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Ein zischender Laut ließ Valerie zusammenfahren. Das Geräusch war aus der Richtung des Fensters gekommen. Die Lamellen vibrierten leicht. Ein unangenehm warmer Wind blies von draußen herein.
Zu beiden Seiten des Fensters befanden sich aus dem hölzernen Rahmen heraus geschnitzte, reliefartig hervortretende Darstellungen mehrköpfiger Kobras.
Mehrfach hatte sie zusammen mit ihrem Vater die Ruinen von Angkor besucht und daher wusste sie, dass es sich bei diesen Kobras auch in den dortigen Steinreliefs häufig anzutreffenden Motiv um so genannte Nagas handelte. Schutzgeister, die in der Lage waren, Dämonen abzuwehren.
Die Ouroungour, geflügelte Bestien und Diener des Affengottes Hanuman, verbreiten Angst und Schrecken. Meister Johannes Darenius, ehemaliger Abt im Orden vom Heiligen und Weißen Licht macht sich auf, um das Übel zu bekämpfen.
Bei den Ruinen von Angkor begegnet er dem Grauen...
Eine Gesamtausgabe ist unter dem Titel "Dämonenmeister" (Roman) lieferbar.
Alfred Bekker schrieb unter dem Pseudonym Sidney Gardner die fesselnden Romane um die übersinnlich begabte Patricia Vanhelsing. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im Dezember 2012 erscheint mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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von Alfred Bekker
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
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Ein zischender Laut ließ Valerie zusammenfahren. Das Geräusch war aus der Richtung des Fensters gekommen. Die Lamellen vibrierten leicht. Ein unangenehm warmer Wind blies von draußen herein.
Zu beiden Seiten des Fensters befanden sich aus dem hölzernen Rahmen heraus geschnitzte, reliefartig hervortretende Darstellungen mehrköpfiger Kobras.
Mehrfach hatte sie zusammen mit ihrem Vater die Ruinen von Angkor besucht und daher wusste sie, dass es sich bei diesen Kobras auch in den dortigen Steinreliefs häufig anzutreffenden Motiv um so genannte Nagas handelte. Schutzgeister, die in der Lage waren, Dämonen abzuwehren.
Ihr Vater hatte ihr einst ein Naga-Amulett aus Silber geschenkt und sie streng angewiesen, es ständig zu tragen, was sie aus pubertärem Oppositionsgeist heraus natürlich nicht getan hatte. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, mit welcher Eindringlichkeit er sie geradezu beschworen hatte, ihren Naga bei sich zu tragen.
Die Gefahren, von denen er damals gesprochen hatte, hatte sie damals nicht einmal erahnen können.
Erst sehr viel später war ihr das bewusst geworden.
Seitdem trug sie ihren Naga immer bei sich, wenn auch nicht an einer Kette um den Hals, denn das hätte ihrem Vater gegenüber bedeutet, dass sie klein bei gegeben hatte.
Jetzt, nachdem Pierre de Dorodonne-Clement nicht mehr lebte, war das natürlich eine geradezu lächerliche Geste.
Sie trug ihr Naga-Amulett in der rechten Tasche ihrer Jeans.
Ihre Hand glitt unwillkürlich dorthin.
Dabei starrte sie unverwandt einen der Nagas am Fensterrahmen an.
Sie glaubte gesehen zu haben, wie er zwei seiner insgesamt vier Kobraköpfe bewegt hatte.
Auch François schien plötzlich alarmiert zu sein. Das Lächeln, das nun in seinen Zügen erschien, wirkte künstlich und maskenhaft. Sein Gesicht verlor einen Großteil seiner Farbe.
Francois Lon war bleich wie die Wand, als er sich in gespielter Leichtigkeit an Valerie wandte.
„Hast du wirklich noch nie einen Naga in Aktion gesehen?"
„Nein."
„Glaub mir, wir sind hier sicher. Dafür habe ich gesorgt."
„Warum hatte mein Vater keine Nagas zu seinem Schutz bei sich, als die Ouroungourbestien ihn zerfetzten?", fragte Valerie.
Francois Lon bedachte die junge Frau mit einem sehr ernsten Blick. Was stimmt denn jetzt auf einmal nicht?, durchfuhr es sie siedend heiß. Habe ich irgend etwas Falsches gesagt?
