Das Geheimnis der Nonne - Dritter Roman: Blutzauber - Petra E. Jörns - E-Book
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Das Geheimnis der Nonne - Dritter Roman: Blutzauber E-Book

Petra E. Jörns

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Beschreibung

Wenn alles hoffnungslos erscheint: „Blutzauber“, der dritte Roman der Trilogie „Das Geheimnis der Nonne“ von Petra E. Jörns, jetzt als eBook bei dotbooks. Dunkle Wolken ziehen auf. Der Bischoff von Worms hütet ein dunkles Geheimnis: Er ist Mitglied eines geheimen Zirkels, der vor nichts zurückschreckt – auch nicht vor der Ermordung des Papstes. Nun strebt der Zirkel nach noch mehr Macht. Und alle, die sich dem widersetzen, müssen vernichtet werden. Der Ritter Aymard weiß, dass ihm nicht viel Zeit bleibt, um den Bischoff und seine Anhänger noch aufzuhalten. Mit Hiltrauds Hilfe bereitet er sich auf die alles entscheidende Schlacht vor. Nur mit einem haben die beiden nicht gerechnet: Dass der Bischoff sich Waffen bedienen könnte, die nicht von dieser Welt sind … Eine furchtlose Frau und ein starker Ritter stellen sich gegen die bedrohlichen Mächte ihrer Zeit: Der krönende Abschluss der spannenden Trilogie von Petra E. Jörns um politische Intrigen, Verrat und eine außergewöhnliche Liebe. Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Das Geheimnis der Nonne – Dritter Roman: Blutzauber“ von Petra E. Jörns. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Dunkle Wolken ziehen auf. Der Bischoff von Worms hütet ein dunkles Geheimnis: Er ist Mitglied eines geheimen Zirkels, der vor nichts zurückschreckt – auch nicht vor der Ermordung des Papstes. Nun strebt der Zirkel nach noch mehr Macht. Und alle, die sich dem widersetzen, müssen vernichtet werden. Der Ritter Aymard weiß, dass ihm nicht viel Zeit bleibt, um den Bischoff und seine Anhänger noch aufzuhalten. Mit Hiltrauds Hilfe bereitet er sich auf die alles entscheidende Schlacht vor. Nur mit einem haben die beiden nicht gerechnet: Dass der Bischoff sich Waffen bedienen könnte, die nicht von dieser Welt sind …

Eine furchtlose Frau und ein starker Ritter stellen sich gegen die bedrohlichen Mächte ihrer Zeit: Der krönende Abschluss der spannenden Trilogie von Petra E. Jörns um politische Intrigen, Verrat und eine außergewöhnliche Liebe.

Über die Autorin:

Petra E. Jörns, geboren 1964, ist gebürtige Pfälzerin. Sie studierte Biologie an der Universität Kaiserslautern, wobei ihr besonderes Interesse der Verhaltensforschung galt. Seit 1994 ist sie freiberuflich als Diplombiologin tätig. Unter den Pseudonymen P. E. Jones und Patricia E. James veröffentlicht sie Science-Fiction- und Liebesromane. Petra E. Jörns lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in ihrem Heimatdorf in der schönen Pfalz.

Die Trilogie »Das Geheimnis der Nonne« umfasst folgende Bände: Band 1: »Blutbann« Band 2: »Blutnacht« Band 3: »Blutzauber«

Ebenfalls bei dotbooks erschien ihr Fantasy-Epos »Legende der Welten«: Band 1: »Erben des Zorns« Band 2: »Schwert des Zorns – Der Bastard« Band 3: »Schwert des Zorns – Der Novize«

Die Website der Autorin: www.pejoerns.de Die Autorin im Internet: www.facebook.com/p.e.joerns.autorin/

***

Originalausgabe März 2016

Copyright © 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Peter Thannisch

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Captblack76 und thinkstock/istock/hansok

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-348-4

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

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***

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Petra E. Jörns

Das Geheimnis der Nonne

Dritter Roman: Blutzauber

dotbooks.

Prolog

In der gestaltlosen Finsternis klaffte ein rotglühender Riss. Blutrote Flammen züngelten über den Rand und fingerten in die Dunkelheit. Dann vermischte sich das Blutrot mit der Dunkelheit zu einem tiefen dunkelroten Licht, das durch den Spalt kroch und die Finsternis eroberte.

Vom Riss ausgehend, füllte ein tiefes Dröhnen die Schwärze und ließ sie erbeben. Es glich in seiner Stetigkeit einem monströsen Herzschlag, der so langsam war, dass jeder Schlag die Finsternis aufs Neue mit Schrecken erfüllte.

Lauter und lauter wurde der Herzschlag, und mit jedem der Schläge weitete sich der Spalt. Er glich einem Auge. Aber je weiter er sich öffnete, umso zorniger schien dieses Auge zu werden.

