Magnolia Parks - Jessa Hastings - E-Book
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Magnolia Parks E-Book

Jessa Hastings

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Beschreibung

Wie oft im Leben kannst du die große Liebe finden? »Magnolia Parks« ist der erste Teil der TikTok-Sensation von Jessa Hastings: Die Liebesroman-Reihe um Londons High Society ist eine süchtig machende Mischung aus »Gossip Girl«, der Leidenschaft von Anna Todd und den ergreifenden Emotionen von Colleen Hoover. Magnolia Parks und BJ Ballentine sind füreinander bestimmt, das kann jeder sehen: Trotzdem hat BJ, Englands meistfotografierter Bad Boy, Magnolia das Herz gebrochen. Jetzt datet die scheinbar so selbstsichere Schönheit der Londoner High Society andere Männer, um BJ auf Abstand zu halten, während er mit anderen Frauen schläft, um sich an ihr zu rächen. Doch am Ende all ihrer verzweifelten Bemühungen, übereinander hinwegzukommen, kehren sie stets zueinander zurück – bis ihre Geschichte sie einholt und ihre Scheinwelt, in der sie einander niemals ganz loslassen müssen, erste Risse bekommt. Als die Risse größer werden und sorgsam gehütete Geheimnisse ans Licht kommen, stehen Magnolia und BJ plötzlich vor der alles entscheidenden Frage: Wie oft im Leben kannst du deine große Liebe verlieren und wiederfinden? Liebe, Drama, Glamour und ganz viel Gefühl: Via TikTok hat die australische Autorin Jessa Hastings die Herzen von Leser*innen weltweit erobert. Auf Deutsch erscheint ihre Liebesroman-Reihe in folgender Reihenfolge: - Magnolia Parks - Daisy Haites - Magnolia Parks – The Long Way Home - Daisy Haites – The Great Undoing - Magnolia Parks – Into the Dark

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Seitenzahl: 638

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Jessa Hastings

Magnolia Parks

Übersetzt von Kristina Lake-Zapp, Silvia Kinkel und Lina Robertz

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Wie oft im Leben kannst du deine große Liebe verlieren?

Magnolia Parks und BJ Ballentine sind füreinander bestimmt, das wissen alle in der Londoner High Society. Doch BJ, Englands meistfotografierter Bad Boy, hat Magnolia das Herz gebrochen.

Während Magnolia andere datet, um BJ zu vergessen, versucht er, seine Gefühle mit One-Night-Stands zu betäuben. Verzweifelt versuchen sie, übereinander hinwegzukommen, nur um am Ende immer wieder zueinander zurückzukehren. Sie erschaffen sich eine Scheinwelt, in der sie einander niemals ganz loslassen müssen.

Doch dann holt ihre Vergangenheit sie ein. Als ihre Welt Risse bekommt und sorgsam gehütete Geheimnisse enthüllt werden, stellt sich für Magnolia und BJ die Frage, wie oft man ein gebrochenes Herz wieder zusammensetzen kann.

Magnolia Parks – die TikTok-Sensation mit absolutem Suchtpotential!

Inhaltsübersicht

Triggerwarnung – Hinweis

Widmung

Motto

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Danksagung

Über die Autorin

Liste sensibler Inhalte / Content Notes

Leseprobe »Daisy Haites«

Bei manchen Menschen lösen bestimmte Themen ungewollte Reaktionen aus. Deshalb findet ihr am Ende des Buches eine Liste mit sensiblen Inhalten.

Für die 2018er-Version von mir, die das Handtuch werfen und Geschichtsprofessorin werden wollte, weil kreative Ablehnung schwer zu ertragen ist.

 

Und für die Version von dir, die beinahe das aufgegeben hätte, wofür sie bestimmt ist, weil kreatives Schaffen so teuer ist.

 

Aber jetzt sieh uns an. Wie Glennon zu sagen pflegt: Wir schaffen auch die schwierigen Dinge.

Wie oft findet man seine große Liebe?

 

Wie viele Menschen kannst du die Deinen nennen? Es gibt viele verschiedene Arten von Liebe auf dieser Welt, und nicht alle, aber die meisten davon sind schön. Manche sind merkwürdig, manche edel, manche mutig. Andere sind unehrenhaft und schwach und lassen dich genauso werden. Manche sind ein leises Wispern in einer finsteren Nacht, manche treiben dich in den Wahnsinn. Manche kannst du nicht ignorieren – sie schwelen in dir, ohne je ganz zu erlöschen, aber du hast zu viel Angst, die Flamme erneut zu entfachen. Manchmal tust du so, als würdest du keine Liebe empfinden, auch wenn das Gegenteil der Fall ist, auch wenn du weißt, dass du liebst, auch wenn er das Erste ist, an das du am Morgen denkst, auch wenn er wie ein Streichholz in der finsteren Kammer deines Herzens ist – denn etwas so zu lieben, wie du ihn liebst, ist schmerzhaft. Es macht dein Herz schwer und dich melancholisch, doch wenn die Zeit dich eins gelehrt hat, dann, dass das nicht zählt. Du kannst nichts dagegen tun. Du wirst ihn sowieso für immer lieben.

Kapitel 1

Magnolia

Das gefällt mir.« Er stellt sich hinter mich und zupft an meinem Kleid. Schwarze Trasher Jeans von Amiri (mit extra Destroyed-Effekten an den Knien), schwarze Vans und das schwarz-weiße Langarmshirt von Givenchy.

Ich starre meine Reflektion in seinem Schlafzimmerspiegel an. Lege den Kopf schräg, blinzle und tue so, als wäre ich das einzige Mädchen, das in letzter Zeit hier war. Ich vergewissere mich, dass die Halskette mit seinem Ring unter meiner Kleidung versteckt ist, dort, wo sie niemand außer mir (und später vielleicht ihm) sehen kann, dann streiche ich den Bubikragen meines rot-blau-weiß geblümten Satin-Jacquard-Kleids glatt.

»Miu Miu«, sage ich und fange seinen Blick im Spiegel auf.

Ich liebe seine Augen.

Er nickt gelassen. »Ich hab letzte Woche mit einem Miu-Miu-Model geschlafen.«

Ich hasse seine Augen. Ich schlucke angestrengt und versuche, ein unbefangenes Lächeln hinzubekommen. »Na und?«

Unsere Blicke begegnen sich, halten einander fest, und für einen kurzen Moment hasse ich nicht nur seine Augen, sondern alles an ihm – dass er mich so kennt, wie er mich kennt, dass er alles durchschaut, was ich sage, dass er das mit keinem anderen Menschen macht, außer mit mir.

Er zuckt gleichgültig die Achseln.

Er, BJ Ballentine, mit dem ich alles zum ersten Mal erlebt habe. Liebe, Sex, Herzschmerz. Der Junge mit dem goldenen Haar und den goldenen Augen, auch wenn seine Haare braun und seine Augen grün sind. Angeblich ist er der schönste Typ in ganz London – und dem stimme ich zu. Meistens. An seinen guten Tagen. Doch warum erzähle ich euch das eigentlich? Ihr kennt ihn doch längst.

»Ich weiß, dass es dir egal ist.« Er streicht abwesend mit der Zunge über seine Zähne – ein Zeichen dafür, dass er genervt ist, und er ist oft genervt, aber stets nur kurz, dann werden seine Augen sanft, wie immer in meiner Gegenwart.

»Du hattest zu dem Zeitpunkt einen Freund, Parks.« Er sucht meinen Blick, aber ich schaue zur Seite, will, dass er denkt, er müsse sich Mühe geben, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen.

»Richtig«, erwidere ich blinzelnd, »es ist mir egal.«

»Ja.« Er seufzt, gespielt gelangweilt. »Ist der Schutzschild aktiviert?«, fragt er dann, ganz leise, im Flüsterton. Das machen die Jungs immer, wenn sie sehen, dass mein Herz den Gang wechselt.

Er mustert mich eindringlich, weil er weiß, dass ich lüge. Unsere Herzen befinden sich in einem Mexican Standoff mit unseren Augen – ein Duell, bei dem es keine Gewinner gibt.

Ich vermisse dich, sagt mein Blick.

Ich liebe dich noch immer, sagen seine heruntergezogenen Mundwinkel.

Sein Mund mit den vollen Lippen, die aussehen, als hätte eine Biene hineingestochen, ist perfekt. Es gab eine Zeit, da balancierte er mein Herz auf diesen Lippen.

»Wann denn?«, frage ich, drehe mich um und fasse sein Handgelenk, um die Ärmel seiner schwarzen Trucker-Jeansjacke mit Washed-Finish und Destroyed-Details, ebenfalls von Amiri, aufzukrempeln. Ich kann seine Augen auf mir spüren, kann spüren, wie er mich beobachtet, darauf wartet, dass ich aufschaue, und als ich es tue, schmerzt mein Inneres, wie immer, wenn sich unsere Blicke begegnen. Ich fühle mich wie ein Fisch, den man aus dem Wasser zieht und wieder hineinwirft – quälende Erleichterung.

»Was?«, fragt Beej, zieht die Brauen zusammen und betrachtet mich aufmerksam.

Ich mache mich erneut an seiner Jacke zu schaffen, versuche herauszufinden, wie sie besser aussieht, offen oder geschlossen. Ich schließe die Knöpfe. Er ist noch immer auf der Suche nach meinen Augen, und als ich ihn nicht ansehe, nimmt er mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und hebt mein Gesicht an.

