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Goethes Briefwechsel mit Johanna Fahlmer, eine Freundin seiner Schwester. Goethe war ein sehr produktiver Briefeschreiber, was sich in diesem Werk ebenfalls widerspiegelt.
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Seitenzahl: 114
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Briefe an Johanna Fahlmer
Johann Wolfgang von Goethe
Inhalt:
Johann Wolfgang von Goethe – Biografie und Bibliografie
Briefe an Johanna Fahlmer
Einleitung
Ueberblick.
Erste Abtheilung. Erste Bekanntschaft. Nach Düsseldorf.
I.
II.
III
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
Zweite Abteilung. In Frankfurt
XII.
XIII.
XIV.
XV.
XVI.
XVII.
XVIII.
XIX.
XX.
XXI.
XXII.
XXIII.
XXIV.
XXV.
XXVI.
XXVII.
XXVIII.
XXIX.
XXX.
XXXI.
XXXII.
XXXIII.
XXXIV.
XXXV.
XXXVI.
XXXVII.
Dritte Abteilung. Weimar.
XXXVIII.
XXXIX.
XL.
XLI.
XLII
XLIII.
XLIV.
XLV.
XLVI.
XLVII.
XLVIII.
XLIX.
L.
LI.
LII.
Anhang.
1. Frau Rath Goethe an ihre Enkelin Henriette.
2. Frau Rath. Stammbuchsblatt für Henriette.
3. Henriette Schlosser an Clärchen von Clermondt über Frau Rath.
4. Henriette Schlosser an Clärchen von Clermondt über Frau Rath.
5. Henriette Schlosser über Goethe's Frau und Sohn.
Briefe an Johanna Fahlmer, J. W. Goethe
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849616588
www.jazzybee-verlag.de
Der größte Dichter deutscher Nation, geb. 28. August 1749 in Frankfurt a. M., starb 22. März 1832 in Weimar.
Die Spuren des Goetheschen Geschlechts weisen bis in die Mitte des 17. Jahrh. und ins sächsisch-thüringische Gebiet zurück (vgl. Düntzer, Goethes Stammbäume, Gotha 1894). Goethes Urgroßvater Hans Christian G. saß als Hufschmied zu Artern an der Unstrut (im Mansfeldischen); dessen Sohn Georg Friedrich, ein tatkräftiger, bewusst vorwärts strebender Mann, ließ sich 1687 in Frankfurt als Schneidermeister nieder und ward infolge seiner zweiten Heirat mit Cornelia Schellhorn, geborenen Walther, Gastwirt im »Weidenhof« (vgl. R. Jung, Georg Friedrich G., in der »Festschrift zu Goethes 150. Geburtstagsfeier, dargebracht vom Freien Deutschen Hochstift«, Frankf. 1899). Seinen jüngeren Sohn, Johann Kaspar (getauft 31. Juli 1710, gest. 27. Mai 1782), ließ er die Rechte studieren, nach der Promotion in Wetzlar und Regensburg seine weitere Ausbildung suchen und nach Italien reisen. Heimgekehrt, bewarb sich Johann Kaspar G. um ein städtisches Amt, wurde aber zurückgewiesen und fasste deshalb den Entschluss, auf jede bürgerliche Anstellung in seiner Vaterstadt zu verzichten. Er wusste sich den Titel eines kaiserlichen Rates zu verschaffen und lebte bei behäbigem Wohlstand in seinem Haus am Frankfurter Hirschgraben (gegenwärtig im Besitz des Freien Deutschen Hochstifts) ehrbar und ernst der Erziehung seiner Kinder und seinen künstlerischen Liebhabereien, erfuhr aber mehr und mehr in kleinlichem Tun die niederdrückenden Einflüsse eines unausgefüllten, berufslosen Daseins (vgl. Felicie Ewart, Goethes Vater, Hamb. 1899). Seine Gattin, Katharina Elisabeth (geb. 19. Febr. 1731, gest. 13. Sept. 1808), die Tochter des hochangesehenen Schultheißen Johann Wolfgang Textor, war 21 Jahre jünger als er und bildete mit ihrer naiven Lebhaftigkeit, ihrer Herzenswärme und unerschütterlichen Frische der Phantasie einen auffälligen Gegensatz zu seiner schwerfälligen Strenge. Sie, die als »Frau Rat« oder als »Frau Aja« (so hieß die Mutter der vier Haimonskinder), des großen Sohnes würdig, fortleben wird im Gedächtnis der Menschen, besaß die