Circle of Warlocks - Reinhard Schmelzer - E-Book

Circle of Warlocks E-Book

Reinhard Schmelzer

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Beschreibung

Nach Beendigung seiner Agentenlaufbahn beschließt Miguel Nantes zusammen mit seinen Freunden ein Hotel zu eröffnen. Was ganz nett anfing entpuppt sich schon bald als Katastrophe, die Gäste bleiben aus, um die Finanzen steht es schlecht und zu allem Übel taucht auch noch Miguels bester Freund Feng Li auf. Wo er ist, ist auch der Ärger nicht weit. Es kommt wie es kommen musste und sehr schnell steht fest dass das Unheil kaum noch abzuwenden ist. Ein sehr einflussreicher und mächtiger Mentalist kommt vor dem Eingang des Hotels ums Leben, worauf Miguel von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Die Ereignisse rufen Antonio auf den Plan, der in Miguels Abwesenheit die Organisation übernahm. Er soll in dieser Sache ermitteln und er fordert Fengs Auslieferung. Als Miguel sich weigert seinem Ex-Kollegen zu helfen, entbrennt ein verheerender Konflikt. Doch geht es Antonio wirklich nur um den Erhalt von Recht und Ordnung? Berechtigte Zweifel kommen auf, was seine Beweggründe angeht. Systematisch spielt er einen Freund nach dem anderen gegen Miguel aus und schon bald offenbart sich, dass es hier um viel mehr geht…

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Vorstellungstermin bei C.O.M

Kapitel 1 – Willkommen zurück

Kapitel 2 – Ein Problem kommt selten allein

Kapitel 3 – Drache erwache!

Kapitel 4 – Tödliche Entscheidung

Kapitel 5 – Der Spezialist

Kapitel 6 – Vertrag ist Vertrag

Kapitel 7 – Rache

Kapitel 8 – Für den Frieden

Kapitel 9 – Der Weg nach Asgard

Kapitel 9 – Schmerz

Kapitel 10 – Ziegenkopfadler

Kapitel 11 – Testament

Kapitel 12 – Yunkai der Schweigsame

Kapitel 13 – Hammerwerfen mit Thor

Kapitel 14 – Angel Island

Kapitel 15 – Das letzte Abendmahl

Kapitel 16 – Die schwarzen Mönche von Iblis

Kapitel 17 – Jenseits von Gut und Böse

Kapitel 18 – Schluss mit der Maskerade!

Kapitel 19 – Die Sintflut

Kapitel 20 – Dantes Palace

Kapitel 21 – Zarbos der Schöpfer

Kapitel 22 – Nemesis der Widersacher

Kapitel 23 – Die sechs Tore der Verdammnis

Kapitel 24 – Behemoth schlägt zu

Kapitel 25 – Amors Flügel und die Boten der Vergeltung

Kapitel 26 – Hilfe aus dem Jenseits

Kapitel 27 – Eine Frage der Technik

Kapitel 28 – Die große Dämmerung

Vorstellungstermin bei C.O.M

„Sie sind also wegen der Stelle des Drill-Sergeants hier?“, fragte der selbstbewusste Schlipsträger, Steffen Peterson und lehnte sich in seinen teuren ledernen Bürostuhl zurück. Auf dieser Seite des Tisches fühlte er sich völlig souverän und überlegen. Victor wusste nicht genau wie er auf die Frage antworten sollte. Er fühlte sich wie ein Grundschulkind am Tage der Einschulung. Nervös rangen seine riesigen Hände miteinander. Angstschweiß breitete sich unter seinem weisen Hemd aus. Es fühlte sich so an, als würde die schwarze Krawatte um seinen Hals zu einem Strick werden, der ihn einschnürte. Um Luft zu bekommen musste er sie lockern. Um keinen Preiß wollte er das hier vermasseln. Er brauchte diese Arbeitsstelle einfach wie die Luft zum Atmen. Es gab eine Zeit da war er einer der treibenden Kräfte von C.O.M, welches die Kurzform von Circle of Mentalists war. Er war der Chief, die sogenannte rechte Hand des Bosses. Vor drei Jahren wurde C.O.M jedoch neu aufgestellt. Seine Bewerbung wurde bei der Neuvergabe der Führungsposten leider nicht berücksichtigt. Dies wurde oft mit seinem Alter begründet. Angeblich suchte die Organisation junge und innovative Leute, mit Entwicklungspotential. Er ging dagegen schon stark auf die fünfzig zu und hatte, laut einiger kritischer Stimmen, seine besten Tage schon lange hinter sich. Peterson, der Recruiting-Officer der diese Stelle zu vergeben hatte, beugte sich wieder nach vorne und blickte Victor tief in die Augen. „Ist es so schwer auf diese einfache Frage zu antworten? Kannst du reden oder soll ich dir was zu schreiben holen? Do you speak english?“, machte er sich über Victor Vitorious lustig, der ihm in diesem Moment liebend gerne den Hals herumgedreht hätte. Zweifellos wäre er dazu in der Lage gewesen. Eine Ohrfeige hätte gereicht, um diesen Schnösel aus dem Fenster zu befördern. Stattdessen riss er sich zusammen, was ihm nicht leichtfiel. „Ja“, brachte er über die Lippen. „Ja was?“, fragte Peterson in einem provozierenden Tonfall. „Ja ich will diese Stelle!“, sprang Victor von seinem Stuhl auf und schrie es dem arroganten Recruiting-Officer ins Gesicht. Er machte somit seinem Ärger Luft. Dabei schlug er mit beiden Handflächen so fest auf den Tisch, dass dieser drohte in der Mitte durchzubrechen. „Gut, mehr wollte ich gar nicht wissen, Sie können sich wieder setzen“, versuchte er seinen Bewerber zu beruhigen. „Also hab ich die Stelle?“, wollte dieser wissen. „Na ja da gibt es nur noch eine Kleinigkeit“, sagte er und winkte Vitorious zu sich als wolle er ihm etwas sagen, etwas das nicht für alle Ohren bestimmt war. „Ich will wissen was in Mannheim passiert ist, jede Kleinigkeit und dann will ich den Kopf von Feng Li auf einem Silbertablett, auf dem mein Name steht“, forderte der Officer flüsternd von Vitorious. Dessen Kiefer schien sich vor Wut zu verkrampfen und er gab ein leises Knurren von sich, welches sehr an das eines Hundes erinnerte, dem man seinen Knochen wegnahm. Dieses Geräusch gab er immer von sich wenn er wütend war. „Ist das ein Problem?“, wollte Peterson wissen. „Sie wollen tatsächlich wissen was in Mannheim passiert ist?“, fing Vitorious an sich an unschöne Momente zu erinnern. „Ja unbedingt. Es existieren nämlich keine umfangreichen Berichte darüber“, brannte der Recruiter förmlich auf Antworten. „Dr. Li hätte es mithilfe seiner Kreaturen fast geschafft einen weltweiten globalen Aufstand auszulösen, doch wir haben es geschafft ihn aufzuhalten“, gab Victor preis. „Welche Rolle haben Sie bei diesem Konflikt gespielt?“, wollte Peterson wissen und schien vollkommen auf seinen Bewerber fixiert zu sein. „Ich habe zwei Novas besiegt und habe mich zusätzlich als Stratege nützlich erwiesen Der Rest der Truppe war ja noch völlig grün hinter den Ohren“, brüstete sich Victor mit seiner Leistung. Wenn er über die alten Tage sprach wuchs sein Selbstbewusstsein. Damals war er jemand, eine wichtige Person mit Macht und Einfluss. Er war die Schnittstelle zwischen C.O.M und den Ministerien, von denen die Organisation finanziert wurde. Theoretisch durften sich die Agenten, ohne sein Einverständnis, nicht einmal die Schuhe zubinden. Heute dagegen fristete er ein Dasein als Hotelangestellter an der Rezeption, was er abgrundtief hasste. Diesen Umstand wollte er ändern und zwar durch dieses Vorstellungsgespräch. Er wollte seinen alten Job wieder zurück, um jeden Preiß. „Wo ist die Leiche von Dr. Li?“, wollte Peterson wissen und setzte damit das Gespräch fort, von dem er sich wertvolle Informationen erhoffte. „Davon blieb kaum noch was übrig. Leviathan hat ihn zu Eiswürfeln verarbeitet“, erzählte Victor wie sich der Tod von Dr. Li ereignete, der im Begriff war die neue Weltordnung zu diktieren. „Leviathan?“, fragte Herr Peterson verwundert. „Ja so hieß das Monster, das er auf uns losließ. Miguel hat ihn zusammen mit einigen Verbündeten, mittels einer riesigen Lichtkugel pulverisiert. Ach ja wenn Sie den Kopf von Feng Li wollen dann holen Sie sich ihn. Aber ich verspreche Ihnen das wird alles andere als leicht. Feng hat Simon Barthezz, den Master of Elements, besiegt“, schilderte Victor und begann so langsam aus dem Nähkästchen zu plaudern. „Nun da sie so gut über den Windmagier Bescheid wissen, werden Sie als Drill-Sergeant die Leute ausbilden, die ihn zur Strecke bringen werden. Sie werden ein Team zusammenstellen und sie entsprechend vorbereiten“, veranlasste der Personalchef. „Heißt das ich habe den Job?“, freute sich Victor. „Wenn Sie kein Problem damit haben einen ehemaligen Freund einzubuchten“, klopfte Peterson diesen Punkt auch noch einmal ab. „Absolut nicht“, gab Victor zu und unterzeichnete das Stück Papier das Peterson ihm vorlegte.

