Chefsache Metaverse - Thomas R. Köhler - E-Book

Chefsache Metaverse E-Book

Thomas R Köhler

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Beschreibung

Im Oktober 2021 verkündet der Facebook-Konzern – Betreiber von WhatsApp, Instagram und Facebook – seine Umbenennung in »Meta«. Was zunächst wie eine simple Namensänderung klang, könnte das gesamte Internet revolutionieren. Das Unternehmen investiert Milliarden in das Metaverse. Und der Rest der Technologiebranche – von Apple bis Microsoft – zieht mit. In diesem Buch geben Julia Finkeissen und Thomas R. Köhler mit ihrer Expertise für neue Technologien Einblick in die wichtigsten Bausteine des Metaverse und des Web3. Sie liefern konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen und beschreiben die neuen Chancen und Risiken des Metaverse und der zugrundeliegenden Technologien – ohne falschen Hype und immer mit Blick auf Nutzen und Anwendungspotenziale.

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Cover for EPUB

Thomas R. Köhler Julia Finkeissen

CHEFSACHE METAVERSE

NFT, Blockchain, AR, VR: So steuern Sie sicher durchs Web3 –

Ein Praxisbuch für Unternehmen

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

Im Oktober 2021 verkündet der Facebook-Konzern – Betreiber von WhatsApp, Instagram und Facebook – seine Umbenennung in »Meta«. Was zunächst wie eine simple Namensänderung klang, könnte das gesamte Internet revolutionieren. Das Unternehmen investiert Milliarden in das Metaverse. Und der Rest der Technologiebranche – von Apple bis Microsoft – zieht mit.In diesem Buch geben Julia Finkeissen und Thomas R. Köhler mit ihrer Expertise für neue Technologien Einblick in die wichtigsten Bausteine des Metaverse und des Web3. Sie liefern konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen und beschreiben die neuen Chancen und Risiken des Metaverse und der zugrundeliegenden Technologien – ohne falschen Hype und immer mit Blick auf Nutzen und Anwendungspotenziale.

Vita

Julia Finkeissen ist Unternehmerin, Investorin, Beirätin und Beraterin für digitale Start-ups. Mit ihrer Firma Vioventi Art berät sie Unternehmen im NFT-Markt und dem Metaverse.

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

INHALT

Impressum

INHALT

VORWORT

Kapitel 1

Metaverse, Web3 und Co – die Zukunft des Internets

1.1

Die Zukunft ist bereits da – und mit ihr einige Herausforderungen

1.2

Wesentliche Bausteine von Web3 und Metaverse

Virtuelle Welten

Virtual Reality/Augmented Reality/Mixed Reality/Xtended Reality – die Bausteine des Metaverse

Blockchain, Bitcoin, Krypto und Co

NFT – Disruption oder kurzfristiger Hype?

Smart Contracts

Dezentrale autonome Organisationen (DAOs)

DeFi – Decentralized Finance

Kapitel 1

Jenseits des Hypes – wo stehen wir heute in Sachen Metaverse?

2.1

Technologien und technische Anforderungen

2.2

Governance

2.3

Physik und Regeln im Metaverse

2.4

Kulturelle Herausforderungen und Regulierung

2.5

Standardisierung

2.6

Anbieter und Geschäftsmodelle

2.7

Risiken und Gefahren

Kapitel 1

Ausgeträumt? Zum Status von Web3 und Co

3.1

Desillusionierung durch Kryptocrash

3.2

Die NFT-Krise – Momentaufnahme oder Grundsatzproblem?

3.3

Greenwashing

3.4

Fanproteste

3.5

Macht oder Machtlosigkeit aufgrund systembedingter Probleme

Kapitel 1

Metaverse: Anwendungsfelder für Unternehmen

4.1

Anwendungen für alle Unternehmen

Marketing und Vertrieb

Metaverse in Aus- und Weiterbildung

Ihr Büro im Metaverse – von Metaverse zu Metawork?

4.2

Metaverse im Handel

4.3

Metaverse in der Spielwarenbranche

4.4

Metaverse in der Autobranche

Virtueller Showroom

Virtueller Werbefilm

Virtuelles Fahrzeug

Virtuelle Realität im Fahrzeug

4.5

Metaverse in der Finanzbranche

4.6

Metaverse bei Reisen und Tourismus

4.7

Metaverse in Produktionsunternehmen

4.8

Metaverse in Logistik und Transport

4.9

Metaverse im Sport

4.10

Metaverse, Onlinedating und Cybersex

4.11

Metaverse und die Kirche

4.12

Metaverse in der Kunstszene

Das Metaverse Museum

Chancen für Künstler

Metaverse und das Gute

Virtuelle Kunst in Unternehmen

4.13

Metaverse-spezifische Services

Kapitel 1

Metaverse, Web3 und die öffentliche Hand

Kapitel 1

Metaverse und das Gesundheitswesen

Kapitel 1

Big Tech und das Metaverse

7.1

Die Strategie von Meta

7.2

Microsoft und die virtuellen Realitäten

7.3

Google und das Metaverse

7.4

Apple und das Metaverse

7.5

Amazon und das Metaverse

7.6

NVIDIA und das Metaverse

7.7

Gaming-Anbieter, virtuelle Welten und das Metaverse

Roblox

Epic Games

The Sandbox

VR-Chat

Fazit

Kapitel 1

Die Zukunft des Internets

Kapitel 1

Die richtige Strategie für das Metaverse

9.1

Wer zu spät kommt, den bestraft der Markt

9.2

Der richtige Zeitpunkt ist jetzt

9.3

In 7 Schritten zu Metaverse

Schritt 1

Schritt 2

Schritt 3

Schritt 4

Schritt 5

Schritt 6

Schritt 7

AUSBLICK

GLOSSAR — DIE WICHTIGSTEN BEGRIFFE RUND UM METAVERSE UND WEB3

ANMERKUNGEN

Vorwort

1 Metaverse, Web3 und Co – die Zukunft des Internets

2 Jenseits des Hypes – wo stehen wir heute in Sachen Metaverse?

3 Ausgeträumt? Zum Status von Web3 und Co

4 Metaverse: Anwendungsfelder für Unternehmen

5 Metaverse, Web3 und die öffentliche Hand

6 Metaverse und das Gesundheitswesen

7 Big Tech und das Metaverse

8 Die Zukunft des Internets

9 Die richtige Strategie für das Metaverse

Ausblick

DIE AUTOREN

VORWORT

Ist das Metaverse »the next big thing«? Werden Blockchains, NFTs und andere Web3-Technologien das Internet revolutionieren? Keine Branche lebt so sehr von immer wieder neuen Themen wie die Technologiebranche. Nirgendwo sonst wird so oft öffentlich von einem der Marktteilnehmer eine Revolution erklärt, die dann doch wenige Monate später versandet und über die plötzlich niemand mehr spricht. Und manchmal passiert es eben doch, dass Großes entsteht, das nicht nur die Branche, sondern sogar unser Leben umkrempelt.

