C.T.O. Counter Terror Operations 5: Böse Geister - Ben Ryker - E-Book
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C.T.O. Counter Terror Operations 5: Böse Geister E-Book

Ben Ryker

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Beschreibung

Der letzte operative Einsatz der C.T.O. liegt drei Jahre zurück. Nachdem Chester McKay und seine Kollegen verhindern konnten, dass die Geheimorganisation 'Org' in den USA Fuß fassen konnte, verlor die Counter Terrorism Organisation ihren Einfluss. Mittlerweile existiert sie nur noch als beratende Organisation unter der Leitung von Senior Special Agent Chester McKay, der über kein Personal mehr verfügt. Als Jane McKay als Sicherheitsberaterin eine Delegation des Außenministeriums zu einer Geheimkonferenz nach Wien begleitet, geschieht das Unfassbare. Terroristen überfallen das Hotel und töten diverse Teilnehmer der Konferenz. Chester McKay fliegt sofort nach Europa, um seiner Ehefrau beizustehen. Doch er wird daran gehindert, Jane zu sehen. Als Chester erkennt, was in den Köpfen der Ermittler von FBI und Homeland Security vorgeht, versetzt es ihm einen Schlag. Er und seine Frau werden als Drahtzieher des Anschlages angesehen. Ihnen bleibt nur eine dramatische Flucht aus der Botschaft, um dann als Gejagte selbst nach den wahren Anstiftern zu suchen. Es folgt eine Serie von Terroranschlägen in verschiedenen Ländern und immer deuten Hinweise auf Chester McKay und seine Frau hin. Ihre Situation wird immer kritischer, bis ein unerwarteter Helfer auftaucht. Die NSA hatte Joshua Culver strafversetzt zur C.T.O., wo der Analytiker wieder seiner eigenen Intuition folgt und so zum wertvollsten Unterstützer der McKays wird. Es bleibt jedoch ein Wettlauf gegen die Zeit, bis ihnen böse Geister aus der Vergangenheit erscheinen und die wahren Zusammenhänge erkennbar werden. Dieser Roman wurde bereits 2016 veröffentlicht und vom Autor für die vorliegende Fassung neu bearbeitet.

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C.T.O. – COUNTER TERROR OPERATIONS

BAND 5

Impressum

© Copyright Ben Ryker

© Copyright 2024 der E-Book-Ausgabe bei Verlag Peter Hopf, Minden

www.verlag-peter-hopf.com

ISBN 978-3-86305-348-2

Korrektorat: Andrea Velten, Factor 7

Cover und Umschlaggestaltung: Jörg Jaroschewitz, etageeins

Alle Rechte vorbehalten

Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis
Impressum
Böse Geister
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12

 

 

BEN RYKER

Böse Geister

C.T.O. – Counter Terror Operations Band 5

 

 

Der Frühling war endlich in Wien angekommen. Die Menschen genossen die wärmenden Sonnenstrahlen im Börsepark und am Donaukanal. Die friedliche Stimmung schlug jäh um, als ein dumpfes Grollen die Bummler aufschreckte. Die Blicke gingen unwillkürlich nach oben, und mehrere Menschen schrien erschrocken auf, als sie die Rauchsäule über dem Börseviertel aufsteigen sahen.

 

 

Kapitel 1

 

Wien – Palais Hansen Kempinski

Die Konferenz entwickelte sich erstaunlich positiv. Jane reckte vorsichtig die Arme in die Höhe und rotierte mit den Schultergelenken. Sie hatte sich eine ruhige Ecke im Innenhof des Wintergartens ausgesucht, in der Hoffnung, hier einige Minuten ungestört zu sein. Janes Aufgabe als Beraterin in Sicherheitsfragen verführte die Teilnehmer der amerikanischen Delegation dazu, sie mit Fragen zu bombardieren.

»Ganz schön anstrengend, immer auf alles eine Antwort haben zu müssen, oder?«, meldete sich eine Frauenstimme.

Hastig stellte Jane ihre Lockerungsübungen ein und wandte sich um. Die aparte Blondine in dem exklusiven Hosenanzug aus dem Hause Windsor lächelte sie vergnügt an. Es war ihr ein Rätsel, wie die deutsche Kanzlerin nach den endlosen Diskussionen noch so frisch wirken konnte.

»Ja, besonders, wenn es immer die gleichen Fragen sind«, rutschte es Jane heraus.

