Brautbett - Sophie Andresky - E-Book

Brautbett E-Book

Sophie Andresky

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Beschreibung

Sie dürfen die Braut jetzt vögeln

Saftig, jung und untervögelt: So fühlt sich Maya, die eine erfolgreiche Hochzeitsagentur betreibt. Um ihrer Libido gerecht zu werden, setzt sie sich in den Pausen gerne nackt vor den Rechner und lässt sich von Sex-Chats befeuern. Alles ändert sich, als Maya erfährt, dass sie eine Seitensprungagentur geerbt hat. Sie beginnt, beide Geschäfte nebeneinander zu führen, gerät aber mit den Kundendateien durcheinander. Bräutigame werden zum Gruppensex statt zum Junggesellenabschied geladen, Bräute finden sich überrascht zu Seitensprungdates ein. Dabei wird es abwechslungsreich. Ob sportlich in der Schaukel, beschwingt im Swingerspa oder maskiert mit Geistervibrator: Sex bildet, ob vor oder nach der Brautnacht.

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Saftig, jung und untervögelt: so fühlt sich Maya, die eine erfolgreiche Hochzeitsagentur betreibt. Um ihrer Libido gerecht zu werden, setzt sie sich in den Pausen gerne nackt vor den Rechner und lässt sich von spritzigen Sex-Chats befeuern. Alles ändert sich, als Maya erfährt, dass sie eine Seitensprungagentur geerbt hat. Sie beginnt, beide Geschäfte nebeneinander zu führen, gerät aber mit den Kundendateien durcheinander. Bräutigame werden zum Gruppensex statt zum Junggesellenabschied geladen, Bräute finden sich überrascht zu Seitensprungdates ein. Dabei wird es abwechslungsreich. Ob sportlich in der Schaukel, beschwingt im Swingerspa oder maskiert mit Geistervibrator: Sex bildet, ob vor oder nach der Brautnacht.

SOPHIE ANDRESKY

BRAUTBETT

Erotischer Roman

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

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Vollständige deutsche Erstausgabe 01/2016

Copyright © 2015 by Sophie Andresky

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabeby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: yellowfarm GmbH, S. Freischem,

unter Verwendung eines Motivs von © Jean Pierre Amet / ImageBrief.com

Satz: Schaber Datentechnik, Austria

ISBN: 978-3-641-12282-9V002

www.heyne-hardcore.de

In Liebe für Marcus.

Für 20 Jahre Flittern und Vögeln.

In Erinnerung an Gracia (1967 – 2014).

Du fehlst.

»Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre

Ich bin doch zu schade für einen allein

Wenn ich jetzt grad dir Treue schwöre

Wird wieder ein anderer ganz unglücklich sein.«

FRIEDRICH HOLLAENDER / ROBERT LIEBERMANN (1932)

»Der Seidenschwanz, der Seidenschwanz,

der bracht’ der Braut den Hochzeitskranz.

Vidirallala, vidirallala, vidirallalalala.«

HOFFMANN VON FALLERSLEBEN: Die Vogelhochzeit (1842) nach dem Volkslied aus dem Mittelalter

»Wir würden einfach lieb ficken

Ficken für vier

Du auf dem Rücken

Und ich über dir«

Sofaplanet (2001)

BALZ-ZEIT

»Weiblicher Ort der feuchten Freude mit sechzehn Buchstaben, CKS in der Mitte und endet auf TE?«

Maya Summser sitzt vor dem Bildschirm in dem fensterlosen, völlig überfüllten Büro ihres Wedding-Planer-Ladens Honeymoon.

Reifrock-Krinolinen, Haarschmuck und weiße Spitzen-Dessous türmen sich neben Oldtimermodellen, blumengeschmückten Torten aus Modelliermasse und Kerzen in allen möglichen Formen und Größen. In den Regalen stapeln sich Prospekte von Restaurants und Hotels, und Kartons mit weißen Pumps und Ballerinas stehen im Weg herum.

Gut, dass die Kundinnen, die in den Laden kommen, nicht das Chaos im dahinterliegenden kleinen Büro sehen, sondern nur die elegante Einrichtung vorn, den Kristalllüster und die perfekt glänzenden, leicht knarrenden Dielen wahrnehmen.

Der Teil des Büros, in dem sich auch die Tür zum Laden befindet, dient zugleich als Zwischenlager und ist dicht an dicht mit prall gefüllten Kleidersäcken zugehängt – drei Stahlstangen spannen sich von Wand zu Wand und biegen sich unter der Last. In den durchsichtigen Plastikhüllen schimmern weißer Satin, duftige Berge aus Tüll und glitzernde Pailletten. Im Augenblick ist es besonders voll, denn die alte Kollektion ist noch nicht abverkauft, dazu sind viele neue Modelle bereits eingetroffen. Was keinen Platz mehr gefunden hat, hängt an Schienen von der hohen Decke des Altbaus: leise schaukelnde Gespenster aus Taft und Organza, dazwischen einige Ladenhüter, die wie zerknittertes Papier aussehen oder mit Federbüscheln bestickt sind, denn das war im vorletzten Jahr groß in Mode: Federn überall.

Bibo-Kleider, denkt Maya, während sie den Kopf in den Nacken legt, sodass sie die Decke sehen kann, für Hochzeitshühner.