Das Problem dabei: Die Tragweite der ganz großen technologischen Umbrüche – wie etwa bei der Einführung des Smartphones – lässt sich meist erst im Nachgang verstehen und deuten. Selbst Brancheninsider versagen oftmals bei der Einschätzung der Bedeutsamkeit einer neuen Technologie. So hatte etwa der damalige Microsoft-Chef Steve Ballmer der WirtschaftsWoche ein Interview gegeben (Ausgabe 23/2007), in dem er den Markterfolg des damals gerade neu erscheinenden ersten iPhone in Frage stellte: »Außer der Marke hat Apple nichts in petto, was andere Anbieter nicht auch zu bieten hätten. Daher garantiere ich Ihnen, dass sich das iPhone nicht sonderlich verkaufen wird. (…) wird es Apple kaum gelingen, davon einen signifikanten Anteil zu erobern. Microsofts Anspruch mit Windows Mobile lautet dagegen, Hunderte Millionen Geräte jährlich zu verkaufen. (…) Klar, wenn Apple die obersten zwei, drei Prozent der reichen, coolen Menschen als Kunden gewinnt, sind sie zufrieden. (…) Wir sprechen dann aber von einem Marktteilnehmer mit einem Anteil im einstelligen Bereich.«1

Fünf Jahre nach dieser Aussage war Apples Umsatz allein mit dem iPhone größer als der Gesamtumsatz von Microsoft.2 Heute – wiederum zehn Jahre später – hat Apple in Deutschland etwa einen Marktanteil von gut einem Drittel, weltweit sind es ebenfalls erstaunliche 18 Prozent. Die restlichen Hersteller mit Android teilen sich die anderen zwei Drittel des Marktes. Windows Phone, Blackberry und Co – vor Jahren noch feste Größen in Geschäft mit Mobilfunkendgeräten – haben keinen Markt mehr: Marktanteil 0,0 Prozent3.

Ebenfalls Geschichte war binnen weniger Jahre der einstige Weltmarktführer für Mobiltelefone: Nokia. Dort hatte man das Smartphone – das Mobiltelefon mit zusätzlichen Datenverarbeitungsfunktionen – quasi miterfunden und zahlreiche Technologien, deren Kombination sich im iPhone wiederfanden, ebenfalls bereits in einzelne Produkte gegossen. Es gab Musikphones, Telefone für Kommunikation im Business, Telefone mit Touchscreens und, und, und – aber eben kein Produkt, das alles konnte, und schon gar keins, das einfache Bedienbarkeit mit Multifunktionalität verbunden hat. Ja, das Unternehmen Nokia gibt es noch. Geliefert werden unter »Nokia Networks« Komponenten für Mobilfunknetze. Und ja, es gibt inzwischen sogar wieder Handys unter der bekannten Marke – mit der ursprünglichen Firma Nokia haben diese aber nichts mehr zu tun, es ist ein unabhängiger Lizenznehmer der Marke, der diese in Fernost produzieren lässt.

Die Tragik: Sowohl Microsoft als auch Nokia, Blackberry sowie der schwedische Wettbewerber Ericsson hatten alle Zugriff auf die für den Markterfolg notwendigen Technologien und haben nichts draus gemacht.

Doch der Siegeszug des Smartphones bot – rechtzeitig erkannt – auch Chancen. Denn das Smartphone wurde schnell zum dominierenden Weg, um »ins Internet zu gehen«. Wer also als Unternehmen frühzeitig auf Apps und Smartphone-taugliche Websites gesetzt hat, konnte im Windschatten der großen Anbieter von dem Umbruch profitieren.

Die Autoren dieses Buches sind – auch aufgrund ihrer mehr als zwei Jahrzehnte zurückreichenden Erfahrung in der Arbeit an und mit Technologieinnovationen – davon überzeugt, dass wir nunmehr an einer weiteren Schwelle des Umbruchs stehen. Das Internet – eine Erfindung der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts – wurde erst durch den Webbrowser für eine breite Anwenderschaft interessant und ab Mitte/Ende der 90er Jahre durch immer schnellere und immer weiter verbreitete Internetzugänge zum Massenmedium. Gleichzeitig entstand mit dieser ersten Version – quasi dem Web 1.0 – die Basis für weitere Dienste, etwa für einen weitergehenden Austausch der Nutzerinnen und Nutzer untereinander, und die Möglichkeit, auf einfache Weise eigene Inhalte bereitzustellen.

Diese nächste Iteration (Web 2.0) wurde daher auch Social Web genannt. Befeuert wurde dessen Nutzung im Wesentlichen vom vorhin bereits genannten Smartphone und dessen Verbreitung.

Es spricht aus Sicht der Autoren dieses Buches vieles dafür, dass wir nun – 2023/24 – an der Schwelle der nächsten Technologierevolution stehen. Zahlreiche Bausteine, die für die nächste Technologierevolution stehen, sind seit Jahren oder gar Jahrzehnten bekannt. Wer diese Puzzlesteine kennt und den Überblick wahrt, sieht, dass sich nun – in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts – etwas zusammenbraut, was die Art und Weise, wie wir kommunizieren, miteinander interagieren und schlussendlich auch leben, dramatisch verändern kann.

Warum das Metaverse am ehesten die Erwartungen an »the next big thing« erfüllt, welche Rolle die Blockchain, Kryptowährungen, NFTs und andere Technologien des Web3 dabei spielen und was das für Unternehmen künftig bedeutet, davon handelt dieses Buch.

Julia Finkeissen und Thomas R. Köhler

Kapitel 1Metaverse, Web3 und Co – die Zukunft des Internets

Der Begriff Metaverse ist in aller Munde. Ganz plötzlich und eigentlich ziemlich überraschend hat die Technologiebranche ein großes Thema oder besser: ein neues Themenfeld. Neben Metaverse, im Deutschen manchmal auch bedeutungsgleich als Metaversum bezeichnet, taucht immer wieder die Bezeichnung Web3 auf mit einer Vielzahl von zugehörigen Begriffen wie Blockchain, Bitcoin, Smart Contract oder DAO. Davon haben jedoch selbst langjährige Internetnutzer nur zum Teil eine konkrete Vorstellung, während eine eingeschworene Szene diese für die wichtigste Technologierevolution der Internetgeschichte hält.

