Buddhist Sein - Rudolf Korbelius - E-Book

Buddhist Sein E-Book

Rudolf Korbelius

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Beschreibung

Leider gibt es im Westen viele Missverständnisse und Fehlinterpretationen bzgl. des Buddhismus. Dieses Buch soll daher all jene Menschen, die sich selbst als Buddhisten bezeichnen oder den Buddhismus nur teilweise kennengelernt haben, dazu verhelfen ihr Verständnis über den Buddhismus zu überdenken und dadurch bestehende Irrtümer und Missverständnisse zu korrigieren. Folgende Bereiche werden umfangreich behandelt und etwaige Missverständnisse angesprochen und richtiggestellt. Die Themen sind: was ist ein Buddha und was sind die Bodhisattvas, Bedeutung von Wissen und dem Studium der buddhistischen Lehre, was bedeutet Übung und Meditation, buddhistische Lebensführung, geschichtliche Entwicklung in Asien und im Westen, was sollte man lesen, welche Textsammlungen der Tradition gibt es, usw.. Somit erhält man auch einen guten Überblick auf die wesentlichsten Inhalte und Sichtweisen auf die Lehre und Entwicklung des Buddhismus. Der Autor ist seit mehr als 50 Jahren praktizierender Buddhist und steht in der Tradition des Vajrayana.

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om muni muni mahāmuni śakyamuniye svāhā

Oṁ Āḥ Hūṁ

(in Devanāgarī Schrift)

Dieses Buch richtet sich vorwiegend an jene, die mit der Lehre des Buddha besser vertraut werden wollen. Es soll aber auch jenen Menschen, die sich selbst als Buddhisten bezeichnen oder die sich bereits als ernsthaft praktizierende Buddhisten bemühen die Lehren des Buddha zu leben, dazu verhelfen, ihr Verständnis bezüglich des Buddhismus zu überdenken und dadurch bestehende Irrtümer und Missverständnisse hinsichtlich des Buddhismus zu korrigieren.

ANMERKUNG ZUR SCHREIBWEISE DER FACHAUSDRÜCKE.

Buddhistische Begriffe werden im Text in Sanskrit oder Pali wiedergegeben. Sanskrit wird mit „S“ und Pali mit „P“ gekennzeichnet. Zusätzlich sind einige Chinesische oder Tibetische Ausdrücke entsprechend mit „C“ oder „T“ vermerkt. Regeln zur Umschrift und korrekten Aussprache finden sich im Anhang (SIEHE SEITE→).

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Buddha

Präambel

Der historische Buddha

Klassische Buddha Biographien

Buddhas der Vorzeit

Wiedergeburts-Geschichten

Buddha der Zukunft

Bodhisattva, Arhat, Lohan

Erleuchtung und NirvāṆa

Stūpa Pagode Chörten

Reliquien

Kann eine Frau Buddha werden?

Glauben Buddhisten an Gott?

Drei-Körper Lehre

Buddhastatuen

Studium

Präambel

Unzufriedenheit und Leiderfahrung

Vier Edle Wahrheiten

Achtfacher Pfad

Abhängiges Entstehen (Konditionalität)

Ursache und Wirkung (Kausalität)

Wiedergeburt?

Über das Ich

Wahrheit, Wirklichkeit und Realität

Der Mittlere Weg

Buddhistische Logik

Bewusstseins-Lehre

Buddhismus und Wissenschaft

Übung und Meditation

Präambel

Zuflucht nehmen

Lehrer und Schüler

Meditative Übung

Übungssysteme

Einweihung - Initiation

Zurückziehen (Retreat)

Zeremonien und Rituale

Bodhisattva-Weg.

Buddha-Verehrung

Yoga

Tantra

Qigong und Wushu

Lebensführung

Präambel

Religion oder Philosophie

Wann ist man Buddhist?

Worin besteht die Praxis?

Vertrauen und Glaube

Ethik und Moral

Reuebekenntnis

Die Vier Unermesslichen

Vegetarismus

Mönchstum oder Laienstand

Berufsausübung

Soziales Engagement

Geschichtliche Entwicklung

Präambel

Datierung der Lebenszeit Buddhas

Ausbreitung der Lehre

Drei Fahrzeuge

Differenzierung in Schulen

Religionsoberhaupt und Titel

Buddhistische Sprache

Text-Sammlungen

Feiertage

Pilgerstätten

Ikonographie

Was sollte man lesen?

Das Buddhawort

Kommentarwerke

Kriterien für lesenswerte Bücher.

Anhang

Schreibweise und Aussprache

Sanskrit und PaliChinesisch

Textsammlungen der buddhistischen Tradition

Pali Kanonfrühe Kommentarwerke in PaliPrajñāpāramitāMahāyānasūtraChinesischer TripitạkaTibetischer Kanon

Verfasser der Zitate

Vergleichstabelle geschichtlicher Ereignisse

Register der wichtigsten Sanskrit Begriffe

Weitere Bücher des Autors

VORWORT

Dieses Buch und im Besondern auch dieses Vorwort richtet sich an all Jene, welche die Lehren des Buddha nicht als Religionsersatz oder Wohlfühlbalsam betrachten, sondern sich bemühen in den Wesensgehalt der Lehre wirklich einzudringen. Es sollten sich somit all jene Menschen angesprochen fühlen, die den Weg des Buddha nachvollziehen wollen und nicht müde werden diese Herausforderung anzunehmen um sich ernsthaft mit dieser Lehre, die wir Buddhismus nennen, zu beschäftigen.

Buddhas letzte Worte vor seinem Hinscheiden waren folgende.

„vayadhammā saṅkhārā appamādena sampādethā“ „Alle bedingten Dinge sind dem Verfall unterworfen, strebet achtsam weiter.“

sutta piṭaka, dīgha nikāya, mahāparinibbāna sutta (Palikanon, Längere Sammlung, 16)

„Jede Erscheinungsform und alle Phänomene sind dem Wandel und der Veränderung unterworfen. Bemüht Euch daher ständig aufrichtig und ernsthaft um die rechte Sichtweise.“ Das ist die Bedeutung dieser Worte, die wir nicht vergessen sollten wenn wir uns dem Buddhismus zuwenden.

Der Buddhismus scheint bereits im Westen angekommen zu sein. Damit sind all jene Länder ausserhalb Asiens gemeint die keine lange buddhistische Tradition aufweisen. Vielerorts finden sich nun bereits in diesen Ländern buddhistische Gruppen und Zentren. Lehrer aus Asien kommen in den Westen und geben Unterweisungen und halten Vorträge über die Lehre des Buddha. So scheint es, dass diese Lehre nun im Westen Fuß gefasst hat. Doch bei genauerem Hinsehen scheint dieser Schein zu trügen.

Viele Menschen betrachten sich als Buddhisten und haben im Grunde nur die ihnen bequemen Lehren daraus entnommen und zu ihrem bereits bestehenden Weltbild hinzugefügt. Zu tief und zu stark sind wir hier im Westen geprägt durch die zweitausend Jahre andauernde christliche Denkweise und letztlich auch festgefahren in der Werteskala die uns die gängige westliche materialistische Lebensweise vorgibt. Wir sind und bleiben in einer Art des dualistischen Denkens und in absoluten Begrifflichkeiten verwurzelt.

Ich werde nun hier einige Arten beziehungsweise Kategorien von sogenannten Buddhisten kurz benennen und jeder sollte für sich darüber reflektieren und versuchen sich zu hinterfragen. Inwieweit habe ich selbst eine solche Tendenz? Inwieweit ist es mir wirklich ernst mit dem Buddhismus? Ist meine eigene Motivation aufrichtig und ehrlich?

Da gibt es hier im Westen die sogenannten Esoteriker und spirituell motivierten Suchenden, die den Buddhismus aus ihrer eigenen Interpretation heraus umgestalten. Sie kreieren sich ihre eigene Lehre und fühlen sich darin wohl und dadurch auch bedeutend. Denn sie scheinen nun in den Besitz einer Wahrheit gelangt zu sein, die sie von ihren Mitmenschen abhebt und ihnen gegenüber das Gefühl der Sicherheit und oft auch einer gewissen Überlegenheit den Anderen gegenüber vermitteln kann. Man fühlt sich besser und das eigene Ego fühlt sich wohl und zufrieden. Dies hat aber mit der Lehre des Buddha wenig zu tun und ist den Grundaussagen des Buddhismus entgegengesetzt.

Da gibt es die Anhänger verschiedenster buddhistischer Schulen, welche meinen der Buddhismus bestehe darin zu einem Asiaten (Tibeter, Inder, Koreaner oder Japaner) zu konvertieren. Sie übernehmen die kulturellen Formen und vernachlässigen weitgehend die Inhalte. Sie fühlen sich wohl in den neuen Formen, denen sie nacheifern. Sie tauchen bereitwillig und leider auch kritiklos in fremde kulturelle Eigenheiten ein und meinen dadurch der Buddhalehre näher gekommen zu sein. Doch wäre dies die rechte Methode sich dem Buddhismus zuzuwenden, dann wäre der Buddhismus nach seiner Ausbreitung in den unterschiedlichsten Ländern Asiens immer noch der Buddhismus mit indisch kultureller Prägung. Doch in Asien wurde in der Ausbreitungsphase des Buddhismus stark darauf geachtet vorwiegend die Lehre und deren Inhalte zu übernehmen. Die kulturell geprägten Formen wurden zwar beachtet, sie wurden aber nur dort wo es sinnvoll und angebracht erschien in die eigene Kultur assimiliert. Daher unterscheidet sich die Lehre und Darstellung des Buddhismus in den asiatischen Ländern zwar in ihrem Erscheinungsbild nicht aber in ihren grundsätzlichen Inhalten.