Dann kehrt sie zum Rätsel zurück: »Weiblicher Ort der feuchten Freude mit sechzehn Buchstaben, CKS in der Mitte und endet auf TE?«

Sie wickelt sich enger in die große Decke aus Schaffell, die über ihrem Chefsessel liegt, und spürt das weiche Material auf der Haut. Sie ist nackt und genießt das Gefühl des kitzelnden Flaums an ihren Brustspitzen. Es ist ein bisschen ungewöhnlich, als Weddingplanerin nackt im Büro zu sitzen, das gibt sie zu. Nicht alle ihre Kundinnen würden verständnisvoll reagieren, wenn sie wüssten, wie ihre Organisatorin, Kleiderverkäuferin und Fachfrau für Romantik und Heiratsglück die Mittagspause verbringt – und was sie dabei im Internet treibt.

Manche Bräute sind reichlich verspannt. Maya seufzt. Je näher der Hochzeitstermin rückt, desto verspannter werden sie, und dann rufen sie Maya hemmungslos auch nachts an und heulen ins Telefon, dass die Rosen am Rock doch abgetrennt werden müssen, weil sie nicht mit Rosen am Po heiraten können, weil diese Po-Rosen ihren großen Tag versauen und sie nur Ja sagen werden, wenn kein Arschgewächs auf dem Kleid wuchert. (Die Braut, die sonst so elitär war und in einer Elite-Kita Japanisch und Eurythmie unterrichtete, sagte wirklich »Arschgewächs«, und Maya wäre beinahe vor unterdrücktem Lachen aus dem Bett gefallen.)

Das kann ihr jetzt egal sein. Schließlich macht sie sich rund um die Uhr und sieben Tage die Woche für Täubchen und Törtchen, Blümchen und Krönchen krumm, für klebrigen Zuckerguss und noch klebrigere Heiratsschwüre, für Macaron-Pyramiden und Cupcakes mit Feuerwerk, aber die Mittagspause gehört nur ihr, die ist heilig.

»Ort der feuchten Freude …«

Manchmal, wenn im Geschäft eine besonders anstrengende Kundin von nervös auf hysterisch hochdreht, sehnt sie diese Pause herbei, in der sie den Laden absperrt, sich durch das Kleidersacklabyrinth zwängt bis in den hinteren Teil des Büros, wo ihr Schreibtisch steht, und sie erst einmal lange seufzt und sich dann aus ihrem Kostüm schält, Schicht für Schicht. Nicht nur Pumps, Jacke und Rock, sondern auch Strümpfe, Korsett und Slip, bis sie in ihrer ganzen Üppigkeit nackt dasteht, tief atmet und über die Stellen streicht, an denen das Korsett in ihr Fleisch schneidet und rote Striemen hinterlässt.

Maya ist eine kleine runde Frau mit schweren Brüsten. Nicht nur ihre Figur ist kurvig wie eine Bergstraße in Apulien, auch ihre Haare ringeln sich in dunklen Korkenzieherlocken, ihr Mund ist geschwungen wie ein Katzenschnäuzchen, und die Wimpern um ihre großen Augen sind lang und gebogen. Sie liebt ihre Brüste, die sich fest und prall anfühlen und sofort harte Spitzen bekommen, wenn sie aus dem Korsett befreit werden und Maya sie mit kräftigen Griffen massiert.

Man müsste viel öfter nackt sein, das ist doch der natürliche Zustand, denkt sie dann und seufzt noch einmal. Sie nimmt eine Packung Taboulésalat und ein Stück Käsekuchen aus dem kleinen Kühlschrank und kuschelt sich wieder in ihr Schaffell, das ihre Haut verwöhnt und sie mit seinem sanften Plüsch streichelt. Wunderbar, jetzt kommt Teil zwei der Mittagspause, der Teil, der besonders viel Spaß macht: das erotische Kreuzworträtsel.

»Sechzehn, CKS in der Mitte, endet auf TE …«

Ihre Bräute surfen stundenlang durchs Netz, um den einen perfekten Caketopper oder das ausgefallenste Ringkissen zu finden – Maya hat eher andere Gelüste. Sie liebt ihren Beruf, und sie liebt auch die Bräute mit ihren roten Bäckchen und den zittrigen Händen, aber da muss es doch noch mehr geben. Das Leben endet ja nicht mit dem Tortenanschnitt, und nicht alles im Leben ist rosa.

Sie hatte die Kreuzworträtsel-Seite mit den Saubeuteleien zum Mitchatten zufällig gefunden, als sie für eine Braut im Internet nach Schablonen suchte, mit denen man das eigens für die Hochzeit kreierte Logo des Brautpaares auf Kuchen und Gebäck sprühen konnte. Und ihr war schnell klar gewesen, dass www.dirt-word.com genau das richtige Kontrastprogramm bietet. Seit sie das erste Mal teilgenommen hat, gehört es fest zu ihrer Pause.

Täglich öffnet sie die Seite, meldet sich an und sieht nach, wer mit ihr spielen mag. Es dauert meist keine zwei Happen Käsekuchen, bis sie mit ihrem Nickname begrüßt wird.

< Hallo HornyHummel steht auf dem Bildschirm, und Maya freut sich, wenn wie heute SaugsauSiggi mit ihr raten möchte, denn der baut oft lustige Wörter. Manchen fällt nur so was Ödes wie »Flotter Dreier« oder »Blasorchester« ein, und das hat sie ja nach wenigen Buchstaben gelöst. Aber SaugsauSiggi denkt sich immer etwas Neues aus. Heute also sechzehn Buchstaben zum Thema Weiblicher Ort der feuchten Freude, und für jeden richtig geratenen dreht sich neben dem Schriftfeld automatisch ein Teil eines Fotos um. Hat Maya alle geknackt, kann sie das Foto anklicken und sieht eine kurze Pornosequenz, die SaugsauSiggi aus der riesigen Datenbank für sie ausgesucht hat, und auch da hat er ein gutes Händchen und lässt sie oft Filme sehen, die ihr gefallen.

