Das Dorf der Tiere - Stephan D. Yada-Mc Neal - E-Book

Das Dorf der Tiere E-Book

Stephan D. Yada-Mc Neal

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Beschreibung

Kreta und seine Tiere Nicht immer ein gutes Verhältnis und doch gibt es immer wieder Überraschungen und Geschichten, die jeden Kreta-Liebhaber ans Herz gehen. Ob die hier geschriebenen Geschichten Wahrheit oder einfach aus der Feder des Autors stammt, bleibt dem Leser überlassen.

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Seitenzahl: 149

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Wer Tiere nicht liebt,

der liebt auch nicht Gott

(Altvater Paissios der Agiroit)

Einsam ist nur jener,

der es nicht genießt,

was ihm Gott

als Freunde schickt,

selbst wenn es Tiere sind

(Stephan D. Yada-Mc Neal

Kreta 2020)

Inhalt

Das Dorf der Tiere

Der Esel, das Pferd und die Schafe

Odyssea von der Platane

Pavlos, die Ameisen und die Vögel

Die Katzen vom Haus 48 oder wenn Katzen berichten

Ein Hund namens Halloween

Der Jäger und der Kri Kri

Die Weihnachtsgans

Das Dorf der Tiere

„Mutter, willst du nicht doch endlich zu uns nach Paleochora1 ziehen?“

Anna Patrakis blickte ihre Tochter mit einem fast schon giftigen Ausdruck an, denn kaum einer der letzten Besuche ihrer Tochter hier im Haus, in dem nicht dieses leidige Thema angesprochen wurde und in der alten Frau einen gewissen Ärger empor steigen lies, gegen den sie sich nicht erwehren konnte. Dieser eine Satz, wohlgemeint von der Tochter entwickelte immer einen Schauder, der sie, obwohl Hochsommer, frösteln lies.

„Was will ich denn dort? Dort wo so viele Menschen sind, die ich nicht kenne!“ Fast schon zischend kam die Antwort aus dem Mund der Frau, während sie sich eine lästige Haarsträhne aus dem Gesicht wischte. „Der Ort ist mir so was von fremd geworden, seit dem die vielen Touristen dort durch die Straßen laufen. Ständig wird etwas Neues gebaut und man weiss gar nicht mehr wo man sich befindet, denn all die alten Häuser oder freien Flächen sind verschwunden.“ Energisch schüttelte sie den Kopf. „Die meisten meiner alten Freundinnen sind bereits weggezogen und da willst du mich dorthin schleppen?“

„Aber wir sind doch dort!“ Katharina versuchte ein zaghaftes Lächeln in das Gesicht zu zaubern. „Deine Enkel sind dort.“

„Drei meiner Enkel, wohl bemerkt,“ unterbrach Anna schnell. „Die anderen sieben sind in Chania und Heraklion, wohin sich ja auch deine Geschwister verzogen haben.“

„Dort gibt es Arbeit für sie und das ist doch das Wichtigste, wie du immer sagst.“

„So wie für mich hier!“ Anna schloss kurz die Augen, machte ein Kreuzzeichen über der Brust, atmete tief ein, bevor sie weitersprach. „Ich will niemanden zur Last fallen.“ Kurz verzog auch sie das Gesicht zu einem kleinen Lächeln. „Ihr habt euer Leben und ich das meine. Hier in meiner gewohnten Umgebung, wo ich jeden Stein, jeden Strauch kenne. Und in der Fremde würde ich eingehen, wie die Blume ohne Wasser.“

„Mutter, wie alt bist du jetzt?“ Kaum hatte Katharina die Worte ausgesprochen, hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen, denn mit allem konnte man mit Anna reden, nur nicht über deren Alter und schon gar nicht sie danach offen zu fragen. Und wie gewohnt reagierte die Mutter auf die ausgesprochenen Worte sehr ungehalten.

„Willst du mich vielleicht als alte, gebrechliche Fettel bezeichnen, mit deinen frechen Worten?“ Scharf waren die Worte ausgesprochen, die bei Katharina landeten wie feine schmerzhafte Nadelstiche. „Oh Panagia2, was habe ich verbrochen eine solche Tochter großgezogen zu haben, dass sie mich derart beleidigt?“

„Mutter,“ versuchte Katharina beschwichtigend zu unterbrechen, denn sie wusste was nun auf sie zukommen würde.

