Daisy Haites - Jessa Hastings - E-Book
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Daisy Haites E-Book

Jessa Hastings

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Beschreibung

Welchen Preis hat die Liebe? »Daisy Haites« ist der 2. Teil der hochemotionalen Liebesroman-Reihe von Jessa Hastings, die durch TikTok ein Sensationserfolg wurde und dich mitnimmt in Londons glitzernde und gefährliche High Society. Alles, was die 20-jährige Daisy Haites jemals wollte, ist ein normales Leben, aber das ist für sie einfach nicht drin: Ihr Bruder Julian ist Londons mächtigster Gangsterboss, und seine Geschäfte machen Daisys Leben … kompliziert. Da ist es nicht gerade hilfreich, dass Daisy sich in Christian Hemmes verliebt: Denn der ist nicht nur zu attraktiv und emotional unerreichbar; er ist auch einer der wenigen Männer in London, die nicht auf Julian hören. Für Christian wiederum ist Daisy die perfekte Ablenkung von der Frau, die er wirklich liebt: die Freundin seines besten Freundes. Doch dann wird aus Freundschaft Stück für Stück mehr. Gefangen zwischen dem Glamour der Londoner High Society und ihren dunkelsten Abgründen, müssen Christian und Daisy eine Entscheidung treffen: Welche Opfer ist die Liebe ihnen wert? Der TikTok-Bestseller der australischen Autorin Jessa Hastings ist eine herzzerreißende Mischung aus »Gossip Girl«, der Leidenschaft von Anna Todd und den ergreifenden Emotionen von Colleen Hoover. Die Liebensroman-Reihe voller Liebe & Lügen, Drama & Leidenschaft, Glamour & ganz viel Gefühl erscheint auf Deutsch in folgender Reihenfolge: - Magnolia Parks - Daisy Haites - Magnolia Parks – The Long Way Home - Daisy Haites – The Great Undoing - Magnolia Parks – Into the Dark

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Seitenzahl: 760

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Jessa Hastings

Daisy Haites

Übersetzt von Regina Jooß, Kristina Koblischke und Nora Petroll

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Was bist du bereit, für die Liebe zu geben?

Alles, was die 20-jährige Daisy Haites sich wünscht, ist ein normales Leben. Aber das ist für sie einfach nicht drin: Ihr Bruder Julian ist Londons mächtigster Gangsterboss, und seine Geschäfte machen Daisys Leben … kompliziert.

Ihre Lage wird nicht einfacher, als sie sich in Christian Hemmes verliebt. Denn er ist nicht nur verboten attraktiv und emotional unerreichbar; er ist auch einer der wenigen Männer in London, die nicht auf Julian hören. Für Christian wiederum ist Daisy die perfekte Ablenkung von der Frau, die er wirklich liebt: die Freundin seines besten Freundes.

Doch dann wird aus Freundschaft langsam, aber sicher mehr. Gefangen zwischen dem Glamour der Londoner High Society und ihren dunkelsten Abgründen, müssen Christian und Daisy entscheiden, ob sie den Sprung ins Ungewisse wagen.

Der zweite Band des hochemotionalen Tiktok-Mega-Erfolgs Magnolia Parks.

Inhaltsübersicht

Triggerwarnung – Hinweis

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

New York, März

Danksagung

Die Autorin

Liste sensibler Inhalte / Content Notes

Leseprobe »The Long Way Home«

Bei manchen Menschen lösen bestimmte Themen ungewollte Reaktionen aus. Deshalb findet ihr am Ende des Buches eine Liste mit sensiblen Inhalten.

Für meine Großmutter.

Carol, wahrscheinlich findest du dieses noch furchtbarer als das Erste. Aber ich liebe dich mehr denn je.

Bitte schlage das Buch jetzt zu.

Mehr musst du nicht lesen.

Kapitel 1

Daisy

Keine Waffen am Tisch. Das ist meine einzige Regel. Nennt mich altmodisch, keine Ahnung, aber das habe ich den Jungs immer gesagt. Mir egal, ob sie ihr Handy neben sich liegen haben, mir egal, ob sie texten, mir egal, ob sie am Tisch eine Mütze aufhaben – ich will einfach keine Waffen, während ich ihnen Rinderbrust serviere, die ich über neuneinhalb beschissene Stunden schonend habe garen lassen.

Julian zwingt uns zum Tischgebet (als ob der Herr ihm zuhören und uns ernsthaft segnen würde), und dann legt sich diese gefräßige Stille über den Tisch, die jeden Koch glücklich macht.

Nach ein paar Minuten steigt die Lautstärke wieder an – wenn es ums Essen geht, sind sie richtige Tiere, meine Lost Boys1, die verlorenen Jungs. Ich nenne sie so, weil es zutrifft. Man kann nicht allzu lange in der Gesellschaft meines Bruders sein, ohne vom rechten Pfad abzukommen, und diese Jungs sind alle ordentlich herumgeirrt. Übrigens ist keiner der Boys noch ein Junge – weder das Alter noch ihr Verhalten betreffend. Jeder von ihnen hat seine ganz eigene Kombination aus positiven und negativen Eigenschaften, alle haben sie Red Flags, werden per Haftbefehl gesucht oder stehen auf der No-Fly-List, und zusammen bilden sie den heiligen Kern der Truppe meines Bruders2.

»Hey, Daisyface3.« Mein Bruder reckt mir das Kinn entgegen. »Wie ist dein Immunpathologie-Examen gelaufen?«

»Immunpharmakologie«, korrigiere ich ihn, und er verdreht die Augen.

»Hast du bestanden oder nicht?«

»Klar hat sie bestanden«, sagt Kekoa stolz. Mein Vater lebt nicht mehr, aber als er es noch tat, war Aleki Kekoa4 sein bester Freund.

»Mit ’ner Eins?«, fragt Julian.

Ich werfe ihm einen beleidigten Blick zu. »Natürlich.«

Mein Bruder zwinkert mir zu, während er sich Wein nachschenkt. »Was steht als Nächstes auf dem Kursplan?«

Ich zucke mit den Schultern. »Ich glaube, ein Modul über Krankheit & Therapeutik.« Medizinstudentin im zweiten Jahr am Imperial College.

Julian macht eine wegwerfende Handbewegung. »Ist doch völlig unwichtig für dich, dieser Sch…«

»Nimm das zurück!«, ruft Declan Ellis5 plötzlich, springt vom Tisch auf und funkelt TK, der neben mir sitzt, böse an.

Verdutzt blicke ich zwischen den beiden hin und her. Keine Ahnung, was los ist, ich habe nicht auf sie geachtet.

»Nö.« Teeks6 grinst.

Declan greift hinter sich und zieht seine Star Model BM7. Er mag sie, ich nicht. Zu schwer in der Hand, zu stark verzögerter Rückstoß.

»Decks«, Julian verdreht die Augen, »steck die Waffe weg.«

Er ist leicht angetrunken, Decks – ich kann es ihm ansehen, weil sein eines Auge leicht schielt, wenn er betrunken oder verkatert ist.

Beim Anblick von TK weiß ich sofort, dass er Declans Aufforderung nicht nachkommen wird – was immer es ist, er findet es zu lustig, als dass er es zurücknehmen würde. Er hat dieses kriecherische, kackfressende Grinsen im Gesicht, das Declan zur Weißglut bringt, weil es respektlos ist und Declan genau genommen in der Nahrungskette über ihm steht. Er ist die rechte Hand meines Bruders.8

»Nimm das verfickt noch mal zurück.« Declan hebt den Arm und richtet die Waffe genau auf TKs Gesicht.

»Nein.« Teeks zuckt gleichgültig mit den Schultern.

»Was soll er zurücknehmen?«, frage ich stirnrunzelnd.

»Nichts.« Declans Blick huscht zu mir, aber TK und Booker fangen an zu lachen.

Beste Freunde, Vollidioten.

»Declan, sei nicht albern.« Ich verdrehe die Augen.

»Ich bin nicht albern, er ist albern.«

Ich wechsle einen leidgeprüften Blick mit Miguel del Olmo9, der mein Bodyguard ist, seit ich vierzehn war.

»Ich bin nicht albern.« TK zuckt mit den Schultern. »Es ist die Wahrheit.«

»Nein, ist es verfickt noch mal nicht.«

»Was ist nicht die Wahrheit?«, fragt Julian stirnrunzelnd.

Declans Augen werden schmal, während er dem Jüngsten der Crew wortlos zu verstehen gibt, den Mund zu halten.

TKs Grinsen wird noch breiter. »Dass Decks einen Dauerständer für Dais hat.«

Und dann …

Schuss.

Ich blinzle ein paarmal und blicke an mir hinab. Ein sehr altes, sehr wertvolles weißes T-Shirt, das noch vor fünf Sekunden in Topzustand war, ist jetzt mit einem Tropfen kalifornischen Bluts besudelt.

TK entfährt ein unterdrücktes Schmerzgeräusch – kaum hörbar –, diese Genugtuung würde er Decks niemals gönnen.

»Verfickt und zugenäht!« Ich schlage mit der Faust auf den Tisch. »Wie lautet meine einzige Regel?«, brülle ich die Anwesenden an.

Im Raum wird es sehr still. Niemand antwortet.

»WIE LAUTET MEINE EINZIGE REGEL?«

Von jedem kommen gemurmelte Variationen von »keine Waffen am Tisch«, auch von meinem Bruder und dem armen TK (der übrigens nicht mit dem Tod ringt).