Maya dreht den Kopf von den Tüll- und Paillettengespenstern an der Decke zurück zum Monitor und rät ein weiteres S als ersten Buchstaben. Richtig. Ein Bild schwingt herum, und ein Finger wird sichtbar. Sie rät ein L, was ihr gelb angezeigt wird, sie muss es also einige Male verschieben, bis es an der richtigen Stelle steht und grün wird, der drittletzte Buchstabe. LTE. Dann ist klar, dass das Wort auf SPALTE endet. Maya tippt es ein, und SaugsauSiggi kommentiert im Chatfeld: < Du bist ja flott heute. Mittagsquickie?

Maya antwortet: > Sexy Kugelblitz, und SaugsauSiggi schreibt zurück: < Feuerwerk! Smiley.

Einen Moment lang überlegt Maya, was ihr Verlobter Fred davon halten würde, wenn er wüsste, dass sie hier nackt sitzt und mit Fremden über Schweinkram chattet. Er, der immer so auf Stil und Contenance bedacht ist. Aber dann wischt sie das schlechte Gewissen beiseite, denn sie hat ihre Chatpartner nie gesehen, sie telefoniert nicht mit ihnen, und wenn sie sich zu den Filmchen, die es als Belohnung für ein gelöstes Wort gibt, fingert, schaltet sie die Chatfunktion vorher aus. Es ist also noch nicht mal Onlinesex, sondern nur Masturbation, und das wird ja wohl erlaubt sein. Sich selbst darf sie anfassen, wie, wo und wann sie will, obwohl sie glaubt, dass Fred es unpassend finden würde, vor allem im Büro, während der Arbeitszeit. Fred trägt irgendwie immer einen Maßanzug, auch wenn er nackt ist, in seinem Kopf ist der Button-Down-Kragen jederzeit korrekt geschlossen. Aber Gegensätze ziehen sich an, und Maya lächelt kurz, als sie an ihn denkt … irgendwie ist seine fast britische Steifheit ja doch niedlich.

Sie wählt ein L in der Mitte, und neben dem Finger erscheint ein kleiner feuchter Hubbel, das freut sie. Sie ist fast sicher, dass SaugsauSiggi ihr diesmal einen Fummelfilm ausgesucht hat, in dem man nur eine Hand sieht, die sich an einer feuchten Mumu zu schaffen macht. Fingerfucks findet sie immer scharf. Sie nimmt eine Gabel Käsekuchen, lutscht die süße Masse genüsslich, streichelt mit einer Hand ihre Brüste – und zuckt dann leicht zusammen.

War da ein Geräusch? Angestrengt horcht sie Richtung Laden. Das kann nicht sein. Sie schließt mittags immer ab. Vielleicht hat jemand gegen die Glastür geklopft, doch das kann ihr egal sein, sie ist nicht im Dienst. Jetzt hat sie das Wort komplett. SCHNACKSELSPALTE. Sie füllt nun ihrerseits das Ratefeld aus und schickt SaugsauSiggi den Hinweis niedlich, hungrig, gierig, aber beißt nicht und dreizehn Buchstaben. Ihr Lösungswort FOTZMAEULCHEN kann sie auf dem Bildschirm sehen, er nicht. Dazu sucht sie als Belohnung ein Video von einer blonden Frau mit Zöpfen aus, die auf einer grünen Blumenwiese vornüber an einem Baum lehnt und von hinten gevögelt wird. SaugsauSiggi mag Freiluftsex, das weiß sie aus seinem Profil. An dem Umlaut in Mäulchen wird er eine Weile herumdoktern. HornyHummel verabschiedet sich, schließt das Chatfenster und widmet sich dem Film.

Es sind offensichtlich Privataufnahmen, darüber freut sich Maya, denn sie mag die getunten Körper in typischen Pornoszenen nicht. Das künstliche Geschreie und die merkwürdigen Verrenkungen findet sie albern, da sind natürliche Paare, die einfach Spaß haben, doch viel attraktiver.

Der Ausschnitt eines Bettes, zartlila Satinlaken, darauf der Unterkörper einer Frau, angewinkelte nackte Beine, ein leichtes Spitzenhemdchen verdeckt den Bauch und die Brüste. Ihr Gesicht kann man nicht sehen. Die Matratze wackelt, ein Männerkörper schiebt sich ins Bild. Von ihm sind nur ein Knie und ein Oberschenkel zu erkennen. Eine kräftige Hand streichelt über die Knie der Frau und schiebt sie auseinander. Bereitwillig fallen sie zur Seite, sodass die Frau mit weit gespreizten Beinen daliegt. Ihre Möse ist komplett rasiert, der Zoom fährt etwas näher an sie heran: Massage- oder Gleitgel ergießt sich über den Venushügel. Die Frau hebt das Becken an und schiebt sich ein Kissen unter den Po, nun erscheinen deutlich ihre Schamlippen. Die Männerhand verteilt das glänzende Massagegel in ihrer Ritze, die dadurch gleich viel praller aussieht.

Ein Finger rutscht über den Kitzler und dringt in die Möse ein, wird wieder hinausgezogen, streicht das Gel tiefer bis zum Poloch, verteilt es auch dort und kehrt zurück nach oben.

Vorsichtig tippend und kreisend nähert sich der Finger der Klitoris, rubbelt über sie, leicht und schnell, und schiebt sich wieder in die Möse, fester, wartet einen Moment und beginnt sie dann zu ficken. Das ist der Moment, auf den Maya gewartet hat. Zwischen ihren Beinen hat es von Anfang an gekribbelt, aber erst diese Stoßbewegung des Fingers lässt ihr die Geilheit in die Möse schießen, sodass sie gar nicht anders kann, als die Schenkel zu öffnen und sich anzufassen.

