Bruder gegen Bruder - Ernst Helm - E-Book

Bruder gegen Bruder E-Book

Ernst Helm

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Beschreibung

Norddeutschlands Küstenland im Jahre 798, zu Zeiten Karls des Großen. Albrecht, des Kaisers Gesandter, droht dem Sänger Heriman, dem Vertreter der freien Sachsen, dass er mit seiner unbotmäßigen Haltung unsagbares Unglück über die Häupter seiner Stammesgenossen bringe, und verlangt Herimans Auslieferung an die Gerichtsbarkeit des Frankenkaisers, den die freien Sachsen jedoch nicht als ihren Herrn anerkennen wollen – der Elbstrom soll auch weiterhin die Grenze zwischen dem Reich der Franken und dem der Sachsen sein. Als Albrecht nun Heriman festnehmen lassen will und die Situation eskaliert, wird Albrecht getötet. Allen ist klar, dass der Kaiser Karl den Tod seines Sendboten niemals ungesühnt lassen kann. Und so kommt es denn auch. Mit einem starken Heer zieht der Kaiser los, um alle sächsischen Lande zwischen Elbe und Weser durch Feuer und Schwert zu verwüsten. Aber das ist erst der Anfang ... Die packende, eng an den Quellen recherchierte historische Erzählung versetzt den Leser in eine geheimnisvolle, wenig bekannte, aber hier sehr anschaulich und lebensecht geschilderte Welt des frühen Mittelalters.Ernst Helm ist das Pseudonym des deutscher Schriftstellers Wilhelm Ernst Asbeck (1881–1947). Wilhelm Ernst Asbeck lebte in Hamburg; während des Zweiten Weltkriegs übersiedelte er nach Burg (Dithmarschen). Sein literarisches Werk besteht vornehmlich aus Romanen, Erzählungen, Märchen, Theaterstücken und Hörspielen, die sich häufig historischen Stoffen annehmen und überwiegend in Asbecks norddeutscher Heimat, etwa im Raum Hamburg und an der Nordseeküste, aber auch etwa in Skandinavien angesiedelt sind.-

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Seitenzahl: 42

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Ernst Helm

Bruder gegen Bruder

Saga

Bruder gegen Bruder

© 1936 Ernst Helm

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711517918

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Eine verhängnisvolle Tat

Tief versteckt im Wald, nicht weit vom sumpfigen Uferrand der Sturia (1), lag die Hofstätte des freien Bauern Cristofer, der früher Führer, Fürst seines Gaues gewesen war. Der stattliche Besitz gab Kunde von der Macht seines Eigentümers. Am Eingang des Haupthauses grüsste, kunstvoll geschnitzt, der Sachs, das kurze Schwert, die Nationalwaffe des Volkes der Sachsen.

Zwischen den Balken des Hauses waren alle Fugen sorgsam durch Moos gedichtet. Das hohe Dach ruhte auf Sparrenwerk und war mit Rohr, Schilf und Stroh gedeckt. Geschnitzte Pferdeköpfe krönten den Giebel.

Im Hintergrund der Diele stand neben dem Herrensitz der grosse Herd, dessen flammende Holzscheite die Dachbalken schwärzten. Rings an den Wänden zogen sich gezimmerte Bänke hin, die zur Nacht als Schlafstätten dienten. Tische und Truhen, die den Reichtum der Frau an Leinen bergen und zugleich als Bänke dienen, waren im Raum verteilt. Festgestampfter Lehm bildete den Fussboden.

Starke Eichensäulen trugen die Halle, deren Schmuck Waffen und Beutestücke bildeten, kostbare Schalen und Becher, noch aus der Zeit, als die Römer die Lande bedrohten.

Wenige Schritte vom Herrenhause entfernt lag der Thung, ein Kellergewölbe, das durch eine Balkenlage in zwei Teile getrennt und zum Schutz gegen die Winterkälte mit Dünger bedeckt war. Der untere Raum diente als frostfreier Aufbewahrungsort für Feldfrüchte und sonstige Lebensmittel, der obere war Wohn- und Arbeitsstätte der Frauen. Dort stand auch der Webstuhl.

Schuppen, Ställe und zwei rohgezimmerte Blockhütten begrenzten den weiten Hofraum. In der einen Hütte hausten Dedo mit Heilwig, dem Weib, und Gertrud, der Tochter. Beim Spiel hatte er Hab und Gut, Frau und Kind und schliesslich sich selbst an Cristofer verloren. Jahre hindurch waren die drei unfrei gewesen, bis sie durch des Alten Güte zu Freigelassenen wurden. — Im zweiten Blockhause wohnte Lars Larsen. Auf Wikingerfahrt war er mit seinen norwegischen Brüdern bis tief in die Sturia eingedrungen. Sie hatten geraubt und geplündert. Von Unwetter und Sturmfluten überrascht, zerschellte ihr Schiff auf den Untiefen des reissenden Flusses. Alle ertranken, nur er erreichte das Ufer. Glücklicher hätte er sich geschätzt, wäre er bei seinen Freunden auf dem Grunde des Stromes geblieben, denn nun war er Sklave. Wohl hatte er keine Ursache, sich über seinen Herrn zu beklagen, ihm geschah kein Unrecht, er wurde gekleidet und gespeist wie die Söhne des Hauses. Aber was ist ein Mann, der keine Waffen tragen darf, dem man die Freiheit geraubt hat und der nie wieder die hohen Berge und tiefen Fjorde der geliebten Heimat sehen wird! — —

Ode, Cristofers Weib, stand mit ihren beiden Söhnen an der Pforte des hohen, starken Pfahlzaunes und überschaute den schmalen Pfad, der zum Hofe führte.

Busch und Strauch prangten im frischen Grün, und die alten Eichen und Buchen waren voller Knospen, die in den nächsten Tagen schon ihre Hüllen sprengen würden. Überall drängten sich die jungen Blätter zum Licht empor.

Stolz und glücklich warf die Mutter einen Blick auf ihre Kinder. Thoto, der Ältere, war ein Hüne von Gestalt. Er wird einst Erbe des väterlichen Besitzes werden. Dietmar, der Bruder, war zarter, aber sehnig waren die Arme, und Mut und Tatendrang leuchteten ihm aus den blauen Augen. Auf der letzten Volksversammlung war er mit den Waffen bekleidet und für wehrhaft erklärt worden. Wohl nicht lange mehr würde es ihn im Hause halten. Herrlich hatte er sich im Schwerttanz bewährt, den die Jünglinge zu Ehren von Saxnot, dem leuchtenden Himmelsgott und Schirmer der Schlachten, aufführten! —

Die Brüder sprachen von dem Thing, das Herzog Günzel anberaumt hatte. Grosses musste es bringen, denn alle Stämme der Nordalbingi waren geladen: die Waldsassen (2), die Stormarner, die Thiatmarsgoi (3), die Wiezen und die Wagrier.

Vom Kudensee her ergiesst sich die Burgerau, und zu Zeiten der Flut ist sie von den Wellen der breiten Elbe umspült. Dann ragen ringsum die hohen Wurten wie trutzige Festen aus den Wassern hervor. Dort, auf hoher Geest, am alten Ringwall, der „Bökelnburg“, fand die Volksversammlung statt.

Auf ihren Einbäumen und Kähnen waren die Nordleute zum Thing gefahren. Aus allen Gauen der Geest waren sie herbeigekommen; zu Hunderten und aber Hunderten lagerten die wehrhaften Männer im Kreis.

Wie eine von der Sturmflut umdrohte, winzige Hallig standen unter den Sachsen die Sendboten Kaiser Karls und eine Handvoll fränkischer Söldner.