Das Ende aller Geheimnisse - Stefan Keller - E-Book

Das Ende aller Geheimnisse E-Book

Stefan Keller

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Erschossen. Verbrannt. Versteckt. Heidi Kamemba ist neu bei der Kripo Düsseldorf, und sie fällt auf: Sie ist die erste schwarze Kriminalkommissarin in Deutschland. Ginge es nach ihr, wäre ihre Hautfarbe kein Thema, doch leider sehen die meisten das anders. Als an ihrem ersten Arbeitstag in einem Waldstück eine verkohlte Leiche gefunden wird, nimmt sie die Ermittlungen auf, aber nicht alle im Team unterstützen sie. Während der Mörder noch gesucht wird, geben Kamembas Kollegen ihr zunehmend Rätsel auf. Es heißt, ihr Vorgänger habe sich mit seiner Dienstwaffe erschossen. Doch war es wirklich Suizid? Packend und politisch - ein Krimi mit Tiefgang!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 350

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Stefan Keller

Das Ende aller Geheimnisse

Heidi Kamembas erster Fall

Kriminalroman

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Erschossen. Verbrannt. Versteckt.

 

Heidi Kamemba ist neu bei der Kripo Düsseldorf, und sie fällt auf: Sie ist die erste schwarze Kriminalkommissarin in Deutschland. Ginge es nach ihr, wäre ihre Hautfarbe kein Thema, doch leider sehen die meisten das anders. Als an ihrem ersten Arbeitstag in einem Waldstück eine verkohlte Leiche gefunden wird, nimmt sie die Ermittlungen auf, aber nicht alle im Team unterstützen sie. Während der Mörder noch gesucht wird, geben Kamembas Kollegen ihr zunehmend Rätsel auf. Es heißt, ihr Vorgänger habe sich mit seiner Dienstwaffe erschossen. Doch war es wirklich Suizid?

 

Über Stefan Keller

«Die dunklen Fichten schienen näher zusammenzurücken, verschmolzen mit dem Schwarz des Nachthimmels. Kein Stern leuchtete. Seine Beine zitterten so stark, dass er kaum noch laufen konnte. Er wollte nicht sterben. Er wollte mit den Männern reden. Damit sie ihn laufen ließen. Er hatte Mist gebaut, aber er hatte Geld. Er würde es ihnen geben. Alles, wenn es sein musste. Jetzt zitterten auch seine Arme. Er blieb stehen, atmete. Keuchte.»

 

Stefan Keller, geb. 1967 in Aachen, ist Schriftsteller und Dozent. Nach seinem Studium der Germanistik und Betriebswirtschaft arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle, als Dramaturg und als Autor und Lektor – vornehmlich für Filmproduktionen und TV-Sender. Daneben lehrt er an der Universität zu Köln kreatives Schreiben. Stefan Keller lebt in Düsseldorf.

PROLOG

Er blickte in die Mündung der Pistole. Sah die schwarze, kreisrunde Öffnung. Die kleine Erhebung darüber, kurz dahinter den u-förmigen Ausschnitt. Kimme und Korn. Das hatte er einmal gehört. Sie dienten zum Anvisieren des Ziels, und die Hand, die die Waffe hielt, richtete beides auf ihn. Hinter der Hand sah er alles nur verschwommen, so wie auf einem Foto, das nur auf einen kleinen Ausschnitt in der Mitte scharf gestellt war. Hätte er etwas von Schusswaffen verstanden, hätte er gewusst, dass es sich bei der Waffe um eine Walther P9 handelte. Allerdings spielte das keine große Rolle mehr. Für ihn war die Pistole der Beweis, dass es zu Ende war.

Das Spiel war aus. Rien ne va plus. Er hatte versucht, die großen Jungs auszutricksen und verloren. Scheiße.

Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, schien ihm den Atem abzuschnüren.

Als die Männer ihn auf dem kleinen Waldweg hinter dem Parkplatz angesprochen und um Feuer gebeten hatten, war ihm klargeworden, dass alles schiefgelaufen war. Trotzdem hatte er sein Feuerzeug aus der Jeanstasche gezogen. Ein Reflex aus anerzogener Höflichkeit. Vielleicht auch der Versuch, das Blatt durch Freundlichkeit und Kooperationsbereitschaft noch wenden zu können. Scheißversuch. Scheiße. Scheiße. Scheiße.

Der eine Mann, der kleinere der beiden, hatte beide Hände um das Feuerzeug gelegt, um die winzige Flamme vor dem Wind zu schützen. Dreimal musste er das kleine Rädchen drehen, bis die Flamme dem Wind standhielt. Der Tabak knisterte leise, als der Mann an der Zigarette zog und die Glut sich leuchtend ausbreitete.

Er kannte diese Männer. Er kannte diesen Mann, der so leer wirkte, dass ihm alles zuzutrauen war. Wie wurde man so? Was war falsch gelaufen in deren Leben? Dabei war es sein Leben, in dem gerade alles falsch lief.

Ein Lkw donnerte auf der Landstraße vorbei und verschwand hinter den dunklen Bäumen. Der nasse Asphalt auf der Straße verstärkte den Geräuschpegel. Vielleicht waren seine Sinne im Angesicht des Todes aber nur geschärft. Fokussiert. Er hörte, wie sich das Geräusch des Lasters entfernte. Ein Brummen, das langsam abschwoll und in einem ganz sachte höher werdenden Ton verschwand. Dann rauschte nur noch der Wind in den Bäumen. Hätte er um Hilfe rufen können? Hätte er winken und auf sich aufmerksam machen sollen? Hätte das etwas geändert? Es war schiefgelaufen, und als er das Feuerzeug wieder genommen und dem Mann in die Augen gesehen hatte, war ihm erst richtig bewusst geworden, dass er sterben würde. Hier und jetzt. Der Mann hatte mit dem Kopf auf einen Waldweg gedeutet, der vom Parkplatz weg in den Forst hineinführte. Haushohe Fichten, aufgereiht wie Soldaten. Stumme Wächter, die den Weg in die Dunkelheit wiesen.

«Gehen wir ein paar Schritte», sagte der Mann.

Er gehorchte, ging los. Senkte den Blick. Seine blauen Beachwalker leuchteten in der Dunkelheit. Die beiden Männer folgten ihm. Langsam gingen sie den Forstweg in die Fichtenschonung hinein, weg von dem Parkplatz, weg von möglichen Rettern. Es roch nach frisch geschlagenem Holz, kleine runde Zapfen lagen auf dem Boden, Baumstämme lagen aufgestapelt rechts des Weges. Auf der anderen Seite standen die Fichten dicht an dicht wie eine Wand aus nachtschwarzen Ästen und Nadeln.

Trotzdem rannte er jetzt los, stolperte in den kleinen Graben, der den Weg vom Wald trennte. Glucksend verschluckte das Wasser darin seinen linken Schuh, gab ihn wieder frei. Der nasse Schuh rutschte auf dem plattgedrückten Gras auf der winzigen Böschung ab, er griff nach den ersten Ästen, um sich festzuhalten. Sie flitschten ihm zwischen den Fingern hindurch. Es knackte, als einer der Äste brach und er zurück in die Böschung rutschte. Dann spürte er, wie eine Hand nach seinem Kragen griff, spürte weiter, wie das kalte Metall der Waffe gegen seinen Kopf gedrückt wurde. Zwei weitere Arme packten ihn unter den Achseln und zerrten ihn aus dem Graben zurück auf den Weg.

