Dan Miller und der Mile High Club - Max J. Flemming - E-Book

Dan Miller und der Mile High Club E-Book

Max J. Flemming

0,0
6,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dan Miller schaut sich jedes Wochenende das Spiel der Boston Red Sox in seiner Stammkneipe in Salem an. Eines Samstags erfährt er von seinen Kumpels Peter, Jacky und Spinelli, dass sie alle dem prestigeträchtigen Mile High Club angehören - ein inoffizieller Verein, dessen Mitgliedschaft durch Sex in einem Flugzeug erworben wird. Überzeugt davon, dass er durch den Beitritt seinem Leben in Bedeutungslosigkeit endlich den Rücken kehren und gleichzeitig seiner eingerosteten Ehe neues Leben einhauchen kann, zieht ihn der Mile High Club in seinen Bann. Angestachelt von seinen drei Saufkumpanen, schmiedet er einen Plan, der ihn teuer zu stehen kommt ... Eine Geschichte über Ungenügsamkeit, Verlogenheit und Exzess in der westlichen Konkurrenzgesellschaft.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dan Miller und der Mile High Club

Dan Miller war ein gewöhnlicher Mann aus Salem, Massachusetts, der sich jedes Wochenende mit seinen Freunden Peter, Jacky und Spinelli bei Edgar’s traf, um sich ordentlich einen reinzutrinken. In der alten Bar trafen sich fast ausschliesslich Männer ab 40, um Bier und Whiskey zu trinken und sich über die Arbeit und ihre Frauen zu beschweren. Dan war ein stinknormaler Klempner, der bei Bradshaw Plumbing arbeitete, einem Familienbetrieb geführt von Derick Bradshaw. Bradshaw war ein schlechter Chef, der nichts Besseres zu tun hatte, als seinen Handwerkern den ganzen Tag mit irgendwelchen Sprüchen auf den Geist zu gehen und ihnen ihr angebliches Unvermögen unter die Nase zu reiben.

«Du bist ein Taugenichts, Miller», pflegte Bradshaw zu sagen. Dan hatte die Schnauze gestrichen voll von ihm, befand sich aber nicht in der wirtschaftlichen Lage, Derick den Mittelfinger zu zeigen und einfach das Handtuch zu werfen. Auch an diesem Samstagabend trafen sich Dan, Peter, Jacky und Spinelli, um sich das Spiel der Red Sox anzuschauen und sich gleichzeitig gemütlich ins Delirium zu trinken. Dan sass bereits mit Peter und Jacky an der Bar, während Spinelli seiner Frau Carla vermutlich noch erklären musste, warum er den Abend mit den Jungs nicht verpassen durfte, wie jedes Wochenende.

Jeden Samstag trafen sich eingefleischte Fans der Red Sox bei Edgar’s, wo sie das Spiel ihrer Mannschaft auf einem grossen Bildschirm, der gegenüber des Bartresens an der Holzdiele befestigt war, gespannt verfolgten. Die Bildauflösung war dürftig, störte aber spätestens nach dem dritten Bier keinen mehr. Die klapprigen Holzstühle hinkten in ihrer Stabilität den massiven Eichenholztischen, die mit einer dicken Lackschicht überzogen waren, hinterher. An der Wand gegenüber dem Eingang befand sich die Bar; ein schwarzes Metallgestell, an der sich Spirituosen aus der ganzen Welt drängelten. Das Herzstück der Bar war die Offenausschankanlage, durch die lokales und nationales Bier eisgekühlt in die bareigenen Bierkrüge – die Aufschrift EDGAR’S zierte die Gläser – floss.

Allein am Duft in der Kneipe liess sich die Tageszeit mit Leichtigkeit erraten. Wenn die ersten Kunden am frühen Nachmittag in die Bar zottelten, stand der holzige und mit frischer Luft vermischte Duft im Vordergrund, gemeinsam mit dem Geschmack von Putzmittel für den alten Parkettboden, das stärker war als die hartnäckigen Rückstände des Vorabends.

