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Mitte des 23.Jahrhunderts brach die Crew des Raumschiffs STERNENKRIEGER in bis dahin unbekannte Regionen des Weltalls auf und begab sich auf die Spur einer uralten Zivilisation, die vor Äonen die Galaxis beherrschte. Feindliche Aliens bedrohen die Menschheit ebenso wie die eigene Hybris - und das uralte Erbe könnte Segen und Fluch zugleich sein. Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet. Cover: Steve Mayer
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Seitenzahl: 124
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Chronik der Sternenkrieger 34:
Hundssterne
Ein CassiopeiaPress E-Book
Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Sirius III“.
© 2005, 2008, 2013 by Alfred Bekker
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956170997
Cover
Titel
Impressum
Hundssterne
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Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps, unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf…
Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA, die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen– zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht.
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Ein Orden ohne Namen waren wir.
Ein Kloster ohne Abt.
Aber nach der Erfindung des Sandström-Antriebs und der ersten Begegnung mit den Ontiden änderte sich die Lage fundamental. Neben der Erforschung des Inneren Raums rückte nun der Äußere Raum für uns näher denn je. So ist die Gründung des Olvanorer-Ordens mit seiner Flotte von Forschungsschiffen nur der letzte Schritt einer folgerichtigen Entwicklung.
Aus den verschlossenen Dokumenten des Abtes Mato Arewo
*
SAINT– „Heiliger“– männlicher Vorname, der vor allem von den Angehörigen der strenggläubigen evangelikal-islamischen Bewegung benutzt wird. Nach der Lehre der evangelikal-islamischen Bewegung ist nämlich jeder Gläubige potenziell ein Heiliger. Bekannter Träger dieses Namens: SAINT ARRAN, der Gründer jener Gemeinschaft, aus der unter seinem Nachfolger Mato Arewo (siehe dort–>) der OLVANORER-ORDEN (siehe dort–>) entstanden ist.
Aus der Datenbank Solarpedia
*
Lieutenant Pia Graves war Kommandantin des unterlichtschnellen Raumbootes DOG STAR 12, das zu den lokalen Verteidigungskräften des Sirius-Systems gehörte. Fünf Mann Besatzung hatten diese Raumboote vom Typ Far Galaxy Defender, wenn sie im Wacheinsatz flogen. Allerdings war es jederzeit möglich, bis zu zwanzig Marines in voller Kampfmontur mitzunehmen und sie an jedem Ort des Sirius-Systems abzusetzen, falls das erforderlich war. Insgesamt 867 Himmelskörper kamen dafür innerhalb des Systems in Frage, darunter nicht nur Planeten, sondern auch Monde, Asteroiden und Zwergplaneten, denen die Astronomie seit der Pluto-Affäre zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts den Planetenstatus aberkannt hatte.
Die gegenwärtige Position der DOG STAR 12 befand sich etwa achtzig Astronomische Einheiten vom gemeinsamen Gravitationsschwerpunkt entfernt, um den sich der von der Erde aus als sehr heller Stern zu sehende Sirius A und der viel kleinere und lichtschwächere Sirius B drehten. In der Nähe befand sich ein Zwergplanet von Plutogröße, der allerdings aus massivem Gestein bestand, das sehr eisenhaltig war. Deshalb wurde er auch schlicht Fe genannt, was die chemische Abkürzung für Eisen– Ferrum– ist.
Die astronomisch korrekte Katalogbezeichnung hatte sich dagegen aus irgendwelchen Gründen nie so richtig durchsetzen können.
Auf Fe gab es eine kleine Prospektoren-Siedlung, die permanent besetzt war. Außerdem wurde der Zwergplanet regelmäßig von unterlichtschnellen Transportern angelaufen, die das Erz nach Sirius III, der Hauptwelt des Systems brachten.