Zufrieden registriert sie ihre Nässe, auf ihre flutschige kleine Fickmöse ist eben Verlass. Fotzmäulchen, denkt sie und hört genau hin, wie es schmatzt, als sie sich den Finger hineinsteckt, den Druck an ihren Scheidenwänden spürt und es weiter oben brennen fühlt, ein Ziehen, das bis in den Bauch reicht. Sie lehnt sich vor, und ohne den Finger aus ihrer Möse zu nehmen, öffnet sie eine Schreibtischschublade und kramt darin herum, lässt den Blick unverwandt auf dem Bildschirm. Zu der einen Männerhand ist eine zweite gekommen, Daumen und Zeigefinger der rechten stecken in Möse und Po der Frau und bewegen sich dort in kleinen rhythmischen Kreisen, zwei Finger der anderen Hand spielen mit dem Kitzler, zupfen und pressen ihn sanft.

Maya hat gefunden, was sie wollte: einen sehr kleinen Vibrator aus weichem, noppigem Gummi in Form eines Gespenstes, nur etwas dicker als ein Finger. Sie schaltet ihn an, nimmt die Beine zusammen und streicht über die Ritze zwischen ihren Schamlippen. Sofort durchzuckt sie die Lust, und sie öffnet die Beine wieder, damit sie das Vibratorengespenst direkt an den Kitzler halten kann. Sie seufzt, das fühlt sich so gut an, es flutscht mit leisem Surren durch ihr Fötzchen, und ihre gesamte Möse kribbelt.

Auf dem Bildschirm kommt es der Frau gleich, sie spannt schon das Becken an und reckt es Maya entgegen. Die Finger auf dem Kitzler sind jetzt nicht mehr vorsichtig, sondern reiben sie schnell und regelmäßig, und gleichzeitig stoßen die Finger zu. Maya erinnert sich an den Moment, als Fred ihr einmal beim Lecken einen Finger in den Po geschoben hat, sie weiß noch, wie sich ihr Muskel erst dagegen gewehrt hat und wie geil es doch wurde, nachdem der Widerstand überwunden war, wie nass und gefickt sie sich gefühlt hat, und sie stöhnt leise.

Damit der kleine Lust-Geist noch besser in ihrer Muschi herumflutschen und über der Klitoris vibrieren kann, lehnt sich Maya weit zurück, das Schaffell passt sich ihrem Hintern warm und weich an. Sie legt einen Fuß auf den Stapel Strassschmuckkartons, die auf dem Schreibtisch stehen. Sie kann schon fühlen, wie der Höhepunkt heranrauscht, steil aufwärts, und sie durchrüttelt, als säße sie in einer Achterbahn auf dem Jahrmarkt, gleich muss sie ganz oben auf den Schienen ankommen, und dann folgt der schwebende Moment, in dem die Welt stillzustehen scheint. Beim Abwärtsdonnern überschlägt sich alles in ihr, gleich schießt sie in die Schwerelosigkeit, sie spürt, wie sie abhebt, wie sich die Härchen auf ihrer Haut aufstellen und ihr Brustkorb eng wird, aber ganz wenige Wimpernschläge vor dem großen Looping irritiert sie etwas.

Schlagartig weiß sie, dass sie nicht mehr allein ist: Aus den Kleiderbergen hinter ihr dringen Geräusche und Schritte! Es kommt ihr vor, als würde sie mit einem Schwall kaltem Wasser übergossen – oder doch mit heißem? Ihre Wangen glühen, Mayas ganzer Körper brennt vor Schock, sie fährt zusammen, reißt den Fuß vom Schreibtisch, wirft dabei die Schmuckkartons mit zu Boden, auch die Schreibtischlampe fällt scheppernd hinterher, als Maya aus dem Sessel springt und entsetzt in das sich teilende Dickicht der Kleidersäcke starrt. Endlich begreift sie, dass sie splitternackt ist, und rafft die Felldecke um sich, bekommt aber nur einen Zipfel zu fassen und presst ihn gegen ihren Bauch. Zusammengekrümmt, mit weit aufgerissenen Augen und keuchend vor Schreck lehnt sie am Schreibtisch.

Vor ihr steht Claire Backer, eine Kundin, die sie ebenso fassungslos wie wütend anstarrt. Eine Kundin steht in ihrem Büro. Und Maya ist nackt. Sie steht nackt vor einer Kundin. Maya kann nicht glauben, dass ihr das wirklich passiert, und windet sich. Die Gedanken flippern durch ihren Kopf. Wieso hat sie vergessen, die Ladentür abzuschließen? Hat Claire Backer gesehen, was sie gerade getan hat? Kann es noch schlimmer kommen?

Es kann.

Schockstarr fühlt Maya neben dem Brennen in ihrem Körper und den Kälteschauern, die gewittrig durch sie hindurchziehen und ihre Haarwurzeln aufstellen und ihren Atem kurz und keuchend aus ihrer Brust pressen, noch etwas anderes: ein leises Surren. Nicht unangenehm, aber, wie würde Fred sagen, so überaus unpassend. In ihrer Mumu summt es. Der kleine Vibratorengeist spukt dort einfach weiter. Kann Claire Backer das hören? Weiß sie, dass in der Möse ihrer gerade fast gekommenen Weddingplanerin ein Minivibrator herumschnurrt?

Maya packt mit wilder Verzweiflung die Schaffelldecke und reißt sie zu sich. Dass dabei die Tastatur scheppernd zu Boden fällt, ist jetzt auch egal. Hastig bedeckt sie sich mit der Decke und stammelt etwas von der neuen Kollektion, die sie gerade anprobiert. Ihre Stimme ist heiser und gleichzeitig hoch wie ein Miauen.

