Carl Weyprecht - Egon Ihne - E-Book

Carl Weyprecht E-Book

Egon Ihne

0,0

Beschreibung

Kurze Zeit, nachdem ich am 7. Januar 1913 im Naturwissenschaftlichen Verein einen Vortrag über Carl Weyprecht gehalten hatte, wurde ich gebeten, das Thema in Buchform zu bearbeiten. Da mir auch von anderer Seite nahegelegt wurde, die Aufmerksamkeit weiterer Kreise wieder auf Weyprecht zu lenken, entschloss ich mich, dem Wunsch nachzukommen. So entstand der vorliegende Band. Ich glaubte, meine Aufgabe am besten in der Art zu erfüllen, dass im ersten Teil der Vortrag, der kurz ein Bild des Lebens und Wirkens von Weyprecht bietet, wiedergegeben wird, im zweiten Teil aber Weyprecht selbst zu Wort kommt, indem ausgewählte Briefe, Tagebuchabschnitte, Abhandlungen und Vorträge unverändert abgedruckt werden. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die Polarreise und die Polarforschung, dann auch auf zwei weltgeschichtliche Ereignisse: auf den Krieg 1866, an dem er als Mitkämpfer teilnahm, und auf den Zusammenbruch des Kaiserreichs Mexiko, dem er ans nächster Nähe zuschauen musste. Jede Veröffentlichung zeigt die ungemein lebendige, fesselnde und anschauliche Darstellungsweise Weyprechts. Egon Ihne

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 242

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Carl Weyprecht

Der Nordpolarforscher

Egon Ihne

Impressum

© 1. Auflage 2019 ebookland im Folgen Verlag, Langerwehe

Autor: Egon Ihne

Cover: Caspar Kaufmann

ISBN: 978-3-95893-238-8

Verlags-Seite und Shop: www.ceBooks.de

Kontakt: [email protected]

 

Dieses eBook darf ausschließlich auf einem Endgerät (Computer, eReader, etc.) des jeweiligen Kunden verwendet werden, der das eBook selbst, im von uns autorisierten eBook-Shop, gekauft hat. Jede Weitergabe an andere Personen entspricht nicht mehr der von uns erlaubten Nutzung, ist strafbar und schadet dem Autor und dem Verlagswesen.

Dank

Herzlichen Dank, dass Sie dieses eBook aus dem Verlag ceBooks.de erworben haben.

Haben Sie Anregungen oder finden Sie einen Fehler, dann schreiben Sie uns bitte.

ceBooks.de, [email protected]

Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter und bleiben Sie informiert über:

Neuerscheinungen von ceBooks.de und anderen christlichen Verlagen

Neuigkeiten zu unseren Autoren

Angebote und mehr

http://www.cebooks.de/newsletter

Inhalt

Titelblatt

Impressum

Vorwort

Erster Teil Carl Weyprecht, der Nordpolarforscher

Zweiter Teil Carl Weyprecht: Ausgewählte Briefe, Tagebuchabschnitte, Abhandlungen, Vorträge

1. Brief vom 9. August 1866: Die Seeschlacht bei Lissa

2. Aus der mexikanischen Zeit

3. Brief vom 22. Juni 1872: Mitteilungen über den „Tegetthoff“, die Mannschaft, die Ausrüstung und ähnliches.

4. Aus dem Tagebuch vom 20. Mai bis 3. Sept. 1874. Rückreise mit den Booten nach dem Verlassen des „Tegetthoff“.

5. Das Nordlicht

6. Etwas über die Temperatur während der Expedition

7. Das Eis

8. Eispressungen

9. Unser Matrose im Eis

10. Der Walrossjäger

11. Grundprinzipien der arktischen Forschung

Unsere Empfehlungen

Vorwort

Kurze Zeit, nachdem ich am 7. Januar 1913 im Naturwissenschaftlichen Verein einen Vortrag über Carl Weyprecht gehalten hatte, wurde ich gebeten, das Thema in Buchform zu bearbeiten. Da mir auch von anderer Seite nahegelegt wurde, die Aufmerksamkeit weiterer Kreise wieder auf Weyprecht zu lenken, entschloss ich mich, dem Wunsch nachzukommen. So entstand der vorliegende Band.

 

Carl Weyprecht, 1879

 

 

Ich glaubte, meine Aufgabe am besten in der Art zu erfüllen, dass im ersten Teil der Vortrag, der kurz ein Bild des Lebens und Wirkens von Weyprecht bietet, wiedergegeben wird, im zweiten Teil aber Weyprecht selbst zu Wort kommt, indem ausgewählte Briefe, Tagebuchabschnitte, Abhandlungen und Vorträge unverändert abgedruckt werden. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die Polarreise und die Polarforschung, dann auch auf zwei weltgeschichtliche Ereignisse: auf den Krieg 1866, an dem er als Mitkämpfer teilnahm, und auf den Zusammenbruch des Kaiserreichs Mexiko, dem er ans nächster Nähe zuschauen musste. Jede Veröffentlichung zeigt die ungemein lebendige, fesselnde und anschauliche Darstellungsweise Weyprechts.

