DAS GRAB DER GÖTTER (Matt Drake Abenteuer 4) - David Leadbeater - E-Book + Hörbuch

DAS GRAB DER GÖTTER (Matt Drake Abenteuer 4) E-Book und Hörbuch

David Leadbeater

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Beschreibung

DIE MATT DRAKE ABENTEUER Weltumspannende Abenteuer, atemlose Action und die größten Rätsel der Menschheit – vom Gewinner des AMAZON Storyteller Awards 2017 David Leadbeater. Im Abschluss des sich über vier Teile erstreckenden Handlungsstrangs befindet sich Matt Drake im Wettlauf gegen die Zeit, um zu verhindern, das Odins weltvernichtende Waffe zum Einsatz gebracht wird. Von der Zerstörung eines Wolkenkratzers in Los Angeles über einen verzweifelten Kampf an Bord eines Zuges und von einer wilden Autoverfolgungsjagd durch Hollywood bis zu einem Überfall auf eine geheime SAS-Basis hinterlassen Matt Drake und sein Team eine Schneise der Verwüstung, um Verräter und Wahnsinnige über den gesamten Globus zu verfolgen. Mit irrem Tempo, rasanten Actionszenen und einer gehörigen Portion Humor eroberten David Leadbeaters Schatzjäger-Romane rund um Matt Drake und dessen verschworenem Team die Amazon-Bestsellerlisten im Sturm, und sorgten dafür, dass Leadbeater mit seiner Serie 2017 sogar den Amazon Kindle Storyteller Award gewinnen konnte.

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Seitenzahl: 337

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Zeit:9 Std. 4 min

Sprecher:Wenzel Banneyer
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Das Grab der Götter

(Matt Drake Band 4)

David Leadbeater

Copyright © 2015 by David Leadbeater All rights reserved. No part of this book may be used, reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying, recording, or by any information storage or retrieval system, without the written permission of the publisher, except where permitted by law, or in the case of brief quotations embodied in critical articles and reviews.

Danksagungen

Ich will mir einige Minuten Zeit nehmen, um einigen fantastischen Menschen für die unschätzbar wertvolle Hilfe auf dieser actiongeladenen Reise zu danken:

Zuallererst meiner Frau Erica für ihr Verständnis und ihre Unterstützung.

Meinen Eltern für ihren Enthusiasmus und die Ermutigung.

Und jeder einzelnen Person, die ein Matt-Drake-Abenteuer gekauft und es geliebt hat – die Reise hat erst begonnen!

Ich möchte auch auf das klassische Gedicht, »The Charge of the Light Brigade« von Alfred Lord Tennyson hinweisen, das eine Inspiration für den Höhepunkt dieses Romans darstellte.

Impressum

überarbeitete Ausgabe Originaltitel: THE TOMB OF THE GODS Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Philipp Seedorf Lektorat: Manfred Enderle

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-676-4

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Inhaltsverzeichnis

Das Grab der Götter
Danksagungen
Impressum
Der Stoff, aus dem die Helden sind …
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Das Grab, der Dieb und der Zug
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Die Schattenelite
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Drakes letztes Gefecht
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Über den Autor

Teil 1

Der Stoff, aus dem die Helden sind …

Kapitel 1

Hinter dem kleinen Flugzeugbullauge spiegelte der graue Himmel den Zustand von Matt Drakes Seele wider.

Er ließ den Blick durch die Kabine schweifen. Hübsche Stewardessen in roten Röcken und weißen Blusen verteilten Mikrowellengerichte und boten den Passagieren Getränke an. Der aromatische Geruch von gebratenem Fleisch und gekochtem Gemüse lag in der Luft. Eltern und ihre Kinder unterhielten sich angeregt. Für Drake war dieser Flug die Rückreise.

Die Reise nach Hause. Zurück nach London.

Drake lehnte den Kopf zurück und sah Richtung Fenster. Sein Gesicht zeigte keine Emotion, aber vor seinem geistigen Auge blitzten die jüngsten Ereignisse schneller vorbei, als er die Daten verarbeiten konnte. Nach ein paar Minuten seufzte er frustriert. Er musste einen Gang runterschalten und erst einmal Bilanz ziehen. Ein Zwölfstundenflug sollte ihm genug Zeit dafür bieten.