Da bewegte sich etwas in den Flammen hinter dem riesenhaften Tor. Ein Schatten war dort auszumachen. Zu dem einen gesellten sich weitere. Sie gingen auf allen vieren. Breite Köpfe mit kleinen, spitzen Ohren saßen auf muskulösen Tierkörpern.

Je näher sie der Öffnung kamen, umso deutlicher wurden ihre Konturen. Dann setzte im purpurroten Licht eine krallenbewehrte, tiefschwarze Tatze ihren ersten Tritt in die Dunkelheit. Die Krallen kratzten über harten Grund. Ein weiterer Tritt folgte, Pfote um Pfote, ein Schatten nach dem anderen.

Es war, als würden sie mit der Passage des lidlosen Auges an Gestalt gewinnen. Ebenfalls glutrote Augen leuchteten an den breiten Köpfen auf. Ein Knurren mischte sich in den langsamen Herzschlag.

Dann begann der erste der Schatten zu rennen. Krallen klackerten im Galopp der Sprünge auf marmorharten Boden. Das Knurren wurde zu einem tiefen Hecheln. Schneller und wilder wurden die Sprünge, immer lauter das Hecheln.

Schließlich ließ der erste der Schatten ein Jaulen hören. Einer nach dem anderen beantworteten die Schatten den Ruf. Bis ein vielstimmiger Chor das Wetzen der Krallen begleitete.

Das rotglühende Auge im Hintergrund schien zu lächeln.

Die Jagd war eröffnet.

1. Kapitel

24. Mai 1622

Der Pakt war vollzogen. Entgegen all ihren Sorgen und ihrem Argwohn. Der Vollmond, der rund und silbrig durch die Weiden des Auwalds blinzelte, war der Zeuge von Aymards Schwur gewesen, den er gerade gesprochen hatte. Nun war der ehemalige Ordensritter ihr Lehrling. Nun gehörte Aymard der Gemeinschaft der Hexen an und war an ihre Regeln gebunden.

Hiltraud machte sich nichts vor. Er hatte es nur getan, weil er von Greiffenclau, den Bischof von Wormitia, aufhalten wollte, der seine Seele Satan verschrieben hatte, um Papst zu werden. Und weil Aymard die Seele seines Bruders Domitian retten wollte, der von Greiffenclau diente und ihn, Aymard, verraten hatte. Das Magisterium schien der Schlüssel von von Greiffenclaus Macht zu sein. Es musste zerstört werden. Zudem hatte Aymard sehr richtig erkannt, dass man jemanden, der der Magie mächtig war, nur mit Magie bezwingen konnte.

Dafür war er bereit gewesen, alles aufzugeben, an was er bisher geglaubt hatte. Dafür wollte er zu jenen gehören, die er einst gejagt hatte. Dafür war er bereit, die Schuld zu tragen am Tod all jener Hexen, die er auf den Scheiterhaufen gebracht hatte. Obwohl er ein Mann und die Aussicht, dass er jemals viel mehr als ein paar Fingerspielereien erlernen mochte, nur gering war.

Umso mehr fühlte sie sich schuldig, dass sie ihm dieses Detail vorenthalten hatte. Zumal sie ihn liebte und es nicht würde ertragen können, ihn scheitern oder enttäuscht zu sehen.

Ihr Blick fiel auf seine Hände, die immer noch die ihren hielten, glitt hinauf zu seinem Gesicht, das im silbrigen Licht des Monds nur ein bleicher Fleck war.

Erwartungsvoll sah er sie aus grünen Augen an und ließ ihre Hände los. »Und nun können wir endlich richtig üben?«

Es war, als hätte sie es geahnt und damit herbeigerufen. Im gleichen Moment war der Zauber des Moments erstorben.

»Was meinst du damit? Wir haben doch bereits geübt.«

»Schwerere Dinge. Nicht nur die einfachen Zauber. Wie soll ich mich verbessern, wenn wir nicht auch einen schwereren Zauber versuchen?«

Die Wahrheit war, dass sie noch immer fürchtete, er könne doch nicht der eine unter hundert Männern sein, der dazu fähig war, mehr zu lernen als ein paar Taschenspielertricks. Jede Zauberübung konnte zutage bringen, was sie ihm bisher verheimlicht hatte, und sie wollte nicht zusehen müssen, wie sein Kartenhaus aus Hoffnungen in sich zusammenfiel.

