Breaking the Habit - Ember Leigh - E-Book
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Breaking the Habit E-Book

Ember Leigh

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Beschreibung

Seine einzige Schwäche: der Wille zum Sieg.

Levi Swain ist es egal, was andere von ihm denken. Jede Publicity ist gute Publicity und Levi will nur eines: ein berühmter  MMA-Fighter werden. Als ein reicher Sponsor ihm einen dubiosen Vertrag anbietet, zögert Levi keine Sekunde, schließlich will er ganz nach oben. Er hat allerdings nicht damit gerechnet, eine Frau wie Riley zu treffen. Eine Frau, die kein Interesse an Ruhm hat und viel lieber hinter der Kamera steht. Sie ist das ganze Gegenteil von ihm und doch - er kann sie nicht vergessen ...

Aber in Hollywood muss man sich entscheiden: Ruhm oder wahre Liebe?

Die Breaking Serie von Ember Leigh für alle Fans von Penelope Ward and Vi Keeland. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Seine einzige Schwäche: der Wille zum Sieg.

Levi Swain ist es egal, was andere von ihm denken. Jede Publicity ist gute Publicity und Levi will nur eines: ein berühmter  MMA-Fighter werden. Als ein reicher Sponsor ihm einen dubiosen Vertrag anbietet, zögert Levi keine Sekunde, schließlich will er ganz nach oben. Er hat allerdings nicht damit gerechnet, eine Frau wie Riley zu treffen. Eine Frau, die kein Interesse an Ruhm hat und viel lieber hinter der Kamera steht.  Sie ist das ganze Gegenteil von ihm und doch - er kann sie nicht vergessen.

Aber in Hollywood muss man sich entscheiden: Ruhm oder wahre Liebe?

Die Breaking Serie von Ember Leigh für alle Fans von Penelope Ward and Vi Keeland. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Ember Leigh

Breaking the Habit

Aus dem Amerikanischen von Katia Liebig

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

EPILOG

Impressum

Lust auf more?

Kapitel 1

Riley wartete buchstäblich bis zur letzten Sekunde, bevor sie die Klimaanlage anschaltete.

Das Ding erwachte dröhnend zum Leben und spuckte kühle, muffige Luft. Seit einer Stunde schwitzte sie bereits in ihrem winzigen Studio, doch sie konnte es sich nicht leisten, die Klimaanlage anzuschalten, wenn sie sie nicht wirklich brauchte. Da aber ihre Kunden in einer halben Stunde da sein würden, musste sie dafür sorgen, dass das Studio bis dahin angenehm temperiert war.

Mit geschlossenen Augen stand sie im kühlen Luftstrom und genoss den Wind. Chronisch pleite zu sein, machte wirklich keinen Spaß. Seit fast einem Jahr betrieb sie nun schon ihr eigenes Fotostudio, doch die Einnahmen schrumpften mit jedem Monat. So sollte ein Geschäft eigentlich nicht laufen – es sei denn, es stand kurz davor, für immer zu schließen.

Doch in Los Angeles galt: alles oder nichts. Jeder hier kannte irgendeinen berühmten Fotografen oder hatte Beziehungen zu Wie-hieß-er-noch-gleich? aus Mailand oder konnte über die Schwester seiner besten Freundin günstige künstlerisch hochwertige Porträtaufnahmen machen lassen.

Wie naiv von ihr, jemals geglaubt zu haben, sie könne ihre Leidenschaft zum Beruf machen und davon leben. Aber noch gab sie nicht auf und machte weiter wie ein optimistischer Masochist in der Hoffnung, dass es eines Tages bergauf gehen würde. Dass sich irgendetwas bewegen würde. Dass irgendwann mehr und mehr Aufträge kommen würden, so wie alle Künstler in L. A. es ihr vorhergesagt hatten, und dass sie bald genug Geld verdienen würde, um die Miete für ihr Studio und ihr Haus zu bezahlen, das sie sich mit ihrer besten Freundin teilte.

Kopfschüttelnd stand Riley in der muffigen Brise. Vielleicht war der Zeitpunkt gekommen, ihren Traum aufzugeben. Ihre gesamte Existenz hing nur noch an einem seidenen Faden. Alles, was sie aktuell an Aufträgen hatte, waren Glamour-Shots mit ein paar Bodybuildern.

Das war gemein. Stirnrunzelnd blickte sie hinunter auf ihr schulterfreies T-Shirt mit dem Aufdruck TRENDY AF. Wie ironisch. So trendy war sie gar nicht. BITTER AF hätte es wohl besser ausgedrückt, wenn sie so schlecht über die einzigen Kunden dachte, die seit über einer Woche ihren Weg zu ihr fanden.

Das Fitnessstudio Holt Body Fitness hatte Riley im vergangenen Jahr mehr oder weniger über Wasser gehalten. Dessen Eigentümer, Travis, und seine Freundin Amara waren Riley gute Freunde geworden, und das gesamte Team war wirklich nett. Mittlerweile waren sie alle für Riley zu einer Art Familie geworden, von der sie gar nicht gewusst hatte, wie sehr ihr so etwas fehlte.

Und auch der Termin gleich war mehr als bloß für ein paar Glamour-Shots; es war eine offizielle Fotosession, um Porträtaufnahmen von Travis und seinen Trainern zu machen, die sie fürs Marketing brauchten.

Das einzig Blöde daran war, dass es so entsetzlich weit von dem entfernt war, was Riley eigentlich machen wollte. Sie träumte von tiefsinnigen, poetischen Aufträgen, von Projekten, bei denen Surrealismus und Hyperrealismus miteinander verschwammen, von Bildern, die ihre Betrachter nicht mehr losließen, Gesichtern, die ihnen ein Gefühl von Unbehagen vermittelten.

Niemals hätte sie gedacht, dass ihr Portfolio eines Tages die perfekt definierten Brustmuskeln eines MMA-Fighters beinhalten würde.

Also ehrlich, schalt sie sich. Sie sollte Travis auf Knien danken, dass er sie für diese Aufnahmen gebucht hatte. Schließlich rettete er ihr damit den Arsch, egal ob es gerade in ihre künstlerische Vision passte oder nicht. Mit dem Geld konnte sie die Miete zum größten Teil decken – und falls es Trinkgeld geben sollte, vielleicht sogar ganz.

Und schlimmer ging immer: Um ganz unten anzukommen, müsste sie schon Seniorenporträts anbieten.

Ein sanftes, wohltönendes »Oh, hi!« von John Stamos vermeldete, dass es losging, und Riley zwang sich, aus dem kühlen Wind der Klimaanlage zu treten.

Auch wenn sie sich niemals vorgestellt hatte, dass sie einmal Fotos von Mixed-Martial-Arts-Kämpfern machen würde – es hatte auch seine guten Seiten. Riley sah zu, wie die vier Männer ins Studio schlenderten, und musste unwillkürlich grinsen. Travis Holt und sein Rudel. Das war der technische Begriff für eine Gruppe MMA-Fighter: ein Rudel. Jedenfalls für Riley.

Und es war ein ziemlich gut aussehendes Rudel. Travis trat mit einem strahlenden Lächeln ein und legte den Kopf zurück, um sich umzuschauen. Ihm folgten Lex und Cobra und noch ein weiterer Mann, den Riley nicht kannte.

Es war Letzterer, der ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Nein, »lenken« war das falsche Wort, denn es implizierte, dass Riley sie willentlich hergab. Doch dieser Mann kam herein und raubte ihre Aufmerksamkeit, stahl sie und rannte mit ihr davon wie ein Straßenjunge in einem Dickens-Roman.

Rileys Blick war wie festgelötet – fast so, als wäre dieser Mann das Letzte, was sie jemals betrachten würde. Er hatte lockige haselnussbraune Haare, die ihm gerade bis unters Kinn reichten, und intensiv honigbraune Augen, mit denen er Rileys Blick sofort erwiderte. In der Millisekunde, in der ihre Blicke sich trafen, sprachen sie mehr, als die Worte eines ganzen Tages es vermocht hätten, und Riley wusste sofort, dass eine solche Verbindung nichts Gutes verhieß.

