C.T.O. Counter Terror Operations 1: Sein erster Einsatz - Ben Ryker - E-Book

C.T.O. Counter Terror Operations 1: Sein erster Einsatz E-Book

Ben Ryker

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Beschreibung

Als 1st Lieutenant Chester McKay sich zwischen dem Leben von bedrohten Kindern und seiner Karriere entscheiden muss, entscheidet er sich schnell und nimmt die Verurteilung zu 20 Jahren Fort Leavenworth in Kauf. Das überraschende Angebot für die Counter Terror Operations zu arbeiten, lehnt er zunächst ab. Der ehemalige Army Ranger und Pilot eines Apache Kampfhubschraubers sieht sich nicht als Terroristenjäger. Doch es gelingt einem ehemaligen Gunnery Sergeant, den Lieutenant zu überzeugen. Bereits bei seinem ersten Einsatz im Kongo gerät Chester zwischen alle Fronten und benötigt all sein Können sowie die Unterstützung seiner Kameraden, um die Mission zu einem Erfolg zu führen. Schnell lernt Chester McKay, dass der Job eines Terroristenjägers wenig Zeit zum ausruhen lässt. Dieser Roman wurde bereits 2016 veröffentlicht und vom Autor für die vorliegende Fassung neu bearbeitet.

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C.T.O. – COUNTER TERROR OPERATIONS

BAND 1

 

 

Impressum

 

© Copyright Ben Ryker

© Copyright 2024 der E-Book-Ausgabe bei Verlag Peter Hopf, Minden

 

www.verlag-peter-hopf.com

 

ISBN 978-3-86305-344-4

 

Korrektorat: Andrea Velten, Factor 7

Cover und Umschlaggestaltung: Jörg Jaroschewitz, etageeins

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

 

Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Verarbeitung und die Verbreitung des Werkes in jedweder Form, insbesondere zu Zwecken der Vervielfältigung auf fotomechanischem, digitalem oder sonstigem Weg, sowie die Nutzung im Internet dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages erfolgen.

Inhaltsverzeichnis
Impressum
Sein erster Einsatz
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8

 

 

BEN RYKER

Sein erster Einsatz

C.T.O. – Counter Terror Operations Band 1

 

 

Kapitel 1

 

Im Zimmer des Hotels versuchte der Deckenventilator vergeblich, gegen die Hitze anzukommen. Während der weiße Mann sich immer wieder mit einem Taschentuch den Schweiß aus dem geröteten Gesicht und dem Nacken entfernte, ertrug der Afrikaner mit den Pockennarben die Temperatur stoisch gelassen.

»Siebenhunderttausend sind ein guter Preis. Sie haben die Waffen, und ich mein Geld. Nur eine Sache fehlt noch«, grollte der schwarze Riese, und ein lüsterner Ausdruck trat in seine rot geränderten Augen.

Devlin nickte nur und stand auf. Er ging zu einer Tür, die in einen Nebenraum führte. Der große Afrikaner folgte ihm erstaunlich flink und schaute dem kleiner gewachsenen Amerikaner über die Schulter. Als Devlin die Tür öffnete, wurde ein schmales Bett sichtbar. Erregt musterte der afrikanische Waffenhändler die schlanke Mädchengestalt, die mit halb geschlossenen Augen vor sich hindämmerte.

»Ist sie auf Droge?«, fragte der Pockennarbige misstrauisch.

»Nein. Sie hat nur ein Sedativum erhalten, damit sie nicht zu widerspenstig ist«, räumte Devlin schnell diesen Verdacht aus, da er die Angst seines Geschäftspartners vor HIV bestens kannte.

Wenige Minuten später trug einer der Leibwächter des Waffenhändlers die weiterhin vor sich hindämmernde Gestalt zu einem Geländewagen. Er legte das Mädchen von höchstens dreizehn oder vierzehn Jahren auf die Rücksitzbank, bevor er sich hinter das Lenkrad des Range Rovers klemmte. Der Waffenhändler aus dem Kongo stieg in den anderen schwarzen Geländewagen, und dann raste die kleine Kolonne davon. Devlin sah ihnen hinterher, dann spuckte er in den rötlichen Staub.

 

»Guter Job, Lindy«, lobte Chester seine Kopilotin über das interne Sprechfunknetz des Apache Kampfhubschraubers.

1st Lieutenant Chester McKay befand sich auf dem Rückflug in seinem Kampfhubschrauber des Typs WAH-64D Longbow Apache. Zusammen mit 2nd Lieutenant Lindsey Wagner bildete er eine gut eingespielte Einheit, wie ihr heutiger Übungseinsatz bewiesen hatte. Während zwei andere Kampfhubschrauber des gleichen Typs als ihre »Gegner« vergeblich die Sicherung einer Panzereinheit versucht hatten, hatten Chester und Lindsey alle sechs Tanks ausgeschaltet.