Sie spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. Was für ein schwerer Fauxpas. Jane sollte langsam die Spielregeln auf dem diplomatischen Parkett besser beherrschen und niemals ihre wahren Gedanken nach außen dringen lassen. Zu ihrer Erleichterung lachte die Kanzlerin laut auf.

»Das Dilemma kenne ich bestens. Sie glauben gar nicht, wie schlecht sich die meisten Konferenzteilnehmer vorbereitet haben. Wir könnten …«, erwiderte sie und brach dann ab.

Der Boden bebte, und die Glastüren zersprangen in tausend kleine Scherben. Sowohl Jane als auch die Kanzlerin duckten sich, als die heftige Explosionswelle durch das Hotel rollte. Die beiden Bodyguards der Regierungschefin aus Deutschland hatten weniger Glück. Sie hatten sich diskret im Hintergrund gehalten und dabei eine Position eingenommen, die ihren Tod bedeutete. Ein Teil der Mauer krachte zusammen. Die Trümmerteile begruben die Leibwächter unter sich. Kaum hatte sich der Lärm der eigentlichen Explosion gelegt, vernahm Jane das typische Rattern von automatischen Waffen. Laute Kommandos hallten durch die Lobby des Palais Hansen Kempinski.

»Das ist ein terroristischer Angriff! Wir müssen uns verstecken«, rief Jane.

Der Wintergarten bot allerdings wenig Möglichkeiten, sich zu verbergen. Janes Blick ging zu einer Tür, die durch die Bepflanzung nahezu unsichtbar war. Während ihrer Lockerungsübungen hatte sie diese nur entdeckt, weil Jane eine ungewöhnliche Kopfhaltung eingenommen hatte. Sie berührte die Kanzlerin am Arm und deutete auf die Stelle, an der sich die Tür befand.

»Wir müssen dort hindurch. Wenn uns das gelingt, sind wir vorerst außer Sichtweite«, erklärte sie.

Zum Glück behielt die deutsche Regierungschefin die Nerven und reagierte sofort. Jane blieb hinter der Kanzlerin. Fast hätten die beiden Frauen es geschafft. Als die Kanzlerin bereits die Hand auf die Klinke legte, rief eine dunkle Männerstimme in ihrem Rücken eine Anweisung. Vorsichtig drehten die beiden Frauen sich um.

»Nicht schießen! Wir sind unbewaffnet«, erwiderte Jane und ging dabei langsam auf den Mann zu.

Er trug eine schwarze Uniformhose mit seitlich aufgesetzten Taschen, eine passende Jacke dazu und auf dem Kopf eine ebenfalls schwarze, flache Kappe. Er bedrohte die Frauen mit einer AK-47. Seine dunklen Augen funkelten hart unter den buschigen Augenbrauen. Jane lächelte ihm zu und spreizte beide Arme seitlich vom Körper ab. Schritt um Schritt kam sie ihm näher. Sie bewegte sich so, dass der Terrorist möglichst wenig von der Kanzlerin sehen konnte.

»Stopp!«

Der harte Befehl kam zu früh. Jane war nicht weit genug herangekommen, um den Mann mit einem Angriff zu übertölpeln. Sie hielt an und spähte möglichst unauffällig umher. Als ihr Blick den umgestürzten Stuhl links von sich ausmachte, sah Jane eine geringe Chance darin. In einer verzweifelten Geste drehte sie die Handflächen nach außen und flehte um Gnade. Sie erwartete keine Sekunde, dass ein Terrorist sich davon erweichen lassen würde. Jane riskierte es und machte einen Schritt zur Seite.

»Bleib stehen, du dreckige Hure!«, fauchte der Terrorist in gebrochenem Englisch.

Es war schon ein kleines Wunder, dass er immer noch nicht den Abzug des Sturmgewehrs betätigt und die beiden Frauen mit Kugeln durchsiebt hatte. Janes linker Fuß hatte sich unbemerkt unter die Armlehne des am Boden liegenden Stuhls geschoben. Mit aller Kraft riss sie das Bein hoch und schleuderte ihn dem Terroristen entgegen. Er hatte nicht mit Widerstand gerechnet, daher kam sein Reflex den berühmten Bruchteil einer Sekunde zu spät. Der Stuhl traf ihn am Oberkörper, wodurch er die Waffe verriss. Sein Finger krümmte sich um den Abzug, doch die Geschosse schlugen in die Decke des Wintergartens ein, ohne die Frauen zu gefährden. Jane war heran, packte die AK-47 und entriss sie dem überraschten Terroristen. Blitzschnell drehte sie die Mündung um und drückte kurz den Abzug durch. Die Wucht der fünf Geschosse nagelte den Mann am Boden fest. Der Blick seiner brechenden Augen genügte Jane, um auf dem Absatz kehrtzumachen und mit langen Schritten zur Kanzlerin zurückzukehren. Die schaute mit bleichem Gesicht auf den Toten.