Sie riss sich mühsam von ihm los und suchte nach ihrer Stimme, die sich irgendwo in ihrer Kehle verkrochen hatte. »Travis! Willkommen in meinem Studio, Jungs!«

Es sollte lässig und entspannt klingen, nicht hirntot angesichts der unerwarteten Erscheinung dieses Gucci-Kalibers von einem Mann, der jetzt langsam auf sie zuschlenderte und sie ansah, als könnte er jeden einzelnen Gedanken lesen, der gerade durch Rileys Hirn raste.

»Hübscher Laden«, sagte Travis und stellte seine Duffle-Bag auf einen flauschigen weißen Sessel neben der Tür. Riley stand auf einzigartige, künstlerische Gegenstände – weshalb das Geschirr in ihrer Küche auch aus einem Sammelsurium von Einzelstücken aus diversen kuriosen Keramikgeschäften und Secondhandläden bestand –, und der Kontrast dieser vier klassisch schönen Männer zur etwas schrägen Einrichtung ihres Studios erfüllte sie mit einer merkwürdigen Befriedigung.

»Ich fühle mich wie in Pee-Wees Spielhaus«, bemerkte Lex.

»Wer zur Hölle ist Pee-Wee?«, fragte Cobra. Alle vier trugen schwarze Trainingsanzüge mit dem Schriftzug HOLT auf der Brust. Lebende Werbung für Travis’ Studio.

»Riley, das hier ist unser neuestes Mitglied im Trainingscamp«, sagte Travis, während Lex Cobra in die wichtigsten Details des Kinderfilms Pee-Wees irre Abenteuer einführte, und wies mit dem Kinn auf den Adonis mit dem Honigblick. »Levi, mein neuester Schützling. Wir bereiten ihn gerade auf die Saison vor, die noch diesen Monat startet.«

Mit geschmeidigen, kraftvollen Bewegungen, die zeigten, dass er sich seiner Ausstrahlung wohl bewusst war, schlenderte Levi auf Riley zu. Wenn er ein fremdes Raumschiff gewesen wäre, wäre sie jetzt unrettbar in seinem Traktorenstrahl gefangen.

»Freut mich, dich kennenzulernen, Riley«, sagte er und reichte ihr mit einer leichten Verbeugung die Hand. Seine Stimme klang wie eine Mischung aus Bass und Seide. Riley wusste nicht, ob sie davonlaufen oder sich die Klamotten vom Leib reißen sollte. Männern wie ihm, mit wilden Locken und breiten, maskulinen Schultern, war nicht zu trauen. Sie waren heißer, als ihnen guttat. Riley wusste genau, wohin das führte.

Direkt in die dunkle Gasse von Cheaterville.

Zögernd nahm sie seine Hand. Er drückte sie sanft, ohne sie jedoch an die Lippen zu führen und zu küssen, wie Riley schon befürchtet hatte. Puh. »Freut mich, Levi. Du hast dir einen guten Trainer gesucht.«

»Ja, die anderen im Verband sagen das auch.« Levi grinste hochmütig. »Aber er wollte nur mich.«

»Der Junge wird in der WFC alle Rekorde brechen«, sagte Travis und zeigte mit dem Daumen über seine Schulter auf Levi. »Wart’s nur ab.«

»Nasen und Rekorde«, kommentierte Levi und schob seine Hände in die Taschen.

Riley war hin und weg. Sie hätte ihn den ganzen Tag anstarren können, einfach nur, um zuzusehen, wie er existierte. Wie ein Teenie, der fünf Stunden lang einfach nur zusah, wie Nick Jonas dumpf in die Kamera blinzelte, weil es das absolut Aufregendste auf der Welt war. Levi inspirierte die gleiche Art von Fanatismus, doch Riley war gegen solche Versuchungen gefeit.

Sie war in L. A. – in Hollywood, um genau zu sein – geboren worden und aufgewachsen und hatte genug Stars und Sternchen kennengelernt, um zu wissen, dass Äußerlichkeiten nichts aussagten und wahre Schönheit nichts mit einem hübschen Gesicht zu tun hatte.

Und doch war es schwer, wegzuschauen, wenn man gerade in Testosteron ertrank.

»Ich habe schon alles vorbereitet«, sagte Riley und ging hinüber zu dem großen offenen Bereich, wo sie die Aufnahmen machen würden. Nach Absprache mit Travis hatte sie bereits einige Hintergründe ausgewählt. Es sollten alles Standardaufnahmen werden – Head-Shots für Werbeanzeigen, die Webseite und den Verband. Riley brauchte also bloß ein paar Bilder von den Männern in ihren Trainingsanzügen zu machen und sie sich anschließend nach und nach ausziehen zu lassen.

Ihr Blick glitt zu Levi, der sich gerade mit einem arroganten Grinsen die braunen Locken hinters Ohr schob, während er Cobra und Lex zuhörte, die über irgendetwas scherzten.

Vielleicht waren MMA-Porträts doch nicht so ätzend.

»Fangen wir mit den Gruppenaufnahmen an.« Riley brauchte all ihre Willenskraft, um sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Eigentlich sollte sie sich in dieser Stadt mittlerweile an schöne Männer gewöhnt haben, doch irgendetwas an Levi brachte sie vollkommen aus der Fassung. Er hatte kaum zehn Worte gesprochen, und doch hatte Riley das Gefühl, ihn zu kennen, diesen Typ Mann zu kennen – die Art, wie er Frauen garantiert auf ihre Fickbarkeit, nicht auf ihre Persönlichkeit hin abscannte und dabei wie ein arrogantes Arschloch durchs Leben stolzierte, bloß weil er ein schönes Gesicht hatte und wusste, wie man einen anderen Menschen zusammenschlug. Und wie er ganze Trauben von Frauen an jedem Arm hängen hatte, denen er jedes Mal eine andere Geschichte auftischte. Eine andere Version derselben Lüge.

Sie brauchte wirklich das BITTER-AF-Shirt.

Nachdem ihr Ex den Skandal des Jahrhunderts inszeniert und die ganze Welt schockiert mit dem Finger auf sie gezeigt hatte, konnte Riley wirklich bald ihre eigene Klamottenlinie starten.

»Ich möchte ein paar Bilder von euch in Trainingsanzügen machen«, sagte sie und beobachtete durch die Kamera, wie die Männer sich vor der weißen Leinwand versammelten. Sie schoss ein paar Probeaufnahmen, um die Farbbalance zu testen, und merkte, dass etwas fehlte. »Moment.«

Riley legte die Kamera beiseite und ging nach vorn zum Empfangstisch, wo sie sich mit dem Bauch über die Tischplatte beugte, hinter ihren Laptop griff und ihre Playlist anschaltete, die von Talking Heads bis Esso alles beinhaltete.

Als die weichen, vollen Klänge das Studio erfüllten, lächelten die vier Fighter und entspannten sich ein wenig. Genau das brauchte Riley. Geschmeidige, glückliche Models.

Jetzt konnte sie ihre Magie wirken lassen.

»Eine letzte Sache noch«, sagte sie und hielt ein Feuerzeug an das Ende eines Räucherstäbchens.

»Du willst uns wohl in Stimmung bringen, was?«, frotzelte Lex.

»Ähm, entschuldigen Sie, Miss.« Levi stemmte eine Hand in die Hüfte. »Auf dem Schild da steht ›Rauchen verboten‹, aber Sie rauchen ganz schön.«

Riley grinste und unterdrückte das Lachen, das aus ihr herauszusprudeln drohte. »Haha«, sagte sie trocken.

»Er ist der King der schlechten Witze«, erklärte Cobra. »Aber du wirst dich dran gewöhnen.«

»Hey!«, rief Levi und tat beleidigt. »Meine Witze sind nicht schlecht, sie sind cool.«

Travis schüttelte den Kopf und tat so, als wollte er ihm einen Schlag ins Gesicht verpassen. »Wenn du nicht gerade hübsch aussehen müsstest, würd ich dir eine reinhauen.«

Riley schnappte sich ihre Kamera und machte eine schnelle Reihe von Bildern, während die anderen Levi wegen seiner schlechten Witze aufzogen. Die vier Männer wirkten wie Kollegen und zugleich wie eine Familie. Als sie genügend Aufnahmen von ihnen als Gruppe beisammenhatte, rief sie die vier einzeln auf.

»Wer will zuerst?«

Levis Hand ging hoch.

