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Was Sie jetzt tun müssen, um Ihr Geschäft zukunftssicher zu machen - Der Masterplan für die Zukunft Ihres Business′ vom führenden Experten zum Thema ZukunftsmanagementWir leben in einer Zeit, in der nichts mehr voraussagbar und kein Unternehmen oder Job mehr sicher ist. Viele Unternehmen, gerade im Mittelstand, blicken voller Sorge in die Zukunft, denn sie drohen mehr denn je gegenüber China, den USA und den disruptiven Startups zurückzufallen. Wir entwickeln fleißig Innovationen und melden Patente an, doch die Umsetzung und der Umsatz finden woanders statt. Es gibt Millionen von Ratgebern, die den Weg zum unternehmerischen Erfolg beschreiben. Doch was genau ist dieser Erfolg? Was zeichnet ein zukunftssicheres Unternehmen konkret aus? Darüber schweigen die Berater und Autoren erstaunlicherweise. Pero Mićić, Experte für Zukunftsmärkte und Strategie und seit über 35 Jahren Unternehmer teilt mit Ihnen seinen Masterplan für Zukunftssicherheit. Er beschreibt anhand zahlreicher Praxisfälle, was ein zukunftssicheres Unternehmen ausmacht. Schaffen Sie Ihr "Bright Future Business". Nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern möglichst schnell. Damit Sie erstens schützen, was Sie erreicht haben und zweitens sicherstellen, dass Ihr Unternehmen eine glänzende Zukunft vor sich hat. So ziehen Sie die besten Mitarbeiter an, die gerne und engagiert an Ihrer glänzenden Zukunft mitarbeiten. Gute Kunden werden sehr gerne und zu guten Preisen von Ihnen kaufen. Und Investoren werden sich darum streiten, in die Zukunft Ihres Unternehmens investieren zu dürfen. Ob Sie fünf, 250 oder tausende Mitarbeiter führen, Solo-Unternehmer, Inhaber oder Geschäftsführer eines Mittelständlers sind: In diesem Buch erfahren Sie, was Sie heute tun müssen, um die Zukunft Ihres Unternehmens zu sichern. Auf der Website zum Buch liefert Pero Mićić regelmäßig Ergänzungen zum Masterplan.
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Pero Mićić
So machen Sie Ihr Unternehmenjetzt zukunftssicher
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© 2022 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2022 erschienenen Buchtitel »Bright Future Business.
So machen Sie Ihr Unternehmen jetzt zukunftssicher« von Pero Micic © 2022
GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-109-1
ISBN epub: 978-3-96740-202-5
Lektorat: Susanne von Ahn, Hasloh
Umschlaggestaltung: total italic (Thierry Wijnberg), Amsterdam / Berlin Umschlagbild und Grafiken: Helen Penava, Hi&Lo GmbH | www.hilo-agency.de Autorenfoto: FutureManagementGroup AG
Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de
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1. Zukunftsfreude gegen Zukunftsangst
1.1.Have A Bright Future!
1.2.Für die nächste Generation
1.3.Zum Scheitern verurteilt?
1.4.Gesellschaft am Scheideweg
1.5.Gute Zukunft in Sicht
1.6.Homo präsens in der Kurzfrist-Falle
1.7.Keine Zeit für Zukunft
1.8.Zukunftsfreude
1.9.Die wichtigste Unternehmer-Aufgabe
1.10. Die zweitwichtigste Unternehmer-Aufgabe
1.11. Und jetzt?
2. Bright Future Business?
2.1.Ihr Zukunftsbild leicht gemacht
2.2.Bright Future Business oder No Future Business?
2.3.Das Musterbild eines Bright Future Business
2.4.Die Eigenschaften eines Bright Future Business
3. Sie verbessern nachhaltig die Lebensqualität vieler Menschen
3.1.Die nachhaltige Transformation von Energie und Transport
3.2.Gestalten Sie eine glänzende Zukunft mit
3.3.Bestimmen Sie Ihre motivierende Mission
3.4.So verbessern Unternehmen weltweit die Lebensqualität
3.5.Ihr gesellschaftlicher Beitrag zur Lebensqualität
4. Sie arbeiten an großen, realisierbaren Zukunftschancen
4.1.Auf dem Weg zum größten Unternehmen der Welt?
4.2.Große Zukunftschancen für den Mittelstand
4.3.Ihre Zukunftschancen sind schon da
4.4.Das Trend-System für Zukunftschancen
4.5.Trend-Szenarien: Das kommt auf Sie zu
5. Viele Kunden kaufen gerne, viel und zu rentablen Preisen
5.1.Kunden wollen Teil der Zukunft sein
5.2.Jenseits von Marketing und Vertrieb
5.3.Hohe Anziehungskraft schaffen
5.4.Gesellschaftlicher Beitrag lohnt sich zweifach
5.5.Strategien für hohe Anziehungskraft
6. Exzellente Mitarbeiter kommen, bleiben und engagieren sich gerne
6.1.Mithelfen, die Welt zu retten
6.2.Perks – Unternehmen als Erwachsenentagesstätten?
6.3.Die zukünftige Arbeitswelt
6.4.Ihr Zukunftsbild hält alles zusammen
6.5.Unternehmen mit Anziehungskraft
6.6.100 Jahre vorausdenken?
6.7.Exzellente Mitarbeiter
6.8.Und was ist mit Kultur?
7. Ihre Produktivität ist an der Spitze der Branche
7.1.Vielfach produktiver und schneller
7.2.Die Bedeutung der Produktivität
7.3.Einfach ist schwierig, aber entscheidend
7.4.Zukunftsbild macht produktiver
7.5.Kultur und Organisation für Produktivität
7.6.Wie Technologien produktiver machen
7.7.Jeder Mitarbeiter hat sein Zukunftsbild
8. Ihre Wettbewerber haben es schwer, Sie zu kopieren
8.1.Vorerst uneinholbar
8.2.Mehrere Eigenschaften schützen vor Wettbewerbern
8.3.Einzigartige Positionierung gegenüber den Kunden
8.4.Positionierung mit synergistischer Wertschöpfung
8.5.Positionierung mit Schlüsselressourcen
8.6.Chancen für kleine Unternehmen
9. Sie sind gegen technisch-strategische Disruptionen abgesichert
9.1.Jedes Unternehmen kann disruptiert werden
9.2.Wirklich abgesichert?