»Ein … ein … ein Organza Ball Gown«, stammelt sie und sieht sich hektisch um, bis sie ein Kleid findet, irgendeins, auf das sie zeigen könnte. Und dann, als Claire Backer keine Reaktion zeigt: »Mit Herzausschnitt. Und versteckter Schnürung.«

Claire Backer sagt immer noch nichts und fixiert Maya weiterhin mit eisigen Blicken.

Eine neue heißkalte Woge kippt über Maya, weil ihr einfällt, dass womöglich hinter ihr auf dem Bildschirm noch der Fingerfuckfilm läuft. Sie hört nichts, kein Gestöhne, kein Gefiepe und auch kein »ja, gib’s mir, gib’s mir«, aber manchmal fällt der Ton bei diesen Streifen aus, es kann durchaus sein, dass Claire sieht, wie gerade eine haarige Männerhand in eine überfließende Möse eindringt. Fahrig tastet Maya auf dem Schreibtisch herum, ohne Claire Backer aus den Augen zu lassen, ihre Finger finden die Maus, sie klickt wild darauf herum, versucht den Bildschirm aus den Augenwinkeln zu erkennen und hofft, das x zu treffen, mit dem sich das Fenster schließt. Und tatsächlich trifft sie ein Feld. Aber nicht das x der Schweinkramseite, sondern das darunterliegende Fenster, das die ganze Zeit parallel dazu geöffnet war.

Maya versteht das alles gerade nicht und ist völlig verwirrt, als in dieser Situation die Stimme ihres Webmasters Schnute durch das Büro dringt. Mit dem hatte sie direkt vor dem Kreuzworträtsel noch geskyped, da ging es um ihren Onlineshop, und was hat seine Stimme jetzt hier zu suchen? Und wieso sagt Claire Backer nichts? Und hört der Minigeist in ihrem Unterleib endlich mal auf zu surren?

»Maya? Ist noch was? Ich hab den Shop gerade aktualisiert.«

Und dann, nach einer Pause, die Maya unendlich lange vorkommt: »Maya? Wieso bist du nackt?«

Sie dreht sich endlich zum Bildschirm um und sieht Schnutes vorgewölbtes, bebrilltes Nerd-Gesicht mit dem wilden Haarwust darüber, der mit offenem Mund ihren nur notdürftig verhüllten Körper anstaunt.

Ohne ihm zu antworten, schließt Maya wieder das Skypefenster, atmet tief durch und wendet sich ihrer Kundin zu.

»Frau Backer, wie gesagt, ich probiere gerade ein Modell an, bitte warten Sie vorne im Laden, ich komme gleich.«

»Es ist eine Unverschämtheit«, bricht es aus Claire Backer hervor, und die Fassungslosigkeit auf ihrem Gesicht wechselt zu Empörung. »Was denken Sie sich eigentlich?«

»Gehen Sie bitte in den Laden«, sagt Maya jetzt schon bestimmter und lauter. Wenn es sein muss, kann sie durchaus die Dompteuse für ausrastende Bräute geben, und diese mutiert offenbar gleich zu einer. Maya weiß zwar nicht, ob sich die Kundin so aufregt, weil sie ihre Weddingplanerin beim Masturbieren erwischt hat, oder ob sie ein anderes Problem hat, aber das wird sie ja nun bald herausfinden.

Schnaufend stürmt Claire Backer davon und kämpft sich durch die Brautkleidersäcke zurück in den Laden.

Maya atmet keuchend aus. Ihr ist so schwindlig, dass sie sich am Schreibtisch festhält und dabei in den Rest des Käsekuchens greift. Natürlich, das musste auch noch sein. Sie wischt sich die Hand mit einem Kleenex ab, lässt das Schaffell fallen, zieht endlich den nass glänzenden Minivibrator aus ihrer Möse und schaltet ihn aus. Sie sucht nach ihrer Wäsche. Auf dem Bildschirm öffnet sich mit einem zarten Ping ein großes Smiley mit herausgestreckter Zunge. SaugsauSiggi hat FOTZMAEULCHEN geraten und bedankt sich für den Freiluftporno.

Maya schüttelt den Kopf und überlegt fieberhaft, wie es passiert sein könnte, dass sie die Ladentür nicht abgeschlossen hat. Sie erinnert sich, dass Schnute genau in dem Moment anrief, als sie mit dem Schlüssel nach vorn gegangen war. Und dann hat sie es wohl über dem Gespräch wegen des Onlineshops völlig vergessen. Shit!

Und was genau wollte Claire Backer denn von ihr? Die war doch schon auf hundertachtzig gewesen, bevor sie Maya am Schreibtisch erwischt hatte. Wieso nur? Mayas Bräute sind nervös und manchmal regelrechte Kontrollfreaks, aber eigentlich schätzen sie Mayas Service, viele schreiben nach der Trauung Dankesbriefe und schicken Pralinen oder ein Stück der Hochzeitstorte, und mit einigen ist sie seit vielen Jahren befreundet und wird zu runden Jubiläen eingeladen. Was hat Claire Backer also auf die Palme gebracht? Eine Panne bei ihrer Hochzeit kann es ja nicht sein, denn die findet erst in einem halben Jahr statt.

Maya zieht ihr Kostüm an, schlüpft im Gehen hinkend in ihre Pumps und schiebt sich zwischen den Brautkleidern hindurch. Sie atmet noch einmal tief ein und aus, strafft die Schultern, setzt ein, wie sie hofft, möglichst gelassenes Gesicht auf und betritt ihren Laden.