„Unterbrich mich nicht, ungezogenes Ding,“ fauchte Anna. „Deine Großmutter, Gott hab sie selig, wurde ein-hundertfünf und dein geliebter Großvater einhundert Jahre alt. Also habe ich noch einige Zeit übrig auf dieser Welt meine Füße auf den Boden zu stellen und auf ihr zu wandern.“ Ernst blickte sie die Tochter an. „Ich koche jeden Tag für mich selbst, achte auf mein Äußeres, wie ich es immer schon getan habe,“ dabei strich sie sich über das weiße Haar, dass bei dem hereinfallenden Sonnenlicht fast wie Seide glänzte, „ und außer der Wäsche, die du mir einmal in der Woche mit der neumodischen Waschmaschine wäscht, kann ich jede noch noch hier im Hause anfallenden Arbeiten selbst erledigen. Oder backst du mir vielleicht das Brot?“

Fast schon beschwörend hob Katharina die beiden Hände in die Höhe, was zu ihrer eigenen Überraschung tatsächlich den Wortschwall der Mutter unterbrach.

„Du lebst ganz alleine hier im Dorf. Keiner ist mehr hier.“

„Ich und alleine?“ Anna lacht auf. „Geht`s noch? Meine Eltern liegen hier, dein Vater, unsere ganze Verwandtschaft.“

„Ja, auf dem Friedhof!“ rutschte es Katharina heraus.

Himmel, dachte sie sich, passe auf was du sagst, die Mutter bekommt das nur wieder in den falschen Hals und ich muss sehen, wie ich aus diesem Ärger wieder heraus komme. Aber ehrlich die ist so stur wie ein alter Maulesel. Langsam fehlen mir die Worte.

„Ja, auf dem Friedhof,“ wurde der Gedankengang von Katharina durch die Worte der Mutter unterbrochen.

„Doch sag mir, wer soll sich dann um die Gräber kümmern, die alte Kirche sauber halten, damit einmal im Jahr die fortgelaufene Bagage sich hier den Bauch vollschlagen kann und auf Gläubige machen können?“ Anna schüttelte energisch den Kopf. „Wer schneidet die Hecken zurecht, befreit den Friedhof von Unkraut, damit es nicht alles überwuchert und eines Tages die Leute nicht mehr kommen und die Toten vergessen werden?“

„Wir können dich doch ein Mal in der Woche hier her bringen, damit du dich um den Friedhof kümmern kannst.“

„Sonst noch was?“ Anna lachte jetzt etwas bissig. „Dein Göttergatte, der sonst zwei linke Hände hat, wenn es um die Gartenarbeit geht, würde mir ständig sagen wollen, was ich zu tun habe und darauf habe ich keinerlei Lust.“ Das Bellen eines Hundes unterbrach die Rede von Anna und diese warf einen raschen Blick aus dem Fenster. „Und was ist mit den Tieren? Wer soll die versorgen.“

„Himmel, Mutter, das sind Tiere. Die werden schon ohne dich zurecht kommen.“

„Du willst ein Rechtgläubiges Mädchen sein und spottest mit deinen Worten dem Agios Paissios“.3

„Wieso spotte ich dem Altvater.“ Katharina war etwas verwirrt, denn nie hatte sie die Absicht mit irgendwelchen Worten einen der Heiligen zu verspotten und so sah sie ihre Mutter mit großen Augen an.

„Magst du Hunde oder Katzen“ fragte Anna obwohl sie die Antwort längst kannte.

„Nein, ich mag weder Hunde noch Katzen, denn für mich sind das lässige Mitesser, die einem ständig mit ihrem Gekläff oder Gemaunze auf die Nerven gehen. Zudem machen sie nur Schmutz und sind eigentlich zu nicht zu gebrauchen, außer zur Verwertung der Essensreste.“

„Du liebst also keine Tiere.“

„Nein,“ antwortete Katharina fast schon genervt.