»Danke, Chess. Schätze, wir sind so weit«, kam die stolze Antwort von vorne, wo der Kopilot und Waffensystemoffizier seinen Platz hatte.

»Yeah«, bestätigte Chester gelassen.

Damit spielte Lindsey auf den bevorstehenden Einsatz im Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan an. Genau dort sollten sie hin, und es war ein Wunscheinsatz für Chester. Bereits als Army Ranger hatte er eine Dienstzeit dort im Bodeneinsatz verbracht, bevor seine Aufnahme in die Pilotenausbildung der Army erfolgt war. Jetzt kehrte er in seiner Wunschverwendung als Pilot eines Kampfhubschraubers dorthin zurück.

»He, was läuft denn da ab?«, erklang Lindseys aufgeregte Stimme.

Chester ließ blitzschnell seinen Blick über die verschiedenen Instrumente wandern, konnte aber nichts Ungewöhnliches erkennen. Alle Anzeigen waren normal.

»Was liegt an, Lindy?«, fragte er nach.

Er erhielt keine Antwort, daher schaute er nach vorne. Chester konnte über Lindseys schmale Schultern sehen und erkannte, dass sie den Polizeifunk abhörte. Ihre Nackenmuskeln wirkten angespannt, und sofort schaltete Chester auf den gleichen Kanal. Aufgeregte Stimmen füllten gleich darauf seine Kopfhörer aus.

 

»Verflucht, Sheriff! Die Kerle haben Maschinengewehre mit Granatwerfern«, stöhnte Deputy Bill Thorb fassungslos auf.

Sheriff Donovan, der grauhaarige Gesetzeshüter aus Riverton, nickte nur bestätigend. Er kauerte in Deckung hinter der mächtigen Motorhaube des Chevrolet Blazer. Vor zehn Minuten hatte der Wahnsinn seinen Anfang genommen, als Bill den zu schnell fahrenden BMW angehalten hatte. Eigentlich hatte der junge Deputy dem Fahrer nur eine Verwarnung erteilen wollen, da seine Fahrt ausgerechnet an der Elementary School von Riverton in Wyoming vorbeiführte. Kaum hatte er jedoch die rotblauen Signallampen am Dienstwagen eingeschaltet, beschleunigte der BMW weiter, und dann krachten die ersten Schüsse. Bevor Bill überhaupt kapierte, was gerade passierte, tauchte ein weiterer BMW auf, und der Lauf einer M-16 erschien im Seitenfenster über der Rückbank. Bill schaffte es gerade noch, den Streifenwagen zu verlassen, bevor eine Reihe von Kugeln die Scheiben zertrümmerte. Über Funk setzte er die Meldung ab und befand sich unvermittelt in seiner ersten richtigen Schießerei. Das lag erst sieben oder acht Minuten zurück, und jetzt versuchten sie zu dritt, gegen die schießwütigen Männer aus den beiden BMWs anzukommen.

»Wir brauchen weitere Verstärkung!«, hatte Sheriff Donovan entschieden und über Funk die Kollegen aus Casper um Unterstützung gebeten.

Er schaffte es gerade noch, den dringenden Ruf abzusetzen, als die erste Granate knapp an dem Dienstwagen vorbeiflog und in einen geparkten Wagen einschlug. Der japanische Kleinwagen wurde von der Wucht der Explosion ein Stück hochgehoben und völlig zerstört.

»Oh, verdammt! Die Kerle bewegen sich in Richtung Schule. Wenn sie es dorthin schaffen, haben sie fast hundert Kinder als Geiseln«, rief der Sheriff entsetzt aus.

Er gab auch diese fatale Entwicklung über Funk weiter, erhöhte die Dringlichkeit seiner Anforderung um Unterstützung. Die Leitstelle in Casper versprach zwar Hilfe, doch bis zu deren Eintreffen würde noch viel Zeit vergehen. Zeit, die weder der Sheriff und seine Männer noch die Kinder in der Elementary School hatten.

 

»Ich bitte um die Genehmigung zum Eingreifen«, reagierte Chester auf die Horrormeldungen aus Riverton.