Zwei Tage waren seit dem Sieg über den Blutkönig unter dem Diamond Head vergangen. Seitdem waren Drake und seine Freunde für das Debriefing zum CIA-Büro in Los Angeles geflogen worden und dann hastig zum Treffen mit Jonathan Gates geeilt, dem US-Verteidigungsminister. Dort hatte Gates ihnen erzählt, dass der Geheimagent Russell Cayman – der Mann, der Torsten Dahl als Leiter des archäologischen Teams abgelöst hatte, dessen Aufgabe die Erforschung des ersten Grabs der Götter in Island war – sie inklusive Gates eingeladen hatte, um sich in einem sicheren, öffentlichen Gebäude in L. A. zu einem klärenden Gespräch zu treffen. Bei diesem Treffen, so hatte er Gates gesagt, würde er den Grund nennen, wieso er Dahl abgelöst hatte und ihnen ein paar Details über die Gruppe nennen, für die er arbeitete.

Der Schwede Dahl war bereits unterwegs und flog aus Island ein.

Zuerst war Drakes Team misstrauisch gewesen, aber sie hatten sich beschwichtigen lassen, als Cayman zugestimmt hatte, dass der Verteidigungsminister und seine Entourage an Bodyguards sie ohne weitere Bedingungen begleiten konnte.

Hayden war optimistisch. »Vielleicht ist Cayman doch kein so schlechter Kerl«, hatte sie gesagt. Sie hatten versucht, herauszufinden, wo das dritte Grab der Götter lag, aber die Karte, die sie in Island gefunden hatten, war uralt, fast verrottet und musste übersetzt werden. Sie glaubte, eine Unterhaltung mit Cayman, bei der alle Karten auf den Tisch gelegt wurden, würde sie ihren gemeinsamen Zielen näherbringen – dazu gehörte, das dritte Grab zu finden und alles zu katalogisieren, von antiken Münzen bis zu potenziell neuartigen wissenschaftlichen Erkenntnissen – und das schneller als ein ganzer Trupp Akademiker.

Auf Drakes Tagesordnung standen zwei Dinge ganz weit oben. Zuerst einmal wollte er Cayman treffen – sie waren sicher, dass der Mann eine Verbindung zu Wells und der Verschwörung hatte, die zu seinem Tod geführt hatte. Zudem war Drake überzeugt, dass Cayman etwas mit dem Mord an seiner Frau Alyson zu tun gehabt hatte. Zweitens wollte er schnell zu Wells’ Londoner Wohnung, um nach etwas zu suchen, das nur er finden konnte.

Einen Hinweis auf die Verbrechen, in die Wells verwickelt gewesen war. Und aus welchem Grund.

Wells war im Herzen ein SAS-Offizier und Patriot gewesen. Drake hatte das immer gewusst. Wells hatte sein Land stets allem anderen übergeordnet.

Wenn er etwas über Alysons Tod gewusst und ihm nichts davon gesagthätte …

Was brachte einen Mann wie Wells dazu, so etwas zu tun?

Cayman hatte da so eine Ahnung. Aber die Wohnung in London – dort vermutete Drake die wirklich bedeutenden Hinweise. Also hatte er beschlossen, mit Mai und Alicia nach London zu reisen, in der Hoffnung, dort brauchbare Antworten zu finden. Drake hatte Ben gefragt, ob er mitkommen wolle, und der junge Mann hatte lang nachgedacht, aber sich dann entschlossen, bei seiner Freundin Hayden zu bleiben. Ben hatte mitangesehen, wie sie sich seit einigen Monaten immer mehr aus der Beziehung zurückgezogen hatte, und wollte sie nicht kampflos aufgeben. Karin blieb bei ihrem Bruder. Ihre Freude darüber, den Blutkönig geschlagen zu haben, hatte einen empfindlichen Dämpfer erhalten, als ihr neuer Freund Komodo umgehend in den Stützpunkt der Delta-Force zurückbeordert worden war, Ort unbekannt.

Drake löste sich aus seinen Gedanken, war wieder im Hier und Jetzt und sah auf die Uhr. In drei Stunden würden sie in Heathrow landen. Wells’ Wohnung war am Rand von Mayfair, in der Nähe von Park Lane und Piccadilly. Von Heathrow aus leicht mit der U-Bahn zu erreichen. Sobald sie gelandet waren, mussten Drake, Mai und Alicia sich beeilen. Mais Unstimmigkeiten mit ihren Vorgesetzten beim Geheimdienst waren ausgeräumt worden – die Japaner hatten erkannt, wie wichtig es war, das dritte Grab der Götter zu finden und die Doomsday-Waffe, die möglicherweise darin versteckt war. Sie hatten ihr gestattet, auf die Situation so zu reagieren, wie sie es für am besten hielt. Agenten standen ihr zur Verfügung. Alicia blieb ein Teil von Drakes inoffiziellem Team, einem Team, das sich weiterentwickelt hatte, nachdem sie das erste Mal Jonathan Gates in Washington, D. C., getroffen hatten, wie Drake aufgefallen war.