Kapitel 1 – Willkommen zurück

„Alles muss man selbst machen“, dachte ich mir gerade, während ich auf Knien den dunklen Dielenboden im Flur schrubbte. Es war der Boden den ich eigenhändig legte, im Hotel welches ich höchstpersönlich leitete. Gerade deswegen regte mich jede Kleinigkeit auf, vor allem dieser Brandfleck auf dem Gemälde im Flur. Wenn ich so darüber nachdachte war das doch keine Kleinigkeit, es war sogar Sachbeschädigung. Auf dem Portrait war Jesus zu sehen, vor dem Hintergrund einer untergehenden Sonne. Ich kaufte es vor einigen Jahren bei einem Antiquitätenhändler, gerade einmal für fünf Euro. Eigentlich war es wertlos, doch ich verknüpfte damit ein ganz besonderes Erlebnis. Der Brandfleck war genau inmitten des Gesichtes. Ob mir damit vielleicht jemand was sagen wollte? Jedenfalls rauchte hier jemand, das verriet bereits der beißende Gestank der sich in den hohen Wänden des Altbaus festsetzte. Ich schmiss den Schwamm in den Eimer und griff zum Handy, gerne hätte ich gewusst wo die Putzfrau wieder steckt. Dieses alte schielende Luder kam und ging wie sie wollte. Nach mehrmaligem Läuten musste ich wieder einmal feststellen, dass das verdammte Miststück sich wieder einen schönen Tag machte, während ich hier die Drecksarbeit machen durfte. Während ich mich wieder einmal über das unzuverlässige Personal aufregte, hörte ich Schritte die von schwarzen Lackschuhen ausgingen. Jemand kam auf mich zu, was dem knirschenden Dielenboden anzuhören war. Ein klein wenig wurden die Schritte vom roten Teppich gedämpft, der auf dem Boden ausgerollt lag. Die Designerschuhe gehörten zu einem Gast, einem sehr hochgewachsenen Gast. „Guten Morgen Herr Nantes, heute mal eigenhändig am Schuften?“, begrüßte mich Georgious, mit einer Zeitung unterm Arm und einer Zigarre in der Hand. „Hallo Herr Georgious Dimitrious Grigoropoulos, beglücken sie uns noch immer mit Ihrer Anwesenheit?“, entgegnete ich ihm sarkastisch. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass er für den Brandfleck verantwortlich war. „Irgendjemand muss hier ja die tollen Dienstleistungen in Anspruch nehmen“, konterte er und spielte damit auf die leerstehenden Zimmer an. In der Tat stand es um unsere Finanzen nicht sehr gut, das wusste Georgious Dimitrious Grigoropoulos, dessen Name alles andere als leicht auszusprechen war. Wir hatten kaum Gäste, bis auf ihn und einige Warlocks die hier regelmäßig Zuflucht suchten, weil sie vom Tribunal oder vom Circle of Mentalists verfolgt wurden. Erst einmal hatte ich die Schnauze voll vom sauber machen und ging über das Treppenhaus zur Bar hinunter. Dort angekommen erblickte ich einen etwas korpulenteren Kerl in weisem Hemd mit roten Haaren die bereits einen leicht gräulichen Schimmer aufwiesen. Er genehmigte sich gerade ein Bier. „Victor?“, zeigte ich mich erstaunt. Er drehte sich zu mir um und hob sein Glas so als wolle er mit mir anstoßen. „Hast du heute nicht frei? Was soll der Aufzug ich hätte dich fast nicht erkannt“, wunderte ich mich darüber ihn an seinem freien Tag hier anzutreffen. Auch wunderte ich mich über die Uhrzeit, war es nicht noch etwas zu früh für Bier? Ich setzte mich neben ihn, um vielleicht mehr zu erfahren. „Einen Kaffee, du weißt wie ich ihn möchte?“, gab ich bei Sam, dem Barkeeper, meine Bestellung auf. Wie üblich nickte er mir freundlich zu. „Erzähl, was gibt es zu feiern?“, begann ich sofort den alten Mann zu löchern. „Neben dir sitzt der neue Drill-Sergeant des Circle of Mentalists“, erklärte er mir. „Verstehe… du wirst uns verlassen“, schlussfolgerte ich mit bestürzter Mine. „Ja, nichts gegen euch, aber umso schneller ich das tue desto besser“, sagte er mir knallhart seine Meinung. „Nichts gegen dich und das was wir zusammen hier aufgebaut haben, aber wach auf das sind nicht wir. Seid wir versuchen ein normales Leben zu führen sind wir nur noch Schatten unserer Selbst. Wann hast du Jason das letzte Mal gesehen? Der Typ steht nur noch auf seinem Balkon und malt irgendwelche abstrakten Gemälde. Dao ist in der Küche maßlos unterfordert und du bist so antiautoritär geworden, dass dir sogar die Putzfrau auf der Nase herumtanzt!“, machte Victor mir klar und schlug dabei so fest auf den Tisch dass sein Glas fast umfiel. Dieser Schlag unterstrich seine schlagfertige Ansprache. Nur verstand ich nicht was er gegen Jasons Gemälde hatte. Ich fand sie auch nicht besonders schön, aber solange er sie nicht auf die Idee kam sie im Foyer aufzuhängen hatte ich kein Problem damit. „Der Kaffee Chef“, stellte mir Sam meinen Kaffee auf den Tresen. „Na gut der Waschlappen ist eine Ausnahme. Dem gefällt die Mittelmäßigkeit“, unterstellte Victor dem Restaurantfachmann. Sam starrte Victor so an als wolle er etwas dazu sagen, doch dann drehte er seinen Kopf doch von ihm weg. „Es ist viel passiert…“, antwortete ich auf diese erschlagenden Worte. „Ja ich weiß, viele unserer Freunde haben ins Gras gebissen. Gott verdammt es waren auch meine Freunde, aber der Unterschied ist eben dass die ihr Leben schon hinter sich haben“, wollte mir Victor klarmachen, doch ich war es leid ihm zuzuhören. Statt mich weiter auf ihn zu konzentrieren, legte ich mein Smartphone auf den Tisch und checkte meine Emails. Ich wusste dass er es hasste wenn das jemand tat. Für ihn war es ein Zeichen von Desinteresse und in seinen Augen äußerst unhöflich. Victor nahm sein Glas in die Hand und trank den Rest in einem Zug aus. „Betrachte das einfach mal als meine mündliche Kündigung. Ich würde sagen die Formalitäten sparen wir uns“, löste Victor Vitorious sein Arbeitsverhältnis an der Rezeption auf und drehte mir den Rücken zu. „Du kannst nicht einfach gehen, du hast noch Resturlaub!“, rief ich ihm hinter her, ohne meinen Kopf in seine Richtung zu drehen. „Geschenkt“, lehnte er ab und verließ das Hotel. „Vielleicht hättest du ihm gratulieren sollen“, hielt Sam für möglich und er hatte Recht. Eigentlich hätte ich mich für ihn freuen sollen, doch irgendwie konnte ich nicht. Abschiede lagen mir nicht besonders und so blieb mir nicht mehr von Victor als eine enttäuschende Erinnerung. Seufzend setzte ich meine Kaffeetasse auf dem Unterteller ab und faltete die Hände über meinem kahl rasierten Kopf zusammen. „Miguel…“, sprach mich Sam an. „Was?“, erwiderte ich genervt. „… gestern kamen zwei Leute herein und haben nach Unterschlupf und Arbeit verlangt“, schilderte er mir. „Du hast sie doch hoffentlich weggeschickt oder?“, hoffte ich. „Miguel, du hast doch gesagt dass jeder der hier reinkommt und Hilfe braucht auch Hilfe bekommen“, erinnerte mich Sam an meine eigenen Worte. „Ja das war noch bevor ich wusste was dieser Spaß kostet. Wir haben kein Geld für Wohltätigkeit, wir haben kaum Kundschaft“, erinnerte ich Sam wiederum. „Und was soll ich jetzt machen?“, wollte er von mir wissen. „Schick die Beiden wieder weg!“, forderte ich von ihm und hatte so langsam keine Lust mehr mich um jeden Scheiß selbst zu kümmern. „Tut mir Leid aber das kannst du nicht von mir verlangen“, verweigerte Sam meine Anweisung, was mich ehrlich gesagt wenig verwunderte. Er war sozusagen die gute Seele des Hotels. Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft stand für ihn immer an oberster Stelle. Seine freundliche und liebevolle Art im Umgang mit Menschen machten ihn zum perfekten Mitarbeiter für den Servicebereich. Das alles waren Dinge die ich sehr an ihm schätzte, aber in diesem Fall konnte ich darauf keine Rücksicht nehmen, auch wenn ich dafür von seiner Seite kein Verständnis erwarten konnte. Wir konnten uns einfach nicht noch mehr Angestellte leisten. „Aber da Victor eben gekündigt hat, wäre doch mindestens eine neue Stelle frei“, versuchte Sam sein Anliegen bei mir durchzuboxen. „Was eigentlich sogar gut war, so musste ich ihm nicht kündigen, aufgrund der miesen Auftragslage“, argumentierte ich dagegen, um die Diskussion im Keim zu ersticken. „Wo sind die Neuen?“, wollte ich wissen, damit ich sie rausschmeißen konnte. „Du wirst sie vor die Tür setzen oder?“, vermutete Sam. „Genau das werde ich tun, also wo sind sie?“, fragte ich erneut. „Der Junge räumt gerade das Lager auf, wo das Mädchen ist kann ich dir nicht sagen“, antwortete der Restaurantangestellte und ich machte mich sofort auf den Weg in Richtung Lager.