Wir stehen dicht voreinander, doch trotz der fehlenden körperlichen Distanz könnte man meinen, es stünden ganze Wälder zwischen uns. Kiefern aus Fehlern, so hoch, dass wir nicht darüber hinwegsehen können, Flüsse aus Dingen, die wir niemals ausgesprochen haben, so breit, dass wir sie nicht überwinden können. Wir sind nicht einmal ansatzweise dort, wo wir sein wollten, wir sind vom Kurs abgekommen, und für einen Moment fühle ich mich allein und verloren, aber ich bin allein und verloren mitihm.

»Ich habe mich nur gefragt, wann du mit ihr geschlafen hast, das ist alles.« Ich blinzle schon wieder. Ich blinzle viel. Es hilft mir, die Erinnerungen in Schach zu halten. Ich mache die Knöpfe wieder auf. »Letzte Woche warst du fast die ganze Zeit über mit mir zusammen, deshalb kapiere ich nicht, wann du die Zeit hattest, es mit einem sehr, sehr weißhäutigen Mädchen mit zu weit auseinanderstehenden Augen zu treiben.«

Er blickt mit einem amüsierten Grinsen auf mich herab. BJ Ballentine ist groß, fast eins neunzig.

»Was ist?« Ich zucke unschuldig mit den Achseln. »Gespenstisch weiß mit riesigen Alien-Kulleraugen entspricht unbestreitbar Fabio Zambernardis Schönheitsideal.«

BJ unterdrückt ein Lächeln. »Du hattest einen Freund, Parks«, sagt er noch einmal.

Ich ignoriere ihn, denn das ist nicht der Punkt.

Ich ziehe die Jackenteile wieder zusammen und schließe die Knöpfe erneut. »Aber ich war fast die ganze Zeit über mit dir zusammen, deshalb verstehe ich nicht, wann du –«

»Soll ich dir meinen Kalender zeigen?«

»Deinen Sexkalender?«, frage ich schnippisch, doch ich ziehe tatsächlich in Erwägung, seine Frage zu bejahen, denn es könnte praktisch für mich sein, wenn ich wüsste, an welchen Abenden der Woche ich mir in Ruhe die Haare waschen kann. Außerdem wüsste ich dann, wo er sich herumtreibt, wenn er nicht mit mir zusammen ist – etwas, was ich liebend gern wüsste, obwohl ich das natürlich unter keinen Umständen zugeben würde. Also werfe ich ihm lediglich einen vielsagenden Blick zu.

Er zieht die Augen schmal. »Ich habe keinen Sexkalender.«

»Genauso wenig wie Arbeitskalender, was?«

Er verdreht die Augen. »Was soll das? Ich habe einen Job!«

»Dein Shirt für deinen Instagram-Fanclub auszuziehen?«

Er kratzt sich im Nacken und grinst verlegen. »Ich versuche bloß, meine Rechnungen zu bezahlen.« Ein spielerisches Achselzucken. »Nicht jeder sitzt auf lässigen achthundert Millionen Dollar, Parks.«

»Ja, du hast recht«, räume ich ein. »Sag mal, was ist noch gleich mit der kleinen Insel vor der Küste von Grenada, die deiner Familie gehört?«

Er leckt sich die Unterlippe. »Warum musstest du ›klein‹ sagen?«

»Kleiner als meine«, erwidere ich, und er lacht.

Er mustert mich von oben bis unten, seine Augen gleiten über meinen Körper wie früher seine Hände, dann sieht er an mir vorbei in den Spiegel. Er fährt sich durch die Haare. »Wie weit sind wir mit den Knöpfen?«

Ich mache die Knöpfe wieder auf.

Ein Grinsen umspielt seine Lippen. »Irgendwie versuchst du ständig, mich auszuziehen.«

Ich verdrehe die Augen und spüre, wie mir die Röte in die Wangen schießt. »Träum weiter.« Ich lasse von seiner Jacke ab und ziehe die himmelblaue Le-Chiquito-Noeud-Nubukleder-Umhängetasche von Jacquemus aus dem Regal.

»Gern.« Sein Blick schweift suchend über mein Kleid. »Gibt es irgendwelche Knöpfe, die ich öffnen könnte?«

Ich stoße ihn lachend von mir. »Du kannst mich mal!«

»Los jetzt.« Er legt den Arm um meinen Nacken und schiebt mich zur Tür. »Nicht, dass wir noch zu spät kommen.«

 

»Also, Parks«, sagt BJ mit einem kleinen Lächeln, »was ist dir diese Woche am meisten auf die Nerven gegangen?«

»Diese Woche?« Ich runzle die Stirn. Wir sitzen mit der kompletten Mannschaft – lauter Singles zwischen Mitte zwanzig und Anfang dreißig und unsere besten Freunde – an einem Tisch. Doch selbst wenn wir mit anderen zusammen sind, wird manchmal die Welt um uns herum schwarz, und dann sehen wir nur noch einander.

»Tja«, er zuckt die Achseln, »ich weiß es.«

Ich ziehe die Augenbrauen in die Höhe. »Tatsächlich?« Er nickt, und ich trommle ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte. »Dann klär mich mal auf.«

Wir sitzen im Annabel’s, und wenn ihr das nächste Mal dort seid, empfehle ich euch dringend, eine Flasche Dom Pérignon Rosé Jahrgang 1995 zu bestellen.

Obwohl BJ etwas anderes trinkt. Er bevorzugt Negroni, es sei denn, die Nacht nähert sich dem Ende, dann steigt er um auf einen 1942er Don Julio.

»Dich nervt es am meisten … wenn sich andere Frauen für mich interessieren. Das ist offensichtlich.« Seine Mundwinkel zucken leicht, als wolle er sagen: »Da hast du’s.«

Ich schnaube verächtlich und schüttele vehement den Kopf. »Nein. Damit liegst du nicht mal ansatzweise richtig.«

Obwohl das natürlich doch der Fall ist, und zwar zu einhundert Prozent.

»Worüber hast du dich diese Woche dann am meisten geärgert?«, geht er über meine Lüge hinweg. »Raus mit der Sprache!«

»Über Mädchen, die kein Make-up tragen und das dann stolz auf Instagram kundtun.«

»O ja«, pflichtet mir meine beste Freundin Paili Blythe bei, »so etwas hasse ich!« Sie streicht sich eine platinblonde Strähne hinters Ohr und kraust frustriert ihr Stupsnäschen. »Was wollen die von uns, eine Medaille?«

Ich nicke, um mich für ihre Unterstützung zu bedanken, dann fahre ich fort: »Ich kapiere echt nicht, was daran toll sein soll, absichtlich ungepflegt auszusehen.«

»Was ist falsch daran, ein bisschen Concealer oder ein hübsches Cremerouge aufzutragen?«, schlägt Paili in meine Bresche.

»Nanu, du trägst ja heute gar kein Make-up, Charlotte«, sage ich zu niemandem im Bestimmten. »Ja, ich weiß – es ist schrecklich offensichtlich, wenn man nicht blind ist.«

BJ fährt mit der Zunge über seine Backenzähne, lächelt, dann schüttelt er den Kopf. »Nicht jeder steigt aus dem Bett und sieht aus wie Bambi, Parks.«

»Ich …« Ich zögere. »Ist das … Soll das ein Kompliment sein?«

»Absolut.« Er nickt.

»Kommt schon, Leute«, sagt Henry Ballentine, mein ältester Freund. Mit seinen braunen Haaren und einem Lächeln, von dem man umgehend schwanger werden könnte, sieht er seinem älteren Bruder sehr ähnlich, allerdings hat er blaue Augen, keine grünen wie BJ, und trägt gelegentlich eine Brille, von der kein Mensch weiß, ob er sie wirklich braucht. »Wir wissen doch, dass das süße Zeichentrick-Rehlein BJs sexuelle Erwachen war.«

»Moment mal, Bambi ist ein Junge«, schaltet sich Christian Hemmes dazwischen. Sein Manchester-Akzent bricht durch, wie immer, wenn er sich amüsiert. Christian und ich waren früher mal zusammen. Irgendwie. Das würden wir jetzt zwar nicht mehr zugeben, aber das waren wir. Und es war mies. Mies für mich, mies für ihn (besonders für ihn), mies für Beej (ganz besonders für Beej) – mies für alle.

Aber er sieht gut aus. Goldblonde Haare, haselnussbraune Augen, großer Mund. Ein bisschen wie ein Engel, aber nur äußerlich. Sein Verhalten ist alles andere als engelsgleich. Ich versuche, nicht daran zu denken, womit er und sein Bruder ihr Geld verdienen … Sie denken, ich weiß es nicht. Aber ich weiß es. Ich weiß alles über meine Jungs.

Henry und BJ machen beide einen verwirrten Eindruck, fast so, als würde Christians Bemerkung sie beunruhigen.

Ich werfe ihm einen selbstbewussten Blick zu und wende mich an Beej. »Wenn ich ein Reh bin, was bist du?«

»Ein Wolf«, antwortet er, ohne zu zögern.

»Ein einsamer Wolf?«

Er schüttelt den Kopf, und sein Blick wird so weich, wie er es nicht werden sollte an einem Tisch voller Menschen, die wir kennen, in einem Raum voller Menschen, die wir nicht kennen. »Ein Wolf, der im Wald ein Reh findet, das nicht allein an das obere Fach des Medizinschränkchens kommt oder einen Ölwechsel vornehmen kann oder –«

»Klingt nach einem sehr modernen Reh«, flüstert Henry seinem Bruder zu.