Eine Stewardess beugte sich über ihn. Er lehnte den Snack vom Servierwagen ab, den sie ihm angeboten hatte, aber sein Blick blieb an den Schnapsfläschchen hängen: Whisky, Wodka – die schnelle und einfache Lösung. Er schüttelte sehr langsam den Kopf. Als die Stewardess ihm etwas schmackhaft machen wollte und seine Weigerung als Höflichkeit interpretierte, schloss er die Augen, bis sie ging.

Er glitt wieder tiefer in seine Erinnerungen. Lange vergangen und schmerzlich. Er dachte an Alyson, seine erste Frau. Wunderschön und übersprudelnd vor Lebensenergie und Glück. Und vor Kurzem – Kennedy. Sie waren sich gerade nähergekommen, als …

Als …

Ich vermisse euch beide so sehr.

Aber schon in der kurzen Zeit seit Kennedys Tod war so viel passiert – er war fast über den Schmerz hinweg. Zumindest teilweise. Die Erinnerung an sie im Alkohol zu ertränken, würde sie beschmutzen. Die glücklichen Zeiten zu vergessen, die sie gemeinsam verlebt hatten, wäre Verschwendung. Und ein Ex-SAS-Soldat sollte stärker sein. Harte Schale – stählerner Kern.

Er riss sich zusammen und öffnete die Augen. Vor ihm lag harte Arbeit. Nicht nur für ihn, sondern auch für Hayden in L. A. Sie würde sich bald mit Cayman treffen und dann war die Kacke wirklich am Dampfen. Er überlegte, ob er mit dem Satellitentelefon Ben anrufen sollte, vielleicht ein oder zwei Witze über die Band reißen, die endlich (ohne ihn) im Rampenlicht stand und vielleicht ein paar alte Dinorock-Zitate zum Besten geben. Aber dann sah er Alicia auf der anderen Seite des Gangs.

»Scheiße, verflucht, Drake«, flüsterte sie. »Schließ uns nicht immer aus. Wir sind hier, um dir verdammt noch mal zu helfen.«

»Das Mindeste, was du tun kannst«, sagte Drake. »Wenn man bedenkt …«

»Wenn man was bedenkt? Das Einzige, was ich bedenke, ist die Größe …«

»Wenn man bedenkt … dass ihr beide mich sieben Jahre lang angelogen habt.«

»Ich hab dich sieben Jahre gar nicht gesehen. Ich bin untergetaucht, falls du dich erinnerst? Und ich habe erst vor ein paar Jahren herausgefunden, dass Wells es wusste, Drake. Genau wie Mai. Wir haben wahrscheinlich beide gedacht, es wäre viel zu spät, dir zu sagen, dass deine Frau ermordet worden war.«

»Du hast diese Entscheidung für mich getroffen.«

»Wir wussten nicht viel, abgesehen von der Tatsache, dass Alyson nicht bei einem Unfall gestorben ist und Wells davon gewusst hatte.«

Drakes Miene verfinsterte sich. »Woher wolltest du wissen, dass ich mit der Sache abgeschlossen hatte?«

»Sei nicht so naiv. Ich wusste, wo du warst und was du gemacht hast. Mai genauso. Die Welt ist ein Dorf, dank der sozialen Medien. Und das Internet gab es auch schon vorher.«

Drake lehnte sich zurück. Tief im Inneren wusste er, sie hatte recht. Die Zeit verging so schnell und einen Mann wieder an das Schlimmste zu erinnern, was er erlebt hatte, nachdem die Wunden fünf Jahre lang verheilt waren, wäre wohl mehr Fluch als Segen.

Das »Anschnallen«-Signal leuchtete auf. Das Flugzeug ging in den Sinkflug.