Anderseits haben wir jene bekennenden Buddhisten, die sich einer Schule oder Gruppe von Buddhisten angeschlossen haben und dadurch meinen damit wäre nun alles erledigt – sie sind ja nun offiziell und ernsthaft Buddhisten geworden. Diese Westler fühlen sich in diesen Gruppen entspannt und zufrieden und bemühen sich daher sehr oft wenig oder gar nicht ihre eigenen Fehler zu erkennen und an sich ernsthaft zu arbeiten. Sie bleiben ihrer zur Gewohnheit gewonnenen Weltsicht in den meisten Aspekten verbunden und hinterfragen diese nicht wirklich. Sie halten letztlich an den Fundamenten, an der tiefsitzenden eigenen Einstellung, der eigenen Sichtweise beharrlich fest und beurteilen aus dieser Position heraus alles andere auch die Lehren des Buddhismus. Oder sie fallen in das andere Extrem übernehmen kritiklos alles Angebotene und vergessen dabei, dass es um Inhalte und nicht primär um Formen geht. Sie kaschieren damit ihre eigenen Probleme, sind nicht gewillt sich selbst ungeschminkt gegenüber zu treten und fühlen sich durch die Geborgenheit in der Gruppe bestätigt.

Der Inhalt sollte somit das Wesentliche sein und nicht die Erscheinungsform dieses Inhaltes. Jede Schule des Buddhismus betont die intensive persönliche Schulung in den Bereichen Studium, Meditation und Lebensführung. Doch wie gestalten die meisten Buddhisten ihren Zugang zur Lehre? Sie sammeln buddhistische Belehrungen sowie Übungsunterweisungen und vertrauen darauf, dass alleinig ihre Zugehörigkeit zu einer buddhistischen Gruppe bereits den Erfolg garantiert. Buddhismus ist jedoch kein Hobby und kein Zeitvertreib, er ist auch nicht ein sogenannter Ausgleich zum alltäglichen Leben, der uns getrennt vom Profanen Energie und Kraft spenden soll. Und die Lehre des Buddha ist auch keine Ersatzreligion oder Philosophie, die es uns leichter macht aus unseren bestehenden Verpflichtungen zu entfliehen.

Und noch etwas sei zu erwähnen. Der Buddhismus wird hier Im Westen oft stark intellektualisiert und als Disziplin der Religionswissenschaft betrieben. Dies ist vor allem in sogenannten akademischen Kreisen sehr verbreitet. Die vergleichende Religionsbetrachtung erfolgt dann oft im Kontext christlich kultureller Rahmenbedingungen, wie z.B. theologischer Institute. Oder der Fokus wird auf sprachliche Forschung und Übersetzungstätigkeiten gelegt. Das Zauberwort ist dann die sogenannte „Buddhologie“. Doch ohne meditative Schulung und ohne das ernsthafte Bemühen den Weg des Buddha in der eigenen Praxis zu gehen ist Sprachwissenschaft, Philosophie, etc. nicht der Nachvollzug der Lehre! Somit bleiben nicht nur buddhistische Standardtexte sondern auch übersetzte Texte der meditativen Praxis letztlich abstrakt oder verfälschen die Lehre des Buddha. Nicht Gelehrsamkeit ist der Schlüssel zum Verständnis der buddhistischen Lehre, sondern nur die Ausgewogenheit von Wissen, meditativer Schulung und Anwendung im praktischen Leben.

Und dann gibt es noch das andere Extrem und die Lehren werden gar nicht intellektualisiert und rein als religiöse Strömung, als eine Glaubenslehre in der man sich eingebettet wohlfühlen kann wahrgenommen. Auch dies führt leider in den meisten Bereichen zu einer Verzerrung der Inhalte der Buddhalehre. Der Buddha gründete keine Religion (im westlichen Sinn), er legte seine Erfahrungen offen dar. Er kann uns nicht erlösen, er kann uns nicht die Erleuchtung vermitteln, seine Inspiration und seine Lehrdarlegungen können uns aber dahin führen und dazu verhelfen, dass wir uns selbst aufraffen und den Weg des Buddha beschreiten – ernsthaft und aufrichtig beschreiten.

Um all diese falschen Vorstellungen vom Buddhismus und den Irrtümern, denen viele Menschen aufsitzen, entgegen zu wirken und uns dies einigermaßen bewusst zu machen wurde dieses Buch geschrieben.

Wenn man nun mit Freunden oder Bekannten über Buddhismus spricht, dann werden manche zentralen Themenbereiche des Buddhismus wie die Philosophie des Mittleren Weges (S: madhyamaka, auf die Mitte bezüglich) und die buddhistische Bewusstseinslehre (S: cittamātra, nur Bewusstsein) gar nicht erwähnt oder sind völlig unbekannt. Dafür ist man aber häufig mit Fragen zu Themen wie Meditation, Karma, Wiedergeburt oder anderen Lehrinhalten den Buddhismus betreffend konfrontiert. Es werden Behauptungen über buddhistische Begriffe und Themen aufgestellt, die mit der Lehre des Buddha wenig oder gar nichts zu tun haben. So kommt es zu einem verdrehten Verständnis der buddhistischen Inhalte. Aber auch Fragen nach den geschichtlichen Ursprüngen und der Ausbreitung der Lehre, der Tradition der Buddhalehre, bleiben oft unbeantwortet und im Dickicht der eigenen Meinungen und Interpretationen verhaftet. Auch hier treibt die Phantasie manchesmal interessante Blüten.

Hier ein paar solch obskurer Beispiele: Vajrayāna, der Diamantweg, sei eine Fehlentwicklung und dekadent; der tibetische Buddhismus ist die älteste Form der Lehre; Tantra im Hinduismus und im Buddhismus sind das selbe; Pali ist die heilige Sprache des Buddhismus; der Dalai Lama ist das Oberhaupt aller Buddhisten; Meditation führt zu Glück und verbessert das eigene Lebensgefühl; China ist atheistisch und hat auch in der Vergangenheit wenig mit Buddhismus zu tun gehabt; Zen entstand in Japan; der Theravada Buddhismus ist Hīnayāna und die wahre urspüngliche Lehre des Buddha; und so weiter. Diese Liste könnte man leider lange fortsetzen.

Wir werden im Laufe dieses Buches nun feststellen, dass solche Behauptungen und Ansichten der Lehre des Buddha entweder nicht entsprechen oder die buddhistischen Lehrinhalte nur unvollständig oder verdreht wiedergeben.

Und was nun die Praxis der Integration der Buddhalehre in das Leben selbst betrifft, so wird auch hier viel hineininterpretiert und falsch akzentuiert oder Wesentliches gar nicht praktisch beachtet. Die Lehre des Buddha wird entsprechend angepasst und man korrigiert seinen Lebensstil nicht wirklich. Der praktische Bezug zum eigenen Leben wird nur in jenen Bereichen in Angriff genommen die aus der momentanen Sichtweise heraus als wichtig erscheinen. Die wirklichen viel tiefer sitzenden Probleme und unheilsamen Eigenarten unserer selbst werden vernachlässigt und gar nicht in Angriff genommen. Sie bleiben in uns begraben und werden nicht durchleuchtet. Die eigenen Schwächen werden nur dort korrigiert wo es uns nicht tief innerlich betrifft und Unbehagen auslösen würde, das alltägliche Leben geht weiter wie zuvor.

Aber auch ein anderes Extrem ist zu beobachten. Alltägliche Dinge, wie Berufsausübung, der Umgang mit Mitmenschen oder Verhaltensrichtlinien und ähnliches werden ausschließlich im Licht der neuen Betrachtungsweise, nämlich des Buddhismus, versucht zu sehen. Das heißt unser Verständnis des Buddhismus bestimmt unser Engagement im täglichen Leben. Wir versuchen dann alles ausschließlich buddhistisch zu interpretieren. Das Essen muss achtsam erfolgen, die Unterhaltung mit Mitmenschen muss sich vorwiegend um buddhistische Inhalte drehen, unser Benehmen soll ständig den Geist der Lehre widerspiegeln, usw.. Das reale Leben mit seinen Höhen und Tiefen wird hintan gestellt. Wir versuchen keine starken Gefühle zu zeigen, wir ziehen uns aus einer Art von Menschlichkeit zurück, denn das Leben soll ja nun „buddhistisch“ werden. Wir beginnen uns selbst als Marionette unserer Sichtweise zu verhalten. Mit anderen Worten der Geist der Lehre, die Inspiration und Praxis geht verloren oder wird dadurch nicht wirklich erfasst.

Wir als Menschen, die in einem „nicht-buddhistischen“ Kulturkreis hier im Westen leben und aufgewachsen sind, tun uns schwer manche Aussagen des Buddhismus in unser Leben zu integrieren. Asiaten, d.h. Menschen die in einem buddhistischen Umfeld leben und in einer dem Buddhismus nahestehenden Kultur aufgewachsen sind, können viele Aussagen des Buddhismus leichter erfassen und haben weniger oder oft nur geringe Schwierigkeiten damit das Essenzielle zu erfassen. Viele Dinge werden als natürlich empfunden und werfen somit keine Fragen bzw. Probleme auf. Bei Menschen in der westlichen Hemisphäre ist dies leider anders.

Zum einen liegt das daran, dass wir im Westen sehr stark durch die christliche Kultur und Religion geprägt sind und daher andere Religionen meist aus diesem Blickwinkel heraus betrachten und beurteilen und zum anderen liegt es aber auch daran, dass sprachliche Schwierigkeiten im Verständnis einzelner Begriffe zu überwinden sind. Viele der buddhistischen Ausdrücke sind in unserem religiösen und auch im europäisch-philosophischen Gedankengut nicht oder nur mangelhaft vorhanden oder sie werden gänzlich anders verstanden. Viele Begriffe, die der Buddhismus verwendet, basieren auf Sprachen, die bereits über Jahrhunderte und sogar Jahrtausende einen anderen philosophischen und kulturellen Bezug haben. Bei Übersetzungen werden dann diese Begriffe in westliche Terminologie übertragen und durch das westlich-kulturelle und philosophische Verständnis und das eigene religiöse Empfinden gefärbt. Dadurch erscheint uns ein Zugang zu den Lehrinhalten des Buddhismus erschwert. Es setzen sich hartnäckig fehlerhafte Interpretationen fest und es ergibt sich viel Stoff zum Nachdenken, Diskutieren und zum Hinterfragen. Auch hier seien Begriffe wie Nirvāṇa, Karma, Erleuchtung, Nicht-Ich sowie Meditation beispielhaft erwähnt, die einerseits viel zu viel Interpretationsspielraum in ihrer übersetzten Wortbedeutung haben oder einfach betrachtet völlig falsch interpretiert oder verstanden werden. Aber auch Begriffe der westlichen Philosophie und der abrahamitischen Religionen finden Einzug in die übersetzten Texte des Buddhismus. Da finden sich Bezeichnungen wie es sie in dieser Form und Bedeutungsweise in den Lehren des Buddha so nicht gibt wie zum Beispiel Glaube, Gebet, Religion, Seele, Meditation, Gebote, Gott, Sünde, usw.