Darmstadt, im Mai 1913

Egon Ihne

Erster TeilCarl Weyprecht, der Nordpolarforscher

Vortrag, gehalten im Naturwissenschaftlichen Verein zu Darmstadt am 7. Januar 1913. Von Egon Ihne.

Die Zahl der Entdeckungs- und Forschungsreisenden aus Hessen ist nicht groß, und umso mehr erscheint es daher angebracht, der wenigen nicht zu vergessen. Einer der bedeutendsten ist Carl Weyprecht. Da im verflossenen Jahre 40 Jahre vergangen sind, dass er aus seine große Polarreise auszog, und da im gegenwärtigen Jahre es 40 Jahre sein werden, dass die Entdeckung stattfand, durch die sein Name allgemein bekannt wurde, so beschloss der Naturwissenschaftliche verein, in der ersten Sitzung des Jahres 1913, also gleichsam in der Mitte zwischen beiden Ereignissen, seiner etwas ausführlicher zu gedenken. – Dass ich mit dieser Aufgabe betraut wurde, hat seinen Grund lediglich darin, dass ich mich bereits früher einmal mit dem Thema befasst habe.

Carl Weyprecht ist ein Kind unserer Stadt Darmstadt. Am 18. September 1838 wurde er als der dritte Sohn des Hofgerichtsadvokaten Ludwig Weyprecht im Hause Grafenstraße geboren. Der Vater gab schon nach vier Jahren seine Stellung auf und wurde Kammerdirektor bei dem Grafen Erbach-Schönberg in König. Hier verlebte Carl seine Kindheit und erhielt zusammen mit seinen Brüdern den ersten Unterricht durch Privatlehrer.

Von den Geschwistern starb der älteste Bruder schon als Knabe. Der zweite, Robert, war Arzt in Ulichelstadt, wo er 1907 starb. Außerdem waren noch zwei jüngere Schwestern da; beide leben jetzt in Darmstadt.

Im Jahre 1852 trat Weyprecht in das Gymnasium zu Darmstadt ein, vertauschte diese Anstalt aber bereits nach einem Jahre mit der „Höheren Gewerbeschule“ (der Anstalt, aus der Oberrealschule und Technische Hochschule hervorgegangen sind), denn hier wurden Mathematik und Naturwissenschaften eingehender gepflegt. Und diese Fächer brauchte er für seinen späteren Beruf mehr als die alten Sprachen: er wollte nämlich Seeoffizier werden, wesentlich durch seinen Lesestoff ist dieser Wunsch in dem Knaben und Jüngling erwacht. Er wählte die österreichische Marine und wurde im Jahre 1856 als provisorischer Kadett aufgenommen.

Als solcher unternahm er auf verschiedenen Kriegsschiffen größere Reisen; 1861 traf ihn die Ernennung zum Linienschiffsfähnrich und damit zum Offizier auf der Fregatte „Radetzky“, die unter dem Befehl des damaligen Fregattenkapitäns von Tegetthoff im adriatischen und mittelländischen Meere kreuzte, von 1863-1865 war er Instruktionsoffizier auf einem Schulschiff, der Brigg „Huszar“.

Wiederholt besuchte er natürlich die Heimat. Gelegentlich eines solchen Urlaubs machte er 1865 in Frankfurt bei der Sitzung des Geographischen Vereines die persönliche Bekanntschaft des Gothaer Geographen August Petermann, der eifrig für eine deutsche Nordpolexpedition warb.

Sie wissen, dass diese Bestrebungen später Erfolg hatten. 1869 wurden die Schiffe „Germania“ und „Hansa“ ausgesandt, um das Nordpolargebiet längs der ostgrönländischen Küste zu erforschen. Die Expedition war bekanntlich wenig vom Glück begünstigt; doch wollen wir auf den Gegenstand nicht weiter eingehen.

Weyprechts Interesse lenkte sich nun ganz besonders auf das Nordpolargebiet. Er trat in dauernden Verkehr mit Petermann und erbot sich, im März 1866 „mit einer Summe von etwa 2000 Talern eine Expedition auszurüsten und auszuführen, die in einem norwegischen Fahrzeug von Tromsö oder Hammerfest ausgehen, während der Dauer von 5 Monaten in Spitzbergen Forschungen anstellen und das Meer zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja untersuchen solle“.

Aber ein Ereignis ganz anderer Art rückte die Erfüllung dieser plane in weite Ferne: Der Krieg 1866 brach aus, und die österreichische Flotte musste der viel mächtigeren italienischen entgegentreten.