9.3.So passieren Disruptionen
9.4.Wofür zahlen Ihre Kunden wirklich?
9.5.Freude an Selbstdisruption
9.6.Woher kommen Disruptionen?
9.7.Flexibilität ersetzt Voraussicht
9.8.Business Wargaming: Lassen Sie sich angreifen
10. Ihr Unternehmen ist eine Freude für die Anteilseigner
10.1. Das wertvollste Unternehmen der Erde?
10.2. Ihr zukunftssicheres Bright Future Business
10.3. Freude am Unternehmen
11. Und jetzt?
11.1. So nutzen Sie das Modell »Bright Future Business«
11.2. Website zu diesem Buch
11.3. Einladung zur Gemeinschaft der »Bright Future Leaders«
Anmerkungen
Über den Autor
Have a bright future! Mögen Sie eine glänzende Zukunft haben! Mit diesem Gruß und Wunsch habe ich seit den 1990er-Jahren viele meiner Mails, Publikationen und Vorträge beendet. Wir alle kennen dieses Gefühl der Vorfreude auf die Zukunft. Ob es die Freude auf einen schulischen oder beruflichen Abschluss ist, den kommenden Urlaub, das Abitur der Tochter, die neue Wohnung, den neuen Job oder das neue Unternehmen. Wie geht es Menschen, die sich auf etwas in der Zukunft Liegendes freuen? Es geht ihnen gut. Sie leisten mehr, sie sind glücklicher, gesünder und sie leben sogar länger. Sie entscheiden zukunftsintelligenter. Und sie sind in ihrem Verhalten angenehmer für ihre Mitmenschen. Jeder Mensch hat das Recht, immer eine positive Zukunft vor sich zu sehen. Mit Zukunftsfreude überwinden Sie Zukunftsangst. Und Sie können sich selbst, Ihre Familie, Ihr Team und Ihr Unternehmen mit minimalem Aufwand deutlich stärker und erfolgreicher machen.
In diesem Buch will ich mit Ihnen eine gemeinsame Erkenntnisreise machen. Hin zum Kern des Unternehmertums. Zu wirksamer Führung durch mehr Zukunftsintelligenz, zu mehr Erfolg, Sicherheit und Freude – zu einer glänzenden Zukunft.
»Ich bin als Unternehmer der Treuhänder für die nächste Generation.« So sagt es Johannes Winklhofer, Familienunternehmer und Vorstand der iwis SE & Co. KG mit Hauptsitz in München1. Iwis hat weltweit rund 3.000 Mitarbeiter und ist unter der Führung von Johannes Winklhofer um ein Vielfaches erfolgreich gewachsen. Wir haben 2009 erstmals für neue Geschäftsfelder zusammengearbeitet.
Johannes Winklhofer hat wie kaum ein anderer mir bekannter Unternehmer bewiesen, dass Kontinuität und Innovation sich nicht ausschließen. Im Gegenteil. Als er im Jahr 1999 das Unternehmen von seinem Vater übernahm, machte es rund 80 Millionen Euro Jahresumsatz. Es wurden nur Kunden im Umkreis von 200 Kilometern bedient. Bis 2022 ist das Unternehmen auf 740 Millionen Euro Umsatz gewachsen und hat eigene produzierende Standorte in den USA und China. »Megatrends, darum musst du dich selbst kümmern«, empfiehlt Winklhofer jedem Unternehmer. Dass die Elektromobilität kommt, war ihm schon 2002 klar. Lange vor dem Rest der Automobil-Manager hat er die Signale erkannt. Nur wann und wie schnell diese Transformation kommen würde, war noch offen. Als er das Ruder übernahm, hingen 85 Prozent des Umsatzes von Teilen für Verbrennungsantriebe ab. Heute sind es nur noch 30 Prozent. Iwis verdiente damals gutes Geld mit Steuertrieben, den Ketten, die die Kurbel- und Nockenwelle wie auch die Ventile eines Verbrennungsmotors im Gleichtakt halten. Gegen heftige Widerstände aus Familie und Belegschaft brach er zu neuen Horizonten auf und erschloss für iwis neue Geschäftsfelder. Aus seinem Zukunftsbild bezog er seine innere Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Er war sicher, dass er das angestammte Geschäft infrage stellen und Alternativen dafür schaffen musste, bevor es technologisch disruptiert und iwis daran scheitern würde. Mittlerweile wird die Entwicklung von iwis von mehreren Trends getragen. Iwis hat neue Geschäftsfelder in der Ernährungsindustrie, der Logistik und folgerichtig auch in intelligenter Mobilität erschlossen. Johannes Winklhofer ist sicher: »Diejenigen Unternehmen sind zukunftssicher, die die frühen schwachen Signale am Markt erkennen und verstehen und ihr Geschäft daraufhin weiterentwickeln.«
Johannes Winklhofer führt sein Unternehmen mit einem Zeithorizont von dreißig Jahren. Kontinuität ist ein entscheidender Faktor für Zukunftsorientierung. Denn wem bewusst ist, dass er die Folgen seiner heutigen Entscheidungen mit höchster Wahrscheinlichkeit auch selbst genießen oder ausbaden muss, wird im Hier und Jetzt zukunftsintelligent denken, entscheiden und handeln. Solche Leader haben »Skin in the Game«, wie man im Englischen sagt. Sie setzen ihre eigene Haut aufs Spiel. In Familienunternehmen ist die Zukunftsorientierung praktisch per Definition eingebaut. Denn die Zukunft des Unternehmens sitzt meist morgens mit am Frühstückstisch. Die Zukunft ist in Gestalt der nächsten Generation von Töchtern, Söhnen und Neffen immer personifiziert präsent.
Im Gesellschaftsvertrag von iwis und der Familienverfassung der Winklhofers ist festgelegt, dass jede Generation Treuhänder für die nächste Generation ist. Das Unternehmen darf nicht verkauft werden. Erst ab einer Eigenkapitalquote von 65 Prozent dürfen Gewinne ausgeschüttet werden. »Als Unternehmer weiß ich natürlich, wie ich eine Eigenkapitalquote von 65 Prozent verhindern kann«, sagt Winklhofer mit einem Augenzwinkern.
