Bröckelnde Fundamente - Michael Tysta - E-Book

Bröckelnde Fundamente E-Book

Michael Tysta

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Beschreibung

Die "Elite" unserer Gesellschaft verhält sich bekanntlich immer wieder asozial, d.h. die Gemeinschaft schädigend. Aber auch diese kleinen und größeren Machthaber sind für ihr nacktes Überleben vom guten Willen vieler fremder Menschen abhängig, obwohl sie dem Bürger gern etwas anderes einreden möchten. Warum funktioniert dann die Beherrschung der Vielen durch ein paar Wenige trotzdem? Der Versuch einer Erklärung unter Bezugnahme auf Erkenntnisse aus Psychologie und Soziologie. Der Autor kommt dabei u.a. zu dem Schluss, dass, egal in welcher kleinen oder auch überragenden Machtposition, dort überall nur Menschen mit einem nackten Hintern sitzen, die vor allem Angst haben und dies aber vor allen anderen z.B. durch elitäres Gehabe und "Untertanenverachtung" versuchen zu verbergen. Und aus dieser Angst heraus, treffen sie in ihren Führungspositionen immer wieder auch Entscheidungen, die allein ihre persönlichen Interessen berücksichtigen. Auch die breite Masse ist von einer grundlegenden Angst beherrscht und deshalb beherrschbar. Eine Gesellschaft zerfällt aber erst dann, wenn auch in der breiten Bevölkerung der Anstand, also ein paar allgemeingültige Verhaltensstandards in der Öffentlichkeit schwinden. Und dies geschieht gerade. Eine besorgte, kritische bis wütende aktuelle gesellschaftliche Bestandsaufnahme unter besonderer Berücksichtigung der Bundesrepublik Deutschland. Der Autor zeigt mögliche Ursachen (z.B. unter vielem anderen eine zunehmende Uneinigkeit über geltende Normen, die sogenannten ungeschriebenen Gesetze, in der Öffentlichkeit oder auch eine unkontrollierte Einwanderung) für den Zerfall unserer Gesellschaft auf, sowie sich daraus ergebende Konsequenzen, die letztlich in einem "Jeder gegen Jeden" münden. Er illustriert das Ganze mit zahlreichen Beispielen aus dem Alltag also realen Erlebnissen von realen Menschen und mit Medienberichten, die die Abgehobenheit der elitären Führungszirkel zum Inhalt haben, welche ebenfalls die Gesellschaft spaltet. Wir leben, egal wo auf der Welt, in menschlichen Gesellschaften, die allein aufgrund der Entscheidungen und Handlungen von Menschen entstanden sind und weiterbestehen. Diese Entscheidungen werden aber nicht selten allein unter Berücksichtigung der persönlichen Interessen der jeweiligen Personen getroffen. Nichts von dem, was unser alltägliches Leben und unser Zusammenleben ausmacht, ist also unabänderlich oder gar alternativlos, wie gern behauptet wird. Es könnte alles auch ganz anders sein.

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Für

zum einen die große Gruppe derer, die, so wie ich, zunehmend wütender darüber werden, dass sie von der deutschen Politik und Eliten ganz allgemein entweder gar nicht oder mehr oder weniger mit Verachtung wahrgenommen werden und dass die Politik an ihren Sorgen, Problemen und Ängsten im Alltag nicht selten vorbei regiert, aber auch offenbar keinen rechten Plan und keine Vision hat, wie es mit unserem Land überhaupt weitergehen soll und wie vor allem der Klimakrise zeitnah und zielführend zu begegnen ist. Und die eventuelle Gründe dafür interessieren. Und die möglicherweise nur deshalb eine nur scheinbare Alternative für die Bundesrepublik Deutschland wählen, damit die demokratischen Parteien vielleicht doch noch im letzten Moment aufwachen, ihre persönlichen Interessen bei der Ausübung ihrer Ämter mal beiseitelassen und endlich sinnvoll handlungsfähig werden.