»Dieses T-Shirt hat viertausend Pfund gekostet.«

Smokeshow10 sieht mich mit schmalen Augen an. »Da hast du dich womöglich über den Tisch ziehen lassen, Dais.«

»Ach ja?« Ich starre ihn finster an. »Mich über den Tisch ziehen lassen für dieses original Beatles ›Butcher Cover‹-Promo-Shirt von 1966?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Ich habe gesehen, wie du letzte Woche auf eBay fünfhundertsechzig Pfund hingeblättert hast für ein Hot Cheeto in der Form einer Pistole.«

Smokeshow sieht zu seinem besten Freund Happy11 hinüber, der wiederum ihn böse ansieht. Smoke zuckt mit den Schultern, als könne er nichts dafür. »Es sah aus wie meine Pistole.«12

Julian fängt meinen Blick auf und deutet mit dem Kinn zu TK. »Hilf ihm.«

Ich verdrehe die Augen und sage an Declan gewandt: »Hol meinen Erste-Hilfe-Koffer.«

Er nickt leicht verlegen.

Miguel hilft Teeks in die Küche und setzt ihn an den Frühstückstisch.

Das Haus ist groß. Mein Vater hat eine gesamte Sackgasse in Knightsbridge gekauft und sie zu einer Art Hauptquartier gemacht. Sie nennen es das Anwesen.

Miguel wirft Declan einen unbeeindruckten Blick zu, als er mit zusammenpressten Lippen meinen Verbandskasten bringt.

»Tut mir leid wegen deinem T-Shirt.« Declan sieht mich entschuldigend an und beugt sich zu mir, näher, als er vielleicht sollte. »Ich bring’s für dich in die Reinigung.«

Ich nicke kurz und schenke ihm den Hauch eines Lächelns einer verzeihenden Matriarchin, ohne dabei sein dummes Verhalten zu billigen.

Beim Anblick der Distanz, die Declan (nicht) zwischen uns bringt, zieht TK die Augenbrauen hoch, und im Hinausgehen zeigt Decks ihm den Mittelfinger.

Ich drehe mich zu TK. »Warum sagst du so was?«

»Weil es stimmt.«

Miguel legt den Kopf schief, in seinen Augen stillschweigende Zustimmung. Nicht gerade eine Quasselstrippe, mein Miguel. Er ist bekannt für seine ständige Anwesenheit und kurze, schwungvolle Bemerkungen. Über die Jahre hinweg haben er und ich die perfekte Balance gefunden: Er ist anwesend, ohne sich dabei aufzudrängen … Ihm ist durchaus klar, dass ich nie allein bin. Und mir ist durchaus klar, dass er es in direkter Konsequenz auch nie ist. Viel zu erzählen gibt es zwischen uns gewöhnlich ohnehin nicht, er sieht eh alles.

»Wie auch immer …« Mit Alkoholtupfern säubere ich TKs Wunde. »Meinst du wirklich, es ist klug, den Bären zu provozieren?«

»Er ist kein Bär.« TK verdreht die Augen. »Er ist ein Welpe mit Minderwertigkeitskomplex und einem kleinen Schwanz.«

Ich sehe ihn schief an. »So klein auch wieder nicht …«

TK lacht. »Okay, dann sei ehrlich, wer ist besser im Bett: er oder ich?«

Declan, hundert Prozent. Absolut und unleugbar sehr gut, wärmstens zu empfehlen. Ich war so sauer, als Julian uns einen Riegel vorgeschoben hat. Das war vor ein paar Jahren, direkt nachdem mein Ex und ich Schluss gemacht haben, was ’ne ziemlich große Sache und traumatisch war, außerdem war ich jung13. Julian fand heraus, dass ich Sex mit Declan hatte, der nicht so jung war14 und definitiv dachte, ich sei zwanzig15, was ich nicht war, und ich habe die Vermutung, dass Julian ihm gedroht hat, zur Polizei zu gehen, wenn er ihm nicht bei irgendeinem Job hilft, und keine Ahnung, was dabei passiert ist – jedenfalls gehört Declan seither zur Crew.

Und das mit Teeks … Passt auf: Es war eine kurze Sache, die mit Julians Versuch einherging, ihn und Booker aus dem Silicone Valley zu locken. Wir sprechen nicht darüber, aber ich glaube, dass ich den Deal versüßen sollte. Mein Bruder tut sein Bestes, um mich so weit wie irgend möglich aus seiner Arbeit rauszuhalten, aber auf seine Reise nach Kalifornien damals hat er mich mitgenommen, und den Großteil der Zeit verbrachten wir damit, TK und Booker zu umgarnen.

Sie sind mit Abstand die Jüngsten, die je für meinen Bruder gearbeitet haben. TK ist sechsundzwanzig, Booker siebenundzwanzig. Collegefreunde. Technik-Freaks, die ihr Studium an der Stanford University als Jahrgangsbeste abgeschlossen haben. Wir nennen sie die Silicone Baddies. Jules hat sie im Dark Web gefunden. Sie waren hinter den Wohnadressen von Leuten her, die Pornos von »fragwürdiger Rechtmäßigkeit« streamten, und sandten sie dann an das FBI. Wir fanden das gut. Jules ist ein Fan von Leuten mit Retterkomplex, er hat selbst einen. Ich? Ich mag jeden, der versucht, etwas, so gut es geht, geradezubiegen, wenn er sieht, dass es verquer läuft.

Die beiden sind lustig, und TK hat ein hübsches Gesicht; süß und jünger, als er in Wirklichkeit ist. Kann gut küssen, tolle Augen, so lala im Bett. Aber ich bringe es nicht fertig, ihm das zu sagen. Kann ich nicht.

Ich spritze ihm etwas Lidocain in den Arm.

»Weiß nicht.« Ich zucke geziert mit den Schultern. »Vielleicht musst du meine Erinnerung auffrischen.« Ein fadenscheiniges Angebot, aber er sieht trotzdem erfreut aus, gerecktes Kinn und alles.

»Vielleicht mach ich das.« Eine nicht weniger fadenscheinige Antwort.

Er wird es nicht tun, das wissen wir beide – nicht mehr jedenfalls, weil …

Hinter mir räuspert sich jemand.

Ich werfe einen Blick über die Schulter.

Christian Hemmes lehnt im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, die Augen schmal.

»Soll ich dann lieber wieder gehen?«, fragt er mit hochgezogenen Brauen.

Ich drehe schnell mein Gesicht weg, meine Wangen glühen (ich weiß nicht, warum)16. Ich blinzle ein paarmal, richte den Fokus wieder auf die Aufgabe vor mir und ignoriere Miguels übertriebenes Augenverdrehen, das mir als Betrug an unserer erzwungenen Freundschaft erscheint.

TK sieht mich an und schmunzelt wissend, aber sie wissen gar nichts … Sie wissen nicht mal die Hälfte.

Christian Hemmes kommt mit wenigen Schritten herüber, stellt sich hinter mich und kneift mir subtil in den Arsch, während er prüfend die Schusswunde ansieht.

»Was ist denn da passiert?«

Ich stoße genervt Luft aus. »Declan.«

»Hat dich angeschossen?« Christian blinzelt überrascht.

TK nickt.

»Warum?«

Ich blicke von einem zum anderen. »Teeks hat ihn provoziert.«

Miguel kneift die Augen zusammen und wägt die Stichhaltigkeit meiner Aussage ab.

»Ich dachte, am Tisch sind keine Waffen erlaubt?« Christian verschränkt die Arme vor der Brust.

»Reichst du mir mal die Zwanzig-Zentimeter-Pinzette?«, bitte ich ihn. »Und nein, sind sie nicht.«

Christian reicht mir eine Mayo-Schere17, und Miguel verdreht die Augen.

Ich räuspere mich, greife nach dem richtigen Instrument und beginne, in TKs Arm herumzufischen, während Miguel mir leuchtet.

»Dauert das noch länger?«, fragt Christian.

»Oh … entschuldige«, erwidere ich verärgert. »Halten wir dich von irgendwas ab?«

»Ehrlich gesagt, ja.«

Er beugt sich über mich, schaut mit mir gemeinsam noch mal in die Wunde und drückt dabei seinen Körper an meinen. »Ich hatte was mit dir vor.«

Mein Magen schlägt einen Purzelbaum.

»Oh.« Ich schlucke und entdecke eine glänzende Kugel im Arm meines Freunds, die im kleineren Tuberkel seines rechten Humerus steckt. »Ich hatte auch was mit dir vor, aber dann hast du die Pinzette mit einer schweren Schere verwechselt, und meine Libido ist flöten gegangen.«

Miguel verzieht das Gesicht, er mag unser Arrangement nicht18 – mit so vielen Worten hat er das nicht gesagt, aber Miguel hat das Pokerface eines Babys.

»Was gibt’s da zu grinsen?« Christian schlägt TK gegen den Kopf.

Teeks muss lachen, aber ich bringe ihn mit einem Blick zum Schweigen. »Schlechte Nachrichten.« Ich streife die Latexhandschuhe ab, und er stöhnt. »Die Kugel steckt ziemlich tief.«

»Fuck.« Er lässt den Kopf hängen.