„Kurskorrektur auf fünf Grad“, meldete der Rudergänger, ein Mann mit kurzen Haaren namens Narrows. „Ich drossele etwas die Geschwindigkeit.“
„Tun Sie das“, nickte Graves.
„Captain, ich habe jetzt schon zum dritten Mal unser ID-Signal an Fe Point geschickt“, erklärte der Funker. „Keine Antwort von der Prospektoren-Station.“
„Versuchen Sie es noch einmal, Mister Donovan.“
„Ja, Ma’am.“
„Achtung, Objekt auf dreizehn Grad Backbord vertikal, 35 Grad horizontal!“, meldete Ortungsoffizierin Rita McConnolly. „Signatur entspricht…“
„Was?“, fragte Graves. Sie strich sich eine Strähne ihrer roten Haare aus dem Gesicht und hatte zu schwitzen begonnen. In den ganzen sieben Jahren, die sie schon im Sirius-System Dienst tat, war noch nie etwas Bemerkenswertes passiert. Ein paar Transporte von Marines, die einen illegalen Frachter aufbrachten, das war alles gewesen. Ansonsten– kein Kampfeinsatz. Acht Gauss-Geschütze des Raumbootes waren bisher nur im Manöver eingesetzt worden. Lieutenant Pia Graves’ Kampferfahrung bestand darin, zum Training auf alte Frachter im Orbit eines abgelegenen Asteroiden gefeuert zu haben.
Obwohl die nachtblauen Uniformen der lokalen Systemverteidigung kaum von der bei Angehörigen des Space Army Corps getragenen Kleidung zu unterscheiden waren, war der Unterschied zwischen beiden gewaltig.
Die Ortungsoffizierin McConnolly schaltete an ihrer Konsole herum. Sie veränderte die Darstellung des Panorama-Schirms. Eine Positionsübersicht wurde eingeblendet. Das fremde Objekt kam langsam aus dem Ortungsschatten des Kleinplaneten.
„Das Objekt scheint ohne Antrieb“, stellte McConnolly fest.
Graves schluckte.
Schweißperlen glitzerten auf ihrer Stirn. „Oder es handelt sich um ein Schiff unbekannter Bauart im Schleichflug. Funk! Geben Sie eine Meldung an die Raumkontrolle durch! Waffen! Gefechtsbereitschaft herstellen.“
„Aye aye, Ma’am!“, meldete der Waffenoffizier, ein rundlicher Mann namens Sogdir Myers.
„Ich übergebe die Schiffskontrolle!“, sagte der Navigator.
Die Geschütze der DOG STAR 12 waren fest installiert und konnten daher nur durch eine Veränderung der Schiffsposition ausgerichtet werden. Waffenoffizier Myers übernahm nun die Kontrolle über die Steuerung.
„Meldung an das Systemkommando abgesetzt!“, bestätigte unterdessen der Funker. „Soll ich die andere Seite zur Identifizierung auffordern?“
„Genau das“, bestätigte Pia Graves. Aber ich fürchte, das wird nicht viel Sinn haben, setzte sie noch in Gedanken hinzu. Der Plasma-Schirm wurde aktiviert. Wenig später kamen die ersten Bilder über die optischen Sensoren auf den Schirm.
Das fremde Objekt schimmerte golden im Licht der beiden Sirius-Sonnen. Dann zuckte etwas aus diesem Objekt heraus. Den traserähnlichen Energieblitz konnte die Ortung noch registrieren, aber nicht mehr melden– ebenso den Zusammenbruch des Plasma-Schirms, der noch in seiner Aufbauphase gewesen war. Das Schiff wurde voll getroffen. Der Energiestrahl fraß sich durch die Außenpanzerung.
Auf der Brücke der DOG STAR 12 war jetzt die Hölle los. Ein plötzlicher Druckabfall, verbunden mit dem Ausfall der künstlichen Schwerkraft schleuderte die Mitglieder der Brückencrew von ihren Sitzen. Augenblicke später zerplatzte die DOG STAR 12 und verwandelte sich in eine schon nach wenigen Augenblicken wieder verglühende Atomsonne.