Und für

zum anderen all diejenigen, die, so wie ich, mit Verblüffung und zunehmender Verunsicherung feststellen, welch rücksichtsloses Verhalten in der Öffentlichkeit inzwischen fast schon Normalität ist, von Höflichkeit, Anstand und Respekt ganz zu schweigen.

Der Autor:

Michael Tysta, Jahrgang 1969, hat einen erwachsenen Sohn und lebt im sächsischen Vogtland.

Er hat in einem normal bewegten Privat- und einem abwechslungsreichen Berufsleben u.a. als ausgebildeter Landwirtschaftsgehilfe in verschiedensten bäuerlichen Betrieben, als examinierter Altenpfleger in der ambulanten und stationären Pflege, als Triebfahrzeugführer bei der Eisenbahn viel Lebenserfahrung und vor allem Menschenkenntnis gesammelt.

All das musste er jetzt für sich einmal sortieren und mit diesem ersten Buch in einen für ihn verständlichen Rahmen bringen.

Inhalt

Einleitung

Verantwortung über den eigenen Tellerrand hinaus?

„Gut“ und „Böse“

Angst und Abhängigkeit

Exkurs: Justiz

„Normal-gestört“

Vertrauen

Alle – Jeder

Überall sind Menschen tätig

Exkurs: schrumpfende Wirtschaft

Alltägliche Kompensation der Angst

Identität

Exkurs zur „Liebe“

Das „System“

Wenn es um nichts mehr geht, außer jedem um sich selbst. – Ein paar Beispiele

„Die da oben“

Behörden

Am Arbeitsplatz

Migration

In der Fußgängerzone

Jeder gegen Jeden

Es gibt seit jeher nur ein einziges Problem, das die Menschheit existenziell bedroht, und das ist der Mensch, so wie er von Natur aus geschaffen ist.

Alle anderen Probleme lassen sich letztlich direkt oder indirekt überwiegend darauf zurückführen.

Keine noch so geniale Technik wird dieses grundlegende Problem lösen.

Ich möchte ganz allgemein voranstellen, dass ich um eines besseren Leseflusses willen auf allen folgenden Seiten durchgängig das generische Maskulinum verwenden werde. Auch weil ich persönlich nicht glaube, dass es dem Inhalt eines Textes zu mehr Aussagekraft verhilft, wenn man jeden potenziellen Leser quasi mit Namen anspricht. Bei den zahlreichen Beispielen zur Illustration handelt es sich um selbst Erlebtes sowie Erzählungen von Freunden und Bekannten, also um reale Erlebnisse von realen Menschen. Da unsere Eliten der Versuchung nicht widerstehen können und auch noch jede peinliche Einzelheit ihres öffentlichen Wirkens in Medien veröffentlicht sehen wollen, weil sie glauben, dass damit ihre persönliche Wichtigkeit innerhalb des Menschengeschlechts unterstrichen wird, stammen entsprechende Beispiele aus eben diesen, jedem frei zugänglichen Medien.

Und ich beziehe mich mit meinen Ausführungen mehrheitlich auf die Bundesrepublik Deutschland, weil dies überwiegend meinem Erfahrungshorizont entspricht.

Einleitung

Wenn Fundamente bröckeln, ist ein Gebäude nicht nur einsturzgefährdet, sondern es hat bereits unmerklich begonnen einzustürzen.

Ich habe schon seit einigen Jahren das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft etwas für das menschliche Zusammenleben Grundsätzliches, eben das Fundament, ganz langsam kaputt geht, und mich interessieren die Gründe dafür. Und ich frage mich zum anderen schon seit Jahrzehnten, warum es Politikern oder ganz allgemein verantwortlichen Entscheidern bis heute nicht gelungen ist, die drängendsten Menschheitsprobleme in den Griff zu bekommen, obwohl dies rein sachlich betrachtet, durchaus längst realistisch möglich gewesen wäre.1 Stattdessen hat sich unsere Lage eher verschlechtert. Beides hängt auf eine Art miteinander zusammen.