Lindsey nickte dankend, während sie weiter angespannt den Funkverkehr verfolgte. Ihre achtjährige Tochter Sarah befand sich an der Elementary School in Riverton. Zusammen mit ihrem Mann, dem Steueranwalt Cole, und der gemeinsamen Tochter lebte Lindsey in Riverton. Chester schilderte dem Einsatzleitoffizier in Fort Laramie die Lage und bat um Einsatzfreigabe für eine Rettungsmission mit dem Kampfhubschrauber. Die Antwort kam prompt.

»Abgelehnt, Hawk23! Ich wiederhole: Keine Einsatzgenehmigung für eine Rettungsmission! Bestätigen Sie, Hawk23.«

Fassungslos starrte Chester auf das große Display, in dem alle wesentlichen Funktionen seines Hubschraubers dargestellt wurden. Er konnte darin verschwommen sein eigenes Gesicht unter dem grauen Helm erkennen.

»Negativ! Wir sind die einzige bewaffnete Unterstützung für die Polizeikräfte in Riverton. Die schwer bewaffneten Männer bewegen sich in Richtung einer Elementary School mit fast hundert Kindern, die sie als Geiseln nehmen könnten. Bitte dringend um Einsatzfreigabe!«, wiederholte Chester mit drängender Stimme.

Er wollte nicht glauben, dass der Einsatzleitoffizier ihm diese Freigabe verweigerte. Wer sollte denn diesen Kindern zur Hilfe kommen, wenn nicht er mit dem Kampfhubschrauber?

»Abgelehnt, Hawk23! Kehren Sie unverzüglich zur Basis zurück und unterlassen Sie jede Einmischung in Riverton! Bestätigen Sie diesen Befehl!«, erklang sofort die kalte Stimme des Einsatzleitoffiziers.

»Was nun?«, fragte Lindsey kleinlaut.

Sie hatte die Ablehnung mit angehört und schaute mit verzweifelten braunen Augen in den Seitenspiegel, sodass Chester ihren Blick gut lesen konnte. Erneut drängte die Stimme des Einsatzleitoffiziers auf Bestätigung des Befehls zur Rückkehr auf die Basis. Chester hatte den Kurs des Apache Kampfhubschraubers unwillkürlich bereits vom ursprünglichen Flugkurs in Richtung Riverton geändert, während die beiden anderen Hubschrauber den ursprünglichen Heimatkurs weiterverfolgten. Der Ausdruck von Lindseys Augen gab den Ausschlag.

»Hawk23 an Sheriff Donovan! Bitte melden! Wir bieten Luftunterstützung mit einem Kampfhubschrauber an«, legte Chester sich fest.

Lindsey würde damit die 30-mm-Kettenkanone unter dem Rumpf des Hubschraubers präzise steuern können. In den vier Pylonen befanden sich noch acht AGM-114-Hellfire-Raketen, mit denen sie üblicherweise Panzer vernichteten. Diese gewaltige Feuerkraft veränderte die Ausgangslage in Riverton grundlegend, und möglicherweise reichte die Drohung des Einsatzes bereits aus, um die schießwütigen Gangster zum Einlenken zu bewegen. Auf jeden Fall würde der Kampfhubschrauber sich zwischen der Schule und den Gangstern positionieren.

 

»Unfassbar, Leute. Wir erhalten Luftunterstützung von der Army! Ein Kampfhubschrauber wird sich gleich einmischen, also ziehen wir uns ein Stück zurück. Nicht, dass wir unter Beschuss der eigenen Leute geraten«, ordnete Sheriff Donovan an.

Als die drei Wagen des Sheriffs sich zurückzogen, ernteten sie dafür hämische Rufe und einige Salven aus den automatischen Waffen. Die Gangster bemerkten den drohenden Schatten am Himmel erst, als er urplötzlich haarscharf über das Dach der Grundschule zischte. Sheriff Donovan konnte die Verblüffung auf den Gesichtern der sechs Männer ausmachen und atmete erleichtert auf. Der beeindruckende Kampfhubschrauber schwebte genau zwischen den beiden quer stehenden BMWs und der Grundschule. Deutlich konnte Donovan die Köpfe der Raketen in den beiden Werferbehältern unter den Stummelflügeln dieser Kampfmaschine ausmachen. Noch bedrohlicher empfand er allerdings die sich auf die Männer hinter den BMWs ausrichtende Schnellfeuerkanone.

»United States Army! Legen Sie die Waffen nieder und ergeben Sie sich den Männern des Sheriffs! Eine zweite Warnung wird es nicht geben, dann eröffnen wir das Feuer!«, dröhnte die Männerstimme über den Platz, als Chester über Megafon die Anweisungen erteilte.

Die Gangster tauschten wütende Blicke aus, dann geschah das Unfassbare. Drei der Männer richteten ihre automatischen Waffen auf den Hubschrauber und feuerten tatsächlich auf die Kampfmaschine!