Obwohl sie weiß Gott gerade anderes im Kopf haben sollte, denkt Maya immer dasselbe, wenn sie in ihr Geschäft kommt, nämlich wie unglaublich schön es eingerichtet ist und wie gern sie hier arbeitet. Ihr ganzes Herzblut steckt in diesem Laden, und sie kann nicht anders, als sich übervoll von Stolz und Freude umzusehen. Die alten Kronleuchter aus Kristall werfen ein sanftes Licht auf die erlesenen Stofftapeten. Die antiken Sofas, auf denen die Kundinnen warten oder in Prospekten blättern, sind mit schimmernder hellgrüner Seide bezogen, und alles, was in den Regalen oder auf den Tischen steht, ist weit entfernt vom üblichen Hochzeitskitsch. Keine künstlichen Buchsbaumbüsche, keine lustigen Tortenfiguren, bei denen die Braut dem Bräutigam Handschellen anlegt, keine weißen Tauben aus Kunststoff und auch keine T-Shirts im Gefängniskluft-Look für die Hen Night. Stattdessen edle Materialien, üppige Gestecke aus weichen Orchideen und eine kleine feine Patisserie-Auswahl, die ihre Freundin Lili täglich aus ihrer Hotelküche liefert.

Maya bleibt einen Moment wie angewurzelt stehen, als sie feststellt, dass sie nicht allein mit der aufgebrachten Kundin ist. Es wartet eine weitere Frau im Laden.

Eine merkwürdige Erscheinung. Groß, schlank, in eine hautenge Jeans gepellt und in ein tiefviolettes Korsett geschnürt und vor allem: glatzköpfig. Auf ihrem Arm trägt sie eine große, flauschige und ziemlich moppelige Katze, die fast so missgelaunt aussieht wie Claire Backer. Die unbekannte Frau nickt Maya zu, Maya nickt zurück, denn sie ist zu irritiert, um etwas zu sagen. Und schon hallt Claire Backers Stimme durch den Raum, und die hat sich inzwischen von verärgert zu keifend gesteigert.

»Sie glauben wohl, Sie können sich alles erlauben!«, spuckt sie Maya entgegen und starrt sie mit hasserfülltem Blick an.

Maya beschließt, sich nicht für ihre unkonventionelle Mittagspause zu rechtfertigen, schon gar nicht vor jemandem, der einfach in ihr Büro platzt, was streng genommen so was wie Hausfriedensbruch ist, auf jeden Fall aber eine Störung der Mittagsruhe.

Beschwichtigend deutet sie auf das größere Sofa, in dessen hellgrünen Bezug hellblaue Kolibris eingearbeitet sind.

»Vielleicht setzen wir uns. Möchten Sie einen Cappuccino?« Sie dreht sich zu ihrer Maschine um und erinnert sich an das, was Lili ihr über den Umgang mit unzufriedenen Kunden beigebracht hat. »Ist jemand wütend, gib ihm ein Heißgetränk, am besten mit einem Stück Schokolade, deeskaliere die Situation«, hatte sie ihr geraten.

Claire Backer möchte nicht deeskaliert werden, sie möchte keinen Kaffee, sie möchte nicht sitzen. Was sie möchte, ist schreien, und das tut sie auch.

»Sie haben mein Leben ruiniert!«, ruft sie schrill.

Maya versucht, ruhig zu bleiben. Okay, es geht also nicht um die Sache im Büro.

Sie setzt sich. »Was ist denn los?«, fragt sie freundlich und überlegt dabei, ob Claire Backer immer schon neurotisch war und ob sie solche Kundinnen demnächst vielleicht früher erkennen und aussortieren kann.

Mit laut auf den Dielen aufknallenden Stiefelabsätzen marschiert Claire Backer durch den Laden, als suchte sie irgendetwas, um es kurz und klein zu schlagen. So wie sie schnauft, traut Maya ihr das gerade durchaus zu.

»Sie!«, sagt Claire, und ihre Stimme klingt plötzlich ganz klein und gebrochen, »Sie haben sich meinen Verlobten gekrallt.« Dann schreit sie wieder. »Die Hochzeit fällt aus, aber das wissen Sie wohl schon! Sie mussten ihm ja unbedingt Ihre Riesenhupen zeigen! Offenbar sind Sie zu gerne nackt.« Sie lacht höhnisch und zeigt Richtung Bürotür. »Machen Sie das immer so? Den Bräuten Kleider und Schuhe verkaufen und währenddessen die Männer abgreifen?«

Maya hebt beide Hände, ihr Mund steht leicht offen, sie weiß tatsächlich nicht, was sie sagen soll, und das kommt selten vor. Sie hat Claire Backers Verlobten nur einmal gesehen und erinnert sich kaum an ihn. Sie kann sich die Männer meistens eh nicht merken, weil sie sich immer auf die Bräute konzentriert. Schließlich weiß sie, dass fast alle Hochzeitsentscheidungen von den Frauen getroffen werden, also kümmert sie sich um die.

»Wieso wurde die Hochzeit abgesagt?«, ist alles, was ihr einfällt.

»Weil«, Claire Backer stampft auf, und ihr Gesicht verzerrt sich so, dass Maya nicht weiß, ob sie gleich schreien oder weinen wird, »weil mein Verlobter sich in Sie verliebt hat.« Sie spuckt es fast aus. »Er hat mir was vorgeschwärmt von Ihrem üppigen, sinnlichen Körper, von Ihrer Weiblichkeit, von Ihrer erotischen Ausstrahlung.«

Maya kann sich nicht vorstellen, dass das stimmt, denn Claire Backer ist eine sehr dünne, sportliche Frau, eine Lollipop-Figur: der Körper ein Strich und obendrauf der Kopf. Wenn ein Mann sich mit ihr verlobt, dann steht der nicht urplötzlich auf die kleinen Dicken. Claire müsste so was doch wissen.