Mit 55 hat man, denke ich, genug erlebt, erfahren, gesehen, gehört, gelesen, gelernt, um sich zumindest ansatzweise ein Urteil bilden zu können. Das eigentlich Erschreckende ist die Tatsache, dass ich meine Beobachtungen (und mir meine Gedanken dazu) über all die Jahre in einem komplett friedlichen Umfeld gemacht habe. Ich musste zufälliger- und glücklicherweise in fünfeinhalb Jahrzehnten persönlich, physisch, hautnah keinen Krieg oder Unterjochung, Vertreibung durch feindliche Völker erleben. Das von mir beobachtete, nennen wir es einmal, dem Zusammenleben in einer Gesellschaft mehr als abträgliche menschliche Verhalten lässt sich also nicht mit einer Not-, Extrem- oder Ausnahmesituation relativieren oder gar entschuldigen. Es handelt sich bei diesem Verhalten somit um ein durchgehendes, dauerhaftes und offensichtlich menschheitsweites Phänomen ohne besonderen Anlass, das auch schon in tiefster Vergangenheit existierte. Und ich will wissen, was dafür die Ursache ist.

Warum verhalten sich einzelne Menschen gegenüber ihren Mitmenschen auf eine Art, die für jeden ersichtlich nicht nur ganz allgemein das Zusammenleben in einer Gesellschaft auf Dauer erheblich stört, sondern auch ihr persönliches Leben über das normale Maß hinaus gefährdet? Und noch eine andere Frage ist in diesem Zusammenhang interessant: Wieso findet sich immer wieder eine genügend große Zahl an Menschen bereit, diese „Täter“, die Urheber der Taten, in ihrem Tun aktiv und loyal zu unterstützen, sodass diese Taten überhaupt erst möglich werden? Denn der einzelne Kriegsherr mit seinen Plänen für einen Angriffs- und Eroberungskrieg wäre letztlich nur ein einsamer Spinner, gäbe es nicht zehntausende Soldaten, die am Ende für ihn die Drecksarbeit erledigen. So wie der einzelne Politiker, der sich persönlich an Steuergeldern bereichern will, ein paar Mitwisser, Helfershelfer und vor allem auch einige Weggucker braucht.

Ich behaupte, die Antwort auf beide Fragen ist dieselbe: Alle handeln aus einer Grundhaltung der Angst heraus.

Man kann somit bereits an dieser Stelle auch die eingangs gestellte Frage beantworten. Die drängendsten Menschheitsprobleme werden absichtlich nicht gelöst, weil die jeweiligen wenigen Machthaber befürchten, dass die breite Masse durchschaut, auf welch wackligen Füßen ihre angebliche Macht eigentlich ruht. Eine hungrige und von Krankheit geplagte Bevölkerung hat gar keine Zeit, den Herrschern allzu genau auf die Finger zu schauen, geschweige denn, etwas gegen Machtmissbrauch zu unternehmen. Aber auch eine satte und medizinisch halbwegs gut versorgte Bevölkerung, die tagtäglich von himmelschreienden sozialen Ungerechtigkeiten umgeben ist, wird sich eher mit diesen befassen und dabei die Machenschaften des demokratisch gewählten Machtapparates aus dem Blick verlieren. Insofern hat also auch keine demokratisch gewählte Regierung trotz aller gegenteiligen Beteuerungen ganz offensichtlich keinerlei Interesse daran, gesellschaftliche Ungerechtigkeit grundsätzlich zu beseitigen, eben aus Angst der wenigen Mächtigen um ihre eigene kleine privilegierte Existenz. Es ist eben genau dann Absicht, wenn die Lösungsmöglichkeiten für die verschiedensten Menschheitsprobleme für jeden, der machttaktische Gründe und persönliche Interessen beiseitelassen kann, klar auf der Hand liegen. Und wenn es nur darum geht, nicht alles zu machen, was machbar ist.

