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Im Anwesen des Vampirclans von Aurelius lernt Amalia neue Abgründe der Lust kennen, während die Vampire versuchen, Amalia die Erinnerung an Lairas Aufenthalt zu entlocken. Aber auch die Vampirfürstin Rene gibt nicht auf, an das Wissen um Laira zu gelangen. Sie lässt ihre Werwölfe Amalia entführen. Währenddessen kämpft Aurelius mit seinen Gefühlen, denn der Clan darf nicht von seinen wahren Gefühlen für Amalia erfahren. Dennoch will er Amalia weder zur Gespielin anderer Vampire machen, noch ihr Leben in Gefahr sehen, denn einige Vampire wollen Amalia töten, sobald sie Lairas Aufenthaltsort erfahren haben. Aurelius plant, mit Amalia zu fliehen, doch Rene kommt ihm zuvor. Als Renes Wölfe Amalia mit einer List zu sich locken, folgt er ihrer Spur, um Amalia aus den Klauen der Vampirfürstin zu befreien ... Teil 2 der Blutseelen-Trilogie.
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Seitenzahl: 296
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SARAH SCHWARTZ
EROTISCHER VAMPIRROMAN
© 2010 Plaisir d’Amour Verlag, Lautertal
Plaisir d’Amour VerlagPostfach 11 68D-64684 Lautertalwww.plaisirdamourbooks.cominfo@plaisirdamourbooks.comCovergestaltung: Andrea Gunschera© Coverfotos: Shutterstock (Sean Nel, Lev Dolgachov)© Illustration Seite 167: Lena UlrichLektorat: Helena HollerbachKorrektorat: Irina DitterISBN 978-3-86495-008-7
„Vereinsamt“ von Friedrich Nietzsche wurde „Des Sommers letzte Rosen - Die 100 beliebtesten deutschen Gedichte“, herausgegeben von Dirk Ippen, Verlag C.H. Beck, München 2001, 9. Auflage, entnommen.
Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden.
Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n –
Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt – entflohn?
Die Welt – ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg‘, Vogel, schnarr‘
Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! –
Versteck‘, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n
Weh dem, der keine Heimat hat!
Vereinsamt, Friedrich Nietzsche
Als er erwachte, erwachten auch die Schmerzen. Feuer brannte in seiner angeschossenen Schulter, wütete in seinem Fleisch, verzehrte Muskeln und Sehnen. Benommen öffnete er seine grüngoldenen Augen und starrte in einen milchig weißen Himmel. Schneeflocken rieselten herab, setzten sich auf seine Uniform und mischten sich mit Blut. Er hörte die Schreie Sterbender und das Grölen der Sieger. Irgendwo in seiner Nähe lallte ein betrunkener Soldat: „Santa Maria, oh Santa Maria, dein ist der Sieg.“
Aurelius spürte die Kälte in seinen Armen und Beinen. Er fragte sich, ob er je einen Winter erlebt hatte, in dem er nicht fror. Es war, als habe die Kirche beider Konfessionen recht behalten, als wolle Gott seine verirrten Schäfchen strafen und ihnen den eisigen Atem einer zweiten Hölle senden, in der der Teufel auf einem Thron aus Eis saß. Vielleicht gerade deshalb, weil sie sich in Katholiken und Protestanten geteilt hatten und in seinem Namen Krieg führten.
Seine Gedanken schweiften ab. Er wusste, dass es am Blutverlust lag, an dem beständigen Strom, der aus ihm floss und ihn schwächte.
Vorsichtig drehte er den Kopf zu dem singenden Soldaten hin, der zwischen Leichen und Verwundeten spazierte und seine Gabelmuskete im Takt des Liedes schwang. Seine Kleidung war vom Schnee bedeckt. Er war der Sieger, und er tat, was Sieger taten: Er bückte sich und nahm den Gefallenen aus den Taschen, was er brauchen konnte. Eben beugte er sich über einen, der noch lebte und aufschrie, als die Gabelmuskete gegen seinen Kopf schlug.
Bedrich, erkannte Aurelius blinzelnd, ein Landsknecht aus seinem Haufen. Er hatte eine Frau und drei Kinder.
