9,99 €
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €
Wie oft findet man die große Liebe? »Magnolia Parks - The Long Way Home« ist der dritte Band von Jessa Hastings' Magnolia Parks Universum, dem riesigen TikTok-Erfolg. Es ist fast ein Jahr her, dass Magnolia Parks BJ Ballentine auf den Stufen des Hotels stehen ließ. Seitdem hat sich alles verändert: Magnolia führt jetzt ein Leben in New York und BJ scheint endlich losgelassen zu haben und weiterzuziehen. Doch als beide wieder in London landen und sich erneut begegnen, stellen sie sich die uralte Frage: Wie oft findet man die große Liebe, und vor allem - hatten Magnolia und BJ sie bereits gefunden? Herzschmerz in Londons High Society – Die große Liebesgeschichte um Magnolia Parks und BJ Ballentine hat Millionen Fans auf TikTok zum Weinen gebracht, nun geht sie endlich weiter! Auf Deutsch erscheint Jessa Hastings' Liebesroman-Reihe in folgender Reihenfolge: - Magnolia Parks - Daisy Haites - Magnolia Parks – The Long Way Home - Daisy Haites – The Great Undoing - Magnolia Parks – Into the Dark
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 869
Jessa Hastings
Magnolia Parks
Übersetzt von Constanze Wehnes und Silvia Kinkel
Knaur eBooks
Ich weiß nicht, warum ich sie damals, mit fünfzehn, so einfach an mich ziehen und küssen konnte, obwohl wir noch fast nichts zusammen erlebt hatten – zwei Wochen Urlaub und ein Spiel, in dem ich gemogelt habe, um ihr nah zu sein. Und jetzt bin ich ein erwachsener Mann, und wir haben ein ganzes gemeinsames Jahrzehnt erlebt, Liebe und Tod und alles dazwischen, und ich weiß, dass sie mich liebt, und trotzdem vermassle ich es wieder und wieder.
Aber so oder so bin ich einfach nur froh, jetzt bei ihr zu sein.
Wir sind furchtbar kompliziert, ist mir schon klar, aber in ihrer Gegenwart fühle ich einfach mehr. Mehr … von allem – und nichts. Es ist nicht immer gut. Manchmal ist es mehr Wut, mehr Trauer, mehr Ärger, aber nicht in diesem Moment.
In diesem Moment fühle ich … eine Menge. Mehr Nervosität. Mehr Aufmerksamkeit. Mehr Leben.
Ich liebe sie, euch kann ich das sagen. Aber ihr? Ich weiß es nicht.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de
Triggerwarnung – Hinweis
Zitat
Widmung
TEIL EINS
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
TEIL ZWEI
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Danksagung
Über die Autorin
Liste sensibler Inhalte / Content Notes
Leseprobe »The Great Undoing«
Bei manchen Menschen lösen bestimmte Themen ungewollte Reaktionen aus. Deshalb findet ihr am Ende des Buches eine Liste mit sensiblen Inhalten.
Wind dreht nach Ost, Nebel kommt auf
Der Himmel sieht plötzlich so merkwürdig aus.
Was uns bevorsteht, das zu sagen ist schwer
Doch ich fühle, es kommt was, es kommt etwas her.
– Bert aus diesem Film mit BJs zweitliebstem Mädchen
Für Ben. Eines Tages liest du vielleicht eines meiner Bücher zu Ende, ehe das nächste erscheint. Darauf wetten möchte ich nicht. Aber deine Hand halten, bis ich sterbe.
Magnolia
Hipster gehören nicht gerade zu meiner Lieblingssorte Mensch. Tatsächlich standen sie früher mal ganz unten auf meiner Liste von Lieblingsmenschen, aber von diesem Thron wurden sie gestürzt.
Ersetzt wurden sie von einer – wie man wohl sagen kann – noch schlimmeren Unterart des Hipsters, der Mutation eines Virus, der einem noch mehr auf die Eier geht als das Original. Diese Unterart kommt oft viel ungepflegter daher und ist unglücklicherweise meist zumindest halb nackt. Sie selbst würden sich wahrscheinlich als »Freigeister« bezeichnen.
Sie stehen oben ohne auf irgendwelchen Feldern herum, die sie ganz sicher unerlaubt betreten haben, denn mit vier Stunden die Woche als Barista hinter einem Café-Tresen kann man sich nun mal kein Grundstück leisten. Die Haare verfilzt, die Arme meist sorglos in die Luft geworfen, in der Hand wahrscheinlich auch eine Wunderkerze, und über dieses Foto werden dann jede Menge Filter gelegt, damit es körnig und überbelichtet aussieht, als wäre es nicht von einem iPhone 7 mit Spider-App aufgenommen worden, sondern von irgendeiner Vintage-Kamera, die sie gegen ein Gedicht getauscht haben.
Wenn ich solche Leute sehe, würde ich mir am liebsten Latexhandschuhe anziehen, ihnen ein Hemd reichen, sie ordentlich durchschütteln und ihnen ins Gesicht schreien: »WAS GIBT ES ZU LACHEN, DEINE JEANS SIND VON H&M, VERDAMMT NOCH MAL!«
In New York habe ich tatsächlich schon viele dieser Leute gesehen. In der Subway zum Beispiel spuken viele freie Geister herum – doch damit fahre ich natürlich nie. Vor meinem Apartment gibt es aber eine Haltestelle, deshalb sehe ich sie hin und wieder vorbeihuschen.
Es ist hier einsamer, als ich gedacht habe, und ich hatte mich auf Einsamkeit eingestellt.
Doch anders wäre es nicht gegangen – ich musste alles hinter mir lassen. Ihn hinter mir lassen.
Kein richtiger Umzug. Kein Abschied. Einfach nur der erste Flug aus London, um so weit wie möglich von allem wegzukommen.
Das ist fast ein Jahr her. Nicht ganz, aber fast.
Und jetzt ist alles anders.
Es klopft unaufhörlich an meine Tür.
Ich wohne ganz oben in der 995, Fifth Avenue. Ich habe mich dafür entschieden, weil es mich an London erinnert, jedenfalls sosehr ein Apartment im 16. Stock in Manhattan das vermag.
Das Klopfen ist lauter und drängender als das eines normalen Menschen. Aggressiv, durchdringend und rhythmisch. Klopf-klopf-klopf. Klopf-klopf. Wieder und wieder.
Ich weiß, wer auf der anderen Seite steht, ehe ich die Tür öffne. Was ich nicht weiß, ist, warum sie hier ist oder wie sie überhaupt hierhergekommen ist, ohne dass ich den Türbuzzer gedrückt habe.
Ich öffne die Tür, und da steht sie – die Arme vor der Brust gekreuzt, die Stirn gefurcht hinter ihrer Cartier-Trinity-Sonnenbrille aus Schildpatt, die sie sich jetzt hoch auf den Kopf schiebt, damit sie mich wütend anfunkeln kann.
»Warum dauert denn das so lange?«, knurrt Taura Sax.
»Ich war oben«, gebe ich achselzuckend zurück. »Und ich hatte keine Gesellschaft erwartet.« Ich starre auf ihre Füße hinunter. »Und du wagst es im Ernst, diese Balenciaga-Scheusale in meiner Gegenwart zu tragen?«
»Ich weiß, ich weiß«, ächzt sie.
Ungläubig schüttle ich den Kopf. »Die sehen aus wie …«
»Orthopädische Schuhe«, fällt sie mir ins Wort, »ich weiß ja.«
»Hast du denn gar kein Ehrgefühl, Taura? Kein Fünkchen Selbstachtung?«
»Schon gut.« Sie verdreht die Augen. »Ich trage nur Schuhe, die dir nicht gefallen, ich habe nicht mein Baby verkauft …«
»Vielleicht hätte ich das besser gefunden.«
»Sie sind einfach sehr bequem.« Sie hebt die Schultern, als wäre sie unschuldig.
»Nackt sein ist auch sehr bequem, Taus, aber für alles gibt es eine Zeit und einen Ort. Und für die da …« Ich starre wieder vielsagend auf ihre Triple-S-Clear-Sole-Sneaker aus Nubukleder und Mesh mit Logostickerei. »Der passende Ort für die da ist ein Rehazentrum für alte Leute, die nach einem schlimmen Sturz wieder auf die Beine kommen wollen.« Ich verschränke die Arme vor der Brust und beäuge sie argwöhnisch. »Was machst du eigentlich hier?«
Sie zieht ihren kleinen Koffer von Bric’s durch die Tür und folgt mir in die Küche.
»Ich dachte, du könntest mich brauchen«, sagt sie.
Ich wickle mich fester in meinen weißen Juliet-Kaschmir-Cardigan von Khaite. »Das ist sehr fürsorglich von dir.«
»Nicht wahr?« Sie lächelt selbstzufrieden. »Ich kann sehr fürsorglich sein, wenn du mich nicht gerade für eine durchgeknallte Schlampe hältst.«
Ich werfe ihr einen schrägen Blick zu. »Du bist aber eine ziemliche Schlampe.«
Sie lacht fröhlich. »Stimmt.«
»Ich bin hier, um mit dir nach Hause zu fliegen«, verkündet sie dann.