«Weiter!»

Er ging. Wackliger jetzt. Unruhiger. Er keuchte. Schon dieser kurze Fluchtversuch hatte ihn außer Atem kommen lassen. Wie hatte er glauben können, eine Chance zu haben? Seine Knie wurden weich. Er knickte mit dem linken Bein ein, stolperte über einen kleinen Ast, der auf dem Weg lag und den er nicht gesehen hatte, weil Tränen seinen Blick trübten, alles verschwimmen ließen.

Wann hatte er das letzte Mal geweint? Er wusste es nicht mehr. Vermutlich als er noch ein Kind gewesen war. Vermutlich aus Wut. Wegen irgendeiner Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren war. Oder wegen irgendjemandem, der ihn geärgert, gehänselt, verletzt hatte. Damals hatte er es nicht erwarten können, erwachsen zu werden. Seinen eigenen Weg zu gehen. Es allen zu zeigen. Wie sehr er sich wünschte, wieder in solch einer Situation zu sein.

«Bitte …!», stammelte er.

«Weiter», sagte der Mann mit der Waffe. Er stieß ihm die Pistole in den Rücken. Der Schmerz war eine Ankündigung dessen, was ihm bevorstand.

Die dunklen Fichten schienen näher zusammenzurücken, verschmolzen mit dem Schwarz des Nachthimmels. Kein Stern leuchtete. Seine Beine zitterten jetzt so stark, dass er kaum noch laufen konnte. Er wollte nicht sterben. Er wollte mit den Männern reden. Damit sie ihn laufen ließen. Er hatte Mist gebaut, aber er hatte Geld. Er würde es ihnen geben. Alles, wenn es sein musste. Jetzt zitterten auch seine Arme. Er blieb stehen, atmete. Keuchte.

«Können wir nicht …?», fragte er und drehte sich um.

Im Dunkeln konnte er die Augen des anderen gerade so erkennen. Er sah genug, um zu wissen, dass es aussichtslos war. Langsam sank er vor dem Mann auf die Knie, weinte, brachte aber kein Wort mehr heraus. Nur verschwommen durch die Tränen sah er den zweiten Mann. Er schien irgendwo in den Wald zu blicken. Desinteressiert. Gelangweilt.

«Weiter», wiederholte der Kleine und schlug ihm mit dem Lauf der Pistole ins Gesicht.

Er flog zu Boden, stützte sich auf Armen und Knien auf, während der Mann hinter ihm wartete, bis er wieder stand und losging. Er wollte rennen, aber seine zitternden, schwachen Beine ließen das nicht zu.

«Hier ist es gut», sagte der Kleine schließlich und blieb stehen. Sein Begleiter nickte kurz. Er hatte noch kein Wort gesprochen.

Nur tränenverschmiertes Dunkel sah er und den Mann mit der Pistole, der nun langsam um ihn herumging. Aus seinem Blickfeld verschwand. Eine unsichtbare Bedrohung wurde. Dann hörte er ihn nur noch, hörte jeden einzelnen Schritt, langsam, unbeirrbar. Sein Atem schien leise und gleichmäßig zu gehen, aber vielleicht rauschte auch der Wind in den Baumkronen. Schließlich blieb der Mann hinter ihm stehen. Still. Der andere stand seitlich neben ihm. Er blickte nun in seine Richtung, als beobachtete er ein interessantes, hochspannendes Experiment. Das Geräusch, als der Mann in seinem Rücken die Pistole entsicherte, dröhnte in seinen Ohren. Kurz gab er sich der Hoffnung hin, dass man es bis zur Landstraße hören musste. Dass Hilfe nahte. Dass jemand rief und fragte, was denn da los sei. Dass er Schritte auf dem Waldweg hören würde, die eilig näher kamen. Dass die Männer nervös wurden, die Waffe verschwinden ließen und er mit den Fremden, mit den Rettern, aus diesem Wald herausliefe, seine Mörder zurücklassend. Aber er wusste, dass das nicht sein konnte.

«Bitte», sagte er wieder.

Der Kleine antwortete nicht einmal. Sein Partner sowieso nicht. Hoffentlich ging es wenigstens schnell. Er spürte, wie der Mann das kalte Metall in seinem Nacken aufsetzte. Er schluchzte und kniff die Augen zusammen, spürte das Zittern im ganzen Körper, die warme Flüssigkeit, die an der Innenseite seiner Jeans herunterlief. Eine Ewigkeit schien gar nichts zu passieren.

Dann war es vorbei.

Dienstag, 1. März 2016

1

Der Mann hinter dem Glaskasten blickte ratlos auf das Stück Papier, das er in seinen Händen hielt, drehte es hin und her. Dann blickte er Heidi Kamemba aus verwaschen blau schimmernden Augen an. «Zu wem wollen Sie?»

«Zu Hauptkommissar Westphalen, KK12.» Heidi lächelte freundlich.

«Oh je», murmelte der alte Polizist und stand auf. Sein Stuhl knarzte, als er ihn nach hinten schob. Mit seiner rechten Hand griff der Polizist nach einem Gehstock, der neben ihm am Tisch gelehnt hatte. «Na, dann bringe ich Sie mal zu Hauptkommissar Westphalen …»

Heidi sah dem Mann zu, wie er sich schwerfällig zur Tür seines kleinen Empfangs wandte. «Machen Sie keine Umstände, ich finde den Weg. Welche Büronummer?»

Der Mann hielt inne, blickte auf Heidi, dann auf seinen Stock und schließlich, ein wenig sehnsüchtig, wie es Heidi schien, auf den Stuhl, von dem er sich gerade erhoben hatte. «Meinen Sie?», fragte er. «Ich bringe Sie gerne!» Er lächelte nun ebenfalls – flirtend, wie das nur Männer hinbekamen, deren Alter es ihnen eigentlich verbot. Sie widerstand der Versuchung, ihm zuzuzwinkern, um zu sehen, wie er reagieren würde.

«Das ist sehr, sehr nett von Ihnen, aber wirklich nicht nötig. Ich finde mich schon zurecht.»

Der Mann stützte sich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab, ließ sich langsam auf dem Stuhl nieder und hakte den Stock neben sich an der Kante ein. «Okay, Raum 212. Sie müssen durch 211, um reinzukommen. Er mag es nicht, wenn man überraschend in seinem Büro auftaucht.»

«Ich werde ihn schon nicht erschrecken.»

«Da wäre ich mir nicht so sicher.» Er grinste verlegen.