„Nein tu es nicht!“, rief Silvia und schrie dabei so laut dass das zurückhallende Echo sie vermutlich aus dem Schlaf gerissen hätte, wenn das ihre Alpträume nicht bereits getan hätten. Ständig kamen ihr die Bilder vor Augen, Bilder die sich ihr tief ins Gedächtnis brannten. Als sie schlagartig aufschreckte durchfuhr sie ein stechender Schmerz. Es war die Narbe, die sich quer über ihren Bauch zog. Hektisch und panisch sah sie sich um. Wo war sie? Ein riesiges Fenster ohne Vorhänge, eine kleine Ledercouch und eine Wohnwand ohne Fernseher. Die Matratze auf der sie lag, war sehr weich, fast schon zu weich. An den Wänden hingen keine Bilder und auch sonst nichts, was sehr trostlos wirkte und auch sehr unfertig. Dies war jedenfalls der Grund dafür dass die Akustik sehr gewöhnungsbedürftig war. Silvia konnte aufatmen, denn es war das Hotelzimmer in dem sie untergekommen war. Sie schleppte sich zum Badezimmer, um sich frisch zu machen. Als sie in den Spiegel sah, um ihr Gesicht zu waschen, erblickte sie nur ein verzerrtes Bildnis ihrer Selbst. Ein hageres dünnes Fräulein, welches Dinge wie regelmäßige und warme Mahlzeiten nur noch vom Hörensagen kannte. Sie schob die Tür zur Kabine zur Seite und stellte sich unter die Duschvorrichtung. Sie genoss es wie die warmen Wasserstrahlen durch ihre hellen blonden schulterlangen Haare glitten und an ihrem schlanken Körper herabtropften. Es war ein Luxus den sie selten genoss und der für sie alles andere als selbstverständlich war. Luxus war für sie allgemein nicht selbstverständlich. Dies stellte sie wieder einmal fest als sie am Waschbecken stand und ihr einfiel, dass sie gar keine Zahnbürste besaß. Zahncreme lag neben dem Waschbecken und sie tat es wie sie es seit drei Jahren schon tat. Seitdem sie auf der Straße lebte putzte sie sich nämlich mit dem Finger die Zähne. Wenn man solch ein Leben auf der führte war das einfach praktischer, da man so eine Sache weniger mit sich herumschleppen musste. Als sie aus dem Bad herauskam und sich anziehen wollte lagen vor ihr lediglich ein paar abgetragene Lumpen und ein paar zerrissene Stiefel. Sie überlegte einen kurzen Moment. Der Typ unten im Restaurant machte ihr ja den Vorschlag hier im Hotel für eine Weile zu arbeiten, bis sie genug Geld hatte um weiterzuziehen. Mit diesem Geld könnte sie sich neue Klamotten kaufen, was auch bitter nötig war. Bis es so weit war würde ihr Arbeitskleidung zustehen, die sie auch in Anspruch nehmen wollte. Sie nahm den Hörer des Telefons, das neben dem Bett stand und wählte die Nummer von Sam, der schwor sich um ihre Belange zu kümmern. „Hey Sam steht dein Angebot von Gestern noch?“, fragte sie direkt als sie seine Stimme auf der anderen Seite der Leitung vernahm. „Es tut mir leid, ich hab dem Boss von dir und Jacob erzählt. Er sagte lediglich wir können keine neuen Angestellten gebrauchen. Ich hab ja versucht ihn zu überzeugen aber…“, antwortete er, doch beendete den Satz nicht, zumindest nicht bevor Silvia ihn unterbrach. „…schon gut du hast es zumindest versucht. Für diese Nacht fallen aber keine Kosten an oder? Das hast du doch gesagt“, wollte sie sich noch einmal rückversichern. „Nein natürlich nicht, das ist schon okay. Aber ihr solltet lieber gehen bevor der Boss euch rausschmeißt. Der ist heute nämlich alles andere als gut gelaunt“, warnte Sam die junge Frau. „Ist gut, ich schnapp mir Jacob und dann hauen wir ab“, stimmte sie Sams Bitte zu. „Da solltest du dich vielleicht lieber beeilen. Jacob ist im Lager und der Boss müsste jeden Moment bei ihm sein. Ich weiß nicht wie dein Kumpel so drauf ist, aber ich hoffe zumindest dass es nicht eskaliert“, äußerte der Restaurantchef seine Befürchtung. „Ich beeil mich“, sagte Silvia und legte auf.