In den vergangenen Jahren, und letztlich bis heute, sind viele Missverständnisse und manche Fragen zur buddhistischen Lehre immer wieder in meinem persönlichen Umfeld aufgetaucht. Wobei dies nicht nur auf Menschen zutraf, denen die Lehre des Buddha unbekannt war und somit für sie etwas Neues darstellte, sondern diese Themen werden auch von jenen hinterfragt und diskutiert, die sich bereits mit dem Buddhismus auseinandergesetzt haben. Hierbei geht es sehr oft um die Frage, wie etwas wirklich zu verstehen ist und warum es im Widerspruch zum persönlichen Weltbild bzw. eigenen Gedankengut zu stehen scheint. Wie habe ich diesen Begriff oder ein spezielles Thema zu verstehen und warum passt es in manchen Aspekten nicht zu meinem gewohnten Weltbild? Wie setze ich die buddhistische Lehre praktisch in meinem Leben um? Wie kann ich für mein Verhalten und meine Lebensweise den besten Nutzen aus den vom Buddha hinterlassenen Lehren gewinnen? Worin liegen der Schlüssel zur Anwendung und der praktische Nutzen?

All diese Fragestellungen werden dann meist durch eigene Interpretation beantwortet und somit ergibt sich ein Verständnis des Buddhismus, das in manchen Aspekten stark von der eigentlichen Lehrdarlegung abweicht oder diese sogar völlig verdreht. Dadurch verfestigen sich die Irrtümer und die Lehre des Buddha bleibt weitestgehend missinterpretiert. Begriffe wie Wiedergeburt, Erleuchtung, Karma, Nirvāṇa, usw. setzen sich in missinterpretierter Weise fest und andere meist christliche Begriffe wie Seele, göttliches Wesen, Gebet, Sünde, Gebote werden dem Buddhismus aus Unverständnis hinzugefügt oder als Übersetzung angeboten, wo sie gar nicht hingehören oder einfach nicht in der buddhistischen Lehre vorhanden sind.

Wir sollten aber noch etwas bedenken. Für viele Menschen bleibt der Buddhismus leider meist auch so etwas wie ein Hobby oder eine befriedigende Erweiterung des eigenen spirituellen Weltbildes. Das geht aber an einem Verständnis der Lehre des Buddha völlig vorbei. Nach dem intellektuellen Einstieg und Studium der buddhistischen Lehren sollte berechtigterweise der Wunsch entstehen, das Gelesene und Durchdachte wirklich zu verstehen und auch praktisch anwenden zu können. Doch hier entsteht das Problem. Denn nicht alles, was wir scheinbar intellektuell nach dem ersten Begreifen geistig verdaut zu haben scheinen, ist es auch. Und so entstehen geistige Verdauungsbeschwerden, die sich uns in Form nicht befriedigend beantworteter Fragen nun aufdrängen.

Es entstehen Zweifel und Missverständnisse sowie Fehlinterpretationen. Wir greifen wiederholt zu weiteren Büchern und Darstellungen, finden jedoch nicht in dem Maße Antworten auf unsere offenen Fragen, wie wir es uns erwarten und wünschen würden. Denn leider finden sich auch in manchen Darstellungen des Buddhismus, die in Zeitschriften und Magazinen erscheinen, des öfteren ungenaue Erklärungen und manche nicht-buddhistische oder aus dem Blickwinkel des Christentums oder esoterischer Vorlieben heraus geprägte Interpretationen. Andererseits gibt es seriöse Bücher und Artikel über den Buddhismus, die allerdings den Schwerpunkt oft nur auf sogenanntem Faktenwissen aufbauen, d.h. geschichtlicher Hintergrund, schulspezifische Ausprägungen, mit anderen Worten Theorie. Die wenigsten Darstellungen versuchen die Inspiration und Motivation der Lehre selbst in den Vordergrund zustellen. So entstehen oft mehr Fragen als Antworten, nachdem wir solche Schriften gelesen haben.

Unter den Büchern, die sich mit dem Buddhismus als Hauptthema auseinandersetzen, gibt es nach wie vor einseitige und unklare Darstellungen. Allzu oft werden buddhistische Texte von „Gelehrten“ übersetzt und diesen fehlt meist jeglicher Bezug zur praktischen Umsetzung. Intellektuelle Erkenntnis gepaart mit sprachlichem Wissen ist bei weiten nicht ausreichend den Buddhismus wirklich verdauen geschweige denn praktisch in sein eigenes Leben aufnehmen zu können.

Die Lehre des Buddha ist keine Philosophie, welche durch mentale Akrobatik ergründet werden kann. Diese Methode der ausschließlich intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Thema scheint im Westen aber der bevorzugte Zugang zur Philosophie zu sein. Auch wenn ein praktischer Bezug hergestellt wird, so fehlt dem westlichen Philosophen die eigene Selbstverinnerlichung, er bleibt ein Denker und er ist kein Meditierender.

Die Lehre des Buddha ist eine Anweisung zur praktischen Lebensführung, zur Korrektur der eigenen Sichtweise und damit beinhaltet sie die Notwendigkeit, das Studierte und das erlangte Wissen auch zu verdauen. Diese sogenannte Verdauung ist die meditative Schulung und ohne diese bleibt eine Erfahrung des Buddhismus Gehirn-Akrobatik.

Ich habe daher versucht im Kontext der Themen der Buddhalehre diesen Geist der Inspiration und Motivation aufzuzeigen. Dass dabei manche Irrtümer bezüglich der Lehre angesprochen und erhellt werden ist natürlich notwendig.

Die Motivation zur Abfassung dieses Buches kam für mich aus unterschiedlichen Bereichen. Bereits meine Yogalehrer aber vor allem meine buddhistischen Lehrer zeigten mir, dass es wichtig ist, das Gehörte nicht nur intellektuell zu erfassen sondern auch praktisch umzusetzen. In den 1970er und 1980er Jahren führte ich bereits umfangreiche Gespräche, um Fragen bezüglich der praktischen Anwendung der Buddhalehre zu hinterfragen und um Antworten und Meinungen darüber zu diskutieren. Zu jener Zeit war der Buddhismus in Europa noch wenig verbreitet. Es war eine Zeit des spirituellen Aufbruchs und Formen des Yoga und der Meditation kamen verstärkt in Europa an.

Um aufzuzeigen inwieweit der Buddhismus inhaltlich im Westen angekommen ist und wie schwieirig es letztlich ist die Lehren des Buddhismus im Denken und Empfinden der Menschen zu verankern möchte ich hier deshalb als ein Beispiel die Entwicklung des Yoga im Westen und das Wegtriften von der ursprünglichen Yogalehre kurz aufzeigen.

Was die Entwicklung des Yoga im Westen betrifft muss man sich eingestehen, dass sie sich hier im Westen im Laufe der Zeit stark von ihrer ursprünglichen indischen Form in die Richtung einer Körperertüchtigung und Gesundheitslehre entwickelt hat. Es gibt nun hier im Westen Yoga für Fitness, für Anti-Aging und vorwiegend wird sogenannter Ashtanga-Yoga propagiert. Asthanga ist ein Sanskritbegriff und bedeutet acht Glieder (S: aṣṭāṅga, achtgliedrig) und bezieht sich auf das klassische Raja Yoga System wie es Patanjali (SIEHE SEITE→) im fünften Jahrhundert bereits in den Yogasutren niedergeschrieben hat. Dabei wird aber die Grundlage, die Basis und zentrale Lehre des Yoga, nämlich die meditative Schulung, niemals vernachlässigt. Yoga wird jedoch im Westen hauptsächlich als Körper betonter Yoga (S: haṭha yoga) gelehrt, einem Fitnessprogramm eher vergleichbar als einer ganzheitlichen spirituellen Schulung. Dies bedeutet, dass die zentrale Motivation Yoga zu üben weitgehend verloren gegangen ist. Gymnastik esoterischer Prägung wurde hier im Westen erschaffen und nun in der Allgemeinheit als Yoga verbreitet und vermarktet. Unterschulen des Yoga werden als die Hauptströmung der Lehre propagiert und die Basis scheint weitgehend verloren gegangen zu sein.

Wenn man sich nun die Entwicklung des Buddhismus hier im Westen ansieht, so erkennt man eine ähnliche Tendenz wie beim Yoga, die teilweise bereits ebenfalls weg von der ursprünglichen Basis führt. Die Lehren des Buddhismus verbereiten sich wie erwähnt entweder als esoterische Strömung, als Kopie einer asiatischen Kultur oder als zusätzliches Wohlfühl-Programm für den gestressten und inhaltsleeren Menschen unserer technokratisch geprägten Zeit. Meditationskurse werden als Buddhismus verkauft aber auch traditionelle Rituale mancher buddhistischer Schulen, die weitgehend kulturell gefärbt sind, werden ohne tieferes Verständnis einer großen Zuhörerschaft angeboten.