*
Dan Reilly. Bruder Daniel. Meister Daniel.
Namen. Ränge.
Stufen einer Entwicklung.
Kaleidoskopartig wirbelte eine bunte Vielfalt von Gedanken, Bildern und Eindrücken aller Art in seinem Kopf herum und er fragte sich, ob das der Beginn der Erkenntnis oder der Anfang von Wahn war. Denn manche, die sich in diese Höhe wagten, waren tatsächlich wahnsinnig geworden. Ob vor Angst oder weil ihre Sauerstoffversorgung unzureichend gewesen war, spielte dabei eigentlich nur eine untergeordnete Rolle.
Wer bist du?
Ein Nachfolger von Saint Arran, in dem manche zunächst nur einen wundersamen Kauz sahen, der sich in den Kopf gesetzt hatte, den Menschen davon zu predigen, wie sie Glück und Erkenntnis finden könnten? Ein Wahnsinniger, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, die dreißigtausend Meter hohen Wände jenes Kraters zu übersteigen, der viel später dann seinen Namen trug– so wie die Klosterruine, die er fand und zum Zentrum einer Gemeinschaft von Männern machte, die man später den Olvanorer-Orden nennen sollte? Oder nur einer, der es vielleicht schaffte, alle Prüfungen mit Brillanz zu bestehen, sowohl in der Wissenschaft als auch innerhalb des Ordens? Einer, der als Bruder erwählt wurde– und später den Rang eines Meisters erreichte, aber vielleicht das Wichtigste verfehlt hat.
Erkenntnis.
Glück.
Glück der Erkenntnis und Erkenntnis des Glücks.
Meister Daniel, wie er jetzt seit ein paar Jahren genannt wurde, suchte den Tritt und fand ihn. Seine Finger krallten sich in die kleinen Vertiefungen des ansonsten glatten Gesteins. Er zog sich empor und gelangte auf ein Felsplateau, das schräg abfiel. Meister Daniel blickte auf. Blinzelte in das Zwielicht von Sirius A und B. Die beiden Sonnen standen bereits ziemlich weit auseinander. Bald würden die Jahre kommen, in denen es keine Nacht auf Sirius III gab, weil der Planet seine Bahn zwischen den beiden Komponenten des Zwillingssterns hindurch zog. Die Nächte waren jetzt schon sehr kurz. Sie machten kaum ein Drittel der Eigenrotationszeit aus.
Meister Daniel wartete eine Weile, ehe er sich erhob. Es drängte ihn niemand. Die Zeit, so lautete eines der Axiome von Saint Arran, existierte nicht. Sie war eine Illusion. Kein Wunder, dass der gute Mann vor mehr als hundert Jahren hier oben auf solche und ähnliche Gedanken gekommen ist, dachte Meister Daniel. Hier oben existiert die Zeit tatsächlich nicht. Oder sie hat keine Bedeutung. Aber das läuft auf dasselbe hinaus…
Der Weg, den ein Mann mit dem Namen Saint Arran vor mehr als hundertsiebzig Jahren gemacht hatte. Ein Mann, der zu den ersten Kolonisten gehört hatte, die Sirius erreichten.
Zwanzig Jahre für acht Lichtjahre– das war die Geschwindigkeit gewesen, mit der die ersten Raumschiff-Konvois den Sirius von der Erde aus erreicht hatten.
Es war nicht unbedingt gleich zu erkennen gewesen, dass aus Saint Arran mal eine Art Prophet werden würde. Nur mit einer Atemmaske ausgerüstet hatte er sich aufgemacht, um die dreißigtausend Meter hohe Kraterwand zu überqueren. Später hatte man nicht nur den Krater nach ihm benannt, sondern auch das alt-sirianische Bauwerk, das die Olvanorer zu ihrem Stammsitz und Ordenszentrum ausgebaut hatten.