Sie ging weiter. Ihre Schritte hallten, als sie das kreisrunde Foyer des Düsseldorfer Polizeipräsidiums betrat. Kurz las sie im Vorbeilaufen ein paar der zahlreichen Straßennamen auf der umlaufenden Empore im ersten Stock. Ein paar Beamte drehten sich zu ihr um, als sie zum Paternoster lief. Im zweiten Stock stieg sie aus, ging in einen schäbigen Flur hinein, alter, abgewetzter Linoleumboden, weiße Wände mit grauen Abrieben, denen frische Farbe gut getan hätte. Hinter sich hörte sie Schritte, dann rief jemand.

«Kann man dir helfen?»

Sie wandte sich um. Ein Polizeibeamter lief ihr mit schnellen, watschelnden Schritten hinterher. Schon nach wenigen Schritten keuchte er. Sein hellblaues Uniformhemd spannte am Bauch. Sie wusste, was jetzt kam.

Ihre Papiere steckten, jedes Dokument in einer Klarsichthülle geschützt, in einer Ledermappe, die sie mit beiden Armen vor der Brust hielt, darauf bedacht, das Kostüm, das sie sich extra für diesen Tag gekauft hatte, nicht in Mitleidenschaft zu ziehen. Sie musste aussehen, als versuchte sie, sich vor dem Polizeibeamten zu schützen, der sich vor ihr aufbaute. Deshalb ließ sie die Arme sinken und hielt die Mappe in der rechten Hand fest an die Seite gepresst. Der Mann war mindestens 30 Zentimeter größer als sie und sicher doppelt so schwer. Auf seiner Stirn standen kleine Schweißperlen. Misstrauisch blickte er auf sie herab. In den letzten vier Jahren hatte die Uniform sie vor diesem Blick geschützt. Damit war es jetzt vorbei.

«Ich bin auf dem Weg zu Hauptkommissar Westphalen.»

Noch bevor sie erklären konnte, was sie von Westphalen wollte, sprach ihr Gegenüber bereits wieder. Lauter als nötig – als ob sie ihn nicht auch in normaler Lautstärke verstehen würde.

«So, zu Hauptkommissar Westphalen!? Und was willst du von dem?»

Er klang, als spräche er mit einem Kind.

Einem sehr dummen Kind.

«Du kannst nicht einfach hier hereinspazieren und durch die Flure schleichen. Das ist das Polizeipräsidium der Landeshauptstadt Düsseldorf, nicht irgendein …»

«Ich schleiche nicht. Mein Name ist Heidi Kamemba und ich habe um 8 Uhr einen Termin mit Hauptkommissar Westphalen. Dienstantritt.»

Heidi klappte die Ledermappe auf und zog den Brief des Innenministeriums heraus, in dem ihr mitgeteilt worden war, dass sie ab heute als Kriminalkommissarin im Kriminalkommissariat 12 der Düsseldorfer Polizei arbeiten würde. Dienstbeginn 01.03.2016, 8:00 Uhr. ‹Bitte melden Sie sich pünktlich bei Ihrem Dienststellenleiter und Vorgesetzten, HK Bruno Westphalen.› Jetzt war es 7 Uhr 57. Sie reichte die Klarsichthülle mit dem Brief dem Polizisten, der ihn las, sie anschaute und ihn wieder las.

«Haben Sie einen Ausweis?» Er ließ nicht locker.

Genervt zog sie ihn aus der Tasche. Sinnlos, Ärger zu machen. Nicht kurz vor dem großen Ziel: Kriminalkommissarin!

Aufmerksam studierte der Kollege Heidis Ausweis, blickte von dem Namen auf dem Brief zu dem Namen, den ihm Heidi vor die Nase hielt. Sie sah förmlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Es musste traurig in einem Kopf zugehen, der von ein bisschen Hautfarbe überfordert war.

«Würden Sie mich jetzt bitte zu meinem Arbeitsplatz bringen, Herr Kollege?»

Sie konnte sich die Aufforderung nicht verkneifen. Ihr Gegenüber gab ihr Ausweis und Brief zurück.

«Raum 211, dritte Tür links», sagte er. «Anklopfen nicht vergessen!» Watschelnd machte er sich auf den Rückweg zum Treppenhaus. Heidi hielt Klarsichthülle und Ausweis in der Hand, als sie weiterging. Vielleicht würde sie sie noch brauchen.

Die Tür zu Raum 211 stand offen. Sie atmete tief durch. Trat ein. In der Mitte des etwa 25 Quadratmeter großen Büros standen vier aneinander geschobene Schreibtische. Darauf Computer, die nicht mehr auf der Höhe der Zeit waren, und am Fenster eine Birkenfeige, die das Schicksal der Computer teilte. Aktenmappen lagen auf den Tischen neben den Tastaturen. Deutsche Bürokultur. Als Kind hatte sie sich vor solchen Räumen gefürchtet. Jetzt würde sie selbst eine Frau in solch einem Raum sein.

Hinter den Tischen halbhohe Regale aus der gleichen Baureihe. Akten reihten sich darin aneinander. Als die Möbel gekauft wurden, hatten sie vermutlich weiß geglänzt. Jetzt waren sie so mattgrau wie die Wände. Farbton: angegraut weiß. Glänzend weiß und fast neu sah allerdings das Whiteboard aus, das in einer Ecke des Raums stand, als warte es darauf, von Heidi mit Gedanken zu Ermittlungen gefüllt zu werden.

Sie wettete mit sich selbst, dass an der Wand neben der Tür, die sie nicht sehen konnte, alte Aufklärungsposter der Polizei hingen, dazu Postkarten und ein paar persönliche Bilder der Kollegen, von denen keiner anwesend zu sein schien.

Das Vibrieren ihres Handys riss sie aus ihren Gedanken. Sie schaute auf das Display. Drei Nachrichten: Guten Start wünscht Papa; Toi, toi, toi – ebenfalls von ihrem Vater – und als Letztes: Alles ok? Papa. Ihr Vater. Lieb, aber anstrengend. Lächelnd schaltete sie den Vibrationsalarm aus. Sie wusste, dass ihr Vater vor Stolz platzte, weil seine Tochter eine deutsche Kriminalkommissarin sein würde. Aber er war manchmal eine Glucke.

Ein zufriedenes Grinsen huschte über ihr Gesicht, als sie sich nach rechts wandte. Neben der Tür warnte ein Plakat vor den Gefahren durch Einbrecher. Daneben hingen Postkarten mit Strandmotiven und viel Blau. Eine Frau im knappen Bikini blickte lasziv in die Kamera. Darunter war mit einem bunten Reißnagel ein Bild befestigt, das vermutlich ihre neuen Kollegen zeigte.

Sie saßen in einer Bar oder Kneipe. Um sie herum Kirschholzfurnier und dreieckige Spiegel, 80er-Jahre-Schick. Heidi betrachtete die fünf Personen auf dem Bild, vier Männer und eine Frau. Sie saßen an einem Tisch, dem Fotografen zugewandt. Während die Männer entspannte Lässigkeit ausstrahlten, sich teilweise im Arm hielten, saß die Frau stocksteif und hoch aufgerichtet mitten in der Gruppe. Das ernste Gesicht starr in die Kamera gerichtet, überragte sie ihre Kollegen um einen halben Kopf. Einer der Männer hielt einen Karton mit einem Spielzeugschiff in die Kamera und lachte noch mehr als die anderen. Seine Augen leuchteten. Er wirkte wie ein Siebenjähriger an Weihnachten.