Drake sah Alicia an, die ihn mit ihrem typischen, leicht irren Blick aus blauen Augen betrachtete. »Die Ermittlungen werden schwerer werden«, sagte er, »jetzt, wo wir wissen, dass Wells nicht unter der Kontrolle der britischen Regierung stand, sondern von einer Geheimorganisation gesteuert wurde. Wir wissen, dass er nicht der Mann war, der er zu sein vorgab.«

Alicia schnallte sich an. »Oh, ich bin mir ziemlich sicher, er war ein perverses Schwein, Drake. Aber ich nehme an, es hilft uns nicht unbedingt weiter, dass er tot ist.«

Drake sah sie an und musste widerwillig grinsen. »Ich schätze, nein.«

Als sie durch die Personenkontrolle am Flughafen gegangen waren und an der Gepäckausgabe vorbei, schritt Drake direkt auf die U-Bahn zu. Die altersschwachen Rolltreppen ächzten und sie fuhren an Dutzenden gerahmter Werbetafeln vorbei, die auf die neuesten Shows, Filme und Ausstellungen aufmerksam machen sollten. Walking With Dinosaurs. The Hobbit. Eurogamer. Unten angekommen trafen sie auf ein ganzes Spinnennetz an farbigen Linien und Schildern, das Neuankömmlinge eher verwirrte als zu helfen. Drake, Mai und Alicia brauchten ein paar Minuten, um zu entscheiden, welche U-Bahnlinie sie nehmen und in welche Richtung sie fahren sollten. Horden von Londonern und Touristen aller Hautfarben und Ethnien strömten an ihnen vorbei. Ein Straßenmusiker spielte auf der Gitarre eine fröhliche Melodie an einer Weggabelung in der Nähe.

»Die Piccadilly-Linie«, sagte Alicia schließlich. »Bringt uns bis zu Green Park. Ist Wells’ Wohnung nicht ganz in der Nähe?«

»Auf der anderen Seite der Piccadilly«, sagte Drake. Er steckte das Handy wieder in die Tasche und überlegte, wie groß der Zeitunterschied zu L. A. war. Im Land von Hollywood und Sonnenschein war es erst 7 Uhr früh. Hayden und ihre CIA-Kollegen würden sich mit Dahl um 9 Uhr am Flughafen treffen und dann um 10 Uhr mit Cayman. Drakes Misstrauen gegenüber dem zwielichtigen DIA-Agenten vertiefte sich mit jeder weiteren Flugmeile. Er hatte nicht nur Angst um Ben, sondern auch um Hayden und Kinimaka, die top ausgebildet waren. Und Dahl. In welche Gefahr begab sich wohl sein schwedischer Freund?

Wer war Russell Cayman? Und wie weit oben in der Nahrungskette hatten sich diejenigen, für die er arbeitete, ihre zweifellos üppigen und unmoralischen Nester gebaut? Cayman arbeitete angeblich für eine Gruppierung, die aus den Schatten heraus die Regierung kontrollierte. Konnte das wahr sein?

Die standen so weit oben, dachte Drake. Im Nebel und den Schatten kaum zu sehen. Sie waren die Macht hinter den Mächtigen.

Drake folgte Mai und Alicia zum richtigen Bahnsteig und wartete hinter der gelben Linie auf die U-Bahn. Mai glitt lautlos an seine rechte Seite, während Alicia zu seiner Linken stand. Die beiden Frauen hatten unbewusst eine Barriere zwischen sich errichtet. Alicia machte einen Schritt nach vorn, als die U-Bahn einfuhr.

»Verdammt, ist gestopft voll. Wenn ich in diesem Ding begrapscht werde, steigt irgendein Bastard mit einem Satz Eier weniger aus.« Sie schwieg einen Moment. »Außer, er sieht aus wie David Boreanaz. Dann … unterhalten wir uns mal.«

»Oder Belmonte?«, sagte Mai und ihre sanfte, süße Stimme täuschte darüber hinweg, wie giftig der Kommentar gemeint war. »Ich bin überrascht, dass du nicht in L. A. geblieben bist, Myles. Du wusstest doch, dass dein alter Lover mit Dahl zusammen ankommt, oder?«

»Alles schon mal gesehen«, sagte Alicia, »und mit ihm ins Bett gestiegen. Hatte schon bessere.«

»Oh, Hunderte, da bin ich sicher.«

»Verflucht«, sagte Drake. »Wenn ich gewusst hätte, dass es so nervig mit euch beiden wird, wäre ich allein gekommen.«

Der Zug ratterte in die Finsternis. Hinter den Fenstern konnte Drake im Dunklen schemenhaft die Rohre erkennen, die sich an den Tunnelwänden entlangschlängelten. Als er sich umdrehte, um seine Mitreisenden zu betrachten, war Drake amüsiert, als er sah, wie viele der Fahrgäste sich gegenseitig verstohlen beäugten, wenn sie sich unbeobachtet glaubten. Und die traditionelle aufgeschlagene Zeitung schien verschwunden zu sein und war durch Android-Handys und Amazon Kindles ersetzt worden.