Ich runzle die Stirn. »Wieso?«
»Weil …« Sie zuckt mit den Schultern. »Du bist seit einem Jahr weg, und die Hochzeit steht bevor, und deine Mutter zieht gerade eine Art ganz private Love-Island-Show ab.« Ich verdrehe die Augen, obwohl das natürlich stimmt. Meine Mutter hat sich der Ankündigung meines Vaters, er würde meine ehemalige Nanny heiraten, wirklich wie ein echter Champion gestellt – wenn man Champions als hochfunktionale, alkoholkranke Flittchen definiert.
»Du sprichst immer noch nicht mit Jonah. BJ hat eine Neue.« Bei diesen Worten beobachtet sie mich scharf, und ich weiche ihrem Blick aus, sehe hinab auf den karierten, stretchigen Sport-BH von Burberry, den ich gerade trage. Er datet eine Neue. Über diese Neuigkeiten machen sich natürlich alle Sorgen. Ich lasse nichts nach außen dringen, keine Regung huscht über mein Gesicht. Fast ein ganzes Jahr habe ich damit verbracht, dieses Biest in meinem Innern zu verprügeln, zu verzurren und zu verscharren, und ihr könnt euren letzten Dollar darauf verwetten, dass es mittlerweile derart geknebelt, gefügig gemacht und unter Drogen gesetzt ist, dass sich nicht die Spur einer Emotion in meinem gefassten kleinen Gesicht abzeichnet.
Trotzig hebe ich eine Augenbraue – sie, die Vertrauenslose, die glaubt, schon beim Klang seines Namens würde mein Herz in die Knie gehen.
Niemals wieder.
»Das werden ein paar harte Wochen für dich«, sagt sie vorsichtig. »Ich bin hier, um dich nach Hause zu bringen. Das machen beste Freundinnen so.«
»Sind wir jetzt etwa beste Freundinnen?«
Sie setzt sich auf die Kücheninsel, und ich reiche ihr ein Glas Pinot Gris.
Jahrgang 2014, Hans Herzog. Zarte Pfirsichfärbung. Trocken, aber nicht zu herb. Erfrischende Tannine.
Ich hatte was mit einem Typen, nur etwa einen Monat lang, und dessen Familie besitzt Weingüter auf der ganzen Welt – Napa in Kalifornien, Burgund, in der Champagne, in Marlborough, Neuseeland.
Der Alkohol war eine zentrale Komponente in unserer Beziehung.
In der Zeit habe ich mir ein paar wichtigtuerische Fähigkeiten angeeignet, wie ein Möchtegern-Sommelier; das Einzige, was ich aus dieser Beziehung wirklich mitgenommen habe.
»Sind wir das nicht?« Sie runzelt die Stirn. »Wer soll denn sonst deine beste Freundin sein?«
Ich zucke die Achseln. »Keine Ahnung. Henry? Meine Schwester?«
»Schwestern zählen nicht.« Sie verdreht die Augen. Sehr blau. Fast wie Saphire. Früher habe ich diese Augen gehasst, aber jetzt sehe ich sie gern an.
»Warum nicht?«
»Weil ich keine habe, deshalb ist es unfair.«
»Okay«, sage ich und verdrehe meinerseits die Augen. »Neben Henry und meiner Schwester bist du meine dritte beste Freundin.«
»Sag das nicht Henry.« Sie wirft mir einen vielsagenden Blick zu, den ich erwidere.
Das würde ich niemals wagen.
Damit würde er mir bis ans Ende meiner Tage in den Ohren liegen.
An dem Tag, als er mit Taura Sax hier in New York auftauchte, hätte ich ihn am liebsten vor ein Taxi gestoßen.
Damals war ich seit etwa fünf Monaten hier.
Henry besuchte mich alle paar Wochen. Macht er immer noch. Es war sein siebter Besuch, und ich wusste damals schon, dass sie aufeinander standen, weil er mir in Cannes erzählt hatte, dass sie miteinander schliefen. Darüber gerieten wir in Streit. Davor hatten wir noch nie wirklich Streit gehabt. Bis auf das eine Mal, als er herausgefunden hatte, dass ich mit Christian zusammen war, aber das war ein Einbahn-Streit gewesen. Außerdem hatte er nur die Fahrt bis nach Hause angedauert, bis ich ihm erzählte, was BJ getan hatte, und dann waren wir sofort wieder in unsere alten, programmierten Bahnen verfallen – deshalb war der Streit in Cannes eine große Sache. Auch aus weiteren, alles andere als idealen Umständen war Cannes eine große Sache gewesen, weshalb ich mit Rush früh abgereist war, ohne mich zu verabschieden. Und ein paar Tage später war er in New York aufgetaucht, mit ihr im Schlepptau. Unglaublich, oder? Er hatte sie einfach mitgebracht!
Nach New York.
In mein Apartment. In mein Zuhause!
Ich starrte ihn in der Lobby an, blinzelte, bis das Bild vor meinen Augen Sinn ergab.
Er kam auf mich zu, mit besänftigend erhobenen Händen.
»Flipp jetzt nicht aus«, begann er. »Und sei kein Arsch.«
Ich funkelte ihn düster an. Er schüttelte den Kopf und umarmte mich dann besonders fest.
»Ich dachte nur … ihr beide wärt jetzt Freundinnen …« Er hob hoffnungsvoll die Augenbrauen. »Jetzt, da du weißt, dass nicht sie Beej gebumst hat.«
Beide lächelten breit und unbehaglich.
Ich ließ meinen Blick ein paar Sekunden lang auf ihr ruhen – ganz unbeeindruckt –, dann wieder auf Henry.
»Tja, aber mit BJ gebumst hat sie trotzdem, also …«
»Jaha.« Taura verdrehte die Augen. »Aber wer hat das nicht?«
Henry gefror zur Salzsäule.
Ein paar Sekunden lang starrte ich sie an.
Und dann schnaubte ich los. Natürlich nicht wirklich. Ich schnaube nicht beim Lachen.
Und so ist es passiert. So hat sich Taura Sax in mein Herz gestohlen und in ein Gebiet vorgearbeitet, in dem sie sich selbst zu meiner besten Freundin erklären kann.
Sie hüpft von der Kücheninsel und wühlt in meinem Kühlschrank.
Viel mehr als Wein und Oliven steht nicht drin, denn ich koche noch immer nicht, dafür kenne ich mittlerweile die Hälfte der Uber-Eats-Fahrer der Stadt beim Vornamen.
Enttäuscht nimmt Taura ein Glas saure Gurken aus dem Kühlschrank, fischt eine heraus und beißt hinein.
»Wie geht’s Tom?«, fragt sie, und ich funkle sie an.
»Woher soll ich das wissen?«
Sie zuckt unschuldig die Schultern. »Kann doch sein, dass ihr Kontakt habt, weiß ich doch nicht.«
Falls ihr es nicht wisst, das sind die Eckdaten meiner letzten Monate: Ich habe London verlassen und bin hierhergeflogen.
Tom ist mir am nächsten Tag gefolgt, einfach um für mich da zu sein, weil das nun mal seine Art ist. Und dann waren wir wieder zusammen. Bis wir es nicht mehr waren.
Es hat ihm wehgetan. Ich habe ihm wehgetan. Wir hockten nicht nur gemeinsam im Schützengraben. Er war vielmehr Schutzschild, Schmusedecke, Schnuller, Wundverband, Nadel und Faden für mein gebrochenes Herz.
Ich legte ihn mir um wie eine Schutzweste. Er hat eine Menge eingesteckt, rückblickend sehe ich das. Er hat so viele Kugeln für mich abgefangen. Und ich glaube, eine dieser Kugeln hat auch sein kleines Herz gestreift, das doch so viel mehr verdient, als ich jemals geben könnte.
Er hat es beendet. Ganz plötzlich.
Ich habe es gar nicht kommen sehen.
Er kam zu Besuch, wir hatten Sex, wir hatten Streit, er ging. Es war schlimm und so unerwartet.
Allein schlage ich mich nicht so gut. Das war schon immer so. Und an jenem Abend – Nachmittag, wenn wir genau sein wollen, denn ich erinnere mich an das kleine bisschen Licht, das sich durch die Jalousien stahl, die wir heruntergezogen hatten, weil ich nicht gern im Tageslicht Sex habe – stritten wir uns über einen Film, und dann ist er einfach abgehauen. Er packte ein paar Sachen aus dem Apartment ein, das eigentlich nur mir gehörte, aber in dem wir zusammen wohnten – ein Handyladekabel, eine Uhr aus einer Schublade, seinen Ersatzausweis –, und dann war Tom verschwunden.
Nachdem er fort war, hatte ich das Gefühl, ich hätte mich mit nichts als einem leichten Cardigan am Leib am nördlichen Polarkreis verlaufen.
Ein beißender Schmerz, von Kopf bis Fuß.
Als wäre ich wieder zurück im Mandarin.
Ich konnte nicht richtig sehen, ich konnte nicht atmen.
Ich starb, wahrscheinlich nur metaphorisch, aber vielleicht auch nicht?
Meine Nachbarin Lucía fand mich. Schleppte mich in eine Bar, wo ich zahllose Fehler mit Rush Evans in einem Garderobenraum beging.
Wir waren on und off, wann immer Rush in der Stadt war.
Ich weiß nicht, wer von uns beiden treuloser war. Ich, die Ex seines besten Freundes. Oder er, der beste Freund meines Ex.
»Eigentlich war Sam immer mein bester Freund«, sagte er manchmal, um unser beider Gewissen zu erleichtern, nachdem wir es getan hatten. Klappte nie.