»Aymard, du weißt doch, dass wir vorsichtig sein müssen, wenn wir niemanden auf uns aufmerksam machen wollen.«

»Glaubst du, von Greiffenclau wartet, bis wir uns endlich bereit fühlen, uns ihm zu stellen? Ich wundere mich, dass nicht bereits seine Truppen den Auwald durchkämmen. Zum Glück zeigt er doch ein wenig Respekt vor von Söterns Autorität, sonst wäre er sicherlich schon hier.«

»Aymard, darüber haben wir doch schon gesprochen. Nur kleine Zauber, und nur innerhalb von Almas Bannkreis. Alles andere ist zu gefährlich. Daran hat sich nichts geändert.«

»Und wozu haben wir dann so lange mit dem Ritual gewartet?«

»Weil der Pakt zwischen Schüler und Lehrer bei Vollmond geschlossen werden muss.«

»Aber nun stehen mir doch alle Zauber offen. Weshalb fliegen wir nicht mit dem Besen auf die andere Rheinseite und üben dort?«

Hiltraud schüttelte entschieden den Kopf und trat den Rückweg zur Hütte an. »Und machen von Greiffenclau auf diese Weise auf uns aufmerksam? Nein, Aymard, das werden wir nicht tun!«

Aymard fasste nach Hiltrauds Arm. »Willst du riskieren, dass von Greiffenclau weitere Seelen Satan zuführt? Er wartet nicht. Verstehst du das denn nicht? Wir müssen endlich handeln. Etwas unternehmen.«

Geschlagen wandte sie sich ihm wieder zu. »Und was? Wie stellst du dir das vor?«

»Wir müssen erneut in seinen Keller eindringen und das Magisterium zerstören.«

»Du weißt, wie es das letzte Mal geendet hat.«

»Deshalb erlerne ich die Magie. Damit ich dich im Kampf gegen ihn unterstützen kann.«

Hiltraud schloss kurz die Augen, bevor sie mit einem Seufzen den Kopf schüttelte. »Auch zu zweit können wir das nicht schaffen, Aymard. Dafür ist er viel zu mächtig.«

Einen Herzschlag lang sah er sie nur an. Dann wollte er wissen: »Wieso?«

In diesem Augenblick begriff sie, dass sie sich verraten hatte. »Aymard …«

»Du weißt, weshalb ich die Magie erlernen will. Um ihn zu besiegen. Um Domitian zu retten … Um …«

»Das werden wir ja auch versuchen, aber …«

»Was aber? Was hast du mir vorenthalten? Weshalb kann unsere Macht nicht ausreichen, um von Greiffenclau zu besiegen?«

»Das habe ich nicht gesagt.«

»Doch, das hast du.«

Sie schwieg. Alles, was sie sagen konnte, würde ihn nur umso mehr aufbringen.

»Sag es mir!«, forderte er. »Ich will keine Ausflüchte mehr hören. Weshalb bist du dir so sicher, dass unsere Macht nicht ausreicht?«

»Weil du ein Mann bist«, antwortete sie endlich leise.

»Weil ich … ein Mann bin?«

»Weil nur einer unter hundert Männern jemals mehr erlernt als ein paar Taschenspielertricks. Aber …«

»Einer unter hundert? Das meinte Alma also. Einer unter hundert. Und du hast mir nichts davon gesagt? Hast mich Kinkerlitzchen üben lassen und mich beschwichtigt, damit es mir nicht auffällt! Das …«

»Aymard! Du missverstehst das. Es war doch vom ersten Tag an offensichtlich, dass du mehr kannst. Dinge, die nur wenige Hexen können. Dinge, die ich nicht kann. Ich weiß nicht, ob du einer jener Besten bist, von denen Alma sprach. Aber ich bin mir sicher, dass du mehr kannst als die meisten Männer, die Magie wirken.«

»Das Gras wachsen lassen und Amseln rufen!«

»In meinen Geist eindringen und bis in die Wolken fliegen«, fügte sie hinzu.

»Und was hilft mir das gegen von Greiffenclau?«

Sie gab ihm keine Antwort, denn die war allzu offensichtlich.

»Nichts«, gab er sie sich selbst.

Eine Weile herrschte Stille, die nur vom leisen Rascheln der Blätter gestört wurde.

»Ich wollte dir nicht weh tun«, würgte sie endlich hervor.

»Nein, nur falsche Hoffnungen wecken.«

»Willst du … willst du, dass ich dich von deinem Schwur entbinde?« Nur mit Mühe konnte sie noch die Tränen zurückhalten.

Mit schmalen Lippen musterte er sie. »Nein. Ich stehe zu meinem Wort.«

Da sprach wieder der Ordensritter. Bei Gott, wie sie ihn hasste, wenn er sich so gab! Und wie begehrenswert er in diesen Momenten war.