Es ist bekannt, dass es zwischen den beiden Flotten nur zu einer, aber entscheidenden Schlacht kam bei der Insel Lissa am 20. Juli, die mit dem glänzenden Siege Österreichs endete. In dem vom Kontreadmiral v. Tegetthoff befehligten österreichischen Geschwader – 7 Panzer, 7 Holzschiffe und 7 kleine Kanonenboote – befand sich Weyprecht als jüngster Offizier an Bord der Panzerfregatte „Drache“. Über seine Tätigkeit in der Seeschlacht erzählt er einiges selbst in einem Brief (vgl. II. Teil, Nr. I dieses Buchs). Hören wir ihn: „Um 10 Uhr hellte es sich auf, und wir sahen die im Sammeln begriffene italienische Flotte auf etwa 5 Meilen vor uns. Sie bestand aus 14 Panzerfregatten, worunter 2/3 unseren größten an Stärke überlegen, und 10-12 Holzfregatten; teilweise von 40-54 Geschützen, während vier der unsrigen nur 35 tragen. Um 10:30 fiel der erste Schuss von italienischer Seite.

Unser vorderster Winkel bestand aus den Panzerschiffen, der mittlere aus den Holzfregatten, der hinterste aus den leichten Kanonenbooten. Die Italiener passierten uns in langer Schlachtlinie vorne. Noch ehe wir mit einem Schuss geantwortet hatten, fiel dicht an meiner Seite unser braver Kommandant, Baron Moll, ein Gentleman und Seeoffizier, wie selten einer die Brücke eines Schiffes betritt. Er litt seit zwei Tagen an starker Augenentzündung und sah fast nichts. Einen Moment, ehe ihn die verhängnisvolle Kugel erreichte, nahm er das Glas vor die Augen und sagte mir in desperatem Tone: „Weyprecht, Sie müssen die Augen heute doppelt öffnen, ich sehe gar nichts.“ Ich bückte mich hierauf über das Sprachrohr, gab ein Kommando in die Batterie und fand mich, als ich mich aufrichtete, von oben bis unten mit Blut und Gehirn bespritzt. Sein kopfloser Leichnam lag mir zu Füßen, Hätte ich aufrecht gestanden, so wäre mein Kopf wahrscheinlich mitgegangen.“

Bis der dienstälteste Offizier das Kommando übernahm, führte Weyprecht mit größter Ruhe und Umsicht das Schiff. Für sein tapferes Verhalten belobte ihn der Admiral, und er erhielt den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse mit der Kriegsdekoration, den außer ihm nur noch ein Subalternoffizier bekam, von dem mit diesem Orden verbundenen Recht auf Erhebung in den erblichen Ritterstand machte Weyprecht keinen Gebrauch.

Gleich nach dem Krieg führte ihn der Dienst an Bord des Raddampfers „Elisabeth“ nach Mexiko. Das Schiff stand zur Verfügung des Kaisers Maximilian und weilte über ein Jahr in den mexikanischen Gewässern.

Weyprecht hat in den Briefen an seine Angehörigen ausführlich über diese Zeit geschrieben. Zu Neujahr 1867 war er mit seinem Kommandanten zur Audienz bei Maximilian, und dieser zog sie auch zur kaiserlichen Tafel. Es ging hierbei aber mehr als einfach her, direkt ärmlich. Ein Roch war nicht mehr da, ein Husar bereitete die Fleischspeisen, die Frau eines Kammerdieners die Mehlspeisen. „Der Hof liegt überhaupt in den letzten Zügen“, schreibt Weyprecht; es sah übel aus. – Mit tiefer Trauer mussten die Österreicher untätig zusehen, wie das weltgeschichtliche Trauerspiel langsam zu Ende ging und der Bruder ihres Kaisers am 19. Juni 1867 gleich einem gemeinen Verbrecher erschossen wurde. – Eine Strandung unweit Veracruz bei Gelegenheit einer dienstlichen Bootexpedition1 sowie die hierdurch herbeigeführte Erkrankung am Sumpffieber überstand Weyprecht glücklich. Im Übrigen benutzte er die viele Zeit und Muße zum Studieren; neben den astronomischen Kapiteln des Seewesens waren es Meteorologie und Physik, denen er sich widmete, und dann vor allem der Nordpol. Dessen Eis reizte ihn mehr als die Sonne der Tropen.

Nach der Heimat zurückgekehrt, wurde er im Oktober 1868 zum Linienschiffsleutnant befördert und bekam kurz nachher das Kommando, sich als Mitglied der für die Küstenaufnahme des adriatischen Meeres bestimmten Kommission zu beteiligen. Offenbar war man allmählich auf seine wissenschaftliche Richtung aufmerksam geworden. Auf die von den Teilnehmern dieser Vermessung hergestellten Karten ist die österreichische Marine heute noch stolz. Dann ward ihm ein weiterer wissenschaftlicher Staatsauftrag: im Dezember 1870 ging er mit drei der hervorragendsten österreichischen Astronomen nach Tunis, um dort eine totale Sonnenfinsternis genauer zu verfolgen.

Noch vor dieser Reise, im Herbst 1870, machte er die Bekanntschaft des Oberleutnants im Tiroler Kaiserjägerregiment Julius Payer. Dieser war gerade von der zweiten deutschen Nordpolexpedition zurückgekehrt, an der er auf dem Schiff „Germania“ teilgenommen hatte. Seine Erzählungen und Schilderungen erweckten in Weyprecht lebhafter als jemals die alte Sehnsucht. Schneller, als er sich's gedacht, sollte sie gestillt werden.