Ob iwis zukunftssicher ist, habe ich Johannes Winklhofer gefragt. Wenn er iwis an die nächste Generation übergibt, wird iwis ein zukunftssicheres Unternehmen sein, sagt er. Aber Zukunftssicherheit ist kein dauerhafter Zustand. Man muss sie sich praktisch täglich neu erarbeiten. »Wir haben den Ersten und den Zweiten Weltkrieg überstanden, die Kriege in Vietnam und Korea, die Ölkrise, die Finanzkrise, Corona und jetzt auch noch Putin. Wir sind auf entscheidende Megatrends ausgerichtet. Wir haben eine klare Mission und Vision. Wir verbessern das Leben vieler Menschen, beispielsweise in der Ernährungsindustrie. Und wir haben gelernt, schnell zu entscheiden und agil umzusetzen«, resümiert Winklhofer die Situation von iwis.
Unternehmer2 wie Johannes Winklhofer mit iwis motivieren mein Team und mich immer wieder aufs Neue. Sie beweisen in der harten Wirklichkeit der Wirtschaft, dass Zukunftsmanagement heute der zentrale Erfolgsfaktor ist. Der bewusste Umgang mit den Zukunftsgedanken der Unternehmer und aller Mitarbeiter im Unternehmen hilft, Bedrohungen zu erkennen, solange sie noch klein sind, und Chancen frühzeitig zu identifizieren, wenn sie noch groß sind.
Die Zukunftsannahmen muss ein Unternehmen immer wieder prüfen und anpassen. Es muss sich eine motivierende und robuste Mission als Existenzberechtigung geben. Mit einer intelligenten Positionierung lässt es sich zu einem einzigartigen Anbieter machen und mit dem Team eine anziehende Vision verfolgen. Oder kurz:
Es gilt, das Team und das Unternehmen mit Zukunftsintelligenz in eine glänzende Zukunft zu führen.
Gibt es überhaupt berechtigte Hoffnung, dass die Zukunft der Menschheit gut oder gar glänzend wird? Oder haben die Zukunftszyniker recht, die in allen Fortschritten nur verdeckte Rückschritte sehen?
In den vergangenen Jahrzehnten haben wir als Menschheit enorme Fortschritte erzielt. Wir haben den Hunger halbiert, Krankheiten ausgerottet, Unfalltote und Opfer von Gewaltverbrechen reduziert. Man könnte sagen, dass früher fast alles schlechter war. Also alles gut? Leider nein. Unsere gute Zukunft ist bei Weitem nicht garantiert. Wir sind noch lange nicht in der Lage, den Gesamtausstoß an klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid und dem 25-mal schädlicheren Methan wirksam zu reduzieren. Wir haben unseren Beitrag zum Klimawandel nicht im Griff und laufen Gefahr, dass viele Regionen der Erde durch Hitze und steigende Meeresspiegel unbewohnbar werden. Hunderte Millionen Menschen werden aus ihrer Heimat flüchten müssen und natürlich selten in Scharen willkommen sein. Dramatische Probleme und tödliche Konflikte werden die Folge sein.
Die verfügbare landwirtschaftliche Fläche wird nach heutigen Maßstäben stark schrumpfen. Sie hat heute schon ein Maximum erreicht. Die stark gesteigerten Ernteerträge haben wir teilweise mit hoher Bodenbelastung erkauft. Wir konnten zwar den Hunger halbieren, aber Armut, Hunger und Durst gibt es immer noch. Und drei Milliarden Menschen können sich keine gesunde Ernährung leisten.
Wir holzen die Wälder weiter ab, wenn auch in geringerem Tempo. Ständig verkleinern wir die Lunge der Erde und machen unsere Emissionen noch schädlicher. Kunststoffabfälle in den Ozeanen haben ein unvorstellbares Ausmaß angenommen.
Unser Finanz- und Währungssystem ist instabil. Es gibt Schuldenberge, die niemals mehr beglichen werden können. Schulden, die praktisch nur durch Inflation in realem Wert abgebaut werden können. Zwar wächst der Wohlstand weltweit, jedoch hatten Hunderte Millionen Arbeitnehmer mit geringen und mittleren Qualifikationen in sehr vielen Ländern seit Jahrzehnten keinen Zuwachs an realem Einkommen, während die Einkommen aus Kapitalvermögen exponentiell zunahmen.
Die sozialen Medien, allen voran Facebook, Twitter, Youtube und Telegram, haben das Gegenteil von dem bewirkt, was man zu Beginn von ihnen erwartet hatte. Wir hofften, dass die Vielfalt der Perspektiven und Meinungen zu einem besseren Verständnis der Welt und somit zu mehr Objektivität führen würde. Tatsächlich führten die sozialen Medien zu einem ungekannten Maß an unabsichtlicher Fehlinformation und gezielter Falschinformation, darauf aufbauend zu einer Flut von Verschwörungsideologien wie dem absurden QAnon-Kult. Ohne Facebook hätte es vermutlich keinen Brexit und keinen Präsidenten Donald Trump gegeben. Russische und andere Akteure haben es darauf abgesehen, die demokratischen Gesellschaften durch soziale Konflikte zu schwächen3. Die menschliche Psyche ist offensichtlich sehr anfällig dafür, in die Irre geführt zu werden. Wir entscheiden uns emotional für eine Sicht auf die Welt und suchen und finden dann die »Informationen«, die unsere Meinung bestätigen. – Und sortieren aus, was unserer Weltsicht widerspricht. Das bringt manche Mitmenschen dazu, allen Ernstes zu glauben, dass Hunderte Regierungen weltweit sich bis ins Detail abgesprochen haben, um die Menschheit zu unterdrücken, Bevölkerungen auszutauschen oder gar gleich zu dezimieren. Und das, wo sich noch nicht einmal ein Dutzend Minister einer einzigen Regierung auf eine gemeinsame Linie einigen können. Wir leben in einer postfaktischen Zeit.
Viel Vertrauen ist verloren gegangen. Das Vertrauen in Regierungen ist über Jahrzehnte gesunken. Das Vertrauen in Mitmenschen ebenso, vor allem in den letzten zwanzig Jahren.