»Schnell jetzt! Wenn seine Kumpane ihn vermissen, werden sie nach ihm suchen und erkennen, was passiert ist«, rief Jane und schob die blonde Politikerin hastig durch die Seitentür.

Der Gang dahinter war leer. Jane war heilfroh, dass ihr Schützling den Schock schnell abstreifte und losrannte. Sie eilten an verschiedenen Türen vorbei, die in den Servicebereich des Hotels führten. Jane betete zu Gott, dass die Tür am Ende des Ganges ins Freie führte und unverschlossen war. Sie hatten Glück. Keine Minute nach ihrer Flucht aus dem Wintergarten standen die beiden Frauen schwer atmend auf dem Schottenring.

 

 

Wien – Amerikanische Botschaft

Schon als Chester McKay aus dem Taxi stieg, bemerkte er die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen in der Amerikanischen Botschaft. Sein Blick erfasste die Scharfschützen auf dem Dach. Vermutlich musterte der Sniper im gleichen Augenblick den Fahrgast, der sich unmittelbar vor dem Tor hatte absetzen lassen, durch das Zielfernrohr seines M40A5. Chester verkniff sich ein lässiges Winken. Stattdessen ging er zu dem Wachposten und zeigte seinen Ausweis vor.

»Senior Special Agent Chester McKay von der C.T.O.«, stellte er sich vor.

Der Staff Sergeant des Marine Corps nahm den Ausweis und legte ihn auf einen Scanner. Während er auf die Freigabe oder Ablehnung wartete, zielte ein sichtlich nervöser Private First Class auf Chester. Als ehemaliger Army Ranger wusste der, welche Gefahr von einem unerfahrenen Soldaten in einer Krisensituation ausging. Entsprechend ruhig verhielt Chester sich und nahm schließlich seinen Ausweis entgegen sowie einen Besucherausweis an einem Clip.

»Sie werden im Büro von Agent Bogard erwartet, Sir«, sagte der Staff Sergeant.

Der Private senkte die Mündung seines M16 Sturmgewehrs.

»Danke, Staff Sergeant. Ich kenne den Weg«, antwortete Chester.

Er passierte das Tor und eilte wenige Augenblicke später durch die Lobby der Botschaft. Auch hier patrouillierten Streifen der Marines in voller Kampfmontur. Als Chester im zweiten Stockwerk aus dem Lift stieg, blieb er verblüfft stehen. Hier oben ging es zu wie in einem Ameisenstaat. Männer und Frauen hasteten umher. Die hektische Betriebsamkeit ließ Chester leicht den Kopf schütteln. Er ahnte, was sich hinter den Türen abspielte und setzte sich schleunigst wieder in Bewegung. Als ihn nur noch zwei Yards von Bogards Bürotür trennten, flog diese auf, und zwei Männer in schwarzen Anzügen rannten Chester fast über den Haufen. Ihr Auftreten und die arrogante Haltung ließen wenig Zweifel aufkommen, welcher Behörde sie angehörten. In der offenen Bürotür tauchte der hemdsärmelige Robin Bogard auf. Die finstere Miene des Regional Security Officer des Diplomatic Security Service hellte sich bei Chesters Anblick umgehend auf.

»Komm rein, alter Freund«, rief er und dirigierte Chester zu einem runden Besprechungstisch.

Der musterte den Regionalleiter und erkannte, dass die zurückliegenden drei Jahre seit ihrer letzten Begegnung ihren Tribut gefordert hatten. Bogard hatte nicht nur reichlich viele silberne Fäden in seinem braunen Haar dazubekommen, sondern auch eine deutliche Wölbung unter dem Hemd aufzuweisen. Zusammen mit den tiefen Falten links und rechts der ein wenig spitzen Nase deutete alles auf jede Menge Stress hin.

»Spar dir jeden Kommentar, Chester. Dir sieht man auch an, dass du nicht mehr im Außendienst bist«, mahnte Robin.

Die beiden Männer grinsten sich an, und dann folgte eine kameradschaftliche Umarmung. Die gemeinsamen Abenteuer waren nicht vergessen, und Chester war heilfroh, dass Bogard immer noch Regionalleiter des DSS in Wien war.