Später, so gegen 8 Uhr, wurde die Luft durch die Ausrufe und die Diskussionen wärmer und abgestanden. Der Geschmack von frisch gezapftem Bier verteilte sich bis in die hinterste Ecke der Bar und ein leichter Uringestank trat von der Toilette, die durch einen kleinen Flur im hinteren Bereich der Kneipe erreicht werden konnte, in die Schankstube.

Noch später verstärkte sich dieser säuerliche Uringestank und er vermischte sich mit einer von Fürzen und Rülpsen durchwirbelten Luft, die erst wieder am nächsten Morgen verschwand, wenn die für den unbeliebten Putzdienst eingeteilte Barkeeperin die Fenster der Kneipe öffnete und den Boden schrubbte.

Peter hob seinen Bierkrug hoch in die Luft und liess ihn dann gewaltig auf die Bar knallen, um seine Wut kundzutun: «Dieser verdammte Adams taugt nichts! Einen schlechteren Pitcher hätten die Red Sox nicht verpflichten können!»

«Peter hat verdammt nochmal recht», sagte Jacky. «Der Junge hat doch bestimmt Probleme mit seinen Augen, der schielt ja wie ein Zurückgebliebener.»

«Meine Worte, Jackyboy!», nickte Peter. «Meine Worte!»

«Der kommt schon noch, er ist noch jung und ein bisschen nervös», nahm Dan den Pitcher in Schutz. «Ausserdem ist es noch ein Trainingsspiel, also nicht so wichtig.»

«Noch drei grosse Biere, Süsse!», winkte Peter der Barkeeperin zu, die jedes Wochenende bei Edgar’s arbeitete.

In diesem Moment ging die schwere Eingangstür der Bar auf – wie die Tische aus massivem Eichenholz –, worauf ein kleiner Italiener eintrat.

«Spinelli, mein Freund!», rief Peter und lächelte seinem Kumpel entgegen, der schelmisch grinste und eine Hugo-Boss-Wolke vom Eingang an die Bar trug. Peter gab sofort der Barkeeperin Bescheid: «Noch eins mehr, bitte.»

«Was grinst du denn wie ein Rotzbengel, du kleiner Sizilianer?», fragte Jacky.

«Guten Tag, die Herren.» Sein Grinsen, das auch nach der Begrüssung noch in sein Gesicht gemeisselt war, verriet, dass er entweder etwas vorhatte oder etwas zu erzählen hatte. Letzteres war der Fall.

«Ich war diese Woche mit Carla in Atlantic City. Und ich sag es mal so: Wir haben unsere Beziehung wieder auf Vordermann gebracht!»

«In welchem Sinne?», hakte Dan sofort ein.

«In welchem Sinne? In welchem Sinne, Dannyboy? Na wie wohl? Du weisst schon, was ich meine», brüstete sich Spinelli, der wie jedes Wochenende ein altes Red-Sox-Jersey mit dem roten Schriftzug RAMIREZ über der Nummer 24 auf dem Rücken trug.

Die sexuell frustrierten Männer nahmen einen grossen Schluck Bier, ehe Peter sagte: «Sei dir gegönnt, du kleiner Racker.»

Jacky wurde sofort indiskret: «Dann hast du sie also gut durchgepimpert?»

«Natürlich, was meinst du denn, Jacky? Chi pensi che io sia? Der kleine Sizilianer hat’s noch drauf.»

Spinelli erzählte seinen Kumpels, wie er im Revel – einem berühmten Casino in Atlantic City – 10'000 Dollar am Roulette-Tisch gewonnen hatte und wie ihn seine Frau Carla danach anhimmelte, als wäre er ein 45-jähriger Silvio Berlusconi. Der Vergleich mit Berlusconi kam nicht von ungefähr: Seine Körpergrösse, seine dunklen, nach hinten geleckten Haare und sein schmieriges Grinsen liessen ihn tatsächlich wie der italienische Politiker aussehen, zumindest ansatzweise.