»Bring ihn zu Merrick«, sage ich mit einem Kopfnicken zu Miguel, verbinde TKs Arm mit Gaze und befestige den Verband oberhalb der Wunde. »Sag ihm, dass der Knochen durch die Kugel wahrscheinlich gebrochen wurde oder zumindest gesplittert ist.« Ich lächle TK entschuldigend an. »Bereust du schon, dein Leben an meinen Bruder verkauft zu haben?«

»Nein.« TK ringt sich ein Lächeln ab. »Ich hab die Zeit meines Lebens.«

Ich verdrehe die Augen.

»Apropos Zeit seines Lebens …« Christian zieht an meiner Hand. »Sind wir hier fertig?«

»Sind wir.« Ich prüfe erneut die versorgte Wunde und drücke zur Sicherheit noch einmal den Verband fest. »Nicht den Bären provozieren.«

TK grinst mich an. »Kann ich nicht versprechen.«

»Gut, dich zu sehen, Mann …« Christian haut ihm (halb) gutmütig auf den verletzten Arm, woraufhin TK zusammenzuckt.

Ich verdrehe die Augen, und Miguel versucht, ein Schmunzeln zu verbergen, bevor er mir zunickt und mich mit Christian allein lässt.

Allein mit Christian. Ehrlich gesagt, ist das immer noch ein kleines Wunder für mich – mit jemandem allein zu sein. Das darf ich schon seit Jahren nicht mehr.

»Du bist ein Arsch«, sage ich, während wir die Treppe hochgehen.

Er verdreht die Augen. »Ihm geht’s gut.«

Aber ich fühle mich ein bisschen, als würde ich schweben, weil ich glaube, dass Christian sein Revier abstecken wollte. »Wir sind nicht eifersüchtig, schon vergessen?«

»Ich war nicht eifersüchtig.« Christian runzelt die Stirn. »Was schert es mich, wenn du vor Monaten ein Mal mit ihm in die Kiste gestiegen bist?«

Ich drehe mich zu ihm um und muss mir eingestehen, dass ich hin- und hergerissen bin: Einerseits will ich nicht die Kontrolle verlieren, andererseits gefällt mir die Gleichgültigkeit in seiner Stimme, obwohl mich ein anderer Mann angefasst hat, gar nicht.

»Mehr als ein Mal.« Ich laufe weiter die Treppe hoch.

Er bleibt kurz stehen, und seine Augen werden schmal, bevor er mir weiter nach oben folgt. »Trotzdem, ziemlich heiß, Baby Haites.«

Baby Haites. So nennen sie mich.

»Was genau?« Ich bin oben angekommen und stemme die Hände in die Hüften.

»Du.« Er sieht mich an. »Als Ärztin.«

Ich werfe ihm einen abschätzigen Blick zu. »Ich bin keine Ärztin.«

»Aber auf dem Weg dahin.« Man könnte fast meinen, er mag es nicht, wenn ich mich selbst abwerte, aber so etwas sollte ich gar nicht erst denken. »Bald bist du eine zugelassene Ärztin mit Führerschein.«

Ich verdrehe die Augen und laufe weiter, versuche, mein blödes Herz einzufangen, das mit einem Typen in den Sonnenuntergang davonreitet, der keine echten Gefühle für mich hat.

Eigentlich sind die Fronten zwischen uns geklärt, zwischen Christian und mir.

Nur Sex. Freunde, die miteinander schlafen. »Sich gegenseitig durchnudeln«, wie mein Bruder so feinfühlig sagt …

Ich wünschte, es wäre so. Genau das hatte ich mir von jener ersten Nacht erhofft. Es wäre nicht das erste Mal für mich, ich kann so was – mit TK war es so und mit Declan auch. Mit Romeo nicht, aber an das mit ihm kommt sowieso nichts heran, es wäre also unfair, irgendjemanden mit ihm zu vergleichen. Wie dem auch sei: Ich weiß, wie man zwanglosen Sex hat. Christian weiß, wie man zwanglosen Sex hat. Er und seine besten Freunde sind Champions in zwanglosem Sex, aber irgendwas an unserer ersten Nacht war so markerschütternd un-zwanglos …

»Raus mit der Sprache«, sagte Christian, als er sich eines späten Samstagnachts in seinem Club zu mir beugte. »Was ist dein geheimer Tagtraum, dein Lebensziel …? Irgendwas.«

Wir kannten uns schon seit Jahren über unsere Brüder. Jonah Hemmes ist einer von Julians besten Freunden, aber in jener Nacht vor ungefähr vier Monaten wirkte ich auf Christian offenbar nicht mehr wie die kleine Schwester des besten Freunds seines Bruders. Das trägerlose Schlauchtop von Orseund Iris hat diesen Effekt.

Für mich war das ein super Timing, weil Romeo sich gerade aus dem Staub gemacht hat und ich traurig war. Ich wusste nie so recht etwas mit mir anzufangen, wenn er nicht da war.

Ich spitzte die Lippen und gab vor nachzudenken, als hätte ich nicht längst – wie eigentlich immer – eine Antwort parat, und ich merkte, dass ich rot wurde, weil unsere Gesichter sich so nah waren. »Du findest es bestimmt bescheuert.«

»Find’s heraus.« Er legte den Kopf schief. Er sah besser aus, als ich es in Erinnerung hatte, als hätte ich ihn bis zu diesem Augenblick nie richtig angesehen. Sein goldblondes Haar, zur Seite geworfen und perfekt zurückgeschoben. Große haselnussbraune Augen. Volle Unterlippe. Die Verheißung von großem Ärger.

Ich sah ihn aus dem Augenwinkel an, fühlte mich ein wenig entblößt. »Ich wäre wirklich gern normal.« Er lächelte verdutzt und nickte.

»Ich hätte gern keinen Bodyguard, ich wäre gern hin und wieder allein, ich würde gern die Straßen entlanglaufen können, ohne mir Sorgen machen zu müssen, dass mich das Auto neben mir kidnappt, ich würde gern eine Entführungs- und Lösegeldversicherung abschließen können, statt als nicht versicherbar zu gelten …«

»Oha.« Er runzelte die Stirn.

»Ich würde gern mit dem Auto irgendwohin fahren – selbst. Nicht gefahren werden, sondern selbst fahren.«

»Das klingt doch, als läge es im Bereich des Möglichen?«

Ich presste die Lippen aufeinander und sah ihn verlegen an. Er machte ein verwirrtes Gesicht. »Du … hast nie gelernt, Auto zu fahren?« Er legte den Kopf schief.

Ich hob das Kinn, versuchte, den Eindruck zu erwecken, dass es mir egal sei. »Nein.«

»Oh.« Er nickte. Seine Mundwinkel zuckten nach oben, und jetzt versuche ich ihn jedes Mal, wenn ich ihn sehe, dazu zu bringen, mich wieder so anzulächeln.

»Ich bring’s dir bei«, sagte er.

Und dieses Versprechen sollte er halten, aber dazu später mehr.

Gegenwärtiger Abend, ein paar Stunden später19, es ist ein Uhr morgens, und Christians Handy klingelt das zweite Mal in weniger als zehn Minuten. Ich greife über seinen nackten Körper – nackt, abgesehen von einer Kette mit Herzanhänger, die er nie abnimmt – nach dem vibrierenden Telefon auf dem Nachttisch.

»Kelsey in Klammern Blondine ruft an«, teile ich ihm mit, und sein Blick zuckt herüber. Er rollt sich schnell auf die Seite, schnappt mir sein Handy aus der Hand und drückt den Anruf weg.

Er wirft mir einen halbwegs entschuldigenden Blick zu. Sechzig Prozent entschuldigend, vierzig Prozent belustigt.

Sein Engelshaar steht jetzt in alle Richtungen ab, so wie ich hineingegriffen habe, und seine Lippen sind vom vielen Küssen rosiger als sonst. Er legt seinen olivbraunen Arm hinter den Kopf.

Ich strecke die Hand nach seinem Handy aus. »Kann ich deine Nachrichten lesen?«

Seine Augen werden schmal, obwohl er nicht verärgert ist. »Warum?«20

»Ich würde nur gern wissen, was Kelsey in Klammern Blondine und ihre nuttigen Freundinnen von dir wollen.«

»Es ist ein Uhr morgens.« Er schnaubt belustigt. »Ich denke, wir wissen beide, was sie wollen.«

»Ein Empfehlungsschreiben?«, frage ich.

Er wirft mir einen vernichtenden Blick zu.

»Ihre Würde zurück?«

Er lächelt und verdreht wieder mal die Augen.

»Nur Spaß …«, stichle ich. »Dieser Zug ist für sie doch eh längst abgefahren.«

Er lacht schnaubend und gibt mir sein Handy.

»Passwort?«, frage ich.

»6969.«

Meine Augen werden schmal. »Wie stilvoll.«

696921 – ehrlich gesagt, finde ich das ziemlich witzig, aber mir ist danach, ein bisschen gemein zu ihm zu sein, weil er in meiner Gegenwart Booty Calls bekommt.

Ich öffne die Nachrichten-App. »Zweiundzwanzig ungelesene Nachrichten. Mindestens fünfzehn davon von Frauen …« Meine Stimme wird leiser, während ich durch die Liste scrolle. »Kelsey in Klammern Blondine. Melanie Watson. Melissa Nigh. Natalie Lamburg. Natalie Titties …« Ich blicke ihm ins Gesicht. »Ist das ihr echter Name?«

Er unterdrückt ein Schmunzeln.

»Wie groß sind bitte ihre Titties, dass du sie so in dein Handy einspeicherst?«

»Doppel-D, mindestens.«

»Okay, dann«, räume ich ein und scrolle weiter. »Aimee Aitkins. Olivia XO …« Ich ziehe die Brauen hoch.