»Wo ist Jane?«, fragte er.

Er hatte gehofft, seine Frau hier anzutreffen, und war enttäuscht, dass es nicht so war. Jane Blair war es, die Chester in seiner Gefängniszelle in Fort Lavenworth das Angebot übermittelt hatte, für die C.T.O. zu arbeiten. Bei gemeinsamen Einsätzen war ihm bald bewusst geworden, dass Jane mehr als nur eine Kollegin für ihn war. Doch eine gemeinsame Zukunft gab es erst, nachdem Chester den Bürojob in Washington angenommen hatte. Jane verließ die C.T.O. und wurde Sicherheitsberaterin für das Außenministerium.

»Wird fast ununterbrochen verhört. Die Typen vom FBI haben sie ebenfalls hier vermutet und mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen«, antwortete Robin.

»Ihrem Abgang nach zu urteilen, hast du ihnen die Hierarchie hier in der Botschaft verdeutlicht«, warf Chester schmunzelnd ein.

Robins Kommentar bestand aus einer wegwerfenden Handbewegung.

»Was kannst du mir über die Attentäter oder den Hintergrund des Anschlages erzählen?«, fragte Chester.

Der Regionalleiter des DSS senkte den Blick und schob einige Unterlagen sinnlos hin und her.

»He, was soll das? Als leitender Agent der C.T.O. verfüge ich wohl über die erforderliche Freigabe für diese Informationen«, beschwerte sich Chester.

»Nein, nicht wirklich. Alle stehen hier mächtig unter Strom. Diese verfluchte Konferenz war dermaßen geheim, dass ich bis zum Anschlag selbst darüber keinerlei Kenntnis hatte. Verstehst du jetzt, warum ich nichts sagen kann?«, antwortete Robin verärgert.

Auch für Chester war es neu gewesen. Offiziell sollte Jane lediglich eine Wirtschaftsdelegation nach Wien begleiten und beraten. Als einer der Vizedirektoren der Defense Intelligence Agency, der man die C.T.O. organisatorisch untergeordnet hatte, in Chesters Büro kam und von dem Anschlag berichtete, hörte er erstmals von einer Geheimkonferenz.

»Die Verhöre sollen aufdecken, wer die Informationen weitergegeben hat«, stellte Chester fest.

Mehr als ein Nicken kam nicht von Robin.

»Das Thema der Konferenz waren die Kämpfe gegen die Terrorgruppen in Syrien, Irak und Afghanistan. Also muss eine davon für den Anschlag verantwortlich sein«, redete Chester einfach weiter.

Die minimalen Reaktionen in Robins Gesicht verrieten ihm, wie dicht er an der Wahrheit dran war. Der Regionalleiter des DSS furchte bereits verwundert die Stirn.

»Dann hast du auch schon eine Ahnung, welche Gruppe den Anschlag verübt hat?«, fragte er vorsichtig.

Leider kamen dafür zu viele in Betracht, um sie durch bloßes Raten zu enttarnen. Chester sah ein, dass er jetzt nicht mehr Informationen aus Robin herauskitzeln konnte.

 

 

Crypto City Fort Meade

Als Josh Culver ins Büro seines Vorgesetzten stürmte, verzog der die Mundwinkel mürrisch nach unten.

»Was ist denn jetzt schon wieder los?«, fragte er.

Seit Monaten bedrängte der junge Analyst der NSA seinen Vorgesetzten mit ständig neuen Entdeckungen, die dessen Ansicht nach pure Einbildung waren. Doch Culver war ein herausragender Informatiker und verfügte über das nötige Gespür für die Arbeit eines Analysten. Deswegen hatte Eric Bader seine Eskapaden bisher ergeben hingenommen. Doch sein Geduldsfaden wurde merklich dünner.

»Ich konnte ein kurzes Telefonat aufzeichnen. Es wurde von einem Mobiltelefon in Wien ausgehend geführt. Der angerufene Gesprächspartner konnte in Molenbeek-Saint-Jean geortet werden«, stieß Josh hervor.

Seine blonden Locken standen wie üblich wirr vom Kopf ab, und der Glanz der braunen Augen ließ eine große Erregung erkennen. Bader sah ein, dass er bald eine Entscheidung würde treffen müssen. Einiges würde davon abhängen, was Josh dieses Mal entdeckt zu haben glaubte.

»Und? Was sollte mir das sagen?«, fragte er deswegen ergeben nach.

