Blutrot blüht die Heide - Jürgen Ehlers - E-Book

Blutrot blüht die Heide E-Book

Jurgen Ehlers

4,3

Beschreibung

Als Wilhelm Berger im September 1917 seinen Dienst als Kommandojäger auf der Försterei Jatty in Westpreußen antritt, erfährt er, dass in den Wäldern der Tucheler Heide ein Mörder sein Unwesen treibt. Ein Förster ist bereits getötet worden, und ehe die Polizei reagieren kann, schlägt der Mann ein zweites Mal zu. Der Täter ist bekannt. Es ist der Pole Franz Kleinschmidt, ein Wilddieb und Deserteur. Der Mann scheint nicht zu fassen; die kleinen Leute helfen ihm unterzutauchen. Paul Marquardt, der Polizist aus Berlin, würde den Mann am liebsten tot sehen. Berger will ihn lebend festnehmen. Gemeinsam mit der Polin Maria stellt er ihm eine Falle. Der Kriminalroman beruht wie die anderen vier Romane um Wilhelm Berger auf einem historischen Fall. Dies ist Bergers erster Fall. Er ist noch kein Polizist, sondern Soldat, zum Schutz der Förstereien abkommandiert.

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Jürgen EhlersBlutrot blüht die Heide

Bisher vom Autor bei KBV erschienen:

»Mann über Bord«

»Mitgegangen«

»Neben dem Gleis«

»Die Nacht von Barmbeck«

»In Deinem schönen Leibe«

»Der Spion von Dunvegan Castle«

Jürgen Ehlers wurde 1948 in Hamburg geboren, lebt heute mit seiner Familie auf dem Land und arbeitet hauptberuflich im Geologischen Landesamt Hamburg. Seit 1992 schreibt er Krimis, die in verschiedenen Verlagen im In- und Ausland veröffentlicht wurden, und ist Herausgeber von Krimianthologien. Er ist Mitglied im »Syndikat« und in der »Crime Writers’ Association«.

Sein erster Kriminalroman »Mitgegangen« wurde in der Sparte Debüt für den Friedrich-Glauser-Preis nominert.

Jürgen Ehlers

Blutrot

blüht die Heide

Originalausgabe

© 2012 KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim

www.kbv-verlag.de

E-Mail: [email protected]

Telefon: 0 65 93 - 998 96-0

Fax: 0 65 93 - 998 96-20

Umschlaggestaltung: Ralf Kramp

unter Verwendung von: © chriskuddl/zweisam · www.fotolia.de

Redaktion: Volker Maria Neumann, Köln

Print-ISBN 978-3-942446-67-9

E-Book-ISBN 978-3-95441-115-3

Prolog

Am 3. Juli 1917 schrieb der Hilfsförster Richard Weber aus der Försterei Charlottenthal in Westpreußen einen Brief an seine Eltern: Ihr Lieben! Wir hatten heute große Dienstbesprechung. Natürlich ging es wieder um die Wilddiebe. Der Oberförster hat ein großes Gewese darum gemacht. Neulich ist wieder geschossen worden, und Schlingen haben wir auch gefunden. Im Jagen 24, genau wie beim letzten Mal. Morgen früh erwischen wir den Kerl. Ich übernehme die erste Wache bis 4:00 Uhr, dann löst Brandt mich ab. Morgen mehr. Euer Richard.

P. S.: Wir sind uns jetzt ziemlich sicher, dass es der Spitza ist, von dem ich dir geschrieben hatte.

Irgendwo knackte es im Unterholz. Richard Weber schrak hoch. Der Wilderer! Wer hätte das gedacht, dass er so früh kommen würde! Es war noch fast dunkel, und Weber wusste zwar, wo die Schlinge hing, aber sehen konnte er sie nicht. Wieder knackte es, diesmal etwas näher. Kurz darauf registrierte der Hilfsförster, dass sich ein Schatten zwischen den Kiefernstämmen auf ihn zubewegte. War das dieser Spitza? Ja, das konnte er sein. Der Mann kam näher und näher, und schließlich blieb er stehen, keine zehn Schritte von Weber entfernt. Das war die Stelle, an der die Schlinge hing. Weber hatte sie zugezogen, dass sie keinen Schaden mehr anrichten konnte. Der Mann bückte sich, machte sich daran zu schaffen, war offenbar dabei, die Schlinge erneut zu stellen.