Seitdem Petermann mit Wort und Tat für die Erforschung des Nordpolargebietes eingetreten war, hatte er besonders auf den östlichen Teil des europäischen Nordmeeres zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja hingewiesen, der zudem noch fast ganz unbekannt war. Er glaubte bestimmt annehmen zu dürfen, dass unter dem Einfluss des Golfstromes, der sich weit über das Nordkap hinaus bis nach der Nordwestküste von Nowaja Semlja geltend mache, eine mit dieser Strömung gehende Expedition verhältnismäßig geringe Hindernisse finde. „Da diese östliche Hälfte des Nordmeeres bei der und 2. deutschen Nordpolexpedition ganz unberücksichtigt geblieben war, hatte ich“, so sagt Petermann, „von meinen Geldsammlungen einen Reservefonds dafür bestimmt, um ein Unternehmen in dieser Richtung zur Ausführung zu bringen. Als ich daher im Anfang dieses Jahres den Herren Payer und Weyprecht die Summe von 2.000 Talern versprach, waren sie zur Ausführung eines Forschungs-Unternehmens im Osten von Spitzbergen nicht bloß sofort bereit, sondern machten sich sogar anheischig, weitere Geldsummen, Instrumente, Waffen, Munition und andere Ausrüstungsgegenstände in Österreich und anderswo selbst aufzubringen, wobei ich ihnen, soweit als tunlich, behilflich war. S. M. der Kaiser von Österreich, die dortigen Regierungs- und wissenschaftlichen Kreise, ferner die Stadt Frankfurt mit ihrer Geographischen Gesellschaft waren, nachdem sie bereits für die 1. und 2. deutsche Nordpolexpedition ansehnliche Beiträge gespendet, aufs zuvorkommendste bereit, zum dritten Mal namhafte Summen zu geben. Auf diese Weise kamen ganz unter der Hand und in kurzer Zeit 6.000 Taler zusammen.“ Hiervon stammten 2.000 Taler aus Petermanns Sammlungen.

Zunächst, für das Jahr 1871 war eine Erkundigungsfahrt geplant, dann für 1872 die größere eigentliche Expedition. Für letztere stellte Graf Wilczek in Wien 30.000 Gulden zur Verfügung, nachdem er schon für die Fahrt 1871 2.000 Gulden gespendet hatte. Die Erkundigungsfahrt hatte die Aufgabe, zu untersuchen, ob die Eisverhältnisse in jenem Meer so günstig lägen, dass ein weiteres Vordringen nach Osten durch die Hauptexpedition wahrscheinlich wäre.

Im Sommer 1871 unternahmen Weyprecht und Payer die Reise. Sie mieteten im Sommer 1871 in Tromsö in Norwegen ein kleines, aber starkgebautes Segelschiff, den „Isbjörn“ (Eisbär), mit acht Mann Besatzung, verließen am 20. Juni den Hafen und lenkten den Kurs nach Norden. Im Einzelnen wollen wir auf die hoch interessante, aber sehr mühselige und aufreibende Fahrt nicht näher eingehen. Das Schiff gelangte glatt bis fast 79° nördlicher Breite und 60° östlicher Länge. Das Meer war eisfrei oder nahezu eisfrei. Jedenfalls lagen also die Eisverhältnisse sehr gut und gestatteten durchaus den Schluss, dass das Eindringen in das Nowaja-Semlja-Meer weiter nach Osten und Norden mit einem wohlausgerüsteten Dampfer Erfolg habe. Mit diesem Hauptergebnis kamen Weyprecht und Payer nach 3 ½-monatiger Fahrt nach Tromsö zurück. – Eine Anzahl anderer Resultate brachte die Reise aber auch, Weyprecht hatte regelmäßig Beobachtungen über Temperatur von Luft und Wasser angestellt und Tiefenmessungen gemacht, so dass über diese Dinge im Nowaja-Semlja-Meer von ihm unsere ersten genauen Kenntnisse herrühren.

Nach der Rückkehr arbeiteten beide Forscher für die künftige Expedition eine Instruktion aus. In dieser wurde ausdrücklich gesagt, dass nicht die Erreichung hoher Breiten der Zweck sein sollte, sondern die Erforschung des unbekannten Gebietes im Norden von Sibirien. Als ideales Ziel war die Erreichung der Behringstraße hingestellt.

In Wien trat alsbald ein Zentralausschuss zusammen, der das Aufbringen der notwendigen Geldmittel übernahm. Aufrufe wurden erlassen, Ausschüsse in anderen Städten gebildet usw. Der Erfolg war glänzend: binnen kurzer Zeit kamen 200.000 Gulden zusammen, und zwar aus allen Kreisen des Volkes. Sehr große Unterstützung leistete wieder Graf Wilczek. Er verbürgte sich für die Baukosten des Expeditionsschiffes, noch ehe die Sammlung beendet war, und rüstete den uns bekannten Segler „Isbjörn“ mit einer größeren Menge von Lebensmitteln und Kohlen aus. Damit sollte an einem näher zu verabredenden Punkte auf Nowaja Semlja ein Depot angelegt werden, und dieses hätte der Expedition, falls sie des Schiffes verlustig ginge, als erster Zufluchtsort zu dienen. Wilczek übernahm es, in Gemeinschaft mit dem Konteradmiral von Sterneck das Depot im Sommer 1872 an Ort und Stelle zu bringen.