»He, Boss. Da telefoniert jemand aus Wien, wo vor einundzwanzig Stunden eine streng geheime Konferenz unter Teilnahme unseres Außenministers das Ziel eines terroristischen Anschlags wurde, mit einer Person im gleichen Stadtviertel von Brüssel, aus dem der Anführer der Terrorgruppe kommt, die für die Anschläge in Paris verantwortlich waren«, sprudelte es nur so aus Josh heraus.

Das gab den Ausschlag. Bader machte innerlich den Haken an der Entscheidung. Er musste Culver loswerden. Der Anschlag in Wien hatte eine Hysterie in allen Diensten ausgelöst. Bader war ein Anhänger der kühlen Logik und verabscheute solche Reaktionen auf irgendwelche Ereignisse.

»Gut. Dann fertigen Sie eben eine Datei an und schicken sie mir«, erwiderte Bader.

Es war offensichtlich, dass Culver über diese Reaktion enttäuscht war. Er wollte etwas erwidern, doch Bader hatte bereits den Blick wieder auf den Monitor vor sich gerichtet. Kopfschüttelnd verließ Josh Culver das Büro und kehrte zurück in den kleinen Verschlag, in dem er täglich Tausende von Telefonaten in Europa abhörte und auf verwertbare Hinweise überprüfte. Es widerstrebte ihm, lediglich eine kurze Notiz an Bader zu schicken. Daher verschickte er die Meldung zeitgleich als Info an alle Dienste. Möglicherweise saß da jemand mit mehr Weitsicht, der aus dieser Beobachtung etwas machen könnte. Nachdem Josh so die Anweisung seines Vorgesetzten ein wenig ausgedehnt hatte, widmete er sich den nächsten Telefonaten.

 

 

Amerikanische Botschaft, Wien

Ihre Geduld war schon länger erschöpft. Als Jane nach der zweiten Vernehmung nun auch noch von zwei Agents des FBI durch die Mangel gedreht werden sollte, schlug sie genervt mit der flachen Hand auf die Tischplatte.

»Das reicht jetzt! Ich werde keine weiteren Verhöre über mich ergehen lassen«, stieß Jane hart hervor.

Der bullige Agent mit den roten Haaren tauschte einen amüsierten Seitenblick mit seinem farbigen Kollegen aus.

»Ach so? Dann kommt jetzt wohl die unvermeidliche Forderung nach einem Rechtsanwalt, oder?«, fragte er dann.

In Jane heulte eine Alarmsirene laut auf. Bislang hatte sie angenommen, als wichtige Zeugin des Anschlags vernommen worden zu sein. Die spöttische Reaktion des Agents deutete allerdings in eine völlig andere Richtung. Sie beugte sich vor.

»Einen Anwalt? Raus mit der Sprache, Agent Randers. Stehe ich etwa unter Anklage?«, fragte sie ungläubig.

Der bullige Mann zog in aller Seelenruhe sein Jackett aus und hängte es sorgsam über die Rückenlehne seines Stuhls.

»Das wäre der nächste Schritt. Vorerst stehen Sie unter dem dringenden Verdacht, Geheimnisverrat begangen zu haben. Unsere Ermittlungen beruhen auf dem Patriot Act. Das erwähne ich nur, damit Ihnen die Situation vollumfänglich bewusst wird. Besser, Sie kooperieren mit uns«, antwortete er schließlich.

Der Boden unter Janes Füßen schien zu beben. Sie sank fassungslos in ihrem Stuhl zurück und schüttelte immer wieder den Kopf.

»Das können Sie doch nicht ernsthaft erwägen. Himmel, ich arbeite für das Außenministerium und war früher selbst als Agent im Einsatz gegen Terroristen! Sie machen einen gewaltigen Fehler, Agent Randers«, stieß Jane hervor.

Er machte nicht den Eindruck, als wenn ihm diese Fakten neu wären. Langsam dämmerte es Jane, dass sie tief in der Klemme steckte. Ihr war nur nicht klar, warum es so war.

»Ich habe die deutsche Kanzlerin vor den Terroristen beschützt und dabei einen der Angreifer getötet. Wie passt das in Ihr Bild, Agent Randers?«, begehrte Jane auf.

Ihr juristisch geschultes Gehirn suchte bereits nach den Schwachstellen in den Beschuldigungen. Allein dieser Umstand verdeutlichte Jane, dass ihre Lage immer bedrohlicher wurde.