wunderbare Gabe, jung und alt durch die Liebenswürdigkeit ihres Herzens und ihre lebhaft-urwüchsige Rede zu fesseln. Die »Briefe von Goethes Mutter an die Herzogin Anna Amalia«, herausgegeben von Burkhardt (»Schriften der Goethe-Gesellschaft«, Bd. 1, Weim. 1885), verraten ihre unbefangene Herzlichkeit gegenüber dieser verständnisvollen Gönnerin ihres Sohnes. Und als ihr »Hätschelhans« Christiane Vulpius ohne das Band der Ehe zu der seinen machte, war sie, die es hasste, jemand zu »bemoralisieren«, ohne lange Bedenken bereit, der »Tochter« Herz und Haus zu öffnen (vgl. »Briefe von Goethes Mutter an ihren Sohn, Christiane und August v. G.«, in den »Schriften der Goethe-Gesellschaft«, Bd. 4, Weim. 1889; ferner Heinemann, Goethes Mutter, 7. Aufl., Leipz. 1904). Der älteste Sohn von Johann Kaspar und Elisabeth G. war unser Dichter; von mehreren nachgebornen Geschwistern blieb nur die Tochter Cornelia Friederike Christiane (geb. 7. Dez. 1750, seit 1773 mit J. Georg Schlosser vermählt, gest. 8. Juni 1777 in Emmendingen) am Leben; sie, dem Dichter äußerlich wie innerlich unähnlich, stand doch seinem Herzen besonders nahe (vgl. Witkowski, Cornelia, die Schwester Goethes, Frankf. 1902).
Die ersten Jugendeindrücke Goethes trugen viel dazu bei, seine Phantasie anzuregen und seine geistigen Anlagen zu fördern; die Naturbilder der schönen Umgebung, die historischen Erinnerungen der verkehrsreichen Vaterstadt, vor allem aber die Ereignisse des Siebenjährigen Krieges beschäftigten den jugendlichen Geist, und als vollends im Januar 1759 die verräterisch den Franzosen übergebene Stadt unmittelbar in die Kriegsunruhen hineingezogen und jahrelangen Einquartierungen überliefert wurde, fehlte es nicht an mannigfaltigen Schauspielen, die das Kindergemüt bewegten. Im Hause von Goethes Vater war der »Königsleutnant« Graf Thoranc (G. schreibt in »Dichtung und Wahrheit« irrtümlich Thorane) untergebracht, der die höchste Polizeigewalt bei Streitigkeiten zwischen Militär und Zivil besaß (vgl. Schubart, François de Théas Comte de Thoranc, Goethes Königsleutnant, »Dichtung und Wahrheit«, 3. Buch, Münch. 1896; Grotefend, Der Königsleutnant Graf Thoranc in Frankfurt, Frankf. 1904). Reibereien und heftige Auftritte zwischen Thoranc und dem Rat G., vielfache Störungen des Unterrichts, den teils Goethes Vater selbst, teils Privatlehrer erteilten, vermehrten die Unruhe des jugendlichen Geistes. Sein Interesse für Kunst wurde durch die von Thoranc wie von dem Rat G. im Hause beschäftigten Frankfurter und Darmstädter Maler genährt; seine Liebhaberei für Drama und Bühne durch häufigen Besuch des französischen Theaters fast zu früh angeregt. Der vielseitige Unterricht war auf Realien und formale Fertigkeiten gerichtet und nicht einwandfrei, wurde aber trotz zersplitternder Reichhaltigkeit mit überraschender Leichtigkeit bewältigt. Der frühreife Geist übte sich in mannigfaltigen poetischen Versuchen, von denen uns jedoch nur spärliche und nicht viel besagende Reste erhalten sind. Das leidenschaftliche Gemüt des Fünfzehnjährigen wurde durch die Liebe zu »Gretchen« tief erregt, über die wir jedoch nur die poetisch ausgeschmückte Darstellung in »Dichtung und Wahrheit« kennen. Die peinliche Verbindung mit zweifelhaften Jünglingen geringeren Standes, die wegen bedenklicher Handlungen in gerichtliche Untersuchung gezogen wurden, vermehrte den verworrenen Zustand des Jünglings, der infolgedessen auch von den Festlichkeiten bei der Krönung Josephs II. nur schattenhafte Eindrücke gewann.