Natürlich ist es spannend herauszufinden, wie es dazu kommen konnte. Aber wichtiger für Sie als Verantwortliche oder Verantwortlicher im Unternehmen oder in einer Organisation – ganz gleich, ob privat oder mit öffentlichen Aufgaben betraut – ist es jedoch zu wissen, was das für Ihre Arbeit bedeutet, welche Opportunitäten sich daraus für die Zukunft ergeben und worauf Sie bei einer möglichen Einführung achten sollten.

Lange Jahre wurde in Fachkreisen über die längst erwartete Weiterentwicklung des Internets aus Anwendersicht debattiert. Was kommt nach dem Web 1.0 – dem Internet der vernetzten Dokumente – und dem Web 2.0 – dem Social Web, in dem Nutzer vermehrt selbst Content erstellen und in dem Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok oder auch Xing oder LinkedIn ihre Blüte erlebten und teilweise noch erleben?

Spätestens als Ende Oktober 2021 der Social-Media-Konzern Facebook ankündigte, sich selbst in Meta umzubenennen und fortan massiv in virtuelle Welten unter dem Oberbegriff des Metaverse zu investieren, war es für gelegentliche Betrachter augenfällig, dass sich etwas tut in Sachen Internettechnologie.

Grundlegend gilt: Ein Metaverse ist eine dreidimensionale virtuelle Welt, in die man mittels geeigneter Hard- und Software quasi eintauchen und sich darin bewegen kann. Gängige Technologie sind die seit Jahren bekannten und immer wieder verbesserten Virtual-Reality-Brillen (VR-Brillen), die ein dreidimensionales Erleben einer virtuellen Welt erlauben, anders als etwa ein Smartphone oder Tablet, das aufgrund zwingender Technologierestriktionen notwendigerweise im zweidimensionalen flachen Raum bleibt. Praktisch, dass Meta 2014 bereits den Anbieter von VR-Brillen Oculus gekauft hat.

Wie genau sich ein solches Metaverse oder Metaversum nun definieren lässt, dazu mehr in Kapitel 2.

Was Facebook angeht, gilt übrigens: Die bisherigen Angebote Facebook, Instagram und WhatsApp sollen erhalten bleiben, aber die Zukunft – geht es nach Mark Zuckerberg – soll möglichst den virtuellen Welten gehören. Das Ganze ist zunächst eine gigantische Wette auf die Zukunft, aber eine, die aufgehen wird, wenn auch vielleicht anders, als sich die Vordenker bei Meta das vorstellen.

Denn die Zeichen stehen zwar auf Veränderung. Doch praktisch zeitgleich mit der Ankündigung von Facebook kündigen sich unter dem Oberbegriff des Web3 oder Web 3.0 eine Reihe von Technologien an, unser Verständnis vom Internet grundlegend zu verändern. Und ja, auch wenn es nicht immer auf den ersten Blick augenfällig ist, diese stehen im Zusammenhang mit der Metaverse-Ankündigung von Facebook/Meta.

Wieder einmal, möchte man hinzufügen, denn diejenigen, die seit den Anfangstagen des kommerziellen Internets – im deutschsprachigen Raum kann man das etwa auf Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts verorten – dabei sind, kennen mit dem Web 1.0 das ursprüngliche webbasierte Internet ebenso wie das um die Jahrtausendwende gestartete Social Web – das sogenannte Web 2.0.

Natürlich ist die technische Basis für das, was wir heute das WWW (Web 1.0) und das Social Web (Web 2.0) nennen, erheblich älter als die genannten drei Dekaden. Die Geschichte der Internettechnologien und die Bedeutung des vom US-Militär geprägten Arpanet aus den 1960er Jahren als Basis für das, was wir heute als Internet kennen, ist jedoch schon so oft erzählt worden, dass hier guten Gewissens darauf verzichtet werden kann.

Auch der Begriff des Web3 ist – und das ist zunächst überraschend – nicht wirklich neu. Bereits um das Jahr 2004 wurde in der Fachwelt das Web 3.0 diskutiert. Geprägt wurde der Begriff von Tim Berners-Lee, dem Begründer des World Wide Web: »Das Semantic Web ist eine Erweiterung des herkömmlichen Webs, in der Informationen mit eindeutigen Bedeutungen versehen werden, um die Arbeit zwischen Mensch und Maschine zu erleichtern.«1

Die Vorstellung damals war, wir würden – nach Web 1.0 und Web 2.0 – auf ein »semantisches Web« zusteuern, in dem aus den bis dato unstrukturierten Daten nun Daten mit Bedeutung werden. Die Idee damals: »Web 3.0« wird das Semantic Web, in dem Informationen so beschrieben sind, dass Rechner etwas damit anfangen können, also etwa aus dem Wort oder Informationsschnipsel »Monaco« unterscheiden können, ob damit im konkreten Fall der Stadtstadt in Südfrankreich, eine international übliche Schreibweise für die Stadt München oder der Vorname der berühmten Figur in einer Fernsehserie (Monaco Franze) gemeint ist. Bereits damals gab es Bedenken, ob sich diese Vision eines Semantic Web jemals verwirklichen lassen würde. Dennoch wurden von dieser Debatte eine Reihe von Start-ups inspiriert oder auch existierende Projekte in den Vordergrund gerückt. So erlebte Cyc, eines der ersten großen Projekte für künstliche Intelligenz (KI beziehungsweise AI für Artificial Intelligence), bereits 1984 mit dem Semantic Web einen Aufschwung. Grund dafür war unter anderem, dass es versprach, das Wissen darüber, wie die Welt funktioniert, erschließbar zu machen.2

Was aus dieser Mission geworden ist, bleibt weitgehend im Dunkeln. Aus dem Cyc-AI-Projekt ist ein auf »Enterprise AI« spezialisiertes Unternehmen entstanden, das sich nun auf betriebliche Prozesse fokussiert. Der Ansatz, mit AI die Welt erklären zu wollen, wurde aufgegeben.

Festzuhalten ist: Das, was aus Fachkreisen in den 2000er Jahren als Web 3.0 herbeigeredet wurde, hat sich nicht materialisiert. Diese – sehr akademische – Sichtweise auf das Internet hat sich nicht durchgesetzt, und mit ihm ist die ursprüngliche Bedeutung des Web 3.0 in der Versenkung verschwunden. Die Revolution ist ausgeblieben. Doch wie schon erwähnt stehen die Zeichen für 2023/2024 auf Umbruch.