»Damit ist der Club gemeint, nicht das Kürzel.«

»Viel besser.« Ich werfe ihm ein verurteilendes Lächeln zu und drücke das Handy an die Brust. »Du bekommst ’ne Menge Nachrichten so spät in der Nacht.«

Er kämpft erneut gegen ein Schmunzeln an und greift nach seinem Weinglas.

»Wow.« Ich bekomme große Augen. »Kelsey in Klammern Blondine hat ’ne ganz schön derbe Ausdrucksweise.«

Er muss lachen. »Ja, hat sie.«

Ich nehme ihm das Weinglas aus der Hand und trinke einen großen Schluck. »Turnt dich wohl an, wenn eine Frau so mit dir spricht, hm?«

Er bemüht sich um einen zerknirschten Gesichtsausdruck, schmunzelt aber. Mit dem Daumen wischt er mir einen Tropfen Rotwein von der Unterlippe, der sich dorthin verirrt hat. Alles, was er tut, ist sexy. »Kann nicht behaupten, dass wir je viel geredet hätten.«

Ich wanke nicht bei diesen Worten – ich rufe mir in Erinnerung, dass es mir egal ist. Unsere zwei Regeln lauten: kein Streit und keine Eifersucht. Also sage ich mir zum zwölften Mal in dieser Woche, dass es mir egal ist, und ignoriere den Blick des Gefühlemonsters, das die ganze Zeit um sich schlägt und mir weiszumachen versucht, dass ich Gefühle für jemanden habe, für den ich unmöglich Gefühle haben kann, die ich auch nicht habe, und selbst wenn es möglich wäre, ginge es ja doch nicht.

Also atme ich tief ein, wappne mich und blicke in das Gesicht, das mir zu sehr ans Herz zu wachsen droht. »Henry will wissen, ob du heute Nacht nach Hause kommst«, sage ich mit fragendem Gesicht.

Christian sieht mich lange an, wartet, dass ich ihm die Antwort vorgebe. »Ich weiß nicht, Baby Haites. Gehe ich heute Nacht noch nach Hause?«

Ich setze mich auf, ziehe die Decken um meinen größtenteils nackten Körper und zucke gleichgültig mit den Schultern, obwohl ich alles andere als gleichgültig bin. »Ich weiß nicht, Christian Hemmes. Gehst du?«

Er blinzelt mich schelmisch an. »Sag du es mir, Baby.«

Mein Herz setzt einen Schlag aus, als er mich so nennt, aber er meint es nicht so, wie ich es mir wünsche. »Na ja, Fräulein derbe Ausdrucksweise hofft, dass du ihr einen Besuch abstattest …«

Seine Augen nehmen diesen einen Ausdruck an. Zu gleichen Teilen bestimmt und beunruhigend. »Ich hab aber keine Lust, ihr einen Besuch abzustatten.« Er lächelt, sein Blick wandert an meinem Körper entlang, und er schüttelt den Kopf. »Ich bin hier ganz zufrieden …« Seine Worte werden undeutlich. »Bist du zufrieden?«

»Fürs Erste«, lüge ich, und er lacht.

Für immer, fürchte ich.

Kapitel 2

Julian

Ich war nicht gerade begeistert, als Daisy was mit einem Hemmes anfing, und ich mag die Hemmes’ – Jonah ist einer meiner ältesten Freunde, seine Mutter ist eine Heilige, wenn ihr mich fragt –, aber Christian Hemmes wirkt mir wie ein Fuckboy. Und da ich selbst einer bin, kann ich mit Sicherheit sagen, dass man sich so was nicht für seine Schwester wünscht.

Allerdings habe ich während meiner Zeit als ihr Ersatzvater gelernt, dass ein striktes »Nein« bei ihr nur dazu führt, dass sie genau das tut, was sie nicht soll. Ist mit Rome ziemlich nach hinten losgegangen, und weder sie noch ich haben den Mistkerl seither ganz abgeschüttelt.

»Hey.« Christian nickt mir zu, als er oberkörperfrei und verschwitzt in meine Küche kommt – nicht gerade das, was man von dem Typen sehen will, der deine Schwester vögelt. Er hat sich ein Handtuch über die Schulter geworfen – als kleine Gnade vielleicht –, tritt an meinen Kühlschrank und nimmt einen der Säfte von meiner Schwester heraus, als gehöre das verdammte Haus ihm.

Ich sehe ihn an. Zeige auf das Handtuch. »Sag mir, dass du so aussiehst, weil du gerade trainierst.«

Er lacht kurz auf und wirft mir einen belustigten Blick zu. »Ich lass mir von deiner Schwester den Arsch versohlen.«

»Freut mich zu hören«, schnaube ich. »Machst du’s ihr leicht?«

»Nee, Bro.« Er schüttelt den Kopf und zieht eine Grimasse. »Zuerst schon, aber … sie hat’s echt drauf.«

Ja. Hab sie bei den Besten trainieren lassen.

»Krav Maga?«, frage ich und schlage die Zeitung zu.

»Bisschen Sambo. Sie hat mir gegen den Kopf getreten.«

Er reibt sich die Stelle gedankenverloren, und ich versuche, nicht allzu zufrieden dreinzuschauen. Komischer Vibe hier. Eigentlich mag ich ihn nämlich echt gern, schon immer. Guter Kerl. Mag ihn jetzt weniger, weil er mit Dais schläft, aber sie ist ein großes Mädchen, und sie macht eh, was sie will. War schon immer so.

Typen wie er sind Treibsand für jemanden wie meine Schwester. Nicht viele haben die Eier oder das Rückgrat, sich mir zu widersetzen, aber dieser Idiot hier hat beides – leider.

Wäre er nicht der Bruder eines meiner besten Freunde, hätte ich ihn noch am selben Tag vermöbelt, als ich das mit ihm und Daisy herausfand.

Booker hat es mir gleich am nächsten Morgen gesteckt – als wäre es seine Pflicht gewesen, es mir zu sagen, aber in Wahrheit hat er es nur getan, weil er Dais seit Monaten rumkriegen wollte und Christian ihm dazwischengefunkt hat. Dass die beiden miteinander schlafen, hat mich wütender gemacht, als es hätte sollen – nicht seine Schuld. Christian weiß schließlich nicht, was passiert ist. Aber sie wieder mit einem zweiten Thronfolger … Ich weiß auch nicht. Ich will einfach, dass sie in Sicherheit ist, weil ich das beim letzten Mal nicht garantieren konnte.

Nachdem Booker es mir erzählt hat, bin ich in ihr Zimmer gestürzt, hab Christian aus ihrem Bett gezerrt und ihn gegen die Wand gepresst. Hab ihm meinen Unterarm in die Kehle gedrückt und ihn festgenagelt. Bereit, für die Ehre meiner Schwester den Bruder meines besten Freunds zu töten. Zumindest dachte ich damals, dass es um Ehre ging. Aber mein Psychologe hat klargemacht, dass es eher mit Sicherheit zu tun hatte.

»Was zum Teufel machst du da?«, habe ich ihn angeknurrt.

Er sah mich böse an.

»Was zum Teufel glaubst du wohl?«

Hat mich überrascht, diese Antwort. Hätte ich ihm nicht zugetraut. Also hab ich mich stattdessen an sie gewandt. »Was machst du mit ihm?«

Die Frage war geladen. Mit ihm. Wir können nicht noch mal den gleichen Scheiß durchmachen.

Das habe ich versucht, ihr mit meinem Blick zu sagen, aber sie hat nur ihre Görenaugenbrauen hochgezogen. »Sex.«

Christian feixte.

»Mit ihm?« Ich starrte sie an.

»Ja.« Sie blinzelte gelangweilt.

»Ihm?«, wiederholte ich lauter.

»Ihm.« Sie nickte.

»Warum?«, fragte ich noch lauter.

Christian machte ein Gesicht, dass ich ihm am liebsten die Fresse poliert hätte.

»Vielleicht weil sie neunzehn ist und es will?«, fragte er.

Daisy fand das zum Schießen. Konnte es ihr ansehen. Mein Kiefer spannte sich an. Ich funkelte ihn an und verließ dann das Zimmer.

»Darüber reden wir noch, du und ich«, sagte ich im Gehen.

»Kann’s kaum erwarten«, rief Christian mir hinterher.

»Nicht mit dir, du Arschgesicht. Mit ihr.«

Aber viel geredet haben Daisy und ich nicht. Ich hab ihr gesagt, dass es gefährlich ist, und sie hat mir widersprochen. Meinte, dass er Bodyguards hätte und sie auch, dass sie jetzt kämpfen könne, kam mit einem kleinen Ted Talk daher, warum ich im Unrecht sei und dass man es nicht vergleichen könne. Sie und Christian hätten keine Beziehung, zwischen ihnen gäbe es keine Gefühle. Kein Grund für irgendwen, sie zu töten, abgesehen von den üblichen Gründen, etc. pp. Ich gab ihr zu verstehen, dass ich kein gutes Gefühl bei der Sache hätte, und sie schickte mich zum Teufel. Gut fürs Selbstwertgefühl, meine Schwester. Sorgt dafür, dass man am Boden bleibt.

Das war vor ein paar Monaten, und die beiden vergnügen sich immer noch miteinander. Daisy kommt in ihren Fitnessklamotten in die Küche. Everlast-Boxbandagen um ihre Handgelenke, die sie an der Spüle abwickelt. Sie blickt zwischen Christian und mir hin und her.