Er war einen Monat weg, um einen Film zu drehen, und ich stolperte wortwörtlich und betrunken Stavros Onasis in die Arme, dem Sohn des Öl-Tycoons. Das hielt nicht lange, was okay war, denn schon war Rush wieder da. Dann musste er für Reshoots wieder weg, und ich fand diesen Weingut-Boy, Dieter Van Lauers.
Viel mehr gibt es über ihn auch nicht zu sagen. Ich glaube, es hielt nicht mal einen Monat.
Kurz gab es einen Typen aus Südafrika – einen Mann, sollte ich wohl sagen –, Addington Van Schoor, ein Lehrer an der Nightingale-Bamford School. Sehr gut aussehend, aber sonst auch nichts. Einfach nur Chemie und eine Sackgasse. Aber das sind sie doch alle. Das ist wohl der Witz daran.
Rush und ich, wir trieben immer wieder vor und zurück, in unserer Freundschaft mit einer Menge Vorzügen. Er war ein Wrack, und ich war ein Wrack, und wir wussten es beide und hielten es einander nicht vor. Allerdings hielten wir uns oft gegenseitig. Er wurde tatsächlich zu einem meiner engsten Freunde, obwohl ihn das teuer zu stehen kam. Rush bestellte vor mir nie einen Negroni. Einmal sagte er einem Mädchen, sie solle sich verpissen, nur weil sie nach Orangenblüte duftete, und er prügelte sich mit einem Ehemaligen von der Varley, nachdem ich ihm erzählt hatte, dass der in der Schule mal ein Gerücht über mich verbreitet hatte. Er ging mit mir shoppen und ließ sich von mir einkleiden, und er drehte sich abends von mir weg und tat, als bemerke er nicht, dass ich mein Kissen mit Dark Rum von Malin + Goetz einsprühen musste, um einschlafen zu können.
Rush und ich beendeten es offiziell im August, zum Teil, weil es wirklich überfällig war – es wurde langsam kompliziert. Ich glaube, das, was wir waren, geht nur auf begrenzte Zeit, denn irgendwann schleichen sich ein paar Dinge ein – Besitzansprüche und Gefühle, all solche dummen Sachen. Also beendeten wir es. Aber eben auch wegen Jack-Jack.
Jack-Jack ist sein Mitbewohner, schon seit Ewigkeiten. Wir hatten uns über Rush kennengelernt und küssten uns eines Abends aus Versehen, als Rush nicht in der Stadt war. Er war deswegen ein bisschen angepisst, aber auch nicht so richtig, schließlich waren wir offiziell »nur Freunde«. Jedenfalls sagte Rush danach, dass es so nicht mehr weiterginge, denn Jack-Jack sei ein hoffnungsloser Romantiker, und Rush war sich sicher, dass er bereits alles auf eine Karte gesetzt hatte. Unglücklicherweise werde ich nie wieder alles auf eine Karte setzen.
»Erzählst du mir jetzt endlich, was mit Lover-Boy passiert ist?«, fragt Taura mit vielsagendem Blick.
»Nein.« Ich schnappe mir das Glas aus ihrer Hand und trinke es in einem Zug aus. »Nein, werd ich nicht.«
BJ
Sie spitzt die Lippen und bläst Luft aus, nervös, schüttelt sich kurz.
Sie sieht aus, als würde sie gleich in den Ring steigen.
Ich gebe mein Bestes, nicht zu lachen, aber ein schiefes Grinsen kann ich mir einfach nicht verkneifen. Sie zieht die Brauen zusammen und schlägt mir mit der flachen Hand auf den Arm.
»Das ist nicht witzig!« Sie funkelt mich an. Mein Grinsen wird noch ein wenig breiter, aber eigentlich nur wegen ihres Akzents. Australisch. Ziemlich heiß.
»Sie hassen mich«, klagt sie.
»Quatsch«, sage ich und verdrehe die Augen.
Hass ist ein starkes Wort, und meine Eltern können sie gar nicht hassen. Zu Hass sind sie gar nicht fähig. Ich glaube, meine Mutter könnte nicht mal Mussolini hassen, ganz zu schweigen von Jordan Dames, dem einzigen Mädchen, das ich jemals mit nach Hause gebracht habe, abgesehen von … Na, ihr wisst schon. Nein, meine Mum hasst sie ganz sicher nicht.
Meine Geschwister andererseits …
»Jordan!«, flötet meine Mutter, sobald ich die Tür öffne, und J hält ihr einen Blumenstrauß und eine Flasche Wein entgegen. Sie hat auf beidem bestanden. Völlig unnötig, denn Mum mag sie jetzt schon, aber ich sehe, wie Madeline in einer Ecke die Augen verdreht. »Arschkriecherin«, flüstert sie Dad zu, der ihr den Ellbogen in die Seite knufft.
Mum nimmt die Blumen entgegen, küsst mich auf die Wange und verschwindet, um die Blumen ins Wasser zu stellen.
»Was bist du hübsch!«, ruft sie über die Schulter, während sie den Strauß in eine Vase stellt.
Sie hat recht. Jordan ist wirklich hübsch. Schwarze Haare, blaue Augen, großer Mund, jedenfalls für ein weißes Mädchen. Ein bisschen wie ein heißes Schneewittchen.
»Setzt euch doch – wir wollten gerade essen«, sagt Mum.
Jordan setzt sich zwischen Mum und mich.
Schlau.
Schutzwälle zu beiden Seiten.
Henry sitzt auf meiner anderen Seite und nickt ihr zur Begrüßung kurz zu. Er ist ihr gegenüber sehr reserviert, war er schon immer – muss er wohl auch, nehme ich an –, aber zumindest macht er sie nicht fertig, wie unsere Schwestern. Zumindest nicht direkt vor ihr.
Madeline sitzt Jordan gegenüber.
Ich schenke erst Jordan Wein ein, dann mir selbst.
»Jordan.« Mads lächelt sie kühl an.
Wir haben uns über Jonahs unfassbar heiße Cousinen aus Australien kennengelernt, die für den Müll, der sich in Europa Sommer nennt, zu Besuch waren. Zwei Schwestern, Scotland und Taylor Barnes – ich würde, wenn ich könnte, aber ich kann nicht. Das Drama ist es einfach nicht wert. Jedenfalls brachten die Mädels Jordan mit.
Eines Abends lief was zwischen uns, nachdem Manchester United Bristol richtig zusammengestaucht hatte, es lief weiter, und dann blieb sie irgendwie einfach kleben.
Sie wollte eine Weile bleiben. Schob ihr Abschlussjahr an der Uni auf, suchte sich einen PR-Job, übernahm für irgendjemanden in Elternzeit.
Ich fragte sie nie, ob sie meine Freundin sein wolle. Aber bei irgendeinem Abendessen überhörte ich, wie sie sich selbst so bezeichnete, und als ich am nächsten Tag aufwachte, war es überall. Sie ist cool, wir haben Spaß zusammen. Sie darüber aufzuklären, dass ich momentan nicht auf dem Beziehungsmarkt war, schien mir ein unangenehmes Gespräch zu werden, also ließ ich es bleiben. Und jetzt ist es eben, was es ist. Die zweite Beziehung in meinem ganzen Leben, und ich bin einfach so hineingestolpert.
Aber es ist in Ordnung so. Sie ist schwer in Ordnung. Mit ihr ist alles leicht. Sozusagen ein leichtes Mädchen, aber nicht so. Sie ist eben unkompliziert. Und sie trat zu einem guten Zeitpunkt in mein Leben, auch wenn das vollkommen ungeplant war. Da ging es mir schon wieder besser, hatte aber nichts mit ihr zu tun, sondern mit diesem Artikel, den die Sun im September abgedruckt hatte.
Magnolia auf der Met, BJ zurück in der Heimat, betrunken und allein.
Das war der Titel des Artikels.
Stimmte zumindest zur Hälfte. Betrunken, klar, aber selten allein.
Mir war klar, dass Magnolia diesen Artikel gesehen haben musste, dieses Bild, auf dem ich auf einem Stuhl zusammengesackt war, der Blick verschwommen und abwesend. Ich weiß, dass sie meinen Mund besser kennt, als jeder andere Mensch auf dieser Welt es jemals könnte, und ich wusste, sie würde sofort erkennen, dass ich mit jemandem rumgeknutscht hatte. Und natürlich würde sie auch erkennen, dass ich zugedröhnt war. Total high. Wen interessierte es, dass Parks selbst auf dem Cover des Magazins gelandet war, ein Glitzersternchen am Arm von Rush Arschloch Evans. Und dass seine Hand an ihrer Taille mir den Magen umdrehte. Ohne auch nur ein Wort von ihr wusste ich tief in meinem Innern, was dieses Foto in ihr ausgelöst haben musste. Unerträglich, dass sie sich dafür schämte, mich so zu sehen, aber leider gab es daran keinen Zweifel. Sie würde den Artikel gelesen, schwer geschluckt und ihn dann umgedreht und weggeworfen haben. Wahrscheinlich hatte sie ihn unter einem Stapel anderer Zeitschriften versteckt, versucht, die Wahrheit zu vergraben, die Wahrheit darüber, was aus mir geworden war, weil sie sich dafür schämte, mit mir in diesem Zustand in Verbindung gebracht zu werden – und wir werden immer in Verbindung gebracht, selbst wenn wir seit fast einem Jahr nicht miteinander gesprochen haben.
Nach diesem Bild in der Zeitschrift habe ich keine Drogen mehr genommen.