Als ich das Lager betrat erblickte ich einen schlanken jungen Mann der trotz seines schmalen Körperbaus gut in Form zu sein schien. Die schweren Kisten hob er mit Leichtigkeit und das Lager das sonst so unordentlich und chaotisch war, sah auf einmal so aufgeräumt aus. Alles war akkurat und ordentlich sortiert. Die Kisten standen sogar alle fast schon exakt einen Zentimeter über der Kante und hatten auch alle haargenau denselben Abstand zueinander. „Mein Gott, der Typ der das in so einer kurzen Zeit schafft muss Superkräfte und einen starken Hang zum Perfektionismus besitzen“, dachte ich mir laut und das schien er auch gehört zu haben, denn er drehte seinen Kopf in meine Richtung. „Das kann nicht sein“, dachte ich mir als ich dem Mann in die Augen blickte. Vor Schreck ließ ich sogar meinen Kaffee fallen, den ich noch immer in der Hand hielt. „Bist du es wirklich?“, fragte ich ihn und er blickte mich nur verwundert an. „Kennen wir uns?“, fragte er mich im Gegenzug und in diesem Moment kam Sam mit einer blonden Frau hereingestürmt. „Was ist hier nur los?“, dachte ich mir und richtete die Frage insbesondere an Sam. Als er daraufhin ins Stottern geriet, sah ich nur nach unten zu meiner zerbrochenen Kaffeetasse und dem braunen koffeinhaltigen Fleck. Wo war nur die Putzfrau?

Eine kurze Zeit später fanden wir uns, bei einer weiteren Tasse Kaffee, im Foyer wieder. Da ohnehin gerade wenig Kundschaft da war hatten wir nicht sonderlich viel Stress. So konnte ich mir in aller Ruhe die Geschichte der beiden Neuankömmlinge anhören. „Woher kennen wir uns?“, fragte mich Jacob erneut. „Du kannst dich also wirklich nicht erinnern“, wurde mir bewusst, dass er mich doch nicht auf den Arm nahm. „Jacob und ich haben zusammen schon sehr viel durchgemacht. Er hat mir das Leben gerettet“, mischte sich Silvia ein. „Wie lange kennt ihr euch genau?“, wollte ich von ihr wissen. „Seit ungefähr einem Jahr. Er ist mir sozusagen zugelaufen, ohne Kleidung, ohne Essen und vor allem ohne Erinnerung. Er wusste nichts über sich außer seinen Namen. „Verstehe…“, begann ich so langsam zu begreifen. „Du hast gesagt er hat dir das Leben gerettet. Vor was denn, wenn ich fragen darf?“, stocherte ich im Lebenslauf der jungen Blondine, was fast schon einem Vorstellungsgespräch gleichkam, nur eben ohne die Belanglosigkeiten. „Wir wurden angegriffen“, gestand sie mir. „Von Warlocks? Die sollen sich in dieser Gegend immer öfter herumtreiben“, spekulierte ich. „Nein das waren keine Warlocks, sondern Agenten des Circle of Mentalists“, erklärte sie mir und mir fiel im ersten Moment die Kinnlade nach unten. Jacob nickte, als wolle er damit den Wahrheitsgehalt dieser Aussage unterstreichen. „Versteht mich bitte nicht falsch, ich will euch nicht als Lügner bezeichnen, aber ich arbeitete selbst früher für den Circle of Mentalists, Jacob übrigens auch. Also ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die einfach so Leute überfallen“, widersprach ich ihr. „Diese Narbe sagt was anderes“, argumentierte Silvia. Sie stand auf und zog ihr T-Shirt ein klein wenig nach Oben. „Das waren Agenten von C.O.M?“, überlegte ich und machte mir darüber Gedanken wie viel an Silvias Aussage dran sein könnte. Ihre Narbe sah wirklich übel aus, so als wäre sie von einem riesigen Raubtier angefallen worden. Es war keine gerade Narbe, wie man sie von einem Schwert oder einer anderen Waffe erwarten würde, sondern hatte ein eher unregelmäßiges Muster, welches sich in alle Richtungen vom Unterbauch bis zur Brust erstreckte. „Die Chirurgen haben sich dabei wahrscheinlich dumm und dämlich flicken müssen. Der hat statt Nadel und Faden, wahrscheinlich eine Nähmaschine benutzt“, scherzte ich und versuchte damit ein wenig die Stimmung aufzulockern, ohne Erfolg. Silvia starrte mich weiterhin mit ihren blauen durchdringenden Augen an. Sie wusste, dass ich ihr nur sehr schwer glauben konnte. „C.O.M. ist nicht so toll wie die meisten denken. Ich kenne viele Warlocks, und die sind netter mit mir umgegangen als diese Bestien“, diskutierte sie mit mir und setzte sich währenddessen wieder hin. „Weißt du nichts von der Chippflicht?“, konfrontierte mich Jacob mit etwas von dem ich zum ersten Mal hörte. „Chips, also so richtig wie bei Hunden?“, wurde mir äußerst unwohl bei dem Gedanken, doch es zu glauben fiel mir nach wie vor schwer. „Sie haben Recht, ich habe auch schon davon gehört dass es bestimmte Personen mit Einfluss gibt die so etwas fordern, doch das wurde doch noch nicht bewilligt soweit ich weiß?“, beteiligte sich Sam an unserer interessanten Unterhaltung, der er heimlich lauschte. „Ob genehmigt oder nicht, es wird bereits praktiziert. Im Moment noch nicht flächendeckend, aber sagen wir es so man wird selten gefragt ob man dieses Ding will“, erklärte mir Silvie mit einem hohen Maß an Überzeugung. Auch wenn sie nicht direkt aus der Haut fuhr, ihre durchdringenden blauen Augen verrieten mir dass sie die Wahrheit sagte.