Das Schiff der Expedition wurde in Bremerhaven auf der Werft von J. C. Teklenborg unter genauer Überwachung durch Weyprecht und zum Teil nach seinen Angaben gebaut und erhielt den Namen „Admiral Tegetthoff“. Es war ein Schraubendampfer von 220 Tons, mit 3 Masten, 110 Fuß lang. Ausrüstung und Verproviantierung berechnete man auf drei Jahre. Außer den üblichen Booten wurden auch Schlitten und Hunde mitgenommen. Die Hunde – acht Stück – waren recht wilde Gesellen, die man anfangs gar nicht von der Kette lösen konnte, ohne dass sie sich wütend bissen, „wenn die Bestien bei 40° unter Null auf Deck schlafen müssen“, meinte Weyprecht, „werden sie hoffentlich gelindere Saiten aufziehen.“ – Die Besatzung bestand aus 23 Mann. Linienschiffsleutnant Weyprecht, Oberleutnant Payer, Linienschiffsleutnant Brosch, Schiffsfähnrich Orel, Regimentsarzt Dr. Kepes, Maschinist Krisch bildeten den Stab des Schiffes. Kommandant der Expedition war Weyprecht, so heißt es wörtlich in der vorhin erwähnten Instruktion; nur bei Schlitten- und Landreisen sollte Payer das Kommando haben, und zwar nach Entfernung von Bord unabhängig.

Über die Auswahl der Matrosen (außer den Matrosen waren unter der Mannschaft zwei Tiroler als Jäger und Bergsteiger) hatten lange Verhandlungen geschwebt. Der Nächstliegende Gedanke war, erfahrene, abgehärtete Nordländer zu wählen, wie es seither bei allen Nordpolexpeditionen gewesen. Weyprecht brach mit diesem Grundsatz. Ich will seine eigenen Worte wiedergeben: „Begeisterung wird man unter solchen Leuten nicht finden. Sie kennen die Mühseligkeiten jener Meere aus eigener Erfahrung und Erinnerung, die sie in schaudererregenden Erzählungen nur zu gern mitteilen und dadurch entmutigen, statt anzueifern.

Überdies fehlt für sie der Reiz der Neuheit, der für jeden anderen zum Ansporn wird. Ich glaube, dass Matrosen unseres Küstenlandes, deren Bravour und Ausdauer bekannt ist, sich am besten für diese Expedition eigenen würden. Sie sind gesunde, kräftige, findige und, was das kostbarste ist, heitere Menschen. Sie werden ihre Leichtblütigkeit, ihren guten Humor auch in misslichen Lagen nicht verlieren. Sie werden fluchen und beten, schimpfen und singen, aber sie werden arbeiten und nie die Flügel hängen lassen.“

Weyprecht setzte seinen Willen durch, trotzdem, wie er sich ausdrückte, die Weisen im Vaterland bedenklich das Haupt schüttelten und von Leichtsinn und Unkenntnis munkelten. Ob sich die Leute bewährten? Wir werden später darauf zurückkommen.

Am 13. Juni 1872 fuhr der „Tegetthoff“ die Weser hinab, dann durch die Nordsee und längs der norwegischen Küste nach Tromsö, welchen Hafen man am 3. Juli erreichte. Hier wurde noch ein älterer norwegischer Eisschiffer an Bord genommen, und die Österreicher empfingen die letzten Mitteilungen aus der Heimat. Darunter war auch ein Erlass des Zaren, der besagte, dass jeder russische Untertan dem Vorzeiger des Dokuments Hilfe zu leisten hätte. Dieser Ukas sollte gebraucht werden, wenn die Nordpolfahrer aus irgendeinem Grunde genötigt wären, durch Sibirien zurückzukehren. Am 14. Juli 1872 verließ der „Tegetthoff“ Tromsö.

Die Fahrt ging nach Nordost. wie im Vorjahr, so hoffte man auch jetzt bis auf die Breite von 78° oder 79° eisfreies Meer zu finden. Allein schon nach sechs Tagen, in viel südlicherer Breite begegnete das Schiff größeren Eismassen. Das Eis blieb aber noch nicht zusammenhängend, und es gelang, allerdings mit Mühe, wieder frei zu werden. Am 12.August, etwa in der Mitte der Nordwestküste von Nowaja Semlja (bei den Pankratjeff-Inseln), sahen die Reisenden des „Tegetthoff“ plötzlich einen Segler unter österreichischer Flagge: es war der „Isbjörn“ mit dem Grafen Wilczek und dem Kontreadmiral v. Sterneck, die getreu dem Versprechen hier das Lebensmitteldepot anlegen wollten. Beide Schiffe liefen zusammen in dem schmalen Landwasser längs der Küste ein Stück nordwärts, bis sie am August morgens, durch die „schweren Eismassen am weiteren Vordringen verhindert, auf Landeis bei den Barentsinseln verankerten“. Hier blieben sie bis zum 21. August, und während dieser Zeit wurde das Depot (bei dem Kap der drei Särge) angelegt und am 18. August der Geburtstag des Kaisers Franz Josef gemeinschaftlich gefeiert. Am 21. August mittags trennten sich die Schiffe. Der „Ibsjörn“ segelte nach Süd2, der „Tegetthoff“ nahm den Kurs nach Nord.