Sie kamen an der Station Green Park an. Als sie die U-Bahnstation verließen, fanden sie sich auf einer belebten Londoner Straße in der Nähe eines großen Ritz-Hotels wieder. Drake schaltete ein paar Minuten ab, als ein schwarzer Bugatti Veyron an der Ampel nach rechts abbog und auf das berühmte Gebäude zufuhr.

»Erde an Drake«, flüsterte Alicia. »Es hat vier Räder, eine Motorhaube und eine Windschutzscheibe. Es ist nur ein Auto.«

Drake sah sie böse an. »Übertreib’s nicht, Alicia. Ich habe dir immer noch nicht verziehen, dass du die Shelby Cobra zusammengeschossen hast.«

»Du meinst die Cobra, in der ein Bösewicht saß?«

»Du hättest auch nur ihn erschießen und das Auto verfehlen können. Ich bin doch nicht blöd.«

Mai meldete sich zu Wort, als sie die Straße überquerten. »Vielleicht ist sie nicht so gut, wie du glaubst.«

»Leck mich, kleine Elfe.« Alicia stapfte vornweg und steuerte auf die Straße zu, in der laut Drake Wells’ Wohnung war. Nach ein paar Minuten standen sie vor einem nichtssagenden dreistöckigen Gebäude aus grauem Stein, davor Gullydeckel aus Gusseisen. Die Fenster waren dunkel.

»Ich nehme an, ich bin doch nicht so schlecht.« Alicia sah Mai mit hochgezogener Braue an. »Das ist es. Ich war erst einmal hier, vielleicht vor sieben oder acht Jahren. Aber das ist auf jeden Fall das Haus von Wells.«

Drake warf einen Blick auf die Adresse, die man ihm gegeben hatte. »Jup.«

Sie stiegen die Treppe hoch.

»Wir sollten schnell machen«, sagte Mai leise. »Ein paar Schlägertypen verfolgen uns schon, seit wir in die Straße abgebogen sind. Die haben sich ein wenig zurückfallen lassen. Vermutlich nur Wachen, die angeheuert wurden, um Wells’ Wohnung im Auge zu behalten. Je nachdem, welche Befehle sie erhalten haben, werden sie uns erst eine Zeit lang beobachten oder sie sind in ein paar Minuten hier. Ich vermute das Erste. Wir könnten ja irgendwer sein. Geht weiter«, zischte sie, als Alicia zögerte.

Matt Drake wusste, dass es keine gute Idee war, sich umzusehen. Es war an der Zeit, zur Tat zu schreiten und sein eigenes, angeborenes Potenzial zu nutzen, sowie die Fertigkeiten, über die er verfügte.

Er konnte eine Naturgewalt sein. Ein Weltenretter. Tief in sich hatte er es immer gewusst. Es würde der Moment kommen, in dem er es auch beweisen musste.

Kapitel 2

Hayden Jaye wartete in der Empfangslounge des Flughafens und blendete die Unterhaltungen der anderen aus. Seitdem Dmitry Kovalenko den Angriff auf das Safehouse der CIA befohlen hatte, bei dem ein Großteil ihres Teams getötet und sie als Geisel genommen worden war, hatten sich die Ereignisse überschlagen und sie hatte kaum einen Moment innehalten können, um Bilanz zu ziehen. Selbst die Wochen, in denen sie sich von der ersten Messerwunde erholt hatte, waren an ihr vorbeigerauscht, während sie versucht hatte, die Ereignisse in ihren Einzelteilen zu analysieren und herauszufinden, was der nächste Schritt des Blutkönigs sein konnte.

Aber nun, wo sie sich langsam von der zweiten Messerwunde erholte – eine Wunde, die weniger geschmerzt hatte, mit dem Wissen, dass Ed Boudreau tot war – hatte sie bewusst jeden Moment genutzt, den sie für sich hatte, um sich über ihre Gefühle für Ben Blake klar zu werden.