»Schön«, fügte er hinzu. »Wenn unsere Kraft nicht reicht, dann müssen wir eben die anderen Hexen davon überzeugen, dass sie uns unterstützen müssen. Allen voran die Mutterhexe, von der du gesprochen hast.«

»Genau das ist meine Absicht, Aymard. Das ist einer der Gründe, weshalb ich dich als Lehrling angenommen habe. Damit unser Anliegen vor der Mutterhexe mehr Gewicht erhält.«

»Und wann gehen wir zu ihr?«

»Du wirst sie sehen. Zur Johannisnacht. Wenn sie dich in die Hexengemeinschaft aufnimmt. Dann ist der richtige Zeitpunkt, unser Anliegen vorzutragen. Wenn alle Hexen versammelt sind und sie sehen, dass du es wert bist, zu ihnen zu gehören. Deshalb müssen wir bis dahin unentdeckt bleiben. Und deshalb musst du dich auch zügeln. Denn die Mutterhexe gibt nichts auf blinden Eifer. Der Schutz der Gemeinschaft ist ihr wichtiger.«

»So wie deiner Mutter Oberin, der es wichtiger ist, die Ihren zu schützen, als gegen einen Diener Satans vorzugehen?«

Aymards Worte glichen einer Ohrfeige.

»Nein. Die Mutterhexe setzt ihre Prioritäten anders. Sie weiß, dass die Diener Satans alles daransetzen werden, die Hexengemeinschaft zu vernichten. Allein deshalb ist sie gezwungen zu handeln. Aber es ist an uns, sie davon zu überzeugen, dass wir diesen Kampf nicht aus persönlichen Motiven suchen, sondern um die Gemeinschaft zu schützen. Und deshalb musst du dich zurückhalten. Nicht weil du zu schwach sein könntest, Aymard. Sondern weil du sonst alles zunichtemachst.«

Das musste er doch einsehen.

Aber Aymard starrte sie mit finsterer Miene an. Es schien, als müsse er ihre Worte erst verdauen.

»Und wann wolltest du mich in deine Pläne einweihen?«

Hiltraud seufzte. »Das habe ich doch eben getan.«

»Nachdem ich dir den Schwur geleistet habe.«

»Ändert das denn etwas an deiner Entscheidung?«

Er starrte sie an, als wolle er sie schlagen. Bis er ihr brüsk den Rücken zukehrte, um zu gehen. »Und wenn es so wäre«, grollte er, »ich kann nichts mehr daran ändern. Du hast mir die Entscheidung abgenommen.«

»Habe ich das?«, schrie Hiltraud ihm hinterher. »Wenn es so ist, dann entbinde ich dich von deinem Schwur!«

Aymard wirbelte auf dem Absatz herum und stierte sie mit wildem Blick an. »Nein, das ist nicht nötig. Trotzdem war es falsch, was du getan hast. Du hast mich hintergangen, um einen Vorteil zu erlangen. Sag mir, wie ich dir noch vertrauen soll!«

Schwindel erfasste Hiltraud. Unwillkürlich fasste sie sich an die Stirn. »Ich dachte nicht … ich habe nicht gewusst … nicht einmal geahnt, dass …«

»… dass es mir wichtig sein könnte?«, schnaubte er. »Ich bin keine Nonne. Ich bin ein Ritter. Ich laufe nicht blind der Herde hinterher, sondern treffe meine Entscheidungen selbst und trage die Konsequenzen meines Handelns ohne Klagen. Gewöhn dich daran!«

Mit diesen Worten ließ er sie stehen.

Tränen sammelten sich in Hiltrauds Augen und rannen dann über ihr erhitztes Gesicht. Ihr war, als hätte ihr jemand ein Messer in die Brust gerammt. Der Schmerz machte sie nahezu blind.

Wie hatte sie nur so dumm sein können? War sie wirklich so naiv, dass sie ernsthaft geglaubt hatte, er würde ihre Gründe verstehen? Er war und blieb ein Sturkopf. Die Mutter Oberin hatte recht gehabt: Ein Mann konnte keine Hexe werden, und er sollte es auch nicht sein. Das konnte niemals zu etwas Gutem führen. Den Beweis hatte sie gerade erhalten.

***

Am nächsten Morgen füllte er ihren Napf mit Haferbrei und stellte ihn stumm vor ihr auf den Tisch. Er sprach kein Wort während des Frühstücks. Er half Alma beim Abräumen und Säubern der Näpfe und ging anschließend hinter die Hütte. Kurz darauf konnte Hiltraud die Axtschläge hören, mit denen er Holzscheite für die Feuerstelle zerkleinerte.

Alma sah sie nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. Hiltraud fühlte sich genötigt aufzustehen, um nach ihm zu sehen und um die Übungen fortzusetzen.

Er sah kurz auf, als sie an der Hüttenecke stehen blieb, dann setzte er seine Arbeit wieder fort. Es war trotz des frühen Morgens bereits warm, und er hatte das Hemd ausgezogen. Hiltraud ertappte sich dabei, wie sie seinen nackten Oberkörper mit ihren Blicken streichelte.

»Was ist?«, fragte er endlich.