»Sind die denn völlig bescheuert?«, rief Bill entsetzt aus.

Er kannte den Apache Kampfhubschrauber aus Vorführungen und daher auch dessen Panzerung, die ohne Weiteres auch Geschossen vom Kaliber 7,65 mm standhielt.

 

»Achtung! Feindliches Feuer vom Boden!«, reagierte Lindsey sofort.

Die Kampfbeobachterin hatte Befehl, jede Gegenwehr unverzüglich zu stoppen. Sie setzte die M230-Kettenkanone ein, und zwei kurze Feuerstöße rasten den Gangstern hinter den BMW entgegen. Außen klangen die Feuerstöße wie ein unheilvoller Trommelwirbel, so hoch war die Kadenz der Kanone. In einer Wolke aus Metallteilen, Farb- und Glassplitter, wurden die beiden deutschen Edelkarossen geradezu pulverisiert. Die Gangster hatten nicht den Hauch einer Chance gegen die Hunderte von Geschossen, die ihnen buchstäblich durch die Knochen sägten. Die Männer des Sheriffbüros aus Riverton sahen zum ersten Mal aus nächster Nähe, welche verheerenden Schäden allein die Kettenkanone anrichtet. Der scharfe Geruch von Kordit, vermischt mit verbranntem Gummi und Blut, hing auf einmal in der Luft. Bill würgte mit käsigem Gesicht sein Sandwich von der Mittagspause wieder hinunter.

»Gegner ausgeschaltet, kein weiterer Widerstand«, meldete Lindsey mit flacher Stimme.

Chester nahm nochmals Kontakt zu Sheriff Donovan auf und verließ gleichzeitig die Schwebeposition vor der Elementary School.

»Wir bleiben in Warteposition, falls weitere Unterstützung erforderlich ist«, versprach er dem Sheriff.

Dann zog er den Apache Kampfhubschrauber weiter hoch, sodass er den ganzen Platz vor der Schule überblicken konnte. Von den zerstörten Fahrzeugen stieg eine dünne Rauchwolke in den Himmel, daneben lagen die reglosen Gestalten der Gangster. In dieser Position wartete Chester auf die Bestätigung des Sheriffs, damit er den Rückflug zur Basis antreten konnte. Er machte sich keine Illusionen über das, was ihn und seine Kopilotin dort erwarten würde. Sofortige Festnahme und die Vorbereitung eines Kriegsgerichtsprozesses. Immerhin hatte Chester den ausdrücklichen Befehl seines unmittelbaren Vorgesetzten missachtet und einen Kampfhubschrauber somit illegal eingesetzt.

»Hier Sheriff Donovan. Alle Gangster sind tot, und in den Fahrzeugen konnten wir noch Reste von Drogen ausmachen. Diese Dealer konnten den Kindern dank Ihrer Unterstützung nichts anhaben. Ich danke Ihnen im Namen der Einwohner von Riverton«, meldete sich die erleichterte Stimme des Sheriffs über Funk.

Chester bestätigte den Spruch und meldete sich dann bei Donovan ab.

»Deiner Tochter und den anderen Kindern ist nichts geschehen, Lindsey. Wir können beruhigt zurückfliegen. Nur fürs Protokoll: Ich habe den Einsatz befohlen, gegen deinen Protest!«, stellte Chester klar.

»Vergiss es, Boss! Ich trage den gleichen Anteil der Verantwortung. Danke dir, Chess«, protestierte seine Kampfbeobachterin und lächelte ihm im Außenspiegel zu.

 

1st Lieutenant Chester McKay und 2nd Lieutenant Lindsey Wagner wurden gleich nach ihrer Landung auf dem Stützpunkt in Haft genommen. Spezialisten des CID (Criminal Investigation Command), der Kriminalpolizei der Army, übernahmen die Ermittlungen in Riverton. Sie benötigten nicht lange, um den Erfolg der nicht genehmigten Einmischung zu melden. Die Ermittler übergaben die Ergebnisse dem Kommandeur der Hubschrauberschwadron, der nach dem Militärgesetz, dem Uniform Code of Military Justice, einen Prozess veranlasste.

Währenddessen verbrachte Chester McKay seine Zeit in der kleinen Wohnung auf dem Stützpunkt. Er stand unter Hausarrest, während Lindsey sich in Riverton bei ihrer Familie aufhalten durfte. Beide Maßnahmen stellten ein Zugeständnis des Kommandeurs an seine Offiziere dar. Er verließ sich auf deren Ehrenwort und wurde nicht enttäuscht. Pünktlich zum Prozess erschienen beide angeklagten Piloten in Begleitung ihrer Rechtsvertreter vom Judge Advocate General's Corps der U.S. Army. Die Verhandlung verlief reibungslos, da weder Chester noch Lindsey etwas gegen die Anklagen vorbrachten.