Weber sprang auf: »Hände hoch! Forstpolizei!«

Der Unbekannte erstarrte.

Weber ging auf ihn zu, den entsicherten Drilling in der Hand. »Los, aufstehen! Und die Hände hübsch nach oben!« Wenn es nur nicht so dunkel wäre! Weber konnte nur hoffen, dass der überraschte Wilderer keinen Fluchtversuch unternahm.

Zögernd richtete der Mann sich auf und hob die Arme. Ja, kein Zweifel, das war der Spitza. Lange schon hatten die Förster ihn im Verdacht gehabt, dass er hier im Wald Schlingen stellte. Nun hatten sie ihn erwischt.

»Los, vorwärts! Da rüber! Ganz langsam zurück zum Weg gehen! Und die Hände hübsch oben lassen!«

Der Wilderer gehorchte. »Was hab ich dir denn getan?«, flüsterte er.

»Nichts hast du mir getan«, rief Weber verärgert. »Aber den Rehen und Hasen, denen hast du was getan. Die hast du umgebracht mit deinen Schlingen!«

Spitza reagierte nicht. »Was hab ich dir denn getan?«, fragte er noch einmal. Und dann lauter und lauter: »Was hab ich dir denn getan? Kannst du mir das sagen? Was lauerst du mir auf mit einem Gewehr? Was hab ich dir getan?«

Es hieß, der Spitza sei womöglich schwachsinnig. Aber das sollten andere entscheiden. »Halt den Mund und geh weiter!«

Spitza ging weiter, aber sie kamen nur langsam voran. Immer wieder blieb der Mann stehen, drehte sich um und fragte den Hilfsförster: »Was hab ich dir denn getan?«

»Weiter, weiter! – Das wird sich alles klären.« Weber hatte keine Lust, mit dem Wilderer zu diskutieren. Das war Sache der Polizei. Sollte die sich darum kümmern.

Schließlich erreichten sie den Weg. Weber atmete auf. Das schwierigste Stück war geschafft. Von hier aus ging es am Piaceczna-See vorbei geradewegs zurück zur Försterei. Hier in der offenen Heide konnte ihm der Wilderer nicht mehr entwischen. Außerdem wurde es allmählich heller. Aber nun kam ihnen plötzlich ein einsamer Wanderer entgegen. Ein Spaziergänger? Zu dieser frühen Stunde? Noch ein Wilderer, dachte Weber. Wer sonst sollte vor Sonnenaufgang im Wald unterwegs sein? Aber – wenn das ein Wilderer war, warum lief der Mann nicht davon?

Spitza jammerte nun wieder lauter; auch er hatte offensichtlich den Mann entdeckt. Womöglich versprach er sich Hilfe von ihm. »Was machst du mit mir?«, rief er. Es klang geradezu verzweifelt. »Was willst du von mir? Warum schlägst du mich? – Au, Au! Warum schlägst du mich?«

Es war lächerlich. Weber hatte den Mann gar nicht angerührt. Inzwischen war der andere Spaziergänger herangekommen. Weber registrierte zu seiner Erleichterung, dass der Mann ganz offensichtlich unbewaffnet war. Er sah weder besonders groß noch besonders stark aus.

»Was geht hier denn vor?«, fragte er. Es klang nicht bedrohlich, eher neugierig.

»Nichts Besonderes«, erwiderte Weber. »Dieser Mann hier, das ist ein Wilddieb; ich habe ihn beim Schlingenstellen erwischt und festgenommen.«

Der Unbekannte nickte. Er war kurz stehen geblieben, hatte den Förster und seinen Gefangenen interessiert angesehen, aber nun ging er weiter. »Schönen Tag noch!«

Weber nickte. »Vorwärts!«, sagte er.

Spitza schrie plötzlich: »Hilfe! Hilfe! So helft mir doch!«

Ehe Weber überhaupt reagieren konnte, sprang ihn plötzlich der Unbekannte von hinten an. Weber ließ den Drilling fallen und versuchte, sich loszureißen. Nun ging auch Spitza auf ihn los. Weber trat nach ihm. Spitza schrie. Der Unbekannte brachte Weber zu Fall. Weber griff nach dem Drilling. Er konnte ihn nicht erreichen. Er hätte schießen sollen! Spitza stürzte sich auf ihn, würgte ihn mit beiden Händen. Weber befreite sich, sprang auf. Spitza wollte ihn erneut packen; er biss dem Wilderer mit aller Kraft in die Hand, dass der brüllend losließ. In dem Augenblick erhielt er einen Schlag über den Kopf. Der Drilling! Der Unbekannte hatte das Gewehr ergriffen und schlug damit zu. Weber versuchte, den zweiten Schlag abzuwehren, stolperte, stürzte ins Heidekraut. Ihm war, als sei sein Schädel gesprungen.