»Nun, definitiv nach einem komplizierten Reh«, erwidert BJ. Als ich ihm einen finsteren Blick zuwerfe, grinst er. »Ohne den Wolf hätte das Reh vermutlich nicht einmal das Kleid tragen können, das es jetzt anhat.« BJ nickt mir zu. »Es hätte seit 2004 nichts mehr gegessen – also bleibt der Wolf aus reiner Herzensgüte bei ihm.«

»Ich dachte, Wölfe fressen Rehe«, wirft Henry wenig einfühlsam ein.

BJ verdreht die Augen, aber ich fürchte, Henry hat recht.

Perry Lorcan – zurückgegeltes braunes Haar, große braune Augen, breites Lächeln, markante Wangenknochen und einfach nur umwerfend, schüttelt auf der gegenüberliegenden Tischseite den Kopf. »Henry bringt da etwas durcheinander. Bambi war meine sexuelle Erweckung. Bei BJ war es Arielle.« Er deutet auf seine Brust. »Der Muschel-BH. Er hat ein Faible für Brüste.«

Ohne es zu wollen, blicke ich auf meine Brust, und als ich wieder aufschaue, stelle ich fest, dass BJ mich beobachtet. Er zwinkert mir zu und grinst anzüglich.

Ich gebe mein Bestes, um nicht auf der Stelle vor Verlegenheit zu sterben.

»Also«, Beej lehnt sich zu mir und streicht mir eine abtrünnige Wimper von der Wange, die es mit Sicherheit gar nicht gibt. In Wirklichkeit will er mich nur berühren.

»Raus mit der Sprache«, sage ich und gebe mir Mühe, nicht zu lächeln. »Worüber ärgerst du dich am meisten?«

Er überlegt kurz, dann sagt er: »Rosen und Ranunkeln im selben Blumenstrauß?«

Ich nicke. »Wirklich abscheulich. Absolut geschmacklos.«

Er lacht rau, und ich liebe es, wenn er über Dinge lacht, die ich sage. Am liebsten möchte ich ihn für alle Ewigkeiten zum Lachen bringen, aber das geht nicht, das hat er uns genommen, und trotzdem kämpfe ich noch immer gegen das Bedürfnis an, ihn zu küssen.

Jonah Hemmes, Christians älterer Bruder, der ebenfalls auf der anderen Seite des Tisches sitzt, sieht zu uns herüber. Er ist wie immer ganz in Schwarz gekleidet: schwarze Jeansjacke, schwarzes T-Shirt, schwarze Jeans, schwarze Converse, aber er strahlt von innen – trotz seines fragwürdigen Jobs. Seine Haare sehen aus, als wären sie blond, dabei sind sie braun, seine Augen könnten grün sein, aber ich denke, in Wirklichkeit sind sie haselnussbraun oder sogar dunkelbraun. Alles an ihm ist scharf: scharf geschnittenes Kinn, scharf geschnittene Nase, scharfe Zunge, die er nur bei mir im Zaum hält, denn mich mag er am liebsten. »Redet sie schon wieder über Monty Python?«

BJ schüttelt den Kopf über seinen besten Freund, während ich empört die Nase in die Luft recke. »Das ist ein Schlag ins Gesicht des britischen Kinos, und ich möchte kein Wort mehr darüber hören.«

»Dann weiß ich ja, was wir uns heute Abend anschauen.« Beej zwinkert.

»Ja, ich auch.« Ich erwidere seinen Blick. »Wir haben Jack Bauer letzte Nacht in einer äußerst prekären Lage zurückgelassen.«

Jonah nimmt sich mein Glas. »Der arme Bastard befindet sich doch immer in äußerst prekären Lagen.« Er probiert meinen Cocktail und verzieht angewidert das Gesicht. Zu süß.

Henry stößt seinen Bruder mit dem Ellbogen an. »Letzte Nacht?«, flüstert er. Sie gehen offenbar davon aus, dass ich sie nicht hören kann. »Wie viele Nächte diese Woche?«

»Jede?« BJ sieht ihn abweisend an. »Was geht dich das an?«

»Dann hat sie die Trennung wohl gut verkraftet.«

BJ reckt defensiv das Kinn vor. »Das hat sie.«

»Weil du diese Woche jede Nacht bei ihr warst?«

»Ich war auch letzte Woche jede Nacht bei ihr, als sie noch nicht getrennt waren, also –«

»Nicht jede Nacht«, platze ich dazwischen. »Bloß drei von sieben.«

Sie sehen mich überrascht an, als hätten sie vergessen, dass sie dieses Gespräch in meiner unmittelbaren Gegenwart führen.

»Vier«, flüstert BJ so leise, dass nur ich ihn hören kann. Unsere Gesichter sind sich so nahe, dass mir schwindlig wird und mein Atem an einem Splitter meines gebrochenen Herzens hängen bleibt.

Vier? Kein Wunder, dass Brooks Calloway mich verlassen hat.

Ich habe keinen blassen Schimmer, warum mich das so trifft, aber das tut es. Wie ein Pfeil ins Herz.

Vier Nächte.

Er ist der einzige Mann, um den ich je getrauert habe, der einzige, den ich je geliebt habe.

Bevor ich weiß, was ich tue, schiebe ich meinen Stuhl zurück und stehe auf. Ich fühle mich benommen, schwindlig und panisch, aber ich habe keine Panikattacke, weil ich keine Panikattacken bekomme. Panikattacken sind etwas für Menschen, die ihr Leben nicht unter Kontrolle haben, und ich habe mein Leben unter Kontrolle. Ich habe alles unter Kontrolle, absolut alles, vor allem mein Herz. Die Trauer, ihn verloren zu haben, kommt und geht in Wellen und erwischt mich zu den seltsamsten Zeiten, an den seltsamsten Orten.

Wie vor drei Jahren im Dorchester. In genau der Amiri-Jacke, die ich vor einer Stunde für ihn rausgesucht habe, saß er neben mir, die Knöpfe so offen wie mein Gehirn, wenn er in meiner Nähe ist.

Oh, ihr dachtet, ich rede von dem Freund, den ich vor einer Woche hatte?

Wie albern von euch. Und so optimistisch in Bezug auf meine Fähigkeit, das sinkende Schiff zu verlassen, an das mein Herz gekettet ist.

Ich setze mich in Bewegung.

»Ist das Magnolia Parks?«

»Wo ist ihr Freund?«

»Ist sie mit BJ Ballentine hier?«

»Sind sie wieder zusammen?«

»Sie sind doch nie nicht zusammen.«

»Hat sie nicht einen Freund?«

»Mir gefällt ihr Kleid.«

»Ich hasse ihr Kleid.«

»Vögeln sie wieder?«

Das sind nur einige Dinge, die ich höre, als ich mich zur Toilette schlängele und mich bemühe, nicht in Ohnmacht zu fallen, bevor ich dort ankomme.

Diese Sache mit den vier Nächten – das ist übrigens nicht der Grund, warum Brooks Calloway und ich Schluss gemacht haben. Brooks weiß gar nichts davon. Oder er weiß es vielleicht doch, denn alle scheinen mehr über mich zu wissen, als ich denke. Brooks ist das egal, es hat ihn nie interessiert. Ohne dass wir es konkret aussprechen mussten, war unsere Beziehung für beide Seiten von Vorteil.

Ich war sein Ticket in das Leben, in das er nicht hineingeboren wurde, und er war meine letzte Verteidigungslinie. Ein phänomenales Ablenkungsmanöver und gleichzeitig ein fadenscheiniger Trick, um zu erklären, warum BJ und ich nicht das sind, was BJ und ich tatsächlich sind. Brooks Calloway war jemand, hinter dem ich mich verstecken konnte, um die Leere zu füllen, die meine Liebe zu BJ verursacht hatte.

Ich starre mich im Toilettenspiegel an, streiche meine dunklen Haare hinter die Ohren und zupfe an meinen goldenen Perlenohrringen von Mizuki, als hätte ich einen Tic. Anschließend halte ich ein Papierhandtuch unter den Wasserhahn und drücke es mir auf die Wangen, die dunkler sind als gewöhnlich, weil Beej und ich für ein paar Tage in Pentle Bay waren. Meine Gedanken hören einfach nicht auf zu rasen, weil er letzte Woche nur drei von sieben Nächten nicht bei mir war und es trotzdem hingekriegt hat, ein Miu-Miu-Model flachzulegen. Wo haben sie sich kennengelernt? War ich auch dort? Wie oft haben sie sich getroffen und wo? In einem Hotel? Bei ihm? Bei seinen Eltern bestimmt nicht, seine Mum hätte ihn umgebracht. In dem Apartment, das er sich mit Jonah teilt? War sie dort, nachdem ich dort gewesen bin? Hat er die Bettwäsche gewechselt? Die Vorstellung, in BJs Sex-Laken geschlafen zu haben, treibt mir die Tränen in die Augen, auch wenn ich nicht verstehe, warum. Es passiert doch ständig. Ständig hat er etwas mit anderen Frauen.

Wir schlafen übrigens nicht miteinander – ganz gleich, was ihr in den Zeitungen lest. Ihr solltet auch nicht alles glauben, was online gestellt wird, aber das eine könnt ihr glauben: Es gab eine Zeit, da war BJ Ballentine die Liebe meines Lebens.

Das ist er nicht mehr. Und im Augenblick ist das alles, was ihr wissen müsst.