Unter dem Bild hingen ein Dienstplan und ein Zeitungsartikel. Beide verdeckten einen Ausschnitt, der darunter hing. Die Kommissarin konnte nur sein unteres Eck erkennen, Zeitungspapier mit einem schwarzen, schmalen Streifen am Rand. Mit zwei Fingern schob sie die beiden Zettel beiseite und blickte auf eine ausgeschnittene Todesanzeige.

Rolf Becker, Kriminalkommissar, las sie.

Geboren 10.1.1969, gestorben 27.11.2015. Der Mann, der sie von dem Foto auf der Anzeige anschaute, saß auf dem anderen Bild zwischen den Polizisten in der Bar. Er hielt das Schiffchen in die Kamera.

Die Tür zum hinteren Büro wurde aufgerissen. Ein untersetzter Mann um die fünfzig musterte Heidi von oben bis unten. Sie schätzte ihn auf knapp einsfünfundsiebzig. Die Ärmel seines dunklen Poloshirts spannten über den Oberarmen. Irgendwann früher hatte dieser Mann viel Sport gemacht. Kraft besessen. Jetzt verlor das Fleisch langsam seine Festigkeit. Auf dem Foto hatte er neben Rolf Becker gesessen, ihm die Hand auf die Schulter gelegt. Mehr als Kollegen. Freunde vermutlich. Zur Begrüßung streckte sie ihm die Hand entgegen. Lächelte. Er ignorierte Lächeln und Hand.

«Frau Makemba?»

«Kamemba», korrigierte sie ihn.

«Kommen Sie rein!»

Im zweiten, kleineren Büro stand ein einzelner Schreibtisch so, dass jemand, der dahinter saß, Tür und Fenster im Blick hatte. Hinter dem Tisch ein Regal, ähnlich wie die im Vorraum, vollgestellt mit Akten. Auf dem Regal zwei Pokale. Sie konnte nicht erkennen, wofür Westphalen die bekommen hatte.

An der Wand zum Vorraum stand ein kleiner quadratischer Besprechungs- oder Verhörtisch mit drei Stühlen. Zwei Männer und eine Frau saßen dort. Derjenige, der näher zur Tür saß, war ein kräftiger Mann mit kurzgeschorenen schwarzen Haaren und Halbglatze. Seine blasse Haut wirkte teigig, das schwarz-weiß karierte Hemd hing halb aus der schwarzen, verwaschenen Jeans. Die Beine streckte er raumgreifend von sich. Der Mann neben ihm überragte ihn nicht nur wegen seiner kerzengeraden Sitzposition. Das blonde Haar trug er länger als seine Kollegen. Sein schlanker, drahtiger Körper war braun gebrannt und schien vor Gesundheit nur so zu strotzen. Leuchtend blaue Augen blickten Heidi offen an. Ganz im Gegensatz zu seinem Sitznachbarn strahlte er eine enorme Vitalität aus. Heidi tippte auf Ausdauersport und gesunde Ernährung. Sein Lächeln wirkte charmant und ein klein wenig jungenhaft.

Gegen das Licht des Fensters konnte Heidi ihre einzige weibliche Kollegin kaum ausmachen. Ihre schlanke Silhouette, die an der Fensterbank lehnte und in einen weiten Wollpullover gehüllt war, schien mit dem Licht dahinter zu verschwimmen. Schemenhaft nahm Heidi einen hellgrauen Pagenkopf wahr und ahnte eine für eine Frau untypisch große Nase, als sie leicht den Kopf neigte. Alle starrten sie an.

«Hallo! Heidi Kamemba. Ich bin die Neue!»

«Heidi?», fragte der Blonde erstaunt.

«Heidi!», bestätigte sie, nicht bereit, zu ihrem Namen eine lange Erklärung abzugeben.

Also streckte sie dem mit den ausgestreckten Beinen die Hand hin, der nahm sie kurz. Wachsweicher Händedruck. «Löwinger.» Mehr nicht. Okay. Sie ging weiter zu seinem Nachbarn, kletterte über die Beine, die Löwinger mit einem leicht missbilligenden Knurren wegzog.

«Hallo! Ich bin Paul», sagte er. «Paul Dennewitz, Kriminaloberkommissar», fügte er hinzu. Sein Händedruck war fest. Er blickte sie freundlich und offen an, deutete ein kleines Lächeln an.

Sie setzte ihre Runde fort. Die Frau am Fenster war älter, als sie auf dem Foto wirkte. Das Gesicht mit der großen Nase zeigte tiefe Falten. Die riesigen Augen hätten einer Eule zur Ehre gereicht. Die Haare waren grauer als auf dem Bild. Die Frau erhob sich höflich, wankte leicht. Wie ein Blatt im Wind, dachte Heidi. Ihr Händedruck allerdings war ein Schraubstock. Dazu verströmte sie eine Duftmischung aus altmodischem Parfüm und Pfefferminz.

«Anna Mehring, Kriminaloberkommissarin … einfach Anna!»

Heidi wandte sich ihrem neuen Chef zu. Hauptkommissar Bruno Westphalen, 53, seit sieben Jahren Leiter des Kriminalkommissariats 12, Todesermittlung, landläufig auch Mordkommission genannt. Das wusste sie, weil sie es recherchiert hatte, denn er stellte sich nicht vor.

«Sie treffen uns hier bei unserer morgendlichen Frühbesprechung. Wir haben das eingeführt, da lebte Rolf noch …», erklärte er stattdessen. Er machte eine kurze Pause. Es schien, als wären alle im Raum kurz zusammengezuckt, als Westphalen Beckers Vornamen erwähnte. Alle außer ihr, der Fremden. «… es hat sich bewährt», fuhr er fort. «Wir bringen uns auf den aktuellen Stand, sprechen Aufgaben ab, klären teaminterne Dinge …»

«… die im Team bleiben», fiel Löwinger seinem Vorgesetzten ins Wort.

Westphalen sah Löwinger kurz scharf an, sagte aber nichts. Stattdessen schlug er eine dünne Mappe aus blassrotem Karton auf.

«Quasi frisch reingekommen: ein Toter in einer Fichtenschonung draußen auf der Landstraße in Richtung Mettmann. Das wäre was für dich, Jo.» Löwinger nickte bloß und nahm einen Schlüsselbund, der vor ihm auf dem Tisch lag. An den Schlüsseln hingen neben einem Stoffesel eine kleine, silbrig glänzende Stabtaschenlampe und ein Schweizer Messer. «Nimm die Neue mit!» Heidi jubilierte innerlich. Der erste Arbeitstag und gleich ein Fall! Am liebsten hätte sie die Hand zur Faust geballt. Yes!

Löwinger hielt in der Bewegung inne, beide Hände auf den Stuhllehnen abgestützt. «Paul oder Anna wären besser.»

Betretenes Schweigen.