Zumindest der Begriff des Web3 ist nun zurück, wenn auch mit anderer Bedeutung. Web3 ist nun Sammelbegriff für eine ganze Reihe von Technologien, die die Zukunft des Internets ausmachen sollen. Die genaue Schreibweise variiert dabei zwischen Web3 und Web 3.0. Es ist ein Begriff, der häufig auftaucht. In Medienberichten ebenso wie in Pressemitteilungen von Unternehmen, Investor:innen oder in den Twitter- und Blog Postings selbst ernannter »Krypto-Evangelisten«. Darunter fasst man jene Gruppe an Personen, die quasi religiös im Web3 eine revolutionäre Zukunft sieht. Es ist jedoch ein Begriff, der merkwürdig schwammig bleibt, denn ebenso wie beim Metaverse sucht man eine universelle Definition in der Regel vergeblich.

Ganz allgemein gesprochen ist Web3 ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Technologien, die allesamt die »Zukunft des Internets« versprechen. Eine Zukunft, die – so die wesentlichen Protagonisten und Vordenker – vor allem dezentral und auf Basis von Blockchain-Technologien entstehen soll. Gerne wird noch hinzugefügt, dass »Big Tech« – gemeint sind die großen Technologiefirmen und Plattformbetreiber von Amazon über Apple bis Google und Meta – in diesem neuen Web anders als bisher nicht mehr die Hoheit über die Daten haben. Stattdessen entstünde nun mit dem Web3 ein neues Internet, das zensurfrei und nicht diskriminierend ist und dessen Transaktionen fälschungssicher sind. So weit zumindest die Vision des neuen Web. Zahlreiche Gegenbeispiele zeigen jedoch bereits heute, dass viele Projekte und Initiativen, die unter dem Label Web3 vermarktet werden, tatsächlich stark zentralisiert sind und in dem – ganz gegen die Theorie – bei diesen auch schon mal Daten verändert werden oder ganz verschwinden. Zudem rüsten sich viele große Unternehmen der Technologiebranche gerade jetzt für eigene Aktivitäten in dem Umfeld. Das eingangs genannte Unternehmen Meta ist hier nur einer von vielen zukünftigen Marktteilnehmern, die rein aufgrund der wirtschaftlichen Macht gute Chancen haben, das, was sich gerade unter dem Stichwort Web3 formiert, entscheidend mitzuprägen.

Absehbar ist, dass sich in vielen Bereichen die Entwicklung wiederholt, die wir auch im Web 1.0 hatten. Auch da war Dezentralisierung Kern der Grundidee, wenige Jahre später sind aber die Anteile verteilt, und es gibt für viele Anwendungen einen oder wenige Onlineanbieter, also etwa eine Onlinesuchmaschine, eine große Instant-Messaging-Plattform, ein großes Onlineaktionshaus, wenige große Cloud-Service-Anbieter, wenige große Internetprovider et cetera.

Umso wichtiger ist es, als Führungskraft heute die Bedeutung des Metaverse und des Web3-Begriffsuniversums zu verstehen, um fundiert entscheiden zu können, ob – oder besser wann und in welcher Form – ein Engagement auch für Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation sinnvoll ist.

Denn hier läuft die Entwicklung erneut wie bei Web 1.0 und Web 2.0. Bei beiden Technikgenerationen ist zumindest rückwirkend klar, dass die meisten Unternehmen und Organisationen dabei sein sollten. Diejenigen, die früh dran waren, haben vielfach Lehrgeld bezahlt. Man denke etwa an die erste Generation der Onlineshops, für die vielfach schlicht die Kundenbasis gefehlt hat, um wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Dennoch konnte sich aus dieser Gruppe mit Amazon ein Onlinehandelsgigant entwickeln, an dem man in vielen Bereichen schlicht nicht mehr vorbeikommt. Aber es geht natürlich auch eine Nummer kleiner. Man denke etwa an das Berliner Unternehmen Zalando und dessen inzwischen internationale Erfolgsgeschichte. Denn erfolgreich waren und sind die Firmen in diesem Segment, die das Timing richtig hinbekommen haben, und das waren nicht notwendigerweise die ersten. Die Entwicklung wiederholt sich: Im Web 2.0 – dem Social Web – war auch über Jahre umstritten, ob und in welcher Form sich Unternehmen beteiligen sollten. Heute ist klar: Ohne Webpräsenz und Social-Media-Aktivitäten geht es für die meisten Unternehmen schlicht nicht mehr.

Gewonnen haben hier – auf lange Sicht – diejenigen, die frühzeitig bestimmte Plattformen für ihren Content entdeckt und aktiv bespielt haben. Dies gilt im Übrigen auch für kleine Unternehmen und Freiberufler sowie besonders geschützte Berufe wie Steuerberater oder Rechtsanwälte. Man denke etwa an den Anwalt Christian Solmecke der Anwaltskanzlei WBS (Wilde Beuger Solmecke) aus Köln, der die Videoplattform YouTube mit beinahe täglich erscheinenden neuen Beiträgen zu Rechtsthemen als Anwalt dominiert (»Europas größter Rechtskanal« – Eigenangabe) und gut 881 000 Abonnenten (Stand 6/2022) aufweist. Abonnenten, die auf jedes neue Video von ihm in ihrem YouTube-Feed stoßen werden. Diese Reichweite zu reproduzieren, wird für Späteinsteiger schwierig bis unmöglich. Umso wichtiger ist es, den richtigen Augenblick für den Einstieg abzupassen.

Ähnliches ist auch für das Web3 und dort insbesondere für das Metaverse zu erwarten. Denn das Metaverse oder besser: die verschiedenen Formen des Metaverse – noch gibt es keine dominierende Plattform oder auch nur einen gemeinsamen Standard wie etwa im Web 1.0 der Internetbrowser – sind ein wichtiger Baustein des Web3. Weitere Bausteine sind:

Blockchains (ja, hier steht bewusst ein Plural),

verschiedene Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum, um nur die bekanntesten zu nennen,

Non-Fungible Tokens (NFTs),

Smart Contracts,

Decentralized Autonomous Organizations (DAOs),

Decentralized Finance (DeFi).

Wir werden in Folge diese Begrifflichkeiten im Einzelnen aufgreifen, erläutern und daraus eine Sicht auf das sich entwickelnde Web3-Feld formen. Dies soll Ihnen jene Entscheidungsgrundlage geben, die Sie brauchen – befreit vom Pulverdampf und Nebel des aktuellen Hypes und angereichert mit fundiertem Wissen über die Risiken und Nebenwirkungen, die bei der neuen Technologie eine Rolle spielen. Die sprichwörtliche »German Angst« vor allem Neuen wird dabei nicht der Maßstab sein. Eher das Kalkül der wagemutigen Unternehmerin, des wagemutigen Unternehmers, auf die »Upside« schauend und dabei die mögliche »Downside« im Blick behaltend.