»Geht es dir gut?« Paili erscheint hinter mir im Spiegel.

»Hm?« Ich wirble herum. »Ja. Alles okay.«

Ihren zusammengezogenen Augenbrauen entnehme ich, dass sie mir nicht glaubt. »Es wäre okay, wenn es dir nicht gut ginge.«

»Ich weiß.« Ich zucke leichthin die Achseln. »Wir haben uns gerade erst getrennt, es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat.«

»Ich meinte das Miu-Miu-Model.«

»Woher weißt du von dem Miu-Miu-Model?«, frage ich mit finsterem Blick.

Sie lächelt entschuldigend. »Von Perry?«

Mein Blick wird noch finsterer. »Und woher weiß er davon?«

Paili sieht mich hilflos an. »Wer immer sie ist, sie kann dir nicht das Wasser reichen.«

»Ganz sicher nicht.« Ich wende mich von ihr ab, starre erneut in den Spiegel und ziehe einen Schmollmund. »Meine Augen funkeln wie Diamanten.«

Paili unterdrückt ein Grinsen.

»Es ist mir eh egal«, behaupte ich, doch ich sehe, dass sie mir nicht glaubt. Fuck.

Ich ziehe den perfekten korallenroten Lippenstift aus meiner Strukturleder-Skull-Clutch von Alexander McQueen; die Farbe lässt meine braune Haut noch brauner erscheinen und meine hellen Augen förmlich aus dem Kopf springen.

»Wusstest du, dass man das mit den Diamantaugen früher sagte, wenn man andeuten wollte, dass eine Frau alle anderen in den Schatten stellt?«

Meine beste Freundin wirft mir einen vielsagenden Blick zu. Ihr Gesicht wird weich, und sie sieht aus, als hätte sie Mitleid mit mir. Ich hasse es, wenn Leute Mitleid mit mir haben, aber bei ihr ist es nicht ganz so schlimm.

Sie nimmt meine Hand und zieht mich aus der Damentoilette. Prompt laufen wir BJ über den Weg.

»Hey.« Er schenkt mir ein breites, sonderbares Lächeln.

Ich schenke ihm einen sonderbaren Blick. »Hi?«

Er verschränkt die Arme vor der Brust und verstellt mir lässig den Weg. »Was macht ihr?«

Verwirrt blicke ich zwischen ihm und Paili hin und her. »Zum Tisch zurückkehren?«

Er presst die Lippen zusammen. »Nein.« Er schüttelt den Kopf und sieht mich an, als wäre ich ein einfältiges Kind. »Nein, ganz sicher nicht. Geht lieber wieder in die Toilette.« Er fängt an, mich rückwärtszuschieben.

»Was soll der Scheiß?«, fragt Paili und will offenbar noch etwas hinzufügen, doch dann verstummt sie. »Oh.« Sie sieht offenbar etwas, was ich nicht sehe. »Ja. Toilette.«

»Hast du schon … die neuen Dyson-Airblade-Händetrockner gesehen, die sie dort angebracht haben?«, flötet BJ eindringlich nickend.

Paili nickt begeistert. »Wow.«

»Wirklich toll.« Ich mustere ihn skeptisch. »Ihr habt die gleichen in eurem Apartment.«

»Ja«, er nickt immer noch. »Schon seltsam, nicht wahr? Sollte ich sie ausbauen lassen?«

»Unbedingt. Sie sind ziemlich laut, und Jonah hat eine schwache Blase … Nachts steht er oft vier Mal auf, und ich werde jedes Mal von den blöden Dingern geweckt. Ich persönlich bevorzuge diese wiederverwendbaren Handtuchrollen aus Leinen, aber sollten wir das nicht lieber am Tisch besprechen? Denn wenn wir schon dabei sind: Es gibt noch so einige Dinge in deinem Bad, die ich gern ändern würde.«

In diesem Moment sehe ich meinen Ex-Freund von letzter Woche, der ein paar Tische von unserem entfernt mit einem Mädchen Händchen hält, das ich noch nie zuvor gesehen habe.

»Was zur Hölle?«, platze ich viel lauter als beabsichtigt heraus.

Bevor ich weiß, was ich tue, schlängle ich mich zwischen den Tischen hindurch zu ihm. Wie eine kleine, masochistische Motte zum Licht. Brooks Calloway blickt voller Überraschung mit seinen großen, dummen, tranigen braunen Augen zu mir auf.

»Was machst du hier?«, frage ich, die Hände in die Hüften gestemmt.

»Ähm.« Er sieht zwischen mir und seiner Begleiterin hin und her. »Zu Abend essen?«

Ich werfe der jungen Frau neben ihm einen flüchtigen Blick zu. »Hallo, entschuldige, ich bin Magnolia.« Dann sehe ich wieder zu Brooks. »Was zum Teufel soll das? Du bist mit einer anderen hier?«

Unsere Trennung stand noch nicht in den Society-Blättern, und schon datet er andere Frauen?

»Das siehst du doch«, erwidert er und setzt sich aufrechter hin.

»Das ist absolut dreist, verdammt noch mal!« Beinahe hätte ich mit dem Fuß aufgestampft.

»Findest du?« Brooks sieht an mir vorbei zu BJ, der dicht hinter mir steht, und wirft ihm einen abschätzigen Blick zu. »Hallo, BJ.«

BJ nickt, ein angespanntes Lächeln auf den Lippen. Er war nie ein Fan von Brooks. »Calloway.«

»Ähm«, sage ich und lege ungläubig den Kopf in den Nacken. »Sorry, aber die Leute denken, wir sind noch zusammen. Trotzdem bist du mit einer anderen Frau hier.«

»Korrekt. Und du bist mit einem anderen Mann hier.«

»Ich bin mit mehreren Männern hier«, stelle ich klar.

»Noch besser.« Er nickt, aber ich habe nicht den Eindruck, dass er es ernst meint.

»Ich bin mit meinen Freunden hier.«

»Du bist mit Ballentine hier«, entgegnet er mit einem Blick, der mir sagt, dass er unser Arrangement vermutlich doch nicht so gutgeheißen hat, wie ich dachte. Er räuspert sich. »Egal. Das hier ist übrigens Hailey.«

»Er geht zur Maniküre«, teile ich Hailey warnend mit. Sie betrachtet ihn unsicher.

»Zur Herren-Maniküre«, stellt Calloway klar.

»Das ist doch das Gleiche.«

»Ist es nicht!«, unterbricht er mich. »Es ist nicht das Gleiche!«

Ich schüttele den Kopf. »Nagelbad, Nagelhaut entfernen, Nägel in Form bringen –«

»Nägel polieren, durchsichtigen Nagellack auftragen«, ergänzt Brooks mit einem unschuldigen Achselzucken.

»Warum Nagellack?« Ich sehe ihn mit zusammengekniffenen Augen an.

»Brüchige Nägel.«

»Ohh«, gurre ich. »Wie sexy.«

Er verdreht die Augen. »Hailey und ich daten seit etwa drei Monaten.«

Ich starre ihn ein paar Sekunden lang an. »Wir haben uns fünf Monate getroffen.«

Calloway nickt fröhlich.

»Komm schon, Mann«, drängt BJ stirnrunzelnd, und Calloway springt auf, als hätte er nur darauf gewartet.

»Na, Ballentine, in welcher Funktion bist du heute Abend hier? Als ihr Wachhund oder als ihr Lover?«

BJ schiebt sich ein kleines Stück vor mich, die Lippen zu einem schiefen Grinsen verzogen. »Da richte ich mich ganz nach ihren Wünschen.«

»Aha«, Brooks nickt cool. »Also als ihr Schoßhund.«

BJ tritt einen Schritt vor. »Willst du rausgehen?«

Ich sehe Brooks an, dass er nervös wird. Niemand möchte in eine körperliche Auseinandersetzung mit Beej verwickelt werden, schon gar nicht, wenn es dabei um mich geht. Denn wenn es um mich geht, kann Beej nicht klar denken, behauptet Jonah.

Ich lege meine Hand auf BJs Brust und versuche, ihn sanft zurückzudrängen, doch er schreit über meinen Kopf hinweg: »Versuch’s doch, du kleines Stück Scheiße!«

»Woah.« Ich blicke kopfschüttelnd von einem zum anderen und scanne den Raum. Die ersten Handys werden gezückt.

Ehrlich gesagt, ist mir nicht ganz klar, was Calloway bezweckt – er wäre komplett irre, wenn er BJ nach draußen folgen würde.

»Ja, sag’s mir ins Gesicht!«, brüllt er und geht in Kampfstellung. Irgendwie erinnert er mich an den ängstlichen Löwen aus Der Zauberer von Oz. Als würde er gleich die Hände in die Luft recken und schreien: »Fäuste hoch!«

Baxter James Ballentine dagegen könnte alles sein, vom Rugby-Spieler bis zum Avenger – warum Brooks so versessen darauf ist, ihn in einen Faustkampf zu verwickeln, ist mir ein Rätsel. Ich bekomme ein mulmiges Gefühl. Ein mulmiges Gefühl, dass BJ jemanden meinetwegen zusammenschlagen könnte. Wieder mal. Ein mulmiges Gefühl wegen dem, was die Presse morgen schreiben könnte, über uns, über mich. Wieder mal. Manchmal ist man nicht besonders nett zu mir.

»Ich hab’s dir in dein verschissenes Gesicht gesagt, du Schwanz!«, brüllt BJ. Handykameras blitzen, das Personal geht nervös in Habachtstellung.

