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Nach dem Roman "Brendels Fantasie", mit dem Elke Heidenreich ihre Musikbücher-Edition bei C. Bertelsmann begann, versammelt Günther Freitags Prosaband "Café Olympia" Texte und Fotos zur aktuellen Lage Griechenlands. Im Zentrum der Miniaturen stehen reale Figuren, die unter dem Einfluss der allgegenwärtigen Krise rasch eine absurde Wandlung erfahren, welche als Spiegelbild des für weite Bevölkerungsschichten unheilvollen Zusammenspiels von rücksichtslosen Finanzmärkten, korrupter Politik und der Verantwortungslosigkeit des Einzelnen fungiert.
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Seitenzahl: 139
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FREITAG • CAFÉ OLYMPIA
Das Erscheinen dieses Buches wurde ermöglichtdurch die Patenschaft vonDr. Erich SchwarzundGaisberg Consulting, Wien.Der Verlag dankt sehr herzlichund freut sich mit den Paten auf viele Leserinnen und Leser.
GÜNTHER FREITAG
Erzählungen
Die Herausgabe dieses Buches erfolgtemit freundlicher Unterstützungdurch das Land Steiermark,die Stadt Grazund das Land Vorarlberg
A-9020 Klagenfurt/Celovec, 8.-Mai-Straße 12Tel. + 43(0)463 370 36, Fax + 43(0)463 376 [email protected]
Copyright © dieser Ausgabe 2015 bei Wieser Verlag GmbH,Klagenfurt/CelovecAlle Rechte vorbehaltenFotografien: Günther FreitagLektorat: Gerhard MaierhoferISBN 978-3-99047-026-8
Sofort nach dem Aufwachen dachte Nikolas an sein Café auf der Esplanade und musste eine erste Tablette schlucken, damit sein angegriffenes Herz nicht bereits aus dem Rhythmus geriet, noch ehe er die Wohnung im Zentrum der Altstadt von Kerkyra verlassen hatte. In dem finsteren Loch lebte er seit der Kindheit mit seinem Vater und zog auch nach dessen Tod nicht um, obwohl er sich als Besitzer des traditionsreichsten Cafés der Insel jede andere Wohnung hätte leisten können.
An die Mutter, die schon gestorben war, bevor er noch zur Schule ging, erinnerte er sich nicht. Doch der alte Papafloratis verfolgte ihn sogar als Toter bis in seine Angstträume. Mehrmals schreckte er jede Nacht schweißgebadet hoch, wenn ihn der Vater wieder einmal mit seinen Vorwürfen gedemütigt hatte. Da half es ihm auch nicht, wenn er sofort das Licht auf seinem Nachttisch anmachte und die großformatige Todesanzeige fixierte, die er noch druckfrisch hatte rahmen und anstelle einer Ikone mit dem Abbild des heiligen Spiridon in seinem Schlafzimmer aufhängen lassen. Der Alte war tot, wusste er, und sein verschlafener Blick bewies es ihm, aber der Alte ließ ihn nicht los.
Jahrzehntelang hatte er ihn als Versager bezeichnet und schlechter als die Kellner im Café behandelt. Jeder Schafhirte aus Lefkimi besitze mehr Verstand und Geschäftssinn als er, hörte Nikolas von klein auf, und was für ein Unglück es sei, dass nicht er anstelle der Mutter gestorben sei. Sie habe die besten Mehlspeisen gebacken, bis nach Ioannina hätten sie die Kuchen und Torten der Mutter geliefert. Alle bedeutenden Familien hätten für Hochzeiten oder Taufen bei ihm bestellt, aber nach seiner Geburt habe die Mutter jedes Interesse am Geschäft verloren und ihre ganze Kraft an ihn vergeudet, was sie schließlich umgebracht habe. Ein Mörder sei er, nicht bloß ein Versager, das wäre ja noch zu ertragen, ein Schwerverbrecher, der im Gefängnis verfaulen sollte, aber er sei frei und denke bloß darüber nach, wie er ihn aus dem Café verdrängen könnte, um das Lokal in der kürzesten Zeit zu ruinieren. Aber diesen Gefallen werde er ihm nicht machen, bevor er das einem Versager wie ihm übergebe, werde er lieber hundert Jahre alt …
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