Und nun folge ich ihm nach, dachte Meister Daniel. Auch er hatte an Hilfsmitteln nichts weiter bei sich als eine Atemmaske. Sie saugte die dünne Luft der Umgebung ab und konzentrierte sie, sodass man auch in dieser Höhe atmen konnte. Meister Daniel trug darüber hinaus noch einen Thermoanzug, der ihn warm hielt. Seine Thermofunktion wurde durch Solarkraft gespeist. Davon gab es auf Sirius III reichlich und die wenigen Nachtstunden ließen sich durch die Akkufunktion leicht überbrücken. Ein interner Rechner sorgte dafür, dass die Temperatur des Anzugs immer gleich blieb. Seine Hände steckten in hauchdünnen Handschuhen, die Teil des Anzugs waren.
Seine übliche dunkelgraue Kutte mit der Kapuze, die getragen an die Gewänder der mittelalterlichen Franziskanermönche erinnerte, trug er auf diesem Ausflug nicht. Eigentlich nicht sehr stilecht, aber das war ihm– obwohl er die meisten modernen Hilfsmittel im Kloster gelassen hatte– dann doch zu gefährlich gewesen.
Einen derartigen Anzug hatte Saint Arran nicht!, rief sich Meister Daniel ins Gedächtnis. Er muss ziemlich gefroren haben… Aber dafür begegnete ihm hier die Entität…
Meister Daniel ließ den Blick schweifen.
Den höchsten Punkt hatte er längst überschritten und war seit längerem bereits mit dem Abstieg an der Kraterinnenseite beschäftigt. Wie weit er noch über dem fiktiven Normal-Nullpunkt von Sirius III war, konnte Meister Daniel nur schätzen. Jedenfalls war der atmosphärische Druck auf dem Planeten deutlich höher als auf der Erde. Der Sauerstoffanteil der Atmosphäre ebenfalls. Das bedeutete, dass Menschen auf der Oberfläche erst von einer Höhe von 2000 Meter und mehr an ohne Atemschutzgerät leben konnten, ohne an der sogenannten Taucherkrankheit zu leiden. Ein zu hoher Sauerstoffanteil, verbunden mit erhöhtem Druck war eben durchaus problematisch. Die auf dem Planeten beheimateten Organismen waren an diese Verhältnisse angepasst– der Mensch allerdings nicht.
Die menschlichen Siedlungen auf Sirius III waren daher so gut wie alle an den Hängen von Kraterkegeln in einer Höhe von über 2000 Metern errichtet worden. Dort konnte man problemlos ohne zusätzliche technische Hilfe atmen.
Meister Daniel blickte hinab zum Kratersee, in dem das Licht reflektiert wurde. Der Saint Arran-See…
Das gleichnamige Kloster lag an den inneren Hängen des See-Kraters. Die imposanten Türme, Zinnen und Mauern waren von Meister Daniels gegenwärtigem Standpunkt aus nicht zu sehen, da sie Tausende von Höhenmetern unter ihm in den Hang eingelassen worden waren. Dafür konnte man die Stadt auf der anderen Seite des Kratersees erkennen, die sich nach und nach um die Brüderschule gebildet hatte. Während das, was sich hinter den Mauern des Kloster Saint Arran abspielte, nur Mitglieder des Ordens und Novizen sehen durften, war die Brüderschule auf der anderen Seite des Kraters eine öffentliche Universität, die jedermann zugänglich war. Zwar diente diese Universität auch und vornehmlich der Auswertung der Forschungsergebnisse und der Vorbereitung der Forschungsreisen, die die Olvanorer seit vielen Jahren durchführten, aber unter Dozenten wie auch unter den Studierenden gab es einen erheblichen Anteil von Nicht-Olvanorern.