»Es beweist lediglich, wie clever Sie sind. Als Sie Gefahr liefen, enttarnt zu werden, reagierten Sie mit entschlossener Härte. Uns ist völlig klar, dass dieser Anschlag nur der Anfang sein wird. Halten Sie uns nicht für leichtgläubig, McKay!«, erwiderte Agent Randers.

Antworten liefern einem häufig wertvolle Informationen. Dieser Schachzug erwies sich als richtig und stürzte Jane trotzdem noch tiefer in die Verzweiflung. Alles lief falsch. Sie musste mit Chester sprechen. Ihr Mann würde einen Weg finden, diesen Irrsinn zu beenden.

»Ich verlange, mit meinem Ehemann Chester McKay zu sprechen«, forderte Jane.

Ein schneller Blickwechsel der beiden Agents machte Jane stutzig.

»Wir haben uns bereits gefragt, ob Senior Special Agent McKay seine Funktion als Leiter der Counter Terror Operations ausgenutzt hat, um Ihnen bei dem Verrat zu helfen. Möchten Sie dazu etwas aussagen?«, fragte Agent Dewayne.

Es war die erste Wortmeldung des farbigen Agents, doch sie erschütterte Jane mehr als alle bisherigen Unterstellungen seines Partners.

»Sie sind doch völlig wahnsinnig! Ihre Verschwörungstheorie entbehrt doch jeder Grundlage. Chester ist ein sehr erfolgreicher Terroristenjäger und liebt sein Land über alles. Ich sage jetzt kein Wort mehr!«, stieß Jane wütend hervor.

Die Zielrichtung dieser Vernehmung war so absurd, dass ihr kein Ausweg einfallen wollte. Egal, was sie vortragen würde, diese dämlichen Agents des FBI hatten sich bereits eine Theorie zurechtgezimmert und nutzten die Grauzonen im Umfeld des Patriot Acts aus. Jane musste sich beherrschen, um nicht laut zu schreien.

 

 

Kapitel 2

 

Marseille ‒ Quartiers Nord

Mit einem zufriedenen Lächeln schaltete der Mann mit den dunklen Augen unter den braunen Locken den Ton des Fernsehers aus. Eine Liveübertragung des Senders TF1 zeigte die Bilder der von Rauch geschwärzten Fassade des Luxushotels in Wien. Obwohl es nur sehr magere Details über den Ablauf des Anschlages, dessen Hintermänner oder den Stand der Ermittlungen gab, berichteten alle Fernsehsender Frankreichs nahezu ohne Unterlass darüber.

»Damit wäre Phase eins erfolgreich abgeschlossen«, stellte er fest.

Während er einen tiefen Zug aus der Wasserpfeife tat, schickte die Frau am Fenster einen verächtlichen Blick in seine Richtung. Sie verbarg ihre Haare unter einem Tuch und war wie eine gläubige Muslimin gekleidet.

»Nein, noch nicht ganz. Es wird Zeit, den Amerikanern das Überwachungsvideo zuzuspielen. Alles hängt vom richtigen Timing ab«, erwiderte sie.

In den dunklen Augen des Mannes glomm ein gefährliches Feuer auf. In seiner Heimat Marokko hatten muslimische Frauen sich dem Mann unterzuordnen. Doch sie verhielt sich gerade so, als wenn sie das Kommando über die Zelle in Marseille hätte.

»Zügle deine Zunge, Weib«, grollte er.

Sie lachte leise auf, woraufhin Tarik Hadji wütend aufsprang und mit drei langen Schritten bei ihr war. Seine Hand packte sie am Kragen der blauen Jacke und zog sie zu sich heran. Ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe.

»Zolle mir den nötigen Respekt oder ich werde ihn dich lehren«, stieß Tarik hervor.

Während er sie mit der Linken festhielt, tastete seine Rechte unter ihrer Jacke nach Lysans festen Busen. Die aus Georgien stammende Frau reagierte anders als erwartet. Ihre Rechte umfasste Tariks erigierten Penis, der laut aufstöhnte und dann ruckartig Lysans Jackenaufschlag losließ. Mit vor Wut verzerrtem Gesicht holte er zu einem harten Schlag aus, doch seine Faust blieb in der Luft stehen. Fassungslos starrte er in die Mündung der Glock, die genau auf seine Nasenwurzel zielte.

»Wenn du mich auch nur noch einmal schief ansiehst, töte ich dich. Ist das in deinem Hirn angekommen?«, fragte Lysan mit kalter Stimme.

Tarik schluckte schwer und schaffte es schließlich, zustimmend zu nicken. Mit der Glock deutete Lysan auf den Laptop auf dem Couchtisch.