In allen asiatischen Ländern, in denen der Buddhismus Fuss fassen konnte, geschah dies aber dadurch, dass die Praktizierenden und ernsthaft Übenden der buddhistischen Lehre, den Inhalt der Lehre im jeweiligen eigenen sozialen Umfeld nach und nach bekannt machten. Organisationen, wie Tempel und Klöster sowie Vereinigungen und Gesellschaften wurden auf Grund dieser praktischen Erfordernisse dann schließlich ins Leben gerufen. Wir sehen also, dass zuerst der Inhalt und dann die Form kam. Zuerst gab es eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Übenden und Bekennern zur Lehre und daraus entwickelten sich die organisatorischen Strukturen und gesellschaftsrelevanten Formen. Im Westen scheint es allerdings in vielen Bereichen eher umgekehrt zu sein.

Buddhistische Organisationen breiten sich im Westen aus und schaffen Strukturen wie Zentren und Vereinigungen, die aber stark durch die Kultur und die sozialen Strukturen ihres Herkunftlandes geprägt bleiben. Dadurch erlangen sie natürlich Zulauf und eine anwachsende Zahl von Mitgliedern. Nur Mitglieder, die sich ohne tiefer in das buddhistische Gedankengut einzudringen dann als Bekenner des Buddhismus deklarieren sind aber keine ernsthaften Bekenner der buddhistischen Lehre. Wir sehen dies zum Beispiel daran, dass buddhistische Texte in einer Fremdsprache wie Pali, Sanskrit, Tibetisch oder Japanisch rezitiert werden, ohne dass der oder die Betreffende sich deren Inhalt wirklich erarbeitet hat und einen Großteil der Rezitation gar nicht versteht. Man sollte einmal darüber nachdenken warum in asiatischen Ländern die meisten buddhistischen Texte in der jeweiligen Landessprache von den Menschen dort rezitiert werden (Indien – Sanskrit, China – Chinesisch, Korea – Koreanisch, Japan – Japanisch). Und in Südost-Asien ist es Pali, weil dies durch die Reziterenden auch wirklich inhaltlich verstanden wird.

Ich will damit in keinster Weise das Engagement dieser Bestrebungen schmälern. Ich will hier aber zu bedenken geben, ob kulturelle, organisatorische und mitgliederstarke Gemeinschaften, den Kern des Buddhismus weitertragen geschweige denn inhaltlich lebendig erhalten können. Hier besteht sicherlich die Problematik, dass die buddhistische Lehre verwässert und den Bedürfnissen der Anhänger angepasst wird. Dies sollten wir beachten, denn die Quantität ist niemals ein Garant für die Qualität einer Sache.

Aus all diesen Gründen und wegen dieser gewonnenen Eindrücke, erscheint es notwendig sich ernsthafter mit den unverfälschten buddhistischen Lehren auseinander zu setzen. Denn auch aus der Lektüre mancher Bücher, die hier im Westen unter dem Begriff Buddhismus publiziert werden, finden sich teilweise unklare Darstellungen über den Buddhismus.

Besonders hilfreich und erhellend waren und sind daher vor allem meine Kontakte zu Buddhisten, die in einem buddhistischen Umfeld aufgewachsen sind und in einem Land mit buddhistischer Kultur leben. In Gesprächen über die Lehre des Buddha in Tempeln und Klöstern in China als auch mit Laienanhängern und Laienanhängerinnen wurden viele Aspekte der buddhistischen Lehre für mich klarer. Denn aus asiatischer Sicht scheint der Zugang zur Lehre des Buddha ursprünglicher und mit weniger Fallstricken versehen zu sein als aus der westlichen und stark gefärbten christlichen Sichtweise heraus.

Das hier Dargelegte ist natürlich nur eine Auswahl. Ich habe allerdings versucht jene Themen aufzuzeigen, die in Gesprächen immer wieder angeschnitten wurden oder über die leider sehr häufig Fehlinterpretationen verbreitet werden. Inwieweit dies gelungen ist, muss der Leser, die Leserin selbst für sich beurteilen. Die Antworten und Erklärungen zu den einzelnen Themen sind geprägt durch meine eigenen Erfahrungen und sind natürlich durch meine gewählten Formulierungen gefärbt. Ich hatte jedoch, während der vergangenen Jahrzehnte das Glück und vielleicht auch das Privileg, unter Anleitung meiner Lehrer diese Themen studieren und vor allem praktizieren zu können. Durch diese Unterstützung war es für mich erst möglich diese schriftliche Zusammenfassung als ein Hilfsmittel zu verfassen.

Möge der Leser und die Leserin die hier ausgebreiteten Themen betrachten und sich mit ihnen beschäftigen. Mögen sie dies zum Anlass nehmen, über die Themen, die hier behandelt werden, selbst zu reflektieren und durch eigenes Nachdenken daraus Gewinn ziehen. Vielleicht gelingt es mit jener inneren Einstellung, die der Buddha selbst so trefflich in der Lehrrede an die Kalamer darlegte, an die Sache heran zu gehen.

„.. Geht, .., nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters. Wenn ihr aber, ..., selber erkennt: `Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl`, dann, ..., möget ihr sie euch zu eigen machen.“

sutta piṭaka, aṅguttara nikāya, kālāma sutta (Palikanon, Angereihte Sammlung III,66) nach einer Übersetzung von Nyānatiloka

So möge dieses Buch eine Hilfe sein, im Auffinden von Antworten, und möge es auch Anlass zu eigenem Nachdenken sein sowie zu eigener vorurteilsfreier Reflexion und schließlich zu einer praktischen Umsetzung und Anwendung der buddhistischen Lehrinhalte hinführen. Möge es dazu verhelfen jene Inspiration aus der Lehre des Buddha zu gewinnen, die entsteht wenn wir unsere eingeschränkte und vor allem westlich geprägte Sichtweise hinterfragen. Wenn wir offen werden für Neues und die Mauern in unserem Weltbild versuchen zu überwinden, werden wir es schließlich auch schaffen uns aus dem selbst auferlegten Gefängnis der eigenen Meinungen und Ansichten zu befreien.

Die nachfolgenden Kapitel folgen keiner notwendigen inhaltlichen Reihenfolge. Sie müssen nicht zwingend vom ersten bis zum letzten Kapitel in der gegebenen Reihenfolge gelesen werden. Ich habe weitestgehend versucht keine Abhängigkeiten von einem Kapitel in ein anderes zu schaffen. Sollte ein tieferes Verständnis einzelner Begriffe jedoch als notwendig erscheinen, so sei auf die im Text eingebetteten Querverweise verwiesen.

Damit kann dieses Buch auch quer gelesen werden. Der Leser und die Leserin können somit jene Themen gezielt herausgreifen, die ihnen gerade als wichtig erscheinen. Man sollte sie lesen, wenn möglich mit Gleichgesinnten diskutieren und inhaltlich hinterfragen. Gerade in der heutigen Zeit haben wir den Vorteil auf eine Fülle von Informationen leicht zugreifen zu können. Achtsam und mit Bedacht sollte man gewonnenes Wissen ergänzen und vervollständigen. Hier sei vor allem die Möglichkeit der Internet Recherche erwähnt. Vielleicht verhilft dieses Buch dazu den sogenannten goldenen Faden in der Fülle der Informationen zu finden. So kann man sich schrittweise oder je nach Notwendigkeit mit dem einem oder anderen Thema auseinandersetzen und besser damit vertraut machen.

Ein Gesamteindruck bezüglich einer praktischen Umsetzung der buddhistischen Lehre in unser Leben erschließt sich natürlich umso besser je ganzheitlicher wir mit den Lehrinhalten der buddhistischen Lehre (P: dhamma / S: dharma) vertraut sind. Daher macht es natürlich Sinn nicht nur einzelne Kapitel nachzulesen, sondern das gesamte Buch zu beachten. Vollständigkeit kann man bei dem hier ausgebreiteten Thema allerdings in keinster Weise erwarten. Was hier ausgebreitet wurde, sind Themen, die in meinem Umfeld relevant waren und sind, die ich mit meinen Lehrern sowie mit Gleichgesinnten besprochen, diskutiert und erörtert habe. Ich hoffe aber trotz dieser Unvollständigkeit, dazu beizutragen auf wesentliche Irrtümer bezüglich des Buddhismus hinweisen zu können und durch die Darstellung der jeweiligen Themen zur Richtigstellung beitragen zu können.

Abschließend möchte ich noch all meinen Begleitern auf dem Weg des Dharma sowie all meinen Freunden danken, denn ohne sie, ohne den Dialog mit ihnen, wäre dieses Buch nicht entstanden und auch manche meiner eigenen Fragen wären unbeantwortet geblieben oder hätten sich in den abstrakten Gefilden der Theorie eingenistet ohne jeglichen Nutzen für das praktische Leben zu haben.

Mein besonderer Dank gilt vor allem meinen indischen, chinesischen, tibetischen aber auch meinen europäischen Lehrern.

Meiner chinesischen Frau und Gefährtin auf dem praktischen Weg des Buddha Dharma danke ich für ihre Anregungen und die vielen Gespräche, die mir manche festgefahrene westliche Interpretation korrigieren half und hilft. Meinem Sohn danke ich für seine Anregungen und das Korrekturlesen von Teilen des Manuskriptes.

Ohne den Anstoss durch meine indischen Lehrer, die mich inspririerten den praktischen Weg des Yoga zu beschreiten und ohne die Inspiration durch meinen buddhistischen Guru wäre dieses Buch nie zustande gekommen.

Wien (Österreich) Wenjiang (Sichuan, China) im Jahr des Drachen, 2024

BUDDHA

PRÄAMBEL

Im Buddhismus werden die Drei Juwelen oder Kleinodien (P: tiṣarana / S: triśaraṇa) in hohen Ehren gehalten. Das ist der Buddha, die Lehre (P: dhamma / S: dharma) und die Gemeinde (P: sangha / S: saṅgha). Der Buddha ist der Erwachte, der aus sich selbst heraus den Weg aus der Unzufriedenheit und Leidhaftigkeit gefunden hat. Die Lehre ist der vom Buddha gefundene Weg und seine Darlegungen bezüglich dieses Weges. Die Gemeinde sind dann diejenigen die sich um einen Nachvollzug der Lehre bemühen.