Ich bin nicht der Meinung, dass der Mensch bis auf ein paar wenige, von ihren Erbanlagen her ungerecht behandelte Ausnahmen, von Natur aus einfach nur „böse“ ist und sonst nichts. Nach dem Motto: „Der Mensch ist des Menschen Wolf und so verhält er sich auch und damit basta! Gewöhn` dich dran!“ Eine solche Einschätzung geben auch meine Beobachtungen nicht her.

Wir erziehen z.B. alle unsere Kinder in Abhängigkeit von den jeweiligen kulturellen Gepflogenheiten zu Höflichkeit und Anstand, Respekt und Rücksichtnahme. Und wenn es nur deswegen ist, weil wir selbst gern so behandelt werden wollen. Auch der „Mafiaboss“ bringt seinen Kindern „bitte“ und „danke“ bei und dass man die Nachbarn grüßt. Und er wird es mit Sicherheit nicht kommentarlos hinnehmen, wenn sein wütender fünfjähriger Sohn versucht, ihm ein Steakmesser in die Eingeweide zu rammen, weil dieser jetzt sofort seine Schokolade will. Nichtsdestotrotz trifft man bekanntlich immer mal wieder auf Nachrichten, wie: „Mafiaboss hat einen säumigen Schutzgeldzahler abgestochen!“ (bzw. hat ihn abstechen lassen). Ja, das ist ja auch die „Mafia“, könnte man dann denken. Richtig, aber nun weiter.

Darüber hinaus wird nämlich jeder Erwachsene nicht nur immer mal wieder, sondern tagtäglich mit verschiedensten Nachrichten bombardiert, sofern er sich dieser Flut nicht irgendwann entzieht. Und diese Nachrichten haben überwiegend trotz aller Gesetze unter anderem Folgendes zum Inhalt: Macht- und Amtsmissbrauch, Willkürherrschaft, Korruption, Vetternwirtschaft, persönliche Bereicherung auf Kosten des Steuerzahlers, Veruntreuung, Verschwendung von Steuergeldern, Missmanagement, grobes Fehlverhalten, grobe Fehler in der Amtsführung in den verschiedensten Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung zum erheblichen Nachteil der Allgemeinheit, weil z.B. überwiegend die persönliche Profilierung im Vordergrund steht; Lügen in allen Größenordnungen sowieso und das alles und noch vieles mehr in allen nur denkbaren Varianten und natürlich der Versuch, all das so lange wie möglich zu vertuschen und vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Mit anderen Worten es geht scheinbar immer mal wieder um nichts mehr, außer jedem um sich selbst. Wobei somit logischerweise die Ereignisse, die der breiten Öffentlichkeit bekannt werden, nur die Spitze des Eisberges sind. Und es geht dabei, wie gesagt, ausschließlich um das Verhalten dieser Personen in der Öffentlichkeit und bei der Ausübung ihrer Ämter und „Führungspositionen“ und nicht um deren Privatleben.

Die Protagonisten dieser Nachrichten rekrutieren sich fast ausnahmslos aus der sogenannten und selbsternannten, angeblichen Elite der Gesellschaft. Und mit „angeblich“ will ich andeuten, dass viele Personen in den abgehobenen Führungszirkeln charakterlich für die Führung von Unternehmen und Ländern und das Machthaben über andere Menschen nicht geeignet sind, was sich ganz offensichtlich in ihrem Verhalten zeigt. Dass es sich bei der „Elite“ eben nicht um die charakterliche und moralische „crème de la crème“ der Menschheit handelt, wie es der Begriff ja eigentlich nahelegen würde.

All diese in den Nachrichten auftauchenden Ereignisse haben häufig für die Beteiligten auch keinerlei Konsequenzen und die, die nicht dort auftauchen, sowieso nicht. Aber wenn der einfache Produktionsarbeiter oder auch der Sachbearbeiter in einer Behörde auch nur den kleinen Finger falsch bewegen, werden die Vorgesetzten selbstverständlich sofort mit drakonischen Maßregelungen aktiv, vollkommen unabhängig davon, ob überhaupt irgendwem ein Schaden entstanden ist.