Eines meiner Prinzipien ist, dem anderen zunächst immer positive Absichten zu unterstellen. Danach gefragt, kann sich kaum ein Mensch erinnern, wann er zum letzten Mal etwas aus wirklich böser Absicht getan hat. Aber dennoch werden den Mitmenschen und vorzugsweise den Politikern und Managern in jeder Handlung schlechte Absichten zugetraut. Über Jahrhunderte nahm der Anteil der einigermaßen demokratisch regierten Menschen auf der Erde immer weiter zu. Seit einigen Jahren hat sich dieser Trend umgekehrt. Nicht nur haben Autokraten und Diktatoren wieder mehr Macht an sich gerissen, es passiert sogar das lange Unvorstellbare: Ein wachsender Teil der Menschen wünscht sich und wählt wieder autoritäre Führer. Selbst dann, wenn ihre massiven charakterlichen Defizite so offensichtlich sind wie bei Donald Trump. Manchen ist alles recht, nur um das Establishment oder den vermeintlichen »Deep State« zu zerstören.
Schon diese wenigen Beispiele machen offensichtlich, wie zahlreich und groß die ökologischen, ökonomischen und sozialen Probleme weltweit sind. Kein Wunder, dass mich manche Menschen ungläubig bis mitleidig ansehen, wenn ich ihnen »Have a bright future!« zurufe. Was macht mich trotz allem vorsichtig optimistisch?
Wie soll eine zerstrittene, ideologisch polarisierte Menschheit all diese Probleme lösen? Es gibt doch Gründe dafür, dass bisher noch alle großen Kulturen seit Uruk irgendwann zusammengebrochen sind. Einer der entscheidenden Gründe war, dass man versuchte, das bestehende System mit »mehr vom Gleichen« zu bewahren. Die Zivilisationen haben sich über die gesamte Geschichte nicht damit hervorgetan, dass sie schnell genug umlernen, neu denken und neu gestalten konnten. Sind unsere vielen selbst gemachten Krisen somit die Vorboten des unvermeidlichen Niedergangs? Haben wir den Höhepunkt unserer Zivilisation gesehen? Wird ab jetzt die Welt nur noch schlechter?
Wir können leider nicht ausschließen, dass wir scheitern. Wenn wir in die Geschichte schauen, stehen die Chancen schlecht, dass ausgerechnet wir es besser machen als die früheren Kulturen. Es ist in unserer Geschichte ja leider eher der Regelfall als die Ausnahme, dass Zivilisationen ihren Höhepunkt erreichen und dann niedergehen. Sie scheitern, weil sie sich nicht schnell genug an neue Verhältnisse anpassen können. Oder nicht wollen, so unglaublich das auch ist. Eine erschreckende Wahrheit. Denn die Verhältnisse um uns herum haben sich noch nie so schnell verändert wie heute und in nächster Zukunft. Zukunftsintelligenz war noch nie lebensnotwendiger.
Es wird ein immenser Aufwand betrieben, um den Wandel zum Neuen aufzuhalten und das Bestehende zu retten.
Immer glaubt die Mehrheit der Menschen, dass sie heute in der besten aller möglichen Welten leben und dass alles, was da Neues und anderes kommt, ihre Welt schlimmer macht. Jede Generation glaubte das, wenn sie nicht gerade in Zeiten großer Not lebte. Diese Sehnsucht nach Stabilität ist rational betrachtet irrational. Wer glaubt ernsthaft, dass wir heute in der besten aller möglichen Welten angekommen sind? Dass wir ab jetzt nur noch bewahren müssen?
Wie die Maschinenstürmer des frühen neunzehnten Jahrhunderts können wir uns die Berufe und Jobs der Zukunft nicht vorstellen. Ihre Lösung war die Zerstörung der fortschrittlichen Webstühle und Fabriken. Und so versuchen auch heute noch viele Menschen, die Gegenwart zu bewahren und das Neue zu verhindern. Es ist nicht auszuschließen, dass die Maschinenstürmer in einer neuen Form wiederkommen und Gewalt anwenden.
Fossile Energien werden immer noch mit unglaublichen 5.900 Milliarden US-Dollar jährlich subventioniert4. Wozu? Die europäische Landwirtschaft wird mit der Folge subventioniert, dass Agrarprodukte aus Entwicklungsländern keine Chance haben. Nicht nur die Regierungen betreiben »mehr vom Gleichen«. Unternehmen aus der Erdölindustrie und der traditionellen Automobilindustrie haben mehr als zwei Jahrzehnte lang regelrechte Desinformationskampagnen gegen die Elektromobilität durchgeführt oder zumindest unterstützt. Das Ergebnis ist, dass sich in weiten Teilen der Bevölkerung auch heute noch hanebüchene Mythen und Fehlannahmen darüber halten. So etwa, dass die Akkus nach wenigen Jahren schon giftiger Elektroschrott sind, der nur noch entsorgt werden kann. Und dass ein Elektroauto weit über 100.000 Kilometer fahren muss, um weniger Kohlendioxid auszustoßen als ein Diesel. Beides ist natürlich weit entfernt von der Wirklichkeit. Es ist erschreckend, wie viel dafür getan wird, dass das Alte fortbesteht, selbst wenn es die Lebensqualität der Menschen eindeutig belastet statt fördert. Das Geld und die Zeit, die wir in die Erhaltung überkommener, veralteter und schädlicher Systeme und Geschäfte investieren, sind langfristig falsch angelegt. Nicht nur sind diese Investments nicht rentabel, wenn wir alle echten Kosten einberechnen: Sie werden uns langfristig sogar massiv schaden.
Krisen bringen die Verhältnisse in Fluss. Sie sind neben all dem Leid auch immer Anlässe und Gelegenheiten zur Verbesserung.
Es gab in der Welt noch nie so viele Chancen, die Lebensqualität der Menschen nachhaltig zu steigern. Sie sind zahlreicher als jemals zuvor in unserer Geschichte, aber sie sind nicht mehr so offensichtlich wie früher.
Die Werkzeuge, mit denen wir die Chancen nutzen können, sind unter anderem die vielen technologisch-methodischen Innovationen. Doch es kommt noch besser. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden wir weitere unvorstellbar wirkungsvolle Technologien, Methoden und Werkzeuge an die Hand bekommen. Sie wirken immer stärker zusammen. Mit diesen Werkzeugen können wir die heutigen und kommenden Probleme der Menschheit lösen und die Zunahme der globalen Lebensqualität aus den jüngsten Jahrzehnten fortsetzen. Aber das passiert nicht von alleine. Das entscheidende Werkzeug ist deshalb Zukunftsintelligenz: die Fähigkeit, aus der Zukunft zu lernen, um im täglichen Tun die für eine gute Zukunft förderlichen Entscheidungen zu treffen und konsequent umzusetzen. Dazu gehört auch, Risiken einzugehen, um Chancen zu verwirklichen. Ohne mehr Zukunftsintelligenz wird das nichts.