»Wir müssen die Übungen fortsetzen.«

Er zerteilte ein Scheit, sammelte die beiden Hälften auf und ließ das Axtblatt mit einem Schwung aus dem Handgelenk in den Hackklotz fahren. »Ich bin bereit.«

Er zog das Hemd über, und sie führte ihn vor die Hütte, wo Alma auf der Bank saß und spann. Klaglos und konzentriert führte er alle Übungen durch, wie sie es von ihm verlangte, bis es dunkelte und Alma in die Hütte ging, um zu kochen.

Der nächste Tag verlief genauso. Und ebenso alle folgenden Tage. Kein Wort der Anklage kam von ihm, kein Vorwurf, keine Bitte. Er fügte sich, als wäre jegliches Gefühl in ihm gestorben.

Nur in der Nacht redete er. Wenn er träumte.

Jede Nacht, wenn sie wach lag, konnte sie sein Atmen hören. Wie es sich irgendwann beschleunigte und angestrengt wurde, bis er sich keuchend hin und her warf.

Dann redete er. »Nein.« Aus dem leisen, verzweifelten Wort wurde ein Name: »Domitian.« Ein erstickter Schrei folgte: »Bitte!«

Ein Schauer rann dabei über ihren Rücken. Jede Nacht, in der sie ihn hörte. Alles in ihr drängte danach, zu ihm zu gehen, ihn in die Arme zu nehmen und an sich zu drücken. Ihn zu streicheln und zu wiegen und die Tränen von seinen Wangen zu wischen.

Manchmal stand sie auf, wenn sie es nicht mehr aushielt, und setzte sich neben ihn. Einige Male schwebte ihre Hand bereits über seinem Körper. Doch kein einziges Mal gab sie ihrer Sehnsucht nach. Auch wenn sein Jammer ihr den Atem abwürgte und sie fühlte, dass Alma sie aus schmalen Augen beobachtete. Stattdessen wartete sie nur stumm und starr, bis sein Schlaf wieder ruhiger wurde.

Die Träume schienen mit jeder Nacht schlimmer zu werden. Irgendwann redete er nicht mehr, sondern keuchte und stöhnte nur noch und wehrte sich schweißgebadet gegen einen unbekannten Feind. Wind rüttelte an den Läden der Hütte, bis sich Aymards Angst endlich in einem Schrei entlud.

Hiltrauds Herz klopfte, als wollte es zerspringen, während ihr Blick über seinen Körper hinweg den von Alma fand, die sie beobachtete.

Morgen. Morgen würde sie ihn wecken.

Aber in der nächsten Nacht saß sie wieder reglos neben ihm und litt mit ihm, während er sich im Schlaf wälzte und stöhnte und Alma sie beobachtete.

Ebenso wenig schaffte sie es, ihn am Morgen danach zu fragen, wovon er träumte. Allein sein starrer Blick verbat es ihr. Jeden Tag, jede Nacht schien er sich einen Schritt mehr von ihr zu entfernen. Sie wusste, dass sie etwas dagegen unternehmen musste, wenn ihr etwas an ihm lag. Doch sie war wie gelähmt, und mit jedem ungenutzten Tag wurde es schlimmer.

»Wie lange noch?«, fragte Alma endlich an einem Morgen Mitte Juni. »Wie lange soll das noch so gehen?«

Hiltraud ließ den Kopf in die Hände sinken. Von draußen waren die dumpfen Schläge der Axt zu hören. Tränen rannen über ihr Gesicht. »Was soll ich denn tun?«

»Rede mit ihm.«

Hiltraud hob den Kopf. »Wie denn? Er hört mir nicht zu.«

»Er leidet.«

»Was soll ich ihm denn sagen? Dass er den Pakt umsonst geschlossen hat? Dass es keine Möglichkeit gibt, von Greiffenclau mit Magie zu besiegen? Jedenfalls nicht durch uns beide. Dass all seine Hoffnungen nur eine Illusion waren? Soll ich ihm das sagen?«

Alma schüttelte den Kopf. »Du irrst dich. Es gibt sehr wohl eine Möglichkeit, von Greiffenclau aufzuhalten. Wir Hexen reden nur nicht gern über diese Möglichkeit, weil sie so selten durchgeführt wird.«

»Wovon sprichst du?«

»Vom Großen Ritual.«

Hiltraud glaubte, sich verhört zu haben. Sie hatte zwar schon vom Großen Ritual gelesen, aber niemals auch nur eine vage Hoffnung gehabt, daran in ihrer Lebensspanne teilzuhaben. Und nun forderte Alma sie indirekt dazu auf, dass sie dafür sorgte, dass es durchgeführt wurde.

