Christ sein als Lebenskunst - Klaus Koziol - E-Book

Christ sein als Lebenskunst E-Book

Klaus Koziol

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Beschreibung

Christsein ist nicht die Befolgung von Geboten und Lehren, Christsein ist eine Kunst zu leben. Klaus Koziol spürt den vielfältigen Möglichkeiten nach, wie diese Kunst gelingen kann. Leicht und inspirierend, aber immer mit Tiefgang und verantwortet vor den bohrenden Fragen heutiger Zeitgenossen, ermutigt er dazu, wie ein Künstler dem Leben eine Form zu geben, komponiert aus vielen Einzelheiten: mit kreativer Fantasie und spielerischer Improvisation - eben all das, was eine Kunst ausmacht. Eine solche, letztlich von Christus inspirierte Lebenskunst ermöglicht ein Ja zum Leben, ein Ja zum je eigenen Leben.

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Inhalt

Über den Autor

Über das Buch

Impressum

Hinweise des Verlags

Klaus Koziol

Christ sein als Lebenskunst

Patmos Verlag

Inhalt

Einleitung

Der Mensch und seine Weltoffenheit

Das Leben als Wagnis

Die Not der Entscheidung

Der Schrecken des eintönigen Lebens

Die Welt als Einbahnstraße

Die Wirklichkeitswahrnehmung ist eingeschränkt

Der Erwartungsdruck ist außen-geleitet

Die Glücksversprechen der Welt sind brüchig

Die Lebenskunst als schöpferischer Prozess

Vom Individuum zur Persönlichkeit

Vom Fragment zum Drehbuch

Von der Last zur Lust

Christ sein: Ein Weg zur Fülle des Lebens

Im Vollbesitz meiner Zweifel

Den archimedischen Punkt finden

Den anderen Blick wagen

Sich-fallen-lassen und darüber-stehen

Engagiert Würde zeigen

Unverwüstliche Freude am Leben

Verletzt sein dürfen

Sterben können

Beten, warten und handeln

Das Leben als Gesamtkunstwerk

Anmerkungen

Einleitung

Christ sein als Lebenskunst zu kennzeichnen, mag überraschen, wird doch Christ sein eher mit Geboten, Verboten und Reglementierungen in Verbindung gebracht und beileibe nicht mit einer Kunst zu leben.

Warum nun hier: Christ sein – eine Lebenskunst? Darauf gibt es eine Antwort: Weil Jesus Christus uns versprochen hat, er sei gekommen, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben (Joh 10,10). Und seien wir ehrlich: Können wir die Einlösung dieser Zusage darin verwirklicht sehen, indem wir durch Reglementierung, Verbote und Gebote zur Fülle des Lebens kommen sollen?

Nein, Jesus verspricht uns, dass wir das Leben haben, es zudem in Fülle haben. Und dazu braucht es eine Freiheit, die ganze Welt sehen und wahrnehmen zu können, das zum Leben und zur Fülle wählen zu können, das man für ein Leben braucht. Jesus benutzt die Menschen nicht als Puppenspieler, schon eher ist er ein Expeditionsleiter, der zusammen mit dem Menschen als Partner durchs Leben und auf das Reich Gottes zugehen will.

Solchermaßen muss der Mensch als Partner Gottes fähig sein, die unterschiedlichsten Aspekte des Lebens so für sich und im Auftrag Gottes in ein Miteinander zu bringen, dass Leben gelingen kann. Also keinen vorgestanzten Mustern folgen – wäre dies einer Partnerschaft gemäß? –, sondern eigenverantwortet die Herausforderungen anzunehmen, aus der Vielfalt der Welt seinen Weg auf dieser Expedition, die da »Leben« heißt, zu finden. Und dies ist eine zutiefst kreative und künstlerische Aufgabe. Denn zur Kreativität und Kunst gehört das Spiel mit den verschiedenen Elementen des Lebens, zur Krea­tivität und Kunst gehören ein großer Mut und Eigen-willig-keit, es eben so und nicht anders zu machen, und zur Kreativität und Kunst gehören, sich der Kritik und der Anfeindungen auszusetzen.

Aber eines bringen Kreativität und Kunst allemal: eine tiefe Befriedigung, etwas Einmaliges geschaffen zu haben. Und eines bringt die Kunst zu leben: eine tiefe Befriedigung – etwas Einmaliges – nämlich zu leben, und nicht gelebt zu werden.

Doch hier soll es nicht um Lebenskunst als solche gehen – was sicherlich auch lohnend wäre –, hier geht es um Christ sein als Lebenskunst. Christ sein wird gleichsam als Grundlage für eine Kunst zu leben angeboten; mit dem Christ sein soll ein je eigener Weg gesucht werden, auf dem jeder seinen Lebenssinn und sein Lebensglück finden kann.

Nun: Spüren wir dieser besonderen Kunst nach, dem Christ sein als Lebenskunst!