Maya überlegt, wie sie diese Überlegung ihrer tobenden Kundin behutsam mitteilen kann, aber sie stammelt nur: »Ich habe selbst einen Verlobten, Frau Backer, Fred Hofstetter, von Hofstetter & Hofstetter, der Anwaltskanzlei, die kennen Sie doch …«

Da unterbricht sie Claire wieder. »Ich werde Ihnen das Leben zur Hölle machen«, sagt sie kalt. »Sie müssen ihn angebaggert haben, einfach so passiert das ja nicht. Was sind Sie für eine Weddingplanerin? Eines schwör ich Ihnen: Sie stürzen keine Braut mehr ins Unglück.«

Sie zeigt durch das Schaufenster schräg gegenüber zur anderen Straßenseite, und Maya weiß genau, was sie meint, sie braucht den Kopf gar nicht zu drehen. Keine hundert Meter weit entfernt eröffnet gerade eine Filiale von Once in a Lifetime, ein Geschäft, das nicht nur die fünffache Ladenfläche, sondern auch einen Riesenkonzern hinter sich und Maya schon einige schlaflose Nächte gekostet hat.

»Ich werde Ihr Leben zerstören, so wie Sie meins!«

Maya weiß, dass Claire Backer durchaus Möglichkeiten hat und keine leeren Drohungen ausspricht. Sie ist Chefredakteurin beim angesagtesten Stadtmagazin und pflegt gute Kontakte in alle Richtungen.

Bevor Maya etwas erwidern kann, stürmt Claire aus dem Laden und wirft die Tür so feste hinter sich zu, dass das Mobile über der Tür noch lange nachklirrt.

Maya weiß gar nicht, was gerade passiert ist, also schaltet sie ihren Autopiloten ein und wendet sich der glatzköpfigen Frau zu, die immer noch die schnurrende Katze auf einem Arm hält, als wäre es eine sehr flauschige Pelzstola. Sie hat sich inzwischen einen großen Brauthut auf ihre Glatze gesetzt und bewundert sich damit im Spiegel.

Maya atmet tief durch. »Und was kann ich für Sie tun?«

Die Frau dreht sich um, und zu Mayas Erstaunen sieht sie nicht etwa peinlich berührt oder verunsichert aus, sondern lächelt sie herzlich an.

»Ich kann etwas für dich tun«, sagt die Frau. Sie legt den Hut zurück und schiebt einen großen braunen Karton mit dem Fuß über die Dielen auf Maya zu. Den hatte Maya bisher gar nicht bemerkt. Too much information heute. Die Frau wuchtet ihren Kater auf die andere Schulter.

»Hier bringe ich dir letzte Grüße von deiner Lieblingstante Wiebke.«

Sie klopft mit der Schuhspitze leicht gegen den Karton.

»Da drin«, sagt sie, »ist alles, was du geerbt hast. Und zugleich die Lösung deiner Probleme.«

Dann dreht sie sich um und geht ohne ein weiteres Wort hinaus. Nur der Kater glotzt Maya über die Schulter der Frau an, als wollte er sagen: Auspacken musst du selbst.

DRECKSPATZEN

Das werden die nicht tun, das trauen die sich nicht, denkt Lili Blüm und lehnt sich über ihre röhrende Küchenmaschine, um besser aus dem Fenster ihrer Hotelküche sehen zu können.

Während sie das nur in große Laken gewickelte Paar im Garten nicht aus den Augen lässt, schaltet sie die Maschine einen Gang höher, bis schrilles Dröhnen die ganze Küche erfüllt.

Gut, dass die anderen Gäste den Lärm nicht hören. Lili hat die Küche in weiser Voraussicht so weit wie möglich entfernt von den Gästezimmern legen lassen, damit sie schon im Morgengrauen wirtschaften kann, ohne jemanden zu stören.

Seit sie ihre Romantikpension schnurren & gut vor zwei Jahren eröffnet hat, backt sie alles selbst: die Brötchen zum Frühstück, die Scones zum Nachmittagstee und vor allem die Cupcakes, Törtchen und Patisserien, die sie an ihre Freundin Maya liefert, damit deren Brautpaare die kleinen Köstlichkeiten probieren und am besten gleich für ihre Feier bestellen können.

Lili schaltet die Maschine aus und hebt den Rührquirl aus der Schüssel. Prüfend sieht sie auf die glänzende Masse: das Frosting für ihre berühmten Erdbeer-Cointreau-Cupcakes. Sie probiert mit einem kleinen Perlmuttlöffel und lächelt. Perfekt. Also wen da keine romantischen Gefühle überkamen, dem war nicht mehr zu helfen. Sie hört einen kurzen Schrei und Lachen aus dem Park und sieht wieder hinaus.

Die beiden Gäste der Flitter-Suite scheinen jedenfalls auch ohne Cointreautörtchen genug Gefühle zu haben. Der Mann ist gerade splitterfasernackt vom Hotelsteg in den See gesprungen, und die Frau sprintet ihm hinterher und landet mit einem Juchzer und einem gewaltigen Platsch neben ihm im Wasser.

Lili füllt das Frosting in einen Spritzbeutel und überlegt, ob und wann sie einschreiten muss. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, ihre anderen Gäste werden noch schlafen, und nur wegen eines Nacktbades regt sich Lili bestimmt nicht auf. Sie ist Hoteldirektorin, keine Moralpredigerin. Sollen die Gäste ruhig ihren Spaß haben.