„Nagas sind keine sklavenhaften Dienstgeister", erklärte Francois Lon. „Sie lassen sich zwar beschwören und man kann sie um ihren Schutz bitten. Aber sie entscheiden selbst, was sie tun oder lassen, wem sie gehorchen und wem nicht."
Valerie schluckte.
Francois Lons Worte waren für sie wie ein Keulenschlag vor den Kopf.
„Heißt das, die Nagas haben sich geweigert, meinen Vater zu schützen, als das Verhängnis in Form dieser geflügelten Bestien über ihn hereinbrach?"
„Pierre wusste, dass kein Naga ihn schützen würde", erklärte Francois Lon. „Sie schützen grundsätzlich niemanden, die sich mit jenen unaussprechlichen Mächten eingelassen haben, von denen dein Vater glaubte, er könnte sie beherrschen."
„Du hast das auch geglaubt", stellte Valerie fest.
Francois Lon nickte. „Ja, aber ich habe rechtzeitig erkannt, dass dies ein Irrweg war."
„Im Gegensatz zu meinem Vater", flüsterte Valerie beinahe tonlos.
Francois widersprach nicht.
Spürst du nicht den Widerwillen, der sich in dir gegen die Nagas regt?, wisperte eine Stimme in ihr, die ganz aus der Tiefe ihrer verwirrten Seele kam. Vielleicht ist das schon ein Zeichen dafür, dass das Böse langsam die Herrschaft über dich gewinnt, fuhr diese Stimme dann fort.
Sie griff in ihre Jeanstasche und fühlte in sich plötzlich den Wunsch aufkeimen, ihr Naga-Amulett hervor zu reißen und von sich schleudern.
Aber hatten dann die Mächte des Bösen nicht erreicht, was sie wollten? War sie dann der Finsternis nicht erst recht schutzlos ausgeliefert?
Valerie schluckte und presste die Lippen so doll aufeinander, dass es schon beinahe schmerzhaft war.
Ihre Hand umschloss in der Jeanstasche das Naga-Amulett und holte es hervor.
Nein, gib dieser Regung nicht nach, versuchte sie sich selbst einzureden, während sie gleichzeitig spürte, wie ihr Widerstand immer schwächer wurde. Ihre eigenen Argumente erschienen ihr auf einmal nicht mehr plausibel und eine seltsame Gleichgültigkeit überkam sie.
Es war ihr klar, dass sie dagegen ankämpfen musste. Das kalte Etwas in der Tiefe ihrer Seele breitete sich aus, nahm immer mehr Raum in ihrem Inneren ein und drohte jedes Gefühl, jede Empfindung, alles, was ihre Persönlichkeit ausmachte langsam erstarren zu lassen.
Die Faust, mit der sie das Amulett hielt, zitterte. Trotz der Hitze überzog eine Gänsehaut ihre Unterarme und sie fühlte eine Kälte ihren gesamten Körper zu erfassen, die mit der abnormalen körperlichen Reaktion auf einen Temperaturunterschied nichts gemein hatte.
Sie öffnete die Hand.
Rang noch mit sich.
Francois Lon trat zu ihr, schloss ihre Hand wieder. „Behalte das, solange es dir irgendwie möglich ist und du es ertragen kannst, Valerie!“
Seine eindringlich gesprochenen Worte sorgten dafür, dass sie wieder klar denken konnte.
„Willst du nicht die Fenster schließen?“, fragte sie.
Francois ging zum Fenster und zog die Lamellen hoch. Die schon tief stehende Sonne blendete. Jetzt erst bemerkte Valerie die gusseisernen Stäbe, die von außen angebracht waren. „Die Mächte des Bösen lassen sich durch so etwas nicht aufhalten, aber es gibt mir ein gewisses Gefühl der Sicherheit. Lass uns jetzt nach unten gehen. Ich werde nach einem Weg suchen, um deine Seele vielleicht doch noch zu retten.“
„Und…“
„…falls das nicht gelingen sollte?“
Valerie nickte.
„Keine Sorge, ich werde dich töten, bevor es zu spät ist und die Dämonenkräfte in dir die Oberhand gewinnen…“
*
Etwas klatschte gegen die Gitterstäbe, krallte sich daran fest. Die rot glühenden Augen eines Ouroungour stierten Valerie und Francois entgegen.
Alle vier Krallenhände klammerten sich an die Stäbe. Aus der Verdickung am Schwanz fuhren die Stacheln aus.