Der Mensch und seine Weltoffenheit

Das Leben als Wagnis

Das ist so eine verflixte Sache mit dem Menschen. Er soll die Welt gestalten, ja, sie sich in gewisser Weise untertan machen und kommt als das hilfloseste Wesen auf die Welt. Alles muss der Mensch lernen. Nichts ist ihm in die Wiege gelegt. Man kann sagen, der Mensch »hat kein vorgegebenes Welt-Verhältnis«.1 Er weiß von Natur aus nicht, wie er mit dieser Welt umzugehen hat. Der Mensch ist im Gegensatz zum Tier von Natur aus unvollkommen und nicht eindeutig programmiert. Sein Instinktapparat ist nicht ausreichend genug ausgestattet, als dass er sich bedingungslos dessen Führung anvertrauen dürfte – er wäre zum Scheitern verurteilt. Auch existiert keine mit den Tieren vergleichbare Menschenwelt. Die Welt des Menschen wird erst zu dieser, indem der Mensch diese durch sein Handeln ordnet, gestaltet und ihr einen Sinn zuweist.

Der Mensch ist also weltoffen konditioniert, er muss sich seine Welt und seine Wirklichkeit selbst gestalten, indem er die Welt und die Dinge der Welt mit Bedeutungen belegt. So rückt manches in das Wahrnehmungsspektrum des Menschen, manch anderes bleibt unbeachtet. In diesem Prozess ordnet sich die Welt allmählich für den Menschen zu einem Weltverständnis, zu dem der Mensch dann ein eigenes Lebens- und Handlungsverständnis aufbauen kann. Letztlich kann man sagen: Der Mensch schafft sich die Welt, in der er lebt, selbst. In dieser Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der Welt entwickelt der Mensch durch die Bedeutungszuweisung für die vielen Dinge der Welt und des Lebens seine Identität, sein Ich.

Doch diese Weltoffenheit des Menschen, die ein kolossales Geschenk der Freiheit für den Menschen darstellt – die Freiheit eben, keine bis ins kleinste vorgegebene Handlungsmuster vorgesetzt zu bekommen, sondern selbst-tätig Bedeutung und Wichtigkeit zuweisen zu können – diese Freiheit ist ein zweischneidiges Schwert. Nämlich, was sich als Freiheit auf der einen Seite darstellt, ist auf der anderen Seite eine große, zu bewältigende Aufgabe, selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen zu müssen und selbst – ja, sagen wir es so – seinem Leben Leben zu verleihen, letztlich seinem Leben ein Gepräge zu geben.

Dass eine solche Weltoffenheit auch bedeuten kann, dass der Mensch permanent in der Gefahr steht, nicht die ihm passenden Wichtigkeiten und Bedeutungszuweisungen für die ihn umgebenden Dinge des Lebens zu finden, dies scheint klar. Die Angst, keine in sich stimmige Übereinstimmung zwischen den Gegebenheiten der Welt und den Wichtigkeitskriterien des je einzelnen Menschen herstellen zu können, diese Weltangst begleitet den Menschen sein ganzes Leben. Denn »der Mensch erfährt die Welt immer zweideutig als Stätte der Angst oder des Vertrauens. Weltangst und Weltvertrauen sind ständig bei allem Verhalten mitlaufende Grundbestimmungen und Grundstimmungen.«2

Diese Dialektik von Weltangst und Weltvertrauen durchzieht also das gesamte menschliche Dasein, immer verbunden mit der Hoffnung und dem entsprechenden Denken und Handeln, über die Weltangst Herr zu werden und die Quellen und Qualen der Angst eindämmen zu können. Der Mensch ist solchermaßen durch seine Offenheit der Welt gegenüber gekennzeichnet, aber auch dadurch, dass er niemals fertig wird mit der Eroberung seiner Welt. Der Mensch ist weltoffen, aber auch immer zukunftsoffen und damit in seinen Handlungen und in seinen Hoffnungen potenziell gefährdet.

Die Not der Entscheidung

Die ganze Welt steht dem werdenden Menschen offen. Da dies für die Menschen immer schon so war, haben sich die Menschen über Generationen Helfer gesucht, die ihnen bei der Eroberung der Welt hilfreich sein konnten. Als solche Helfer prägten sich die Institutionen heraus. Diese Institutionen bieten den einzelnen Menschen kondensierte Wertemuster und Handlungsempfehlungen – Wertemuster und Handlungsempfehlungen, die sich über Genera­tionen als relativ stabilisierend herausgebildet haben.

Doch die Institutionen, wie die Schule, der Beruf, die Kirche und die Religion – um nur einige zu nennen –, boten nicht nur »Einordenshilfen« an, sondern sie zwangen die Menschen regelrecht zur Beachtung dieser zu Zwangsvorschriften mutierten Wertemuster. Von der Freiheit des Menschen, eigenständig seiner Weltoffenheit durch ein klares Ja oder ein klares Nein Herr zu werden, konnte keine Rede mehr sein. Man wurde in eine Familie, einen Beruf, ein Dorf, eine Kirche hineingeboren und musste die Regeln und Vorschriften anerkennen und befolgen, sonst zeigte sich die Weltoffenheit unbarmherzig, denn man wurde ins Nichts hinausbefördert.