Auf der Universität Leipzig, die G. im Oktober 1765 als Student der Rechte bezog (er nahm seine Wohnung in dem Hause »Zur Feuerkugel« zwischen der jetzigen Universitätsstraße und dem Neumarkt), wurden diese Zustände leidenschaftlicher Verwirrung im ganzen nur noch gesteigert. Die Stadt machte auf ihn einen bedeutenden Eindruck, die Universität weniger. Gellert war von hypochondrischer Schwäche schon allzu sehr niedergedrückt, um dauernd und tief wirken zu können; der Betrieb der philosophischen Lehren war ungefähr derart, wie ihn Mephisto im »Faust« beschreibt, die verknöcherte Juristerei nicht besser. Der literarische Geschmack in Leipzig stand jedoch verhältnismäßig hoch: in solchem Kreise sah der Dichter ein, dass seine bisherigen Versuche nichts wert seien; er warf den größten Teil seiner Papiere ins Feuer und beherzigte fortan den Grundsatz, nur Selbsterlebtes und dieses in möglichst knapper Form zu gestalten. Freilich blieb er auch jetzt noch in konventionellen Gefühlen befangen. Sein Verkehr war nicht durchaus förderlich für ihn: an erster Stelle zu nennen ist hier der elf Jahre ältere Behrisch (s. d.), ein drolliger Pedant, kenntnisreich, aber in zweckloser Tätigkeit seine Kraft vergeudend und zu albernem Widerspruch allzu sehr geneigt; anregender waren die Stunden im Hause des Buchhändlers Breitkopf, vor allem aber die bei Adam Friedrich Oeser, dem tüchtigen Maler und Direktor der Zeichenakademie; bei ihm nahm G. Unterricht und gewann durch ihn, den Freund und Anhänger Winckelmanns, Einsicht in wahrhaft leben weckende Kunstanschauungen. Doch war sein Geschmack nicht einseitig der Antike zugewendet; bei einem Besuch in Dresden (1767) gewann der junge Dichter nicht minder tiefe Eindrücke durch die in der dortigen Galerie reich vertretenen niederländischen Maler, die doch einem ganz andern Kunstideal gehuldigt hatten. Die heißblütige Natur des Dichters verriet sich in seiner Liebe zu Käthchen Schönkopf, der anmutigen filia hospitalis auf dem Brühl, die sich aber schließlich dem eifersüchtigen Ungestüm des drängenden Jünglings entzog, und die bald nach Goethes Wegzug von Leipzig einem andern, dem Dr. Kanne, Herz und Hand schenkte. Durch das ungeregelte Leben der Leipziger Jahre zog sich der junge Dichter eine schwere Erschütterung seiner Gesundheit zu, die sich durch einen Blutsturz und andre Leiden verriet. Sein poetisches Talent war jedoch gewachsen: es gelangen ihm eine Reihe ansprechender lyrischer Gedichte, die freilich zumeist noch im Geiste der herrschenden Anakreontik gehalten waren (vgl. Strack, Goethes Leipziger Liederbuch, Gießen 1893). Die Erfahrungen mit Käthchen Schönkopf verwertete er für das an Gellert sich anschließende Schäferspiel »Die Laune des Verliebten«, und Zustände des Frankfurter Bürgerlebens spiegeln sich in der (zuerst einaktigen) Komödie »Die Mitschuldigen«, die auch in Leipzig bereits z. T. ausgeführt wurde. Aber als ein Schiffbrüchiger verließ G. im August 1768 die Stadt an der Pleiße, und der nach Frankfurt Heimgekehrte, von den Eltern mit Sorge und Beklommenheit begrüßt, kränkelte noch während des ganzen Jahres 1769. In dieser Zeit gewann er bedeutende Anregungen durch Fräulein Susanne v. Klettenberg, die tieffühlende pietistische Freundin seiner Mutter, deren hinterlassene Papiere er später im 6. Buche von »Wilhelm Meisters Lehrjahren« für die »Bekenntnisse einer schönen Seele« verwertete.