»Dann schicke jetzt das Video ab«, befahl sie.

Dieses Mal stellte Tarik ihre Befehlsgewalt nicht in Frage, obwohl es mächtig in ihm kochte. Er kämpfte um seine Selbstachtung und führte gleichzeitig den Befehl aus. Nachdem er den Link mit einem gefälschten Absender an die amerikanische Residenz in Wien verschickt hatte, fiel Tariks Blick auf den Aschenbecher aus schwerem Glas. Er beugte sich über den Tisch und tat so, als wolle er sich einen weiteren Zug aus der Wasserpfeife gönnen. Mit dem Oberkörper verdeckte er den Aschenbecher. Tarik nahm ihn vorsichtig in seine Rechte und wandte sich mit einem schnellen Schwung um. Das tödliche Geschoss hatte bereits seine Hand verlassen, als Tarik einen erschrockenen Laut ausstieß. Lysan hatte unbemerkt ihre Position verändert, und das Letzte, was der Marokkaner in seinem Leben sah, war die Feuerblume vor der Mündung der Glock. Der Einschlag des Geschosses warf den drahtigen Körper zurück, während der Glasaschenbecher mit einem fürchterlichen Knall an der Wand zerschellte. Lysan machte sich keine Gedanken darüber, ob einer der Nachbarn vom Lärm aufgeschreckt die Polizei rufen würde. Kein Bewohner des Quartiers Nord rief freiwillig nach den Flics. Die Glock verschwand unter der hüftlangen Jacke wieder im Gürtelholster. Dann wischte Lysan sorgsam alle Flächen ab, die sie im Laufe der zurückliegenden Stunde angefasst haben könnte. Zum Schluss zog sie ein Mobiltelefon hervor, verschickte eine harmlos wirkende SMS und nahm danach die SIM-Karte heraus. Diese brach Lysan in der Mitte durch, bevor sie die Reste durch die Toilette wegspülte. Bevor die Georgierin die Wohnung verließ, wanderte der prüfende Blick ihrer braunen Augen umher. Schließlich war Lysan sich sicher, keine verräterischen Spuren hinterlassen zu haben. Sie ordnete das Tuch, sodass es nun bis auf die Augen nichts von ihrem Gesicht mehr frei ließ. Sollte jemand sich an sie erinnern, weil er sie im Fahrstuhl oder auf der Straße gesehen hatte, würde es nur eine vage Beschreibung einer verschleierten Frau geben.

»Jetzt ist Phase eins abgeschlossen«, murmelte sie zufrieden.

Die Videobilder würden die sicherlich jetzt schon hysterischen Ermittler der verschiedenen amerikanischen Behörden zusätzlich anstacheln. Während sie ihre gesamte Konzentration auf die falschen Spuren richteten, konnte die Org in Ruhe den nächsten Schlag vorbereiten.

 

Die Erkenntnis traf Chester wie eine Dampframme. Man verhinderte in der Botschaft, dass er und Jane miteinander reden konnten. Als Robin zum wiederholten Mal ein internes Telefonat führte und dabei sehr einsilbig blieb, erkannte Chester den Grund für dieses Verhalten. Mit einem Ruck stand er auf, wobei der Stuhl nach hinten gegen die Wand krachte.

»Du sollst mich aufhalten«, sagte Chester.

Sein Blick traf den von Robin, der daraufhin den Kopf senkte. Mit einem Satz war Chester an der Tür. Er musste nicht lange suchen, um den Vernehmungsraum zu finden. Zwei Marines standen davor und wurden sofort hellwach, als Chester über den Gang eilte. Sie würden ihn nicht so einfach vorbeilassen, egal, welche Funktion er bekleidete. Doch darum ging es Chester auch überhaupt nicht.

»Agent McKay, C.T.O. Geben Sie die Tür frei! Sofort!«, bellte er die Marines an.

Sie schüttelten stumm den Kopf und blockierten mit ihren Körpern den Durchgang. Chester packte den Linken und schaffte es tatsächlich, den überraschten Marine für einen Augenblick aus dem Konzept zu bringen. Dessen Kollege griff wie erwartet ein, und es entstand ein lauter Tumult. Endlich flog die Tür zum Vernehmungsraum auf, und ein farbiger Mann trat auf den Gang. Als er Chester erkannte, zog er hastig die Tür zu und trat vor.

»Lassen Sie Agent McKay los. Ich übernehme ihn«, befahl er.