Travis grinste. »Schon klar, unser Hot-Shot muss natürlich als Erster drankommen.«

Cobra, Lex und Travis traten beiseite, während Levi seinen arroganten Blick auf Riley richtete und mit seinem Reißverschluss spielte.

»Jetzt kommt der Teil, in dem ich mich ausziehe, richtig?«

Riley unterdrückte ein bissiges »Das hättest du wohl gerne« und sagte nur: »Korrekt«, bevor sie sich zu Travis umdrehte. Sie konnte Levi nicht zu lange ansehen, sonst konnte sie nicht mehr klar denken. »Willst du Bilder, in denen er sich nach und nach auszieht, oder nur in Shorts?«

»Nur in Shorts«, antwortete Travis, der durch ihr Studio wanderte und die Bilder an den Wänden betrachtete. Cobra und Lex fläzten sich in den Sesseln vorne im Schaufenster, vor dem hin und wieder ein paar Fußgänger vorbeiliefen.

»Wir können ja auch ein paar andere machen, wenn du willst.« Levi zwinkerte ihr zu und ließ den Reißverschluss nach unten gleiten. »Und schauen, wohin es uns führt.«

Riley presste die Lippen zusammen und konzentrierte sich auf die Einstellungen an ihrer Kamera – nur nicht auf diesen Typen, der mit jeder Sekunde arroganter und provokanter wurde. Aber er war ihr Kunde, sie konnte ihm also nicht einfach die Meinung geigen.

Und so hielt sie den Mund.

»Das war ein Scherz«, erklärte Levi, während er seine Jogginghose über die Beine nach unten schob.

Riley sah zu ihm hinüber – ein Fehler. Halb nackt war der Typ noch unwiderstehlicher. Seine riesigen Muskeln zeugten von einer gigantischen zurückgehaltenen Kraft; sogar seine Schlüsselbeine wirkten kräftig.

Und lieber Gott im Himmel – seine Haut. Ein wahrer Wasserfall hellbrauner Sommersprossen ergoss sich über die Schultern bis hinunter auf den breiten Rücken. Riley zappelte ein wenig und schnappte leise nach Luft. Levi warf seine Hose beiseite und sah sie mit einem Lächeln an, das garantiert schon einige Herzen gebrochen hatte.

»Gefallen dir meine Tüpfelchen?«

Gefallen war absolut untertrieben. Aber das durfte er nicht wissen. »Auf den Fotos werden sie ziemlich gut aussehen.«

»Du kannst ja doch sprechen.«

Seine Bemerkung ließ Riley die Zähne zusammenbeißen. Vielleicht war sie zu reserviert. Vielleicht war sie so oft von Männern verletzt worden, dass es ihr mittlerweile unmöglich war, einen ihr vollkommen fremden Mann mit Respekt zu behandeln. Vielleicht sollte sie sich verdammt noch mal ein wenig entspannen.

»Ich konzentriere mich auf die Arbeit.« Sie gönnte ihm ein schmales Lächeln, zugleich genervt und angetörnt von diesem arroganten, witzigen Kerl. Haha, Tüpfelchen, ich lach mich tot. Sie brauchte unbedingt dieses BITTER-AF-Shirt. »Ich ändere nur schnell den Hintergrund. Für dich sollten wir etwas erdigere Töne nehmen.«

»Du meinst wegen meiner griechischen Wurzeln?« Wieder fuhr er sich mit der Hand durch die Locken, woraufhin sich eine ganze Kaskade von Muskeln an Schultern und Bauch in Bewegung setzte. Rileys Nasenlöcher blähten sich, und sie musste sich zwingen, nicht den Hintergrund zu vermasseln. »Meine olivfarbene Haut sieht durch die Kamera sicher mega aus.«

»Nun, sie ist oliv, so viel steht fest.« Riley weigerte sich, ihm auch nur einen Hauch von Kompliment zu geben. Er wusste schließlich sehr gut, wie scharf er war – ihre Bestätigung brauchte er garantiert nicht.

Levi stemmte lässig die Hände in die Hüften und fuhr sich dann erneut durch die Locken. Riley sah ihn an. »Das solltest du lieber lassen, sonst ist deine olivfarbene Haut nicht das Einzige, was auf den Bildern zu sehen sein wird.«

»Was meinst du damit?«

Sie wies mit dem Kinn auf ihn. »Die vielen Schuppen, die du so herausschüttelst.«

Cobra auf der anderen Seite des Studios lachte laut auf, und Lex sagte: »Autsch.«

»Ich habe keine Schuppen«, erklärte Levi und trat näher. »Ich habe Charme und geile Trapezmuskeln. Oder hast du die noch gar nicht gesehen?« Er drehte sich ein wenig und spannte besagte Muskeln an, wobei sein arrogantes Grinsen Rileys Erregung nur noch steigerte – ebenso wie ihren Ärger.

Levis Trapezmuskeln waren kaum zu übersehen. Aber auch das würde sie ihm natürlich nicht sagen.

Zumal das Feuer, das ihr Kommentar in ihm entfacht hatte, wunderbar mit ihrer Kamera harmonierte. Sie schoss ein paar Bilder von seinem aggressiven Welpencharme und kontrollierte ihre Aufnahmen auf dem Bildschirm.

»Die sehen ziemlich gut aus.« Sie bedachte ihn mit ihrem coolsten Lächeln, das sagte: »Dein Body oder das Rumgeflirte interessieren mich einen Dreck.«

»Natürlich tun sie das.« Levi grinste und zeigte auf seine Bauchmuskeln.

Riley seufzte und sah hinauf zur Decke. Sicher, er hatte nicht unrecht. Aber warum musste er so damit angeben?

»War nur ’n Scherz«, sagte Levi noch einmal. »Ich meinte natürlich, weil du die Aufnahmen machst. Du bist ein echter Profi.«

»Aber sicher doch.« Riley schnalzte mit der Zunge und hob die Kamera wieder vors Gesicht. Gott möge verhindern, dass sie diesem Mann jemals privat begegnete. Am Ende würden sie sich vermutlich prügeln – oder schlimmer noch: miteinander schlafen. Beides konnte sie gerade überhaupt nicht brauchen.

»Er ist nicht so schlimm, wie er klingt«, erklärte Travis von der anderen Seite des Studios, wo er gerade eine Trilogie betrachtete, die Riley in Indien aufgenommen hatte.

»Danke für das Kompliment.« Levi zog eine Grimasse und gab ein Doppel-Thumbs-up.

»Ich halte mich da raus«, erklärte Riley, während sie eine neue Aufnahmeserie vorbereitete. Die Kamera klickte einige Male und fing Levis Blick auf, der durchs Studio wanderte. Jede kleinste Geste dieses Mannes harmonierte einfach perfekt mit ihrer Kamera, und ihr Herz musste das ebenso sehr ignorieren, wie ihr beruflicher Ehrgeiz es ausnutzen musste. »Ich bin nur die Fotografin.«

»Ich brauche dringend eine Fotografin in meinem Leben«, erklärte Levi und stemmte wieder die Hände in die Hüften. Riley verbiss sich eine entsprechende Erwiderung. »Ich brauche jemanden, der mich nackt fotografiert.«

Lex vorne am Fenster kicherte.

»Hast du Lust?«, fragte Levi mit leuchtenden Augen. Riley schoss noch ein paar Fotos und verewigte so den Moment nach seinem anzüglichen Angebot. Ja – sie hatte Lust. Aus all den falschen Gründen. Vielleicht auch nur, um die genaue Dimension der Beule in diesen hautengen Shorts zu verifizieren. Doch ihre Moral – ihre Würde – ließ es nicht zu.

»Hängt davon ab, was du zahlst«, murmelte sie, auch wenn es gelogen war.

»Aber du musst sie nachher an die Presse leaken«, sagte Levi.

Er konnte nicht hören, wie sie innerlich mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung hinlegte. Sah nicht, wie jeder einzelne ihrer Muskeln sich bei den Worten an die Presse leaken versteifte. Sie senkte die Kamera, ihre Augen waren nur noch zwei schmale Schlitze.

Der Kerl wurde tatsächlich immer schlimmer – er gierte nicht bloß nach weiblicher Aufmerksamkeit, sondern auch nach der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

Levi zog eine Augenbraue hoch und sah sie mit einem Grinsen an, so arrogant, dass sie ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen hätte. »Bist du dabei?«

Kapitel 2

»Ach, komm schon, Mann, als ob irgendwer Geld dafür zahlen würde, deinen Schwanz zu sehen!«, rief Cobra vom Schaufenster herüber.