Nehmen wir für den Moment an, dass wir es schaffen, die Zunahme der Lebensqualität fortzusetzen. Gehen wir davon aus, dass wir ab jetzt zukunftsintelligenter handeln. Dann sehen wir vor uns eine Zukunft, in der die Lebensqualität aller Menschen auf der Erde immer weiter zunimmt.
Die Lebensqualität ist das Einzige, was ewig weiterwachsen darf und soll.
Wer für eine Begrenzung des Wachstums plädiert, hat eine andere Definition von Wachstum. Es geht selbstverständlich nicht darum, noch mehr zu konsumieren, noch mehr Ressourcen zu verbrauchen und den Stress der Menschen noch weiter zu steigern. Es geht um Wachstum der Lebensqualität für den Einzelnen, der sie am besten für sich selbst definiert. Und es geht um Lebensqualität aus einer globalen Perspektive, in der die Natur geschont oder wiederhergestellt wird, in der alle Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen können und sicher, gesund und lange leben können. Ich sehe nicht, im Gegensatz zu Yuval Harari5 und anderen, dass wir irgendwann zwangsläufig am Wirtschaftswachstum zugrunde gehen werden. Das Wachstum des Besseren ist zwangläufig auch der Niedergang des Schlechteren. Es wächst also niemals alles gleichzeitig und ewig. Ohne den Drang nach persönlichem und unternehmerischem Wachstum würde das Bessere seltener entstehen, wenn überhaupt. Den Menschen die Lust an Fortschritt und Wachstum zu nehmen, wäre ein schwerwiegender Fehler. Zum Glück wird es ohnehin niemandem gelingen.
Nach einem Zeitalter des Überlebens gingen wir in eines der Ausbeutung über. Wir verbrauchen endliche und unwiederbringliche Ressourcen, um unsere Lebenswelt zu betreiben. Das kommende Zeitalter wird eines der Schöpfung sein6. Damit es nicht religiös klingt, nennen wir es lieber Wertschöpfung. Wo und womit schaffen wir diese zunehmende Lebensqualität? Ich nenne nur einige Beispiele aus unzähligen Chancen für eine gute Zukunft mit mehr Lebensqualität:
1. Quellen für Nachrichten und Informationen, in denen Fehl- und Falschinformation kaum eine Chance haben. Quellen, deren Wahrheitsgehalt mit Verfahren gesichert wird, die von einer großen Mehrheit der Menschen mitgestaltet und unterstützt werden. So könnten wir eine neuerliche Phase der Aufklärung und Vernunft beginnen, die alle anderen Lösungen erleichtert.
2. Gesundheitslösungen, die durch Früherkennung, intelligente Diagnostik und immer wirksamere Therapien die Gesundheit der Menschen zu bezahlbaren Preisen bewahren und ihr Leben verlängern. Es ist beispielsweise nicht unrealistisch, dass in zwanzig Jahren niemand mehr an Krebs sterben muss.
3. Eine Wirtschaft, die wie die Natur nach dem Prinzip des Kreislaufs funktioniert, keinen Abfall produziert und die nicht auf Ausbeutung basiert. »Reduce, Reuse, Recycle«, lautet das Motto der Circular Economy.
4. Eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion, die weitaus weniger Ressourcen und landwirtschaftliche Fläche benötigt als heute. Die zudem logistisch so organisiert ist, dass kein Mensch mehr unter Hunger oder Durst leidet.
5. Eine vollständig regenerative Energieversorgung. Dazu braucht es keine Durchbrüche und Wunder. Die Lösung besteht aus Sonne, Wind, Wasserkraft, Stromspeichern und einem intelligenten Energiemanagement.
6. Eine dezentrale Energiegewinnung, die jeden Haushalt und Betrieb wie auch jedes Land gegen Energieinflation, Blackouts und Kriegsfolgen immunisiert.
7. Individuelle Mobilität, die ohne Umweltbelastung und mit wenig Stress von jedem Menschen preiswert genutzt werden kann. Das ist geteilte Mobilität mit weniger Fahrzeugen, aber nicht durch Verbote von Autos, sondern durch hocheffiziente Robotaxis.
8. Technologien und Methoden, mit denen wir Emissionen aller Art minimieren und die bereits ausgestoßenen wieder neutralisieren können.
9. Berufe und Jobs, die Menschen gerne ausüben, mit denen sie einen guten Lebensstandard finanzieren können und für die sie weder ihre Gesundheit noch ihre Würde opfern müssen.
10. Eine solide Altersvorsorge, die nicht auf dem kurzsichtigen Umverteilungsprinzip beruht und deshalb in einer Rentenkatastrophe zu enden droht. Es soll eine Altersvorsorge sein, die Menschen hilft, in produktives Vermögen zu investieren, das sie nach ihrem Ableben der nächsten Generation vererben können.
Das sind keine Szenen aus einem naiven Traum. Das ist fast alles schon mit heute verfügbaren Mitteln realisierbar. Eine ernste Folge all dessen dürfen wir nicht übersehen:
Die nächsten Jahrzehnte werden nicht nur unsere Lebensqualität verbessern, sondern auch eine enorme Transformation unserer Arbeitswelt bringen.
Und das nicht in linearer Form, sodass wir uns langsam umgewöhnen können. Disruptiver Wandel passiert in exponentieller Form von S-Kurven. Erst langsam und lange kaum erkennbar, und dann mit zunehmender Geschwindigkeit, bis eine neue Ära erreicht ist. Viele Innovationen werden Millionen heutiger Berufe verschwinden lassen. Hunderte Millionen Menschen leben von ihrer Arbeit in mittlerweile veralteten Industrien, die unsere Lebensqualität nicht mehr steigern, sondern eher reduzieren. Es ist verständlich, dass die Menschen, die mit diesen Berufen ihren Lebensunterhalt verdienen, keine glühenden Anhänger von Neuerungen sind – obwohl sie langfristig für das Ganze gesehen sinnvoller sind. Solange Innovationen, die unsere Lebensqualität steigern, gleichzeitig auch Menschen erwerbslos machen, wenn auch nur zeitweilig, werden diese Innovationen behindert und verhindert. Es hilft nicht, zu appellieren, dass das kurzsichtig ist und dass solche Innovationen langfristig allen helfen.