Victor war gerade damit beschäftigt seinen neuen Arbeitsplatz einzurichten. Ihm stand ein eigenes Büro zur Verfügung, dass er eigentlich kaum brauchte, denn sein eigentlicher Arbeitsplatz war draußen auf dem hektarweiten Übungsgelände. Seine Aufgabe war es die neuzusammengewürfelten Truppen von C.O.M auf Vordermann zu bringen. Er blickte durch das riesige Fenster seines Büros auf seine Leute herab, die gerade trainierten. Was er dort sah, war schon einmal sehr vielversprechend. „Drei Feuermagier, zwei Lichtmagier, sechs Schattenkrieger, ein Erdmagier, vier Wassermagier, drei Windmagier, acht Korpus-Krieger und sogar noch einen Seelenbändiger“, zählte er und stellte fest dass es sogar einige darunter gab, die noch mehrere Talente hatten, sich also nicht nur auf eines der acht Elemente beschränkten. Victors Erfahrung auf diesem Gebiet war schon so umfangreich, dass er die Fähigkeiten von Mentalisten schon an ihrem Äußeren erkannte. „Das wird interessant“, dachte er sich und ging nach unten. Als die Männer und Frauen gerade damit beschäftigt waren sich gegenseitig mit Feuerbällen und Lichtkugeln zu beschießen hallte ein lauter Pfiff durch den Hof, es war die Trillerpfeife des neuen Drill-Sergeants. „Alle mal hergehört, jetzt habt ihr hier genug gespielt. Jetzt beginnt der Ernst des Lebens! Ich bin Victor Vitorious, euer neuer Drill-Sergeant. Ich bin überzeugt davon dass wir eine sehr aufregende Zeit zusammen haben werden“, versprach er den Agenten, die ihm wie gebannt zuhörten, nicht weil seine Ansprache besonders spannend und aufschlussreich war, sondern eher weil er genau wusste wie man sich Respekt und Gehör verschafft. Das Versprechen, dass sie alle zusammen eine sehr aufregende Zeit haben würden, hörte sich vielmehr nach einer Drohung an als nach Spaß und Heiterkeit. Einigen lief bereits jetzt der Angstschweiß. Es gab unter ihnen jedoch Einen dem eine Frage auf der Seele brannte. „Hey Sie, wann haben wir Feierabend?“, wollte einer der Rekruten wissen. „So ist das also du hast heute noch Termine, ja wenn das so ist kannst du natürlich jederzeit gehen. Wir haben hier Gleitzeit musst du wissen“, veräppelte er den Anwärter, doch dieser verstand diese Art von Sarkasmus nicht. Er drehte sich um und lief in Richtung Ausgang. Das war die Chance seine Autorität zu unterstreichen, dachte sich Victor und lief blitzschnell auf den Agenten zu. Dieser wusste gar nicht wie ihm geschah als er sich umdrehte und gleich die Faust des Korpus-Kriegers im Gesicht hatte. Der Arme flog viele Meter, bis ihn eine Mauer stoppte. Korpus war das Element welches für den eigenen Körper stand. Mentalisten die mit dieser Fähigkeit gesegnet waren, verfügten über sehr viel Kraft und Durchhaltevermögen. Genau das zeichnete Victors Kampfstil auch aus. Erschrocken und angsterfüllt sahen die Agenten ihn an. Mit solch einem kompromisslosen Führungsstil wurden sie bisher noch nie konfrontiert. „Hat hier noch jemand eine Frage, oder etwas Besseres vor? Wenn ja dann kann er sich gerne an mich wenden“, gab er seinen Rekruten zu verstehen, dass allein er hier das Sagen hatte. „Ach tut das gut wieder daheim zu sein“, flüsterte er vor sich hin und schien diesen Moment sichtlich zu genießen.

Noch immer gingen wir Silvias Worte nicht aus dem Kopf. Dass der Circle of Mentalists jetzt versuchen würde jedem Mentalisten Chips zu implantieren hielt ich für absolut inakzeptabel. Jedoch hatte die Idee auch einen Vorteil, die Welt wäre vielleicht sicherer. In einer sicheren Welt hätten wir lange nicht diese Verluste erlitten, die wir in der Vergangenheit verkraften mussten. „Silvia“, flüsterte ich leise vor mich hin. Während sie die Tische sauber machte, fiel mir auf dass sie dieselben Augen hatte wie jemand den ich sehr gut kannte. Was mir außerdem noch auffiel war, dass sie so arbeitete wie jemand der noch nie in seinem Leben einen Lappen in der Hand hielt. In ihrer Putztechnik fand sich weder Reihenfolge noch System. „Schön gründlich wenn ich bitten darf, du willst doch nicht dass ich meine Meinung ändere bezüglich der Einstellung auf Probe“, versuchte ich sie anzuspornen, doch sie warf mir lediglich einen genervten Blick zu. „Faszinierend sie sieht fast so aus wie Jane“, sprach eine Stimme die aus dem nichts ertönte, mir jedoch auch sehr bekannt vorkam. Vor Schreck drehte ich mich hektisch um, um die Person auszumachen von der die Stimme kam. „Feng!“, stellte ich erschrocken fest. „Was machst du hier?“, fragte ich meinen alten Freund, der hinter der Theke stand und sich gerade einen Cocktail mixte. Ich begrüßte ihn mit einem Händedruck, der meine Wiedersehensfreude nur dosiert zur Geltung brachte. „Ich war nur zufällig in der Gegend, da dachte ich dass ich mal vorbeischauen sollte um zu sehen wie dein Hotel so läuft“, klärte mich der junge Chinese auf, während er schon zum ersten Schluck ansetzte. „Es ist nicht mein Hotel, es gehört zu 92% Jason. Ich bin nur der Geschäftsführer“, erklärte ich ihm. „Ach so, aber immerhin der Typ der hier das Sagen hat“, versuchte er mich aufzubauen. „Feng, dir ist schon klar, dass du immer noch gesucht wirst oder?“, fragte ich ihn und das hatte auch seine Gründe. Feng hatte sich einiges geleistet in seiner Vergangenheit. Für übermenschliche Strafverfolger war er schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Er hatte das Pech in eine Terroristenfamilie hineingeboren zu sein. Sein Bruder, sein Vater und seine Schwester waren allesamt korrupt und verfolgten das Ziel die Menschheit auszurotten. Darüber hinaus wurde ihm Fahrlässigkeit vorgeworfen, da der Circle of Mentalists erheblichen Schaden durch ihn erlitt. Dies war in der Zeit als er nach das Sagen beim Circle of Mentalists hatte. Richtig: Ein zweiundzwanzigjähriger Halbstarker, der schon mittags zur Flasche griff, war der Boss von einer der bedeutendsten Organisationen auf diesem Erdball, und damals war er gerademal sechzehn. Was ihm noch zur Last gelegt wurde war, dass er sich an einigen Politikern vergriff und einen Unsterblichen tötete. Die Unsterblichen waren die mächtigsten Mentalisten, Magier des obersten Ranges. Jede Unhöflichkeit gegen sie, galt als ein Kapitalverbrechen. Jemanden aus ihren Reihen zu töten war unverzeihlich. „Feng du musst hier weg, du wirst gesucht, das weißt du doch“, erinnerte ich ihn und versuchte ihn dazu zu bewegen sich zu verdünnisieren. „Schau mal einer an, wer da aus seinem Loch hervorkommt“, wurde Feng von Georgious Dimitrious Grigoroplus begrüßt, der mit einem Bademantel bekleidet im Foyer stand und Tee trank. Ich fasste mir an die Stirn, denn das war genau die Situation die ich verhindern wollte. „Du musst Feng Li sein“, schien der Unsterbliche ihn in Empfang nehmen zu wollen, indem er langsam auf ihn zuging und ihm die Hand reichte. Sofort vermutete ich eine Finte dahinter, doch ich konnte nichts tun. „Wer ist diese Witzfigur?“, fragte mich Feng und war sich dem Ernst der Lage nicht einmal ansatzweise bewusst. „Das ist einer vom höchsten Rat, der ist wegen Jay hier“, versuchte ich Fengs Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. „Witzfigur…!“, schien Georgious bereits innerlich zu kochen. „Jay…?“, schien sich Feng jedoch nicht zu erinnern. „Das ist also Gregor Dimi Dingens Dildo Gyros?“, flüsterte mir Feng zu und schien doch zu wissen worum es ging. Besonders Leise flüsterte er auch nicht. Scheinbar ging es ihm mehr darum den Unsterblichen zu provozieren, als sich irgendwie herauszureden. „Mein Name ist Georgious Dimitrious Grigoropoulos aber Leute aus älteren Kulturkreisen kannten mich unter dem Namen Poseidon!“, versuchte er noch einmal seinen Rang zu verdeutlichen, was Feng nicht sonderlich beeindruckte. „Du bist also der Typ der hier schon seit drei Jahren auf mich wartet? Ich dachte eigentlich dass ein Unsterblicher Besseres zu tun hätte als drei Jahre lang zu warten bis ich hier irgendwann mal aufkreuze“, mutmaßte Feng und provozierte Poseidon weiterhin. „Für einen Unsterblichen spielt Zeit keine Rolle!“, machte Georgious Feng klar und schoss eine Kugel aus Wasser in die Richtung des Windmagiers, der sich blitzschnell duckte. Der Schuss ging ins Flaschenregal hinter dem Tresen und verursachte, dass Glassplitter im Raum umherflogen und ein Wasserfall aus Spirituosen auf Feng herabfiel. Der Schuss hatte eine solche Durchschlagskraft, dass er sogar die Wand hinter dem Regal durchschlug und den Blick zur Küche freimachte. „Verdammt regelt das draußen!“, schrie ich die Beiden an, doch Poseidon scherte sich nicht um meine Bitte und schoss weiter auf Feng. „Pass auf Miguel!“, zog mich Sam von meinem Stuhl, um mich aus der Schusslinie zu bekommen. Diesmal musste die Theke dran glauben. Der Unsterbliche schoss kleine Wasserkügelchen aus dem Mund die die Bar an der ich saß durchbohrten, so als wären es Projektile aus einem Maschinengewehr. Hilflos musste ich mitansehen wie der hochgewachsene Wassermagier das zerstörte was ich zusammen mit meinen Freunden aufbaute. Plötzlich wurde es inmitten des Raumes nebelig. „Was soll das?“, wunderte sich Poseidon über die plötzliche Sichteinschränkung. „Denkst du wirklich, dass du dich damit retten kannst? Du kleiner Wicht wirst es noch bereuen dass du einen Unsterblichen getötet hast!“, drohte der Mentalist den die alten Griechen als Gott des Meeres verehrten. Poseidon winkte einfach mit der Hand und kurz darauf lichtete sich der Nebel wieder. In seinen Badelagen ging er auf die Bar zu, riss sie aus dem Boden und schmiss sie in die nächstgelegene Ecke. Völlig verärgert musste er feststellen, dass Feng verschwunden war.