«Die Neue fährt mit», entschied Westphalen, klappte die rote Mappe zu und reichte sie Heidi. Die griff augenblicklich danach, bevor Löwinger weiter darauf bestand, sie hier zu lassen. Ihr Partner stand auf und blickte finster drein.

«Sonst noch was?», fragte er.

Westphalen schüttelte den Kopf. «Für euch nicht, nein.»

Dennewitz und Anna folgten Löwinger in den vorderen Raum. Heidi wollte sich ihnen anschließen.

«Auf ein Wort noch», hielt Westphalen sie zurück. «Und schließen Sie die Tür.» Er machte keine Anstalten, ihr einen Sitzplatz anzubieten.

Ihr neuer Chef hielt eine Hand auf der Tischplatte aufgestützt, die andere in der Tasche seiner Jeans vergraben. Dann griff er nach einer schmalen Aktenmappe, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag, und schlug sie auf.

«Zweitbeste beim Einstellungstest in Ihrer Gruppe, Bachelor 1,3, Praktika beim LKA im Dezernat 14 …»

«Das war die Auswertungs- und Analysestelle.»

«Ich weiß.» Scharf blickte er sie unter buschigen Augenbrauen an. Ein Halten-Sie’s-Maul-Blick.

«… vorher ein Praktikum auf der Polizeiwache Dinxperlo im deutsch-niederländischen Streifendienst. Zuletzt waren Sie bei einer Einsatzhundertschaft in Duisburg. Warum Duisburg?»

«Ich bin dort aufgewachsen. Mein Vater lebt dort.»

Westphalen nickte. «Sie haben einige Belobigungen eingesammelt.»

«Ich habe versucht, meine Arbeit zu tun.»

«Darauf sollten Sie sich auch hier beschränken.»

«Das habe ich vor.» Sie hatte keine Ahnung, worauf der Hauptkommissar hinauswollte.

«Ihre Anstellung wird früher oder später für Aufsehen sorgen. Das liegt in der Natur der Sache. Sie haben eine Sonderstellung: Deutschlands erste schwarze Kriminalkommissarin …»

«Ich will keine Sonderstellung. Ich bin ein Teamplayer.»

«Was Sie wollen, spielt keine Rolle.» Er kramte einige Blätter aus einem Stapel Papier hervor. «Das sind die Presseanfragen aus den letzten drei Tagen. Neun Stück. Acht davon möchten ein Interview mit Deutschlands erster schwarzer Kriminalbeamtin. Sie sind eine Berühmtheit, Kamemba. Die Medien reißen sich um Sie.»

«Wirklich, ich lege da keinen Wert drauf. Ich bin nicht Polizistin geworden, um in der Zeitung zu stehen.» Sie war aufrichtig schockiert. Ihr war klar, dass sie für Aufsehen sorgte. Und sie war durchaus stolz auf das, was sie bisher erreicht hatte. Aber eine Berühmtheit wollte sie weiß Gott nicht werden.

«Wir werden sehen.» Westphalen richtete sich auf. «Es ist so: Bei uns gibt es keine Extrawürste. Für niemanden. Und egal, aus welchen Gründen. Wir können niemanden mit Starallüren brauchen. Hier ziehen alle an einem Strang. Wir sind ein Team. Keine Alleingänge! Keine Allüren!»

Es klang wie eine Beschwörung. Er ging um den Tisch herum, öffnete die Tür. Draußen wartete die nächste Überraschung auf Heidi Kamemba. Und auf Bruno Westphalen.

Löwinger stand, die schwarze Lederjacke angezogen, neben der Tür, die Hand auf der Klinke. Vor ihm stand der Polizeipräsident persönlich, sein dunkelblauer, maßgeschneiderter Anzug bildete einen augenfälligen Kontrast zu Löwingers speckiger Jacke, das fast weiße, nach hinten geföhnte Haar saß perfekt, ebenso Krawatte und Einstecktuch. Hinter dem Präsidenten lugte der Kriminaldirektor hervor, draußen auf dem Flur sah Heidi gerade noch einen dritten Mann, der eine Spiegelreflexkamera in der Hand hielt.

Paul Dennewitz stand hinter seinem Schreibtischstuhl, die Hände auf der Rückenlehne. Er schien gerade etwas gesagt zu haben, denn der Präsident blickte ihn an und lächelte künstlich. Anna Mehring wirkte von dem Trubel wenig beeindruckt. Sie saß hinter ihrem Computer, beachtete die Szenerie vor sich nicht weiter, und tippte.

«Hauptkommissar Westphalen!», rief der Polizeipräsident, streckte die Hand aus und eilte auf den Kommissariatsleiter zu. Er wirkte erleichtert, eine Hierarchieebene gefunden zu haben, mit der er reden konnte. «Es freut mich sehr, Sie zu sehen!» Mit beiden Händen griff er nach Westphalens rechter Hand und schüttelte sie. Der Hauptkommissar ließ es über sich ergehen und murmelte etwas, das wie «Herr Präsident» klang.

Der Kriminaldirektor, ebenfalls im Anzug, angemessen weniger elegant als der Polizeipräsident, nutzte die Gelegenheit und trat aus dem Türrahmen heraus und zwei Schritte ins Büro hinein. Der Fotograf rückte auf und stand jetzt neben Löwinger. Die Kamera etwas unschlüssig in der Hand neben der Hüfte, sah er sich im Raum um, blickte prüfend auf die Deckenlampe, begutachtete die angegrauten Möbel, die Ordner, den halbtoten Ficus. Offensichtlich gefiel ihm nicht, was er sah.

«Das ist unsere Neue?» Strahlend wandte sich der Polizeipräsident Heidi zu, schüttelte ihr auf die gleiche Art wie Westphalen die Hand. «Sie können sich gar nicht vorstellen, wie stolz wir sind, Sie in unseren Reihen zu haben! Damit setzen wir gerade in Zeiten wie diesen ein wichtiges Zeichen! Die Düsseldorfer Polizei steht für Weltoffenheit und Toleranz!» Der Kriminaldirektor flüsterte dem Präsidenten leise etwas ins Ohr. «Und natürlich für Chancengleichheit und exzellente Polizeiarbeit! Vielleicht haben Sie kurz Zeit für ein Foto? Wir wollen der Welt ja zeigen, wer wir sind, nicht wahr?»

Heidi schaute Hilfe suchend Westphalen an, der mürrisch schwieg. «Wir sind mitten in einem Fall, vielleicht …», begann sie, bemüht, weder den Präsidenten noch ihren direkten Vorgesetzten zu brüskieren.

«Ach was! Nur ein paar Minuten! Vielleicht gleich hier vorne?», schlug der Präsident vor und deutete auf die Wand neben der Tür, von der eine halbnackte Blondine lasziv in den Raum lächelte.

«Es wäre wahrscheinlich besser, wenn wir das Bild im Foyer machen», warf der Fotograf ein. «Wegen des Lichts.»

«Sie sind der Profi», entgegnete der Polizeipräsident und ging mit dem Fotografen hinaus. Der Kriminaldirektor schloss sich ihnen an. Heidi folgte ihnen widerwillig. Lieber wäre sie im Boden versunken. Westphalen sah aus, als wollte er sie töten.