Und ja, gravierende Nachteile und Risiken gibt es, wie bei jeder technologischen Neuentwicklung. Die Erfahrung aus fast drei Jahrzehnten Internet für Unternehmen zeigen, dass diese besonders im Bereich Datensicherheit und Datenschutz liegen. Kaum eine Neuentwicklung kommt ohne Datenskandale oder spektakuläre Hackerangriffe aus. Doch während wir in der ersten Phase des Internets in einer unregulierten bis wenig regulierten Umgebung waren, wo man zeitweise als Anbieter von Diensten tun und lassen konnte, was man wollte, sind die Regulatoren inzwischen aufgewacht, und jede neue Entwicklung wird zum Minenfeld mit potenziellen Datenschutzproblemen, Herausforderungen in Sachen Cybersicherheit und anderen ernstzunehmenden Problemen vom Markenrecht bis zur Hatespeech.

Der Elefant im Raum ist aber zweifellos die Ressourcenverschwendung bei der Blockchain-Nutzung, insbesondere des Bitcoin-Mining, die in Zeiten des erwachten Bewusstseins für die Gefahren des Klimawandels einer gesonderten Betrachtung bedarf. Eine ganze Reihe von Studien beschäftigt sich damit und offenbart teils Erschreckendes. Bis zu 7 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs soll demnach für Bitcoin-Mining verwendet werden.3 Oder sollte man besser sagen: verschwendet werden?

Dazu und zu den Lösungsmöglichkeiten für dieses zentrale Web3-Dilemma in folgenden Kapiteln mehr.

Wichtig ist: All das sollte Sie nicht abschrecken, denn es sind primär die Geburtswehen einer neuen Generation an Technologien, die ganz automatisch mitkommen. Es sind Herausforderungen, die durchweg lösbar sind. Entscheidend ist der richtige Angang. Während die deutsche Ingenieursmentalität primär die Risiken sieht und alles vorher 1 000-prozentig absichern will, sind internationale Start-ups aus den beiden Weltregionen mit dem stärksten Unternehmergeist in neuen Technologien, Asien und Nordamerika, daran, erst einmal zu machen und sich dann unterwegs um die dabei auftauchenden Probleme zu kümmern. »Move fast and break things« war nicht umsonst lange Jahre das Motto von Facebook (nun Meta). Ein Motto, von dem man sich erst vor wenigen Jahren – 2014 – verabschiedet hat.4 Zumindest offiziell.

1.1Die Zukunft ist bereits da – und mit ihr einige Herausforderungen

»Die Zukunft ist bereits hier, sie ist nur ungleichmäßig verteilt.« Dieses berühmte Zitat stammt vom amerikanischen Science-Fiction-Autor William Gibson. Es spielt vor allem auf die Tatsache an, dass die Dinge, die im Leben der Menschen in Zukunft das Normale oder Alltägliche ausmachen werden, vielfach bereits existieren oder längst erdacht sind. Sie sind nur schlichtweg noch nicht ausentwickelt oder in ihren besonderen Anwendungen in der breiten Masse akzeptiert.

Doch selbst wenn alle technologischen Puzzleteile auf dem Tisch liegen, ist nicht klar, wann es zu einem Umbruch kommt, wie dieser aussieht und wer die Profiteure dieser Entwicklung sein werden. Selbst erfolgreiche Prognostiker kommen an ihre Grenzen, wenn es um die wahren Potenziale einer Technologie geht. Um dies zu belegen, seien hier Beispiele – einerseits von einer bekannten Unternehmensberatung und andererseits von einem renommierten Zukunftsforscher – genannt. Beide werden für ihren Rat in Sachen Zukunft bezahlt und müssen sich entsprechend an ihren Prognosen messen lassen.

Klar ist, dass die einfache Fortschreibung von Entwicklungen in der Technologie, wie sie überwiegend von großen Analystenhäusern wie Gartner, Forrester oder IDC gemacht wird, selten dabei hilft, größere Umbrüche zu erkennen. Jeder Wendepunkt in der Entwicklung ist meist nur ex post, also in der Nachbetrachtung Jahre später überhaupt erkenn- und erklärbar.

Die Zukunftsforschung verspricht hier vielfach das Unmögliche und will – etwa anhand von erkannten Trends oder gar Megatrends – Entwicklungen vorausahnen. Doch helfen diese Analysefähigkeiten der sogenannten Zukunftsforscher manchmal ebenso nicht, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:

Der bekannteste Vertreter dieser als Zukunftsforscher, Trendforscher oder Futuristen bezeichneten Berufsgruppe im deutschsprachigen Raum ist zweifellos Matthias Horx, der mit seiner Arbeit über Jahrzehnte die durchaus schillernde Branche der Prognostiker prägte. Eine Branche, die Menschen vielfach mit ihren Vorhersagen in ihren Bann zieht. Nicht immer ist klar, wie diese tatsächlich zustande kommen und ob Forschung tatsächlich der passende Begriff für die Tätigkeit in diesem speziellen Dienstleistungsgewerbe ist, dem böse Zungen auch heute noch Kaffeesatzleserei und Glaskugel-Betrachtung attestieren. Bei aller Kritik: Matthias Horx gilt seit Jahrzehnten als einer der Experten in Sachen Zukunft. Doch seine herausgehobene Stellung innerhalb der »Zunft der Zukunftsforscher« bewahrte ihn nicht davor, in Sachen Internet zu einem dramatischen Fehlschluss zu kommen. Noch im Frühjahr 2001 warnte er in seiner Studie davor, darauf zu setzen.

Nach Medienangaben führte er dazu eine Metastudie, das heißt eine Studie, die andere vorhandene Studien im Themenfeld auswertet, durch. »Internet wird kein Massenmedium«, war sein Fazit.5 Ein selten klares Fazit, an das er heute, 20 Jahre später und im Zuge des Siegeszuges des Internets bei allen Generationen nachvollziehbarerweise nicht mehr erinnert werden will. Aber das Internet vergisst nicht.