Er war zu jung für sie. Er war zu unreif. Sie lebten in unterschiedlichen Welten. Wäre es eine Geschäftsentscheidung gewesen, hätte sie sich leichtgetan.

Hayden fragte sich, ob der Geist ihres Vaters, James Jay, sie immer noch dazu zwang, etwas zu sein, das sie nicht sein musste. Aber es fühlte sich nicht so an. Ihr Herz und nicht ihr Verstand sagte ihr, dass die Beziehung nicht das Richtige für sie war.

Aber wo lag das Problem? Konnte sie etwas, das sich zuerst so richtig angefühlt hatte, einfach kampflos aufgeben?

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als jemand ihren Namen rief. Sie blickte auf und lächelte, als sie Torsten Dahl sah, der auf sie zuging. Als sie ihm die Hand hinhielt, umarmte er sie herzlich.

Hayden ließ sich einen Augenblick umarmen und genoss das Gefühl der Sicherheit, das der große, gutmütige schwedische Special-Forces-Soldat ihr bot.

Sie würde auch Daniel Belmonte treffen – eine alte Flamme –, während Ben und seine Schwester im Hauptquartier warteten, bereit, jede Information zu verarbeiten, die Dahl ihnen lieferte. Der große Schwede hatte mehrere Wochen in dem isländischen Grab hart gearbeitet und seine Anstrengungen noch gesteigert, als Cayman das Kommando übernommen hatte. Aber Dahl hatte einige Geheimnisse für sich behalten und Hayden glaubte, er hatte es sogar geschafft, einen Mann einzuschleusen, dem er vertraute.

Und soweit es Belmonte betraf, schien es, dass Gates so beeindruckt von seinem unbemerkten Diebstahl in Kew Gardens war, dass er umgehend zum Schluss gekommen war, Belmontes spezielle Fähigkeiten könnten sich als nützlich erweisen, bevor diese zunehmend aussichtslose Operation vorbei war.

Belmonte, der Jahre wie ein Aussätziger behandelt worden war, hatte die Chance sofort ergriffen, wieder in den Dienst der Regierung zurückzukehren, wenn auch im Auftrag eines anderen Landes. Er hatte noch weitere Hilfe angeboten in Form seines Schützlings, einer Frau namens Emma.

Hayden löste sich von Dahl und lächelte. »Zur Hölle mit den verfluchten Umständen. Es ist toll, dich zu sehen.« Sie machte eine Geste auf die Seite, auf der Kinimaka stand. »Und du kennst sicher Jonathan Gates, den US-Verteidigungsminister.«

Während die beiden sich die Hände schüttelten, warf Hayden einen Blick auf die Umgebung. Sie hatte Männer an jedem Zugangspunkt und über den Raum verteilt Stellung beziehen lassen. Trotz Caymans Zusicherungen und seinem Beharren darauf, dass der Verteidigungsminister und seine Bodyguards bei diesem Treffen willkommen waren, schlug ihr Gefahrenradar voll aus.

»Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte sie. »Das Treffen beginnt in 45 Minuten. Wir wollen diesem Mistkerl Cayman keinen Vorwand liefern.«

»Ich stimmte zu.« Dahl nickte. »Ich habe den besagten Mistkerl getroffen und ich muss sagen, ich würde der Einschätzung nicht widersprechen.«

Dahls Ausdrucksweise kam ihr etwas fehl am Platz vor. Sie verstand, wieso Drake ihn stets aufzog. Es war nicht Boshaftigkeit; es war einfach eine Art, miteinander umzugehen; Kameraderie zwischen Soldaten. Und Dahl verstand das auf seine Art.

»Und ich darf dir Mano Kinimaka vorstellen, meinen Partner.« Hayden trat zur Seite, als der gewaltige Hawaiianer einen Schritt nach vorn machte und ein knappes »Hallo« anbot.

Und dann vollführte ihr Herz einen kleinen Sprung, als ein vertrautes Gesicht sich aus der Menge löste. Daniel Belmonte, der Meisterdieb, ihr früherer Liebhaber.

Neben ihm lief eine schlanke blonde junge Frau her, deren Haare sich zu kleinen Löckchen kringelten. Große blaue Augen rundeten den stereotypen »Blondes Dummchen«-Look ab, aber Hayden wusste, wenn diese Frau Belmonte bei einem Auftrag begleitete, war Attraktivität ihre am wenigsten hervorstechende Eigenschaft.