Man könnte also nach Jahren des Bombardements mit solchen Nachrichten zu der Meinung gelangen, dass unhöfliches, unanständiges, rücksichts-, respekt- und verantwortungsloses Verhalten, wenn man es einmal so beschönigend ausdrücken will, zum Standard in den elitären Gesellschaftsschichten gehört. Und wenn man kein Blatt vor den Mund nimmt, würde man ein solches Verhalten weitestgehend als kriminell bezeichnen, auch wenn es das im strafrechtlichen Sinn sicher nicht immer ist, und ansonsten als hochgradig asozial, und zwar in des Wortes ursprünglichster Bedeutung. Das Internet definiert diese wie folgt: „Asozial ist eine Bezeichnung für Verhaltensweisen, die gegen gesellschaftliche Normen und Werte verstoßen, die die Gesellschaft schädigen und von der Gemeinschaft als nicht akzeptabel angesehen werden.“2 Wer auch nur ein einziges aktuelles Beispiel aus den Nachrichten parat hat, weiß, dass diese Definition darauf exakt zutrifft.

Auch wenn die Corona-Pandemie sonst zu nichts gut war, hat sie uns zumindest die Erkenntnis beschert, dass es gesellschaftliche Bereiche gibt, die für das Funktionieren und damit Überleben einer Gesellschaft unerlässlich sind. Man nannte sie systemrelevant. Und dass man auf andere Bereiche notfalls auch eine Zeit lang verzichten kann. Damit habe ich lediglich einem Fakt Ausdruck verliehen, der sich jedem erschließt und mit Sicherheit keine Wertung oder gar Abwertung einzelner Professionen gemeint.

Genauso dürfte jedem aus dem beruflichen Alltag bekannt sein, dass die jeweilige Arbeit in der Regel auch dann zuverlässig weiter erledigt wird, wenn die Chefetage nicht im Haus ist, oft sogar besser. In einem etablierten Unternehmen ist die Managerriege und alles, was darüber noch an hochdotierten Posten besetzt ist, über lange Zeiträume hinweg relativ verzichtbar. Es würde wahrscheinlich reichen, wenn man sich diese Fachkräfte ein Mal jährlich für zwei Monate von einer Zeitarbeitsfirma leiht. Neben denen, die die eigentliche Wertschöpfung erledigen, egal ob sie „nur noch“ Maschinen beaufsichtigen und instandhalten oder tatsächlich noch etwas mit ihren Händen herstellen, braucht es noch jemanden, der den Überblick über das gesamte Produktionsgeschehen hat. Dann jemanden, der die Buchhaltung erledigt, Rechnungen schreibt oder bezahlt, Lieferanten beauftragt, Gehälter überweist etc. und jemanden, der sich um das Personal kümmert. Es fällt im Unternehmensalltag oft kaum auf, wenn ein Chefposten über längere Zeit nicht besetzt ist, vielleicht aufgrund von Krankheit, vielleicht auch, weil sich kein geeigneter Nachfolger findet.

So wie mit Sicherheit der gesellschaftliche Alltag weiter reibungslos funktionieren und es kaum auffallen würde, wenn es über Monate mal keine Regierung und keine Eliten in Führungspositionen gäbe. Man würde es höchstens daran merken, dass einen plötzlich keine so große Nachrichtenflut mehr über Skandale und Skandälchen heimsucht. (Umgekehrt gibt es allerdings sehr wohl eine Abhängigkeit. Denn der „Elite“ ginge jede Existenzgrundlage verloren, wenn die breite Masse aufhörte, die Gesellschaft zusammen- und am Laufen zu halten. Insofern sollte auch allen verächtlich auf den Pöbel Herabschauenden sehr daran gelegen sein, dass bei diesem nicht auch noch der Anstand großflächig schwindet.)