Man sagt, dass zwei Drittel der heutigen Schüler in Jobs arbeiten werden, die wir heute noch gar nicht kennen. Eine faszinierende Perspektive. In den 1970er-Jahren sagten die Zukunftsforscher voraus, dass wir nur noch zwanzig Stunden pro Woche arbeiten werden, weil die Computer und Roboter die ganze Arbeit machen werden. In gewisser Weise hatten sie recht. Was damals die Aufgaben der Menschen waren, erledigen heute zum guten Teil Computer, Maschinen und Roboter. Sie haben allerdings nicht berücksichtigt, dass Aufgaben und Jobs entstehen werden, die damals jenseits ihrer Vorstellungskraft lagen. Wie sollten sie sich auch eine User-Interface-Designerin oder einen Drohnen-Disponenten vorstellen?
Trotz aller Automatisierung: Solange Menschen noch Probleme und Wünsche haben, wird uns die Arbeit nicht ausgehen.
Ob all diese Arbeit auch gut bezahlt wird, ist hingegen nicht sicher. Es ist jedenfalls höchste Zeit, die neuen Aufgaben, Jobs und Berufe zu entwickeln und zu schaffen. Langfristig gesehen müssen wir Erwerbsarbeit vermutlich neu denken. Die althergebrachte Form des Einkommenserwerbs nach dem Prinzip »Lebenszeit gegen Geld« werden wir allmählich ablösen müssen. Massenhafte »abhängige Beschäftigung« sollte wirklich nicht unserer Weisheit letzter Schluss gewesen sein. Dafür gibt es drei Ansätze:
1. ein Basis-Einkommen zahlen, möglichst nicht ganz bedingungslos,
2. mehr Menschen zu Selbstständigkeit und Unternehmertum mit mehreren Auftraggebern verhelfen,
3. mehr Menschen an produktivem Vermögen in Form von Unternehmensanteilen beteiligen. Schon Ludwig Erhard forderte das.
Wenn wir uns einigermaßen zukunftsintelligent verhalten, werden die kommenden Jahre und Jahrzehnte im Ganzen gesehen die Lebensqualität der Menschen weltweit deutlich anheben. Wir erleben heute schon den Nutzen neuer Werkzeuge, allen voran der künstlichen Intelligenz, die uns in Bereichen wie Gesundheit, Energie und Verkehr zu neuen, nachhaltigen Lösungen für die größten Probleme der Menschheit bringen werden. Die Zukunft wird dann unvorstellbar gut. Jedenfalls kann sie es werden.
Wir können und müssen im Hier und Jetzt tun und lassen, was für eine gute Zukunft richtig ist. Wir müssen mehr unternehmen. Und wer soll das alles tun? »Die Politik«, wie es oft anonymisierend heißt? Ihnen und mir ist klar, dass die Politik nicht wirklich die Probleme löst. Sie erleichtert oder erschwert die Lösung von Problemen. Wer sie löst, sind unternehmerische Menschen. Ob nun als Unternehmer im konventionellen Sinne oder als angestellte Lebensunternehmer. Zukunftsweisenden Unternehmern kommt also eine Schüsselrolle zu. Meist sind es gerade die Newcomer und Außenseiter, die die neue Ära schaffen. Denn die Etablierten profitieren zu sehr von den alten Verhältnissen, als dass sie viel ändern wollen.
Es könnte alles so positiv und einfach sein. Leider gibt es da ein Problem. Ein riesiges sogar. In unseren Köpfen.
Wir haben die Meere nahezu leergefischt. Warum? Weil wir jetzt viel Fisch haben wollen! Ja, Nachhaltigkeit können wir später immer noch sichern. Praktisch alle Staatshaushalte sind wegen chronisch kurzsichtiger Entscheidungen defizitär. Es wird konsequent mehr ausgegeben als eingenommen. Warum? Weil es sich für die Politiker im Hier und Jetzt gut anfühlt, für Wohltaten beliebt zu sein und wiedergewählt zu werden. Wir können ihnen genau genommen noch nicht einmal einen Vorwurf machen, weil wir es ja selbst sind, die sie wählen, damit sie uns möglichst schnell Gutes tun. Seit den 1960ern werden die Warnungen vor dem Klimawandel immer lauter. Viele aber klammern sich heute noch an die alten Lösungen wie Verbrennungsantriebe und fossil betriebene Heizungen. Warum? Weil wir Angst vor dem Neuen haben, weil wir Vorurteile haben und weil es uns zu anstrengend ist, uns umzugewöhnen. Und das, obwohl wir buchstäblich die Existenz der Menschheit damit gefährden. Menschen finden allerlei schwache Argumente gegen die intelligenteren Lösungen für Energie, Mobilität und Ernährung, nur um ihre Gewohnheiten nicht ändern und das Neue nicht erlernen zu müssen.
Ständig opfern wir unsere gute Zukunft für das Wohlgefühl in der Gegenwart. Wir sind gebaut für ein Leben im Hier und Jetzt. Wir sind Homo präsens.
Warum das so ist? Weil wir aus einer Zeit kommen, in der die Zukunft nicht gezählt hat. Der auf die Gegenwart fokussierte Belohnungsschaltkreis in unseren Köpfen hat uns vor Jahrtausenden gute Dienste geleistet. Was gut für uns war, hat uns angezogen. Was schlecht für uns war, hat uns abgestoßen. Wir konnten auf Autopilot durchs Leben gehen. Und heute? Was gut und richtig für unsere Zukunft ist, ist heute oftmals das Schwierige. Und das heute Angenehme und Leichte kann uns langfristig immensen Schaden zufügen. Die Evolution ist leider zu langsam. Unser Gehirn ist praktisch das gleiche wie vor 20.000 Jahren. Wir haben unsere Welt schneller verändert, als sich die Biochemie in unseren Köpfen hin zu mehr Zukunftsintelligenz entwickeln konnte.