»Witzig, dass du das erwähnst – weißt du, wem mein Schwanz ziemlich gut gefallen hat?«, gibt Calloway mit einem selbstzufriedenen Grinsen zurück.

Mir klappt die Kinnlade runter. Mit zornig zusammengekniffenen Augen stoße ich meinen Zeigefinger in seine Richtung. »Wag es ja nicht …«

BJ starrt ihn böse an. Plötzlich scharen sich die anderen Jungs um uns.

Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir: »Ballentine in Handschellen abgeführt«, »Tumult um Parks!«, »Magnolia Parks liebt einen Schwanz« (das wird die Sun bringen). Ohne mich schafft Brooks es nie in die Zeitungen, womöglich zieht er deshalb diese Show ab? Die Medien sind ihm wichtig.

Beej starrt Brooks immer noch an und fordert ihn so zu einer Antwort heraus. Für den Bruchteil einer Sekunde hoffe ich, dass Calloway genug gesunden Menschenverstand hat, um einen Rückzieher zu machen. Vergeblich.

»Ihr!«, ruft Brooks und deutet auf mich.

»Das ist sachlich nicht korrekt!«, trompete ich lautstark in die Runde, denn plötzlich erscheint es mir als das Wichtigste, diesen Teil klarzustellen. »Wenn ich ehrlich bin, bist du eine ziemliche Enttäuschung.« Ich werfe dem neuen Mädchen einen entschuldigenden Blick zu.

»Das habe ich schon bemerkt«, sagt sie.

»Das dachte ich mir. Mein Beileid.«

»Hey.« Brooks sieht mich finster an.

Ich ignoriere ihn und drehe mich zu BJ um. Sein Kiefer ist angespannt, seine Fäuste sind geballt, bereit, für meine Ehre zu kämpfen.

»Lass ihn«, sage ich, aber er rührt sich nicht vom Fleck, sondern stiert an mir vorbei auf Calloway. Ich nehme sein Gesicht in die Hände und drehe es zu mir, ohne auf die blitzenden Kameras um uns herum zu achten. Für eine Sekunde ist es mir egal, ob die Daily Mail einen Beitrag über uns bringt – es steht ja doch nichts als Bullshit darin. Alles, was sie über uns bringen, ist Bullshit. Die Welt um uns herum wird schwarz. Mein Fokus ruht einzig und allein auf ihm.

Ich suche seine Augen.

Sein Blick wird weich, genau wie meiner.

»Bring mich nach Hause, Beej«, bitte ich ihn. »Jack muss eine Bombe entschärfen.«

Er nimmt meine Hand und küsst meinen Handrücken. »Scheiß auf David Palmer. Bauer for president.«

Kapitel 2

BJ

Mein Vater wird ausflippen. Für ihn bedeutet der Ruf eines Mannes alles. Er hat leicht reden, sein Ruf ist tadellos. Bei meinem eigenen bin ich mir neuerdings nicht mehr so sicher. Sicher bin ich mir nur, dass mein Vater nicht damit hausieren gehen würde.

»Schon wieder eine Schlägerei, BJ?«, wird er sagen. »Wie oft musst du dich denn noch prügeln, bevor du begreifst, dass es zu spät ist? Du hast Magnolia schon vor langer Zeit verloren.« Genau das werden morgen früh seine Worte sein.

Vermutlich per Sprachnachricht, denn ich habe nicht vor, heute Nacht zu Hause aufzuschlagen.

Keine Ahnung, wie er erfahren hat, dass ich Magnolia verloren habe, nicht sie mich, aber er hat recht. Er weiß nicht, dass er recht hat, er vermutet es nur, was mir tierisch auf die Eier geht. Allerdings bin ich schon daran gewöhnt. An seine Rechtschaffenheit und an die langen Sprachnachrichten mit unerbetenen Weisheiten, die an mich verschwendet sind und die er trotzdem auf mich abfeuert. Vermutlich wünscht er sich, ich wäre anders. Besser. Parks sagt, das stimmt nicht, meine Eltern würden mich wie blöd lieben – was sie auch tun –, aber das heißt nicht, dass mein Dad sich nicht wünscht, ich wäre ein besserer Mensch.

Fuck, das wünsche ich mir selbst.

Die Sprachnachricht wird all das enthalten, was er immer sagt, wenn ich ihretwegen in eine Auseinandersetzung geraten bin. Alle Auseinandersetzungen, in die ich gerate, drehen sich um sie. Weil sie zu meiner Familie gehört. Sie gehören alle zu meiner Familie. So etwas passiert, wenn man ein Internat besucht, man schafft sich seine eigene Familie, und ganz gleich, ob ich Magnolia liebe oder nicht – sie gehört mir.

Und mal ehrlich: Von all den beschissenen Gründen, aus denen ich mich über die Jahre hinweg ihretwegen geprügelt habe, ist der, dass ihr Ex öffentlich verkündet, sie würde seinen verfluchten Schwanz lieben, so gut wie jeder andere.

Genau genommen habe ich mich ja nicht einmal mit ihm geprügelt. DerLMC und dem Loose Lips Magazine wird das egal sein, ihnen geht es nur um eine fette Schlagzeile. Parks sagte, sie würde gleich am Morgen Richard Dennen anrufen und dafür sorgen, dass der Tatler nichts darüber bringt.

Der Wagen hält vor ihrem Anwesen in Holland Park.

»Ein schlichtes, kleines, frei stehendes Haus mit zehn Schlafzimmern in Holland Park«, habe ich sie neulich allen Ernstes zu jemandem sagen hören, einem Verkäufer aus einer ihrer Lieblingsboutiquen, der sie nicht einmal danach gefragt hatte. »Es hat einen Innen-Pool, aber keinen draußen, was jammerschade ist, aber es geht auch so.«

Wir spazieren durch die massive schwarze Haustür, vor der ich sie eine Million Mal geküsst habe, in das Haus, in dem ich sie – ich kann es nicht ändern, das Haus hat nun mal diese Wirkung auf mich – in jeder Ecke geliebt habe. In dem ich sie in jedem Zimmer ausgezogen habe. Das Haus verwandelt mich in einen gottverdammten liebeskranken Sexsüchtigen. Steroidbefeuerte Nostalgie mit einer Tonne Oxytocin, wann immer ich in diesem Foyer stehe – ein ganzes Leben voller Erinnerungen. Ich denke noch immer daran, wie ich sie bei unserem ersten Date mit hämmerndem Herzen und feuchten Händen die geschwungene Marmortreppe herunterschweben sah …

Jemanden so zu lieben, wie ich sie geliebt habe, macht einen ziemlich fertig. Jemanden so fertigzumachen, wie ich sie fertiggemacht habe, macht einen auch fertig.

Extra leise und extra langsam schließt sie die Haustür auf, dann legt sie einen Finger auf die Lippen und bedeutet mir, still zu sein.

»Warum soll ich still sein?«, wispere ich, den Mund dichter als nötig an ihrem Ohr, aber genau dort, wo ich ihn haben möchte.

»Wenn wir Marsaili wecken, schimpft sie mit mir, weil ich dich mit nach Hause bringe.«

»Aha.« Ich nicke, als wäre es kein Schlag in die Magengrube, dass die wichtigste erwachsene Person in Parks’ Leben mich für Abschaum hält. Ihre frühere Nanny, Betreuerin, Beschützerin – sucht euch etwas aus. Soweit ich weiß, war Marsaili MacCailin von Anfang an dabei, hat sie praktisch aus dem Mutterleib gezogen. Sie ist auf jedem Familienfoto zu sehen – die Mutter, die Parks’ Mutter ihr nie war, der Vater, den sie ebenfalls nie hatte. Rote Haare, circa einen Meter fünfundfünfzig groß, hübsches Gesicht, finsterer Blick – zumindest, wenn ich in der Nähe bin. Marsaili – Mars – war einst mein größter Fan, doch inzwischen zündet sie wahrscheinlich jedes Mal, wenn ich einen Raum verlasse, ein Räucherstäbchen an.

»Außerdem wird meine Mutter versuchen, sich an dich ranzuwerfen.«

Ich grinse. Hauptsächlich, weil sie Spaß macht, und ein bisschen, weil sie es alles andere als spaßig meint.

Sie ist keine gewöhnliche Mutter, diese Arrie Parks. Die Taschendesignerin. Superlustig, ziemlich locker. Sie fand es jedes Mal reizend, wenn sie mich mit der Hand unter dem Rock ihrer Tochter ertappte, und sie machte kein Theater, wenn sie uns als Teenager mit Weed erwischte (sie gesellte sich sogar gelegentlich zu uns). Doch am meisten schätze ich an ihr, dass sie trotz all meiner Verfehlungen noch immer mein größter Fan ist.

»Wo ist dein Dad?«, frage ich und sehe mich um. Ich mag das Gefühl, mit ihr allein im Haus zu sein. Als wären wir Kinder, die ins Haus zurückschleichen, nachdem sie sich zuvor hinausgestohlen haben.

»In Atlanta.« Sie zuckt die Achseln. »Kommt irgendwann am Vormittag zurück.«

Ihr Dad – ihr wisst, wer ihr Dad ist, oder? Harley Parks. Der Produzent. Dreizehn Grammys in den letzten zwanzig Jahren, außerdem fünfunddreißig Nominierungen. Der Mann ist eine verfluchte Legende. Irgendwie Furcht einflößend.