»Daniel«, sagte sie in bewusst neutralem Tonfall. »Danke fürs Kommen.«

»Wie hätte ich da widerstehen können?« Seine Augen blitzten und wurden dann ausdruckslos. »Aber im Ernst. Ich konnte gar nicht Nein sagen. Es war ein Befehl.«

»Hä?« Hayden runzelte die Stirn. »Aber wer …«

»Gates. Jonathan Gates.« Der Verteidigungsminister streckte die Hand aus. »Danke, dass Sie meine Einladung angenommen haben.«

»Nun, wenn ich sage Befehl«, flüsterte Belmonte. »Weißt du sicher, dass ich den Begriff nie so besonders genau genommen habe.«

Hayden atmete tief durch. Das würde ein langer Tag werden.

Gates führte sie alle nach draußen zur wartenden Limousine. Die Hitze von L. A. traf sie, als sie das Gebäude verließen, und ein staubiger Wind blies die Straße entlang. Hayden nahm sich einen Moment, um sich Belmontes Freundin vorzustellen, da sie niemanden übergehen wollte. Ihr Name war Emma. Sie war Belmontes Mündel und er war für sie verantwortlich. Außerdem war sie seine Auszubildende.

War Belmonte so blasiert, dass er einer so jungen Frau das Leben eines Diebes aufhalsen wollte?

Als die Limousine anfuhr, ergriff Dahl das Wort: »Entschuldigt meine Manieren. Ich weiß, es wurden noch nicht alle einander vorgestellt, aber ich habe Informationen, die ich loswerden muss.« Er nickte dem Minister zu. »Es war ein langer Flug. Ich hatte gehofft, Drake wäre hier, aber er glaubte wohl, er müsse in London wichtigeres erledigen, oder?«

Hayden nickte. »Stimmt. Er folgt der Wells-Spur.«

»Viel Glück dabei. Aber, also … soweit es die acht Teile Odins angeht. Erinnern Sie sich noch alle daran?«

»Acht?«, sagte Belmonte. »Meinst du nicht neun?«

»Nein. Ich meine acht. Das neunte Artefakt, der Schild, ging unter dem Eyjafjallajökull verloren.«

»Das kann ja jeder behaupten.«

Dahl blinzelte. »Ich habe es schon einmal Drake erzählt. Damals war es auch nicht lustig. Also halt bitte die Schnauze und lass mich reden.« Dahl rutschte auf seinem Sitz hin und her und das Leder knarzte laut. »Die verbliebenen acht Artefakte von Odin wurden in das Schwedische Staatliche Museum für Archäologie und Geschichte in Stockholm gebracht, um begutachtet und sicher untergebracht zu werden, bevor entschieden wurde, wo sie letztlich aufbewahrt werden sollten. Eine Standardprozedur.«

»Das ist mir bekannt.« Gates warf dem Schweden einen Blick zu und sah dann wieder auf die Straße. Sie fuhren zum Treffen mit Russell Cayman. Hayden fragte sich, wie viel Prozent von Gates’ brillantem Geist sich auf die vor ihnen liegende Aufgabe konzentrieren. Er hatte noch nicht einmal richtig damit begonnen, um seine ermordete Frau zu trauern.

»Gut.« Dahl sah sich in der Limousine um. »Dann ist allen bekannt, dass die acht Teile von der amerikanischen Regierung vor ein paar Tagen abgeholt und auf einen Militärstützpunkt in Stuttgart in Deutschland gebracht wurden?«

Gates drehte ruckartig den Kopf. Haydens Mund wurde trocken. »Was?«

»Wie um alles in der Welt konnte die amerikanische Regierung autorisieren, dass altnordische Artefakte von skandinavischem Boden entfernt wurden?«, fragte sich Belmonte laut.