Nur zur Erinnerung: 94 Prozent aller Deutschen ab 14 Jahre sind – laut einer ARD-/ZDF- Onlinestudie (November 2021) – mindestens gelegentlich Internetnutzer. Kaum jemand, der dabei außen vor bleibt. Der »Digital Divide«, die mangelnde Teilhabe benachteiligter Gruppen, den auch Horx in seiner Studie beschreibt, scheint damit auch zugeschüttet.6

Aber Horx ist nicht allein, wenn es um dramatische Fehlprognosen zu neuen Technologien geht. Unternehmensberatungen, die unter Umständen viele Millionen einnehmen, um zukünftige Entwicklungen als Basis für Investitionsentscheidungen zu »errechnen«, können genauso falschliegen wie die vielfach ohne vergleichbare Zahlenwerke arbeitenden Zukunftsforscher. Ein in der Literatur immer wieder zitiertes Beispiel ist die Prognose über die Marktentwicklung des Mobilfunks, die McKinsey an den US-Telekommunikationsanbieter AT&T geliefert hatte. 1980 teilte McKinsey AT&T mit, dass man davon ausging, dass der Markt für Mobiltelefone in den Vereinigten Staaten im Jahr 2000 nur 900 000 Abonnenten umfassen würde. Am Ende waren es tatsächlich 109 Millionen. Diesen Fall und andere gravierende Prognosefehler beschreibt der Autor Duff McDonald in seinem Buch The Firm: The Story of McKinsey and Its Secret Influence on American Business.7

Das in der Unternehmensberatung – und augenscheinlich hier auch von McKinsey – verfolgte Konzept der Ermittlung des TAM (Total Adressable Market) ist gerade bei disruptiven Technologien, wie Mobilfunk oder Internet, schwierig, das Risiko danebenzuliegen ist enorm groß. Im konkreten Fall hat man nicht vorausgesehen, wie sehr sich die Preise nach unten und die Qualität nach oben entwickeln würden und wie sehr diese Innovation den Alltag bestimmen würde. Das Smartphone war dabei noch gar nicht wirklich beteiligt, denn es kam erst in den 2000er Jahren.

Ironischerweise können aber vielfach auch Leute, die mitten in der Entwicklung stecken und die Grundlage für den Markterfolg einer Technologie legen, diese nicht wirklich vorhersehen. In einem Interview mit einem Onlinedienst hat etwa der in Fachkreisen bekannte kanadische Computerwissenschaftler Brian Wilson Kernighan – einer der wesentlichen Erfinder von UNIX und der Programmiersprache C, der lange Jahre für die Technologieentwicklung bestimmenden US-Forschungseinrichtung Bell Labs gearbeitet hat – eingeräumt, dass sie selbst als Forscher massive Schwierigkeiten hatten, die Tragweite der von ihren selbst vorangetriebenen Innovationen einzuschätzen.8

Ähnliches kann man von Mark Zuckerbergs Facebook vermuten. Nach dem Anfangserfolg mit Facebook hat man mit den verdienten Milliarden teuer zugekauft. WhatsApp, Instagram und Oculus (die Firma, die die 3D-Brillen baut) waren allesamt keine Entwicklungen oder Erfindungen der vielen Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Social-Media-Riesen, sondern Zukäufe. Es ist zu vermuten, dass das vom US-Wirtschaftswissenschaftler Clayton M. Christensen im gleichnamigen Buch beschriebene Innovator’s Dilemma9, nach dem die Marktführer in einer Branche praktisch nur noch zu inkrementeller Innovation fähig sind, auch auf Unternehmen zutrifft, die vor wenigen Jahren noch Start-ups waren und genau jene disruptive Innovation vorangebracht haben. Haben sie einmal die Marktführerschaft erlangt, scheint dies nur noch schwer möglich zu sein.

Auch die eigentliche Idee mit den 3D-Welten des Metaversums ist alles andere als neu und originär oder wenigstens originell. VR-Brillen, die dazu dienen, diese virtuellen Welten zu entdecken, werden seit Jahrzehnten immer wieder als kurz vor dem Durchbruch stehend beschrieben. Bisher jedenfalls ist diese oft angekündigte Technologierevolution ausgeblieben.

Dennoch liegt Facebook, pardon Meta, vermutlich richtig, wenn es nun drauf wettet, dass erhebliche Teile der Interaktionen im Netz in virtuelle 3D-Welten eines Metaverse, wie die von Meta (Facebook) gestarteten Horizon Worlds, wandern werden. Doch wann und wie schnell die erwartete Disruption greift, ist kaum zu berechnen oder abzuschätzen. Weder für Facebook/Meta selbst oder andere Marktteilnehmer noch für die Gilde der Unternehmensberater oder gar für die Vertreter der Zukunftsforschung erschließt sich, wie schnell das wirklich gehen wird. In jedem Fall sollen Sie mit diesem Buch das nötige Rüstzeug erwerben, um für Ihre Aktivitäten den richtigen Zeitpunkt, aber auch den richtigen inhaltlichen Angang zum erfolgreichen Einstieg zu finden, wenn es tatsächlich losgeht mit dem großen Umbruch.

1.2Wesentliche Bausteine von Web3 und Metaverse

Das Web3 als nächste Entwicklungsstufe des Internets – nach Web 1.0 mit seinen klassischen Webseiten und Web 2.0 mit seinem Fokus auf Kommunikation und sozialen Austausch (Social Media) – bringt eine Reihe von neuen Technologien mit. Diese sind zwar den meisten Leserinnen und Lesern namentlich bekannt, werden aber nicht notwendigerweise verstanden. Das beginnt bereits bei dem oben nur kurz eingeführten Begriff des Metaverse. Einer Befragung des IT-Branchenverbandes Bitkom aus dem Februar 2022 zufolge geben 74 Prozent der Befragten in Deutschland an, bislang noch nicht vom Metaversum oder Metaverse gehört zu haben. Nur 3 Prozent können – nach eigenen Angaben – gut erklären, was man darunter versteht. Weitere 5 Prozent geben an, in etwa zu wissen, was es bedeutet.10 Zu anderen Schlüssen kommt die Media Consumer Survey 2022 von Deloitte, die zwei Monate später – im April 2022 – erschienen ist. Gut 27 Prozent der Befragten aller Altersgruppen (ab 14 Jahren) geben an, über das Metaverse informiert zu sein. Besonders gut dabei sind 25- bis 34-Jährige mit 46 Prozent, während insbesondere die ältere Zielgruppe (65+) mit 13 Prozent zurückfällt.11

Natürlich ist anzunehmen, dass der Wissensstand zum Thema Metaverse von Monat zu Monat steigt, aber in zwei Monaten eine solche dramatische Steigerung? Das weist doch eher auf eine Unvereinbarkeit der Befragungsmethoden hin. Die »Wahrheit« liegt vermutlich – wie so oft – irgendwo dazwischen.

Doch was ist das Metaverse oder Metaversum denn nun genau? Es wurde im Laufe der vorherigen Kapitel bereits angedeutet, die genaue Definition findet sich jedoch – ganz bewusst – im Folgekapitel. Zunächst möchten wir die wesentlichen der für das vollständige Verständnis dieser neuen digitalen Welt notwendigen Begrifflichkeiten bestimmen.