Spitzas Stiefel traf ihn ins Gesicht. Weber schwanden die Sinne. Der Unbekannte holte erneut zum Schlag aus …

Förster und Jäger

Czersk, Westpreußen, 1. September 1917

Wenn man einen Mann tot in den Wäldern findet, wer wollte dann sagen, wer ihn erschlagen hat?

(J. F. Cooper, Der Wildtöter)

Der Bahnhof lag außerhalb der Stadt. Berger schien es, als wäre das moderne, dreigliedrige Gebäude für die kleine Stadt zu groß ausgefallen. War Czersk überhaupt eine Stadt? Er wusste es nicht.

Wilhelm Berger hatte Glück gehabt. Seine Verwundung war zwar schmerzhaft gewesen – aber für ihn war der Krieg erst einmal vorbei. Nach der Entlassung aus dem Lazarett war er zu seiner Überraschung nicht zu seinem Regiment zurückgeschickt, sondern stattdessen in Berlin neu eingekleidet worden. Jetzt, am 1. September, stand er in der Uniform eines Soldaten des Garde-Jäger-Bataillons auf dem Bahnhof in Czersk und fragte sich, wie es weitergehen sollte. Er hatte das Gewehr und den Tornister abgesetzt und sah sich um. Die wenigen Fahrgäste, die mit dem Zug gekommen waren, waren inzwischen verschwunden. Nach Jatty sollte er, aber er hatte keine Ahnung, wo dieses Jatty liegen mochte. Er spürte ein Ziehen in der Schulter. Seine Verwundung war keineswegs ausgeheilt.

Neben dem Bahnhof standen zwei ältere Männer und rauchten. Berger ging zu ihnen hinüber. Die Männer unterbrachen ihre Unterhaltung und sahen ihn an.

»Entschuldigung, können Sie mir sagen, wie ich von hier nach Jatty komme?«

Die beiden Männer starrten ihn an, schüttelten die Köpfe. Sie verstanden ihn nicht. Wahrscheinlich waren es Polen.

»Jatty?«, versuchte es Berger noch einmal.

Der eine der Männer spuckte aus, sagte dann irgendeinen längeren Satz auf Polnisch, in dem das Wort Jatty vorkam, und wies in Richtung der Landstraße. Offenbar musste er sich nach Westen wenden.

Wilhelm Berger nahm sein Gepäck auf und ging in die angegebene Richtung. »Jatty?«, fragte er noch einmal.

Die Männer nickten.

Wilhelm Berger brauchte nicht weit zu gehen. Schon nach wenigen Minuten, er hatte Czersk noch gar nicht verlassen, kam ihm ein Pferdefuhrwerk entgegen.

Der Kutscher winkte ihm zu und hielt an. »Steigen Sie ein«, sagte er.

»Nach Jatty?«, fragte Berger vorsichtshalber.

»Ja, natürlich, wohin denn sonst? – Sie sind doch dieser Berger, oder? Ist doch klar, dass wir Sie nicht zu Fuß laufen lassen! Schon gar nicht an einem so heißen Tag.«

»Danke.« Berger warf sein Gepäck auf den Wagen und setzte sich neben den Kutscher auf den Bock.

»Die Rundfahrt durch die Stadt erspare ich Ihnen; viel zu sehen gibt es sowieso nicht. Czersk ist ein Zentrum der Holzindustrie, es gibt die Säge, wie man hier sagt – das ist das Sägewerk. Dann ist da noch eine Ziegelei, eine Brauerei, eine Schule. Hab ich irgendetwas vergessen? Ja, die Landmaschinenfabrik Victoria. Um die Jahrhundertwende gegründet. Alles blüht und gedeiht!« Der Kutscher lachte.

Im Augenblick blühte nicht allzu viel, und selbst das Grün am Straßenrand hatte der Staub grau gefärbt. Die schnurgerade Straße war nichts als ein Sandweg; sie führte parallel zur Bahn zurück in Richtung Westen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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