Und dann war da natürlich noch die Therapie, da war ich schon länger dran – Bridget Parks’ Verdienst, darauf verwette ich mein Leben. Was sie natürlich niemals zugeben würde.
Seit das alles passiert ist, hat Bridge nicht mehr mit mir gesprochen, aber irgendwann im Juni, an dem Tag, nachdem ein besonders ungnädiger Artikel über mich in der Mail erschienen war, trudelte ein Brief bei mir ein: zehn bezahlte Sitzungen bei einer der besten Psychologinnen Londons, und dazu eine kurze Nachricht: Oder du hast sie endgültig verloren.
Viereinhalb Monate wöchentlicher Therapiesitzungen später kann ich euch das hier sagen: Wahrscheinlich habe ich sie bereits verloren.
Und ein Teil davon wird sich vielleicht auf ewig anfühlen wie ein Schlag in die Magengrube, aber ich glaube, das ist okay so.
Ich hab Scheiße gebaut.
Aus mehreren Gründen. Einige davon waren vielleicht sogar berechtigt, andere könnten womöglich davonspülen, was ich getan habe, aber Scheiße gebaut habe ich trotzdem. Und niemand hat mich gezwungen.
Und so, wie ich mich aufgeführt habe, musste ich sie früher oder später verlieren.
Ich weiß nicht, warum ich es so lange vor ihr verheimlicht habe. Irgendwann hätte sie es so oder so herausgefunden, und die Möglichkeit, dass sie mich dann abservieren würde, war immer da.
Eine Weile lang hat mich das echt fertiggemacht.
Dass wir vielleicht immer und unausweichlich auf unser Ende zugesteuert waren.
Doch als ich das akzeptiert hatte – dass unsere Liebe womöglich unter einem schlechten Stern stand oder so, ihr wisst schon, Feuer und Schwarzpulver, den gemeinsamen Triumphtod sterben, der ganze Scheiß –, da ging es mir viel besser, als ich gedacht hätte.
Die Therapie fing ich an, um sie zurückzugewinnen, um zu jemandem zu werden, mit dem sie zusammen sein wollen würde, zu jemandem, der ein Mädchen wie Parks verdient. Vorher war ich das ganz sicher nicht, und vielleicht werde ich das auch niemals sein – selbst dann nicht, wenn wir irgendwann tot in der Erde liegen –, aber es kann ja nicht schaden, ein besserer Mensch zu werden.
Ich lege den Arm um meine Freundin.
Meine Freundin. Ein komisches Gefühl, das auszusprechen. Und sehr frisch.
Der Artikel wurde erst vor etwa einem Monat abgedruckt, und seitdem lasse ich mich einfach treiben. Obwohl wir schon länger miteinander abhängen. Wir haben uns Ende August kennengelernt, und seit Ende September läuft das zwischen uns.
Da wären wir also. Es ist fast Mitte November, und im reifen Alter von fünfundzwanzig habe ich Freundin Nummer zwei.
»Wo ist Taura?«, fragt Alison Henry fröhlich.
Henry bringt ein gequältes Lächeln zustande, tut so, als entginge ihm der krasse Unterschied zwischen dem ehrlichen Interesse an Taura Sax und der abschätzigen Art, die sie Jordan entgegenbringt.
Mads hatte irgendwie schon immer Probleme mit den Mädels, mit denen ich meine Zeit verbringe. Allie und Jemima eigentlich nicht, aber keine meiner Schwestern ist mit Jordan einverstanden. Als seien sie alle besessen von dem Geist meiner Ex-Freundin, die in Holland Park lebte und nicht besonders freundlich zu Menschen war, die sie noch nicht kannte.
»In New York, tatsächlich«, antwortet Henry. »Sie ist vor zwei Tagen hingeflogen.«
»Oh.« Dad nickt. »Warum?«
Henry beobachtet mich genau, nervös. Leckt sich über die Unterlippe. »Ähm, um Magnolia nach Hause zu holen.«
»Was?« Jordan stößt Luft durch die Nase aus, amüsiert und etwas verwirrt. »Kann sie nicht allein fliegen?«
Und der Blick, den Henry ihr jetzt zuwirft … Wäre ich ein besserer Boyfriend, würde ich etwas zu ihm sagen. Ich meine, Scheiße, wenn irgendjemand Parks jemals so angesehen hätte, dann hätte ich ihm die Fresse poliert. Aber Jordan ist nicht Parks. Also werfe ich meinem Bruder nur einen strengen Blick zu.
»Sie ist nicht hier aufgewachsen, Hen.«
»Sie können ganz schön gemein zu ihr sein«, sagt Jemima und nimmt ein Schlückchen Wein. Jordan zieht verwirrt die Stirn kraus. »Warum?«
»Weil sie schön ist.« Jemima zuckt die Schultern, als würde sie gerade nicht fröhlich mit Granaten jonglieren.
»Mein Gott, hast du sie auf der Met gesehen?« Al schüttelt ungläubig den Kopf.
»Wieder mit Rush Evans? Sie ist so ein Glückspilz«, schwärmt Maddie.
»Und dieses Kleid!«, sagt Jemima und seufzt. »Versace?«, fragt sie in die Runde.
Es war definitiv Gucci – das sollte ich eigentlich nicht wissen, aber hey. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass sie es für mich angezogen hat. Okay, vielleicht nicht für mich, aber wegen mir? Ein dickes, fettes »Fick dich«, aber Roter-Teppich-Edition. Ich vermisse ihr ganzes Geplapper über Klamotten. Kleider und Mode waren immer ihre Leidenschaft und deshalb auch meine. Sie sieht gut aus, aber das tut sie ja immer. Manchmal ploppen ihre Fotos einfach auf. Algorithmen eben, ihr wisst schon. Und weil ich sie liebe, klicke ich manchmal darauf. Das ist schräg, wahrscheinlich sollte ich das nicht, aber ihr Gesicht ist nun mal ihr Gesicht, und es will angesehen werden.
»Menschen können sehr gemein zu schönen Dingen sein. Ganz ohne Grund.« Meine Mutter schenkt Jordan ein rücksichtsvolles Lächeln, doch ihr Ausdruck verrät, dass sie genau dasselbe Mädchen vermisst, das auch ich noch immer vermisse, obwohl ich nicht sollte. Mum schüttelt den Kopf, schüttelt es ab, und das sollte ich auch tun. »Die öffentliche Faszination für Magnolia war schon immer eine Last, die leider privat geschultert werden musste.«
»Warum interessieren die Leute sich so sehr für sie?«, fragt Jordan, und ich glaube, die Frage ist ernst gemeint, auch wenn für Henry darin beleidigte Leberwurst mitschwingt.
»Weil sie Magnolia Parks ist«, antwortet Madeline. Sollte Parks jemals hören, dass ausgerechnet diese meiner Schwestern sie verteidigt, wird sie vermutlich als glücklicher Mensch sterben. Ich wünschte, ich könnte ihr schreiben, es ihr erzählen, ihr damit den Tag versüßen. Hoffentlich übernimmt Henry das, denn ich darf nicht. Sie würde sowieso nicht antworten. Über Monate habe ich ihr jede Menge Briefe geschrieben. Keine Ahnung, wie viele. Ich habe nie eine Antwort bekommen.
Ich schenke Jordan nach und sehe zu Henry hinüber. »Ist also ein ziemlicher Zirkus?«
»Natürlich ist das ein Zirkus, BJ.« Allie verdreht die Augen. »Sie war nicht mehr zu Hause, seit …«
»Allison«, knurrt Mum.
»Was denn?« Sie zuckt ungeduldig mit den Schultern. »Er weiß doch, dass er sie betrogen hat. Alle wissen das.«
»Allison«, kommt es jetzt auch von Dad.
»Wird denn viel Presse erwartet?«, frage ich meinen Bruder und ignoriere alle anderen.
Henry nickt.
»Viele reisen extra an.« Er zuckt die Schultern. »Du kennst doch Harley.«
»Stimmt.«
»Sie haben ihr einen Flug bei British Airways gebucht und einem geschwätzigen Reiseagenten gesteckt, sie würde am Montag ankommen, aber tatsächlich nimmt sie einen Jet am Sonntag.«
»Clever.« Ich nicke. Ich will fragen, ob es ihr gut geht, aber das darf ich nicht – darf ich nicht, oder sollte ich nicht? Keine Ahnung – wahrscheinlich beides.
»Warum kommt sie denn überhaupt?«, fragt Jordan fröhlich.
»Ähm … unangenehm«, flüstert Madeline gut hörbar und zieht eine Grimasse.
Ich atme langsam aus und werfe meiner jüngeren Schwester einen missbilligenden Blick zu. »Ihr Vater heiratet.«
»Und zwar ihre frühere Nanny«, fügt Allie effekthascherisch hinzu. »Früher ist sie mit uns in den Urlaub gefahren. Das ist alles so krass …«
»Ich glaube, ich habe sie einmal erwischt«, verkündet Jemima.
»Hast du nicht.« Mum verdreht die Augen, während zeitgleich alle Jüngeren nach Luft schnappen.
»Doch! Wir waren alle schwimmen, er hat uns aus dem Wasser geholfen, und da lag seine Hand auf ihrem Hintern, aber als sie gesehen haben, dass ich es gesehen habe, haben sie einfach gelacht und irgendwas gesagt von wegen, es sei sehr rutschig!«
»Igitt!« Madeline verzieht das Gesicht.