Weitere Sieger eilten herbei, packten den noch stöhnenden Bedrich und zerrten ihn auf die Füße. Sie schleppten ihn zu einem Baum, an dem sie alle überlebenden Verlierer in der Nähe aufhängten. Der Baum war gespickt mit Menschen. Wie übergroße Früchte hingen sie an Stricken in den Ästen, während der Schnee den Weißen Berg samt den toten Körpern mit einem Leichentuch zudeckte. Die Soldaten lachten, als Bedrich schrie, sich wehrte und schließlich doch seinen Platz am Baum fand und verstummte.
Aurelius unterdrückte ein Würgen.
Was Friedrich in diesem Augenblick wohl machte? War sein König auf der Flucht, weil sie den Berg trotz der guten strategischen Lage nicht hatten halten können? Sie waren in der Unterzahl gewesen, hatten Hunger gelitten und waren geschwankt, als die Kavallerie mit trommelnden Hufen den Tod brachte. Wut stieg in ihm auf und dämpfte die Schmerzen.
Was interessierte es ihn, was der böhmische König mit dessen blaublütigen Hinterteil anstellte? Sein Leben war in Gefahr, nicht das seines Herrn. Er musste fort.
Aber wie? Sobald er sich regte, würden die Soldaten der katholischen Liga auf ihn aufmerksam werden und ihn neben Bedrich an den Baum hängen. Wehren konnte er sich nicht. Seine Pike hatte er verloren, und der Dolch war nicht geeignet, sich den Weg freizukämpfen.
Er verhielt sich still und hoffte, zwischen den Leichen nicht aufzufallen. Wie hoch waren ihre Verluste? Viertausend Mann? Sechstausend? Würde auch er bald zu den Gefallenen zählen?
Die Soldaten, die Bedrich gehängt hatten, suchten nach weiteren Opfern. Sie kamen auf ihn zu. Einen erschreckenden Moment lang glaubte er, den Gedanken des Mannes erfassen zu können, der an seine Seite trat. Es war, als spüre er dessen unbändige Freude darüber, am Leben zu sein und dem großen Feldherrn und Grafen von Buquoy diesen Sieg zu schenken. Er zitterte. Wie konnte das sein? Menschen waren nicht in der Lage, Gedanken zu lesen oder fremde Gefühle zu spüren. Zumindest keine Menschen, die nicht mit dem Teufel im Bund waren.
Er hatte das schon früher erlebt, erinnerte er sich, und tief in ihm erklang eine zweite Stimme, die immer da war, wenn sein Leben bedroht wurde: Ganz ruhig. Ich helfe dir. Halt still und lass alles über dich ergehen.
Ein Schleier legte sich über seinen Verstand. Ihm war, als könne er die Szene auf dem Weißen Berg von oben betrachten, wie ein Falke, der unter den Wolken dahinglitt und auf die Flanke des Berges hinabsah: Da lag ein Soldat in der von Schnee weißen Gewandung mit der Binde der böhmischen Protestanten – er war es selbst, es war sein Körper –, und vier Soldaten der Liga traten auf ihn zu. Der Vorderste zerrte an seinen bernsteinfarbenen Haaren und trat ihm mit voller Wucht den bestiefelten Fuß in die Rippen, während er ein Volkslied pfiff. Aurelius schrie und bäumte sich auf, aber er tat es nur in seinen Gedanken. Eine schützende Kraft hatte von ihm Besitz ergriffen und verbot seinem Körper jeden Laut und jede Regung.
Ein zweiter Soldat beugte sich hinab und hieb den Knauf eines Dolches gegen die blutende Schulterwunde. „Der ist hinüber“, sagte er zufrieden. „Durchsucht seine Taschen. Bestimmt hat er was, was er nich‘ mehr brauch‘.“ Er lachte dreckig über seinen sarkastischen Scherz.
Aurelius wurde grob am Boden hin und her gestoßen, gierige Hände griffen sich, was zu greifen war. Sein Dolch und einige andere Habseligkeiten wechselten den Besitzer.
Die Soldaten gingen. Danach wurde es still. In der Ferne hallten Schreie, Stöhnen und raues Gelächter. Pferde schnaubten. Am Galgenbaum krächzte ein Rabe.
