Das Glücksversprechen - Rainer Gross - E-Book

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Rainer Gross

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Beschreibung

Der Maler Malte Westermann lebt in seinem Haus am Meer. Seine Frau ist vor fünf Jahren gestorben. Er weiß nicht, ob er glücklich ist und woraus Glück besteht. Er weiß nur eines: Glück ist für ihn blau. Er verbringt seine Tage mit Malen, Strandspaziergängen, Besuchen auf dem Friedhof, Einkaufen im nahen Dorf und mit seinen Freunden Thomas, dem Töpfer, und Imke, der Friesin, die ihm immer Blumen oder Kuchen mitbringt. Malte ist ein ehrgeiziger Maler: Er will das unmögliche Licht malen, jene Schönheit, von der Stendhal sagt, sie sei das Versprechen des Glücks. Als ihn die Frage nach dem Glück immer mehr umtreibt, kündigt Salome, seine Tochter, ihr Kommen an. Mit dabei ist seine Enkeltochter Elena, und diesmal krempelt ihr Besuch sein ganzes Leben um

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Der Maler Malte Westermann lebt in seinem Haus am Meer. Seine Frau ist vor fünf Jahren gestorben. Er weiß nicht, ob er glücklich ist und woraus Glück besteht. Er weiß nur eines: Glück ist für ihn blau.

Er verbringt seine Tage mit Malen, Strandspaziergängen, Besuchen auf dem Friedhof, Einkaufen im nahen Dorf und mit seinen Freunden Thomas, dem Töpfer, und Imke, der Friesin, die ihm immer Blumen oder Kuchen mitbringt.

Malte ist ein ehrgeiziger Maler: Er will das unmögliche Licht malen, jene Schönheit, von der Stendhal sagt, sie sei das Versprechen des Glücks. Als ihn die Frage nach dem Glück immer mehr umtreibt, kündigt Salome, seine Tochter, ihr Kommen an. Mit dabei ist seine Enkeltochter Elena, und diesmal krempelt ihr Besuch sein ganzes Leben um.

Rainer Gross, Jahrgang 1962, studierte Philosophie, Literaturwissenschaft und Theologie. Er lebt mit seiner Frau seit 2002 als freier Schriftsteller bei Hamburg.

Bisher veröffentlicht: Grafeneck (Pendragon 2007, Glauser-Debüt-Preis 2008); Weiße Nächte (Pendragon 2008); Kettenacker (Pendragon 2011); Kelterblut (Europa 2012).

Bei BoD u.a. erschienen:

Ein Sommerhaus im Languedoc

Die Welt meiner Schwestern

La beauté n’est que la promesse de bonheur.

HENRI STENDHAL

Ich bin ein einfacher Mann.Ich habe ein schlichtes Gemüt.Deshalb ist Glück für mich blau.Immer schon gewesen. Ich weiß nicht,wo das herkommt.Ich meine damit nicht nur den Himmel,das süße, läutende, sich wölbende Blau,in dem kreideweiß Wolken treiben.Vielleicht habe ich das aus einem Kinderlied, dasvon den Sternlein.Weithin über die ganze Welt.Vielleicht ist es auch so, dass ichschon als Kind die Vorstellung von einerglücklichen, unbeschwerten Weltin mir hatte.Vielleicht habe ich das aus Kinderbüchern,oder Mutter hat mir davon am Bett gesungen,vielleicht hatte ich Träume davonoder vielleicht hat mir einfach die Welt

ein Versprechen gemacht –das Versprechen des Glücks.Lange habe ich an dieses Versprechen geglaubt.Immer wieder hat es mir Hoffnung gegeben, wennich im Zweifelüber mich und alles war. Immer wiederhat es mich getröstet und angefeuert:Halt durch!Das Beste kommt noch!Es ist nicht gekommen.Das Versprechen hat getrogen.Seit ich das weiß, bin ich auf der Suche.Nicht nach dem Glück, sondern bloßnach den Bedingungen der Möglichkeitvon Glück.