Im Frühling 1770 bezog G. die Universität Straßburg, wo er seine Studien im August 1771 zum Abschluss brachte. Anregender Verkehr mit dem Aktuar Salzmann, dem Senior des Mittagstisches, zu dem G. gehörte, u.a., vor allem aber mit Herder, der als Reisebegleiter des Prinzen von Holstein-Eutin nach Straßburg gekommen war und sich hier einer langwierigen Augenoperation unterzog, gab diesem Straßburger Aufenthalt für Goethes innere Entwickelung entscheidende Bedeutung. Herder erschloss dem jungen Dichter das Verständnis für die Volkspoesie aller Zeiten; er betrachtete die Dichtung als eine Völkergabe, die unter jedem Himmelsstrich und zu jeder Zeit gedeihen könne und insbes. von gelehrter Bildung unabhängig sei; er verstand es, feinfühlend die innersten Geheimnisse der Dichtungen klarzulegen, und er wusste ebenso sehr die Poesie des Alten Testaments wie diejenige Homers, Shakespeares oder Ossians, vor allem aber diejenige des Volksliedes aller Zeiten zu verdeutlichen. Diese Lehren Herders waren epochemachend für Goethes Geist, und die raue ostpreußische Art und der überlegene Spott Herders trugen vollends dazu bei, das Gemüt des jungen Dichters aufzurühren. Er fand sich selbst, und er lernte an den Grenzen Frankreichs deutsche Art und deutsche Kunst inniger begreifen als in dem galanten französierenden Leipzig. Dazu kam die erste, sein Gemüt vertiefende Liebe, die Liebe zu Friederike Brion (s. d.), der Tochter des Pfarrers in Sesenheim, eine Liebe, deren beseligende Kraft sich in mehreren Gedichten (»Kleine Blumen, kleine Blätter«, »Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferd«) wundervoll offenbart. Aber ein Vorgefühl von der Kürze und Vergänglichkeit dieses Glückes trübte die letzten Tage dieser Straßburger Zeit; äußern und inneren Rücksichten folgend, löste G. von Frankfurt aus, wohin er im August 1771 als Lizentiat der Rechte zurückkehrte, das einer Verlobung gleichkommende Liebesverhältnis wieder auf, nicht ohne selbst unter dem Treubruch auf das tiefste zu leiden.
Die nächsten vier Jahre in Frankfurt und Wetzlar sind die ertragreichsten und bedeutendsten in Goethes Leben. Er wurde 28. Aug. 1771 zur Advokatur zugelassen, hatte aber nur wenig zu tun und wurde in dem Wenigen überdies von dem Vater unterstützt. Fast ganz konnte er seine Kraft der Dichtung widmen: vom Oktober bis Dezember 1771 gelang ihm die erste Niederschrift des »Götz von Berlichingen«, den er dann 1773 vollständig umarbeitete und in dieser Fassung veröffentlichte. Dem Shakespeareschen Historienstil folgend, hatte der Dichter hier ein echt deutsches Kulturgemälde von überraschender Lebenswahrheit und Lebensfülle entworfen, ein aller Regeln spottendes Werk von entzückender Frische, durch das eine neue Epoche der deutschen Dichtung eingeleitet wurde (vgl. Minor und Sauer, Studien zur G.-Philologie, Wien 1880; Weißenfels, G. im Sturm und Drang, Halle 1894, Bd. 1).