Sie hatten verloren. Aurelius hielt die Augen geschlossen, und doch war ihm, als könne er die Wolken über sich sehen, den stummen Himmel, dem sein Leid gleichgültig war. Sie hatten verloren, und nun würde Böhmen an die Katholiken fallen.
Er versuchte, sich an seine Familie zu erinnern, an Vater und Mutter, aber da war keine Erinnerung. Vor drei Jahren hatte er nach einem Raubüberfall eine schwere Verletzung erlitten. Eine adelige Frau hatte ihn damals gefunden und zu seiner Familie zurückgebracht. Zu diesem Zeitpunkt waren seine Eltern bereits tot gewesen. Nur sein Bruder Darion hatte noch gelebt. Sie waren zwei von sieben Geschwistern. Zwei hatte ihnen der Henker genommen, der sich Hunger nannte, drei seine Schwester, die Seuche.
Aurelius' Gedanken kreisten um sein Leben, während er darauf wartete, dass dieser von allen Engeln verfluchte Tag sich seinem Ende neigte und die Dunkelheit ihm Schutz gewähren würde. Im Mantel der Nacht würde er fliehen. Obwohl er viel Blut verloren hatte, glaubte er nicht, an der Wunde zu sterben, die ihm eine Muskete zugefügt hatte. Diese Wunde würde wie all die anderen verheilen, ohne eine Narbe zurückzulassen. Sein Körper war mit erstaunlichen Selbstheilungskräften gesegnet. Bis auf zwei Narben, die an der Seite seines Oberkörpers auf den Rippen ein Kreuz bildeten und vermutlich von dem Überfall stammten, war er makellos.
Die Sonne senkte sich. Es wurde eisig kalt, und er musste alle Muskeln immer wieder anspannen, um nicht am Boden festzufrieren. Schmerz fühlte er nicht mehr, nur dumpfe Taubheit.
Erst als die Dunkelheit die Gräuel der Sieger verdeckte und die Galgenbäume zu Schatten wurden, kroch er davon. Meter um Meter legte er zurück, immer darauf bedacht, sich wieder fallen zu lassen und tot zu stellen, wenn sich ein Feind näherte. Zwei Mal rettete ihm die Stimme in seinem Inneren das Leben, indem sie ihn vor herannahenden Feinden warnte. Schließlich hatte er genug Abstand gewonnen und konnte aufstehen. Er rannte nicht, um keine Feinde auf sich aufmerksam zu machen. Am Rand des Schlachtfeldes nahm er einem toten Katholiken die Uniformjacke samt der Binde ab.
Es dauerte endlos, bis er den Platz der Niederlage verlassen hatte. Er sah nicht zurück. Sein Leben hatte sich an diesem Tag gewandelt wie das Schlachtglück, und wenn er überleben wollte, musste er Böhmen verlassen.
Er konnte nicht begründen, warum, aber er hatte keinen Augenblick lang Furcht, das kleine Dorf in der Nähe von Prag, in dem er, seine Frau Edita und Darion lebten, sei bereits geplündert und verwüstet worden. Ohne sich mit Anklopfen aufzuhalten, trat er ein. Edita flog ihm entgegen und klammerte sich an ihm fest.
„Du lebst“, flüsterte sie erstickt und tastete immer wieder über seine langen Arme und Beine, als könne sie es nicht fassen. Er fuhr beruhigend durch ihre dunklen Haare. Er liebte sie nicht. Sie war Darion als Ehefrau ausgesucht worden, doch Darion hatte sie nicht gewollt. Um dem Wunsch seines toten Vaters zu entsprechen, der die Verbindung ihrer Familien angestrebt hatte, hatte Aurelius sie vor zwei Jahren geehelicht. Damit war allen Genüge getan, und sie war nicht die schlechteste Frau, wenn sie ihn auch nicht übermäßig ansprach.