»Was ist?«, fragt sie.

Ich zucke mit den Schultern. »Ich bin nur froh, dass wenigstens einer von uns ihn vermöbelt.«

Er gluckst, und ich boxe ihm spielerisch in die Magengegend. Lege die Hände um den Kopf meiner Schwester und drücke ihr einen Kuss auf die Kopfkrone.

»Okay, ich bin weg«, sage ich.

»Wohin gehst du?«, ruft sie mir hinterher.

Ich deutete mit dem Kinn zu Christian. »Brunch mit den Jungs.« Jonah Hemmes und Carmelo Bambrilla. Ich richte den Finger auf meine Schwester. »Du hast heute Nachmittag Uni, richtig?«

Sie nickt.

Wie viele Männer in meiner Position kennen wohl den Stundenplan ihrer kleinen Schwester auswendig?

Wahrscheinlich nicht genug. Könnte aber der Grund sein, weshalb meine immer noch am Leben ist.

Kekoa kommt in die Küche, und ich begrüße ihn mit Faustschlag.

»Nimm dir den Vormittag frei«, sage ich zu ihm. »Ich fahre selbst.«

Er schüttelt den Kopf und macht ein für meinen Geschmack etwas zu ernstes Gesicht.

»Was ist los?« Ich runzle die Stirn.

Er zuckt mit den Schultern, als wäre nichts, aber er verbirgt irgendwas. »Nur Gerede.«

Daisy am Spülbecken hält inne, und ihr Blick huscht zwischen Kekoa und mir hin und her. Sie sieht genervt und leicht verängstigt aus. Letzteres hasse ich, aber genervt ist sie immer, von daher …

»Von wem?«, frage ich Kekoa.

»Ich hab einfach die Ohren offen gehalten, Jules – und was ich gehört habe, hat mir nicht gefallen.«

Er weicht mir aus. Will nicht, dass ich mich aufrege. Ich warte, bis Daisy wegsieht, und deute dann zwischen mir und meiner Schwester hin und her, frage wortlos: sie oder ich?

Wieder zuckt er nur die Schultern, aber ich weiß, dass er die Antwort kennt.

Aber egal, wenn es jemand auf mich abgesehen hat, würde er sich eh sie schnappen. Wieder mal. Fuck.

»Okay.« Ich nicke. »Dais, du nimmst Happy.«

»Ich hab schon Miguel«, nörgelt sie, weil nie etwas einfach ist mit ihr.

»Und jetzt hast du auch noch Happy.« Ich sehe sie eindringlich an, und sie starrt ein paar Sekunden lang zurück, überlegt, ob sie etwas erwidern und einen Streit vom Zaun brechen soll, aber ich meine zu sehen, wie ihr die Nacht, über die sie nicht sprechen will, im Kopf herumgeistert, und schließlich seufzt sie: »Okay.«

Ich drehe mich zu Christian. »Kommst du auch zum Brunch?«

Er schüttelt den Kopf. »Nee, ich treibe oben noch ein bisschen Bettsport mit deiner Schwester.«

Sagt das, ohne mit der Wimper zu zucken, dieser dreiste Wichser. Ich beiße die Kiefer zusammen und schüttle den Kopf. »Ich weiß, wo du wohnst, Bro …«

Er grinst. »Mir schlottern die Knie.«

»Face«, sage ich zu ihr, »tritt ihm noch mal gegen den Kopf!«

Sie reckt die Daumen in die Höhe.

Vierzig Minuten später kommen wir im Greenhouse an. Kekoa bleibt bei der Tür stehen, um mir etwas Privatsphäre zu geben – was ich zu schätzen weiß. Sehe die Jungs im hinteren Teil des Restaurants und gehe zu ihrem Tisch. Bei meinem Anblick steht BJ Ballentine auf und macht Anstalten zu gehen. Streckt mir die Hand hin, und ich schüttle sie mit beiden Händen.

»Jules.« Er grinst. »Gut, dich zu sehen.«

Ich deute mit dem Kopf zur Tür. »Du machst schon den Abflug?«

»Hab Jo nur auf dem Weg hier abgesetzt und noch was zu erledigen.« Er nickt seinem besten Freund zu.

»Er hat ein Fickdate mit ’nem Miu-Miu-Model«, verrät Jonah Hemmes.

Carmelo Bambrilla lacht, aber Ballentine verdreht die Augen.

»Hab ich nicht.« Er schüttelt den Kopf, während ich mich neben Jonah setze. »Ich gebe ihr nur ein paar Karrieretipps.«

Wir brechen alle in Gelächter aus, und er zeigt uns den Mittelfinger und geht.

Ich blicke ihm ein paar Sekunden nach, warte, bis er außer Hörweite ist. »Vögelt der sich schon wieder durch die Weltgeschichte?«

Jo schüttelt den Kopf. Loyal wie immer.

Carmelo macht ein verwirrtes Gesicht. »Hat er nicht was mit dieser heißen Schnitte am Laufen, von der die Daily Mail nicht genug bekommt?«

Jonah zuckt mit den Schultern. »Sie sind nicht zusammen.«

»Erzähl keinen Scheiß«, sage ich zu meinem ältesten Freund.

»Sind sie nicht.« Jo schüttelt den Kopf. »Sie hat vor zwei Tagen erst mit ihrem Freund-der-Woche Schluss gemacht.«

»Was du nicht sagst«, sagt Carmelo. »Hey, meinst du, ich soll mal mein Glück bei ihr versuchen?«

Jonah verdreht die Augen, und Carms ist froh, eine Reaktion aus ihm herausgekitzelt zu haben, also stichelt er weiter: »Bei mir würde sie es gut haben …«

Jonah verschränkt die Arme vor der Brust. »Kein Zweifel, Bro, aber von mir ist es trotzdem ein klares Nein.«

Carmelo zieht die Augenbrauen hoch. »Was bist du, ihr Keuschheitsgürtel?«

Das trifft es womöglich ganz gut. Lustige Konstellation, in der er da steckt, diese kleine Gruppe aus Londoner Prominenz – die Zeitungen nennen sie das Full Box Set. Alles alte Varley-Schüler, die sich gegenseitig in der Tasche haben, weil sie sich in ihrer Jugend voneinander abhängig gemacht haben. Mit ihrer Internatszeit zusammenhängende Bindungsstörungen … Wissen einfach nicht, wie sie ohneeinander klarkommen.

Davon abgesehen ist Magnolia Parks einfach eine dieser Frauen – wickelt jeden um den Finger, und an ihrem Finger lebt es sich ganz gut. Zumindest gilt das für mich. All die Jungs liegen ihr zu Füßen, und Jo fährt schnell aus der Haut, wenn es um sie geht. Ein leichtes Ziel, aber das hält mich nicht ab.

»Ich werd mich an sie ranmachen«, sage ich und setze mich aufrechter hin.

Und schwupp, bricht Jonah in Gelächter aus. So richtig aus dem Bauch heraus, dieser Dreckskerl.

Ich blicke ihn böse an.

»Sorry, Bro.« Jo lacht noch immer, aufrichtig amüsiert. »Aber sie würde dich niemals ranlassen.«

Ich schnaube belustigt. Wäge ab, ob ich ihm etwas erzählen soll, das ihn verdammt noch mal umhauen würde. Beschließe aber, die Bombe an einem anderen Tag platzen zu lassen, wenn überhaupt …

Ist eh schon ein paar Jahre her, Verjährung und so. Und überhaupt sagt es wahrscheinlich mehr über mich aus als über sie. Dass nämlich die Weichen gestellt waren für eine spektakuläre Nacht zwischen uns, als sie wegen ihrem Ex in Tränen ausgebrochen ist. Also haben wir im Bett Pancakes gegessen und uns Nick at Nite angeschaut. Das darf aber niemand wissen, ist nämlich schlecht fürs Geschäft. Besser, diese Karte nicht auszuspielen, als dass herauskommt, dass ich so was wie ein Herz habe.

Also nicke ich. »Mhm, wahrscheinlich hast du recht. Frauen wie sie können ältere mächtige Männer nicht ausstehen.«

»Du bist neunundzwanzig.« Carmelo sieht mich schief an. »Kein Grund, deinen Nachruf aufzusetzen.«

Carmelo Bambrilla. Santinos Sohn. Sie sind die großen Fische draußen in Liverpool. Hat ’ne Schwäche für Romantik … liegt wahrscheinlich an seinen italienischen Wurzeln. Er ist einer meiner ältesten Freunde. Vielleicht sogar der beste. Freundschaft ist ein seltsames Wort für die Beziehung zwischen uns allen, trifft es aber noch am besten. Wir leben ein seltsames Leben. Keiner von uns hat es sich ausgesucht … Wurden alle hineingeboren. Wie Königskinder. Weniger Vorteile wahrscheinlich. Dafür mehr Spaß.

Hab als Kind mal ganz kurz seine Schwester gedatet. Gia. Großer Fehler – riesiger Fehler –, aber Carmelos kleiner Bruder und Daisy waren in der Kindheit Sweethearts – viel Geschichte zwischen den beiden. Zu viel, ehrlich gesagt. Mehr, als mir lieb ist, und auf jeden Fall mehr, als gut ist.

Ich schenke der Kellnerin ein Lächeln, als sie mir einen neuen Drink bringt. Sehr hübsch. Später nehme ich sie mit nach Hause.