Das halbe Präsidium schien sich auf dem Flur versammelt zu haben und beobachtete das Schauspiel. Der Präsident und der Kriminaldirektor nahmen Heidi in die Mitte und reckten sich, was sie noch größer wirken ließ. Heidi stand eingekeilt zwischen ihnen, ernst. Vermutlich sah man ihr an, dass sie sauer war. Der Fotograf ging in die Hocke, knipste seine Bilder, und nach wenigen Minuten war der Spuk vorbei. Die beiden hohen Tiere nickten kurz und verschwanden. Der Fotograf nestelte ein wenig an seiner Kamera herum, bevor er Heidi und Löwinger kurz zuwinkte und die Treppe ins Erdgeschoss hinuntereilte.

Heidi sah in die Gesichter der Kollegen und ahnte, was sie dachten: ein kleiner Medienstar. Und was noch schlimmer war: kein Teamplayer. Keine von uns. Sie versuchte es mit einem gequälten Lächeln, sagte halblaut: «Ich hab’s überlebt», aber niemand ging darauf ein. Löwinger stand am Treppenabsatz, den Schlüsselbund in der Hand.

«Können wir jetzt endlich los?», sagte er nur.

2

Der Wagen roch neu. Sein Kilometerzähler stand bei 4562 km. Die Düsseldorfer Polizei investierte vielleicht nicht in die Ausstattung ihrer Büros, aber immerhin in ihren Fuhrpark. Heidi nahm auf dem Beifahrersitz Platz, auf dem Schoß die Mappe, die ihr Westphalen beim Rausgehen in die Hand gedrückt hatte und die nun, neben ihrer Ledermappe mit den Einstellungsunterlagen, Bestandteil einer Art offiziellen Begrüßungsfotos mit dem Polizeipräsidenten und dem Kriminaldirektor geworden war.

«Schicker Wagen!», versuchte sie es mit Small Talk.

«Ford Mondeo 2.0 EcoBoost ScTi, 240 PS, 246 km/h Spitze.» Löwinger strahlte und erinnerte an Rolf Becker, wie er stolz ein Spielzeugboot im Arm gehalten hatte.

«Er bildet einen hübschen Kontrast zu unserem Büro.»

Löwinger lachte schallend.

Der Motor brummte leise, fast zärtlich schnurrend, bis der Polizist das Gaspedal antippte und zu schnell in Richtung Ausfahrt losbrauste. Instinktiv wollte Heidi sich am Türgriff festhalten, ließ es aber bleiben. Aus den Augenwinkeln belauerte Löwinger sie, erwartete genau das. Den Gefallen würde sie ihm nicht tun. Auch nicht, als er aus der Ausfahrt und in einer scharfen Kurve hinaus auf die Straße preschte. Sie blickte unbeteiligt und ein bisschen gelangweilt nach vorn.

«Vielleicht werden die Büros auch irgendwann aufgemotzt. Eine Baufirma hat gegen die Ausschreibung zur Modernisierung geklagt. Jetzt ist ein paar Monate erst mal gar nichts passiert. Immerhin können wir von Glück sagen, dass wir noch in unseren Büros sitzen. Die Kollegen von der Sitte hocken in Containern. Ohne Heizung.»

«Mir macht Kälte nichts aus.»

Eine Weile schwiegen sie. Sie wechselte vorsichtig das Thema.

«Ich hab das Foto in eurem Büro gesehen. In diesem Imbiss …»

Löwinger setzte den Blinker und wechselte die Spur. Der morgendliche Berufsverkehr war mittlerweile abgeklungen. Dafür war die Sonne, die am kalten Morgen noch geschienen hatte, inzwischen hinter Wolken verschwunden. Für ein paar Meter konnte er Gas geben, dann bremste er den Wagen kurz hinter einem roten Toyota Yaris ab.

«Ihr seid zu fünft auf diesem Bild. Darunter die Todesanzeige. Mein Vorgänger?»

Ihr Fahrer antwortete nicht, sondern schaltete das Radio ein. Ein Lokalsender brachte Nachrichten, aber nichts über die Leiche, zu der sie gerade auf dem Weg waren. Stattdessen einen längeren Bericht über einen Landtagsabgeordneten, der sich lautstark über das Verhalten des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes im Kontrollausschuss beklagte. «Diese Politiker nutzen auch jede Gelegenheit, uns das Leben schwer zu machen», murrte Löwinger, bevor er das Radio wieder abschaltete. Als sie das Gespräch über Becker wieder aufnehmen wollte, tippte er bereits eine Nummer in sein Handy, das locker auf dem Lenkrad lag.

«Hallo Papa», meldete sich blechern eine quäkende Kinderstimme.

«Hallo, mein Spatz, immer noch krank?»

Demonstrativ hustete das Kind am anderen Ende der Leitung.

«So gehörst du ins Bett, nicht ans Telefon!», kommandierte Löwinger. Er klang weich dabei.

«Aber Papa! Ich liege im Bett!», protestierte Löwingers Tochter. Heidi grinste. Als Kind hatte sie ähnlich spitzfindig argumentiert.

«Ist deine Mutter zu Hause?»

«Mama», brüllte das Kind. Mehr konnte es nicht rufen, dann endete alles in einem heftigen Hustenanfall. Löwinger schien bemerkt zu haben, dass Heidi das Gespräch mithörte. Er schaltete die Freisprechanlage aus und hielt sich das Handy ans Ohr, während er mit einer Hand den Wagen lenkte. Nach ein paar Minuten, die sich in erster Linie um Fragen der Haushaltsführung drehten und in deren Verlauf Löwinger immer wortkarger geworden war, legte er auf, wählte gleich darauf aber erneut. Ihr Kollege schien um jeden Preis ein weiteres Gespräch mit ihr vermeiden zu wollen. Weil sie nach Rolf Becker gefragt hatte? Heidi schlug die Mappe auf. Sie beinhaltete nicht mehr als eine kurze Wiedergabe des Anrufs, mit dem ein Spaziergänger den Leichenfund gemeldet und seinen Standort durchgegeben hatte.

«Wer hat bei euch Dienst?», hörte sie Löwinger fragen. «Spoehri? Fein. Dann wird’s lustig.» Er schaute zu ihr hinüber, als wäre er sich nicht sicher, ob es für sie beide lustig werden würde. Heidi klappte die Mappe zu.

«Was steht drin?» Mit dem Kinn deutete Löwinger auf die Mappe in ihrem Schoß.

«Verbrannte Leiche, etwa 500 Meter von einem Parkplatz an einer Landstraße vor Mettmann. Anrufer: ein gewisser Hans-Joachim Merz. Er geht dort immer mit dem Hund. Das hat er zumindest dem Beamten gesagt, der den Anruf entgegengenommen hat.»

«Verbrannt, Waldparkplatz? Klingt nach einem Fall für die OK.»

«Organisierte Kriminalität? Möglich …» In der Ausbildung hatte man ihnen eingetrichtert, unbefangen an einen Fall heranzugehen. «Es könnte genauso gut etwas völlig anderes sein.»