Er schob sie von sich. „Die Schlacht am Weißen Berg ist verloren. Wir müssen Böhmen verlassen, ehe der Feind vor unserem Haus steht.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, wir bleiben. Wir sind die Kinder Jesu. Bůh je láska: Gott ist Liebe. Er wird uns beschützen.“
„Wir waren Kinder Gottes. Jetzt sind wir Exulanten: Flüchtlinge! Also beweg dich und pack zusammen. Wir haben keine Zeit für Gebete.“ Er wusste, dass er grausam zu ihr war, aber er hatte Angst und wollte keine Zeit verlieren. Vor seinen Augen stiegen Bilder auf. Grauenvolle Bilder. Edita lag in der Wohnstube am Boden und wurde festgehalten von vier katholischen Marienverehrern, während der fünfte sie vergewaltigte. Sie hatten die Gesichter der fünf Soldaten, die ihn beinahe getötet hätten.
Er würde Edita vor diesem Schicksal schützen, egal was es kostete.
Ihre Augen weiteten sich. „Du kannst nicht so mit mir ...“
Er umklammerte sie hart an den Schultern und sah eindringlich in ihre erdbraunen Augen. „Das ist kein Spaß, mého poklada1, das ist das bittere Leben. Wenn wir bleiben, werden wir es verlieren. Also beeil dich und pack nur zusammen, was wir auch tragen können. Ich hole Darion.“ Er spürte, dass die Härte seiner Stimme endlich in ihr Bewusstsein drang. Böhmen hatte den Krieg verloren. Alles, was sie sich hart erarbeitet hatten, würde verloren gehen.
Tränen liefen aus ihren Augenwinkeln. Sie drehte sich schweigend um und begann zu packen.
1 Tschechisch: mein Schatz, meine Liebste
Winter. Ein kahler Baum. Der nackte Leib einer Frau im Schnee. Wie Fetzen tauchten die Bilder aus dem Nebel ihres Unterbewusstseins auf und verwoben sich zu einer surrealen Welt. Sie betrachtete das Traumbild: die nackte Frau mit der weißesten Haut, die sie je gesehen hatte. Gefrorene Wimpern glitzerten im Schein einer kraftlosen Sonne. Die Frau am Boden lag entspannt auf der weißen Fläche. Sie schien nicht zu frieren. Anmutig setzte sie sich auf, nackt, wie sie war, und lächelte ihr zu. „Jara, komm her, meine hübsche Priestersklavin.“
Lange Finger winkten sie heran. Jara folgte der Bewegung der Hand. Sie war in dicke Wolfsfelle gehüllt, die sie vor der Kälte schützten. Die blonde Frau betrachtete sie gierig und wies auf die Felle. „Leg das ab.“
Jara gehorchte. Angst kroch in ihr hoch und machte ihr mehr zu schaffen als die klirrende Kälte. Was würde N’ree von ihr verlangen? Würde sie dieses Mal ein Ende machen und sie umbringen, wie sie es oft angedroht hatte? Oder würde sie sich mit ihren üblichen Spielen begnügen, sie benutzen und sich an ihrer Hilflosigkeit ergötzen?
N’ree näherte sich ihrem zitternden Leib. Ihre Fingerspitzen legten sich auf Jaras Brüste und kniffen in die empfindlichen, dunklen Knospen. „Bereust du, mit mir aus Ägypten geflohen zu sein?“
Jara stand still und schüttelte stumm den Kopf. „Lügnerin. Ich sehe in dich hinein, Priesterin, vergiss das nicht. Aber noch ist deine Furcht unangebracht. Noch darfst du leben.“ Sie ließ Jaras Brüste los und wandte sich von ihr ab.
Langsam tauchte sie aus ihrem Traum auf und erinnerte sich: Sie war nicht Jara und keine Priesterin aus einer anderen Zeit. Ihr Name war Amalia, und sie war in einem Anwesen der Vampire, in das Aurelius sie gebracht hatte. Sie lag mit geschlossenen Augen auf einem reich verzierten Prunkbett in einem Gästezimmer. Die Decke unter ihr war weich und warm. Es roch nach frischen Rosen, die keine drei Meter entfernt in einer hüfthohen Ziervase auf dem Parkett standen. Das war nicht der einzige Duft. Ein schwacher Geruch nach Jasmin und Palisander ließ sie an einen Sonnenuntergang im Orient denken und weckte die Assoziation von flackernden Feuern und Tänzerinnen am Nil.
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