Doch was erleben wir in der Gegenwart? Institutionen sind einem kontinuierlichen Bedeutungsverlust ausgesetzt; sie verlieren sukzessive die Möglichkeit, auf die einzelnen Menschen handlungsanleitend einzuwirken. Man denke hier nur an die Rolle der Institutionen Religion und Kirche. Waren die Institutionen vor dieser Zeit oftmals Zwangsanstalten, so tritt nun der Umstand ein, dass die schwächelnden Institutionen in ihrer Rolle als Einordnungshelfer und Anbieter von Werte- und Handlungsmustern nahezu ausfallen. Die Menschen haben – wenn man so will – sich ihre Freiheit erkämpft.

Doch das ist nur die eine Folge des Bedeutungsverlustes der Institutionen. Fallen sie als Einordnungshelfer aus, so steht der einzelne Mensch in der Verpflichtung und in der Not, aufgrund seiner Weltoffenheit alleine entscheiden zu müssen, nach welchen Werten und Prinzipien er leben will, woran er sein Leben orientieren will, schlicht: wie er sich sein Mensch-Sein gestalten will. Gibt es nur noch rudimentär wirksame Institutionen, so steht der einzelne Mensch vor der Vielstimmigkeit der Welt, die ungefiltert auf ihn einströmen kann. Alles beansprucht Wichtigkeit und Aufmerksamkeit.

Der einzelne Mensch der Gegenwart hat niemanden mehr zur Seite, der ihm hilft, Wege durch diese Vielstimmigkeiten zu finden. Der Mensch ist tatsächlich frei geworden, aber so frei, dass es für ihn zur Schwierigkeit und zur Gefahr wird, die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen. Diese Chance und diese Not verlangen vom einzelnen Menschen die Kraft zur Entscheidung, die in der Unterscheidung münden muss: In der Unterscheidung, eigenständig die Phänomene und Möglichkeiten der Welt zu qualifizieren in solche, die zustimmende Aufmerksamkeit verdienen, und in solche, die als nicht relevant auf die Seite zu schieben sind.

Hat ein Mensch den Eindruck, dass ihm diese Leistung gelingt, dann kann man hier wohl tatsächlich von der Menschwerdung dieses Menschen sprechen. Dann hat er die Fähigkeit und den Willen, »bewusst zur Welt Stellung zu nehmen und ihr einen Sinn zu verleihen«.3 Es handelt sich also dann um einen »wollenden Menschen: er wägt und wählt nach seinem eigenen Gewissen und seiner persönlichen Weltanschauung zwischen den Werten, um die es sich handelt.«4

So kann man sagen: Der Mensch der Gegenwart muss sein Leben selbst in die Hand nehmen, um seinem Leben Richtung und Eigen-Sinn zu geben; schlicht und doch so schwierig: er muss die Kunst beherrschen, sein Leben selbst lebenswert zu machen.

Der Schrecken des eintönigen Lebens

Wenn wir sagen, der Mensch steht vor der Not und der Aufgabe, sein Leben lebenswert zu machen, dann heißt das für jeden einzelnen von uns: Was ist der Wert meines Lebens? Wobei wir hier schon bei den großen Fragen des Lebens sind, für die der Mensch – jeder Mensch – eine Antwort braucht, und sich selber auch geben muss. In jeweils leicht abgeänderter Form heißen diese Fragen: Wer bin ich? Warum bin ich? Wozu bin ich? Bin ich in Wirklichkeit so, wie ich mich gerne sehen würde?

Alle diese Fragen zwingen den Menschen, sich Antworten auf die existentiellen Fragen zu geben und sein Leben in einem größeren Gesamten zu sehen, um – wie Ernst Bloch es sagt – aus dem Dunkel des gelebten Augenblicks5 zu entkommen. Was angestrebt wird, ist das Licht des gelebten Lebens, ist, dem Schrecken des eintönigen Lebens zu entfliehen, um das Besondere, das Einmalige seines Lebens erfahren zu können.

Der Mensch steht also nicht nur vor der Not und der Herausforderung, seiner Weltoffenheit durch Werte- und Handlungsstrukturen Herr zu werden, sondern diese Werte- und Handlungsstrukturen müssen dem Einzelnen auch noch den Weg aufzeigen, ein erfülltes Leben leben zu können. Die Herausforderungen sind gewaltig für den Menschen, gewaltig, aber auch zutiefst befriedigend, wenn man den Eindruck haben und sagen kann: Ich werde nicht gelebt, sondern ich lebe!

Die Welt als Einbahnstraße

Die Wirklichkeitswahrnehmung ist eingeschränkt