»Jedenfalls findet die Hochzeit nächste Woche statt«, sagt Allie. »Wir gehen alle hin.«
»Na ja«, Madeline wirft Allie einen sauren Blick zu. »Jetzt nicht alle …«
»Madeline«, knurrt Dad.
»Was denn?« Sie hebt die Schultern, als wüsste sie nicht, was er meint. Sie weiß es sehr gut. Madeline ist eine erstklassige Manipulatorin. »Sie ist schließlich nicht …«
»Danke, Mads.« Ich werfe ihr einen frostigen Blick zu, und Jordan lächelt mich unbehaglich an.
»Wie auch immer«, springt Henry ein. »Sie bleibt eh nicht lang.« Er sieht zwischen mir und Jordan hin und her, und ich bin mir unschlüssig, ob er mir einen Rettungsring zuwirft oder mir damit etwas sagen will. Ist bei ihm nicht immer leicht zu erkennen, also trinke ich einfach meinen Wein.
Übrigens ist das alles schon okay. Ich bin verdammt noch mal okay.
Ich wusste ja, dass sie kommt, und Henry hat recht. Sie wird nur kurz hier sein, und dann ist sie wieder weg. Dann wird alles wieder normal.
Oder zumindest wieder so wie jetzt … Was immer »jetzt« auch ist.
Parks ist weg. Und das ist jetzt normal.
Das restliche Abendessen über ist Jordan ziemlich ruhig, und wir bleiben nicht lange, auch weil meine Schwestern Henry um jedes noch so kleine Schnipselchen an Neuigkeiten über Magnolia und Rush belagern. Doch weil er ihnen nichts erzählt, werden sie immer penetranter und nerviger, und da ich es sowieso nicht hören will, danken wir Mum für das Essen und verabschieden uns schnell.
Wir gehen die Straße hinunter, dann bleibt Jordan plötzlich stehen und sieht mit schmalen Augen zu mir hoch. »Warum nimmst du mich nicht mit?«
Ich sehe sie bedeutungsvoll an. »Es ist die Hochzeit des Vaters meiner Ex-Freundin. Da kann ich doch nicht meine neue Freundin mitbringen.«
Sie schüttelt den Kopf, offensichtlich verärgert. »Warum bist du dann überhaupt eingeladen?«
»Weil«, ich zucke die Schultern, »es die Londoner High Society und der ganze Scheiß ist. Es würde mich nicht sehr überraschen, wenn auch ihre Mum eingeladen ist.«
Sie sieht mich noch immer misstrauisch an, doch ich glaube, sie versteht, was ich meine. Hoffe ich jedenfalls.
Dann werden ihre Züge etwas weicher. »Warum hast du es mir nicht erzählt?«
»Weil es keine große Sache ist.« Ich zucke abwehrend die Schultern.
Das ist eine Lüge. Das spüre ich in meiner Brust, noch während ich es sage.
Jordan verdreht die Augen. »Klingt eher, als sei sie immer eine große Sache.«
»Ach ja?« Ich lege ihr den Arm um die Taille. »Und woher willst du das wissen?«
Sie sieht mich scharf aus dem Augenwinkel an. »Bei der Arbeit fragen alle ständig nach ihr, als wüsste ich, dass sie diesen Typen datet, der in diesen ganzen dämlichen Filmen mitspielt.«
Mit »dämliche Filme« meint sie die erfolgreichste Filmreihe der Welt, aber ja, »dämliche Filme« trifft es auch.
Das Ganze nervt sie. Zum Teil, weil sie es nicht versteht, und das ist schwer, und zum Teil, weil mindestens einmal die Woche, wenn wir unterwegs sind, irgendeine Sechzehnjährige auf uns zukommt und Jordan bittet, ein Foto von ihr und mir zu machen. Und dann fragen sie meistens, ob Magnolia wirklich mit Rush zusammen ist. In der Presseerklärung hieß es, sie seien nur Freunde, und laut Henry stimmt das auch. Ich glaube, er sagt die Wahrheit. Wüsste nicht, warum er lügen sollte.
Ich habe ihn mal gefragt, ob sie miteinander schlafen, und er sagte Nein, aber ich weiß nicht … Dieses Foto aus Cannes, Rushs Hand an ihrer Taille, irgendetwas war da. Vielleicht behält Henry einige Dinge über sie für sich, wie er es für mich nicht tun würde.
Jordan seufzt leise, aber hörbar.
»Hör mal, Jords …« Ich schüttle den Kopf, um sie ein wenig zu besänftigen. »Wahrscheinlich wird sie nicht mal mit mir reden. Mich wie die Pest meiden.«
Sie sieht hoffnungsvoll aus. »Wirklich?«
Ich nicke.
»Sie hasst mich«, sage ich. Und ich schaffe es sogar, den Todessound aus Super Mario Bros. zu verbannen, der bei diesem Satz sonst immer durch das Universum schallt.
Sie ist erleichtert, das erkenne ich in ihrem Gesicht.
»Und Hen hat recht – sie wird kaum hier sein. Du wirst gar nicht bemerken, dass sie überhaupt da war.«
Das ist natürlich ebenfalls eine Lüge, aber das macht nichts, denn Jordan hat nie ein London gekannt, in dem Parks und ich zur selben Zeit existierten.
Sie hat keine Ahnung. Versteht das alles nicht. Weiß nichts von den Augen und den Fotos. Weiß nicht, wie wir uns verhalten, wenn wir im selben Raum sind. Dass wir Magneten sind, wie wir einander ansehen, uns finden.
Sie weiß nicht, dass ich ein Wolf bin und Parks der Mond, deren Name ich geheult habe, seit ich fünfzehn Jahre alt war.
Jordan weiß nicht, wie Parks und ich sind.
Waren.
Ich meine natürlich: waren.
Sie lächelt noch ein wenig mehr, entspannt sich, nimmt meine Hand in ihre. Drückt einen Kuss darauf. Ich presse sie gegen mein Auto. Küsse sie. Es ist Absicht, aber ich denke nicht an Parks, wenn ich sie küsse, so unglaublich es klingen mag.
Ich denke auch nicht an Parks, wenn ich mit Jordan schlafe. Jedenfalls versuche ich das. Manchmal fällt mir das schwerer – so wie jetzt, da wir gerade über sie gesprochen haben.
Um das klarzustellen: Jordan ist so was von heiß.
Wahrscheinlich macht sie es auch damit einfacher, weil sie überhaupt nicht wie Parks ist, selbst im Dunkeln. Ihr Körper fühlt sich so anders an. Jordans Körper ist athletisch, Brüste, Hintern, Kurven. Sie ist total cool, umgänglich, lässig. Sie ist witzig. Ausgeglichen. Trinkt Bier. Trägt Jeans. Bindet sich die Haare zu so einem Mädchenknoten auf dem Kopf.
Sie ist unkompliziert.
Sie vertraut mir.
Na ja, wahrscheinlich habe ich ihr einfach noch keinen Grund gegeben, mir nicht zu vertrauen.
Um ehrlich zu sein, bin ich ganz schön aufgeregt, Parks wiederzusehen.
Bin nervös, dass sie mich wieder fertigmacht. Und das wird passieren, denn sie macht mich immer fertig – wenn auch manchmal auf eine Art, die mir gefällt.
Aber es ist halt einfacher, eine Frau zu daten, die einem nicht ständig das Herz aus der Brust reißt. Und das tut Parks immer und immer wieder. Sie kann nichts dafür. Ein Blick in ihre dämlichen Augen, und ich bin verloren. Oder zumindest war es früher so – ich schüttle den Kopf über mich selbst, starre hinunter auf meine Freundin.
Das ist vorbei.
Fuck noch mal. Bitte, das ist vorbei.
Magnolia
Meine Schwester wirft sich mir in die Arme, sobald ich durch die Tür trete.
Dabei sehen wir uns ständig. Sie fliegt nach New York, oder wir treffen uns irgendwo in Europa, wenn ich für die Arbeit verreisen muss. Seit unserem letzten Treffen sind aber schon etwas mehr als zwei Wochen vergangen.
Sie hebt mich von den Füßen, obwohl sie kleiner ist als ich.
»Du bist zu Hause!«, quietscht sie aufgeregt, und ich schäle sie mir vom Körper.
»Zu viele Emotionen, Fridget. Und du zerknautschst mein Kleid.«
Tüllkleid im Ballerinastil von Miu Miu, dazu die Pumps mit Blumen-Cut-outs von Dolce & Gabbana.
Meine Schwester versetzt mir einen leichten Klaps auf den Arm. »Wie war der Flug?« Sie zieht einen meiner Koffer ins Haus und sieht mich vorwurfsvoll an. »Wie viele davon hast du mitgebracht?«
»Hmm?« Ungerührt erwidere ich ihren Blick. »Oh. So zwölf?«
»Du bist eine Woche hier!« Sie blinzelt.
»Eigentlich«, entgegne ich und lasse meinen Blick von ihr zu Taura gleiten, »bin ich knapp drei Wochen hier.«
»Echt?« Taura schleppt eine weitere Tasche durch die Tür, dann geben wir auf und lassen den Rest draußen stehen. Dafür gibt es schließlich Väter, oder? Andererseits, woher sollte ich das wissen? Meiner war bisher ziemlich nutzlos.
»Drei Wochen?«, fragt Henry und steckt den Kopf aus dem Arbeitszimmer. »Warum das?«
»Hab ein paar Meetings für die Arbeit«, erkläre ich achselzuckend. Das ist eine kleine Lüge, aber was soll ich sonst sagen? Wegen des dritten Dezember?