In diesem Kapitel beschäftigen wir uns vorwiegend mit dem Buddha. Der Buddha steht am Beginn der Lehren des Buddhismus, da er aus der Unwissenheit und den Verstrickungen einer fehlgeleiteten Weltsicht heraus erwacht ist (PS: buddha, der Erwachte). Er ist kein Gott oder ein göttliches Wesen, sondern ein Mensch, der durch eigene Anstrengung den Weg zum Erwachen, zur Erleuchtung, gefunden hat. Dieses Prinzip der Erleuchtung spiegelt sich im Buddhismus in vielen Ausdrucksformen wieder. Daher ist der Buddha nicht nur die historische Person, sondern er verkörpert für uns Buddhisten dieses Erleuchtungsprinzip, d.h. er ist das konkrete Beispiel für die Möglichkeit aus der Ilusion und fehlgeleitenden Weltsicht zu erwachen. Der Buddha lebte es uns vor wie wir uns selbst als der Mensch der wir sind ungeschminkt erfahren können und daher auch die Welt in der wir existieren der Wirklichkeit gemäss wahrnehmen können.

Neben dem historischen Buddha gibt es weitere Wesen, die dieses Prinzip des Erwachens und der Erleuchtung repräsentieren. Dies zeigt sich in den unterschiedlichen Formen von Buddhadarstellungen, die nicht den historischen Buddha darstellen. Das sind einerseits Formen, die bestimmte Qualitäten eines Erwachten symbolisieren und uns damit inspirieren und vertraut machen sollen. Es sind dies zum Beispiel die Meditationsbuddhas (S: dhyānibuddha) oder es sind andererseits Wesen auf dem Weg zur Erleuchtung (P: bodhisatta / S: bodhisattva), die bereits eine hohe Stufe der Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung realisiert haben.

Aber auch um die Frage eines Gottesbegriffes und inwieweit das Wesen eines Buddha für uns fassbar ist, geht es in diesem Abschnitt.

In den weiteren Kapiteln wie „Studium“ und „Lebensführung“ werden wir uns dann mit der Lehre des Buddhismus näher auseinandersetzen. Das Kapitel „Übung und Meditation“ betrifft dann vorwiegend Aspekte der praktischen Anwendung und den Übungsmöglichkeiten innerhalb des Buddhismus. Im Kapitel „Geschichtliche Entwicklung“ schließlich werden die Entwicklung des Buddhismus und damit verbundene Fragen behandelt.

DER HISTORISCHE BUDDHA

Missverständnis

Der historische Buddha ist ein göttliches Wesen und repräsentierte eine Offenbarungslehre.

Richtigstellung

Der historische Buddha ist kein Gott, er war ein Mensch der aus sich selbst heraus den Weg aus den Verstrickungen und Abhängigkeiten der Unzufriedenheit und des Leidens gefunden hat. Seine Lehrdarlegungen weisen einen praktischen nachvollziehbaren Weg und sind nicht die Offenbarung einer überweltlichen oder göttlichen Lehre. Um dies besser verstehen zu können sollte daher jeden ernsthaft am Buddhismus Interessierten die Lebensgeschichte des Buddha bekannt sein.

Als Menschen sind wir vielschichtige Wesen. Wir leben nicht nur im Denken sondern auch in unseren Gefühlen, Vorstellungen und Phantasien. Sich einem anderen Menschen anzunähern, bedeutet ihn nicht nur zu verstehen, d.h. mit unserem Denken zu ergründen. Letztlich versuchen wir ihn auch gefühlsmäßig zu begreifen und versuchen das von ihm Erlebte an uns nachzuvollziehen. Wir wünschen uns es mit unserem eigenen Erleben in Einklang zu bekommen. Denn erst in diesem Einklang begreifen wir die Handlungen und Motivationen und dringen sozusagen ein in die Erlebniswelt dieses Menschen. Daher sind Biographien ein nicht zu vernachlässigendes Hilfsmittel, um unseren eigenen Horizont zu erweitern und um ein tieferes Verständnis über uns selbst zu erlangen. Denn im Spiegel einer Lebensbeschreibung öffnen sich für uns die Türen zu unseren eigenen Erlebniswelten. Beschäftigen wir uns also mit der Lebensbeschreibung des Menschen, den wir den Buddha nennen und auf den jene Lehre zurückgeht, die wir hier im Westen als den Buddhismus bezeichnen.

Geburt und Jugend

Vor mehr als 2500 Jahren war Nordindien überzogen von Kleinstaaten, die unterschiedlichste Regierungsformen unterhielten - es gab Monarchien, demokratische Bünde, Fürstentümer und Adelsrepubliken. In einer solchen Adelsrepublik erblickte an einem Vollmondtag im Mai des Jahres 563 vor unserer Zeitrechnung Siddhartha Gautama als Sohn eines Regionalfürsten, das Licht der Welt. Geboren wurde er in einer Adelsrepublik des Sakya Stammes. Er war also nach europäischem Adels-Verständnis kein Prinz, sondern entstammte einer regionalen Adelsfamilie. Die Erhöhung zu einem Prinzen wurde erst in späterer Zeit durch die Übersetzer in Europa hinzugefügt. Er erhielt den Namen Siddhartha aus dem Geschlecht der Gautama – somit kennen wir ihn als Siddhartha Gautama. Kurz nach seiner Geburt verstarb seine Mutter und er wurde von der zweiten Frau seines Vaters aufgezogen. Sie war die Schwester seiner Mutter. Der Geburtsort war ein Hain in der Nähe der damaligen Hauptstadt Kapilavastu, ein Ort der Lumbini genannt wurde. Heute ist dies eine verlassene Stätte in Nepal nahe an der Grenze zum heutigen Indien.

Vielfache Mythen und wundervolle Erzählungen ranken sich um diese Geburt. All diese Geschichten versuchen uns eines zu vermitteln - ein besonderes Wesen trat hier erneut ein in den Kreislauf von Geburt und Tod, der zukünftige Buddha war geboren. Desgleichen wird auch sein Heranwachsen in schönen Bildern ausgeschmückt.

Auf Grund der hohen sozialen Stellung des Vaters war es selbstverständlich, dass auch der Sohn in eine solche Stellung hineinwachsen sollte. Und so wurde dessen Erziehung entsprechend ausgerichtet. Die überlieferten alten Texte berichten uns vom Luxus, in dem der Knabe aufwuchs und von seiner vor den Unbilden der Welt abgeschirmten Erziehung.

Da die Hofbrahmanen (P: brāhmapurohita / S: brāhmaṅa, Priester und Religionsgelehrter) bei seiner Geburt dem Knaben eine besondere Stellung in der Welt vorausgesagt hatten, und dies wäre sowohl im Weltlichen als auch im Geistigen möglich (Herrscher oder Weiser), wurde der Junge vor aller direkten Berührung mit Yogis und Asketen abgeschirmt, damit er die Laufbahn eines Herrschers einschlage, um so die Familientradition fortzusetzen. Man wollte damit vermeiden, dass er so wie manche Menschen in Indien, sich dem Leben abwendet und sein Zuhause verlässt um ein Wanderasket zu werden. In Indien gab und gibt es bis heute die Tradition den Verpflichtungen des Lebens zu entsagen und sich in die Hauslosigkeit zurückzuziehen, um durch spirituelle Übung (PS: yoga) oder Askese (P: sāmañña / S: śramaṅa) das eigene Seelenheil zu finden.

Und so wie alle jungen Menschen verbrachte der Knabe Siddhartha Gautama seine Zeit mit Lernen und Spiel. Es wird berichtet, dass er außergewöhnliche Fähigkeiten und Talente entwickelte. Somit war ihm eine, diesen Fähigkeiten entsprechende, glanzvolle Karriere in den Fußstapfen seines Vaters vorgezeichnet.

Auf Grund seiner sozialen Stellung wurde er daher von den Widrigkeiten und Problemen seiner Umwelt weitgehend ferngehalten und verbrachte eine glückliche und sorglose Jugend. Intensive Berührungen mit der Außenwelt, der Welt des Elends, des Jammers und der Verzweiflung waren ihm verschlossen und fremd, sodass der heranwachsende Knabe ein ruhiges und behütetes Leben hatte.

Im Alter von sechzehn Jahren wurde er, so wie es zu seiner Zeit üblich war, verheiratet und bald darauf wurde er auch Vater eines Sohnes.

Beginn der Suche

Aber sein innerer Drang, nach Wesentlichem zu suchen - Beständigkeit in dieser Welt der Veränderungen und des ständigen Wandels zu finden, konnte auf Dauer nicht ruhen. Und so berichtet uns die Legende, dass der Knabe bei dieser Suche nach beständigen Werten auf verschiedenen (die Tradition spricht von drei) Ausfahrten außerhalb seines geschützten Wohnbereichs mit den Grenzsituationen des Lebens konfrontiert wurde.

Da sah er einen alten Menschen, von der Last der Jahre gebeugt, klapprig und gebückt; einen von Krankheit gezeichneten Menschen, hilflos und dem Siechtum hingegeben und schließlich einen Toten, dessen Körper bereits in Auflösung begriffen war. Diese drei Erfahrungen erweckten in Siddhartha Gautama den Wunsch nach Wissen, nach Antworten auf die Fragen des Lebens. Als er schließlich auf einer späteren Ausfahrt einem heiteren Asketen begegnete, stand sein Entschluss fest, er selbst wollte sein Heim verlassen, um wie Hunderte und Tausende vor ihm, als Wanderasket nach geistigen, spirituellen Werten zu suchen.

Auch heute befindet sich der Mensch in einer ähnlichen Situation. Alter, Krankheit und Tod werden von uns ferngehalten. Alte Menschen werden in Heime gegeben oder verbringen (besonders in den Städten) ein einsames Leben ohne Kontakte zu ihrer Mitwelt; unheilbar Kranke werden in Kliniken untergebracht, fernab vom alltäglichen Leben und das Herannahen und Eintreten des Todes wird versteckt, verschleiert und letztlich häufig menschenunwürdig vollzogen.