Levi stretchte seine Muskeln, während Riley am Studiolicht herumbastelte. Er konnte kaum den Blick von ihr abwenden. Sie hatte ihm mehr als deutlich gemacht, dass sie weder von ihm noch von seinem Body besonders beeindruckt war – was nur dazu geführt hatte, dass er sich noch mehr bemühte.

Wie konnte sie ihm widerstehen? Keine Frau, die halbwegs bei Verstand war, konnte das. Seit er diesen künstlerischen dunklen Engel erblickt hatte, wollte er nichts anderes, als sie zu einem kleinen Abstecher ins Levi-Land zu überreden.

»Wenn du es richtig anstellst, gibt es genug Leute, die für skandalöse Nacktfotos gutes Geld bezahlen«, gab Levi zurück. Riley hatte noch immer nichts gesagt, doch ihre roten Wangen sagten ihm, dass sie darüber nachdachte.

»In L. A. ist Nacktheit kein Skandal, Bro«, erklärte Lex. »Keine Ahnung, wie es in Chicago aussieht, aber hier ist nackt sein eher ’ne Währung.«

»Und außerdem ist es kein Skandal, wenn du es freiwillig machst«, erklärte Riley und reinigte die Linsen ihrer riesigen Kamera. Ihr gerade geschnittener mahagonibrauner Pony bildete einen hübschen Kontrast zum cremigen Ton ihrer Haut, und ihre vollen roten Lippen rissen jedes Mal Levis Aufmerksamkeit an sich, sobald sie etwas sagte. Auf ihrem weiten T-Shirt stand TRENDY AF, und es juckte ihn wie verrückt, sie damit aufzuziehen. In Kombination mit ihren kurzen Jeansshorts und den Springerstiefeln sah sie aus wie der Star in einem bissigen Coming-of-Age-Drama.

Nur sehr viel schärfer.

»Du hast mir immer noch nicht geantwortet.« Levi sah sie herausfordernd an und wartete darauf, dass sie seinen Blick erwiderte. Er rieb sich den Bizeps und versuchte, ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken.

Als sie zu ihm hochschaute, war ihr Gesichtsausdruck mehr als sarkastisch. »Oh, entschuldige bitte, war das wirklich eine ernst gemeinte Frage? Ich dachte, du hättest nur rumgefotzelt.«

Travis und die Jungs brüllten vor Lachen. Levi ließ langsam den Kopf kreisen und sah sehr wohl das zufriedene Grinsen in Rileys Gesicht.

Ja, mit ihr konnte man Spaß haben. Garantiert auch im Bett.

Und genau davon brauchte Levi mehr in seinem Leben. Spaß, und zwar ohne Verpflichtungen. Er hatte im Alltag mehr als genug Stress, und die beste Möglichkeit, eine Art Work-Life-Balance zu erzielen, war viel Sex am Wochenende. Mit den kommenden Kämpfen und der ganzen Anstrengung, die der Umzug mit seinem kleinen Bruder in den Westen bedeutet hatte, freute er sich auf seine wilden Wochenenden, an denen er so richtig die Sau rauslassen konnte.

Saufen, feiern, ficken, prügeln, das war seine Definition von Vergnügen. Er gab sein Bestes, um sich in L. A. einen Namen zu machen, zu sehen, welche fragwürdigen Entscheidungen er treffen, wie viel Trouble er machen konnte.

»Mich hat noch nie jemand Fotze genannt«, murmelte er anerkennend.

»So ist sie, unsere Ry-Ry«, rief Lex.

»Vielleicht ist es ein bisschen zu sehr Neunziger für dich«, stichelte sie und hob die Kamera wieder vors Gesicht. Sie schoss ein paar Fotos, sah auf den Bildschirm und nickte. »Ich bin gerne bereit, meine Beleidigung du jour zu überarbeiten, falls nötig.«

»Dann ist das also ein Nein?«, fragte Levi, der nicht vorhatte, das Thema so schnell fallenzulassen, wie sie es sich eindeutig wünschte. Er konnte sehen, wie sie ihn hinter der Kamera böse anfunkelte.

»Ein klares Nein. Ich arbeite daran, meine Karriere weiter aufzubauen, nicht, sie das Klo runterzuspülen.«

»Ach, komm schon, Riley«, rief Cobra spöttisch aus seiner Ecke.

»Klingt nach einem Nein«, bestätigte Travis. »Hatte ich dich vor Levi gewarnt, Riley?«

»Negativ.« Riley sah ihn über ihre Kamera hinweg an. »Leg mal den Arm hinter den Kopf.«

»Ihr braucht niemanden vor mir zu warnen.« Levi tat, was Riley gesagt hatte, und sie drückte auf den Auslöser.

»Deine Altherrenwitze brauchen einen Beipackzettel«, stichelte Cobra und schnippte mit den Fingern.

Levi unterdrückte ein Lachen. Er war erst seit wenigen Monaten in der Stadt, und schon war seine Crew so etwas wie eine Familie für ihn geworden. Er hatte schon mit zahlreichen MMA-Profis trainiert, doch bei Holt Body Fitness hatte er eine Heimat gefunden.

Und das schadete nicht, denn abgesehen von seinem Bruder hatte Levi niemanden mehr. Er konnte jedes Familienmitglied brauchen.

»Eure Eifersüchteleien könnt ihr stecken lassen«, sagte Levi mit gespielter Verärgerung. »Ich bin beschäftigt, okay? Und wenn ihr euch schon über meine Witze lustig machen wollt, dann solltet ihr besser mal ’nen Fotografenwitz parat haben.«

»Kenn ich nicht«, sagte Lex.

»Ich auch nicht. Weil noch keiner einen entwickelt hat.«

Riley gab ein schnaubendes Lachen von sich, und die Jungs stöhnten im Chor.

»Wie lange hast du denn an dem gesessen?«, fragte sie mit einem breiten Grinsen, das ihn kurz aus der Fassung brachte. Er liebte es, andere Menschen zum Lächeln zu bringen – vor allem, wenn sie sich alle Mühe gaben, in seiner Gegenwart genau das nicht zu tun.

»Seit gestern«, gestand er.

»Muss ein gutes Gefühl sein, ihn endlich rausholen zu können.« Sie schnalzte mit der Zunge, senkte die Kamera und betrachtete ihn. Ihr Blick war rein professionell, doch seine Haut kribbelte vor Verlangen, ihn in eine andere Sphäre zu katapultieren.

Normalerweise war er kein zudringlicher Typ. Aber normalerweise kam er auch nicht mit Frauen wie Riley in Berührung. Irgendetwas an ihr brachte ihn dazu, sich dreister zu verhalten als sonst. Ihre Aufmerksamkeit einzufordern. Verdammt, er wollte, dass sie ihn wirklich wahrnahm.

»Du hast ja keine Ahnung.« Er zwinkerte ihr zu, und wieder überzog die leichte Röte ihren Hals. Treffer.

Riley gab ihm noch ein paar Anweisungen – Power-Pose mit dem Rücken zu ihr, Beine breit und Bizeps angespannt –, bevor sie die Kamera gegen ihre Schulter lehnte und sich umwandte.

»Okay. Wer ist der Nächste?«

Levi sackte enttäuscht in sich zusammen. »Wir sind doch nicht etwa schon fertig, oder?«

»Ich arbeite schnell.« Sie bedachte ihn mit einem schmallippigen Lächeln und wandte sich dann wieder den Jungs zu. »Cobra? Wie wär’s mit deinem smarten Arsch?«

Cobra stemmte sich aus dem Sessel und schlenderte zur Leinwand. Levi schnappte sich seinen Trainingsanzug und ging zu dem Sessel, den Cobra gerade frei gemacht hatte. Diese roten Lippen wussten, wie man einen Mann beleidigte, und aus irgendeinem Grund fand er gerade das besonders sexy.

»Keine Angst, ich bin mir sicher, das werden hübsche Fotos«, stichelte Lex.

»Klar werden sie das.« Levi schnaubte und stieg in seine Jogginghose. Die Jacke ließ er noch aus.

»Ts, ts, ts«, kam es von Travis aus einer Ecke des Studios, wo er, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, immer noch die Porträts an den Wänden betrachtete. Levi ging zu ihm hinüber.