Würden sie nie verstehen, nicht mal Henry.
Ich falle ihm in die Arme, er drückt mich an sich und gibt mir einen Kuss auf den Kopf, schnuppert. »Deine Haare riechen komisch.«
Ich runzle die Stirn. »Das ist das Philip B White Truffle Shampoo – magst du’s nicht?«
Er verzieht das Gesicht. »Warum würde man wollen, dass die Haare nach einem Pilz riechen?«
»Es ist superteuer«, entgegne ich mit zusammengezogenen Brauen.
»Das ist keine Antwort auf meine Frage.« Er schüttelt den Kopf.
»Ich benutze Herbal Essences von Clairol«, verkündet meine Schwester.
»Damit würde ich jetzt nicht angeben«, sage ich.
Henry packt Bridget an der Taille und schnüffelt an ihren Haaren. »Gib ruhig an, Bridge. Du duftest wie eine verdammte Waldwiese.«
Ich hake mich bei Taura unter und gifte die beiden an – vor allem meine Schwester.
»Das ist also dein Outfit für mein großes Willkommen, du Bauerntrampel?«
Sie sieht an ihrem grünen Jogginganzug hinunter, dann wieder zu mir, zieht die Augenbrauen zusammen. »Hey, immerhin trage ich diese dämlichen Puffy Slides von Chloé, die du mir gekauft hast.«
»Also, mir gefällt’s.« Henry legt meiner Schwester beschützend den Arm um die Schultern.
»War ja klar.« Ich beäuge sein Wild-Thang-T-Shirt von Golf Wang und die schwarze, mit Logo bestickte Jogginghose von Vetements. »Sagt mal, habt ihr beide einen Jogginghosenpakt geschlossen, um alle runterzuziehen, oder ist während meiner Abwesenheit hier einfach nur alles den Bach runtergegangen?«
Meine Schwester tritt nach mir, und ich beschimpfe sie und weiche ihrem dämlichen, schlaksigen Bein aus, weil ich keinen Schmutz auf meinem weißen Kleid will.
»Wo sind denn alle?« Ich bin angepisst, dass das Empfangskomitee nach meiner glorreichen Rückkehr nach London nur aus meiner Schwester, meinem besten Freund seit Kindertagen und meiner neuen besten Freundin besteht.
Ich weiß aber auch nicht, wen ich sonst erwartet hatte. Christian vielleicht? Mit Jonah habe ich noch gar nicht wieder gesprochen. Aber Marsaili mit Blumenstrauß und einem Willkommensbanner wäre doch ganz nett gewesen, oder?
»Da drin.« Bridget nickt zur Esszimmertür, hält kurz inne. »Das Essen steht auf dem Tisch. Du bist fast eine Stunde zu spät – also ganz typisch.«
Ich zucke mit den Schultern, ungerührt. »Dann hätte Harley mir die G700 schicken sollen, nicht die Bombardier. Damit wird er jetzt leben müssen.«
Taura stellt sich vor Henry, und der schiebt die Hand unter ihren Get-Back-Print-Baumwollpullover aus der Stella McCartney x The Beatles-Kollektion.
»Womit genau?«, fragt sie und sieht mich fragend an. »Dass das Kartoffelgratin kalt wird?«
Spielerisch ziehe ich die Stirn kraus. »Was ist denn eine ›Kartoffel‹?«
Henry legt mir den Arm um die Schultern. »Daraus wird Wodka gemacht.«
Bridget stellt sich uns in den Weg und sieht uns nacheinander an.
»Also, auf der anderen Seite dieser Tür wartet großes Familiendrama …«
Ich verdrehe die Augen. »Na großartig.«
»Babuschka redet nicht mit Marsaili …«
»Warum nicht?«, unterbreche ich sie.
»Weil Marsaili sie nicht als Brautjungfer will«, erklärt Taura.
Sie verbringt hin und wieder Zeit mit Bridget, habe ich gehört. Das ist schön. Ich bin froh, dass sie einander haben, solange ich weg bin.
»Mums neuer Bottom ist hier …«
»Mums was?«
»BOTM. Boyfriend of the Month. Bottom.«
»Das ist ja ekelhaft Bridget. Kannst du dir nicht eine andere Abkürzung ausdenken?«
Henry lacht.
»Dad hasst den Bottom …«
Henry legt den Kopf schräg. »Das ist ja interessant.«
»Fragt immer wieder, warum er hier ist.«
»Berechtigte Frage«, gibt Taura zu bedenken.
»Und Mum ist wütend auf Onkel Alexi. Der ist eingeschnappt, weil er nicht eingeladen wurde.«
»Der Bruder eurer Mum ist sauer, weil er nicht zur Hochzeit ihres Ex-Manns eingeladen wurde?«
Bridget zuckt hilflos mit den Schultern. »Ich kann nur sagen, wie es ist.«
»Wow.« Ich blinzle. »Ich war hier wirklich der Kleber, der alles zusammengehalten hat, oder?«
»Klar«, sagt meine Schwester sarkastisch. »Daran liegt’s.«
Und dann drückt Henry die Tür auf.
Mum erhebt sich als Erste.
Die Hände auf meine Schultern, Küsschen-Küsschen auf beide Wangen, indem sie mit ihren eigenen dagegenstupst.
»Willkommen zu Hause, Schatz.«
»Ich bin nicht zu Hause.« Ich lächle sie höflich an.
Mein Vater steht auf und zieht mich in eine Umarmung, steif und unbehaglich für uns beide.
»Ich bin so froh, dass du zu Hause bist, Schatz.«
»Ich bin nicht zu Hause«, wiederhole ich mit einem knappen Lächeln.
Marsaili hält kurz mein Gesicht in ihren Händen und lächelt liebevoll, ehe sie mich umarmt.
»Willkommen zu Hause, Magnolia«, flüstert sie. »Ich bin nicht zu Hause«, flüstere ich zurück. Sie sieht mich eindringlich an. »Doch, das bist du.«
Ich setze mich zwischen Henry und Babuschka, drücke zur Begrüßung ihren Arm.
»Wo warst du?« Sie sieht mich entrüstet an.
Meine Gesichtszüge drohen zu entgleisen. »In New York.«
»Seit wann?«
Ich sehe mich unbehaglich im Raum um. »Seit fast einem Jahr. Ich lege den Kopf schräg. »Du hast mich letzten Monat besucht? Wir sind nach Bedford gefahren, um Martha Stewart zu besuchen? Und sie hat dir einen ganz besonderen Moscow Mule gemixt?«
»Vielleicht einen zu viel?«, fragt Marsaili.
»Man muss dazusagen«, wirft Taura achselzuckend ein, »sie ist nicht gerade zimperlich, diese Martha. Die schenkt gern mal etwas mehr ein.«
»Wer nicht?« Mum nickt anerkennend. »Ach, Magnolia, Schatz, Henry – das hier ist Enzo.« Sie deutet auf ihren Bottom, der einfach nur dasitzt und nett lächelt.
Freut sich wie ein Schneekönig, hier zu sein, der alte Enzo.
Irgendwie sieht er wohl auch ganz gut aus. Wenn man auf Euro-Trash und Bratwurst steht. Ich weiß selbst nicht so ganz, was ich damit meine, aber es passt.
»Magnolia«, singt er meinen Namen mit starkem italienischem Akzent. »Ische freue mich, das berühmte Baummädchen kennenzulernen …«
»Was?«, flüstere ich und blicke meine Schwester fragend an, die nur den Kopf schüttelt und sich das Ohr reibt. »Sein Englisch ist nicht so gut.«
Enzo steht auf, um mich zu umarmen, doch ich strecke abwehrend die Hand aus.
»Oh, nein, nein.« Ich schüttle den Kopf und tätschle ihm stattdessen den Arm. »Danke, Enzo. Wir müssen uns nicht umarmen. Aber ich freue mich sehr, dich kennenzulernen – hier. Jetzt. An meinem allerersten Abend zurück in London, bei einem Abendessen mit der Familie und meinen engsten Freunden.« Ich schenke ihm ein höfliches Lächeln.
Er deutet eine Verbeugung an.
Marsaili fängt meinen Blick auf.
»Enzo ist Nummer …«, beginnt mein Dad und zählt an seinen Fingern ab.
»Harley …«, knurrt Mars.
»восемь«, sagt Babuschka, als Bridget »acht« sagt.
Mum nippt gleichmütig an ihrem Wein und wedelt wegwerfend mit der Hand.
»Und, hast du was von BJ gehört, Schatz?«, fragt sie dann.
»Habe ich nicht«, gebe ich mit hocherhobener Nase zurück. »Und das werde ich auch nicht.«
Ich erwische Bridget dabei, wie sie die Augen verdreht.
»Was?«, pflaume ich sie an. »Hab ich wirklich nicht. Und werde ich nicht. Und ich hasse ihn, und außerdem ist unsere Liebe tot.«
»Oh!«, seufzt Mums Bottom traurig.
»Nein, nein, Enzo.« Ich schüttle den Kopf und lächle ihn kurz an. »Das ist nicht traurig, das ist befreiend.«
»Ach ja?« Henry legt den Kopf schief, und ich knuffe ihm den Ellbogen in die Seite.
»Ich bin sehr empowert. So wie in diesem Film mit dem Liebesfarn? Der stirbt. Und es geht ihr gut. Sie ist sogar erleichtert.«
»Iste deine Pflanze auch tot?«, fragt Enzo ein wenig verstört.