»Yes, General. Ich habe bewusst den Befehl des Einsatzleitoffiziers ignoriert und den Einsatz befohlen. 2nd Lieutenant Wagner hat auf meinen ausdrücklichen Befehl hin das Feuer eröffnet!«, unterstrich Chester erneut seine komplette Verantwortung.

»No, General. Ich habe keinen Protest gegen die Befehle des 1st Lieutenant eingelegt, da ich Angst um das Leben der Kinder in der Schule hatte«, räumte Lindsey hingegen ohne Umschweife ihr Einverständnis mit der Befehlsverweigerung ein.

Während Lindseys Anwalt vehement auf die extreme emotionale Situation der Pilotin verwies, konnte Chesters Anwalt keine ähnlichen Entlastungsgründe anführen. Die Beratung der Richter dauerte daher erwartungsgemäß nicht lange, und das Urteil überraschte niemanden.

»1st Lieutenant Chester McKay wird der vorsätzlichen Befehlsverweigerung für schuldig befunden. Er hat ohne Genehmigung einen Kampfhubschrauber in zivilem Gebiet eingesetzt. Unter Aberkennung seines Dienstgrades wird er zu zwanzig Jahren Gefängnis in Fort Leavenworth verurteilt! Möchten Sie noch etwas dazu sagen, Private McKay?«

Der zum einfachen Soldaten degradierte Chester McKay schüttelte lediglich verneinend den Kopf. Er empfand die Rettung der Kinder im Tausch gegen seine Karriere in der Army als angemessen.

»2nd Lieutenant Lindsey Wagner wird der vorsätzlichen Befehlsverweigerung für schuldig befunden. Sie wird mit sofortiger Wirkung aus der Army entlassen, unehrenhaft und unter Wegfall aller Bezüge. Nur ihre besondere emotionale Belastung hat das Gericht davon abgehalten, ebenfalls eine längere Gefängnisstrafe auszusprechen. Beide ehemaligen Offiziere der Army haben sich nicht würdig gezeigt, diesem großartigen Land dienen zu dürfen!«, führte dann der Armeegeneral mit finsterer Miene weiter aus.

Auch Lindsey verzichtete auf eine mündliche Abschlussbemerkung, und damit war die Verhandlung beendet. Lindsey durfte Chester nicht einmal mehr zum Abschied umarmen, da er in Handschellen abgeführt wurde. Bereits am kommenden Tag sollte seine Überstellung nach Fort Leavenworth erfolgen.

 

 

Kapitel 2

 

Chester lag auf der schmalen Pritsche und war gedanklich mit seinem Vater beim Fliegenfischen. Er hatte keine Ahnung, warum ihm gerade diese Episode eingefallen war. Sein Vater und sein Bruder waren bei einem Autounfall umgekommen, als Chester gerade einmal zehn Jahre alt gewesen war. Zum Fliegenfischen hatte sein Vater wenig Zeit gehabt; vielleicht erinnerte Chester sich deswegen so an dieses besondere Ereignis. Ein unbändiger Drang nach Freiheit ermächtigte sich seiner, und er musste seine ganze Disziplin aufbringen, um ihn schnell wieder zu unterdrücken.

»Reiß dich zusammen, Chester McKay. Die nächsten Jahre werden mit dem Begriff Freiheit nichts zu tun haben«, schalt er sich selbst.

Ein Klappern an der Zellentür ließ ihn überrascht aufblicken. Die Tür wurde von dem baumlangen Sergeant der MP aufgerissen, und der Militärpolizist machte dann Platz für eine sportliche Brünette in einem dunkelblauen Kostüm. Unwillkürlich erhob Chester sich, so wie er es von seinem Großvater gelernt hatte.

›Einer Dame gegenüber muss sich ein Mann immer höflich und zuvorkommend verhalten‹, hatte sein Grandpa ihm eingebläut.

»Hallo, Mister McKay. Mein Name ist Jane Blair, und ich komme mit einem interessanten Angebot«, erklärte die attraktive Frau mit den grauen Augen.

Chester deutete auf einen der unbequemen Holzstühle an dem kleinen Tisch und setzte sich ebenfalls, nachdem die Brünette sich gesetzt hatte.