„Agios Paissios sagte folgendes und das mein Kind merke dir sehr gut. Menschen die keine Tiere lieben, lieben auch nicht Gott.“

„Mutter, dieser Vergleich ist an den Haaren herbei gezogen, nur damit du unserem Thema ausweichen kannst.“

„Oh, nein. Wenn ich mich nicht um die zurückgelassenen Hunde und Katzen kümmern würde, würde ich Gott beleidigen. Und somit kann und werde ich den Ort nicht verlassen.“ Mit ihrer knochigen rechten Faust schlug sie leicht auf den Tisch. „Und damit ist der Fall für mich erledigt.“ Es folgte ein scharfer Blick in Richtung der Tochter, die immer noch über die Worte des Heiligen nachdachte. „Und ich will dieses leidige Thema hier nicht mehr mit dir erörtern. Ich bleibe hier und damit basta. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?“

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Endlich war wieder die Ruhe im Ort eingekehrt, wie sie Anna liebte. Katharina hatte das Haus mit der Wäsche verlassen, begleitet von dem ausgiebigen Gebell zweier Hunde, die jedoch in sicherem Abstand zu dem Auto geblieben waren, jedoch, kaum dass sich dieses in Bewegung setzte hinterher sprangen, um nach Hundeart dieses Ding da, zu verbellen. Anna konnte sich bei diesem Anblick ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, denn fast schon bildlich sah sie den Gesichtsausdruck ihrer Tochter, die sich jedes Mal fürchterlich darüber aufregte.

Doch wie gesagt, nun lag Stille über dem Ort, nur einige der in den zahlreichen Bäumen und Büschen versteckten Vögeln gaben ihre Laute von sich und so genoss es Anna mit aller Ruhe sich ihren geliebten griechischen Kaffee auf dem kleinen Gaskocher zuzubereiten. Schnell lag der Duft des Getränks in der Luft und als wäre es ein Zeichen für Stella, der weißen Hündin trat diese in die kleine Küche, legte sich unter den Tisch und beobachtete wie immer das Tun der Frau.

Stella hatte ursprünglich dem Nachbarn Polichronos gehört, doch nach dessen Tod wollte sich keiner der Verwandten um die sanfte Hündin kümmern. Jeder fand schnell eine Ausrede und so war es Anna, die dem feinfühligen Wesen, anders kann man den Charakter dieser Hündin nicht beschreiben, ein neues Zuhause bot, das dankbar angenommen wurde.

Das Haus von Anna war ihr nicht fremd, denn schon als kleine Wellpin pendelte sie eifrig zwischen den beiden Anwesen hin und her, die nebeneinander lagen und deren Gärten keine lästige Mauern oder gar Metallzäune trennten. Wozu auch, keiner nahm dem Anderen etwas weg, ganz im Gegenteil, man teilte gerne mit dem Nachbarn, der früher Stundenlang mit Adonis, dem verstorbenen Ehemann von Anna im schattigen Innenhof saß und sich mit Verbissenheit um den Sieg beim Tavlispiel4 kämpften.

Anna saß dann auf der steinernen Bank, die am Haus angebracht war um an eine der vielen in ihrem Leben gefertigten Tischdecken zu sticken und Stelle legte sich neben sie, zufrieden mit sich und der Welt. Und nichts hatte sich in all den Jahren geändert. Saß Anna auf der Bank, so dauerte es nicht lange und auch Stella lag dort.

Der duftende Kaffee war fertig und Anna trug ihn an den alten hölzernen Tisch, der noch von den Großeltern angeschafft war setzte sich und Stella nahm ihren gewohnten Platz unter dem Tisch ein. Die rechte Hand an der kleinen feinen Porzellantasse, die der Vater einmal aus dem fernen Athen mitgebracht hatte, was schon so lange zurück lag, dass sich Anna nicht mehr an das Jahr erinnern konnte und die linke Hand, ging wie gewohnt unter den Tisch, wo Stella den Kopf entgegen streckte um die gewohnten Streicheleinheiten zu empfangen. Also alles wie gewohnt, für beide. Und anders hätten sie es sicherlich auch nicht haben wollen. Es war einfach eingespielt und wäre es stockdunkel gewesen, nicht anders wäre es abgelaufen.

„Ach Himmel,“ langsam stand Anna auf, denn sie wusste genau wie Stella bei hektischen Bewegungen reagieren würde. „Jetzt hab ich doch tatsächlich meine Medizin vergessen.“ Ein leises Kichern entsprang der alten Frau, als sie zu dem Küchenschrank ging, sich auf dem Weg dort hin ein kleines Glas schnappte, um sich den darin befindlichen braunen Tonkrug mit Raki5, herauszunehmen.