Könnt ihr euch vorstellen, wie es ist, die Tochter eines großen, kräftigen Schwarzen zu daten, der 50 Cent in seiner Kurzwahlliste eingespeichert hat? Megastressig, das ist es.

Während der Party zu ihrem siebzehnten Geburtstag habe ich geschwitzt vor Angst, weil ich mir sicher war, ihr Dad hätte Kendrick Lamar und Travis Scott beauftragt, mich im Auge zu behalten und dafür zu sorgen, dass ich nicht aus der Reihe tanze. Parks hat bei jeder Gelegenheit versucht, mich zu begrapschen, weil sie ein bisschen übergriffig wird, wenn sie etwas getrunken hat, und ich musste sie wegstoßen, weshalb sie zickig wurde, was alle lustig fanden. Was für eine beschissene Nacht!

Ich bin froh, dass ihr Dad jetzt nicht zu Hause ist – wenn Parks und ich es miteinander treiben würden, würde ich sie in seinem Bett nehmen, um ihn zu provozieren, aber wir treiben es ja nicht miteinander, und deshalb schlafe ich einfach in ihrem Bett ein, so wie ich es in den meisten Nächten tue.

Womit ich ihn hoffentlich trotzdem ein kleines bisschen provoziere.

Als wir in ihrem Zimmer sind, ziehe ich mein Shirt aus und gehe schnurstracks ins Bad. Sie hat eine seltsame Einstellung zu Duschen und Bettlaken. Kann ohne Dusche nicht ins Bett gehen.

Wisst ihr, wie daneben eine solche Regel ist, wenn man zu viel getrunken hat? Einfach unerträglich. Wir sind deswegen schon millionenfach aneinandergeraten, und ich habe nie gewonnen.

Sie kommt ins Bad, als ich unter der Dusche stehe. Schnappt sich ihre Zahnbürste, dreht sich auf ihrem kleinen, nackten Fuß zu mir um und betrachtet mich. Nur meine obere Hälfte, die untere wird von dieser dämlichen gefliesten halbhohen Wand verdeckt, von der ich mir jeden Tag wünsche, sie wäre nicht da.

Ich weiß, was ihr denkt. What the fuck? Ja, es ist komisch. Wir sind komisch.

Aber ich bin nun mal in sie verliebt, und sie lässt mich nur so an sich heran, also scheiß drauf.

»Lust, mir Gesellschaft zu leisten?«, frage ich sie, worauf sie mir den Mittelfinger zeigt. Aber sie meint es nicht so. Sie verdreht gespielt genervt die Augen, doch ihre Wangen werden rot. Jetzt dreht sie sich um, betrachtet sich im Spiegel und macht ein Riesentamtam um ihr Gesicht, das keinerlei Tamtam braucht.

»Darf ich dir wenigstens beim Duschen zusehen?«

Sie legt die Stirn in Falten. »Ganz sicher nicht.«

Ich lege den Kopf schief. »Ist das nicht ein bisschen scheinheilig?«

Für gewöhnlich macht es sie an, wenn ich den Kopf schief lege. Sie schluckt angestrengt, und ich hasse das hier. Hasse das, was wir sind. Hasse es, dass ich mich nicht einfach auf sie stürzen und sie küssen und sie unter der Dusche nehmen kann. Hasse diese fragile Beziehung, aber sie ist alles, was wir noch haben. Und gleichzeitig das Beste in meinem Leben.

»Gib mir mal ein Handtuch«, sage ich, als ich aus der Dusche trete.

Sie schlägt die Hände vor die Augen und unterdrückt ein Grinsen. »O mein Gott!«

»Ich weiß, ich weiß …« Ich seufze stolz, nur um sie zu ärgern.

»BJ!«, kreischt sie. Ihre Wangen sind inzwischen so rot wie immer, wenn wir gleich … ihr wisst schon.

Sie greift nach einem Handtuch und schlägt damit blind nach mir.

»Pass auf, was du da tust, Parks.«

Die Augen noch immer geschlossen, schiebt sie mich aus dem Bad. Ihre Hände gleiten an meinem Körper hinab. Wir wissen beide, dass das mit Absicht geschieht, auch wenn sie bei allem, was ihr heilig ist, schwören würde, dass es sich um ein Versehen handelt. In einem anderen Leben würde ich das Handtuch fallen lassen, sie bei der Taille packen, sie küssen und sie zu ihrem Bett tragen, aber in diesem Leben knallt sie mir die Badezimmertür vor der Nase zu.

Frustriert ziehe ich die Jogginghose, die Parks mir diese Woche gekauft hat, aus der Kommode und steige in ihr Bett. Sie behauptet, die Kommode wäre nicht »meine Kommode«, aber wir wissen beide, dass sie es doch ist. Ich setze mich auf ihre Seite, damit sie so tun kann, als wäre sie genervt, wenn sie aus der Dusche kommt und mich auf meine Seite schieben muss. Wie ein Junkie nach Drogen lechze ich danach, ihre Hände auf meinem Körper zu spüren.

Zehn Minuten später stolziert sie in einem zartrosa Seidennachthemd von La Perla aus dem Bad. Ich weiß, dass es von La Perla ist, denn ich habe es ihr gekauft. Es ist nicht wirklich sexy. Keine Spitze oder so. Sie würde mich kreuzigen, wenn ich ihr sexy Wäsche kaufe. Einmal habe ich es trotzdem getan, am Valentinstag. Es war den Versuch wert, weil der Valentinstag gleichzeitig mein Geburtstag ist. Ich teilte Parks mit, dass das Geschenk genauso für mich war wie für sie und dass sie mir diesen Gefallen ruhig tun könnte. Sie hat mir die Wäsche an den Kopf geworfen. Am nächsten Tag hat sie sie doch getragen. Nicht, dass sie mir das erzählt hätte, nein, aber sie trug ein durchsichtiges Oberteil zum Brunch, und das am kältesten fünfzehnten Februar, den London seit einem Jahrzehnt erlebt hatte.

Jetzt passiert das, was ich habe kommen sehen.

Ihr Gesicht verfinstert sich, sie kommt auf mich zu, schubst mich, so fest sie kann – was nicht besonders fest ist –, und ich lache, woraufhin sie mich noch fester schubst und ich sie auf mich ziehe. Für ein paar Sekunden bleibt sie so liegen, wobei sie so tut, als würde sie mich auf meine Bettseite schieben, doch in Wirklichkeit versuchen wir bloß, einander zu halten, uns gegenseitig Halt zu geben, so wie es uns noch möglich ist. Es dauert drei, vier, fünf, sechs – sechs Sekunden, bis ihre Augen groß werden, als ihr wieder einfällt, wie sehr ich sie vor mittlerweile fast drei Jahren verletzt habe. Sie rollt sich von mir herunter, die Unterlippe leicht vorgeschoben, was nicht fair ist, weil ich sie nicht küssen darf.

»Alles okay?« Ich sehe zu ihr hinüber.

Sie erwidert meinen Blick, und die Rollkartei in meinem Kopf versucht, eine Anleitung zu finden, die mir sagt,was ich tun kann, damit es ihr besser geht, aber eine solche Karteikarte gibt es nicht. Ich brauche eine verfluchte Zeitmaschine.

Ihre Augen huschen über mich, dann drückt sie ihren Finger auf das Tattoo an meinem Daumen. Ein kleiner Schleifenknoten. Ich habe ihr eine entsprechende Forget-me-Knot-Halskette von Tiffany zu unserem einmonatigen Jubiläum gekauft, was natürlich keine große Sache ist, es sei denn, man ist fünfzehn und hat das Mädchen seiner Träume gefunden. Sie liebte die Kette. Ein paar Jahre später hat sie sie verloren, doch da hatten sie die Kette bereits aus der Kollektion genommen. Es war die erste Tätowierung, die ich mir für sie habe machen lassen.

Sie sind alle für sie – mit Ausnahme von …

»Das ist neu.« Sie fährt mit dem Finger über das Tattoo, das ich mir vor ein paar Tagen auf die Brust habe stechen lassen. Ein Wal. Jonah fand seine Idee originell. Mich stört’s nicht, es ist eh kaum größer als eine Zwei-Pence-Münze.

Ich schneide eine Grimasse. »Habe eine Wette mit Jo verloren.«

Sie sieht mich an. »Hm.«

»Was?«

»Nichts.« Sie reckt die Nase in die Luft. »Ich finde bloß, dass du ein bisschen zu sorglos mit deinem Körper umgehst, das ist alles.« Sie zuckt die Achseln, als würde sie das nicht interessieren, aber ich weiß, dass es das doch tut.

»Bei den anderen zweiundzwanzig hast du dir keine Gedanken gemacht.«

»Weil du sie meinet–« Sie unterbricht sich gerade noch rechtzeitig und wirft mir ein angespanntes Lächeln zu.

Bei den anderen Motiven handelt es sich ausnahmslos um tiefgründigen, mythischen Beziehungskram – Symbole, die nur sie und ich kennen und sonst niemand, außerdem liebe ich es, ihre Spuren auf meiner Haut zu tragen. Früher hat sie ihre Spuren auf andere Weise hinterlassen, aber jetzt nicht mehr.