»Sorry, Missis Blair. Wenn Sie annehmen, mich mit einem neuen, medienwirksamen Prozess noch vor der Haftstrafe retten zu können, muss ich Sie enttäuschen. Ich habe das Urteil bereits akzeptiert und halte es für gerecht«, wollte Chester der geschäftstüchtig wirkenden Frau gleich den Wind aus den Segeln nehmen.

»Einen neuen Prozess? Wo denken Sie hin? Nein, mein Angebot ist viel ansprechender. Für einen Mann wie Sie jedenfalls«, wischte Jane seine Einwände kurzerhand vom Tisch.

Mit neuer Aufmerksamkeit studierte Chester die Frau, die sehr selbstsicher auftrat.

»Dann schießen Sie mal los«, forderte er sie auf.

Ein schmales Lächeln umspielte Janes volle Lippen, dann zog sie einige Dokumente aus der Aktenmappe.

»Das ist eine Rückstufung in den bisherigen Dienstgrad als 1st Lieutenant, einschließlich Offizierspatent. Dieses Dokument ist die Versetzung in die neue Dienststelle, die Einsatzgruppe für Counter Terror Operations. Sobald Sie diese Verpflichtungserklärung über eine zehnjährige Dienstzeit bei der Sondereinheit unterschrieben haben, werden die anderen Dokumente rechtskräftig. Fragen?«

Offenbar genoss die Anwältin die fragenden Blicke ihres Gegenübers.

»Allerdings! Was zum Teufel ist Counter Terror Operations, und wer sollte meine Strafe in eine Dienstzeit bei der Sondereinheit umwandeln können?«, stellte Chester die beiden wichtigsten Fragen.

Jane Blair nickte verstehend.

»Die Einsatzkräfte der CTO, wie sie meistens genannt wird, übernehmen die weltweite Verfolgung und Ausschaltung von Terroristen. Diese Sondereinheit geht ursprünglich zurück auf das Special Operations Command, was Ihnen vermutlich mehr sagen dürfte. Korrekt?«, begann Jane mit den Erklärungen.

Natürlich hatte Chester schon von diesen besonderen Kommandoeinheiten gehört, die im Laufe des Vietnamkrieges aufgestellt worden waren. Aus allen Teilstreitkräften hatte man Angehörige von Eliteeinheiten für spezielle Einsätze in diesen Kommandos zusammengezogen. Mehr und mehr hatte sich daraus eine sehr geheime Geschichte entwickelt, die ihren Gipfel in der Irankrise hatte. In den Medien sprach man sogar von einer Schattenregierung, die eigene Geheimkommandos unterhielt.

»Wir sprechen über diese geheimen Kommandoeinheiten, die es offiziell gar nicht mehr gibt, richtig?«, stellte er konkret seine Vermutung in den Raum.

Jane Blair zog verächtlich eine ihrer sorgfältig gezupften Augenbrauen hoch; der Blick der grauen Augen war eisig.

»Bullshit, Mister McKay. Dieses SOC besteht nach wie vor und sorgt für exzellente Ergebnisse. Von Schattenregierung und solchem Unsinn zu reden, erübrigt sich völlig. Es bedarf eines besonderen Schutzes der eingesetzten Kräfte, und das ist leider unvereinbar mit der Unfähigkeit von Politikern, ihren Mund über Geheimnisse zu halten«, wies ihn Jane hart zurecht.

»So, so. Dann erklären Sie mir doch einfach den Hintergrund der CTO«, forderte Chester ungeduldig.

»Diese Einheit ist streng geheim und operiert weltweit. Es sind ausschließlich erfahrene Soldaten und Nachrichtendienstleute mit Einsatzerfahrung. Dort, wo andere Möglichkeiten längst versagen, schlagen die Einsatzkräfte der CTO zu. Wir jagen die Terroristen dort, wo sie sich sicher fühlen. Die Verantwortung für diese Einheit trägt das Joint Special Operations Command, das wiederum dem Joint Staff untersteht. Reicht Ihnen das als Antwort?«

Jane sah Chester fragend an, der diese ganzen Zusammenhänge zunächst verarbeiten musste. Das Kommando für Spezialeinsätze mit Sitz in Fort Bragg war Chester natürlich ein Begriff. Neben den Delta Forces befehligten die Leute des Kommandos auch die Task Force 11, eine Spezialeinheit aus Seals und Delta Forces. Ein alter Kamerad von Chester hatte sich zu dem Dienst bei der Delta Force qualifiziert, und darüber hatten sie sich heftig die Köpfe heiß diskutiert.