Virtuelle Welten

Die Geschichte der virtuellen Welten

Wenn heute von virtuellen Welten die Rede ist, so verbindet man dies automatisch mit jenen virtuellen Realitäten, die ein Computer geschaffen hat. Dabei lohnt es sich, einen Schritt zurückzugehen – in unserem Fall knapp 2 500 Jahre. Ungefähr so alt ist das Höhlengleichnis des griechischen Philosophen Platon. Es handelt von Gefangenen in einer Höhle. In dem Gleichnis haben diese die Welt im Rücken. Alles, was sie davon sehen, sind tanzende Schatten an der Wand: Silhouetten von Menschen, Tieren, Requisiten – die Wirklichkeit stellt sich für sie als Projektion im Feuerschein dar. Es ist die Beschreibung einer virtuellen Welt. Mit diesem Gleichnis markierte der griechische Philosoph Platon die Grenzen der Erkenntnis und legte die Grundlage für unsere Vorstellung von einer virtuellen Welt.

In den späten 80er und frühen 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erlebte der Begriff dann eine Wiederentdeckung im Kontext mit dem damals neuen Personal Computer und dessen Möglichkeiten in einer ersten Phase der Vernetzung. Zunächst textbasierte und dann einfache grafische Welten zogen Anwender in ihren Bann. Der damals übliche Begriff: Massively Multiplayer Online Game (MMOG: Massen-Mehrspieler-Onlinespiel). Besonderes Merkmal: Die Spieler oder Anwender sind nicht nur gleichzeitig in der Welt des Systems, sondern können auch miteinander interagieren. Habbo Hotel – eine im Jahr 2000 gestartete Plattform aus Finnland – und später World of Warcraft gehören zu den Pionieren dieser Welt, die sich mit zunehmender technischer Leistungsfähigkeit immer weiterentwickelten bis hin zu einem ersten echten Meilenstein zu dem, was wir heute als Metaverse kennen: Second Life.

Second Life als Zündfunke des Metaverse

Second Life (deutsch: zweites Leben, abgekürzt »SL«) ist eine von Benutzern gestaltbare virtuelle Welt, in der Menschen durch Avatare interagieren, Handel betreiben und anderweitig kommunizieren können.12 Die 1999 in den Vereinigten Staaten gegründete Firma Linden Lab entwickelte ein 2003 gestartetes und bis heute betriebenes System, das als Pionier unserer Vorstellung von virtuellen Welten im Internet gehandelt wird.

Die reinen Zahlen sind eindrucksvoll. In den ersten 15 Jahren von Second Life wurden:

Teilnehmer aus 200 Ländern gewonnen,

57 Millionen Nutzer-Accounts in Summe in Second Life angelegt,

482 000 Jahre von Nutzern in der virtuellen Welt des Second Life verbracht,

täglich im System mehr als 50 Millionen Chat Messages versendet,

in Summe mehr als 5 Millionen virtuelle Güter erstellt,

in einem Jahr rund 68 Millionen US-Dollar von den Erstellern dieser virtuellen Güter eingenommen.

Dies geht aus einem Blogpost des Unternehmens aus 2018 zum 15-jährigen Unternehmen der Plattform hervor.13

Diese auf den ersten Blick guten Zahlen lassen doch einige Fragen offen. So weiß man bei den Angaben nicht, wie viele Nutzer-Accounts tatsächlich aktiv sind – eine plausible Angabe wäre die Zahl der monatlich aktiven Nutzer, das heißt diejenigen Nutzer, die mindestens einmal im Monat auf der Plattform sind. Ebenso erfährt man aus den Angaben von Second Life nicht, wie viele der Nutzer tatsächlich aktiv an der Erstellung der hier genannten 5 Millionen virtuellen Güter mitgewirkt haben, dabei wäre dies eine wichtige Messgröße, um das Engagement der Nutzer für die Plattform bewerten zu können.

Bei aller berechtigter Kritik an dem Zahlenwerk war in gewisser Weise vieles von dem, was heute als Technologie und Anwendungsfeld mit dem Metaverse diskutiert wird, mit Second Life schon einmal da. Manche Kommentatoren sehen Second Life als erstes massentaugliches Metaverse, auch wenn das zentrale Handicap von Second Life gegenüber den aktuellen Ansätzen, wie bei Horizon Worlds, die Zugänglichkeit über eine 3D-Brille (Virtual Reality) fehlt. Second Life war und ist eine browserbasierte Welt, die dreidimensional visualisiert, aber durch die Darstellung im Web stets nur eine 2D-Ansicht erlaubt.

Doch viele Anwendungen in Second Life nahmen Dinge vorweg, die nun – auch in diesem Buch – diskutiert werden, wie etwa die Präsenz von Organisationen der Realwelt in der virtuellen Welt. So gab es in Second Life etwa eine Landesvertretung von Schweden, die für Tourismus in dem nordischen Land Werbung machte,14 die Nachrichtenagentur Reuters betrieb sogar kurzzeitig ein virtuelles Büro in der virtuellen Welt.15 Zahlreiche US-Universitäten unterhielten Repräsentanzen oder führten Lehrveranstaltungen im Second Life durch, darunter auch Tophochschulen wie Harvard.16 Eine Reihe von Weltmarken – darunter Adidas, Reebok und American Apparel – errichteten eigene Shops in dieser eigenen virtuellen Welt.

Besonders innovativ war dabei die Sportmarke Reebok, in deren Second Life Store man virtuelle Turnschuhe selbst designen konnte – rund 27 000 Paare sollen binnen der ersten zehn Wochen so verteilt worden sein.17 Auch Events und Konzerte in der virtuellen Welt sind keineswegs neu, sondern wurden vor Jahren bereits in Second Life getätigt. So gab es eine Reihe von Aufführungen damals gängiger Künstlerinnen und Künstler, die erhebliche Zuschauerzahlen anzogen. 2011 war dies etwa Duran Duran.18

Auch die Geschäftsmodelle heutiger Metaverse-Konzepte ähneln dem, was im Second Life üblich war. Der Betreiber verkaufte – oder besser verpachtete – virtuelle Landflächen an Unternehmen und stellte gegen Entgelt beziehungsweise Provision auf Transaktionen ein Abrechnungsverfahren zur Verfügung. Bei Second Life war das der Linden-Dollar, benannt nach dem Schöpfer dieser virtuellen Welt – dem US-Unternehmen Linden Labs. Das Unternehmen versucht nun diese Erfahrung aus fast zwei Jahrzehnten als Tilia Pay in anderen virtuellen Welten anzubieten.19 In Second Life konnten Teilnehmer aus einer Art virtuellem Baukasten »Eigenes«, das heißt virtuelle Güter, schaffen und die Ergebnisse ihrer Kreativität und Arbeit dann weiterverkaufen und damit Geld verdienen.