Carmelo schlägt mir auf den Rücken. »Irgendwas Interessantes am Horizont?«

Ich schüttle den Kopf. »Hab ein Treffen nächste Woche. Weiß nicht, worum es geht. Möglicher Auftrag.«

»Kunst oder Waffen?« Carms kratzt sich am Kinn.

»Kunst vermutlich«, sage ich mit einem Schulterzucken.

»Hey.« Jo nickt in Richtung Kekoa. »Was macht dein Schatten hier? Ist alles in Ordnung?«

Ich winke ab. »Alles bestens.«

Daisy

22:39 Uhr

Babbyyy

Wo bist du?

Auf dem Weg

Beeil dich.

Was willst du trinken

Das Übliche

Greyhound?

Ja bitte x

Beeindruckt, dass ich das noch weiß?

Vor ein paar Tagen habe ich ein komplettes Pathologiebuch auswendig gelernt.

Ja, aber du bist auch ein Genie

Ja.

Und du nicht.

Ha

Bin da. Wo bist du?

Im Arbeitszimmer

Ohne mich?

Warte auf dich.

Komme.

Kannst du Gift drauf nehmen.

!

Kapitel 3

Daisy

Ich mag Wäschewaschen. Seltsam, ich weiß. Ich könnte natürlich alles in die Reinigung schicken, aber ich mag Waschen einfach. Es fühlt sich wie etwas an, das normale Leute tun. Lehrer waschen Wäsche. Sozialarbeiter waschen Wäsche. Sekretäre waschen Wäsche. Mechaniker waschen Wäsche.

Vor ein paar Jahren habe ich Julian gebeten, mir meinen Traumwäscheraum einzurichten. Ich habe zwei Samsung 6.0 cu ft. Waschmaschinen22 und zwei Samsung 7.5 cu ft. Trockner, beide in der Ausführung mit fingerabdruckresistentem schwarzen Edelstahl. In der Mitte stehen ein Bügeleisen und ein Klapptisch im Landhausstil, auf den irgendjemand jeden Tag weiße Tulpen stellt, aber ich weiß nicht, wer.

Der Raum ist mein sicherer Rückzugsort.

Heutzutage sind die Waschmaschinen leider schrecklich leise.

Als Kind hat mich Julian immer in den Wäscheraum gebracht, wenn im Haus irgendwas vor sich ging, das ich nicht mitbekommen sollte. Dann stellte er immer unsere alte Waschmaschine an, auch wenn sie leer war. Manchmal warf er Münzen in die Trommel, damit die Maschine noch mehr Lärm machte.

Damals fand ich das cool und sah es einfach als komisches Ritual zwischen meinem Bruder und mir, aber inzwischen habe ich den Verdacht, dass jedes Mal jemand in unserem Haus getötet wurde und sie mich so davon abschirmen wollten. Wenn man erst mal gehört hat, wie jemand stirbt, ist es ziemlich schwer, es wieder zu vergessen. In meinem Kopf höre ich immer noch fast jeden Tag, wie meine Eltern gestorben sind, ohne echten Grund, einfach weil das Gehirn die Stille nun mal mit solchem Scheiß füllt. Hauptsächlich höre ich das Geräusch, wie mein Vater in den Sand fiel. Der Sand hat es größtenteils verschluckt, aber es gab einen dumpfen Aufschlag, den mein Hirn in Dauerschleife abspielt.

Wie auch immer, ich habe einen Klappstuhl aus Leder und einen Stapel Kochmagazine neben dem großen Erkerfenster, das vom Wäscheraum auf Teile der Außenanlage hinausblickt, um die sich Happy kümmert23, obwohl das nicht in seinem Söldnervertrag steht.

Eine Tasse Tee, das kaum hörbare24 Summen meiner Waschmaschine, und ich kann Stunden hier verbringen.

Wahrscheinlich liegt es am Vorwaschspray, das einem sofortige Befriedigung verschafft.

Oder vielleicht daran, dass in diesem Raum alles sauber wird.

Heute Abend ist Weißwäsche dran.

Ich fische die Sachen aus dem Wäschekorb und behandle sie vor.

Mein derzeitiger Lieblingsfleckentferner ist Vanish Gold für Weißes. Ich mag auch die feste Seife von Vanish, weil sie so gut in der Hand liegt. Und Bleichmittel. Ich liebe Bleichmittel. Alles daran. Wie es riecht. Wie es die Wäsche aufhellt. Wie es jede Spur von Sünde entfernt.

Wisst ihr, was die Ursünde ist?

Das ist die theologische Theorie, dass wir alle von Natur aus sündig geboren werden, und mein Bruder liebt diese Idee.25 Sagt, das sei einer seiner zwei Freifahrtscheine raus aus dem Gefängnis.26

Dass wir alle sündig geboren sind und er sich deshalb nur naturgegeben verhält.

Aber ich sehe das anders. Ich mag die Theorie nicht, dass wir als schlechte Menschen zur Welt kommen, denn wenn wir alle von Natur aus Sünder sind, weiß ich nicht, ob wir uns je wirklich reinwaschen können.

Glaubt ihr, dass Kinder die Sünden ihrer Väter in sich tragen? Habt ihr davon mal gehört? Generationssünden, Ahnensünden – glaubt ihr an so was? Mein Bruder schon. Dass unser Vater tat, was er tat – das ist Julians zweiter Freifahrtschein. Wenn er sowieso Dads Sünden in sich trägt, was machen da ein paar mehr schon aus?

Er spricht immer vom Familienunternehmen, aber ich nenne es die Familiensünde. Er mag es nicht, wenn ich das sage, aber ich glaube, insgeheim gibt er mir recht. Er weiß nur nicht, was er deswegen tun soll. Keiner von uns beiden weiß das. Wir sind, wer wir sind, und anders kennen wir es nicht.

Als ich klein war, habe ich mir Regeln überlegt, die wir nicht brechen, und Julian hat versprochen, gewisse Dinge nie zu tun, was den ganzen Rest etwas weniger schlimm erscheinen lässt.

Leute, mit denen wir unter keinen Umständen zusammenarbeiten. Sapanta Asad, Matta Tosell, Roisin MacMathan – wer mit anderen Menschen so umspringt wie sie, ist Sperrgebiet für uns. Auf solche Leute würde sich Julian nie einlassen. Darf er einfach nicht.

Genau in dem Moment ziehe ich ein weißes T-Shirt von meinem Bruder aus dem Wäschekorb.

Ich sollte ihn keine weißen Sachen kaufen lassen, das sage ich mir jedes Mal, wenn ich Wäsche wasche – lass ihn keine weißen Sachen mehr kaufen. Es hat keinen Sinn, ist nur rausgeschmissenes Geld – rausgeschmissene Zeit, selbst die beste Wäscherin kann Weißes nicht retten. Jungs sind eben Jungs, und Gangsterbosse sind eben Gangsterbosse.

Es ist ein schönes T-Shirt. Ich hab’s ihm gekauft.

Von Mastermind Japan. Schlicht weiß.

Und ich tue so, als würde mir nicht das Herz schwer werden, als ich sehe, dass es voller Flecken ist.

Man muss keine Medizinstudentin sein, jeder mit einem funktionierenden Paar Augen könnte sagen: Auf dem T-Shirt ist zu viel Rot, als dass die Person, die es getragen hat, noch am Leben sein könnte.

Julian

16:02 Uhr

Die Frau beim Mittagessen war nicht dieselbe wie beim Frühstück.

Scharf beobachtet, Daiseyface … sehr gut.

Lernt ihr das im Medizinstudium?

Nein

Aber weißt du, was wir im Medizinstudium lernen, Julian?

Alles über ansteckende Krankheiten.

Ich bin unbefleckt wie ein Babypopo.

Das erscheint mir nicht nur kategorisch unwahr, sondern auch faktisch falsch.

Dann ist das also ein Nein, wenn ich frage, ob ich heute Abend eine heiße Barkeeperin zum Abendessen mitbringen darf?

Drei an einem Tag?

Machst du Witze?

… ja.

Igitt.

Klares Nein also?

IGITT!!!!

Kapitel 4

Christian

Ich strecke mich gerade zu Hause auf der Couch aus, als es klopft. Eigentlich erwarten wir keine Gesellschaft – zumindest, soweit ich weiß. Henry drückt sich aus seinem Sessel hoch und geht die Tür öffnen.

Magnolia Parks kommt herein, gefolgt von Paili Blythe; jene nehme ich allerdings kaum wahr, denn verdammt, sieht Magnolia schön aus.

Unsere Blicke kreuzen sich, obwohl sie es nicht sollten. Sie schlägt die Augen nieder und schmiegt sich an Henry.

Sie hält sich für unantastbar, dabei berührt sie immer irgendeinen von uns. Ihre Schwester behauptet, es läge daran, dass wir alle voneinander abhängig sind. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Magnolia einfach nicht allein sein kann.

»Wo sind die Jungs?«, fragt Magnolia scheinbar unschuldig und lässt den Blick durch den Raum schweifen. In Wirklichkeit meint sie: »Wo ist BJ?«, und die Frage pisst mich an, also setze ich mich auf, lasse meinen Rücken knacken und gähne, bevor ich antworte.

»Jo ist mit Banksy unterwegs, und BJ reißt Feaven Lusk auf.«

Magnolias Miene versteinert sich schmerzverzerrt, als hätte ihr jemand eine Ohrfeige verpasst, und das verschafft mir eine gewisse Befriedigung – arschig von mir, ich weiß. Aber ich kann nicht anders.