Kapitel 2 – Ein Problem kommt selten allein

„Shit meine Nase!“, beschwerte sich Feng als er mit dem Gesicht voraus auf dem harten Bordstein landete. „Sei froh dass es nur die ist!“, machte ihm Dao klar, der ihn in letzter Sekunde vor dem wütenden Poseidon rettete. Seine Nebelaktion hatte Erfolg, nur half das der Inneneinrichtung des Hotels auch nicht mehr. Dao wagte einen flüchtigen Blick durch die gläserne Eingangstür. Die Bar war komplett zerstört und vom Eingangsbereich konnte man nun in die Küche sehen. „Siehst ja echt süß aus mit deiner Kochschürze“, machte sich Feng über Dao lustig, der noch seine Arbeitskleidung trug. „Kannst du laufen?“, fragte der Küchenchef den Windmagier, der scheinbar sogar blutete. „Klar kann ich laufen. Weißt du was ich noch kann?“, protzte Feng und schien sehr aufgebracht zu sein. „Ärger machen?“, versuchte Dao zu erraten. „Ich polier dem Typen jetzt ordentlich die Fresse“, wütete Feng und schlug gegen die Glastür um Poseidon zu provozieren und auf sich aufmerksam zu machen. „Oh man“, seufzte Dao der überhaupt kein Verständnis für Fengs Verhalten hatte. Der Windmagier musste gar nicht lange warten bis ein Strahl aus Wasser auf ihn zugeschossen kam, der ihn gegen ein stehendes Auto drückte. Bevor der Windmagier zu Boden sackte, wurde er von Poseidon am Hals gepackt. „Du hättest weglaufen sollen als du die Chance dazu hattest“, flüsterte er in Fengs Ohr, während er ihn würgte. Vor Wut über das Chaos, welches Poseidon im Hotel anrichtete und der Tatsache dass er meinem besten Freund nach dem Leben trachtete, lud ich meine Hand mit Licht auf, um ins Geschehen einzugreifen. „Warte“, hielt Sam mich zurück. So langsam sammelte sich eine gewisse Schar an Schaulustigen an. Einige von ihnen begannen den Kampf mit dem Handy zu filmen. „Wenn du dich einmischst, gerätst du in den öffentlichen Fokus. Ich glaube da muss er jetzt alleine durch“, riet mir Sam und leider hatte er wiedermal Recht. Etwas musste jetzt passieren, Feng brauchte Hilfe. Es war unklar wie lange er noch durchhalten würde, doch wie sollten wir ihm helfen? Plötzlich zog wieder der weise Nebel auf und nahm uns die Sicht auf den Ort des Geschehens. Es gab keinen Zweifel, dass Dao wieder seine Finger mit im Spiel hatte, doch was hatte er vor? Dao war ein Mann der schnellen Lösungen, das wurde wieder einmal in diesem Moment klar, denn als sich der Nebel wieder lichtete steckte Poseidon ein Messer im Nacken. „Was zum Teufel…“, schien dieser irritiert darüber zu sein dass er sich nicht mehr bewegen konnte und war gezwungen den Griff um Fengs Hals zu lösen. Er ging in die Knie und sagte: „Ihr habt gar keine Ahnung was ihr da gerade getan habt“. Daraufhin kippte er leblos zu Boden. „War das Dao?“, rätselte ich. „Ich glaube schon. Das sieht zumindest ganz nach seiner Handschrift aus“, antwortete Sam, der sich zum sterbenden Wassermagier herunterbeugte. „Da liegt seine Schürze“, stellte ich fest und hob den weisen Fetzen Stoff auf. „Er hat sich wahrscheinlich in die Menge geflüchtet“, hielt Silvia für möglich und ich gab ihr mit einem Kopfnicken Recht. „Feng ich glaube du solltest jetzt besser verschwinden“, schlug ich dem Windmagier vor, der so langsam wieder Luft bekam und reden konnte. „Er hat mich angegriffen“, verteidigte er sich. „Ich weiß, aber das spielt jetzt keine Rolle. Du weißt dass sie bald hier sein werden“, versuchte ich ihm klar zu machen und er schien es zu verstehen, jedenfalls drehte er sich um und machte im wahrsten Sinne des Wortes den Abflug. Er war einer der wenigen Mentalisten der die Fähigkeit besaß zu fliegen. Diese nutzte er um aus dem Sichtfeld der Kamerahandys zu verschwinden, die auf ihn gerichtet waren. Ich blickte auf den Boden zum toten Poseidon und dann zurück zum verwüsteten Foyer. Dies war wahrlich kein guter Tag. Ob dafür die Versicherung aufkommt?