Das menschliche Gehirn ist geprägt durch seine Vergangenheit. Für die langfristige Zukunft hat es nur einen sehr kleinen Teil seiner Kapazität vorgesehen. Wir reisen in eine immer schnellere und komplexere Zukunft, während unsere Aufmerksamkeit auf den Rückspiegel gerichtet ist. Unter dem MRT-Hirnscanner zeigt sich klar, dass wir – einfach gesagt – zwei unterschiedliche neuronale Systeme im Kopf haben: eines für die Zukunft und eines für die Gegenwart. Was wir tatsächlich tun, entscheidet sich überwiegend nach der Stärke unserer Emotionen. Das Fatale daran ist, dass unser Jetzt-Hirn ein emotionaler Riese und unser rationales Zukunfts-Hirn ein emotionaler Zwerg ist. Das ist der Grund dafür, dass der tägliche Kampf in unserem Oberstübchen so einseitig ist. Das ist der Grund, weshalb wir viel zu oft zukunftsdumm handeln.
Das emotionale Jetzt-Ich, das unser oft so zukunftsblindes Handeln erzeugt, wird durch einen extrem stark wirkenden Botenstoff-Cocktail unterstützt. Je nach Art des Vergnügens geben uns Endorphine, Serotonin, Oxytozin und allerlei andere Botenstoffe die schönen Gefühle. Essen, Trinken, Kuscheln, Sex, Sport, Spiele, Drogen, Soaps, Geld, Gewinne, Anerkennung und Macht: Was unserem Gehirn Vergnügen bereitet, das merkt es sich. Jedes Mal wird seine Erinnerung lebhafter und stärker. Es wird süchtig danach. Es wird sogar herrschsüchtig. Denn damit wir unserem Gehirn gehorchen und ihm sein Vergnügen verschaffen, hat es sich das Verlangen ausgedacht und auch dafür einen mächtigen Botenstoff: Dopamin. »Mach das noch mal«, treibt uns unser Gehirn immer wieder zum Wohlgefühl, an das es sich so lebhaft erinnert. Manchmal schreit es uns förmlich an. Vor 20.000 Jahren war das perfekt, wie gesagt.
Doch heute? Essen im Überfluss, Alkohol in beliebigen Mengen, harte Drogen und leicht verfügbare Kredite gab es damals nicht. Disruptive Wettbewerber, die man ganz lange ignorieren kann, bis sie einem in exponentiellem Tempo das Geschäft wegnehmen, gab es auch nicht. Es gab nur die in der Gegenwart sichtbaren Feinde. »Lebe ganz im Hier und Jetzt« hat wunderbar funktioniert. Damals. Heute führt uns genau der gleiche kurzsichtige Belohnungsschaltkreis in unserem Kopf viel zu häufig ins Verderben.
Wenn wir uns in der Welt umschauen und das Verhalten der Menschen betrachten, wird deutlich, dass wir in den letzten Jahrzehnten nicht zukunftsintelligenter geworden sind.
Eher im Gegenteil. Die Menschen verhalten sich im Durchschnitt zukunftsdümmer. Wir können intellektuell und emotional mit der zunehmenden Geschwindigkeit und Komplexität der Welt immer weniger Schritt halten. Es darf uns nicht wundern, dass so viele Zeitgenossen von ihrem Leben und ihrer Arbeit überfordert sind. Dass eine Krise der anderen folgt, macht es nicht leichter. Zukunftsangst herrscht überall. Wer Angst hat, sieht keine glänzende Zukunft. Wer Angst hat, will überleben und wird noch kurzsichtiger – und aggressiver. Oder resigniert. Man kann es den Menschen noch nicht einmal verdenken, dass sie keine Motivation mehr haben, intensiv an die Zukunft zu denken. Die besonders Überforderten finden für alles, was ihnen Angst macht, ganz einfache Erklärungen: Eine globale satanische Elite will die Menschen versklaven oder gleich die ganze Menschheit dezimieren oder zumindest das Volk austauschen. Die Retter sind dann ausgerechnet Trump oder Putin.
Das alles sieht nach einem hoffnungslosen Fall aus. Es scheint extrem schwierig zu sein, eine »Bright Future« zu sehen und danach zu handeln. Sind unsere Staaten, Organisationen und Unternehmen somit zum Scheitern und die Menschheit zum Aussterben verdammt?
Seit über dreißig Jahren bin ich nun mit meiner Mission unterwegs: Unternehmer und Führungskräfte zu inspirieren und auszurüsten, damit sie eine glänzende Zukunft ihres Geschäfts denken, schaffen und sichern können. Wir waren damals das erste private Zukunftsmanagement-Unternehmen im deutschen Sprachraum.
Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, wie wenig präsent die Zukunft damals im Jahr 1991 war. Es gab in dieser Zeit im Vergleich zu heute so gut wie keine Bilder von der Zukunft. Zukunft war fast immer nur Text. Sie blieb weitgehend unsichtbar. Heute weiß man nicht mehr, wo man vor lauter Zukunft zuerst hinschauen soll. Alles so schön bunt hier. Die Herausforderung ist jetzt, sich in dieser Flut an Zukunft zurechtzufinden.
Doch es gibt auch eine dunkle und schwierige Seite unserer Arbeit im Zukunftsmanagement. Sie kennen sie schon. Wieder ist es der Homo präsens im Menschen. Es ist die Kurzfrist-Falle, in der Unternehmer, Führungskräfte und im Prinzip alle Menschen so oft feststecken. Oder anders formuliert:
Die Zukunft ist dem menschlichen Gehirn im Zweifelsfall nahezu gleichgültig. Sie muss warten.
Zukunft ist wichtig, ja, das stimmt schon. Aber warten wir mal ab, bis das SAP-Projekt durch ist. Bis wir die Post-Merger-Integration hinter uns haben. Bis wir den Vertrieb neu aufgestellt haben. Bis wir das Loch im Auftragseingang gestopft haben. Bis die Lieferketten wieder funktionieren. Wir müssen jetzt wirklich hart rudern. Ob wir auf dem richtigen Kurs sind, darüber können wir auch morgen noch philosophieren. Dabei haben wir einen Großteil unserer heutigen Probleme nur deshalb, weil wir in der Vergangenheit zu wenig aus der Zukunft gelernt haben.