Ich sitze in meinem kleinen Haus am Meer, in denDünen, male den ganzen Tag und kann davonleben. Meine Frau ist vor fünf Jahren gestorben. AnKrebs.

Magda hat sie geheißen.Ab und zu besucht mich unsere Tochter Salomemit ihrer Tochter Elena.Ich lebe ein ruhiges Leben. Jede Woche fahre ichins Dorf und kaufe ein. Selten fahre ich in die Stadt,fünfzig Kilometer entfernt, gehe ins Kino,gehe essen, freue mich, unter Menschen zu sein.Ansonsten male ich.Zum Malen ziehe ich über meine Kleider einenOverall, den man „blauen Anton“ nennt. Ich trageihn nicht wegen der Farbe, sondern weil erpraktisch ist. Ich trage ihn fast den ganzen Tag.Nur nicht, wenn ich an den Strand gehe.

Wir haben uns damals, vor Magdas Tod, überlegt,wo wir hin sollen. In die Berge oder ans Meer.Die Berge hätten uns auch gefallen. Aber wir habenuns für hier entschieden, für Dänemark, für dieNordsee.

Das Gute ist, dass Salome mich besuchen kommenkann.

Nein, es ist nicht nur der Himmel,weshalb für mich Glück blau ist.

Das Blau des Meeres kommt hinzu. Des nordischenMeers mit seiner Nuance von Stahl, ein kimbrischesBlau.

Das Glitzern und Funkeln an Landestegen, wennman sich anschickt, ein Boot zu besteigen.Hochaufragende Fährdecks, Möwenschwärme,flaggenbewehrte Kajen.Aufbruch liegt in der Luft.Verheißungsblau. Ferneblau.Wenn die bunten Fahnen wehen.

Das sind Augenblicke, in denen ich glücklich bin.Ich bin auch im Norden gewesen, woim dunklen Waldgrün die Seenaugen blitzen. DasLand ein geschecktes Fell, ein Allerleirau, und ofthabe ich das Ineinander von Moosgrün,Russischgrün undCyan, Chromblau gemalt.Damals hatten wir eine Hütte,Magda und ich,und verbrachten einige Sommer dort.Ich weiß noch, wie wir in den hellen Nächten, wenndie Sonne nicht unterging, auf der Veranda saßenund den Wäldern, den Seen lauschten.Mit Magda konnte ich das.In den Nächten hörte ich eine Stimme.Unhörbar, die eine Nacht verkündete esder anderen.Es war für mich wie ein Versprechen.

Wenn ich es recht bedenke, gibt die Weltimmer noch Versprechen. Nurglaube ich ihr nicht mehr.Ach, vielleicht ist das Ganze aucheine einzige Klage. Eine stille, nach innen gekehrte,denn ich spreche kaum mit jemandem.Außer mit Salome und ein paar Freunden an derKüste. Vor ihnen würde ich nie klagen.Ich habe keinen Grund zur Klage.Ich habe mein Auskommen, sitze in keinem Bürooder Bankschalter, niemandgibt mir Befehle. Ich habe zu essen, ein Dach überdem Kopf und bin nicht einsam.Ich habekeinen Grund zur Klage.Und trotzdem muss ich, wenn ichan das Glück denke,mit dem Klagen beginnen.

Das scheint mir dergemäße Ausdruck dafür.Warum kann man in dieser Welt nicht dauerhaftglücklich sein?Warum sind die Menschen nicht glücklich?Warum ist die Welt so eingerichtet,dass Menschen unglücklich sind?Warum gibt es überhaupt Unglück?Haben wir alle an ein Versprechen geglaubt? Hatman uns einen Floh ins Ohr gesetzt, den wir nichtmehr loswerden?Ich meine: Wozu das Ganze?Ich habe ein schlichtes Gemüt.Deshalb verstehe ich die Welt nicht.Deshalb ist Glück für mich blau.Im Blau lösen sich alle Fragen.Es geht tief hinein, ins Herz der Weltoder hoch über sie hinaus.Es geht in Stille und Geborgenheit.

Es geht in Ruhe und Betrachtung.Die Sehnsucht schweigt.Der Mensch schweigt.Alles ist einfach da.