Einige Stunden später hielt ich eine Krisensitzung in unserem Restaurant mit meinen Angestellten, von denen auch alle anwesend waren, bis auf Dao. „Danke dass ihr euch Zeit genommen habt, ich versuche mich kurzzufassen“, eröffnete ich das Meeting. „Das sind Silvia und Jacob, sie werden unser Team für eine Weile verstärken“, stellte ich die Neuen vor und kam danach zu den wirklich wichtigen Programmpunkten. „Leute ihr wisst, dass es im Moment nicht so gut um unseren Laden steht. Ich habe deswegen zu diesem Treffen aufgerufen. Zum einen stehen unsere Ausgaben in keinem Verhältnis zu unseren Einnahmen, was das heißt muss ich wohl kaum erklären. Zum anderen haben bestimmt einige von euch mitbekommen, dass hier vor einigen Stunden ein Kampf stattgefunden hat. Aufgrund dieses Zwischenfalls werden wahrscheinlich bald einige C.O.M.-Agenten hier aufkreuzen, um Fragen zu stellen. Ich bitte euch, seid kooperativ, dann können wir eventuell bald wieder zur Tagesordnung übergehen“, trug ich meinen Leuten auf und erntete dafür nicht mehr als entgeisterte Blicke. Ich blickte in die Runde, um auf eine Reaktion schließen zu können, doch keiner machte auch nur einen Muchs. Alle waren ziemlich niedergeschlagen und dabei habe ich noch nicht einmal erwähnt, dass Victor kündigte und unser Koch spurlos verschwunden war. Dann plötzlich ein Klatschen. Es kam von keinem von uns, sondern von einem Nebentisch. „Was für eine schöne Ansprache“, gestand der Mann, den ich in diesem Moment nicht wirklich zuordnen konnte. Die Ecke in der er saß wurde aufgrund einiger kaputter Lampen nicht beleuchtet, daher konnte ich nur seine Silhouette erkennen. Wie kam dieser Typ hier rein? Sam sprang auf und machte sich schon kampfbereit, doch ich stoppte ihn vorerst. „Wer bist du?“, fragte ich den Unbekannten. „Sag bloß du kennst mich nicht mehr…“, sagte der Unbekannte und trat näher an uns heran. Als ein Lichtstrahl sein Gesicht kreuzte erkannte ich ihn: „Antonio?“. Kaum hatte ich meine Vermutung ausgesprochen, spürte ich dass jemand hinter mir unruhig wurde, ich konnte sogar einen Hauch von Angst fühlen. „Ich hatte schon Angst, dass du mich vergessen hättest“, gestand Antonio Morales, der seit einigen Jahren der Boss des Circle of Mentalists war. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover und eine sehr schwere und breite Goldkette, die von einem goldenen Kreuz geziert wurde. Er zog einen seiner Lederhandschuhe aus um mich mit einem brüderlichen Handschlag zu begrüßen. „Lang nicht mehr gesehen, gut siehst du aus“, versuchte er mir zu schmeicheln. „Was euer Chef eigentlich sagen will ist, dass es keinen Grund gibt jetzt in Panik zu verfallen. Ich als Boss des Circle of Mentalists werde mich höchstpersönlich dafür einsetzen, dass ihr bald wieder dem gewohnten Tagesgeschäft nachgehen könnt“, versuchte er meine Leute zu beruhigen, die von seiner Anwesenheit alles andere als begeistert waren. „Ich muss mal kurz aufs Klo“, meldete sich Silvia bei mir ab, worauf ich mit einem Nicken zustimmte. „Sag warum bist du eigentlich hier?“, wollte ich von Antonio wissen, um mir nicht noch mehr unnötiges Geschwafel anhören zu müssen. Er blickte durch unsere Reihen und blieb schließlich mit seinem Blick an Jacob hängen. „Das kann nicht sein…“, erschrak er und zuckte sogar ein klein wenig zusammen. „Ungefähr so ging es mir auch“, beruhigte ich ihn und forderte ihn mittels Handbewegung auf mir zu folgen. Ich wollte gewisse Dinge nicht direkt vor meinen Angestellten besprechen, also gingen wir in einen Nebenraum, der für geschäftliche Meetings gedacht war, eine VIP-Lounge wenn man so wollte. „Ich komme gleich wieder, bleibt also freundlicherweise auf euren vier Buchstaben sitzen“, verlangte ich von ihnen und schloss die Glastür hinter mir, die den VIP-Bereich vom Restaurant trennte. „Gut dass du dich entschließt zu kooperieren. Ärger zu machen wäre in diesem Fall auch völlig kontraproduktiv“, zeigte sich Antonio erleichtert. „Willst du vielleicht etwas zu trinken?“, fragte ich ihn und forderte ihn auf sich zu setzen. „Ein Wasser bitte“, verlangte er und streifte seinen sandfarbenen Mantel von sich, um ihn auf den Stuhl neben sich zu legen. Ich öffnete die Minibar, um seinem Wunsch nachzukommen. „Stilles oder mit Sprudel?“, fragte ich ihn. „Überrasche mich“, antwortete er. Genervt sah ich ihn an und schloss die Minibar, ohne ihm etwas auszuschenken. „Also was willst du hier? “, wollte ich von ihm wissen und setzte mich vor ihn. In der Tat wirkte er überrascht. Er kam um mir Fragen zu stellen, doch ich war fest entschlossen den Spieß umzudrehen. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass Feng heute hier war“, begann er mit dem Verhör. „Was willst du von ihm?“, wollte ich von ihm wissen und sah so langsam wie Antonios Mine starr wurde, wie immer wenn ihm etwas ernst war. Ich kannte ihn sehr gut von früher, doch er war mir nicht immer geheuer. Ich konnte es schlecht erklären, ich traute ihm schlicht und einfach nicht. Ich spürte wie er eine unsichtbare Blockade zwischen uns aufbaute, um zu verhindern dass ich seine Gedanken lesen konnte. Er wusste wozu ich in der Lage war und wappnete sich mit einigen Taschenspielertricks, die man bei C.O.M lernte. „Was ich von Feng will? Du müsstest am besten wissen, was er schon für ein Chaos angerichtet hat. Kannst du dich vielleicht noch an Nuuk erinnern?“, spielte er auf ein Ereignis an das schon mehrere Jahre zurücklag, damals verwüstete Feng eine ganze Stadt um Dante den Drachen zur Strecke zu bringen. „Natürlich weißt du das noch, so etwas vergisst man nicht so leicht. Wo wir schon dabei sind, warst du nicht auch dabei als er Jesus, aus dem Kreis der Unsterblichen, getötet hat?“, trieb er mich mit Fragen in die Enge, auf die ich keine Antwort geben konnte. Er schien jedes Detail aus Berichten entnommen zu haben, die dem Circle of Mentalists zur Verfügung standen. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht und sich bestens auf dieses Gespräch vorbereitet. „Jesus, beziehungsweise Jay, gehörte zu Asgard. Das waren die die Menschheit ausrotten wollten, du erinnerst dich?“, versuchte ich wieder den Spieß umzudrehen und ihn mit Gegenfragen zu verunsichern. „Ich bitte dich, das konnte nie ausreichend bewiesen werden“, versuchte er diesen Sachverhalt zu leugnen. „Und heute starb wieder ein Unsterblicher, diesmal direkt vor eurer Haustür, komischerweise hatte wieder Feng seine Finger im Spiel. Kann es vielleicht sein, dass er Jagd auf die Mitglieder des obersten Rates macht, um dem Vorbild seines Bruders, Dr. Li, nachzueifern?“, versuchte er mich weiter in die Enge zu treiben. „Was verlangst du von mir, dass ich dir helfe ihn zu fangen?“, roch ich schon den Braten. „Bingo. Du wärst sozusagen unser Joker. Du bist immerhin der Einzige dem er wirklich vertraut“, bestätigte er und nahm eine gelassenere Haltung auf seinem Stuhl ein. „Und was wenn ich nein sage?“, versuchte ich die Optionen abzuwägen und verschränkte dabei die Arme. „Dann werden wir das Gespräch im Tower fortsetzen, den haben wir übrigens mühsam wieder aufgebaut, nachdem deine Mitarbeiter ihn zerstört haben. Mal ganz im Ernst warum gibst du dich mit diesen Kreaturen ab, werde lieber wieder einer von uns. Victor hat diese Möglichkeit in Betracht gezogen und nicht bereut“, bot er mir an wieder ein Agent zu werden. Im Gegensatz zu Victor hätte ich nicht um eine Stelle bei C.O.M betteln müssen. Gerade Antonio hätte mich mit Handkuss genommen. Wenn auch nur um mich gegen meine Freunde auszuspielen. „Tut mir Leid dich zu enttäuschen, aber meine Leute brauchen mich, außerdem bin ich mit eurer Politik schon lange nicht mehr einverstanden“, lehnte ich dankend ab. „Das heißt also du willst uns absolut nicht helfen“, verstand er mich so langsam und wirkte nachdenklich. „Die Sache ist die, meine Auftraggeber wollen Köpfe rollen sehen, wenn es nicht der von Feng ist, dann werden es andere sein“, versuchte er mich weiterhin zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. „Du willst mir doch nicht etwa drohen oder?“, versuchte ich diese Tatsache auszuschließen. „Nicht doch, das würde ich doch niemals wagen, bei diesen starken Leuten die du ständig um dich hast“, wies er diese Anschuldigung von sich. „Mal ganz im Ernst wie konnten die dich nur zum Boss machen?“, regte ich mich über seine widerliche Art auf. „Das muss wohl an meinem Führungsstil liegen. Ich bin im Gegensatz zu anderen nämlich sehr autoritär“, spielte er auf meine Führungsqualitäten und meine Probleme mit der Putzfrau an. Wahrscheinlich hatte er diese Infos von Victor, der mir vor einigen Stunden in den Rücken fiel. „Du gehst jetzt besser“, forderte ich Antonio auf, mein Hotel zu verlassen, welches zu acht Prozent mir gehörte. „Kein Problem. Danke übrigens für den nicht vorhandenen Service und deine Hilfe in Anführungszeichen. Ich finde schon selbst raus“, verabschiedete er sich und schloss die Glastür hinter sich. Mir war klar dass dieses Gespräch ein Nachspiel haben würde.