Aber ich will mit diesem Gedankengang noch auf etwas anderes hinaus. So wie das reibungslose Funktionieren des Alltags für die breite Bevölkerung vollkommen unabhängig von der Existenz einer wie auch immer gearteten Elite ist, braucht die breite Bevölkerung auch nicht zwingend elitäre Vorbilder, damit sie sich im Alltag höflich und anständig, respekt- und rücksichtsvoll verhält. Dabei will ich nicht ausschließen, dass das ständige Bombardement mit Nachrichten über die asozialen Auswüchse elitären Verhaltens nicht doch irgendwann zu einer Gewöhnung in der gesellschaftlichen Masse führt. Und dass man auch dort solches Verhalten letztlich als normal und akzeptabel einstuft und ebenfalls praktiziert.

Allein das im weitesten Sinne anständige Verhalten der breiten Masse ist es, was die Gesellschaft bis jetzt noch zusammenhält. Und bei mir macht sich aufgrund zahlreicher Erlebnisse zunehmend das Gefühl breit, dass dieser Anstand wenigstens in der Öffentlichkeit schwindet und einer Verrohung im gegenseitigen Umgang Platz macht, welche die Gesellschaft zerfallen lässt.

Da ich, wie bereits gesagt, pure Bosheit als Grund für in jeder Hinsicht asoziales Verhalten ausschließe, werde ich im Weiteren versuchen, einen oder mehrere andere mögliche Gründe dafür zu finden, sowie ein paar Konsequenzen aufzuzeigen, die sich aus der allgemein spürbaren Verrohung unserer Umgangsformen ergeben können.

Wenn es zum Beispiel zunehmend auch in der breiten Bevölkerung um nichts mehr geht, außer jedem um sich selbst, wenn ich also in der Öffentlichkeit überwiegend mit Egomanie und Aggressivität konfrontiert werde, wird beispielsweise meine Hilfsbereitschaft erheblich nachlassen. Wenn z.B. Rettungssanitäter und Feuerwehrleute bei ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit von Schaulustigen behindert, immer wieder verbal oder sogar körperlich attackiert werden, werden diese ihren Beruf irgendwann frustriert an den Nagel hängen. Und es wird sich auch kaum noch jemand Neues finden, der diese Tätigkeit unter diesen Umständen ausüben will. Dann kommt vielleicht beim nächsten Mal bei einem Unfall oder Brand gar kein Krankenwagen mehr und keine Feuerwehr. Unvorstellbar? Wieso eigentlich!

Das wirklich Interessante an der Thematik der Verrohung unserer Umgangsformen ist für mich aber das Paradox, dass diejenigen, die sich mit größter Selbstverständlichkeit anderen gegenüber total rücksichtslos oder gleich einfach brutal verhalten, es dann gar nicht fassen können, wenn sie einmal dieselbe Behandlung erfahren und plötzlich z.B. keiner mehr Hilfe leistet, obwohl sie diese dringend brauchen. Dann haben sie wohl vergessen, was der Volksmund schon immer wusste: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder hinaus.“ Oder: „Was du nicht willst, das man dir tu`, das füg ` auch keinem andern zu.“

Eine große Frage lautet also: Was hindert Menschen daran, andere so zu behandeln, wie sie selbst gern behandelt werden möchten? Und meine kurze und schlichte Antwort darauf lautet: Angst.

Verantwortung über den eigenen Tellerrand hinaus?

Aber zunächst möchte ich einer anderen Frage nachgehen. Wenn es mir auffällt, dass es scheinbar um nichts mehr geht, außer jedem um sich selbst, dann ist dies für mich offenbar nicht selbstverständlich. Dann stellt sich die Frage: Warum bin ich der Meinung, dass es dem Einzelnen in einer Gesellschaft zumindest geringfügig um mehr gehen sollte als nur um sich selbst? Wieso komme ich darauf?