»Virtual World, Real Money«, titelte auf dem Höhepunkt des Hypes rund um Second Life das US-Magazin Businessweek. Formatfüllend abgebildet dazu war Anshe Chung, der Avatar der Geschäftsfrau Ailin Gräf, die – nach eigenem Bekunden – als Erste Millionärin durch den Verkauf von virtuellen Gütern geworden war.20 Und als wäre das alles nicht genug, gab es bei Second Life bereits zahlreiche der Probleme, die wir heute in Ansätzen in den neuen virtuellen Welten des Metaverse und den Anwendungen des Web3 ebenfalls sehen.

So sah sich der Betreiber Linden Labs nach einer Reihe von Skandalen bereits 2008 genötigt, dem Wildwuchs an virtuellen Finanzdienstleistern auf der Plattform entgegenzuwirken. Das Versprechen unrealistisch hoher Renditen, Betrugsvorwürfe, sogar die Pleite virtueller Banken waren zum Problem geworden, und der Ruf nach Regulierung – ganz analog zu dem, was sich heute im Kryptobereich vollzieht – wurde laut, zu laut für den Betreiber, der dem Spuk schließlich ein Ende machte und virtuelle Bankdienstleistungen auf der Plattform verbot.21 Einen ähnlichen Wildwuchs gab es auf der Plattform auch durch eine Reihe von Anbietern, die virtuelle Casinos betrieben – zu diesem Zeitpunkt war das in vielen Fällen ebenfalls eine offene Regulierungsfrage.22

Auch andere Abgründe der menschlichen Existenz fanden – zumindest kurzeitig – ihren Platz im Second Life. So ermittelten deutsche Behörden in Sachen Kinderpornografie im Jahr 2007.23 Auch andere Straftaten wurden bereits in der virtuellen Welt begangen und zumindest zum Teil aufgeklärt.

Kurz zusammengefasst hat Second Life nicht nur wesentliche Bausteine virtueller Welten – von selbst gestaltbaren Umgebungen bis hin zu individuellen Avataren – in eine erste massentaugliche Form gebracht, sondern auch viele Probleme aufgezeigt. Probleme, denen sich in ähnlicher Form auch die Plattformbetreiber des Metaverse stellen müssen.

Übrigens: Second Life ist immer noch da und hat in der Pandemie einen neuen Zuwachs erlebt, sowohl an Aktivitäten der bestehenden Nutzer als auch an Neukundenzahlen.24

In Summe gilt das Projekt jedoch als veraltet. Viele Aktivitäten der Vergangenheit sind verwaist. Für neue Besucher wirkt das teilweise verstörend, wie eine Geisterwelt. Dem neuen Hype um Metaverse, Web3 und Co hatte Second Life wenig entgegenzusetzen.

Wer die Zukunft der virtuellen Welten bestimmen wird, wird gerade neu ausgehandelt. Das Unternehmen Linden Labs – die Macher von Second Life – mag der wesentliche Impulsgeber vieler heute diskutierter Elemente der nächsten Generation virtueller Welten gewesen sein, eine große Rolle wird es darin künftig wohl kaum mehr spielen.

Der Schub ins Metaverse

Mit den virtuellen Welten der Vergangenheit – allen voran: Second Life – ist es ein bisschen wie mit den Telefonen von Nokia im Zeitalter von iPhone und Android. Viele Grundideen waren bereits da, reüssiert haben letztendlich diejenigen, die eine nutzerzentrierte Denkweise mitgebracht haben und die die vorhandenen Elemente intelligent kombiniert haben.

Das in der Pandemie massiv gestiegene Interesse an Onlineaustauschformaten spricht ebenso dafür wie die Milliardeninvestitionen großer Technologieunternehmen, dass der Gedanke virtueller Welten in dieser Dekade einen massiven Schub erfahren wird und daraus möglicherweise der iPhone-Moment in der Branche resultiert, mit dem sich eine neue Art der Kommunikation breit etabliert.

Dabei geht es nicht nur um höhere Rechnerleistung und eine verbesserte Darstellbarkeit der virtuellen Welten, sondern um einen technologischen Sprung im Zugang, der gerade an der Schwelle zu einem Massenmarkt steht. Es geht um eine in der Wirkung realitätsnahe dreidimensionale verzögerungsfrei interaktive Welt.

Während Linden Labs mit Second Life zwar bereits dreidimensional wirkende virtuelle Welten geschaffen hat, war der Zugang im Webbrowser flach und zweidimensional. Was aber, wenn man tatsächlich hineinsteigen könnte in die virtuelle Welt? VR-Brillen und verwandte Technologien versuchen bereits, dieses Erlebnis möglich zu machen. Im nächsten Kapitel werden dazu die Grundlagen und der aktuelle Stand der Entwicklung skizziert.

Virtual Reality/Augmented Reality/Mixed Reality/Xtended Reality – die Bausteine des Metaverse

Jeder kennt sie, die 3D-Brillen, die ein Eintauchen in eine virtuelle Realität (Virtual Reality/VR) versprechen. Von der Herkunft der virtuellen Welten war im vorherigen Kapitel bereits die Rede. Aber wie entsteht aus dem im Feuerschein flackernden Schatten in Platons Höhle nun das, was wir als virtuelle Realität erkennen und akzeptieren? Was fasst man wirklich unter diesen Begriff? Wie genau definiert man VR im Sinne dieses Buches und vor allen Dingen, wie grenzt man diese ab von anderen Begriffen wie AR (Augmented Reality) oder XR (Xtended Realitity)? Die Differenzierung ist wichtig, denn alle genannten Begriffe werden immer wieder als zentraler Bestandteil des Metaverse genannt. Da es bei diesem um das Erleben geht, starten wir zunächst mit einer Definition aus Dorsch-Lexikon der Psychologie: »virtuelle Realität [engl. virtual reality; lat. virtus Tauglichkeit], [MD], ist eine computergenerierte interaktive Umgebung, die in Echtzeit berechnet und dargestellt wird. Die Präsentation dieser Umgebung kann entweder durch klassische Monitore, durch Projektionstechniken (hier wird entweder an nur eine Wand oder an alle Flächen eines Raums inklusive Decke und Boden die virtuelle Realität projiziert) oder durch 3D-Helme (hier wird die Umgebung direkt über eine Brille ausgegeben) erfolgen.«25