»Ja, Missis Blair. Die Antwort reicht mir völlig. Danke, kein Interesse! Ich habe keinen Bedarf an verdeckten Operationen, der Jagd nach Drogenbossen oder Kriegsverbrechern. Ich bin Soldat geworden, um offen und sauber zu kämpfen. Reicht Ihnen das als Antwort?«, konterte er entschieden.

Die Anwältin musterte eine Minute lang schweigend sein Gesicht, dann schob sie die Dokumente wieder in ihre Aktenmappe zurück. Mit einem lakonischen Schulterzucken erhob sie sich vom Stuhl und trat an die Zellentür.

»Ihre Entscheidung, McKay. Dass Sie einer Illusion nachjagen, versuche ich Ihnen gar nicht erst zu erklären. Genießen Sie Ihren Aufenthalt in Fort Leavenworth, Private McKay!«, kam es sarkastisch, während Jane gegen die Tür klopfte.

Chester sparte sich eine Antwort, legte sich grußlos wieder auf die Pritsche. Er verschränkte die Arme hinterm Kopf und versuchte, nicht weiter über dieses seltsame Gespräch nachzudenken. Vergeblich, wie sich bald herausstellte. Immer wieder wanderten seine Gedanken zu der attraktiven Anwältin und ihrem Angebot.

»Wer weiß, Chester? Möglicherweise bereust du deine Ablehnung bald. Leavenworth wird dir wenig Gelegenheit bieten, etwas für dein Land zu tun. Ende der aktiven Dienstzeit, Soldat!«, knurrte er irgendwann verärgert und rollte sich auf die Seite.

Ihm gingen noch viele Gedanken durch den Kopf und er schlief mit der Erinnerung an eine Diskussion mit seinem Kameraden bei der Delta Force ein.

 

Am folgenden Vormittag wurde Chester um sechs Uhr in der Früh geweckt, durfte sich frisch machen und fand bei seiner Rückkehr in der Zelle ein Frühstück vor. Er setzte sich an den kleinen Tisch und genoss die Ruhe. Chester ahnte, dass es wohl die letzte ruhige Mahlzeit für eine sehr lange Zeit sein würde. Sein bevorstehender Aufenthalt in Fort Leavenworth machte ihm keine Angst, aber er gab sich auch keinen Illusionen hin. Dort war er nur ein Gefangener und würde auf eine Menge mieser Typen treffen.

»Auch eine Art Abwechslung«, meinte Chester und trank den letzten Schluck Kaffee aus.

Sein Blick ging zur Zellentür, die sich öffnete und den Blick auf einen Gunnery Sergeant mit der Armbinde der MP freigab. Chester sah den Mann an, der ihn vermutlich als Eskorte nach Leavenworth begleiten würde.

»Private McKay! Nehmen Sie gefälligst Haltung an, wenn ein Vorgesetzter den Raum betritt! Wo haben denn Sie Abziehbild eines Soldaten Ihre Grundausbildung erhalten?«, donnerte unvermittelt der Gunnery Sergeant im allerbesten Kasernenhofton los.

Die eingeschliffenen Reflexe seiner Ausbildung setzten sich durch, und Chester schoss vom Stuhl hoch, ging in die Grundstellung. Erinnerungen an unzählige Drillstunden schoben sich in sein Gehirn, und zum ersten Mal realisierte Chester den Verlust seines Dienstgrades.

»Schon besser, Private. Ich bin Gunnery Sergeant Phillips und werde Ihren Kadaver nach Leavenworth bringen. Sie hören auf jedes Kommando, und selbst zum Pinkeln brauchen Sie eine vorherige Genehmigung von mir. Kapiert, Private?«, führte der Gunnery Sergeant aus, während seine Nasenspitze sich kaum einen Zentimeter von Chesters Kinn entfernt befand.

Der Gunnery war knapp einen Kopf kleiner als der 1,83 m große Chester und hatte eine drahtige Figur. Er hatte seine blonden Haare nahezu abgeraspelt, und in den grau-blauen Augen spiegelte sich eiserne Disziplin wider. Besonders beeindruckend waren die Reihen mit Ordensspangen und Abzeichen oberhalb der linken Brusttasche. Chester konnte sich nicht erinnern, jemals mehr Auszeichnungen und Abzeichen auf einer Uniformjacke gesehen zu haben. Dieser Sergeant musste seit dem Zweiten Weltkrieg eigentlich an jeder Operation der Marines teilgenommen haben, dabei sah er kaum älter als etwa vierzig Jahre aus.

»Yes, Gunnery Sergeant! Verstanden!«, brüllte Chester erwartungsgemäß als Antwort.