Spinelli fuhr fort und erklärte, dass er Carla danach schick ausführte, mit ihr Austern essen ging und eine Flasche Dom Perignon bestellte. Im Anschluss konnten sie die Finger nicht mehr voneinander lassen.

«Es war schliesslich unser 15-jähriges Jubiläum, da muss man der Frau schon was bieten, um ihr noch an die Wäsche gehen zu können.»

«Verdammt Spinelli, nicht schlecht! Du hast den Dreh raus!», lobte Dan, der an seine etwas korpulentere Frau Bernadette denken musste.

«Das Beste habe ich euch noch gar nicht erzählt.» Er hielt kurz inne, um die volle Aufmerksamkeit der anderen zu erlangen und die Spannung in die Höhe zu treiben.

«Nun sag schon!», zischte Dan, als Spinelli die rhetorische Pause übertrieb.

«Wir haben’s im Flugzeug getrieben!», liess Spinelli die Katze aus dem Sack. «Gerade als wir uns in die ranzigen Sitze in der Economy Class fallen lassen wollten, kam die Stewardess und sagte, dass wir ein Gratis-Update für die First Class erhalten hätten, weil es ein Durcheinander bei den Buchungen gab. Carla und ich nahmen natürlich dankend an.»

Spinelli erklärte, wie viel Platz sie in der First Class hatten und dass es dort nicht viele weitere Passagiere gab.

«Wir hatten eine Decke über unsere Beine gelegt, über den Wolken ist es ja verdammt kalt. Und ehe ich mich versah, hielt Carla mein Ding in der Hand. Nach einem Weilchen Handarbeit schmiegte ich mich an sie und zog ihr Höschen herunter, dann habe ich angedockt. Wir haben es getrieben, zwar langsam und diskret, aber wir haben es getan!»

Spinelli sass mit breiter Brust an der Bar und fühlte sich wie ein frisch gekrönter König.

«Ich kann’s nicht fassen, Spinelli. Willkommen im Club!», jubelte Peter.

«Ja, Spinelli, willkommen im Club!», schloss sich Jacky an.

Einen Moment herrschte Stille. Dans blick wanderte von Jacky über Peter zu Spinellis Gesicht, der unaufhörlich grinste.

«Wovon redet ihr zwei Clowns denn?», fragte Dan.

«Sag nicht, du bist noch nicht im Mile High Club, Dan?», piesackte Peter überheblich.

«Im was?»

«Der Mile High Club.»

Jacky war bereit, den unwissenden Dan aufzuklären: «Der Mile High Club, Dannyboy. Ein inoffizieller Verein des ausgewählten Kreises von Menschen, die über den Wolken Sex hatten. Natürlich ist ein Grossteil der Mitglieder stinkreich, weil es in einem Privatjet deutlich einfacher ist, eine Alte zu bürsten, als auf einem Linienflug. Aber dann ist es ja auch nicht wirklich eine Herausforderung. Die wahren Helden sind diejenigen, die es ohne Privatjet und ohne Prostituierte in den Club schaffen. Das Fussvolk, die Mittelschicht, Leute wie wir eben, die Kopf und Kragen riskieren und sich in einem Linienflug auf der Toilette einsperren, um im Mile High Club zu landen. Das ist dann quasi so etwas wie eine Freimaurer-Loge, verstehst du?»

Dan lauschte Jackys Ausführungen ganz genau. Er hatte noch nie etwas von diesem sagenumwobenen Club gehört.

«Verstehe … Das stelle ich mir schwierig vor, es im Flugzeug zu treiben, mit all den Passagieren, und die Stewardessen … Und dann brauchst du ja auch noch eine Dame, die das Ganze mitmacht. Ich nehme mal an, es reicht nicht, wenn ich mir auf dem Klo der Boeing 747 einen von der Palme wedle?», fragte Dan in einem ernsten Ton.

Peter, Jacky und Spinelli verrenkten sich und lachten sich schlapp, dass sich die Köpfe der anderen Männer im Edgar’s zu ihnen drehten.