Manchmal geht Lili spätabends durch die Korridore, und wenn sie dann ein rhythmisches Quietschen aus den Zimmern hört, ein wildes Gekicher oder kleine spitze Schreie, freut sie sich, denn dafür hat sie das schnurren & gut eigentlich eröffnet: um Menschen glücklich zu machen, um ihnen einen Ort zu geben, wo sie sich finden oder wiederfinden können, wo sie ungestört ihre Zweisamkeit genießen und sich dem süßen Luxus hingeben. Verwöhnt werden sollen sie und es mit allen Sinnen genießen. Und Lili gibt sich größte Mühe, es ihren Gästen so schön wie möglich zu machen. Die Zimmer sind stylish und gleichzeitig gemütlich eingerichtet. Und natürlich verfügen sie über jeden erdenklichen Technik-Schnickschnack. Vom Videosystem über vibrierende Betten und Whirlpools bis zur erotischen Minibar, aus der man Öle, Massagegele und Spielzeug ziehen kann: Lili hat die Gästebereiche mit allem ausgestattet, was Paaren Spaß bereiten könnte. Dazu kommen ihre kulinarischen Köstlichkeiten und Wellnessanwendungen vom Feinsten. Die Gäste sollen sich wie satte, schnurrende Katzen in der Sonne fühlen.

Draußen am See hat Lili die Massageräume, Kosmetik, Yoga, Sauna und Dampfbad in einem Bootshaus untergebracht, denn dafür bot die abgelegene Jugendstilvilla, in der sich Rezeption, Bibliothek, Bar, Küche, die Wirtschafts- und Speiseräume und vor allem die zwölf Gästezimmer befinden, einfach keinen Platz mehr. Und natürlich ist es normal, dass Gäste direkt aus der Sauna nackt in den See rennen. Wer sich darüber beschwert, hat ihr Haus nicht verstanden.

Aber dieses Pärchen da draußen war nicht in der Sauna. Lili hat sie wild knutschend und nackt auf der großen Holzschaukel gesehen, die unter der riesigen Buche hängt. Erst waren die beiden nur Schemen, kaum zu erkennen. Lili hatte sich gerade die Schürze umgebunden und ihre rotblonden geflochtenen Zöpfe zu einem Kranz aufgesteckt und unter einem Kopftuch verborgen, das sie beim Backen immer trägt. Das Feuer im Holzofen flackerte noch gar nicht richtig, so früh war Lili in der Küche, stellte ihre Zutaten bereit und wartete an die Arbeitsplatte gelehnt, bis das Piepen des Elektro-Ofens ihr sagte, dass die gewünschte Temperatur erreicht war. Und da bemerkte sie draußen an der Buche eine Bewegung. Sie schaltete das Licht aus, um besser sehen zu können, und erkannte schließlich das Paar aus der Flitter-Suite, das nebeneinander auf der breiten Schaukel saß und leicht hin- und herschwang. Und jetzt, nach dem Bad im See, sind die beiden offensichtlich wach und bereit für mehr.

Lili füllt die Cupcakes mit dem Frosting, dekoriert jeden mit Obst und bunten Zuckerornamenten und stellt das Tablett in den Kühlraum.

Jetzt die Brötchen und die gefüllten Croissants fürs Frühstück, und dann wird bald auch ihre Frühstücksfee eintreffen, um die Etageren fürs Buffet herzurichten und ihr bei den letzten Vorbereitungen zu helfen.

Lili hat trotz der umfangreichen Bibliothek, der Videosammlung und der erotischen Kunst, die überall im Haus hängt, trotz der Themenabende über Tantra und Partnermassage im schnurren & gut noch nie Probleme mit einem Paar gehabt, das zu weit gegangen wäre. Die holen sich in der knisternden Atmosphäre des Hauses Appetit, aber gefeiert wird diskret auf den Zimmern. Manchmal wird sie vor einer Buchung gefragt, ob sie ein FKK-Hotel sei oder einen Swingerbereich hätte, aber dann erklärt sie den Anrufern einfach ihr Konzept: Romantik-Genuss-Erotik. Luxuriöse Zimmer, gutes Essen, perfekter Service. Das ist es, was sie bietet. Dem Pärchen da draußen reicht das augenscheinlich nicht.

Sie sind aus dem See gestiegen und rubbeln sich mit den mitgebrachten Handtüchern trocken. Hingebungsvoll trocknet der Mann die großen Brüste seiner Partnerin ab, und sie widmet sich ebenso gründlich seinem Penis, der nun ganz trocken sein muss.

Lili seufzt. Sie gönnt dem Paar ja seine Lust und Begeisterung, aber sie ist auch dafür verantwortlich, dass sich die anderen Gäste nicht belästigt fühlen, vor allem nicht dieses schwierige ältere Paar aus dem Erkerzimmer, die mit ihrem Teenagersohn angereist sind und ihn auf einem Zustellbett in ihrem Zimmer schlafen lassen, obwohl Lili ihnen gesagt hat, dass so etwas eigentlich nicht vorgesehen ist und sie ihm gern ein eigenes Zimmer herrichten würde. Doch die beiden wollten unbedingt ein Zustellbett und bestanden darauf, dass das auch günstiger sein müsse als ein zweites Zimmer. Lili hat sich schließlich gefügt, denn der Gast hat schließlich immer recht. Sie hat sich aber eine Erinnerung im Handy notiert, Mayas Computer-Nerd Schnute, der ein wahrer Schatz ist, bald zu bitten, auf ihrer Homepage zu ergänzen, dass das schnurren & gut ein reines Pärchenhotel ist und es keine Zustellbetten gibt.