»Was siehst du dir da an?«

»Dude.« Travis drehte sich zu ihm um und wies mit dem Daumen über die Schulter auf ein Schwarz-Weiß-Porträt. »Das sind Rileys Arbeiten.«

Levi kniff die Augen zusammen und betrachtete fasziniert das Foto. Die Komposition war ungewöhnlich, irgendetwas zwischen Head-Shot und Hilferuf. Die Gesichtszüge wirkten hart, fast gequält. Und erst nach einer Weile erkannte er, dass es Riley selbst war. Das Bild zeigte eine Seite von ihr, die er nicht erwartet hätte.

»Heilige Scheiße.« Sein Blick glitt hinüber zu Riley, die mit Cobra über irgendetwas lachte. Natürlich verstand sie sich gut mit den Jungs, nur nicht mit ihm. »Sie ist ziemlich krass. Aber auf eine gute Art.«

»Sieh dir das hier an.« Travis führte ihn zu einer Wand vorne an der Tür, wo neun kleine Drucke ein Quadrat bildeten. Das Ensemble erzählte eine Geschichte, wobei jedes Bild einzigartig war – ein einsamer Strand; verlassene Autos; die langen, eleganten Schenkel eines Models, das Levi nicht kannte; und dann, wie ein unerwarteter Schlag in den Magen, die desillusionierte Miene eines Mannes, der an einer Zigarette zog und auf den Horizont starrte. Es war einfach nur irgendein Mann und zugleich sehr viel mehr als nur ein Mann. Levi wusste nicht recht, wie er es erklären sollte.

»Die sind wirklich gut«, murmelte er mit belegter Stimme. Und gut war noch untertrieben. Rileys Arbeiten weckten Empfindungen in ihm. Vielleicht zu viele.

»Hab dir doch gesagt, ich arbeite nur mit den Besten.« Travis drückte Levis Schulter und ging weiter zu einer anderen Bildergruppe. Levi schlenderte durch das Studio, während Riley und Cobra ihre Aufnahmen machten. Als Cobra fertig und Lex an der Reihe war, hatte Levi so ziemlich alles gesehen, was an den Wänden hing.

Doch erst als er die Aufnahme entdeckte, die versteckt ganz hinten an der Hintertür hing, hatte er plötzlich einen Plan.

Das Bild schien einen ganz normalen sonnigen Tag in Los Angeles zu zeigen. Rissiger Asphalt, der palmengesäumte Boulevard, zu viele Autos im Hintergrund. Nur dass im mittleren Bereich des Bildes ein ziemlich geschmackloser Osterhase auf einer Bank saß. Eine Zigarette zwischen zwei menschlichen Fingern zeigte aus dem Kostüm heraus, und hinter dem Osterhasen näherte sich ein ziemlich verrückt wirkender Kerl mit fetten Muskeln und zerrissenem T-Shirt.

Die Aufnahme weckte unzählige Fragen in Levi – nicht nur diese eine, sondern all ihre Arbeiten. Doch dieses Bild ließ eine Idee in seinem Kopf entstehen. Irgendetwas zwischen dem Osterhasen und dem zerrissenen Shirt hatte sie in ihm geweckt.

»Travis.« Levi joggte zu seinem Trainer hinüber, der sich gerade aus seinen Klamotten schälte, weil er als Nächster dran war. »Sie muss für unseren Verband fotografieren.«

»Was?«

»Ich will, dass sie zu den Kämpfen kommt. Als offizielle Fotografin.«

Travis blinzelte ihn verständnislos an. »Aber du brauchst keine Fotografin. Von den Kämpfen wird es auch so mehr als genug Bilder geben.«

»Sicher, aber das meine ich nicht.« Niemand wusste von seiner wahren Vision. Nicht im vollen Umfang. Und vor allem nicht, warum. »Ich will einzigartige Fotos von der gesamten Saison – von jedem Kampf, aber auch von dem ganzen Kram zwischendurch. Natürlich werde ich sie dafür bezahlen. Aber es muss Riley sein.«

Travis legte nachdenklich den Kopf schief. »Sie wäre verdammt gut.«

Riley wandte sich zu ihnen um und zog eine ihrer perfekten dunklen Brauen hoch. »Habe ich da gerade meinen Namen gehört?«

»Wir arbeiten gerade an einem kleinen Business-Angebot.« Levi grinste und hoffte, sein exponiertes Sixpack möge den Deal sichern, falls sein Angebot selbst es nicht schaffte.

»Levi will einen ganz neuen MMA-Verband hier an der Westküste aufbauen. Und er findet, du solltest die offizielle Fotografin dafür werden«, erklärte Travis und zupfte an seinen engen Shorts herum, während er barfuß vor die Kulisse trat. Seine dunkelblonden Haare reichten ihm übers Kinn, als er zu Levi herübernickte. »Für alle angesetzten Kämpfe und noch ein paar andere Dinge.«

Riley blinzelte und schürzte überrascht ihre roten Lippen. »Du meinst … für Levi?«

»Ja, für Levi«, gab Levi zurück. »Deine Arbeiten sind unglaublich. Du musst einfach für uns fotografieren.«

Ihre Brauen verwandelten sich in einen harten Strich. »Das ist nicht die Art von Fotos, die ich mache. Ich meine …«

»Ich will dich«, unterbrach er sie. Und sicher, vielleicht meinte er damit: auf alle erdenklichen Arten. Doch ihre Attraktivität war nicht der primäre Faktor für seine Entscheidung. Eher tertiär.

Hier ging es um Levis Karriere. Seit er sich entschieden hatte, mit MMA genug Geld zu verdienen, um finanzielle Sicherheit zu gewinnen, musste er alles dafür geben. Deshalb war er nach L. A. gezogen. Deshalb trainierte er mit Travis. Deshalb wollte er, dass jemand der Presse ein paar Nacktfotos von ihm zuspielte.

Levi musste berühmt werden. Und zwar möglichst gestern.

Alles in seinem Leben hing davon ab, dass er mit seinen Kämpfen gutes Geld verdiente. Alles an seinem neu gegründeten Verband diente als Futter für die Marke Levi, und er würde keinen Cent davon verschwenden.

»Dich dabeizuhaben, wäre echt genial«, sagte Travis und rieb sich das Kinn. »Ich selbst hatte noch nie einen persönlichen Fotografen, aber ich kann verstehen, dass Levi dich haben will.«

»Und was genau müsste ich tun?«

»Deine Magie entfalten.« Levi wies auf die ihm am nächsten hängenden Porträts. »Zu den Wettkämpfen kommen und auch zu den Trainings. Ich muss ein perfektes professionelles Portfolio zusammenstellen.«

Riley wirkte nicht überzeugt. »Ich mache wirklich keine Sportfotos.«

»Ich will auch keine Sportfotos.« Levis Blick wanderte zurück zu dem Neuner-Ensemble. »Ich will deine Fotos.«

Riley spielte mit den Knöpfen an ihrer Kamera. Ihre seidigen braunen Locken schoben sich hinter ihrem Ohr hervor und verdeckten einen Teil ihres Gesichts. Sie war nicht nur trendy AF, sie war auch talentiert und unglaublich süß.

Levi brauchte jemanden wie sie um sich herum.

»Wie lange?«, fragte sie schließlich.

»Vier Monate. Wenn es gut läuft, vielleicht länger. Ich meine, meine Karriere wird länger dauern als diese vier Monate.«

»Weil Levi es ohne Zweifel ins Finale schaffen wird«, erklärte Travis.

Riley kaute an ihrer Unterlippe und blickte zwischen Travis und Levi hin und her. Jedes Mal, wenn er in ihre Schokoladenaugen sah, spannten sich seine Bauchmuskeln. Er mochte es, ihren Blick auf sich zu spüren. Und wenn sie seine Fotografin wurde, würde es noch jede Menge Spannung dieser Art geben.

»Ich meine es ernst. Sag mir, was du dafür haben willst«, erklärte er, »und ich werde es zahlen.«

Bei diesen Worten zuckte etwas über ihr Gesicht: die Aussicht auf Geld. Sie brachte Menschen dazu, ihre Komfortzone zu verlassen und verrückte Dinge zu tun, wie Hollywood zu erobern oder ein paar MMA-Fighter vier Monate lang zu begleiten.