Sie können es vermutlich schon nicht mehr hören: Nicht im Unternehmen, sondern am Unternehmen arbeiten sollst du als Unternehmer. Von wegen. Das Tagesgeschäft frisst einen auf. Mehr geht einfach nicht. Technologie hilft zwar, beschleunigt aber die Prozesse, sodass wir in gleicher Zeit noch mehr arbeiten und managen müssen. Wir sind mit E-Mail und Videokonferenz zwar nachweislich viel produktiver geworden, aber die eingesparte Zeit ist nirgendwo zu erkennen. Sie steht uns nicht etwa zur Verfügung, um in Ruhe über die richtige Strategie nachzudenken. Wir brauchen sie, um zusätzlich entstandenen Verantwortungen und Aufgaben gerecht zu werden und die gestiegene Komplexität zu verarbeiten. Ich muss mich schon fast wundern und dankbar sein, dass Sie dieses Buch lesen.
Wir brauchen mehr Zukunftsintelligenz. Mehr Aufmerksamkeit und Zeit für die Zukunft sind nötiger denn je. Nicht um sie vorauszusagen. Das war noch nie möglich. Sondern um Orientierung, Sicherheit und Fokus zu schaffen. Doch genau das Gegenteil passiert. Und zwar aus dem gleichen Grund. Über Zukunft und Strategie nachzudenken und mit großer innerer Gewissheit Entscheidungen zu treffen, wurde weitaus komplexer und schwieriger. Es wurde auch anstrengender. Deshalb wird es nur zu gerne auf morgen verschoben, und das von Tag zu Tag. Ein klares und positives Zukunftsbild zu haben, ist immer notwendiger geworden. Das weiß und sagt auch jeder. Doch genau solch ein Zukunftsbild bekommen viele Unternehmer einfach nicht mehr hin. Sie nehmen sich die Zeit nicht und sind folglich noch mehr im Blindflug. Wir befinden uns in einem Teufelskreis.
Gibt es einen Ausweg? Ist es möglich, den Teufelskreis zu durchbrechen? Ja, es gibt einen Weg.
Ich will Sie mit diesem Buch ermutigen und inspirieren, ein mächtiges Werkzeug einzusetzen, das Zukunftsängste weitgehend neutralisieren kann. Um das Werkzeug zu bekommen und anwenden zu lernen, müssen wir uns in die Tiefen eines Gebietes begeben, das die Menschheit immer noch nicht vollumfänglich ergründet und verstanden hat. Wir müssen unsere Erkenntnisreise im menschlichen Gehirn fortsetzen.
Wenn man Party-Gäste dazu zwingt, sich eine Woche im Voraus zu entscheiden, was sie vom Buffet auf der anstehenden Party essen wollen, passiert etwas Auffälliges: Der im gewählten Essen enthaltene Anteil an einfachen, also den schlechten Kohlehydraten, an Zucker und an ungesundem Fett ist relativ niedrig. Deutlich niedriger, als wenn man die Gäste einfach spontan vom Buffet wählen lässt7.
Haben Sie sich schon mal schlechte Vorsätze zum neuen Jahr vorgenommen? Wohl kaum. Unsere Vorsätze sind immer gut. So wie auch unsere Visionen und Ziele. Wenn wir über etwas in der Zukunft Liegendes entscheiden, fällt unsere Wahl regelmäßig ziemlich vernünftig aus. Der zukunftsorientierte Teil unseres Gehirns weiß sehr wohl, was uns und anderen guttut und was letztlich das Richtige ist. Aber wenn es dann so weit ist, dass unser Jetzt-Ich unseren Vorsatz in die Tat umsetzen soll, dann entscheidet nicht unser rationales Zukunfts-Hirn, sondern unser hochemotionales und eben meist unvernünftiges Jetzt-Hirn.
Über dieses Problem der Kurzfrist-Falle und über das Zukunfts-Ich habe ich ein ganzes Buch geschrieben: »Wie wir uns täglich die Zukunft versauen.«8
Können wir dieses Problem irgendwie lösen? Nicht einfach, aber es geht. Die Neurologen und Psychologen wissen schon lange: Wenn uns unsere Zukunft wirklich wichtig ist, wenn sie also mit starken Emotionen aufgeladen ist, dann sind wir tatsächlich in der Lage, weitsichtig und vernünftig zu handeln. Dann gelingt es uns, im Hier und Jetzt das zu tun, was für eine gute Zukunft richtig ist. Selbst wenn es uns schwerfällt. Ein starkes Zukunfts-Ich verstärkt sich selbst. Denn zukunftsintelligentes Handeln fällt uns nur am Anfang schwer und erfordert unsere leicht erschöpfte Willenskraft. Sobald Menschen spüren, dass sie das Richtige für die Zukunft tun, sobald sie Zukunftsfreude erleben, belohnt sich dieses Verhalten selbst. Zukunftsfreude schafft zukunftsintelligentes Verhalten. Das Ziel ist, das Maß der Lebensqualität über das gesamte Leben eines Menschen und einer Organisation zu maximieren.
Wir brauchen eine Vision von einer erstrebten Zukunft, die unsere Sucht nach dem Wohlfühlen im Hier und Jetzt überstrahlt und übertrumpft.
Das klingt fast esoterisch. Doch schauen Sie auf die vielen üblen Folgen der menschlichen Kurzsichtigkeit. Vom Individuum mit seiner Gesundheit über das Scheitern von Unternehmen bis zu den globalen Konflikten und den Schäden für die Biosphäre, die die gesamte Menschheit bedrohen. Die biochemisch eingebaute Kurzsichtigkeit des Homo präsens ist in ihrer Wirkung eine der schlimmsten Eigenschaften des Menschen. Wenn es eine Strategie gibt, mit der wir unsere Kurzsichtigkeit überwinden können, mit der wir unser Leben und unser Wirken zukunftsintelligenter gestalten können, ist sie nicht weniger als die entscheidende Strategie für eine gute Zukunft eines jeden und aller Menschen miteinander. Vielleicht sogar unsere Rettung.
Zukunftsfreude heilt Zukunftsangst. Zukunftsfreude zieht uns in eine gute Zukunft. Sie hilft, auch in schwierigen Zeiten Zuversicht zu bewahren und sich selbst und seine Mitarbeiter wirksamer zu führen. Nur leider haben Sie keinen Knopf, mit dem Sie Ihre Zukunftsfreude