Aber er kam nicht mehr weit. Denn schon gegen Mitternacht wurde er, etwa in der Breite von 76 ½° und 62° ö. Gr., vom Eis völlig eingeschlossen, und damit waren die Männer der Expedition verurteilt, nicht mehr als freie Seefahrer den selbstgewählten Weg einschlagen zu können, sondern sich willenlos gleichsam als „unfreiwillige Passagiere“ den Launen des Eises fügen zu müssen.

Langsam trieb während der folgenden Wochen des August und September das Schiff nach Nordosten.

Im Oktober drohte neues Unheil: es begann die furchtbare Zeit der Eispressungen. Das Eis um das Schiff spaltete sich, die einzelnen Stücke hoben sich und senkten sich, schoben sich aufeinander und übereinander, stiegen beim Zusammenstoßen hoch empor, barsten wieder und stürzten in Trümmern herab, während gleichzeitig von unten Ersatz kam und ein neuer Berg entstand, um schneller oder langsamer auch zu zersplittern und zu versinken. Das ging unter den unheimlichsten Tönen vor sich, unter Krachen und Poltern, unter Brüllen, Gellen und Ächzen. Der „Tegetthoff“ geriet in die höchste Gefahr, zerdrückt zu werden. Doch geschah das nicht, sondern schon bei der ersten Pressung schob sich das Eis unter ihn und hob ihn empor auf das Eis. Wohl fanden die zahlreichen folgenden Pressungen – denn das Eis war den ganzen Winter in unaufhörlicher Bewegung – in seiner nächsten Nähe statt, aber zu seinem Glück nicht dicht an oder unter ihm selbst. Doch konnte das niemand voraussehen, und stets musste die Mannschaft gerüstet sein, das Schiff möglichst schnell zu verlassen. Weyprecht sagt:

„Kohlen und Proviant für 10 Monate, Material für ein Wohnhaus wurden teilweise auf Deck bereit gehalten, teilweise auf dem Eis deponiert und zwei Boote auf das Eis gesetzt. Zwei für alle Fälle erbaute Häuser gingen in Stücke. Am ärgsten waren diese Eispressungen Ende Januar 1873. Um diese Zeit mussten wir mit unseren Booten und dem auf dem Eis befindlichen Material fortwährend von einem Platz zum anderen wandern, oft war die ganze Umgebung derart zerrissen und zusammengedrückt, dass wir nicht mehr wussten, wohin wir dieselben mit einiger Sicherheit setzen konnten.“ Am 19. Oktober verschwand die Sonne. Die lange, lange Polarnacht war schauerlich, Weyprecht sagt weiter: „Der Winter war ein ununterbrochener Kampf gegen das Eis, bei welchem die Existenz aller auf dem Spiel stand; gar viel Tage befanden wir uns fortwährend auf dem Sprung, das Schiff zu verlassen, das uns unter den Füßen in Stücke zu gehen drohte.“ Als kurz nach der Mitte Februar neu erschienenen Sonne die Eispressungen fast plötzlich aufhörten, empfanden das alle wahrhaft als eine Erlösung. Im Februar trat die höchste Kälte dieses Winters auf, -46,2° C.

Der wärmere Sommer sollte nach allgemeiner Hoffnung den „Tegethoff“ von seinem Eispanzer befreien und in die Lage versetzen, wieder nach eigenem Willen den Kurs zu nehmen, vergeblich! Unterstützt durch Meißeln, Sägen und Sprengen seitens der Mannschaft lockerte sich das Eis auch etwas, aber unter der Vorderseite mehr als unter dem Achterdeck, hierdurch und durch das Abtauen des Eises von oben bekam das Schiff eine schräge Stellung und drohte umzukippen, so dass es durch lange Balken gestützt werden musste. Dabei führte die Strömung das mächtige Eisfeld immer langsam weiter; etwa seit Beginn des Jahres 1873 war die Richtung Nordost in Nordwest übergegangen. Traurig sahen alle der Zukunft entgegen.