Äußerst negative Schwingungen gingen von Herrn Peterson aus, als er Victor in die Augen starrte und währenddessen nervös mit seinem Stift herumspielte. Man konnte ihm ansehen dass er sauer war, doch irgendwie erschien er auch ratlos. „Warum sollte ich nochmal herkommen“, tat Victor so als hätte er keine Ahnung, doch er wusste in Wahrheit genau worum es ging. Peterson verstand diese Art von Humor scheinbar nicht. Entsetzen machte sich in seinem Gesichtsausdruck breit. „Sie haben einen Agenten aufs übelste zugerichtet. Der Arme wird wahrscheinlich erst wieder in einem halben Jahr einsatzfähig sein und sie fragen warum sie noch einmal herkommen sollten? Wenn bei uns etwas im Moment knapp ist, dann sind es Einsatzkräfte!“, versuchte der Skandinavier dem frisch gebackenen Drill-Sergeant den Kopf zu waschen, doch dieser ließ sich davon nicht beeindrucken. Der Rotschopf lehnte sich auf seinem Stuhl nach hinten und gähnte. „Natürliche Auslese würde ich sagen. Sie haben mich doch eingestellt um die Jungs und Mädels für Einsätze startklar zu machen und das funktioniert eben nur mit strenger Erziehung“, argumentierte er völlig gelassen und nahm sich einen Apfel aus dem Obstkorb, der auf dem Schreibtisch stand. „Ich werde die Sache an den Boss weitergeben!“, drohte Steffen Peterson mit starrer Mine. Er hatte zu diesem Vorfall nichts mehr zu sagen, doch Victor war entschlossen nicht das Büro zu verlassen ohne das letzte Wort zu haben. „Grüßen Sie ihn herzlich von mir. Bei der Gelegenheit können sie ihn auch gleich daran erinnern, dass ich ihm damals den Arsch gerettet habe. Dort unten im Hof, damals als der Tower zerstört wurde, wieder einmal!“, wehrte sich Victor gegen Peterson, der schon den Hörer am Ohr hatte, um den Boss anzurufen. „Hallo hier Peterson, ich rufe an wegen dem neuen Mitarbeiter der aufgrund Ihrer Empfehlung eingestellt wurde. Ich muss Ihnen leider sagen, dass er sich total daneben benommen hat. Ich werde ihn abmahnen müssen, doch eine direkte Kündigung wäre mir ehrlich gesagt lieber. Das dürfte in der Probezeit ja kein Problem sein“, appellierte der Personalchef an die Vernunft des Bosses, doch er schien bei ihm mit seinem Anliegen nicht durchzukommen. Das Geflüster vom anderen Ende der Leitung ließ vermuten, dass es um etwas Wichtiges ging. Peterson schien sehr erstaunt zu sein und seine Wut auf Victor war schon fast verflogen, aber nur fast. „Okay ich sage es ihm“, nahm der Recruiting-Officer die Anweisung entgegen, die ihm vom anderen Ende der Leitung aus auferlegt wurde. Als er auflegte sah er Victor mit ernstem Blick an, eigentlich so als ob er ihm am liebsten erwürgen würde, doch leider nicht durfte. Ungefähr so war es letztlich auch. „Und was hat er gesagt?“, war Vitorious schon gespannt zu erfahren ob er eine Abmahnung oder gar eine Kündigung bekommen würde. Eigentlich war er sich sicher mit einem blauen Auge davonzukommen, aber er wollte es von Peterson hören. „Uns steht ein großer Einsatz bevor. Die Einzelheiten werde ich Ihnen zumailen, ich muss jetzt arbeiten“, erklärte Peterson und schickte den Drill-Sergeant aus seinem Büro. „Und was ist mit meiner Abmahnung?“, fragte Victor ganz selbstbewusst, in dem Wissen, dass der Personalchef ihm nichts anhaben konnte. „Belassen wir es bei einer mündlichen Verwarnung, für eine schriftliche fehlt mir die Zeit und auch der Nerv und jetzt raus aus meinem Büro“, beendete Peterson das Gespräch und verschanzte sich hinter seinem PC-Monitor.