»Das kann nicht dein Ernst sein.«

»O doch, mein Lämmchen. Es ist mein voller Ernst. Das Große Ritual ist die einzige Chance, die wir haben, um den Bischof aufzuhalten. Denk darüber nach!«

»Ich? Aber wieso sollte ich darüber nachdenken? Ich bin nur ein kleines Licht. Die Mutterhexe muss darüber entscheiden …«

»Die Mutterhexe weiß nicht, was wir wissen. Es ist unsere Aufgabe, sie auf die Gefahr hinzuweisen und ihr Vorschläge zu unterbreiten, wie wir ihr begegnen können. Wenn Aymard die Schale wäre, würde er damit zur mächtigsten Waffe, die wir je erringen können.«

»Das …« Hiltraud verschlug es die Sprache. Das konnte sie ihm nicht aufbürden. Nicht ohne zu wissen, dass die Mutterhexe tatsächlich gewillt war, auf diesen irrwitzigen Vorschlag einzugehen. Denn eher wollte sie sich die Zunge abbeißen und sie verschlucken, als noch einmal falsche Hoffnungen in Aymard zu wecken.

»Das geht nicht«, sagte sie endlich. »Das kann ich ihm nicht sagen …«

»Du sollst darüber nachdenken, ob du dazu gewillt bist, diesen Vorschlag der Mutterhexe zu unterbreiten. Falls ja, würde ich dich in allen Belangen unterstützen, dessen darfst du dir gewiss sein.«

»Warum kannst du das nicht tun?«

»Weil es ihn betrifft und du seine Lehrmeisterin bist, nicht ich.«

»Ich weiß«, sagte Hiltraud dumpf.

Darauf also lief es hinaus.

Sie fragte sich auf einmal, ob es nicht furchtbar falsch gewesen war, Aymard den Treueschwur abzunehmen.

25. Mai bis 16. Juni 1622

Du hast es geschworen. Dich meinem Ratschluss zu beugen. Mir zu gehorchen.

Er konnte es in Hiltrauds Augen lesen. Jeden Tag. Jede Minute. Jeden Atemzug, den er tat. Ein harter, stachliger Klumpen aus Zorn und Ohnmacht wuchs in seinem Innern, machte ihn hart und ungerecht und unduldsam. Aber er beugte sich, widerstrebend und voller Wut. Denn er hatte es geschworen, und jetzt musste er die Konsequenzen seines Handelns tragen.

Doch jede Übung, jede Maßregelung wurde dadurch zu einer Probe für seine Selbstbeherrschung. Er widersprach Hiltraud nicht mehr. Lieber hätte er sich die Zunge abgebissen. Er gehorchte stumm und ohne Klagen. Nur um ihr nach jeder Übung brüsk den Rücken zuzukehren.

Die Träume, die er jede Nacht hatte, schienen passend. Es kam ihm vor, als wären sie die Strafe dafür, dass er sie so ungerecht behandelte. Und mit jeder Nacht wurden sie schlimmer. Doch er schwieg darüber, denn er wollte sich Hiltraud gegenüber keine Blöße geben. Wenn er auch ahnte, dass die Träume wichtig waren, denn sie glichen nicht den Albträumen, die ihn bisher gequält hatten.

Er bemerkte sehr wohl Hiltrauds Blässe und dass sie häufig mit gesenktem Kopf einfach nur dasaß. Sie litt unter seinem Verhalten, doch weder sprach sie ihn darauf an, noch tat sie etwas, um es zu ändern. Sie machte ihm keine Vorhaltungen und bat ihn auch nicht, ihr gegenüber anders aufzutreten. Ihre Antwort auf sein Verhalten war Duldung, und das erbitterte Aymard nur umso mehr. Mehr noch, es stachelte ihn an.

Er ließ ihr den Vortritt bei der Tür, beim Essen und Trinken. Hielt ihren Mantel bereit und ihre Schuhe. Kümmerte sich um die Fallen, half Alma bei der Arbeit, hackte Holz. Ungefragt und voller Stolz. Und absolvierte nebenher die täglichen Übungsstunden pünktlich und gewissenhaft. Doch ohne ein überflüssiges Wort mit Hiltraud zu wechseln.

»Meint Ihr nicht, dass es reicht?«, fragte Alma eines Abends, nachdem Hiltraud nach dem Essen wortlos die Hütte verlassen hatte.

»Wovon sprecht Ihr?« Er säuberte gerade die Näpfe.

Alma nahm ihm den Napf, den er gerade in einer Schüssel spülte, aus der Hand und zog ihn zum Tisch. »Setzt Euch!«

»Weshalb?«

»Setzt Euch und hört auf, Euch wie ein kleiner Junge zu benehmen!«

Aymard gehorchte, wenn auch widerwillig. »Ich höre.«

»Ich bin nicht Hiltraud, also spart Euch Eure Beleidigungen.«

»Ich habe Euch nicht beleidigt.«

Mit gerunzelter Stirn schlug Alma mit der flachen Hand auf den Tisch. »Was auch immer vorgefallen ist zwischen Euch beiden, beendet es – sofort!«

»Sonst?« Es ging also nicht um seine Träume. Fast war er erleichtert.