So wie Siddhartha sollten aber auch wir, diese drei Ausfahrten unternehmen, und uns der Wirklichkeit des Lebens stellen, den Tatsachen ins Auge sehen - drei Ausfahrten in uns selbst unternehmen, um zu ergründen, wie wir selbst zu diesen Erscheinungen und Vorgängen stehen, uns ihnen gegenüber verhalten. Wie ist unsere eigene Reaktion auf Krankheit, Alter und Tod? Wie denken wir darüber, wie handeln wir, wenn wir damit konfrontiert werden? Wie verändern sie unsere Motivationen und Erfahrungswerte, wenn wir ihnen direkt ins Auge sehen?

Im Alter von 29 Jahren beschloss nun Siddhartha Gautama den Weg in die Hauslosigkeit anzutreten und sich in die Reihe jener Wanderasketen einzureihen, die in jener Zeit und bis heute Indien bevölkern und mit zu seiner Spiritualität beitragen.

Er verlies des Nachts heimlich seine behütete Welt und begab sich auf Wanderschaft, auf die Suche nach Lehrern, die ihm seine Fragen erklären und vielleicht auch beantworten konnten.

Er verabschiedete sich von seiner vertrauten häuslichen Umgebung, die ihn bis dahin beschützt hatte und die ihn auch von den Schwierigkeiten des Lebens abgeschirmt hatte. So begab er sich auf eine Wanderschaft in fremde für ihn neue Situationen. Er war auf sich allein gestellt, ohne Unterstützung durch seine vertraute Umgebung nur angewiesen auf sich selbst, hineingestellt in seine Selbstverantwortung und konfrontiert mit den Unbilden des Lebens. Er legte sein nobles Gewand ab, schnitt sich gemäß der Tradition der Asketen, die in die Hauslosigkeit zogen, das Haar und sandte seinen ihn begleitenden Diener zurück nach Hause.

Nun war er einer der vielen Asketen Indiens geworden, die durch dieses Land streiften auf der Suche nach Wahrheit, auf der Suche nach Antworten, auf der Suche nach sich selbst.

Yogaweg und Askese

Zwei Yogalehrern (P: alara kalama, uddaka ramaputta / S: ārāda kālāpa, udraka rāmaputra) begegnete er und schloss sich ihnen an.

Bei seinem Lehrer Alara Kalama, einem Lehrer der Samkhya Schule (S: saṁkhya, Bestimmung der Anzahl, Erwägung des pro und contra), übte und studierte er Yoga (SIEHE BZGL. YOGA SEITE→). Samkhya ist jene indische philosophische Richtung welche die Wirklichkeits-bestimmenden Elemente des Menschen und der Welt kategorisiert und analysiert. Dies umfasst den Vorgang der Sinneserfahrung ebenso wie die Konstitution des Menschen vom Physichen über das Mentale bis zum Spirituellen hin. Daher wird dieses philosophische System auch als die Basis des traditionellen Yoga in Indien betrachtet.

So erkannte Gautama, dass alle Erscheinungsformen Quelle des Leidens und der Unzufriedenheit sind. Unzufriedenheit entsteht aus uns selbst heraus, aus unserer falschen Erwartungshaltung. Denn obwohl wir den ständigen Veränderungen und den Einflüssen unseres Lebens ausgesetzt sind versuchen wir diese stets vorhandenen Bedingungen, der Welt in der wir leben, unseren Wünschen und Vorstellungen entsprechend zu verändern, um ihnen Dauerhaftigkeit zu verleihen. Somit sind wir selbst Quelle der Unzufriedenheit und Leidhaftigkeit. Das Ziel besteht nun darin, sich von dieser Vorstellung, dass wir alle Phänomene und Situationen kontrollieren und manipulieren können, zu lösen.

Diese erkennend erlangte Siddhartha Gautama nach tiefer Selbstreflektion jenen Zustand der Zufriedenheit in seinem Bewusstsein, der ihn abhob von den Unzulänglichkeiten dieser Welt und der ihn unberührt werden lies vom Geschehen dieser Welt. Dies nennt man im Yoga den Bereich ohne Begrifflichkeit (S: nirvikalpa, nicht differenziert, nicht schwankend) und im Buddhismus die Meditationsstufe der Nichtetwasheit (P: ākiñcañña āyatana / S: akiñcanya dhyāna).

Aber auch diese Bewusstheit hinterließ in ihm immer noch einen Rest von Unsicherheit, einen Rest von Unverständnis und somit letztlich das Gefühl einer Unzulänglichkeit.

Hierin sehen wir die immense Konsequenz, mit jener der zukünftige Buddha seine spirituellen Übungen bestritt. Nie gab er sich mit Unvollständigem zufrieden, immer war er auf der Suche nach Vollkommenheit. Das Finden der Erkenntnis und schließlich der Wahrheit, stand ihm über allem, unabhängig davon, wie dieses Ziel letztlich aussah und sich offenbaren würde.

Und so erlangte Siddhartha Gautama im Laufe der Zeit dieselben Verwirklichungen wie sein Lehrer, der ihm schließlich anbot, mit ihm zusammen die Schüler zu unterweisen. Aber Siddharthas Streben nach Vollendung war stärker und er verlies schließlich seinen Lehrer, um weiter zu suchen, um tiefer zu gehen, um Gewissheit zu erlangen.

So kam er zu seinem zweiten Yogalehrer (SIEHE BZGL. YOGA SEITE→) Uddaka Ramaputta, einem Lehrer des Vedanta (S: vedānta, das Ende des Veda Studiums). Vedanta ist jene indische philosophische Richtung die ein tiefes Eindringen in das Verstehen der frühindischen Texte und Philosophien beinhaltet.

Alaro Kalama wies wie einst Siddharthas vorheriger Lehrer einen sehr ähnlichen Weg. Dieser Lehrer ging aber noch einen Schritt weiter. Er durchleuchtete die Vorstellung über den Weg selbst, welchen man folgt, um ein spirituelles Ziel zu erreichen. Schließlich klassifizierte er die Idee eines Weges, den man geht, als absurd und leer. Da dies keinen in sich besitzenden Wert hat, also keine Eigensubstanz, sollte man dies als solches erkennen. In der Überwindung der Vorstellung eines Weges, liegt die vollständige Überwindung der Anhaftung an alle Erscheinungsformen und die Erlösung aus dem Getriebe der Welt. Dies nennt man im Yoga den Bereich ohne diskursives Denken (S: nirvicāra, wobei keine Überlegung mehr nötig ist) und im Buddhismus ebenfalls die Meditationsstufe der Nicht-Etwasheit.

Aber auch hier war nicht das Ende, war nicht die Aufhebung der Leidenserfahrung, war nicht der Weg, der zur Aufhebung der Leidenserfahrung, des Empfindens der Unzulänglichkeit führte. Und wie schon damals, bei seinem ersten Yogalehrer, verlies Siddhartha auch diesen Lehrer, nachdem er dieselben Verwirklichungen, wie sein Lehrer erlangt hatte.

Nach den Erfahrungen des Yogaweges folgte nun eine Phase der Kasteiung und Askese. Vielleicht bestand darin der Weg zur Vollendung, zum Aufheben unseres Nichtwissens, unserer falschen Reaktionen auf das Geschehen in dieser Welt und in uns?

So fastete der Asket Gautama bis er sich nur mehr mühsam aufrecht halten konnte. Die Körperhaare fielen ihm aus und wenn er seinen Bauch berührte, so fühlte er die Knorpel seiner Wirbelsäule. Befühlte er seinen Rücken, so spürte er seine Bauchdecke. Schließlich war er so geschwächt, dass sich die Boten des herannahenden Todes ankündigten. Erlösung aus dem Leiden, Vollendung ward aber nicht gefunden und erlangt! Letzte Zweifel waren noch immer nicht ausgelöscht.

Entschluss und Erleuchtung

Er beendete seine Askese, denn damit hatte er seine Leiden nur vermehrt und nicht überwunden. Und in ihm erwuchs die Erkenntnis, dass der Weg nicht darin bestand in Extreme zu verfallen, weder in Askese noch in einem Verhaftetsein und Gebundensein in der Welt.

In der Mitte lag der Weg, in der Vermeidung jeglicher Extreme, im klaren Erkennen der Notwendigkeiten und in seinem konsequenten Voranschreiten. Und es wird uns ferner berichtet, dass er wieder zu essen begann, um seinen Körper zu kräftigen und zu klaren Sinnen und Erleben zu gelangen.

Wieder bei Kräften setzte er seine meditativen Übungen fort und schließlich brachte die Erinnerung an ein Jugenderlebnis die Wende.

Als Knabe saß er einst unter einem Baum und betrachtete seinen Vater bei der Arbeit auf dem Feld. Offensichtlich handelte es sich damals um die Frühjahreszeremonie, in der der Regent rituell den Acker pflügte, um dadurch eine gute und reichliche Ernte zu erreichen. Die Erinnerung an dieses Erlebnis gepaart mit seiner tiefen durch Yoga erlangten Selbstreflektion führte bei Siddhartha zu einem Loslassen aller Wünsche, aller Vorstellung, allen begrifflichen Seins, zu Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Die Einheit allen Lebens sowie die Schönheit der Natur wurden dabei tief empfunden.

Es entstand damit spontan eine tiefe Meditation über das Wesen der Natur und des Menschseins, ein tiefes Mitempfinden mit allen Wesen und die Erkenntnis, dass alles Leben in uns ist. Die Grenzen des Ich waren überwunden, neue Erfahrungen, die der Buddha später als Meditationsstufen beschreiben wird, entstanden.