Sie presst die Lippen aufeinander, nimmt sich zusammen und räuspert sich. »Weil sich die anderen zweiundzwanzig auf einen Menschen beziehen, der sich um deinen Körper sorgt.«

Ich schnaube spöttisch. Nicht nur ihretwegen, sondern auch meinetwegen, unseretwegen und wegen dem, was wir mit unserem Leben machen. »Habe ich deshalb seit drei Jahren dicke Eier?«

Sie sieht mich ungläubig an. »Du hast wahrhaftig mehr Sex als jeder andere Mensch, den ich kenne. Wenn du trotzdem dicke Eier hast, solltest du einen Arzt aufsuchen.«

Ich fange an zu lachen, und sie fängt an zu lachen, obwohl es gar nicht lustig ist, denn sie hasst es, also hasse ich es, aber sie datet, und ich ficke, und genau das ist es, was wir tun, und deshalb lachen wir.

Die Tür zu ihrem Schlafzimmer schwingt auf, und ihre Schwester steht im Türrahmen.

»Aber hallo, wenn das nicht das dysfunktionalste Paar in ganz London ist.« Bridget Parks grinst uns an und verschränkt die Arme vor der Brust. Sie ist zwei Jahre jünger als Magnolia, hat braune Augen, lockige Haare und ist hübscher, als sie denkt, aber das kümmert sie nicht. Bridge ist die beste Freundin meiner jüngsten Schwester Allie.

»Fridget.« Parks nickt ihr zu und setzt sich auf. »Hattest du einen weiteren prickelnden Abend mit deinen Büchern?«

»Ich finde es toll, dass Bildung bei dir immer so klingt, als wäre sie etwas Schlechtes«, spottet Bridge.

Parks wirft ihr einen entrüsteten Blick zu. »Ich bin gebildet«, verkündet sie arrogant.

»Du hast einen Bachelor of Arts«, höhnt Bridge, »was ungefähr das Gleiche bedeutet wie ›Nicht wissen, was man mit seinem Leben anfangen soll‹, und du hast dem Imperial College einen Haufen Geld dafür bezahlt, dass man dir das auf einem Blatt Papier bestätigt.«

»Immerhin« – ich zwinkere ihr zu – »hat sie es aufs Imperial College geschafft.«

Bridge verdreht die Augen. »Als hätte Daddy ihr den Studienplatz nicht gekauft.«

»Colleges brauchen neue Gebäude.« Parks zuckt die Achseln, unbeeindruckt von den Vorwürfen ihrer Schwester. »So läuft’s nun mal im Leben.«

Bridge wirft ihr einen vielsagenden Blick zu. »Tatsächlich?«

»Sag mal, Bridget, wie ist es so, nichts anderes im Leben zu haben außer der Uni, Abhandlungen und Hausarbeiten?« Parks dreht sich zu mir. »Findest du das nicht auch traurig, Beej?«

Ich hebe abwehrend die Hände. »Halt mich da raus, Parks.«

»Wie ich sehe« – Bridget deutet auf Magnolias Bett –, »seid ihr mal wieder am üblichen Punkt gelandet. Gibt es etwas, worüber wir reden sollten?«

»Für ein solches Gespräch bist du ungefähr so geeignet wie eine Kartoffel, Fridge.«

»Ich habe Sex«, knurrt Bridge.

»Mit wem?«

»Mit … Leuten.«

»Leuten.« Magnolia reißt provokativ die Augen auf. »Echt? Plural?« Sie boxt mich in die Seite. »Kaufst du ihr das ab?«

»Plural«, schießt Bridget zurück. »Leider weißt du nicht, wie das ist, denn der Einzige, mit dem du je Sex hattest, ist er.«

Parks’ Wangen fangen an zu brennen. »Wenn du auf die reine Penetration anspielst, vielleicht, aber –«

»Oh, fuck«, stöhne ich.

Es ist immer das Gleiche. So waren sie schon als Kinder. Dabei gibt es auf dem ganzen Planeten keinen Menschen, den Parks mehr liebt als ihre Schwester – außer mir wahrscheinlich.

»Beej.« Bridge deutet mit dem Kinn auf mich. »Wieder mal kein Shirt an?« Sie zwinkert anzüglich. »Herzlichen Dank.«

»War das etwa ein Zwinkern?«, fragt Magnolia, die genau weiß, was es war. »Oder stimmt etwas nicht mit deinen Kontaktlinsen?«

»Hey, Beej«, fragt Bridget, ohne Parks zu beachten. »Tust du uns allen einen Gefallen und bescherst meiner Schwester einen Orgasmus, damit sie nicht mehr so zickig ist?«

»Glaub mir, Bridge«, erwidere ich grinsend, »nichts würde ich lieber tun.«

Magnolia streckt den Arm aus und verpasst mir einen Schlag, der ihr mehr wehtut als mir. Bridget zieht sich kopfschüttelnd zurück und schließt die Tür hinter sich. Als sie weg ist, sehe ich Parks an, und Parks sieht mich an, und dann passiert das Gleiche wie gestern Nacht: Unsere Blicke verschmelzen, bis wir nichts anderes mehr sehen als uns. Meine Augen sind fast genauso weit aufgerissen wie ihre, und wir beide sind erstarrt in dem, was wir einst waren, während alles, was wir in diesem Zimmer getan haben, aus den Wänden schwappt und uns umtanzt wie Geister aus einer anderen Zeit.

Habt ihr jemals jemandem direkt in die Augen geblickt, in denen all das stand, was ihr ihm angetan habt? Das ist verdammt intensiv. Aber wisst ihr was? Sie hat mich auch verletzt.

Sie klatscht zwei Mal in die Hände. Das Licht geht aus, und für ein paar Sekunden starrt sie mich in der Dunkelheit an. Ich liebe sie in der Dunkelheit. Scheiß drauf – ich liebe sie in jedem Licht, auch dann, wenn es kein Licht gibt.

Sie legt sich hin, vergräbt sich unter der Bettdecke, bis nur noch ihr Kopf herausschaut. Wir starren an die Decke. Ihr Atem geht ruhig. Still. Bei Parks gibt es verschiedene Arten von Stille: nachdenkliche Stille, erschöpfte Stille, ungefährliche Stille.

Diese Stille ist bedeutungsschwer und leicht verärgert. Aber sie ist immer ein bisschen sauer auf mich.

Ich kann sie verstehen. Ich hasse mich ununterbrochen für das, was ich getan habe. Ich versuche bloß, es auszublenden. Und das gelingt mir am besten in ihrer Nähe. Selbst, wenn sie nur leise atmet.

Ich stelle ihr unsere Frage. »Wie ist das Wetter dort drüben, Parks?«

»Ziemlich mild«, antwortet sie und robbt näher an mich heran. »Und wie ist das Wetter bei dir, Beej?«

Ich drehe mich auf die Seite, um sie direkt anzublicken. »Blauer Himmel.«

Kapitel 3

Magnolia

Meistens wache ich morgens vor BJ auf. Das war schon so, als wir noch klein waren.

So lange kenne ich ihn nun schon. Seit meiner Kindheit. Henry und ich kamen zusammen in die erste Klasse der Dwerryhouse Prep, eine exklusive Privatschule, wo wir blieben, bis wir nach der sechsten an die Varley High ins Internat wechselten.

Als ich ungefähr sieben war, teilten sich unsere Familien eine Superjacht vor Capri. Wir hatten angelegt, unsere Eltern waren in einer kleinen Strandbar, und wir spielten am Strand, und ich fiel von einem Steg und wurde am ganzen Körper von Austernschalen zerschnitten. Jede Menge Blut. Das ist eine meiner wenigen lebhaften Erinnerungen an Beej vor der Highschool: wie er ins Wasser springt und mich an die Oberfläche befördert. Seine Haare waren damals blonder. »Ich hab dich!«, rief er, als er mich aus dem Wasser zog und ans Ufer schleppte. Ich musste mit zweiundzwanzig Stichen genäht werden.

Er begleitete mich ins Krankenhaus. Warum, wusste ich nicht. Hundert Jahre später gestand er mir, dass er mich schon damals liebte, aber ich schenkte ihm zu jener Zeit keine besondere Aufmerksamkeit. Für mich war BJ bloß Henrys großer Bruder, außerdem stand ich total auf Christian. Was jetzt wahrscheinlich ein wunder Punkt für uns alle ist.

Henry, Paili, Christian und ich waren in derselben Klasse, und für uns gab es nur uns vier. Wir hingen nie mit den älteren Brüdern der anderen ab, der Altersunterschied war in unseren Augen einfach zu groß. BJ und ich küssten uns einmal, als ich dreizehn war. Beim Flaschendrehen. Wir waren bei einer kleinen Party im Haus von Christians Eltern, und der Kuss fühlte sich gut an, aber BJ blieb für mich trotzdem der große Bruder meines besten Freundes.

Je weiter ich in der Schule vorrückte, desto schwieriger wurde es allerdings, Baxter James Ballentine nicht zur Kenntnis zu nehmen. Mit fünfzehn war er bereits ein echter Überflieger, der zwar nicht zu den Klassenbesten zählte, aber ein ziemlich talentierter Rugby-Spieler war. (Talentiert genug, um nach seinem Abschluss sowohl für die Harlequins als auch für Ulster gescoutet zu werden, doch dann zog er sich beim Training vor der Saison einen irreparablen Muskelfaserriss zu). Er trat bei Schwimmmeisterschaften an, spielte Hockey und war Mittelfeldspieler, aber das war nicht der Grund, warum die Leute ihn kannten. Sie wussten, wer er war, weil er diese zerzausten hellbraunen Haare hatte, die ihm einen gewissen Teenie-Sex-Appeal verliehen, dazu dieses schiefe Lächeln, für das ihm die Lehrerinnen ihre Höschen entgegengeschleudert hätten, wenn es sie nicht den Job gekostet hätte.