»Okay. Ich mach’s«, sagte Riley und streckte den Rücken durch. »Aber wir brauchen einen Vertrag.«

Kapitel 3

Wenn Rileys Leben sich in einen Comic verwandelt hätte, dann hätte sie an diesem Nachmittag Dollarzeichen in den Augen gehabt.

Blinzelnd schaute sie auf die geschwungenen Bögen ihres noch tintenfrischen Namens auf dem Vertrag, den sie, Travis und Levi in den vergangenen beiden Tagen in aller Eile aufgesetzt hatten. Die Zeit war knapp – Levi wollte, dass sie sofort anfing –, und dieser Vertrag war eine simple, aber klare Aufstellung der Aufgaben, die sie zu erfüllen hatte, und der entsprechenden Vergütung.

Sie hatte auf diesem Vertrag bestanden, um mehr Sicherheit zu haben. Travis vertraute sie sprichwörtlich mit ihrem Leben, aber Levi war eine Wildcard. Sie konnte es in seinen Augen sehen, dem unterschwelligen sexuellen Begehren oder Übermut oder was auch immer es war, das sie schneller in Alarm versetzte als ein Grapscher im Nachtclub.

Ihr Körper reagierte weit stärker auf Levi, als ihr lieb war. Nachdem ihr verdammter Ex ihr gesamtes Privatleben hatte viral gehen lassen, hatte Riley sich eine Männerauszeit verordnet. Sich von einem solchen Verrat zu erholen, brauchte nun einmal Zeit. Vielleicht sogar ein ganzes Leben.

Was zwangsläufig bedeutete, dass Levi, der Inbegriff des nach Aufmerksamkeit gierenden Hollywood-Newbies, nicht mal in ihre Nähe kommen durfte. Egal wie süß die Versuchung war, die sein Sixpack ihr zuflüsterte. Egal wie sehr es sie in den Fingern kribbelte, einmal selbst durch seine Haare zu streichen.

Ihre geistige Gesundheit hing davon ab.

»Verdammt.« Ein Lächeln schlich sich auf Travis’ Gesicht. »Sieht so aus, als hätten wir einen Deal.«

»Jawohl!« Levi stieß mit der Faust in die Luft.

»Ich mache ein paar Kopien«, bot Travis an und stand auf. Er ging aus dem Zimmer und ließ Riley und Levi allein.

Wenigstens trug er heute ein Shirt. Seinen Körper verborgen zu wissen, half zumindest ein bisschen, doch das weiße T-Shirt spannte sich so eng über Schultern und Armmuskeln, dass es Riley sofort wieder an all die formvollendeten Wölbungen darunter erinnerte. Und verdammt, sie wollte diese Sommersprossen noch mal sehen.

Rein professionell natürlich.

»Du musst doch wenigstens ein bisschen aufgeregt sein«, sagte Levi.

»Das bin ich auch.« Sie schenkte ihm ein Lächeln. Vielleicht sah er ja, dass sie keine komplette Bitch war. »Das wird sicher spannend. Und ganz anders als das, was ich normalerweise mache.« Sie schwieg einen Moment und trommelte mit ihren Fingernägeln auf die Tischplatte. »Ich hoffe, ich krieg das auch hin.«

»Riley, ich kenne dich noch nicht lange, aber ich glaube voll und ganz an dich.«

Levis ernster Tonfall ließ sie innehalten. Sie zwang ihren Blick, sich zu heben und seinem zu begegnen. Was wollte dieser Mann wirklich? Er wirkte wie ein inspirierender, unbekümmerter Adonis. »Danke.«

Sein Blick glitt über ihren Körper. »Aber wenn du bei irgendwas Hilfe brauchst, sag Bescheid.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, wobei sich das T-Shirt nur noch enger um seine Bizepse spannte. Der Anblick verschlug ihr buchstäblich den Atem.

Sie musste sich fast den Sabber aus den Mundwinkeln wischen.

»Das weiß ich zu schätzen.«

»Ich stehe jederzeit zur Verfügung für … alles, was du willst.« Und da war es: dieses Grinsen, das so viel mehr versprach. Riley runzelte die Stirn und spürte, wie die Wut in ihr brodelte.

»Okay. Eine Frage habe ich tatsächlich, und zwar seit dem ersten Tag.« Sie beugte sich vor und klopfte mit der Faust auf den Tisch. »Hast du mir den Auftrag nur gegeben, weil du mich vögeln willst?«

Levis Augen weiteten sich, und er brachte die Vorderbeine seines Stuhls krachend zurück auf den Boden. »Vögeln?« Seine gespielte Überraschung trieb seine Stimme zu einem hohen Fisteln. Es war beinah komisch. Beinah. »Wie in … wir beide und Sex?«

»Du hast mich schon verstanden.«

»Es ist mir nicht mal in den Sinn gekommen.« Er schwieg. »Heute.«

Riley seufzte und schüttelte den Kopf. Vielleicht war das Ganze doch keine gute Idee gewesen. Sie wusste genau, wohin das führte. Nicht so schlimm wie Harvey Weinstein vielleicht, aber irgendwo im Bereich von James Franco. Und wenn sie jemanden nicht ausstehen konnte, dann James Franco mit seinem dämlichen Grinsen.

»War nur ’n Scherz.« Levi beugte sich nach vorn. Als sie seinen Blick nicht erwiderte, tippte er ihr aufs Handgelenk. »Hey. Ich rede mit dir.«

»Ja, ich hab dich gehört.«

»Ich habe dir diesen Auftrag gegeben, weil sich mir bei deinen Arbeiten das Herz zusammengezogen hat. Auf schlechte Art. Aber auch auf eine gute Art. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.« Er verschränkte die Arme, und der Stuhl knarzte, als er sich wieder zurücklehnte. »Du bist eine unglaubliche Fotografin. Das ist alles. Dein psychedelisches Hinterteil hat damit nichts zu tun.«

Sie konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Mein psychedelisches Hinterteil?«

Ein weiteres Herzensbrecher-Grinsen glitt über sein Gesicht, die Art von Grinsen, dem Riley in der Vergangenheit schon einmal verfallen war. Die Art, bei der mittlerweile alle Alarmsirenen losheulten.

»Du bist eine Künstlerin, Riley. Da kann ich nicht einfach bloß sagen, du hast einen geilen Arsch, okay? Das ist ein bisschen zu platt für dich.«

Es kostete sie Mühe, ihr Lächeln zu unterdrücken. Levi war wie eine frische Brise, von der sie nicht zugeben wollte, dass sie sie brauchte. Irgendwie war es ihm gelungen, ihr ein Kompliment zu machen, ohne dass sie die Krallen ausgefahren hatte. Das allein war schon eine Leistung.

»Wie reizend. Aber bitte vergiss nicht: Das hier ist rein beruflich. Du wirst deine Finger bei dir behalten.« Sie wackelte drohend mit dem Zeigefinger, um sich selbst das Gefühl zu geben, überzeugend zu wirken. »Kapiert?«

Levi hob abwehrend die Hände. »Mir wäre nie etwas anderes in den Sinn gekommen.«

Ein zufriedenes Lächeln spielte über sein Gesicht. Er verschränkte die Arme und tippte eine Weile mit den Daumen gegen seine Brust. Dann sagte er: »Sind wir jetzt Freunde?«

Sie legte den Kopf schief und musterte ihn. »Freunde« klang halbwegs sicher. Nun, da ihre Grenzen gesetzt waren, konnte sie ihm ruhig ein wenig entgegenkommen.

»Beinahe-Freunde«, erklärte sie. »Ich werde dich ganz sicher nicht am Wochenende anrufen.«

»Aber wenn du einen Notfall hättest, würdest du mich dann anrufen?«

Sie schürzte die Lippen und überlegte. »Jap, du siehst mir aus wie jemand, der im Notfall ganz brauchbar sein könnte.«

»Was ist mit Snapchat?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen.«

»Und Facebook?«

Der Kerl verhandelte hart. Wenn er sie auf Facebook zu seinen Freunden hinzufügte, würde sie wahrscheinlich den halben Tag damit verbringen, ihn zu stalken. Wobei, wenn sie so darüber nachdachte, wollte sie das ja vielleicht sogar. »Okay.«

»Cool.« Er schlug mit der Hand auf den Tisch, exakt in dem Augenblick, als Travis mit drei Vertragskopien in der Hand zurückkehrte.