Aus dieser Rückerinnerung heraus, fasst er den Entschluss auf diesem Wege weiterzumachen. Tief beeindruckt von dieser Erinnerung beschließt er nun, bereits 35-jährig, am Flusse Nairanjana in der Nähe der Stadt Uruvela (heute Bodhgaya in Indien) sich unter einen Baum zu setzen und solange meditierend sitzen zu bleiben, bis der Durchbruch erreicht ist.

Unter diesem Pappelbaum (später Bodhibaum genannt von PS: bodhi, vollkommene Erkenntnis) an einem Vollmond im Mai des Jahres 528 (SIEHE BZGL. FEIERTAGE SEITE→) vor der Zeitrechnung erlangte er schließlich das Ziel seines Weges, die Vollendung, die Erleuchtung! (SIEHE BZGL. ERLEUCHTUNG UND NIRVĀṆA SEITE→)

So gelangt er in jener Vollmondnacht durch die geballte Intensität und den totalen Einsatz seiner Kräfte zu einer wirklichkeitsgemäßen Schau der Welt und durchschaute die Gesetzmäßigkeit allen Seins.

Alles ist mit allem verknüpft (S: tantra, das Netz, das Verwobensein) (SIEHE BZGL. TANTRA SEITE→). Alles besteht in Abhängigkeit zueinander. Die Ursachen der Disharmonie und Unzufriedenheit liegen in unserer ich-zentrierten falschen Sichtweise, in unserer falschen Reaktion auf diese Welt.

Diese falsche Sichtweise erschafft eine Verblendung (P: avijjā / S: avidyā, ungebildet, ohne Wissen) in uns, die als Unfähigkeit, die Welt nicht so zu sehen wie sie ist, alles verschleiert. Unsere Wünsche, Vorstellungen, Neigungen, Absichten, letztlich unser eigenes Weltbild, alles ist somit dieser Verblendung unterworfen – ein wirklichkeitsgemäßes Sehen und Erkennen wird dadurch vereitelt.

Und er überwand dieses Nichtwissen, die Angst die uns an dieser Verschleierung hängen lässt und wurde ein ganzer, vollkommen erwachter Mensch. So wie ein Mensch aus einem Traum oder Schlaf erwacht, so sah Siddhartha Gautama plötzlich diese Welt, ihre Erscheinungsformen, ihr Kommen und Gehen. Und künftig bezeichnete er sich selbst als der Erwachte, der Buddha. (PS: budh, erwachen, achten auf, wahrnehmen, erfahren).

Doch bevor er zur Erleuchtung durchbrach, wird uns mythologisch auch die Begegnung mit Mara dem Gott der Großen Illusion, des Todes und Unheils geschildert, der den werdenden Buddha von seinem Vorhaben abhalten wollte. Gewaltige Angriffe im Geistigen wurden unternommen. Mara (PS: māra, Mörder, Tod, tötend, vernichtend, Hindernis) wird in der indischen Mythologie als Totengott bzw. als die Personifikation des Zerfalls und des Verlustes gesehen. Im Buddhismus steht Māra für die Personifikation der eigenen Verwirrtheit und der Verstrickungen in Gier, Hass und Unwissen.

Es kamen die Damönen des Māra um die Ruhe des Meditierenden Siddhartha zu stören. Sie verbreiteten Furcht, Schrecken und Zweifel, doch der werdende Buddha blieb unbeeindruckt.

Wenn wir uns selbst unvoreingenommen gegenüberstehen, wenn wir uns selbst ungeschminkt ins eigene Antlitz schauen, dann erkennen wir dass tief in unserem Wesen aus Unwissenheit geboren Hass, Aggression sowie Unsicherheit, Furcht und Zweifel existieren. (P: dosa / S: doṣa, Verfehlung, Verbrechen, Schaden). Dies sind die Damönen des Māra, die uns ständig beeinflussen und verunsichern. (SIEHE BZGL. ZWEITE EDLE WAHRHEIT SEITE→)

Als das aber bei Siddhartha nicht fruchtete, lies Māra seine reizvollen und lieblichen Töchter erscheinen. Sie versuchten den Meditierenden durch Anhaften und Gier, durch Verlockung und Begehren (P: taṇhā / S: trṣṇa, Durst, Begierde, heftiges Verlangen) gefangen zu nehmen (SIEHE BZGL. ZWEITE EDLE WAHRHEIT SEITE→). Aber auch dies führte für Māra nicht zum Erfolg.

Erst nachdem Siddharta Gautama auch diese Anhaftungen und Verstrickungen abgelegt hatte, wurde er zum Erwachten, zum Buddha. Daraus sehen wir, dass das Erwachen zur Erleuchtung nicht nur der Wechsel in eine neue Sichtweise und neue Ebene der Erfahrung und Erkenntnis ist, sondern dass dies den ganzen Menschen erfordert. Den ganzen Menschen mit seinen Trieben und Gewohnheiten, mit seinen tief verankerten Vorlieben und Abneigungen. Erst wenn diese Eigenschaften, obwohl vorhanden, keine unheilsamen Bindungen mehr erzeugen, erst dann ist der Weg frei zum Erwachen. Er wird daher auch Śakyamuni (PS: muni, Weiser, Seher), der Weise, der Heilige aus dem Geschlecht der Śakyas, genannt. Muni wird auch als Ehrenbezeichnung verwendet für Menschen die ihr eigenes Herz (Gewissen) erkannt haben und daher sehend geworden sind

Erste Lehrdarlegungen sowie Verbreitung der Lehre

Der Erleuchtung folgte schließlich der Entschluss die Lehre zu verkünden. Doch wem sollte er sie darlegen? Und da gedachte er seiner beiden früheren Yogalehrer. Ihnen konnte er seine Erfahrungen, den Weg zu diesen Erfahrungen, den Weg zur Buddhaschaft mitteilen. Sie wären fähig ihn sofort zu verstehen, das Unbeschreibbare zu erfassen und den Weg nachzuvollziehen. Doch beide Lehrer waren vor kurzem verstorben, und so machte sich der Buddha auf nach Benares (auch Varanasi genannt) um den damals dort weilenden Mitbrüdern aus seiner Zeit der Askese, die Lehre darzulegen.

Diese Darlegung ist als die Lehrrede (P: sutta / S: sūtra, Faden, Plan, Lehrsatz, Textbuch, Lehrrede) von der "Inbewegungssetzung des Rades der Lehre" bekannt geworden.

So wurde nun erstmalig die Lehre (P: dhamma / S: dharma, das Tragende, Gesetzmässigkeit, Erscheinung, Lehre des Buddha), die zum Erwachen führen kann, formuliert. (SIEHE BZGL. STUDIUM SEITE→)

Der ersten Lehrdarlegung folgten weitere. Immer mehr Anhänger schlossen sich bald darauf dem Buddha an und es entstand eine Gemeinde die wuchs und aus der heraus wurde schließlich die Gründung eines Mönch- und etwas später eines Nonnenordens vollzogen.

Der Buddha lehrte aber keine Lehre, die ausschließlich Mönchen und Nonnen vorbehalten blieb, seine Lehrdarlegung war allen zugänglich und verständlich. Er übermittelte seine Anweisungen auch nicht in einer Gelehrtensprache, wie etwa Sanskrit, welches zur damaligen Zeit von den Brahmanen (PS: brahmin, indische Priesterkaste) benutzt wurde. (SIEHE BZGL. BUDDHISTISCHE SPRACHE SEITE→) Der Buddha sprach in der Sprache seiner Zeit zu den Menschen seiner Zeit. Und diese Eigenschaft ist dem Buddhismus über die Jahrtausende als wesentliches Merkmal erhalten geblieben, wie wir dies bei der Entwicklung der unterschiedlichen buddhistischen Schulen, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden, sehen. (SIEHE BZGL. DIFFERENZIERUNG IN SCHULEN SEITE→)

Die Gemeinde der Laienanhängerschaft wuchs und alte Aufzeichnungen berichten uns, dass unter den Spitzen seiner Anhängerschaft sowohl Mönche und Nonnen als auch Laien in gleicher Weise zu finden sind. Frauen und Männer waren in ihrem Streben zur Erleuchtung gleichgestellt, denn in jedem Menschen liegt die Möglichkeit, Erleuchtung zu erlangen und den gewiesenen Weg, den der Buddha durchschritten hatte, nachzuvollziehen.

Der Buddha stellte den Menschen in seine Selbstverantwortung. Nicht was in heiligen Büchern steht, nicht was die Menschen für verehrungswürdig erachten, nicht den Worten von heiligen Männern sollen wir unser Vertrauen schenken, sondern einzig und allein dem, was wir durch eigene Prüfung als heilsam für uns und andere erkannt haben. (SIEHE BZGL. KĀLĀMA SUTTA SEITE→). Somit erteilte der Buddha all jenen eine klare Absage, die autoritätsgläubig nur allzu oft selbsternannten Meistern nachfolgen und ohne sich selbst zu bemühen in dieser Nachfolge allein den Weg sehen.

Eine der Charakteristiken des Buddhismus, der Lehre des Buddha, ist es, sich ständig selbst zu bemühen. Unablässig an sich zu arbeiten, sei es durch Ausformen und Regulieren unserer Persönlichkeit, durch meditative Betätigung oder durch intellektuelles Studium. Was der Buddha uns vorlebte, müssen wir an uns selbst erproben, nachvollziehen und umsetzen. Wir selbst müssen uns ständig bemühen und unablässig an uns arbeiten in jenem Streben, das uns offener und klarer werden lässt.

So wanderte der Buddha nun 45 Jahre lang durch Indien und legte in Vorträgen und Gesprächen seine Lehre dar. Vom einfachen Bauern, vom Kaufmann, vom Gelehrten bis zum Adeligen und König fanden sich Zuhörer und Nachfolger ein. Ob es gelehrte Diskussionen oder einfache Gespräche waren, der Buddha verstand es stets, in der Sprache und gemäß dem Verständnis seiner Zuhörer die Lehre zu vermitteln und darzulegen. Im Gegensatz zu den meisten spirituellen Meistern und den Brahmanen seiner Zeit, versuchte der Buddha in einfachen und klaren Worten, seine gewonnenen Erfahrungen zu beschreiben und verständlich zu machen. Und seine Worte wurden gehört, die Gemeinde wuchs und die Lehre des Dharma begann sich auf dem indischen Subkontinent auszubreiten.

