Ihr Körper sprach zu ihm. Und seiner zu ihr. Zugleich war es vertraut.

Der Regen lässt nach. Sonnenstrahlen schneiden golden durch den Nebel.

Die Bremse greift. Quietschend kommt die Kutsche zum Stehen. Die Pferde schnauben.

Justus steigt aus, dann Rachel. Auch Gruber ist vom Bock geklettert.

»Ach, du jrüne Neune«, stammelt er. »Det is ’ne junge Frau. Bloß im Hemde.«

Er deutet zum Ufer. Rachel und Justus folgen der Richtung seiner Hand. Tatsächlich. Ein blonder Kopf ist hinter einem Strauch zu sehen, die Haare strähnig und nass.

»Helfen Sie mir. Bitte!«, stammelt das Mädchen.

»Was ist geschehen?«, fragt Rachel.

»Am Ufer war ein Mann. Er hat meine Kleider genommen. Er wollte nicht weggehen und ich hatte Angst.«

»Gruber! Bringen Sie eine Decke«, ordnet Justus an.

»Sie kommen erst mal mit uns«, bestimmt Rachel.

Das Mädchen vor ihr hat ein ebenmäßiges Gesicht mit einer kleinen Nase, die etwas spitzbübisch unter aufmerksamen, klaren blauen Augen sitzt.

»Wo war das mit den Kleidern?«, fragt Justus von Kleist, als alle in der Kutsche sitzen.

»Am Ufer. Aber weiter weg. Hinter der Biegung«, antwortet die junge Frau schüchtern.

»So weit sind Sie geschwommen?«, staunt Rachel. »Das kann nicht jeder. Wie heißen Sie eigentlich?«

»Henriette Wehner, aber alle nennen mich Jette«, lautet die Antwort. »Mein Vater hat mir das Schwimmen beigebracht, da war ich acht Jahre alt. In der Elster.«

Von Kleist weist Gruber an, umzukehren und zu der Stelle zu fahren, an der Jette ins Wasser gestiegen ist.

»Bitte nicht«, wünscht Jette. »Ich möchte diesem Mann auf keinen Fall wieder begegnen. Er hatte so böse Augen.«

»Ihre Kleider. Wir müssen doch Ihre Kleider holen. Und Angst brauchen Sie nicht zu haben«, versichert Rachel. »Sie sind in der Gesellschaft eines ganz ordentlichen Polizeibeamten.« Ihr Blick geht zu dem Herrn der Kutsche.

»Dann soll es mir recht sein«, stimmt Jette zu.

»Also los, Gruber.«

Der Kutscher wendet und fährt zurück. Erneut hat Regen eingesetzt.

Böse Augen hat der Mann, denkt Rachel. Genau wie der Pfau.

»Hier war es«, ruft Jette dem Kutscher schließlich zu.

Die beiden Männer klettern von dem Gefährt und nähern sich dem Platz, den Jette bezeichnet hat. Keine Spur von einem Mann und auch keine Kleider. Sie winken die Frauen hinzu. Jette hat sich fest in die Decke gewickelt.

»Er hat wohl alles mitgenommen«, sagt Rachel. »Warum nur?«

»Nicht alles«, antwortet Jette. »Hier, meine Haarnadeln und die Schleife.« Sie hebt sie auf.

»Ist das ein beliebter Badeplatz?«, fragt Kleist.

Jette bejaht. »Viele baden hier im Sommer. Nicht nur Mädchen, sondern auch Familien. Heute war ich allein. Die anderen sind wohl vor dem Wetter geflüchtet. Ich liebe es, im Regen zu schwimmen. Dann war der Mann plötzlich da und hielt meine Kleider in den Händen. Was soll ich jetzt bloß machen?«

»Keine Sorge, Fräulein Wehner«, meint Rachel. »Wir bringen Ihnen erst mal ein paar Kleider auf den Leib. Fahren wir heim zu uns. In meinen Schränken wird sich etwas Passendes für Sie finden.«

Während der Fahrt nimmt Kleist das Wort: »Sie sind nicht von hier?«

»Genau«, bestätigt das Mädchen. »Ich komme aus dem Vogtland. Aus der Gegend bei Plauen.«

»Wie unsere Köchin«, erinnert sich Rachel. »Es gibt viele Vogtländer in Berlin.«

»Das liegt an der Armut und am Elend bei uns«, entgegnet Jette Wehner traurig.

Der Mann vom Fluss hat Jettes Kleider zusammengepackt und in seinen Rucksack gesteckt. Wütend schlägt er sich durch die mannshohen Büsche, die das Ufer säumen. Er lässt das Wasser nicht aus den Augen. Doch das Mädchen bleibt verschwunden. Der Mann kann sich nicht vorstellen, dass sie die Havel so weit hinabgeschwommen ist.

Die meisten Frauen, die sommers hier baden, bleiben im seichten Wasser. Ob diese von heute ertrunken ist?

Besser wäre es. Immerhin hat sie ihn gesehen und kann ihn beschreiben, wenn jemand sie fragen sollte. Doch dafür gibt es bei Lichte betrachtet keinen Grund. Er hat ihr nur einen harmlosen Streich gespielt. Es ist allgemein bekannt, welche Art Frauen an diesem Platz baden: Dienstmädchen, Kellnerinnen, Wäscherinnen. Und die nehmen es mit der Moral nicht so genau.

Heftiger Regen prasselt aufs Wasser und lässt die Tropfen tanzen. Der Mann geht zur Straße zurück und muss einem eiligen Reiter in Uniform ausweichen.

Mürrisch entfernt der Mann die Dreckklumpen, die das Pferd aufgewirbelt hat, von seiner Hose. Rücksichtsloses Soldatenpack!

Er zieht die Kappe tiefer ins Gesicht.

Eine tote Frau ist keine Dame. Berlin besteht aus zwei Städten. Ein kleines Mädchen verliert alles und wird weggebracht. Auf einem Brief steht eine Adresse. Man fertigt Schlüssel an.

Weinen. Das Kind ist nur Weinen. Rotz fließt frei aus der Nase. Eben hat sie noch ein Wort gehabt. Sie hat es geschluchzt: »Mutti.« Nun ist es nur noch Weinen. Mutti antwortet nicht. Warum regt sich Mutti nicht? Warum ist Muttis schönstes Kleid überall so rot? Warum ist das Rote so feucht?

Schaulustige glotzen die tote Frau an. Sie sehen die Beine. Frauenbeine. Nackt in der Nachmittagssonne. Wolken ziehen auf. Im Südwesten grummelt der Himmel.

»Nehmt doch das Kind da weg«, sagt eine Stimme. Eine markante Stimme. »Eine Decke«, fordert sie nun.

Ein Mantel fliegt durch die Luft. Jemand deckt die Tote zu.

»Danke«, sagt die Stimme. Sie gehört Kommissar Schwarz. »Bringt das Kind in Obhut«, befiehlt er.

Ein Gendarm nickt und trägt das Kind fort. Es wird zunächst in einem öffentlichen Waisenhaus unterkommen.

Der Arzt stellt bei der toten Frau schwere Verletzungen fest. Der Täter hat ihr mit einem scharfen Schneidwerkzeug den Unterleib aufgeschlitzt. Die Helfer des Arztes legen den Leichnam in einen Holzsarg, der in die Charité gebracht wird.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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