»Das Model?«, fragt sie und blinzelt.

Ich nicke.

»Aber sie ist Amerikanerin.« Sie verzieht den Mund, als hätte das irgendwas zu heißen.

Ich zucke mit den Schultern, und Henry wirft mir einen warnenden Blick zu, den ich ignoriere, weil ich genau weiß, was jedes Mal passiert, wenn BJ sie verletzt.

»Okay, na dann …« Sie räuspert sich.

Und der Zauber funktioniert auch heute. Sie verfällt in den, wie Henry und ich es nennen, FYBJ-Modus (Fuck-You-BJ-Modus) und wird zum Blutsauger. Ihr Blick richtet sich auf mich, genau, wie ich es vorhergesehen habe, denn so ist sie nun mal.

Sie verschränkt die Arme vor ihrer wunderschönen Brust und lässt sich direkt neben mir auf die Couch fallen. Beugt sich viel näher zu mir, als sie müsste, und legt ihren Kopf auf meinen Arm.

Sie saugt die Lippen ein und lässt ein paar Sekunden verstreichen, um sich zu fangen.

Fast habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ihr so deutlich ins Gesicht geschrieben steht, wie verletzt sie ist – sich vorzustellen, was die Person, die man liebt, mit einer anderen tut, macht einen fertig. Aber wisst ihr was? Willkommen im verfickten Club, Parks.

Ich mache dasselbe seit drei Jahren durch und könnte ein bisschen Gesellschaft vertragen, also zucke ich mit den Schultern und sage: »Sie ist ziemlich heiß.«

Paili wirft mir von der anderen Seite des Raums ein Buch gegen den Kopf – ein Taschenbuch, deshalb tut es nicht schlimm weh, aber es ärgert mich trotzdem –, und Henry atmet laut durch die Nase aus. Kein gutes Zeichen – er lässt nicht zu, dass ich bei dem Thema zu weit gehe.

Parks’ Augen schimmern feucht. Scheiße. Wenn ich sie zum Heulen bringe, prügelt Henry sich mit mir – nicht dass er gewinnen würde. Wäre aber auch kein fairer Kampf, weil er nie wie ich zu kämpfen gelernt hat. Trotzdem hat er einen ansehnlichen Schlag drauf, selbst für jemanden, der in Belgravia aufgewachsen ist …

Ich strecke den Arm über den Kopf und lege ihn hinter Magnolia – nicht um sie, hinter sie. Eine wichtige Klarstellung.

Henry schielt zu mir. Er kennt mich zu gut. Ich weiß, dass ihn dieser ganze Scheiß mit uns in eine missliche Lage bringt. Ich und Beej. Ich und Parks. Ich liebe sie halt einfach. Und es ist auch nicht immer alles nur beschissen.

Magnolia und Henry sind beste Freunde, schon seit dem Kindergarten, lieben sich wie Geschwister. Ist bestimmt oft nicht leicht für ihn zu entscheiden, auf wessen Seite er steht. Meistens steht er aber auf ihrer. Manchmal verwischt er BJs Spuren, aber das liegt meiner Meinung nach mehr daran, was passieren würde, wenn Magnolia BJ auf die Schliche käme.

Aber wir vier – ich, Henry, Magnolia, Paili –, wir sind die Urgesteine. Wir drei haben uns gleich im ersten Jahr angefreundet, Paili ist dann im zweiten Jahr auf unsere Schule gekommen. Und bis wir auf die Varley wechselten, waren wir immer nur zu viert. Jo und Beej gab es natürlich auch schon, aber die beiden waren älter, ein Jahrgang über uns. Haben sich einen feuchten Dreck um uns geschert. Wobei … BJ hat sich sehr wohl um Magnolia geschert, schließlich ist er, seit er sechs war, völlig besessen von ihr.

Parks war mal in mich verliebt. War zuerst in mich verliebt.

Henry war mein bester Freund und sie Henrys beste Freundin, und sie ist mir wie ein Welpe auf Schritt und Tritt gefolgt. In der Mittagspause und auf Partys hab ich sie oft geküsst, oder wenn mir langweilig war, was oft vorkommt als Kind im Internat. Und dann brauchte es nur einen verfickten Sommer, um alles kaputt zu machen.

Lil und Ham nahmen uns alle für drei Wochen mit nach Saint Barts.

Das war der Sommer, in dem sich Parks in BJ verliebte. Und zufälligerweise auch der Sommer, in dem ich mich in sie verliebte. Jaja, schlechtes Timing, ich weiß. Es ist meine Schuld. Ich hab zu lange gewartet.

Ich mochte es immer, dass sie mich mochte, bevor sie ihn mochte. Habe mir eingeredet, sie gehöre ihm deshalb ein bisschen weniger, wenn man bedenkt, was ich für sie empfinde, nämlich – fürs Protokoll – Liebe, obwohl mich das ziemlich abfuckt.

»Was sehen wir uns an?« Henry nickt zum Fernseher.

Ich blicke von ihm zu Magnolia. »Scary …«

»Nein!«, jault sie. »Ich hasse Horrorfilme!«

Sie sieht Hilfe suchend zu Paili, die jedoch nur mit den Schultern zuckt, Gott hab sie selig. »Ich mag Horror.«

»Also, ich nicht.« Magnolia verschränkt die Arme. »Bei denen bekomme ich nur Angst, und dann muss ich allein nach Hause laufen.«

Henry sieht sie blinzelnd an. »Dein Dad ist eins neunzig groß und trainiert jede Woche mit Leon Edwards.«

»Er ist in Atlanta«, wimmert sie und lässt den Kopf nach hinten auf die Sofalehne fallen. Er landet auf meinem Arm. Sie lässt ihn dort ein paar Sekunden liegen. Schluckt. Richtet sich wieder auf. »Bridget behauptet, sie kann Taekwondo, aber gesehen hab ich davon noch nichts, und angeblich«, sie macht ein ernstes Gesicht, und ich muss lachen, weil sie einen an der Waffel hat, »war Babuschka früher bei den Sowjets, also könnte sie möglicherweise auch eine Hilfe sein, aber sie ist ziemlich alt, und vielleicht sind es sowieso die Sowjets, die hinter uns her sind.«

»Ja.« Ich sehe sie schief an. »Ich habe auch Gerüchte gehört, dass die Sowjets nur darauf warten, die Überlebenden des Zweiten Weltkriegs niederzumetzeln …«

Sie sieht mich von der Seite an.

»Schlaf hier.« Ich zucke mit den Schultern.

Ihre Miene versteinert sich.

Henry reckt den Hals und sieht mich mit großen Augen an.

»Bei Henry, meine ich …«, schiebe ich schnell hinterher. Ich spüre, wie mir das Blut in die Wangen steigt.

Sie schluckt wieder und dreht den Kopf zu ihm. »Darf ich, Henny Pen?«

Er seufzt genervt. »Ja.«

Als könnte er je Nein zu ihr sagen. Als könnte es irgendjemand von uns. Ich weiß nicht, woran das liegt … warum es ist, als würde man sein Land verraten, wenn man Magnolia Parks auch nur für eine Sekunde traurig macht. Geht uns aber allen so, selbst Jo, und der schert sich gewöhnlich einen Scheißdreck darum, ob er irgendjemanden traurig macht.

»Juhu.« Sie klatscht in die Hände. »Pyjamaparty!«

»Viel Glück, Henry.« Paili nickt feierlich. Magnolia sieht sie verdutzt an. »Tut mir leid, Schatz, aber … sich ein Bett mit dir zu teilen, ist einfach furchtbar.«

Magnolia blickt Hilfe suchend zu Henry, der entschuldigend lächelt. »Ja, sie hat recht.«

Ihr Blick huscht zu mir. Sie blinzelt stark, und ihre Augen verraten, dass sie das getroffen hat.

»Es stimmt«, sage ich.

Sie dreht den Kopf zum Fernseher und verschränkt wütend die Arme vor der Brust. »Das schien dich bisher aber nicht zu stören«, presst sie hervor, den Blick weiter auf den Fernseher gerichtet.

Ich beuge mich an ihr Ohr, blicke starr geradeaus und flüstere: »Würde es auch jetzt nicht.«

Wir sehen uns Texas Chainsaw Massacre an, und Parks zuckt ständig zusammen. Es ist süß. Ein paarmal greift sie nach meiner Hand und lässt sie, als sie es merkt, sofort wieder los.

Mitten im Film fällt ihr ein M&M vorne aufs Top.

Sie blickt stirnrunzelnd an sich hinab.

Ich starre ebenfalls ein paar Sekunden hin, werfe schnell einen prüfenden Blick zu Henry und Paili – keiner der beiden achtet auf uns –, und greife nach dem M&M.

Halte es zwischen Zeigefinger und Daumen und werfe es mir feixend in den Mund.

Sie sieht mich mit großen Augen an.

Meine Gedanken sind die ganze Zeit bei ihrem Körper, der sich an mich schmiegt, auf den Film achte ich nicht.

So eine harmlose Art von Körperkontakt, ich weiß – ihr Kopf auf meiner Schulter und wie sie sich an mich kuschelt, an einen ihrer ältesten Freunde. Möglicherweise lese ich zu viel hinein, aber vielleicht auch nicht.