Reaktionen

Doch nicht jeder, der die Lehre des Buddha vernahm, wurde auch gleich ein Anhänger dieser Lehre. Es gab Skeptiker, Kritiker und auch Feinde des Buddha. Doch der Buddha begegnete Allen, den Befürwortern und den Oppositionellen mit Güte und Verständnis. Missgunst und Spott, Gewalt und Aggression wurden vom Buddha niemals negativ, sondern immer mit Verständnis und Güte beantwortet. Dies führte in den meisten Fällen zur Verbesserung der Situation und half den im Negativen verstrickten Aggressor sich zum Besseren zu wandeln und Einsicht zu gewinnen.

Jene die sich nicht besannen und aggressiv gegen den Buddha stellten, wurden vom Buddha nicht bekämpft. Ihnen widerfuhr, so wie jedem Wesen, die eigene Wirkung ihrer gesetzten Ursachen. Wie im Falle von Devadatta, der ihm nach dem Leben trachtete, den Buddha verletzte und an den Auswirkungen seiner engstirnigen Tat dann zu leiden hatte. Devadatta war ein Cousin aber auch der Halbbruder des Buddha, da der Vater des Buddha ja nach indischer Tradition der damaligen Zeit auch mit der Schwester seiner Mutter verheiratet gewesen war. Devadatta war Mönch in der Gemeinde des Buddha wollte aber aus Ehrgeiz und Selbstüberschätzung die Gemeinde selbst führen und übernehmen, da er meinte der Buddha sei nun zu alt und solle zurücktreten. Als der Buddha dieses Ansinnen jedoch ablehnte, schmiedete Devadatta Mordpläne gegen den Buddha. Drei Anschläge zettelte er gegen den Buddha an, die jedoch alle misslangen. Daraufhin spaltete er die buddhistische Gemeinde und gründete mit einer kleinen Schar Abtrünniger seine eigene Gemeinde. Die Überlieferung berichtet uns, dass ein Teil der abtrünnigen Mönche später wieder zum Buddha zurückkehrten. Devadatta aber wollte den Buddha dann selbst vergiften und wurde laut Legende vom Erdboden verschluckt. Er stürzte sozusagen in die dunklen Bereiche der das eigene Wesen verhärteten und sich selbst verschliesenden Unwissenheit. Dies symbolisiert, dass unheilsame Taten und Motivationen schließlich auf einen selbst zurückfallen und nur das eigene Leiden vermehren.

Die Ausstrahlung des Buddha war jedoch auch so stark und friedensstiftend, dass es ihm gelang in schwierigsten Situationen, die Menschen zur Besonnenheit und Selbsterkenntnis zu bewegen, wie im Falle des Räubers Angulimala, der den Buddha töten wollte, dies jedoch nicht durchführte, sich besann und ein aufrichtiger Schüler des Buddha wurde.

Als Dankbarkeit und auch als Zeichen der Verehrung dem Buddha und seinen Anhängern gegenüber, wurden der immer größer werdenden Gemeinde Spenden gegeben, sodass die Gemeinschaft der dem Buddha Nachfolgenden wuchs und sich festigte.

Es wird uns auch berichtet, das der Buddha nicht nur die Menschen belehrte, sondern Dank seiner Fähigkeit, alles Sein und somit alle Welten und Formen zu erkennen und zu durchdringen, auch in übergeordnete Sphären vordringen konnte, die dem Aufnahmevermögen der Menschen normalerweise verschlossen bleiben. Er belehrte nicht nur die Menschen, sondern auch die Götterwelten. So wird uns berichtet, dass er auch in die Himmelsphären wechselte, um die dort lebenden Wesen zu belehren.

Kraft seiner Fähigkeiten gelang es ihm auch, den Menschen manches Mal Einblicke in diese anderen Welten zu verschaffen. Diese wurden in der späteren Entwicklung des Buddhismus weitererzählt, ausgeschmückt und auch in vielen künstlerischen Darstellungen wiedergegeben.

Himmelssphären oder Götterwelten im Buddhismus sind Erfahrungsbereiche eines erwachten und klar bewussten Geistes, die sich über die Erfahrungswelt, des in seiner Ich-Zentriertheit verstrickten Menschen, hinaushebt. So wie die Traumwelt einen Teil unserer Erfahrungswelt ausmacht, so ist es nach buddhistischer Auffassung auch möglich über die Erfahrungswelt des gewohnten Lebens hinauszublicken. Ob diese anderen Welten und Bereiche damit für sich selbst existieren oder nur unserer Vorstellung entspringen wird in der Lehre des Buddha und speziell später durch die Formulierungen der buddhistischen Bewusstseinslehre (S: cittamātra, nur Bewusstsein) behandelt.

Verlöschen und die Zeit danach

Aber so wie jedes Wesen, da es geboren wurde, einmal sterben wird, so ging auch das Leben des Buddha zu Ende. Der Buddha war ein Mensch, ein Mensch, der auch der Krankheit, dem Alter und schließlich dem Tod unterworfen war.

Auf die Frage seiner Schüler, was denn nun nach dem Dahinscheiden des Buddha geschehen solle, wer die Gemeinde führen und die Lehre weiter darlegen solle, antwortete der Buddha:

"Es mag wohl sein, Ananda, dass ihr denkt: ´Dahin ist die Unterweisung des Meisters, wir haben keinen Meister mehr.´ Doch darf man das, Ananda, nicht also ansehen. Was ich euch als Lehre und Ordnung aufgewiesen und angegeben habe, das ist nach meinem Verscheiden euer Meister."

sutta piṭaka, dīgha nikāya, mahāparinibbāna sutta (Palikanon, Längere Sammlung, 16)

Und in einer Vollmondnacht im Mai des Jahres 483 v.d.Z. verschied (P: parinibbāna / S: parinirvāṇa, vollkommenes Erlöschen) zu Kusinara (Ort in Indien) jenes Wesen, dass das Höchste erlangt hatte und uns als Vermächtnis seinen Weg zur Erlangung der Erleuchtung zurück lies.

"Wohlan denn, ihr Mönche, lasst euch gesagt sein: schwinden muss jede Erscheinung, unermüdlich mögt ihr da kämpfen." waren seine letzten Worte.

sutta piṭaka, dīgha nikāya, mahāparinibbāna sutta (Palikanon, Längere Sammlung, 16)

Da der Buddha jeweils an einem Vollmondtag geboren, die Erleuchtung erlangt und auch an einem Vollmondtag verschieden ist, wird dieser Tag von allen buddhistischen Schulen als Gedenktag gefeiert. Der Monat errechnet sich nach dem alten indischen Mondkalender und fällt teilweise auf unsere Monate April oder Mai (P: vesakh / S: vaiśākhī, Vollmondtag im Monat vaiśākha nach indischem Mondkalender). Aus diesem Grund wird dieser Tag meistens einfach als Vesakh bezeichnet. (SIEHE BZGL. FEIERTAGE SEITE→)

Nach dem Verlöschen des Buddha, wurde er, wie es indischer Brauch war, eingeäschert. Seine Asche wurde unter den Königen und Regenten des damaligen Indiens aufgeteilt. Zu seinen Ehren und als Erinnerung an ihn, den Menschen Siddhartha Gautama, der zum Buddha erwacht war, wurden Mahnmale (P: thupa / S: stūpa, Haufen, Schopf, kugelförmiges Grabdenkmal mit Reliquien) errichtet. (SIEHE BZGL. STŪPA PAGODE CHÖRTEN SEITE→)

Der Buddha war erloschen, wie jedes Wesen, das geboren ward, ist auch er verstorben. Seine Lehre ist uns als sein Vermächtnis geblieben und wird seit über zweieineinhalb Jahrtausenden vom Lehrer zum Schüler weitergegeben. Möge uns sein Vorbild ein Licht in der Nacht der Unwissenheit sein und uns den Weg zu Wissen, Erfahrung und Erkenntnis ermöglichen.

Wenn die Welt übersät wäre mit buddhistischen Monumenten, Tempeln und Schriften, es aber keine Menschen gibt, welche die Lehre des Buddha an sich selbst nachvollziehen und umzusetzen versuchen – dann ist der Dharma, die buddhistische Lehre, erloschen.

Wenn alle buddhistischen Monumente, alle buddhistischen Aufzeichnungen und Bücher verschwunden sind; wenn es aber noch Menschen gibt, die der Lehre des Buddha gemäß leben und sich bemühen – dann ist der Dharma nicht erloschen.

Wir haben Glück. Wir wurden als Mensch geboren in einer guten Zeit. Es gibt sie noch, die Monumente, Tempel und Schriften. Und es gibt sie noch, die Lehrer und Praktizierenden.

Abschließend zum hier Ausgeführten ist es sehr sinnvoll, sich mit der Lebensgeschichte des historischen Buddha vertiefend auseinander zu setzen. Dazu sollte man einige der Lehrreden, wie sie in der ältesten Tradition des Buddhismus in den Pali Texten überliefert sind kennen. Es geht aber nicht nur um das historische Bild, das die Lebensgeschichte des Buddha hinterlassen hat. Es geht auch um die Mythologie, denn diese kann uns in stärkerem Masse die Faszination und Inspiration seines Lebens übermitteln. Daher sollte man sich auch mit ausgeschmückten Geschichten zum Buddha aus der Tradition buddhistischer Länder beschäftigen.

KLASSISCHE BUDDHA BIOGRAPHIEN

Missverständnis

Der Buddha ist keine historische Person und nur eine Phantasiegestalt des Buddhismus.

Richtigstellung

Es gibt mehrere Biographien über das Leben des Buddha und Erzählungen über ihn. Die Orte seines Wirkens sind über Nordindien verteilt und dieses Wirken ist ebenfalls in überlieferten Texten beschrieben.