Der Orden war zwar religiösen Werten und dem Glauben an Gott verpflichtet, aber seine Mitglieder bewährten sich genauso als Forscher. Nichts war ihnen daher so zuwider wie Einseitigkeit von Meinungen oder gar geistige Zensur im Dienst irgendwelcher Dogmen. Die letzte Erkenntnis ist immer die Erkenntnis Gottes, so hatte es Mato Arewo, der Gründungsabt des Klosters vor gut einem halben Jahrhundert formuliert, als aus der von Saint Arran gebildeten Gruppe von Einsiedlern längst eine Gemeinschaft geworden war, die ihre eigenen Regeln und Traditionen entwickelt hatte. Eigene Formen der Meditation und der geistigen Schulung, die der vollen Entfaltung jener Fähigkeiten dienten, für die die Olvanorer später berühmt werden sollten. Mit zahllosen Schiffen waren sie in den Weltraum aufgebrochen und weit über jenes Gebiet hinausgeflogen, das die Menschheit sehr schnell als ihre Einflusszone abgesteckt hatte. Aber all diese Schiffe waren unbewaffnet gewesen. Der Pazifismus gehörte zu den Säulen der Olvanorer-Lehre. In der Verschiedenartigkeit des Seins und in der Wiederkehr von Mustern und Gesetzmäßigkeiten des Universums sahen sie nichts anderes als einen Ausdruck Gottes. Ein Logos durchdrang nach ihrer Auffassung jedes Staubkorn im Kosmos. Jedes einzelne Quantum gehörte dazu. Man sprach von der Geheimen Gestalt, die allem innewohnte.
Und so hatte Saint Arran auch die Entität einst als einen Ausdruck Gottes begriffen. Dieses Geistwesen, das Materie beinahe nach Belieben auf der Nano-Ebene zu beeinflussen vermochte, hatte Saint Arran wohl hier oben zum ersten Mal getroffen.
Was genau da mit ihm vorgegangen war, konnte später niemand sagen, Saint Arran selbst wohl am wenigsten. Aber Tatsache war, dass diese Entität nicht mehr auf Sirius III weilte. Es hatte sich durch einen Effekt, der nur gerade einmal ansatzweise mit der so genannten Quantenfernwirkung zu erklären war, fort teleportiert.
Wer immer also bei der Überquerung des Kraterrandes nach Erkenntnis suchte und dem Weg Saint Arrans folgte, musste in seine Überlegungen mit einbeziehen, dass er nicht dieselbe Art von Erkenntnis gewinnen konnte wie sein Vorbild.
Aber das war auch gar nicht Meister Daniels Ziel.
Er blickte vorsichtig über den Rand der Felsenkanzel. Sein erster Versuch, die Kanzel zu verlassen, war gescheitert und er hatte schätzungsweise fast zwanzig Höhenmeter verloren, weil er wieder empor klettern musste. Der Abstieg war immer besonders heikel. Durch den Aufstieg auf der Krateraußenseite und die Überquerung der Kuppe war Meister Daniel geschwächt. Erst ab 12000 Höhenmeter begann in dieser Region von Sirius III jene Höhenzone, in der ein Mensch nur mit Sauerstoffmaske atmen konnte. Ein Olvanorer konnte vielleicht auch noch dreizehn- bis vierzehntausend sirianische Höhenmeter aushalten, da er durch sein meditatives Training innerhalb der Klostermauern gelernt hatte, seinen Körper und seine Sinne auf ganz besondere Weise zu schulen und zu kontrollieren. Die Kontrolle der Atmung war dabei einer der wichtigsten Lerninhalte. Wenn Meister Daniel darüber nachdachte, dass Saint Arran viele dieser Techniken, die ihm selbst selbstverständlich waren, noch nicht gekannt hatte und selbst erst finden und verfeinern musste, so wuchs Daniels Bewunderung für die Leistung dieses Mannes noch um ein Vielfaches.