»Diese Selbstgerechtigkeit steht Euch nicht, mein Ritter. Ich hatte Euch anders in Erinnerung.«

Aymard glaubte, die Ohrfeige klatschen zu hören. »Sie hat mich hintergangen.«

»Aber Ihr stimmt ihrer Entscheidung zu.«

»Das hat nichts damit zu tun.«

Alma schüttelte seufzend den Kopf. »Hört auf, Euch zu zerfleischen. Ihr tut Euch doch damit nur selber weh. Merkt Ihr das denn nicht?«

»Und was soll ich Eurer Meinung nach machen? So tun, als wäre nichts geschehen?«

Weshalb stritt er sich eigentlich deswegen mit Alma? Seine Träume waren viel wichtiger. Das konnte er fühlen. Mehr noch, er wusste es.

»Das könnt Ihr besser, mein Ritter. Das habt Ihr mir schon so oft bewiesen.« Sie fasste nach seiner Hand, öffnete sie und strich sanft über die Narbe an seinem Handballen, dort, wo er sich geschnitten hatte, um den Hexenpakt mit seinem Blut zu besiegeln. »Und das alles, um Euren Bruder zu retten, der Euch töten wollte«, murmelte sie.

Unwillkürlich ballte Aymard die Hand zur Faust. Rede, befahl er sich. Der Blick des rotglühenden Auges bohrte sich in sein Hirn.

Derweil streichelte Alma weiter seine Faust, als habe sich nichts geändert. »Ihr seid so viel größer als dieser Mann, der Hiltraud seinen Zorn zeigt.«

»Sie hätte es mir vorher sagen müssen.« Ein Keuchen entfuhr ihm. Das rotglühende Auge schloss sich.

»Ja, das hätte sie. Doch auch, wenn Ihr viel aufgegeben habt, um Euren Bruder zu retten, denkt Ihr auch daran, was sie aufgegeben hat, um Euch zu retten? Um Euch bei Eurem Kampf zu unterstützen? Ohne Gegenleistung. Ohne Verpflichtung. Nur …«

»… weil sie mich mag?«

Nein, sie mochte ihn nicht, sie liebte ihn. Und er? Was war mit ihm? Wie lange wollte er sich noch etwas vormachen?

»Möglicherweise«, antwortete ihm Alma.

Aymard schwieg. Der Traum schien mit einem Mal nicht mehr wichtig.

»Seid Ihr deshalb so hart ihr gegenüber?«

Wie gut die Alte ihn doch kannte.

»Lasst mich darüber schlafen«, bat er sie.

Alma lächelte. »Nun gut. Ich werde Euch nicht weiter bedrängen.«

***

Nur die Glutaugen des Feuers erhellten noch die Hütte. Aymard lauschte einmal mehr auf die Atemzüge der beiden Frauen, die beide bereits zu schlafen schienen.

Sich entschuldigen? Der Gedanke schien unmöglich, solange auch sie es nicht tat. Zorn wallte in ihm auf. Sie hatte ihm unrecht getan. Doch … er hatte es ihr Tag für Tag vergolten. Waren sie nicht längst quitt? Sein Benehmen taugte allenfalls für einen unreifen Knaben, aber sicherlich nicht für einen Ordensritter.

Die Glutaugen wurden eine Spur dunkler. Als verströmten sie eisige Finsternis anstatt Wärme. Aymard fröstelte unwillkürlich. Eine Last schien sich auf seine Brust zu legen und ihn am Atmen hindern zu wollen.

Die Augen wurden lebendig.

Nein, nicht schon wieder dieser Traum! Guter Gott im Himmel! Weshalb hatte er nicht schon längst mit Alma oder Hiltraud darüber geredet? Was hinderte ihn nur daran?

Im nächsten Augenblick hing er wieder am Kreuz. Die Nägel, die Domitian ihm durch die Hand- und Fußgelenke getrieben hatte, glichen glühenden Dolchen. Das Gewicht seines eigenen Körpers würgte ihm die Luft zum Atmen ab. Er hörte sich selbst vor Schmerz und Verzweiflung stöhnen und hasste sich wegen seiner Schwäche und Hilflosigkeit.

Der dumpfe Herzschlag dröhnte in seinen Ohren. Mühsam hob er den Kopf, um dem rotglühenden Auge zu trotzen. Da sah er die Schatten, die sich aus den Flammen schälten. Er wusste, was kommen würde. Er hatte oft genug gesehen, wie sich aus den Schatten die schwarzen Hunde mit den rotglühenden Augen formten, die zum Kreuz stürzten, um ihn bei lebendigem Leib zu zerfleischen.

Magie – wozu war sie nütze, wenn sie ihm in diesem Moment nicht helfen konnte?