Zufrieden nickte der drahtige Marine und deutete dann mit dem Kinn auf Chesters gepackte Einsatztaschen.

»Gepäck aufnehmen und Abmarsch, Private«, kam es fast in einem zivilen Tonfall.

Chester sprang zu seinen Taschen und eilte hinter dem zügig ausschreitenden Gunnery Sergeant her. Der Gunnery führte Chester zu einem Humvee, dessen Fahrer sofort aus dem Wagen sprang, als der Gunnery auftauchte. Der Private First Class salutierte und wartete, bis der Gunnery und Chester im Wagen saßen. Dann sprang er hinter das Lenkrad und fuhr hinaus auf das Flugfeld. Dort wartete ein Learjet Bombardier 31A, was Chester ungläubig zur Kenntnis nahm. Er rechnete halbwegs damit, dass der Humvee um dieses moderne Verbindungsflugzeug herumfahren würde. Doch der Fahrer stoppte den Humvee genau vor der kurzen Passagiertreppe des Learjet, sprang aus dem Wagen und schnappte sich Chesters Taschen.

»Los, Private McKay, an Bord, oder brauchen Sie eine Extraeinladung?«, fuhr ihn der Gunnery Sergeant an, als Chester einen Moment überrascht stehen blieb.

Schnell setzte Chester sich wieder in Bewegung und erklomm die Stufen der Passagiertreppe. Drinnen fiel er in einen der bequemen Ledersitze, versuchte die exklusive Verbindungsmaschine mit seiner Überstellung nach Fort Leavenworth in Zusammenhang zu bringen. Der Gunny öffnete zuerst den Pistolengürtel und verstaute ihn im Gepäckfach, bevor er auch seine Uniformjacke auszog. Gespannt verfolgt, Chester dieses unpassende Verhalten des Gunnery Sergeant. Irgendwie wurde die Situation immer absurder, doch noch hielt Chester sich mit Kommentaren zurück. Der schlanke Jet rollte in Startposition, und dann sausten die Gebäude des Flugplatzes an den runden Fenstern vorbei. Sanft hob die schnittige Maschine ab und kletterte zügig auf ihre Reisehöhe. Als mit einem leisen »Ping« das Zeichen zum Ablegen der Sicherheitsgurte aufleuchtete, entledigten sich beide Männer sofort ihrer Sitzgurte.

Der Gunny erhob sich und marschierte zu den Einbauten, hinter denen sich eine kleine Servicestation verbarg.

»Ich muss meinen Koffeinpegel auffrischen. Wie sieht es bei Ihnen damit aus? Auch einen Kaffee oder lieber ein Kaltgetränk?«, plauderte der Sergeant entspannt und warf Chester einen fragenden Blick zu.

Der entschied sich für einen Kaffee und versuchte, die neue Verhaltensebene des Sergeants zu verstehen. Er hatte bald keine Lust mehr zu rätseln und entschloss sich zu direkter Konfrontation.

»Was läuft hier eigentlich, Gunny? Sie verhalten sich überhaupt nicht wie mein Aufpasser. Und seit wann werden angehende Strafgefangene mit einem Learjet nach Leavenworth gebracht?«, schoss er seine Fragen auf den ihm wieder gegenübersitzenden Mann ab.

Der drahtige Marine grinste ihn unverblümt an, zog eine schmale Akte aus einer Seitentasche am Sitz und schlug sie auf.

»Dachte schon, das Dossier über Chester McKay wäre kompletter Schwachsinn. Da haben Sie ja die Kurve gerade noch gekriegt. Habe mich schon gewundert, dass Sie so lange die Klappe gehalten haben«, grinste der Sergeant und nippte zufrieden an seinem Kaffee.

 

Chester sah auf die Akte, dann in die grau-blauen Augen des Gunnery Sergeant.

»Wer zum Teufel sind Sie wirklich? Ist diese Uniform nur Tarnung, damit Sie mich unauffällig in diese hübsche Maschine bekommen? Was wollen Sie von mir?«, sprudelten die nächsten Fragen aus Chester nur so heraus.

»Vorsicht, Ranger! Ich trage diese Uniform mit Stolz und nicht als Tarnung. Ich bin Gunnery Sergeant, und dieser Flug geht nach Leavenworth. Außer, Sie entdecken endlich Ihr Rückgrat wieder, Soldat!«, kam die scharfe Antwort.

Nachdenklich lehnte Chester sich wieder in den bequemen Ledersessel zurück und dachte über die Antwort des Marines nach.

»Hören wir mit diesen Spielchen auf, Gunny. Was wollen Sie von mir?«, beschränkte Chester sich dann auf eine Frage.