Schon seit geraumer Zeit waren die Männer in seither von Menschen noch nie berührtes Gebiet gekommen. Der 30. August 1873 brachte eine große und freudige Überraschung: um die Mittagszeit erschienen plötzlich fern in Nordwesten hohe Gebirgsmassen aus dem Nebel. Alles rief jubelnd: „Land, Land!“ Weyprecht ließ auf Deck antreten, die Flagge entfalten, und das neue Land erhielt feierlich den Namen Franz-Josefs-Land. Beim Hoch auf den Kaiser wurde mit den blechernen Kaffeetassen, die mit schnell bereitetem Grog gefüllt waren, fröhlich angestoßen!

Anfang November erreichte die das Schiff einchließende Scholle eine Insel an der Südküste (Wilczek-Insel) und fror mit dem Landeis zusammen; jetzt lag der „Tegetthoff“ fest in naher Sicht des neuen Landes, unter fast 80° n. Br. und 59° ö. Gr. Schon hatte die zweite Winternacht begonnen. Sie dauerte bis Ende Februar 1874. Der Winter war ebenso grimmig wie der vorhergegangene; etwa sechs Wochen lang blieb das Quecksilber gefroren, und tagelang herrschten wilde Schneestürme. Trotzdem verging er besser als der erste. Der Mut der Leute war durch die Nähe des Landes, das sich manche zuerst als eine Art Alpenland mit im Sommer üppigen Tälern vorstellten, merkbar gehoben, und fast alle erblickten die wiederkehrende Sonne in befriedigender Gesundheit. Frisches Fleisch hatten, wie auch im ersten Winter, die von Zeit zu Zeit geschossenen Eisbären (deren im ganzen 67 erlegt wurden) in hinreichendem Maße geliefert.

Aber trotzdem wusste Weyprecht, dass ein dritter Winter nicht ausgehalten werden könne. Am 23. Februar wurde in besonderer Beratung aller Offiziere des Schiffes beschlossen, nicht darauf zu warten, bis der Sommer möglicherweise den „Tegetthoff“ freigeben würde, sondern Ende Mai das Schiff zu verlassen und die Rückkehr über das Eis nach Nowaja Semlja zu versuchen. Was ein solcher Entschluss den Rommandanten für ungeheure seelische Rümpfe kostete, das braucht wohl nur angedeutet zu werden.

Vorher sollte aber das neuentdeckte Land so viel als möglich erforscht werden. Das war Payers Aufgabe. Er unternahm im März und April zwei kurze und eine längere Schlittenreise. Die erste dauerte sechs Tage, und es nahmen außer Payer fünf Mann teil; die zweite dauerte vier Wochen, es waren außer Payer sechs Teilnehmer, darunter Orel; die dritte dauerte fünf Tage, außer Payer beteiligten sich Brosch und ein Mann. Die zweite Reise führte bis 82° 5', der höchsten erreichten Breite, bei 58 ½° ö. Gr. Kälte und Schneesturm waren stete Begleiter, alles zeigte sich vereist und öde. Die von Payer später veröffentlichte Karte fand Nansen 1895 mit seinen eigenen Beobachtungen nur zum Teil übereinstimmend, vor allem fehlten die zusammenhängenden, ausgedehnten Landmassen, die Payer besonders im Osten und Norden sowie auch im Westen angibt, und Nansen sagt, dass er sich Payers Irrtum nicht erklären könne?3

Weyprecht blieb auf dem „Tegetthoff“ und leitete die Vorbereitungen für die Rückreise. Am 16. März musste die Expedition ihren einzigen Todesfall beklagen: der Maschinist Krisch erlag einem Lungenleiden, das er schon mit auf das Schiff gebracht hatte.

Als Beförderungsmittel bestimmte Weyprecht drei Boote, ließ die „Bordwände mit Segelleinwand um 1 Fuß erhöhen und Zelte über die ganze Länge der Boote konstruieren“; sodann setzte er sie aus Schleifen, dass sie auch zu ziehen waren. Jedem Boot teilte er einen Schlitten zu. Verpackt wurde nur das Notwendigste: Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände, Instrumente zur Ortsbestimmung, Feuerungs- und Lebensmittel, Gewehre und Munition. Dagegen nahm er die Schiffsjournale und alle wissenschaftlichen Aufzeichnungen (in einer Blechkiste verlötet) mit, von denen er sich nicht trennen wollte. Denn sowohl während der Freifahrt des „Tegetthoff“ als auch während des Treibens im Eis und während des Festliegens, ja selbst während der schrecklichen Eispressungen waren die wissenschaftlichen Beobachtungen, von denen viele alle zwei Stunden ausgeführt wurden, niemals unterbrochen worden. Sie erstreckten sich aus astronomische und geodätische Bestimmungen, auf Temperatur, Luftdruck, Verdunstung, Wind, Bewölkung, Niederschlag, Tiefen des Meeres, Temperatur des Meerwassers in verschiedenen Tiefen, Tierwelt des Meeres, Erdmagnetismus, Nordlichter. Namentlich wurden erdmagnetische Beobachtungen in großem Umfange ausgeführt. Neben Weyprecht waren hier Brosch und Orel die Beobachter; ihre Leistungen hebt Weyprecht ganz besonders rühmend hervor. Er sagt: „… auf sie kommt der Löwenanteil an allen Arbeiten, sowohl der wissenschaftlichen als der das Schiff betreffenden. Brosch trug neben allem Anderen die Verwaltung der Lebensmittel, Orel die Instandhaltung der Instrumente und Journale. Es dürfte an Bord keine Arbeit irgendeiner Art ausgeführt worden sein, an welcher sich nicht wenigstens einer von beiden beteiligt hätte. Nach der Rückkehr unterstützten mich beide, mit Erlaubnis der k. k. Marine-Sektion, bei der Ausarbeitung der Beobachtungen. Ihrer Ausdauer, ihrem guten Willen und ihren Fähigkeiten kann ich nur das unbedingteste Lob spenden.“ Die Arbeit geschah mit größter Regelmäßigkeit und Gewissenhaftigkeit und oft unter den schwierigsten Umständen. So schreibt Weyprecht, „dass alle Beobachtungen während des Treibens des «Tegetthoff», als die Verhältnisse die Errichtung fixer Observatorien nicht gestatteten, unter einem einfachen Leinwandzelt ausgeführt wurden, hierbei kamen Temperaturen bis -28° vor. Bei den zeitweiligen Zuständigen Deklinations- [sowie Horizontal-Intensitäts- und Inklinations-] lesungen saß der Beobachter bei solchen Temperaturen 4 Stunden nahezu regungslos im Zelt vor den Instrumenten. Astronomische Beobachtungen wurden noch ausgeführt, als das Quecksilber des künstlichen Horizontes gefroren war und durch geschwärztes Terpentinöl ersetzt werden musste.“