Hat jeder Mensch diesen Gedanken und diese Vorstellung von Geburt an von sich aus, weil der Mensch angeblich ein soziales Wesen ist? Oder bekommt er dies im Laufe seines Aufwachsens beigebracht und vorgelebt?

Ich kann für mich zumindest die zweite Frage mit „ja“ beantworten. Es gab z.B. unter anderem ab und zu im heimatlichen Dorf meiner Kindheit und Jugend Samstagnachmittage, wo freiwillige Bewohner in einem dorfeigenen Waldstück herumliegenden Müll einsammelten oder nach einem Dorffest am nächsten Vormittag gemeinsam aufgeräumt wurde. Auch bei der Mitgliedschaft in Vereinen oder am Arbeitsplatz gab es bis vor einigen Jahren zumindest noch das Gefühl (ob dem letztlich tatsächlich objektiv so war oder ob es eher mein Glaube ist, sei dahingestellt), dass da zahlreiche Menschen gemeinsam etwas Ähnliches wollen und man sich dabei nach Möglichkeit unterstützt. Oder man wurde in der Kindheit und Jugend von Eltern und anderen Erwachsenen immer mal wieder darauf hingewiesen, dass man einfach gelegentlich einen Gedanken daran verschwenden sollte, welche Auswirkungen mein eigenes Verhalten auf andere hat. Das ist es, was ich damit sagen will, dass es dem Einzelnen nicht nur um sich selbst geht. Und damit ist keineswegs gemeint, dass man eigene Interessen bzw. die eigene Person komplett oder auch nur ansatzweise vernachlässigt. Nichts von dem Genannten und tausenden weiteren möglichen Beispielen kommt auch nur in die Nähe von Selbstverleugnung, Selbstaufgabe, Aufopferung oder Ähnlichem. Der dafür notwendige, zusätzlich zu „opfernde“ Zeitaufwand ist bezogen auf die gesamte Lebenszeit minimal. Es ist einfach eine innere Einstellung, die man immer mal wieder praktisch nebenbei in die Tat umsetzt zum Wohle, zum Gelingen des Ganzen, ohne dass dies in der Regel explizit allzu offensichtlich wird.

Meiner Erfahrung nach hat eine solche Haltung, fassen wir sie mal unter den Begriffen Höflichkeit und Anstand, Respekt und Rücksichtnahme und vielleicht noch einer Art Verantwortungsgefühl zusammen, in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit rapide abgenommen. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel. Es gibt auch heutzutage noch viele Menschen, die sich z.B. in der Freiwilligen Feuerwehr und an zahlreichen anderen Orten ehrenamtlich engagieren und damit Verantwortung über den eigenen Tellerrand hinaus übernehmen. In meinem Heimatort gibt es auch das noch, dass beispielsweise die Freiwillige Feuerwehr oder auch einzelne Familien auf öffentlichen Dorfplätzen gemeinsam Silvester feiern und ein riesiges Feuerwerk veranstalten und am nächsten Vormittag wiederkommen, um den dort rumliegenden Böllermüll wieder wegzuräumen. Und es gibt in Städten viele Straßen und Plätze, wo Anwohner massenhaft Feuerwerk zu Silvester verschießen und der Müll liegt auch Tage und Wochen später noch genauso da wie am Neujahrsmorgen. Letzteres ist aber inzwischen auch zunehmend im dörflichen Umfeld anzutreffen. Denn man könnte natürlich damit argumentieren, dass auf dem Land soziale Kontrolle noch recht wirksam ist, um individuelles Verhalten vor dem Überschreiten allzu offensichtlicher Grenzen zu bremsen. Aber auch hier ist ein Trend zu beobachten, dass solche Grenzen immer weiter aufweichen und fast bis zur Unkenntlichkeit ausgedehnt werden. Mögliche Ursachen dafür werde ich später noch versuchen zu erörtern.