»Und, habt ihr euch gut benommen?«, fragte er, während er die Ausdrucke verteilte.

»Jawohl, Dad.« Levi grinste und nahm seine Kopie entgegen.

»Hey, Mann, ich bin gerade mal sieben Jahre älter als du«, sagte Travis. »Du kannst nicht Dad zu mir sagen.«

»Ich sag zu dir, was ich will!« Levi streckte die Hand aus und schlug Travis auf den Hintern. Sein freches Gelächter erfüllte den Raum.

Riley musste lachen und schlug sich rasch die Hand vor den Mund, um es zu verbergen.

»Wenn du morgen für die Kameras nicht halbwegs gut aussehen müsstest, würde ich dir jetzt die Fresse polieren«, murmelte Travis kopfschüttelnd.

»Das machst du doch sowieso«, stichelte Levi. »Tu nicht so, als würdest du beim Training sanft mit mir umgehen, Trav.«

»Da könntest du recht haben.« Er lächelte und klopfte mit den Knöcheln auf den Tisch. »Ach ja, dabei fällt mir ein: Morgen gibt es ein offizielles Training vor Levis Kampf. Hast du Zeit, Riley?«

Sie kramte nach ihrem Handy, konnte jedoch unmöglich ignorieren, wie Levi mit seinem Stuhl vor und zurück schaukelte. Die Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf, dieses Mal aber nicht vor Ärger.

»Ja, morgen passt.« In ihrem Terminkalender herrschte gähnende Leere. Jetzt hatte sie wenigstens Levis Termine, die sie eintragen konnte – und die wöchentlichen Schecks, die sie über Wasser hielten, solange er kämpfte. Sie wollte es nicht zugeben, aber diesen Mann hatte der Himmel geschickt. Sein Ego hätte es geliebt, das zu hören, was bedeutete, dass sie es niemals, niemals, niemals laut sagen durfte.

Travis und Levi nannten ihr auch alle weiteren Termine, die Riley sofort in ihren Handykalender eingab. Sie würden nach jedem Kampf neu planen, je nachdem, wie dieser gelaufen war. Levi und Travis waren fest davon überzeugt, dass er bis zum Ende dabei sein würde, und sprachen so selbstbewusst darüber, dass Riley am Ende ihres Treffens die gesamten vier Monate für diverse Trainingsessions und die monatlichen Kämpfe blockte.

»Du hast keine Ahnung, was für ein Fighter dieser Kerl hier ist«, sagte Travis, als er aufstand und seine Unterlagen zusammensammelte. »Der reinste Wahnsinn. Ich kann’s kaum erwarten, deine Fotos von ihm zu sehen.«

»Oh, Dad«, stichelte Levi.

»Ich schwöre bei Gott …«, setzte Travis an.

»Er ist Mitte dreißig, damit müssen wir ihn einfach aufziehen«, erklärte Levi Riley, als würde Travis nicht ein paar Schritte neben ihm stehen.

Travis seufzte. »Ich bin nicht Mitte dreißig.«

»Du bist zweiunddreißig«, erklärte Levi und griff nach seinem Vertrag. »Du bist buchstäblich ein Opa.«

Travis leckte sich über die Unterlippe und schüttelte den Kopf. »Weißt du was? Morgen hau ich dir wirklich eine rein.«

Riley kicherte. Egal wie lange dieser Auftrag auch laufen würde, langweilig würde es garantiert nicht werden. Denn eins war klar: Der Mann sorgte dafür, dass alle um ihn herum mit einem Lächeln auf dem Gesicht davongingen, eine Eigenschaft, die in ihr den Wunsch weckte, mehr über ihn zu erfahren – auch wenn sie wünschte, es wäre nicht so.

Denn genau das führte dazu, dass aus einer Sache mehr wurde.

Levi sah sie mit seinen Zimtaugen an, während er ihr die Tür aufhielt, durch die Travis bereits hinausgegangen war, und sein Grinsen streichelte förmlich ihren Arm.

»Bis morgen«, murmelte er, »Beinahe-Freundin.«

Seine Worte hallten in ihren Ohren wider, als sie Holt Body Fitness verließ, und sein Gesicht geisterte den gesamten Weg durch den nachmittäglichen Verkehr bis zu ihrem Studio durch ihre Gedanken.

Und genau das war das Zeichen, das sie gebraucht hatte.

Egal wie sehr sie sich beim letzten Mal verbrannt hatte, wenn sie ihrem Herzen auch nur einen Zentimeter nachgab, würde es gleich eine ganze Meile nehmen.

Doch Levi würde nicht mal einen Millimeter bekommen.

Kapitel 4

Levi marschierte im hinteren Teil der Halle auf und ab und schlug seine getapten Knöchel gegeneinander.

Am anderen Ende tummelten sich die Zuschauer. Stimmen und Lachen hallten durch das weitläufige Trainingscamp, doch all das verebbte zu einem dumpfen Hintergrundrauschen, während Levi sich innerlich auf den bevorstehenden Kampf vorbereitete.

Es war bloß ein Übungskampf, doch er behandelte ihn wie einen echten.

Wenn er ein Tortendiagramm von seinem Leben hätte erstellen müssen, dann hätte es wohl so ausgesehen: Zuhause und Essen: 25 %. Kämpfen bzw. die Vorbereitung auf den Kampf: 60 %. Sex bzw. Gedanken an Sex: 15 %.

Dieses Training heute war ein winziges Stück der sechzig Prozent. Das Kämpfen bestimmte sein Leben, es war eins der drei Dinge, die er benötigte, um zu funktionieren. In letzter Zeit kam der Sexanteil allerdings ein wenig zu kurz. Er sollte anfangen, weniger zu essen, um den prozentualen Anteil von Sex in seinem Leben zu erhöhen. Denn am Kampfanteil würde er nicht rühren.

Er sah, wie Riley in die Halle trat. Sofort zog sich sein Magen ein wenig zusammen, wie ein Knoten, den jemand enger zog, und er wäre beinahe über seine eigenen Füße gestolpert.

Ohne den Blick von ihr wenden zu können, marschierte Levi weiter auf und ab. Ganz die launische Künstlerin in ihren nietenbesetzten schwarzen Jeansshorts und den Springerstiefeln, rauschte Riley mit der Kameratasche über der Schulter herein.

Diese Frau machte ihn wahnsinnig. Ihr Aussehen war das eine, aber das, was sie so von sich gab, das andere. Als Levi sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er sie ganz einfach als eine Herausforderung betrachtet. Als die Art von Frau, die er innerhalb von ein oder zwei Tagen erobern konnte, wenn er sich anstrengte. Doch als er ihre Arbeiten gesehen hatte – den Schmerz, die unterschwellige Botschaft von Verlust und das unerklärliche Gefühl von Optimismus in ihren Bildern, die ihn einfach nicht mehr losließen –, war ihm klar geworden, wie sehr er sich in ihr geirrt hatte.

Levi wollte sie. Gott, er wollte sie. Vielleicht ein bisschen zu sehr.

Er träumte davon, wie er sie vor dem cremeweißen Hintergrund in ihrem Studio über einen Stuhl beugte und von hinten nahm, während der Selbstauslöser ihrer Kamera klickte und klickte. Knisternde Visionen von Sex mit dem Rücken an der Studiowand, verschwitzt nach einem Kampf.

Jap. Sie machte ihn mehr als nur wahnsinnig. Er kannte sie noch nicht mal eine Woche, und der einzige Name, an den er denken konnte, war Riley.

Doch Levi wusste auch, wie er das Problem lösen konnte. So, wie er jeden Druck löste.

Sex, sich austoben und weiterziehen.

»Geht gleich los.« Lex wies mit dem Kopf auf das Oktagon im Zentrum des Trainingscamps. Riley stand an der Seite und fotografierte die anwachsende Menschenmenge – hauptsächlich MMA-Fans und Mitglieder von Holt Body Fitness, die gekommen waren, um sich die Übungskämpfe anzusehen. Aufregung lag in der Luft; die Leute freuten sich auf professionelle Schläge und hypnotisierende Beinarbeit. Riley wusste nicht, worauf sie sich da eingelassen hatte – da hatte sie absolut recht gehabt. Doch Levi ging davon aus, dass es ihr gefallen würde. Sie ließ sich jetzt langsam zu Travis hinübertreiben, der mit Cobra zusammenstand und irgendetwas besprach.