Taura schüttelt den Kopf. »Dreht sie nicht völlig durch, als der Liebesfarn in dem Film stirbt?«
Ich sehe sie mit schmalen Augen an.
»Äh … nein. Nein, hört mal alle her. Ich habe – ganz metaphorisch –«, versuche ich es für Enzo zu verdeutlichen, »die – metaphorische – Pflanze unserer Liebe in der Wüste abgeladen und sie willentlich dort zurückgelassen. Nur um das klarzustellen: nicht traurig.« Ich sehe Henry streng an. »Sehr empowert.«
Ich werfe Taura einen verzweifelten Blick zu.
Bridget überlegt ein paar Sekunden. »Was für eine Pflanze war es denn eigentlich? Eure metaphorische Liebespflanze?«
Ich strecke ihr die Zunge raus, ehe ich mich zu einer blöden Antwort auf ihre blöde Frage herablasse. »Keine Ahnung – irgendetwas Ultralangweiliges, ein hässlicher Busch. Vielleicht ein Buchsbaum. Potthässlich.«
»Also ein immergrünes Gewächs? So eine Pflanze, die niemals stirbt?«
»Was?« Ich schüttle den Kopf. Hen wirft mir aus dem Augenwinkel einen amüsierten Blick zu. »Nein! Ich meine … nein, das … Ich verstehe, was du mir damit sagen willst, aber nein.« Fuck. »Ich hab’s mir anders überlegt. Es war eine Englische Rose. Eine total empfindliche, total blöde Blume. Hält nix aus.«
»Ah.« Bridget nickt sarkastisch. »Die metaphorische Pflanze eurer Liebe ist also die schönste Blume überhaupt und aller Zeiten.«
Ich sehe sie fassungslos an.
»Was zur Hölle, Bridget? Bist du jetzt auch noch Freizeitbotanikerin?«
Taura lacht.
»Und nein … also ja, aber nein.« Ich sehe meine Schwester streng an. »Klar. Von außen sieht sie schön aus, aber sie hat richtig viele Dornen. Unheimlich piksige Angelegenheit. Außerdem steht sie jetzt in der Wüste. Wo sie niemand sehen kann. Oder gießen kann. In der Wüste hat sie keine Chance. Da draußen kommt sie auf jeden Fall um. Hundertprozentig tot. Und Rosengeister gibt es nicht, also alles super.«
Ich stürze mein Glas Wein hinunter und dann auch noch Henrys. Den Rest des Abends halte ich den Kopf möglichst unten.
Mein Zimmer sieht unverändert aus.
Perfekt erhalten, und das fühlt sich kurz an wie hundert feine Nadelstiche in mein Herz – mein Zimmer erinnert mich so sehr an ihn –, doch dann trinke ich einfach noch ein Glas Wein, und der spült diese Gefühle davon.
Oder ertränkt sie.
Bridget fläzt sich auf mein Bett, genau da, wo er früher immer lag.
»Alles okay?«
Ich blinzle ein paarmal, wahrscheinlich ein paarmal zu oft, weil wohl nicht alles okay ist, aber ich lüge, denn das ist einfacher.
»Super.« Ich nicke.
Sie nickt zurück, und mir ist klar, dass sie mich durchschaut.
Und dann lächelt sie. »Rosengeister …«
Henry
21:52 Uhr
Bist du bereit, ihn zu sehen?
Wen?
…
…
Lassen wir das
Einverstanden
Antworte mir einfach
Nein, ich bin nicht bereit, ihn zu sehen
Und er?
Nicht die Regeln brechen.
Sorry.
Wir sehen uns morgen.
Das wird schon.
Magnolia
Ich habe aus der Ferne viel bei den Hochzeitsvorbereitungen geholfen.
Die Farben, die Blumen, die Kleider – Marsaili hat zwei Schwestern, beide ebenfalls Brautjungfern. Die ältere, die es irgendwie geschafft hat, mir den Titel als Trauzeugin wegzuschnappen, läuft herum wie Christopher Walken und ist ungefähr so einfallsreich wie ein Backstein. Die jüngere – oder »die Doofe«, wie Bridget und ich sie getauft haben – ist genauso unbrauchbar.
Bridget eigentlich auch. Sie hat versucht, sich einzubringen, aber mit ihrem Vorschlag, Rosen und Ranunkeln zu kombinieren, hat sie sich natürlich selbst disqualifiziert.
Allerdings hat die ganze Planerei mir wirklich gutgetan. War eine Beschäftigung. Denn wie sich herausstellte, habe ich in London sehr viel Zeit mit meinen Freundinnen und Freunden verbracht. Und in New York kannte ich einfach nicht so viele Leute, die ständig Zeit hatten.
Rush, natürlich, wann immer er in der Stadt war. Und Lucía Nieves-Navarro, meine abgedrehte Nachbarin, eine Telekom-Erbin aus Mexiko, die auf derselben Etage wohnt. Im Lauf des Jahres habe ich noch ein paar andere kennengelernt, aber in New York sind einfach so viele auf Durchreise.
Ich musste zwar auch oft für die Arbeit verreisen – ich hatte durchaus zu tun, musste dies und das erledigen –, aber mir war wohl einfach noch nicht richtig bewusst geworden, wie viel meiner Zeit ich mit BJ und Paili verbracht hatte.
Paili lebt jetzt in Spanien, wie ich gehört habe. Die Spanische Grippe gibt es ja wohl nicht mehr so richtig, aber wenn doch, dann hoffe ich, sie steckt sich richtig an.
Wie auch immer.
Die Hochzeit findet in der St George’s Church statt. Natürlich. In London kann man selbstverständlich nur in der St Paul’s Cathedral heiraten, aber da will ich heiraten, und deshalb habe ich ganz subtil dafür gesorgt, dass Marsaili gar nicht erst darauf kommt.
Fünfundzwanzig Minuten nachdem die Hochzeit beginnen sollte, erreichen wir den Hanover Square, aber dafür bin ich nur zum Teil verantwortlich. Schuld ist vor allem Londons entsetzlicher Verkehr, und ein bisschen auch Bridgets Schnapsidee, ihr »Make-up selbst zu machen«. Hättet ihr jemals mitansehen müssen, wie Bridget versucht, sich zu schminken, dann wüsstet ihr, warum wir spät dran sind, denn auch ihr hättet ihr diese dunkelfuchsiafarbene, hochpigmentierte Abscheulichkeit aus den farbenblinden kleinen Händen gerissen.
Marsailis Kleid ist umwerfend.
Aus Pronovias’ Sommerkollektion 2022, The New Oasis Collection – das Kufra-Kleid.
Asymmetrischer Ausschnitt, ein langer Ärmel, auf der anderen Seite ganz trägerlos, ein eng anliegender Meerjungfrauenschnitt mit etwas Strass und einer zurückgenommenen, aber sehr hübschen Schleppe.
Die Trauzeugin trägt ein taubenblaues Kleid von Marchesa mit Rüschen an den Schultern, das an meiner Mutter wie eine Oscar-Robe ausgesehen hätte, an dieser Frau aber eher wirkt, als wäre sie auf den Weihnachtsball in Hogwarts eingeladen.
Die Doofe trägt ein einfaches, seidenes Cape-Dress von Valentino, das sehr edel aussieht, in einer Art unaufdringlichem … ich will nicht sagen, Flieder, denn Flieder ist keine Farbe, aber es ist auch nicht nicht fliederfarben.
Bridge habe ich in ein wunderschönes babyblaues Kleid von Tony Ward gesteckt, fließender Tüllrock und hinreißende Puffärmel. Außerdem habe ich sie in die Anilla 100 Crystal-Pumps von Jimmy Choo gezwängt. Ehrlich gesagt sieht sie ein wenig aus wie Cinderella, und ich bin fast ein bisschen neidisch, aber offensichtlich fühlt sie sich schön, und deshalb köchelt meine Eifersucht auf gesunden dreißig Prozent vor sich hin.
Und ich? Ein Kleid von Elie Saab, Couture-Runway Frühling 2011; ich habe ihn gebeten, es extra für mich noch einmal nähen zu lassen. Schönes, pastelliges, leuchtendes Lila. Durchsichtige Spitze, die sich an meinen Körper schmiegt, drapierte, schimmernde Seidenorganza, in der Taille gegürtet. Dazu trage ich die perfekt passenden Carrie Crystal Bow Mules 75 von Aquazzura.
Wir alle halten Bouquets aus Hortensien, Lavendel und weißen Rosen in den Händen, das Farbkonzept der Hochzeit ist zum Sterben schön, und wenn ich das sage, will es etwas heißen.
Ich bin nervös, stehe hier draußen rum und warte darauf, hineinzugehen.
Erst Bridget, dann ich.
Ich weiß, dass ich ihn gleich sehen werde. Ich weiß, dass er da ist. Es war eine große Sache – eine Riesendiskussion in unserer Familie. Alle kamen rübergeflogen, um mit mir darüber zu sprechen.
Sind mit mir essen gegangen, zu Nobu, um mich milde zu stimmen. Bridget fand es total unangemessen, dass er überhaupt eingeladen werden sollte. Mein Vater und meine Mutter sagten beide, man müsse ihn einladen, weil auch der Rest der Ballentines eingeladen war, und dann sagte mein Vater, meine Mutter solle die Klappe halten und was sie überhaupt hier mache. Und dann sagte Babuschka, er habe einen Knackarsch und sie hätte gern was von dem Rock Shrimp Tempura. Marsaili sagte, es wäre unhöflich, ihn nicht einzuladen, und dass – wenn ich tatsächlich so über ihn hinweg sei, wie ich immer behauptete – mir seine Anwesenheit auch nichts ausmachen sollte, aber wenn ich darauf bestehen würde, dass er nicht eingeladen wird, dann würde auch sie darauf bestehen.