Mit verärgerten Gesichtern kamen die beiden Marines dem Befehl nach, richteten ihre Uniformen und bezogen wieder Posten vor der Tür. Chester erhaschte nur einen kurzen Blick auf das bleiche Gesicht seiner Frau. Ein wilder Schmerz ließ ihn böse knurren.

»Wer immer Sie auch sind, Mister, Sie machen hier gerade den größten Fehler Ihres Lebens«, drohte er.

»Special Agent in Charge Luther Dewayne, FBI. Ich bin Sonderermittler des Justizministeriums und verhafte Sie wegen der Teilnahme an einer Verschwörung gegen die USA«, erklärte der Farbige kühl.

Er streckte die Hand aus, um Chester abzuführen. Der reagierte mit einem Reflex. Chester packte den Unterarm, riss die SIG Sauer P226 aus dem Gürtelholster und drückte Agent Dewayne die Mündung unters Kinn. Die beiden Marines schafften es nicht, die blitzschnelle Geiselnahme zu verhindern. In ihren Augen stand ungläubiges Staunen.

»Sie schaffen es nicht einmal, die Botschaft zu verlassen. Seien Sie kein Narr, McKay! Wenn Sie mir die Waffe zurückgeben, taucht dieser Vorfall in keinem Protokoll auf. Versprochen«, stieß Agent Dewayne hervor.

Chesters Blick huschte zu der Ecke im Gang. Noch war niemand auf die Geiselnahme aufmerksam geworden, und unter der Decke hing auch keine Kamera, die den Sicherheitsdienst darauf aufmerksam machen konnte. Für einen winzigen Augenblick lang wunderte Chester sich über die ungewöhnliche Lage des Vernehmungszimmers.

»Waffen und Funkgeräte ablegen. Los!«, befahl er den Marines.

Mit verdrießlichem Gesicht kamen sie seiner Forderung nach. Sobald sie aber nur die geringste Schwäche bei Chester ausmachen würden, musste er mit einem Angriff rechnen. Er gewährte ihnen keine Zeit dafür.

»Rein da und die Hände so halten, dass ich sie sehen kann«, sagte er.

Sekunden später sprang Jane verwundert auf, als die beiden Marines auf diese Weise den Raum betraten. Dann bemerkte sie Chester, der immer noch Agent Dewayne in seiner Gewalt hatte.

»Was ist hier los?«, fragte sie.

Chester schüttelte leicht den Kopf.

»Später. Schnapp dir die Waffen und Funkgeräte. Wir verschwinden in Dewaynes Wagen«, erklärte er in wenigen Sätzen.

»Nein, Jane! Ihr Mann hat entweder die Nerven verloren oder steckt hinter dem Anschlag. Denken Sie nach, bevor Sie sich durch ihn in eine ausweglose Situation bringen lassen«, mahnte Dewayne.

Chester erhöhte den Druck der Mündung, damit der Agent des FBI seinen Mund hielt. Jane war bereits auf dem Gang und nahm Waffen sowie Funkgeräte an sich. Chester versetzte Dewayne einen derben Stoß und war durch die Tür, bevor einer der drei Männer ihn aufhalten konnte. Mit einem gezielten Schlag zerschlug er dabei den inneren Türgriff, sodass Agent Dewayne mit den beiden Marines in der Falle saß.

»Schnell, bevor Robin oder jemand anderes nach dem Rechten sieht«, drängte Chester seine Frau.

Zum Glück verfügte Jane über reichlich Erfahrung in kritischen Situationen, um jetzt reflexartig zu handeln. Sie rannten zur Tür, die ins Treppenhaus führte. In halsbrecherischem Tempo nahmen sie Stufe um Stufe, bis sie in der Tiefgarage anlangten. Chester drückte auf die Taste am Funkschlüssel, den er vorhin Agent Dewayne aus der Tasche gezogen hatte. Die Blinker an einem Audi A6 zeigten ihnen, welches das passende Fahrzeug war. Chester überließ Jane das Lenkrad, da er mögliche Verfolger aufhalten wollte. Doch sie konnten sowohl die Tiefgarage als auch das Botschaftsgelände ohne Schwierigkeiten verlassen. Alle Sicherheitskräfte legten den Fokus auf mögliche Angriffe von außen. Sie erwarteten jedoch keinen Ausbruch, sodass Jane kurze Zeit später den Audi auf einem Parkplatz in der Nähe des U-Bahnhofes Praterstern abstellen und zusammen mit Chester ihre Flucht ungehindert fortsetzen konnte.

 

 

Washington – Hart Senate Office Building