Travis war ein guter Mann. Einer der besten Trainer, denen Levi begegnet war, seit er mit zwanzig beschlossen hatte, seinen Lebensunterhalt mit Kämpfen zu verdienen. Levi wollte, dass Travis stolz auf ihn war. Es gab nicht mehr viele Menschen in seinem engeren Kreis – abgesehen von seinem kleinen Bruder. Travis hatte anfangs gezögert, ihn zu trainieren, denn Levi hatte etwas Unberechenbares an sich, das er auch nicht verbarg.

Er konnte es nicht verbergen, selbst wenn er gewollt hätte. Bisher waren seine zahlreichen Verhaftungen und die ganze dramatische Geschichte jedes Mal ans Licht gekommen, egal ob im Polizeibericht oder in der Lokalzeitung. Jedenfalls in Chicago. Doch wer sollte hier davon wissen? Levi wollte es bis in die großen Promimagazine schaffen, auf die gleiche Seite wie die müden Berichte über Angelina Jolies angebliche heimliche Wiedervereinigung mit Brad Pitt in New Orleans oder die jüngsten »Nachrichten« von Ariana Grandes neuestem Lover. Und Levi konnte es schaffen. Er würde es schaffen. Es würde sein Name sein, der das Interesse und die Faszination der Leute auf sich zog.

Dafür brauchte er nur einen Skandal, der groß genug war, um die Aufmerksamkeit der Leute zu wecken.

Travis gab ihm ein Zeichen, gemeinsam mit den anderen in den Käfig zu steigen. Mit federnden Schritten, fast wie ein Kind, das zum Sandkasten hüpft, joggte Levi zu ihnen hinüber. Das hier war sein Sandkasten, wo er alles rauslassen und spielen konnte.

»Du kämpfst zuerst gegen Cobra«, informierte Travis ihn, als er sich durch die vorderen Reihen der Zuschauer gearbeitet hatte, die sich um den Käfig drängten.

»Armer Junge«, sagte Levi laut genug, dass Cobra es hören konnte. Der meldete sich oft freiwillig für diese Schauwettkämpfe. Cobra war gut, aber für Levi keine Konkurrenz. Doch das war auch so geplant, denn so konnte Levi seine neuen Moves testen, ohne zu viel zu verraten.

»Hey, lass mich am Leben, okay? Ich will heute Abend mit Gen ausgehen.« Cobra grinste, während Travis dessen Knöchel mit Tape verband. »Sie wird ziemlich sauer sein, wenn ich tot bei ihr auftauche.«

»Ich werd dich schon nicht umbringen«, sagte Levi und rollte langsam seinen Kopf hin und her. »Aber ich kann dir nicht versprechen, dass du heute Abend hübsch aussiehst.«

»Verdammt. Das klingt wie Musik in meinen Ohren«, sagte Cobra.

Levi hörte das leise Klicken der Kamera hinter ihnen. Er drehte sich um und sah Riley außerhalb des Drahtgitters stehen, das den achteckigen Käfig umgab.

»Hey, Riley!«, rief er und hüpfte von einem Bein auf das andere. »Weißt du, was die Leute über Fotografen sagen?«

Sie ließ langsam die Kamera sinken, und ihr Gesichtsausdruck sagte deutlich O Gott. »Was?«

»Sie neigen dazu, Leute zu flashen. Aber behalt lieber deine Klamotten an bei den ganzen Menschen hier, okay?«

Er bedachte sie mit dem schmierigsten Lächeln, das er aufbringen konnte, bevor er zu Cobra in die Mitte des Käfigs trat. Es ging los. Travis formte mit den Händen ein Megafon, um die Pre-Fight-Regeln zu erklären – keine Tiefschläge, keine Schläge auf Hinterkopf oder Wirbelsäule, kein Augenstechen und so weiter –, und rief dann: »Los!«

Levi und Cobra umkreisten sich eine Weile. Die beiden hatten einen ähnlichen Hintergrund – kein formelles Training, bis sie Anfang zwanzig gewesen waren, was bedeutete, dass sie in einigen Bereichen nicht so gut ausgebildet waren wie professionelle Fighter, Travis zum Beispiel.

Doch seit dieser Zeit nutzte Levi jede Gelegenheit, um zu kämpfen und seinen Rückstand aufzuholen. Damals, mit Anfang zwanzig, hatte sich sein Leben radikal verändert. Es war plötzlich nicht mehr nur notwendig, sondern existenziell für ihn gewesen, sich für einen Lebensweg zu entscheiden und dabei zu bleiben. Und das aus vollkommen anderen Gründen als bei allen anderen in seiner Altersklasse.

Cobra griff als Erster an, und Levi wich ihm aus. Er täuschte an und schlug zu. Die beiden kämpften mit schnellen, laut knallenden Kicks und Schlägen. Alle Gedanken in Levis Kopf verschwanden hinter einer Wand purer Konzentration, wie immer bei einem Live-Fight. Seine Bewegungen wurden glatt und fließend. Er brauchte nicht zu denken, sondern verließ sich allein auf sein jahrelanges Training und seine Intuition.

Cobra kämpfte gut, doch Levi brachte ihn schließlich zu Boden und ging in die Mount. Cobra gab sein Bestes, um sich zu verteidigen, und landete sogar ein paar Treffer, dennoch ging die Runde an Levi. Rufe wurden laut, und Levi sprang auf die Füße und reichte Cobra die Hand, die dieser widerwillig ergriff.

»Ich weiß einfach nie, womit du angreifst«, knurrte er.

»Das ist der Plan, Bruder.« Levi kniff ihm in den Deltamuskel. »Gut gekämpft.« Er griff nach seiner Wasserflasche, die an der Seite des Käfigs stand. Durch das Drahtgitter hindurch traf sein Blick auf Rileys.

»Hey«, sagte sie und hakte einen Finger in das Gitternetz. »Das Ding hier ruiniert mir die Bilder.«

Er legte den Kopf in den Nacken und trank einen Schluck. »Kriegst du’s trotzdem hin?«

»Ich brauche einen Hochsitz.«

Levi lachte und blickte sich um. »Du willst, dass ich dir dahinten ein Nest baue?«

»Wenn du mich so fragst: ja.«

Er nickte. Sie klang, als meine sie es ernst. »Okay. Werd mal sehen, was ich tun kann.«

Er trat für eine weitere Runde mit Cobra wieder zurück in die Mitte des Käfigs. Wenn er kämpfte, verschwammen Zeit und Raum um ihn herum, und als er mit Cobra fertig war, kam der nächste Fighter und dann noch einer. Insgesamt kämpfte er gegen fünf Gegner. Seine Wange war dick geschwollen, die Lippe blutig, und sein gesamter Bauchbereich brannte wie Feuer. Bloß ein weiterer normaler Arbeitstag.

Stöhnend humpelte Levi aus dem Käfig. Riley hatte sich an die mit Matten präparierte Wand des Studios zurückgezogen und verstaute gerade ihre Kamera.

»Und, was denkst du?« Er verschränkte die Arme über der Brust und lehnte sich gegen die Wand – vermutlich nicht mal ein Fünftel so lässig, wie er gehofft hatte. Sein Gesicht musste grässlich aussehen.

Sie musterte ihn, bevor sie antwortete. »Ich denke, du weißt, was du tust, wenn du im Käfig stehst.«

Er nickte, schniefte und blickte hinüber zum Oktagon. »Ja, ich denke schon.«

Riley zog den Reißverschluss ihrer Tasche zu, schlang sie sich über die Schulter und bedachte ihn mit einem höflichen Lächeln. »Wir sehen uns beim nächsten Training.«

Erst als sie schon ein paar Schritte entfernt war, wurde Levi bewusst, dass sie tatsächlich ging – nach seinem Kampf, wenn seine Pheromone vollkommen durchdrehten. Sie ging einfach davon, als würde er nicht vor Schweiß glänzend, halb nackt und in seiner urtümlichsten, maskulinsten Form dastehen.

Wenn sie darauf nicht reagierte, dann auf gar nichts.

»Wohin gehst du?«, rief er.

Sie blieb stehen und drehte sich um. »Warum? Spielt das eine Rolle?«