Ihr kennt doch die drei angesagtesten Dinge an der Highschool? Zerzauste Haare, breite Schultern und skaten?

Er war sozusagen der Hattrick.

Außerdem hatte er diesen Schlafzimmerblick, mit dem er einen ansah, als wolle er einen auf der Stelle ausziehen, obwohl er das nie tat, und wenn er es getan hätte, dann hätte man für den Rest seines Lebens darauf gewartet, dass er es noch einmal tut.

Jeder an der Varley kannte BJ Ballentine.

Jeder in ganz London kannte BJ Ballentine.

Es war in der ersten Schulwoche nach den Sommerferien. Ich war vierzehn. Die Ballentines hatten uns für einige Wochen auf die Kanarischen Inseln eingeladen, und in jenem Sommer stand ich nicht mehr auf Christian, sondern begann, Gefühle für BJ zu entwickeln. Ich fragte mich, ob er mich auch ein klitzekleines bisschen mochte, aber er war schließlich BJ Ballentine, da konnte ich wohl lange träumen.

Eines Tages stand ich zusammen mit Paili in der Schule vor meinem Schließfach, und er kam direkt auf mich zu, legte die Hand auf die Tür und trieb mich in die Enge wie der Inbegriff des Bad Boys in sämtlichen Teenie-Filmen. Nur, dass er kein Bad Boy war. Er tat bloß so. In Wahrheit vergaß er nicht ein einziges Mal den Geburtstag seiner Mum, und er brachte ihr jedes Wochenende, an dem er nach Hause fuhr, Blumen mit. Nach dem Tod seines Großvaters begann er, einmal pro Woche seine Großmutter auszuführen. Bis heute ist Mary Poppins sein absoluter Lieblingsfilm. Mary war sein erster Schwarm. Ich sein zweiter.

Außer Henry gibt es noch drei Schwestern, zwei davon jünger als er, und Beej war ihnen gegenüber schrecklich überfürsorglich. Weder Allison noch Madeline hatten während ihrer gesamten Schulzeit einen Freund, weil sich niemand mit den Ballentine-Jungs anlegen wollte.

Er fuhr sich mit der freien Hand durchs Haar und blickte mit diesem merkwürdigen, neu entdeckten Selbstvertrauen auf mich herab. Als wäre er eines Morgens aufgewacht und hätte festgestellt, dass er der heißeste Junge auf der Welt war.

»Hey, Parks«, sagte er und nickte cool.

»Hi.« Ich erwiderte seinen Blick, denn genau das rieten einem die Mädchenzeitschriften in einer solchen Situation.

»Ich möchte dich zu einem Date einladen«, sagte er.

»Oh.« Mehr brachte ich nicht heraus. Ich blinzelte ein paarmal. »Warum?«

Er lachte, total cool und gechillt, und wenn wir in jenem Moment hinter die himmlischen Gardinen hätten spähen können, hätten wir gesehen, wie die Götter unsere Schicksale miteinander verknüpften, meins und BJs. Verknüpfen im Sinne von verknoten, nicht im Sinne von verbinden. Ich weiß nicht, ob wir jemals voneinander loskommen. Es wird auf alle Fälle nicht leicht werden.

»Dieses Wochenende?«, fragte er.

Ich schürzte die Lippen. »Nein.«

Paili sah mich an, als wäre ich verrückt geworden, und ihm klappte die Kinnlade runter.

Ich schüttelte den Kopf. »Da findet die Jubiläumsfeier meiner Großeltern im Four Seasons statt, die darf ich nicht verpassen. Meine Nanny sagt, sie nimmt mir das Handy weg, wenn ich nicht komme.«

»Oh, shit!« Er lachte. »Da muss ich ja auch hin. Mit meinen Eltern.«

»Oh.« Ich wurde rot.

»Dann bist du also mein Date?«

Ich nickte verhalten, doch es schien mir angebracht, klarzustellen, dass es ein ziemlich langweiliger Abend werden würde.

Er lächelte und verkündete mit blitzenden Augen: »Dann sorge ich eben dafür, dass es lustig wird.«

Und das tat er. Es wurde lustig. Mit ihm ist alles lustig.

Wir gingen zu der Party, und unsere Familien waren überglücklich, dass wir zusammen feierten. Ein wahr gewordener Traum, die Vermählung unserer perfekten Familien. In den Sternen geschrieben, vom Schicksal bestimmt, stellt euch nur die Hochzeit vor – das ganze Gewäsch. Ein merkwürdiger Druck beim ersten Date von zwei Teenagern, die nicht der saudischen Königsfamilie angehören.

Mir machte das alles nichts aus, denn seit dem Moment, als ich die Marmortreppe bei uns zu Hause hinuntergeschritten war und er zu mir aufgeblickt und mich schüchtern angelächelt hatte, war ich ihm hilflos verfallen.

Als wir an jenem Abend an unserem Tisch im Four Seasons am Trinity Square saßen und mein Onkel Tim eine beschwipste Rede für meine Großeltern hielt (»Auf Linus und Annora, meine Freunde und Schwigaeldern, inschpirierendes Vorbild«), fand ich es süß, wie BJ mit meiner Hand spielte, doch plötzlich fiel ihm auf, dass er mir den Schoß mit Brot vollkrümelte. Ich fing an zu lachen und konnte gar nicht mehr aufhören, und er fiel mit ein. Ich erinnere mich, dass Billie Holidays »I’ll Be Seeing You« gespielt wurde, und mein Großvater erhob sich und forderte meine Großmutter zum Tanzen auf, und eine Minute später streckte BJ mir seine Hand entgegen, und ich stand ebenfalls auf, und eine Million Brotkrümel flogen durch die Luft, und wir prusteten erneut los. Er nahm meine Hand und zog mich an sich – ich liebe es, wenn er mich in seine Arme zieht –, dann tanzte er so mit mir, wie alle Jungs aus reichem Haus tanzen, da sie mit Galas und königlichen Hochzeiten aufwachsen, und an jenem Abend tanzte er sich mit Walzer in mein Herz.

Normalerweise behaupte ich, ich würde über die schönen Seiten des Lebens meditieren, wenn ich vor ihm aufwache, doch in Wirklichkeit betrachte ich ihn einfach nur. Obwohl, wenn ich es mir recht überlege: Er ist eine schöne Seite des Lebens. Schmerzvolle Dinge können durchaus schöne Dinge sein, nur für den Fall, dass ihr das nicht wusstet.

Es ist schön, wie er schläft, den Kopf zurückgelegt, den Hals gestreckt, ungeschützt, die markante Kieferpartie noch deutlicher als sonst. Ich schlucke bei der Vorstellung, welche Dinge ich mit ihm anstellen möchte, wenn wir noch Dinge anstellen würden, aber das tun wir nicht mehr. Seine Augenlider öffnen sich flatternd, und er sieht mich ein paar Sekunden lang an. »Woran denkst du?«

»Billie.«

Er reibt sich verschlafen die Augen und lächelt schief. »Ich liebe sie.«

Es hängt zwischen uns in der Luft. Das, worüber wir in Wirklichkeit sprechen. »Ich auch.«

Beej zieht die marineblaue, schmal zulaufende, gestreifte Jogginghose aus Baumwoll-Jersey mit Rayon-Besatz von Thom Browne an – eine andere als die, in der er geschlafen hat, aber das hat nichts zu bedeuten. Es ist schließlich nicht so, dass er jede Menge Klamotten hier hätte, nur eine Schublade voll. Oder zwei. Oder drei. Es sind auch nicht wirklich seine Schubladen, sie gehören mir, und ich gestatte ihm – der Einfachheit halber –, dass er ein paar persönliche Dinge darin verstaut. Jogginghosen, T-Shirts, Unterwäsche und so, außerdem Ombre Leather, den Duft von Tom Ford, den ich definitiv nicht auf mein Kissen sprühe, wenn er nicht bei mir übernachtet, außerdem halte ich es für angebracht zu erwähnen, dass sich auch meine Etikettiermaschine in diesen Schubladen befindet, weshalb keine Rede davon sein kann, dass es sich um seine Schubladen handelt. Außerdem zieht er sich jetzt ein T-Shirt an und ich ein Nachthemd, und wir traben die Treppe hinunter zum Frühstück.

Meine Familie sitzt am Esszimmertisch.

»BJ.« Mein Vater schaut von seiner Açaí Bowl auf und nickt zur Begrüßung.

»BJ«, sagt meine Mutter lächelnd, als wäre es nicht der siebte Tag in Folge, dass sie ihn beim Frühstück sieht.

»BJ«, sagt Marsaili in völlig anderem Ton. Unsere Mars ist nicht gerade großzügig bei der Vergabe zweiter Chancen.

Ich setze mich. Eingeschnappt. »Seht ihr mich eigentlich gar nicht?«

Meine Schwester grinst. »Im Gegenteil. Wir sehen viel zu viel von dir. Was hast du da an? Unterwäsche?«

»Aber nein, Bridget. Das wäre unangemessen.«

»Und das ist …« Bridget deutet auf mein Nachthemd.

»… hübsch anzuschauen«, lässt Beej sich vernehmen, und ich bin mehr als zufrieden mit mir, aber Mars sieht mich tadelnd an.

Mein Vater wirft BJ