Also luden sie ihn ein, denn ich konnte ihnen ja schlecht erzählen, dass er in Wahrheit der Abfluss in meinem Innern ist, durch den all die glücklichen Dinge fallen, und dass ich seine Abwesenheit in allem spüre. Wirklich in allem. Frühstück und Teetassen. Hummeln. Honig. Die Sterne. Gucci. Discovery Channel. Lange Autofahrten. Autofahren generell. Weidenbäume. Uno. Old Skool Vans. Tiffany’s. Maseratis. Tätowierte Typen.
Und jetzt stehe ich hier, auf den Stufen der St George’s, das Herz pocht mir in der Kehle, und meine Augen wissen nicht, wo sie hinsehen sollen, weil ich Angst habe, dass sie das eine finden werden, was sie mehr als alles andere sehen wollen.
Henry und Taura erscheinen oben auf der Treppe, und dann kommt Henry die Stufen heruntergehüpft und wirft die Arme um mich.
»Wie wundervoll ist es bitte, dass du hier in London bist?« Er hebt mich kurz von den Füßen und gibt mir einen neckischen Schubs gegen die Schulter.
Ich bedenke ihn mit einem trockenen Blick und rücke seine Fliege gerade. Eine hübsche blaue von Tom Ford. Das weiß ich, denn ich habe sie ausgesucht. Ein klassischer Smoking von Giorgio Armani, kleine blaue Manschettenknöpfe mit Mondsichel und Sternen, dazu Elkan-Penny-Loafer, ebenfalls Tom Ford.
»Gewöhn dich nur nicht dran«, sage ich, während Taura ihre Arme um meinen Hals schlingt.
Das Sky Rocket Maxi Dress (The Vampire’s Wife) in Ochsenblutrot. Sehr schick.
Wäre sie nicht (offenbar) meine beste Freundin, und würde sie nicht mit meinem (anderen) besten Freund schlafen, dann würde ich mich in ihrer Gegenwart unsicher fühlen.
Sie mustert mich von oben bis unten. »Willst du ihn eigentlich umbringen?«
Ich recke die Nase in die Luft. »Keine Ahnung, was du meinst.«
Das übergeht sie. »Nervös?«
Ich senke den Blick, lasse ihn von ihr zu Henry huschen und nicke dann.
Sie steckt mir ein Fläschchen Wodka zu.
»Die für jetzt und diese«, sie steckt ein zweites Fläschchen in mein Bouquet, »für später.«
Sie zwinkert mir zu und geht wieder die Stufen hinauf. »Wir sitzen auf der Seite von deinem Dad. Ungefähr Mitte vorne. Links.«
»Mir egal«, lüge ich.
»Er hat sie nicht mitgebracht«, ruft Henry mir zu, während er rückwärts die Stufen hinaufgeht.
Ich halte kurz inne. »Ist mir auch egal.«
Er hebt eine Augenbraue und deutet mit dem Finger auf mich. »Bullshit.«
Dann huschen sie zurück durch die Tür.
»Na, das ist mal interessant.« Bridget erscheint neben mir.
»Nein, ist es nicht«, erwidere ich hastig.
Sie wirft mir einen Blick zu, etwas genervt, aber auch neugierig.
»Keine Freundin?«, versucht sie es noch mal.
Ich ignoriere sie.
»Wirklich sehr interessant«, sagt sie leise, aber sie atmet durch den Mund, also ist es trotzdem laut.
Musik schwillt an. Ave verum corpus.
Bridget geht den Gang entlang.
Dann ich.
Meine Augen sind nach vorn gerichtet. Sie sehen nicht nach links, sie sehen nicht nach rechts. Und doch, ich spüre seinen Blick auf mir – er befindet sich auf der rechten Seite der Kirche, da bin ich mir nicht nur deshalb sicher, weil die rechte Seite traditionell die des Bräutigams ist, sondern auch, weil ich es einfach weiß.
Diese Anziehungskraft zwischen uns, der Sog des Universums, der an uns zerrt, uns immer wieder zueinanderführt, das muss doch etwas bedeuten, meint ihr nicht auch? Diese starke, magnetische Kraft, gegen die ich fast ein ganzes Jahr angekämpft habe, mit Zähnen und Klauen, doch ich spüre sie noch immer, und meine Beine wollen mich schon wieder zurück in seine Umlaufbahn befördern – ich glaube, es bedeutet etwas.
Oder vielleicht auch nicht, und ich will das einfach nur glauben, denn das würde all unserem Schmerz einen Sinn geben.
Von der Hochzeitszeremonie bekomme ich nicht viel mit.
Sind doch eh alle gleich, oder?
Liebe ist geduldig, Liebe ist gütig. Sie neidet nicht, sie prahlt nicht, sie ist nicht stolz. Sie entehrt andere nicht, sie ist nicht eigennützig, gerät nicht leicht in Zorn, sie führt kein Vergehensverzeichnis. Liebe erfreut sich nicht am Bösen, sie zelebriert die Wahrheit. Sie schützt, vertraut, hofft, dauert an, und zwar immer. Liebe scheitert nie.
Aber das ist Quatsch. Alles gelogen.
Wir waren nichts davon, aber wagt es ja nicht, mir zu sagen, dass es keine Liebe war. Ich habe ihn mehr geliebt als alles andere, und am Ende war das alles, was wir hatten, und es hat nicht angedauert. Es ist gescheitert.
Gefeiert wird im Royal Hospital Chelsea – natürlich wunderschön.
Ich drehe ein paar Runden durch die Gästeschar, unterhalte mich ein wenig mit meinem Paten und auch mit Bridgets. (Graham Norton. Ich weiß, darauf bin ich auch neidisch.) Eine Menge Leute sind aus den Staaten hergeflogen. Chris Martin, die Timberlakes, Usher. Die ganze Angelegenheit ist schändlich starbesetzt, aber Marsaili und mein Vater sehen zufrieden aus, also ist das wohl gut so. Irgendwie hat das Ganze ja auch sein Gutes, nehme ich an, denn sie scheinen glücklich zu sein. Sie sind jetzt wohl einfach zwei eklige, alte, verliebte Menschen. Das hören die beiden irgendwie aber gar nicht so gern. »Spar dir das für deine Rede auf, Schatz«, sagt mein Vater und wirft seiner neuen Braut einen Blick zu.
»Oh, ich halte keine Rede«, gebe ich zurück. »Aber die Doofe.«
»Hörst du bitte auf, sie so zu nennen?«, entrüstet sich Marsaili. »Sie ist meine Schwester.«
»Na ja, ein bisschen doof ist sie schon …«, sagt mein Vater.
»Harley!«, fährt Marsaili ihn an.
»Frage«, unterbreche ich die beiden. »Arrie Parks ist hier.«
Ich starre hinüber zu meiner Mutter, die das grellste Outfit der ganzen Feier trägt: ein bodenlanges Kleid in zwei Pinktönen von Carolina Herrera. Marsaili sieht mich ungeduldig an. »Das ist keine Frage, Magnolia.«
»Ist es nicht ein bisschen komisch, dass sie hier ist?« Ich sehe zwischen den beiden hin und her.
»Nein«, erwidert Marsaili im selben Moment, als mein Dad »absolut« sagt.
Wir starren alle hinüber und beobachten, wie Enzo sie am Arsch packt, als wollte er eine Zitrone auspressen, und das auf einer Feier, auf der er – und da sind wir uns alle einig – nichts zu suchen hat.
Marsaili wedelt mit der Hand. »Es wäre doch unhöflich gewesen, sie …«
»Ja?«, fragen mein Vater und ich gleichzeitig, und diese Synchronisierung gefällt mir nicht.
Und dann tippt mir jemand auf die Schulter.
Ich bin nervös, aber natürlich drehe ich mich trotzdem um, weil ich wahnsinnig tapfer bin, und außerdem hätte ich schon am Tippen erkennen müssen, dass er es nicht ist.
Das würde ich sofort merken.
Aber es ist jemand anderes, den ich liebe.
»Soso«, sagt Gus Waterhouse und grinst mich an. »Wenn das nicht meine liebste Herzensbrecherin ist …«
Ich funkle ihn an, aber nicht im Ernst. »Wie gemein.«
»Stimmt.«
Ich verdrehe die Augen.
»Wie schlägst du dich so?«, fragt er zaghaft.
»Ist nicht mein bester Tag.« Ich zucke leichthin mit den Schultern. »Aber auch nicht mein schlimmster.«
Gus nickt. »Hast ihn schon gesehen?«
»Nein.«
Er legt den Kopf schräg. »Aus Absicht?«
Diesmal funkle ich ihn wirklich an, was weiß er das auch so genau. »Ja.«
Er schenkt mir ein kleines Lächeln, zufrieden mit seiner treffenden Diagnose.
Ich nehme ihm seinen Drink aus der Hand und nippe daran. »Wie geht’s Tom?«
»Gut.« Er nickt. »Ja, gut. Besser.«
Das freut mich. Das hat er verdient. »Schön.«
»Hawaii gefällt ihm total.«