«Ein Haufen Papierkram und null Ergebnis. Dann geben wir den Fall ab an die Kollegen vom KK11.» Er schien ihr gar nicht zugehört zu haben.

«Lassen wir uns überraschen!»

«Du willst dir deine erste Leiche nicht madig machen lassen, was?»

«Hübsches Wortspiel.»

«Ich will dir den Spaß nicht nehmen. Tob dich ruhig aus!»

Für was hielt er sie? Die Spielkameradin seiner Tochter?

«Ich finde was. Sollen wir wetten?»

Löwinger knurrte.

«Fürs Wetten ist Paul zuständig.» Erneut drückte er aufs Gas. «Ihr Berufsanfänger seid immer so enthusiastisch. Stört es dich, wenn ich rauche?»

Er griff in die Seitentasche seines hellen Anoraks, um Zigaretten hervorzukramen.

«Ehrlich gesagt: Ja.»

Der Kommissar ließ die Zigaretten zurück in die Tasche gleiten.

«Nichtraucherin? Mist!»

Heidi sah hinaus auf die Straße, die sich steil den Berg hochzog. In wenigen Minuten würden sie die Stadt hinter sich lassen.

«Falls unser Täter gut war und seinen Job konsequent erledigt hat, finden wir gar nichts», nahm er ihr Gespräch wieder auf. «Hast du dir mal angeschaut, wie viele verbrannte Leichen auf den Fahndungsseiten des BKA gelistet sind? Wie lange die teilweise nicht identifiziert werden können?»

Das konnte Jahre dauern. Heidi kannte die Bilder von der Seite des Bundeskriminalamtes. Sie hatte beim LAFP in Brühl, dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen, übungsweise einige dieser Fälle bearbeitet. Vergeblich. Trotzdem konnte sie es nicht erwarten, mit diesem Fall zu beginnen. Sieben Jahre hatte sie auf diesen Tag hingearbeitet. Sie lehnte sich in den bequemen Sitzen des Mondeo zurück und schaute zu Löwinger hinüber.

«Ich wette immer noch, dass wir etwas finden.»

Der Kriminalkommissar schüttelte resigniert den Kopf.

 

Endlich setze Löwinger den Blinker und bog auf einen Parkplatz am Rand der Landstraße ein. An beiden Einfahrten flatterte das schwarzgelbe Absperrband der Polizei. Streifenbeamte achteten darauf, dass niemand unbefugt den Parkplatz betrat. Zur Stadt hin parkten mehrere Pkw und Kleinlaster vor dem Absperrband, einer mit dem typischen Sendemast eines Fernsehwagens. Die Medien wussten bereits Bescheid. Ein Journalist fotografierte in den Wagen hinein, als der Streifenpolizist ihnen das Absperrband anhob. Außer der Polizei dürfte niemand von dem Leichenfund wissen. Hatte der Mann, der die Leiche gefunden hatte, sie angerufen? Oder waren es Kollegen gewesen, die einen Tipp gegeben hatten?

Löwinger lenkte den Wagen an drei Streifenwagen vorbei und parkte ihn hinter dem schwarzen Van der Spurensicherung, der aussah, als hätte die Düsseldorfer Polizei ihn aus dem Fundus einer amerikanischen Fernsehserie rausgekauft.

Die Mappe unter den Arm geklemmt, nahm Heidi zwei Paar Plastik-Überschuhe aus dem Seitenfach des Wagens. Eines reichte sie Löwinger, das andere streifte sie über ihre für den Wald denkbar ungeeigneten Pumps. Hätte sie doch heute Morgen weniger daran gedacht, den Eindruck einer Frau zu machen, die wusste, wie man sich in einem Büro angemessen kleidete. Die Kleiderordnung bei der Kriminalpolizei wurde leger gehandhabt. Dämliche Überkorrektheit! Jetzt stolperte sie Löwinger, der mit festen Schritten – und festem Schuhwerk – voranging, auf Pumps in Plastiküberzügen hinterher.

Die Luft war feucht und einige Grad kälter als in der Stadt. Zu kalt für die Jahreszeit. Inzwischen nieselte es leicht. Bevor sie sich in wenigen Sekunden in alle Richtungen krausen konnten, band sich die Kommissarin die Haare neu zusammen. Etwa zehn Meter vor ihnen führte ein Waldweg schnurgerade in eine Fichtenschonung. Ein Stück weit den Weg hinein leuchteten grell die Scheinwerfer, die die Spurensicherung am Tatort aufgestellt hatte, um das dämmerige Licht des Waldes aufzuhellen und jede, wirklich jede Spur zu finden. Endlich hatte sie sich halbwegs daran gewöhnt, mit den Schuhen auf dem Waldboden zu laufen, da hielt Löwinger sie zurück.

«Langsam, Kollegin!» Er packte die Zigaretten aus, zündete sich eine an und nahm einen tiefen Zug. «Wenn du nicht rauchst, bist du bei uns übrigens Exotin.»

«Das bin ich gewohnt.»

Löwinger lachte nicht, sondern stapfte weiter in den Wald hinein, die Zigarette in der Hand. Vor den Scheinwerfern war ein weiteres Absperrband zu erkennen, das sich in einem Viereck von etwa 4 mal 4 Metern um den Tatort zog. Darin ein Plastikzelt, das die Männer der Spurensicherung aufgebaut hatten, damit nicht noch weitere Spuren durch den Regen vernichtet wurden. Zwei standen in ihren Plastikoveralls davor und unterhielten sich.

Der unangenehme Geruch verbrannten Fleisches verstärkte sich, je näher sie dem Tatort kamen. Das Zelt stand inmitten einer Wegkreuzung. Am Rand stand eine Grillhütte, deren Holz an der Seite schwarz verkohlt war. Die beiden Männer nickten Löwinger kurz zu. Sie mussten sich bücken, um in das Zelt hineingehen zu können. Ein verkohlter Klumpen lag darin, den Heidi erst bei genauem Hinsehen als massigen, menschlichen Körper erkennen konnte. Zwei Männer arbeiteten im näheren Umkreis der Leiche, sammelten mit kleinen Spachteln und Zangen mögliche Beweismittel. Ein dritter kniete neben der Leiche und untersuchte sie.

«Spoehri!», rief Löwinger.

«Stopp!» Der Mann an der Leiche drehte sich zu ihnen um und hob warnend die Hand.

Löwinger und Heidi blieben stehen. Der Mann stand auf. Er hinkte leicht und zog sich die Kapuze des Overalls vom Kopf, als er auf sie zuging. Sein hageres Gesicht erinnerte an einen Raubvogel. Schlohweiße Haarbüschel über und in den Ohren ließen diesen Raubvogel arg zerzaust wirken.

«Wir sichern. Je weniger Leute hier rumtrampeln, umso besser.» Seine Stimme klang scharf, schneidend, als gehörte sie jemandem, der permanent seine Position behaupten müsse.

«Ich bin nicht scharf drauf, ihn mir aus der Nähe anzugucken», antwortete Löwinger. Er drehte sich um und verschwand. «Tob dich aus!», sagte er zum Abschied.