„Trinke täglich drei Mal Pharmago6 und du wirst hundert Jahre alt, hatte die Mutter immer gesagt.“ Fast schien es so, als würde sie diese Worte nicht zu sich sondern zu Stella sprechen, denn diese wiegte den Kopf hin und her, als wollte sie sagen: „Naja, ob das bei Hunden auch wirkt?“

„Und wie Recht sie doch hatte,“ sprach Anna weiter zu sich, setzte sich wieder auf den doch schon leicht wackelig gewordenen Stuhl und schenkte sich ein Gläschen ein, dass sie in kleinen Schlücken leerte.“

Sonst, wenn es etwas zu Essen oder Trinken gab, lugte Stella von ihrem Platz nach oben, ob vielleicht doch der eine oder andere Bissen, rein zufällig nach unten gefallen kam. Doch der Geruch des Raki gab ihr die Gewissheit, im Augenblick etwas leer auszugehen. Aber auch das gehörte zu ihrem Ablauf und doch bestand halt immer die Hoffnung, es könnte sich mal etwas ändern.

„Ach da schau her, seine Gnaden der Herr Raki macht seinem Namen mal wieder alle Ehre.“

Auf der Türschwelle saß ein dunkelgrauer Kater, der in diesen Momenten wirkte, wie eine dieser ägyptischen Katzenstatuen und dessen Blick zwischen Anna und Stella hin und herwanderte.

Wie kann man einen Kater nach einem alkoholischen Getränk benennen, wird sich der eine oder andere sicherlich schon gefragt haben. Aber es hatte mit dem jeweiligen Erscheinen des Katers zu tun, der ausgerechnet, darauf konnte man fast schon eine Wette abschließen, wenn Anna am Tisch saß und vor sich das Glas Raki hatte, dann er schien er prompt.

Solange Anna am Tisch saß, gab Raki keinen Ton von sich, blieb auf der Türschwelle sitzen und wartete ab, bis sich die Frau endlich erhob. Geschah dies, gab es ein kurzes Miauen, dann stieß der Kater zuerst Anna mit dem Kopf an, rieb sich kurz an deren Beine um dann zu Stella zu gehen und die Hündin begrüßte.

Die Beiden waren zusammen aufgewachsen, im gleichen Alter, den Polychronos hatte die beiden Tiere damals zusammen aus einem anderen Dorf mitgebracht, wo sich keiner um die Kleinen kümmerte. Und wie Polychronos immer gerne erzählte, erweichte es sein Herz, wie Hund und Katze zusammen in der Sonne lagen, eng aneinander geschmiegt, sich gegenseitig Halt gaben, was sie auch Heute noch, nach all den Jahren immer noch gerne machten. Einfach zusammen in der Sonne liegen und die Gemeinsamkeit genießen, mit sich gegenseitig abschlecken und liebkosen.

Vereint, nebeneinander sitzend, beobachteten sie Anna, die wie gewohnt, bevor sie das Haus verließ, dich an den Spiegel stellte, der gleich neben dem Eingang an der Wand hing, nach der Bürste griff, sich das Haar ordentlich durcharbeitete und zufrieden dann die Bürste wieder auf das Brett legte.

„Da nennt mich die freche Göre eine alte Frau und was sehe ich, wenn ich in den Spiegel sehe? Ein etwas ältere Dame, die gut und gerne noch auf dem Heiratsmarkt eine Chance hätte.“ Anna drehte sich kurz zu den wartenden Tiere. „Und was meint ihr? Kann ich so aus dem Haus gehen?“

Natürlich kam kein Widerspruch, wie sollte er auch, den täglich war es der gleiche Ablauf. Das Kämmen der Haare, der kritische Blick, dann der Griff zu der reichlich dekorierten, kretischen Umhängetasche, in der für die anderen Tiere bereits das Futter verstaut war und schon konnte man den täglichen Rundgang durch das Dorf beginnen.

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Raki war schon ein etwas eigenartiger Kater, wenn man das mal so in den Raum stellen will. Nie bettelte er in Annas Haus nach Futter, denn für ihn gab es nur den einen Platz, den im Hof von Polychronos Haus. Selbst nach dessen Tod bemühte sich Anna vergeblich ihn zu sich in das Haus zu holen. Raki bestand auf seinen Platz, selbst wenn man ihm einen gefüllten Napf vor die Nase stellte. Aber daran hatte sich Anna längst gewöhnt und sie machte sich schon lange keine Gedanken mehr darüber. Katzen haben halt ihren eigenen Kopf dachte sie sich lediglich und füllte den Napf mit dem vom Tierarzt bereitgestellten Trockenfutter. Dann noch frisches Wasser in den tönernen Topf eingießen und warten bis Raki sein Mahl beendet hatte. Denn auch darauf bestand der Kater. Bei einem anderen Vorgang hätte er lauthals seinen Protest kund getan.