Selbstverständlich könnte man die geschilderte Problematik, da ich mich bereits in der zweiten Lebenshälfte befinde, lapidar als Generationenkonflikt abtun. Geltende Regeln des Zusammenlebens, Moden, verfügbare Techniken, Kulturen, Gesellschaften verändern sich nachweislich nun mal. Ja, alles richtig, aber für mein Gefühl ändert sich da gerade etwas Grundsätzliches, und zwar zum Nachteil der Menschen, auch wenn das möglicherweise nur Wenige im Moment bereits so empfinden.

Nur ein Beispiel zur Illustration, und zwar aus dem Arbeitsalltag eines Triebfahrzeugführers bei der Eisenbahn. Dieser muss dort bei bestimmten Fahrzeugtypen zwingend, bevor er die nächste Fahrt beginnen kann, während des Stillstands des Zuges im Bahnhof, gelegentlich einen großen Schrank im Gang unmittelbar an einer Eingangstür des Zuges öffnen. Um dort ein paar betrieblich notwendige Handgriffe zu erledigen, die letztlich insgesamt keine halbe Minute dauern. Mit der geöffneten Schranktür ist der Gang bis auf vielleicht 20 cm, die von der Gangbreite noch übrigbleiben, ziemlich komplett für zusteigende Fahrgäste versperrt, die weiter in eines der beiden nächstgelegenen Sitzabteile gelangen wollen. Wenn in einem Zug eine große Schranktür geöffnet ist und dahinter sichtbar jemand steht, ist das für jeden verstehbar mit Sicherheit ein Bahnmitarbeiter, der da etwas zu tun hat und kein verpeilter Fahrgast, der mit dem Bahnfahren nicht zurechtkommt und deshalb den gesamten Verkehr aufhält. Es gibt in dieser Situation jede Menge Fahrgäste, die sich ohne Rücksicht auf Verluste durch die 20 cm verbleibender Gangbreite durchquetschen, als wäre ihr Leben vollständig verpfuscht, wenn sie die halbe Minute einfach warten würden, bis sich die Schranktür wieder geschlossen hat. Und dann gibt es den Einen, der das Fass zum Überlaufen bringt, der den Triebfahrzeugführer mitsamt Schranktür einfach so weit mit seiner gesamten Körperbreite auf die Seite schiebt, bis er bequem durchgehen kann, während er auch noch dreisterweise ein „Entschuldigung“ murmelt. Selbstverständlich hat er Kopfhörer in den Ohren so wie alle, die sich zwar wie „Rambo“ durch die Öffentlichkeit bewegen, aber mit dieser nichts zu tun haben und von dieser nicht behelligt werden wollen. Sodass irgendetwas hinterher Gerufenes überhaupt nicht wahrgenommen wird. Man könnte ihm natürlich auch nachgehen und die eigene Faust mit Nachdruck in seinem Gesicht platzieren. Fragt sich nur, ob wir so zusammenleben wollen? Oder auch wie oft man in der Öffentlichkeit den Bogen so weit überspannen darf, bis es von ganz allein dazu kommt, dass wir wieder so miteinander umgehen? Denn das hat es ja in grauester Vorzeit alles schon mal gegeben.

Die gleiche Situation läuft übrigens auf dasselbe hinaus, wenn es sich bei „Rambo“ um einen der deutschen Sprache nicht mächtigen Mitbürger handelt. Auch da ist von vornherein jegliche sinnvolle Kommunikation ausgeschlossen, die aber zumindest für ein halbwegs zivilisiertes gesellschaftliches Zusammenleben außerhalb immer wiederkehrender Standardsituationen unumgänglich ist. Damit sind nebenbei bereits zwei Ursachen grob benannt, die die Fundamente einer Gesellschaft ganz offensichtlich bröckeln lassen. Nicht zuletzt, weil es sich dabei eben nicht um vernachlässigbare Einzelerscheinungen, sondern fast schon um Massenphänomene handelt.

„Gut“ und „Böse“