Mit einem Schrei riss er an den Nägeln, die ihn am Kreuz festhielten. Er spürte, wie Haut und Fleisch zerrissen, während er die Hände vom Kreuz zog und die Nägel dabei durch seine Gelenke gezerrt wurden.

Dann … kippte er nach vorn. Stöhnend und blutbesudelt schlug er zu Boden. Da hörte er auch schon das Knurren.

Taumelnd quälte er sich auf die blutenden Füße. Noch nie zuvor war es ihm gelungen, sich vom Kreuz zu befreien. Wenn er das geschafft hatte, dann konnte er ihnen vielleicht auch entfliehen. Dann konnte er sie womöglich abhängen und sich in Sicherheit bringen vor ihren scharfen Zähnen.

Blind für den Schmerz, begann er zu laufen. Bei jedem Schritt war es ihm, als würden glühende Eisen durch seinen Leib fahren. Doch das sich nähernde Hecheln trieb ihn weiter. Er hörte das Wetzen der Krallen auf dem marmorharten Boden, fühlte den geifernden Atem der Bestien an seinen Fersen.

Da erinnerte er sich an Hiltrauds Lektion mit dem Besen. Er brauchte nur an sein Ziel zu denken, dann würde er im nächsten Moment dort sein. Doch was war sein Ziel? Wohin sollte er fliehen vor diesen Monstern, die ihm Satan selbst auf den Hals gehetzt hatte?

Eine Hütte im Auwald erschien vor seinem geistigen Auge, und davor stand die vertraute Bank. Almas Hütte. Die Antwort war ebenso einfach wie verwunderlich.

In dem Augenblick, da er die Hütte erreichte, schlugen die Zähne seiner Verfolger in sein linkes Bein. Er fiel, fühlte Erde unter sich, roch Waldboden und den stinkenden Atem der Höllenhunde, die ihn ereilt hatten. Da verbiss sich einer von ihnen in seiner Kehle.

Der Schrei, der seinen Mund verließ, wurde zu einem Röcheln. Dann fiel er. Ein Spalt tat sich unter ihm auf, ein Schlund, himmeltief, der in einem Meer aus schwarzen Flammen endete. Von dort tönten ihm die Schreie der Verlorenen entgegen.

Verzweifelt versuchte er, sich während des Falls irgendwo festzuhalten, doch immer wieder glitten seine Finger an den Schachträndern ab, wurden von rasiermesserscharfen Kanten aufgerissen, und seine Fingernägel zersplitterten am spitzen Gestein.

Ein Lachen dröhnte durch die Kluft und hallte in seinen Ohren wider. Dann sah er das Tor unter sich, aus dem die Flammen leckten.

Schweißgebadet schreckte er hoch. Nach Atem ringend, hockte er am Boden … und starrte ins Dunkel der Hütte. Ein Sturm umtoste die Hütte und rüttelte an den Läden.

»Aymard?« Das war Hiltrauds Stimme.

Durch das Brausen des Windes konnte er hören, wie sie mit nackten Füßen auf ihn zutappte. Eine Hand legte sich auf seine Schulter und strich dann sanft über seinen Rücken. Die Berührung genügte, dass er keine Luft mehr bekam.

»Nein!«

Er schrie es und spürte, wie allein das Wort Hiltraud quer durch die Hütte gegen die Wand schleuderte, wo sie stöhnend auftraf. Die Magie, die er entfesselt hatte, schlug Wellen wie ein Stein, der in einen ruhigen Teich geworfen wurde. Der Sturm schien sich zu verstärken. Entsetzt sprang er auf und wich zurück zur Tür.

»Aymard, warte!«

Mit schweißfeuchten Händen riss er die Tür auf. Vögel kreischten in der Nacht. Eine heftige Bö zerrte an seinem Hemd und brachte einen Hauch von Klarheit in seinen verwirrten Geist.

»Aymard!« Hiltrauds Stimme klang panisch. Im nächsten Moment stand sie neben ihm und fasste nach seinem Arm. »Was ist?«

Aymard starrte in die stürmische Nacht, doch ihm war, als würde er in seinen eigenen Geist blicken. Genauso aufgewühlt fühlte er sich.

Ruhig, mahnte er sich, ruhig.

Sein Atem wurde langsamer, ebenso sein eben noch rasender Herzschlag. Wie ein Echo seiner selbst ebbte auch der Sturm ab. Nur ein paar aufgeschreckte Vögel flatterten noch kreischend umher.

»Aymard?« Hiltrauds Stimme klang ganz sanft. »Stimmt etwas nicht?«

Nichts stimmte.

»Ich habe nur geträumt …«

Hiltraud schob sich an ihm vorbei, um sich vor ihm hinzustellen und ihm ins Gesicht zu blicken. »Es tut mir leid. Ich … Du hattest recht, ich hätte es dir sagen sollen. Kannst du mir verzeihen?«