Daisy schreibt mir während des Films, und ich schaue auf mein Handy – bemerke, dass Magnolia bemerkt, dass sie mir schreibt. Sie guckt reflexartig weg, um mir Privatsphäre zu lassen oder was auch immer, aber ich verberge die Nachrichten nicht. Ich genieße es, wenn sie sieht, dass andere Frauen mich wollen, so wie sie mich nicht will.

Außerdem schauspielert sie nur, denn Magnolia Parks ist die neugierigste Frau der Welt. Sie hat den Kopf weggedreht, versucht aber, aus dem Augenwinkel mitzulesen. Ich sehe es genau. Sie schielt so sehr, dass sie noch eine verfluchte Migräne bekommt.

was machst du gerade

Ich lasse mir eine Minute Zeit, bevor ich antworte. Keine Ahnung, warum. Wahrscheinlich, weil ich ein Arsch bin.

chillen

komm vorbei?

vielleicht?

 

Nicht vielleicht. Ich gehe nirgendwohin … Nicht mit Magnolia so neben mir.

 

was machst du gerade, Baby Haites

Arschloch, ich weiß, aber es ist, wie es ist, und wir sind, was wir sind.

Ich und Daisy? Wir sind Freunde. Ziemlich gute Freunde in letzter Zeit. Freunde, die miteinander schlafen. Meine Mum bekäme einen verfickten Lachanfall, wenn sie das hören würde, aber so ist es. Ich vögle die Schwester von Englands berüchtigtstem Gangsterboss, und heute lasse ich sie abblitzen, aber wir sind Freunde, also ist das in Ordnung. Daisy ist es egal, das mit uns läuft schon seit ein paar Monaten – aber natürlich ist es nicht exklusiv. Die Haites haben es nicht mit exklusiv.

Scheiße, ich hab’s nicht mit exklusiv. Ich habe es ein Mal ausprobiert, und das ist ordentlich in die Hose gegangen. Sie sitzt genau neben mir, drei Jahre später, wie eine Fußfessel um den verdammten Knöchel meines Herzens.

nichts.

spiele GTA mit den Jungs

welchen Jungs

Booker und TK.

Ich runzle die Stirn und spüre einen Stich Eifersucht. Komisch.

Sie hat mit TK geschlafen. Mit dem anderen auch? Ich erinnere mich nicht – sie sind die Jüngsten unter den Lost Boys. Die Amerikaner. Gut genug sehen sie aus. Ich glaube, sie will damit nur ihrem Bruder auf der Nase rumtanzen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum sie mit mir geschlafen hat.

Meine Brust wird kurz eng. Komisch.

wer gewinnt?

was glaubst du wohl?

Sie ist nur eine Freundin, aber sie ist ziemlich heiß.

 

Haha. Kann heute nicht

ok

morgen?

vielleicht

Ich stecke mein Handy weg und bemerke, dass Magnolia mich ansieht, auf ihrem Gesicht ein Ausdruck, den ich liebe, aber ich liebe alle ihre Gesichtsausdrücke. »Soso.« Sie spitzt die Lippen, und ich schnaube. »Ist das mit euch was Ernstes?«, fragt sie mit hochgezogenen Brauen.

Und weil ich ein Arsch bin, antworte ich nicht sofort, hoffe, dass sie sich dadurch genauso fühlt wie ich immer, wenn sie mit jemand anderem zusammen ist. Dann verziehe ich das Gesicht. »Nee.«

»Hey, Parks«, unterbricht uns Henry. »Bettzeit.«

»Ach, halt’s Maul.« Ich lache. »Sie kann gut selbst entscheiden, wann sie ins Bett will.«

Henry wirft mir einen Blick zu, bei dem ich mich fühle wie ein Stück Scheiße.

Er ignoriert mich, fängt Parks’ Blick auf und nickt zur Treppe, bevor er die Stufen hochläuft.

»Nacht, Pails«, ruft er über die Schulter zurück. »Schick ’ne Nachricht, wenn du zu Hause bist, ja?«

Sie steht auf, gibt Parks und mir einen Kuss auf die Wange und geht.

Ich blicke in Magnolias Gesicht, und sie schaut zu mir hoch. Ich zwinge mich, sie nicht zu küssen. Merke, dass ich mich trotzdem darauf vorbereite, lecke mir über die Unterlippe, schlucke das überwältigende Gefühl herunter, wie sehr ich sie will. Aber inzwischen bin ich Meister darin, sie nicht zu küssen. Habe sie seit drei Jahren schon nicht mehr geküsst.

Ihr Blick wandert zu meinem Schoß. Ein rotes M&M liegt auf meinem linken Hosenbein. Ihr Blick flackert zwischen meinen Augen und dem M&M hin und her. Sie trommelt sich mit den Fingern auf den Mund, ihre Augen groß und weniger unschuldig, als man denken würde – und mein gesamter Körper fühlt sich an wie elektrisiert.

Dann greift sie nach dem M&M, wirft es sich in den Mund und beißt grinsend darauf, dass es knirscht.

Meine Kinnlade klappt herunter, und ich starre ihr hinterher, als sie die Treppe hinaufgeht und noch mal kurz lachend über die Schulter zu mir zurückschaut.

In dieser Nacht schlafe ich beschissen. Irgendwas an dem Umstand, dass sie hier ist, macht mich fertig. Obwohl ich inzwischen offensichtlich daran gewöhnt bin, dass sie nicht bei mir ist.

Ist nicht so, als würde es nie vorkommen, dass sie hier schläft – besser sie in Henrys Bett als in BJs –, aber wie oft will sie noch die Betten wechseln, bevor sie wieder in meinem landet?

Morgens kommt sie sowieso zu mir gekrochen, so viel ist sicher.

Es macht ihr weniger Angst, tagsüber in meinem Bett zu liegen, als würde sie sich mit mir in der Dunkelheit selbst nicht trauen.

Am nächsten Morgen wache ich auf wie erwartet – zu Magnolia Parks, die sich neben mich legt und an die Decke starrt.

Ich rolle mich auf die Seite, um sie anzusehen, aber ihr Blick bleibt fest an die Decke geheftet. Sie greift nach dem Plüschlöwen, den sie mir geschenkt hat, als ich sechs war, und der immer noch auf meinem Bett sitzt, obwohl er es nicht mehr sollte, wirft ihn in die Luft und fängt ihn gedankenverloren auf.

»Ist Feaven gut im Bett?«, fragt Magnolia die Decke.

So eine Bitch. Eine Bitch, weil sie mich das fragt, und eine Bitch, weil sie meint, mich fragen zu dürfen. Ich weiß, was sie hören will, ich weiß, wie ich antworten könnte, ohne sie zu verletzen, aber etwas drängt mich dazu, ihr einen Stich zu versetzen, denn hey … sie hat schließlich gefragt.

»Sie ist ziemlich gut im Bett, ja.« Ich nicke.

Sie verzieht das Gesicht und sieht mich an. »Besser als ich?«

Ich setze mich auf und ziehe eine Augenbraue hoch. »Wir haben nie miteinander geschlafen, schon vergessen?«

Sie schürzt die Lippen und sieht mich weiter unverwandt an.

Bei diesem Teil bescheißen wir immer, denn genau genommen – und ich will es genau nehmen – haben wir sehr wohl miteinander geschlafen. Aber sie zählt den Maserati nicht als das erste Mal mit Beej, also zählt sie, was immer zwischen uns passiert ist, auch nicht als Sex. Keine Ahnung, wie viel Beej weiß, aber sie würde es ihm gegenüber sowieso anders darstellen. Sie schreibt es sich stolz auf die Fahne, dass wir es nie richtig miteinander getrieben haben, als würde sie das besser machen als ihn. Als hätte sie ihn weniger betrogen, als er sie betrügt, nur weil wir nie getan haben, was er ständig mit anderen Frauen tut. Aber das Land sexueller Möglichkeiten ist riesig, von Küssen bis hin zu penetrierendem Sex, und Magnolia Parks und ich haben jeden verfickten Winkel erkundet.

Trotzdem sagt sie es, so laut sie kann und wann immer sie kann: dass wir nie Sex hatten. Aber dabei lässt sie aus strategischen Gründen aus, dass wir es sehr wohl versucht haben. Nur dass sie bei jedem Versuch angefangen hat zu weinen.

Wenn sie also auf ihrem hohen Ross sitzt und herumposaunt, dass wir »nie Sex hatten«, zieht ihr Satz einen großen schwarzen Abgrund hinter sich her: »… aber nicht, weil wir es nicht versucht hätten.«

Und ich weiß, dass ich ein Idiot bin, denn wenn das mal kein Warnsignal ist, was dann.

Weil ich sie nie zu irgendwas drängen würde, war es immer sie, die den ersten Schritt machte – und sie weinte nicht etwa, weil sie nicht bereit war. Auch nicht, weil sie betrunken war. Inzwischen verstehe ich es – ich verstehe die beiden, wie fest sie zusammengekettet sind, und das gewaltige Ausmaß ihrer Funktionsstörung. Sie weinte, weil sie versuchte, mit einem Mann Sex zu haben, der nicht BJ war. Ich hätte das sofort erkennen müssen, hätte nicht blind sein dürfen, aber zu dem Zeitpunkt war ich ihr schon längst verfallen. Ich war all in, verliebt und alles. Sie hätte sich mir hingeben oder mich als Fuckboy benutzen können, wäre mir beides recht gewesen. Ich wäre nicht gegangen.

Ich bin immer noch nicht gegangen.