Wie gewohnt setzte sich Anna auf die hölzerne Bank, die Polychronos noch zu Lebzeiten seiner Frau hier in den Innenhof seines Hauses stellte und wartete gemeinsam mit Stella auf den Kater. Nie hätte sie es gewagt ihren Rundgang ohne den Raki zu unternehmen, bis zur en´ewigen Steinzeit wäre er ihr Gram geworden und das wusste zu Frau zu gut, denn einmal hatte sie dies gemacht und erlebte den Kater von einer anderen, einer eingeschnappten Seite, wie sie es sich hätte niemals vorstellen können.

Kaum mit dem Mahl geendet, begann er sich nach Katzenmanier zu putzen. Intensiv, gerade so als wolle er sich für die auf ihn wartenden Katzendamen schön machen obwohl man ihm schon vor Jahren die Männlichkeit genommen hatte. Anderenfalls wäre der Ort übersät von den Nachkommen des Katers. Gab eh schon genug hier und Anna fragte sich immer wieder wo denn plötzlich die streunenden Katzen herkamen. Manchmal hatte sie das Gefühl dass manche der nur wenige Kilometer entfernten Kandanos hier heimlich ihre Katzen aussetzten, wohl wissend, dass es ja die Anna hier gab, die sich um sie kümmern würde.

Anna war wirklich dankbar über die Freundschaft mit Jannis, dem Tierarzt, der nicht nur einmal im Monat die leidigen Kastrationen an Hunden und Katzen durchführte, sondern auch aus irgendwelchen Spendengeldern das Futter für Anna besorgte, dass sonst die gesamte kleine Rente der Frau aufgefressen hätte. Doch so sagten sich die Beiden immer wieder, eine Hand wäschst die Andere. Anna kümmerte sich um die Tiere und der Arzt war nicht immer wieder gezwungen die Behörden zu bemühen, wenn mal einer der Bauern nicht mit seinen Hunden entsprechend umging. Jeder wusste in der Umgebung wohin man sich wenden konnte und oft kamen der eine oder andere Hundebesitzer und fragte bei Anna nach, natürlich mit dem entsprechenden kleinen Obolus, ob wohl noch Platz für ihren Hund hier im Ort wäre. Sicherlich antwortete Anna immer verschmitzt, obwohl sie sich nicht immer sicher war, ob es dem Hund hier dann auch gefallen würde. Doch bislang schien jeder der Ankömmlinge mit seinem Schicksal zufrieden zu sein.

„Nun, haben der Herr seine Morgentoilette beendet,“ fragte Anna, nachdem sich Raki vor ihr aufgebaut hatte und mit einem lauten Miauen kund tat, es sei doch an der Zeit den Rundgang fortzusetzen.

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Die Treue von Stella war für Anna immer wieder bewundernswert. Kaum das sie durch das Eisentor des Friedhofes gingen, schon lief Stella ohne Umschweife direkt zum Grab von Polychronos legte sich so davor das ihr Blick auf das Grabmal fiel. Den Kopf auf die Vorderbeine gelegt harrte sie dort aus bis Anna zu ihr und dem Grab kam.

Die Frau hatte es sich angewöhnt, gerade wegen dem Verhalten von Stella das Grab von Polychronos als letztes in Augenschein zu nehmen, das Öl in der kleinen Laterne zu erneuern, einen neuen Docht anzünden, die weißen Marmorplatten von Laub und Staub zu reinigen, die Blumen zu gießen oder zu erneuern und ein kurzes Gebet für den Verstorbenen zu sprechen.

Vorher war sie durch die Reihen gegangen, sah nach dem Rechten, blieb einige Zeit vor dem Grab ihrer Familie stehen und leise berichtete sie, gerade so als würden ihr Mann und die Eltern noch leben, was sie seit dem gestrigen Tag alles gemacht hatte. Natürlich blieb die Geschichte mit der Tochter nicht unerwähnt.