Heidi hörte sein Feuerzeug. Offenbar zündete sich ihr Kollege eine weitere Zigarette an. Er stand tatsächlich lieber draußen im Regen und rauchte, als mit ihr und der Spurensicherung die Leiche zu begutachten. «Die Neue ist viel schärfer auf den Fall!», rief er von draußen.

Spoehri hob eine Augenbraue. So sah er noch vogelartiger aus. «Verkohltes Grillfleisch ist kein schöner Anblick.» Er schaute sie an. Graue, ernste, böse Augen.

Heidi ging nicht darauf ein. «Heidi Kamemba, Kriminalkommissarin», stellte sie sich vor. Sie lächelte. Er nicht.

«Wir haben bisher nicht viel für euch. Toter Mann. Verbrannt. Post mortem vermutlich.» Kurze Pause. Durchdringender Blick. «Sonst läge er nicht so friedlich da.»

«Und die Umgebung wäre stärker in Mitleidenschaft gezogen», ergänzte Heidi.

«Wenn Sie das sagen …»

«Er wäre doch herumgerannt, hätte sich auf dem Boden gewälzt, versucht, die Flammen zu ersticken. Gestern Abend hat es nicht geregnet. In den letzten Tagen auch nicht. Wir müssten also an den umliegenden Bäumen und auf dem Boden Brandspuren entdecken. Vielleicht hätte sich sogar das Gras entzündet. Meinen Sie nicht?»

«Sie ist clever, was?», brüllte Spoehri zu Löwinger hinaus. Die beiden Spurensicherer im Zelt blickten hoch, setzten ihre Arbeit dann aber fort.

Löwinger schaute durch die Öffnung. Die Zigarette hielt er nach draußen, was seiner Haltung etwas Unnatürliches, Verdrehtes gab. «Sie will uns was beweisen!» Er grinste breit. Wenn die beiden dachten, sie könnten sie hier kleinhalten, hatten sie sich getäuscht.

«Hmhm», grunzte Spoehri. Seine Augen sezierten sie förmlich. «Wenn er noch gelebt hätte, wäre seine Körperhaltung definitiv verkrampfter. Menschen, die bei lebendigem Leib verbrennen, rennen nicht nur herum oder wälzen sich ein bisschen im Schlamm. Irgendwann zucken und krampfen sie nur noch. Ein schrecklicher Anblick!» Seine Augen bohrten sich in Heidis. Eine kleine, private Gruselshow. Extra für sie. «Sie rollen sich auf dem Boden, können ihre Bewegungen nicht mehr kontrollieren. Der Schmerz macht sie wahnsinnig. Überall! Überall brennt es! Es ist furchtbar!» Er fletschte tatsächlich die Zähne! «Dann ersticken sie irgendwann. Oder der Schock macht sie fertig. Sie empfinden das als Erleichterung, als Glück! Eine Hoffnung bietet der Tod durch Verbrennen: Man ist glücklich, wenn es vorbei ist. Aber das wissen Sie bestimmt, Frau Kollegin?»

Heidi hielt dem Blickkontakt stand. Spoehris Augen funkelten. Sie wartete, bis er wegsah. Dann blickte sie an ihm vorbei auf den Klumpen verbrannten Fleisches, der einmal ein Mensch gewesen war. Sie ging in die Hocke, um ihn näher zu betrachten.

«Seine Finger sind sehr kurz.»

«Gut!» Spoehri klang beeindruckt. Er ging neben ihr in die Hocke und deutete mit einer Pinzette auf das, was einmal Fingerkuppen gewesen waren. «Jemand hat ihm die halben Finger abgehackt.»

«Und mitgenommen?»

Der alte Mann nickte.

«Also keine Fingerabdrücke …»

«Es sei denn, Sie finden die Kuppen im Gebüsch.»

«Der Mörder wird sie kaum am Tatort weggeworfen haben», warf Löwinger von außen ein. Offenbar war er mit seiner Zigarette fertig, denn er kam wieder zu ihnen ins Zelt, hockte sich widerwillig neben Heidi und Spoehri, hielt sich ein Taschentuch vor den Mund.

«Was ist mit seinem Gesicht passiert?»

«Ah, das ist ebenfalls toll!», setzte Spoehri an. «Es wurde zertrümmert. Da scheint jemand der Gesichtsrekonstruktion sehr viel zuzutrauen. Oder zumindest eine Heidenangst davor zu haben. Jedenfalls hat unser Mörder den Schädel gründlich mit etwas sehr Schwerem bearbeitet.»

«Wissen wir womit?»

«Bisher noch nicht. Vielleicht eine Axt, vielleicht aber auch ein Stein.»

«Und wie ist er», sie deutete auf den schwarzen Klumpen, «ums Leben gekommen?»

Der Mann von der Spurensicherung lächelte und zeigte dabei ein bemerkenswert schiefes Gebiss. «Völlig unspektakulär: Er wurde erschossen.»

«Wie langweilig! Woran sehen Sie das?»

Spoehri bohrte mit dem Kugelschreiber in einem Loch, das sich in dem kleineren, zertrümmerten Klumpen befand, der einmal der Kopf des Toten gewesen war. «Er hat ein kleines Einschussloch im Schädel. Und ein zweites in der Brust.»

«Kugeln?»

«Walther PP, nicht registriert, keine Übereinstimmungen in der Datenbank.»

«Sieht nach der Arbeit eines Profis aus», warf Löwinger ein.

«Oder nach jemandem, der zu viele Fernsehkrimis gesehen hat. In jedem Fall wird es uns schwerfallen, unseren Toten zu identifizieren.»

«Es gibt gar keine Hinweise?», fragte Heidi.

«Bisher nichts.»

Sie schaute sich den Toten ein weiteres Mal an. Als würde er ihr seine Identität offenbaren, wenn sie ihn nur lange genug anschaute. Diesmal blieb ihr Blick an seinen Füßen hängen. «Interessante Schuhe!»

«Beziehungsweise das, was davon übrig geblieben ist. Vollplastik. Das verschmilzt mit der Haut und dem Fleisch darunter, dass es eine reine Freude ist. Es sei denn, man lebt noch. Oder man muss es hinterher wieder auseinanderklamüsern.»

Heidi ging ein paar Schritte, um sich die Füße näher anzuschauen. Geschmolzenes Plastik an den Sohlen, so schwarz wie alles andere an dem Toten. Aber auf dem Fußrücken konnte sie ein paar blauschwarze Fäden ausmachen. «Ich habe so etwas schon einmal gesehen. Keine Ahnung, wo. Sichern Sie mir davon eine Probe», sagte sie zu Spoehri.

«Aye, Madam!», antwortete er. Einen Moment blickte er zu Löwinger, der schweigend wieder seinen Platz am Eingang des Zelts eingenommen hatte, dann wieder zu ihr. «Sie sind der Boss.»

«Papiere hatte der Tote keine bei sich? Ist es überhaupt ein Mann?»

«Kleidung und Körperbau sprechen dafür. Auf die Idee, nach Papieren zu suchen, sind wir natürlich noch nicht gekommen.»

Heidi grinste. «Dann suchen Sie mal danach!»