Vizeadmiral von Wüllerstorf (der Leiter der Nowaja-Expedition 1857-59), der später einen Teil der Beobachtungen bearbeitete, zollt den Leistungen höchste Anerkennung und hebt die unermüdliche, bewundernswerte Ausdauer und Tatkraft hervor, die der Wissenschaft auch dann dient, wenn der Verlust des Lebens und der ganzen Arbeitsleistung wahrscheinlich ist. „Das ist“, sagte er, „reine Liebe zur Wissenschaft, das höchste Maß des Pflichtgefühls.“ Aus den von Dr. Kepes zusammengebrachten zoologischen Sammlungen, unter denen sich die Ergebnisse regelmäßig unternommener Schleppnetzzüge befanden, konnten nur die in kleinen Reagenzgläsern enthaltenen Objekte mitgenommen werden; auch sie sind später beschrieben und systematisch zusammengestellt worden.

Am 20. Mai 1874 begann der Rückzug nach Süden; er vornehmlich hat Weyprechts Führereigenschaften in das glänzendste Licht gestellt. Zuerst war das mit dem Land in festem Zusammenhang stehende Eis (das Landeis) zu überschreiten. Es war ganz mit Eisklippen durchsetzt und der darauf liegende Schnee schon sehr weich, das Ziehen machte daher unsägliche Schwierigkeiten, Weyprecht teilte alles mit seinen Leuten, wie der Geringste der Mannschaft spannte er sich vor die schwerbeladenen Boote und zog, wie er sich ausdrückte, wie ein Hund mit heraushängender Zunge, oft stundenlang. Ein Stück der Zuggurte nahm er später mit und bewahrte es als Andenken sorgfältig auf. Es sollte ihn, wenn es ihm einmal gar zu gut ginge, durch die Erinnerung an die harten Tage vor Übermut bewahren. Mit noch anderen Reliquien befindet es sich jetzt im Marinemuseum in Pola – Weyprecht schreibt in seinem Bericht über die Expedition: „Die Bahn war gleich am Anfang so schlecht, dass die Hälfte der ganzen Bemannung kaum ausreichte, um ein Boot oder einen Schlitten vorwärts zu schaffen, wir mussten auf diese Art jedes Stück weg fünfmal zurücklegen: dreimal ziehend, zweimal leer. Der Schnee, welcher zwischen den aufgetürmten Eisblöcken sehr tief lag, war mit einer harten Kruste bedeckt, durch die wir bei jedem Schritt durchbrachen. Oft standen wir bis zum halben Körper eingesunken und mussten uns, um Halt zu finden, auf Hände und Füße legen. Infolgedessen war unser Fortgang äußerst langsam; im Durchschnitt machten wir bei harter Arbeit nicht mehr als eine halbe Seemeile am Tag.“ Von der ganzen Rückreise ist das Tagebuch Weyprechts in den Händen seiner Angehörigen. Unter dem 24. Mai heißt es:

„Pfingsten, das «fröhliche Fest», ist da. Wir haben sie sehr trostlos angetreten. Bis 11. p. m. machten wir ein hübsches Stück weg, dann gerieten wir aber zwischen die hummocks [Eisklippen] und mussten uns den Weg ruckweise Fuß für Fuß erkämpfen … Der Weg in den hummocks ist fürchterlich. Alle Zwischenräume zwischen den niederen Spitzen sind verweht, und man bricht oft mit Schlitten und allem bis zum halben Körper ein, so dass man nicht festen Fuß fassen kann, um zu ziehen …