»Weil jemand …« Dahls Stimme wurde leiser, auch wenn er in der Limousine von Freunden umgeben war. »Ein sehr mächtiger Jemand in der schwedischen Regierung es abgesegnet hat. Der gleiche Jemand – nehme ich an –, der ihnen Kontrolle über meine Ausgrabung im Grab der Götter gegeben hat.«

Gates schüttelte den Kopf. »Davon habe ich nichts gehört. Wenn der Befehl von Cayman kam, dann handelte er nicht im Namen der US-Regierung.«

Der große Schwede blickte starr geradeaus. »Das verstehe ich nicht, Sir. Ist Cayman nicht bei der Defense Intelligence Agency? Und arbeite dort in der Abteilung für Spezialwaffen? Arbeitet er nicht für einen US-Geheimdienst?«

Gates schürzte die Lippen. »Ich habe ebenfalls diese Gerüchte gehört, Dahl. Dass er für eine mächtige Gruppe arbeitet, die in den Schatten bleibt. Ich hatte es immer für eine Verschwörungstheorie gehalten. Aber meine Philosophie, um auf dem Regierungshügel meine Arbeit zu machen, war stets simpel – glaub diesen Bastarden nichts.«

Dahl schwieg einen Augenblick. »Die guten Neuigkeiten sind, dass ich es geschafft habe, einen meiner Männer, dem ich vertraue, in das Ausgrabungsteam einzuschleusen, bevor ich Island verlassen habe. Er ist nur Spezialist für antike Sprachen, aber …« Dahl machte eine Pause und versuchte, einzuschätzen, wer wohl die cleverste Person im Wagen war.

Die Limousine fuhr von der 405 ab auf die I10 und in Richtung Santa Monica. Gates und Hayden ergriffen als Erste das Wort. »Die Wirbel? Sie sind der Schlüssel?«, fragte Hayden. »Der Schlüssel zu allem ist es, die Sprache zu entziffern, die in der Antike aufgeschrieben wurde. Von den Göttern?«

»Das Übliche also«, sagte Dahl lächelnd.

Gates wirkte nachdenklich. »Das basiert alles auf einer Vermutung – dass die Götter ihre Absichten aufgeschrieben haben –, von der Karte, die Grab Nummer drei zeigt bis zur Art und Weise, wie man diese Doomsday-Waffe auslösen oder aufhalten kann? Nichts für ungut, Dahl, aber das hört sich nach einer ziemlich riskanten Wette an.«

Hayden wandte sich an ihren Chef. »Die Wette ist kalkuliert genug, um den Einsatz zu rechtfertigen, Sir.« Sie warf Dahl einen flehentlichen Blick zu. »Oder nicht?«

»Genau.« Dahl nickte. »Gut gesagt.«

»Ihr Sprachexperte«, Gates schien angestrengt nachzudenken, »könnte all diese Texte übersetzen und uns den Inhalt mitteilen, noch bevor Caymans Männer davon erfahren?«

»Ich glaube ja, Sir.«

»Sehr gut.« Gates nickte. »Dann haben wir vielleicht ein Ass im Ärmel.«

»Vielleicht mehr als eins.« Dahl grinste. »Ich habe noch ein anderes Geschenk dabei.  Das hier …«, er holte ein Handy heraus und drückte ein paar Buttons, »ist ein Foto der Karte, die ich im Grab der Götter gefunden habe.« Er warf Hayden einen Blick zu. »Hilft dir immer noch Ben?«

»Sicher.«

»Gib mir seine Handynummer. Er hat sich auch eine Chance verdient, das hier zu entziffern.«

Ben Blake grinste, während Karin die Avancen des zweiten Nerds an diesem Tag abwehrte. Die Botschaft war schon angekommen, aber Karin ließ sie nicht vom Haken. Ihre Geduld war am Ende, nachdem sie beide in diesen kleinen Raum im CIA-Gebäude in Downtown L. A. gepfercht worden waren.

Ben war auch nicht allzu begeistert darüber gewesen – er hatte bei Hayden sein wollen, nicht in einem dunklen Zimmer mit den Nerds versteckt –, aber Karin hatte ihn dazu überredet zu bleiben.

»Haben die noch nie eine Frau gesehen?«, flüsterte ihm Karin ins Ohr.

»Keine, mit der sie tatsächlich reden konnten.« Ben grinste breit. »Das wird noch interessant, wenn ich mal aufs Klo gehen muss.«

»Lass mich bloß nicht mit denen allein hier drin«, zischte Karin. »Außer, du willst ein Zimmer voller Jungfrauen sehen, die Sopran singen.«

»Oooh, Schwesterlein«, lachte Ben. »Was würde Dad dazu sagen?«

Karin deutete auf sein Handy. »Kannst ihn ja fragen. Er ruft gerade an.«

Ben plauderte mit seinem Vater, als eine Nachricht auf dem Bildschirm vor ihm angezeigt wurde. Karin wollte mit der Maus draufklicken, aber Ben verpasste ihr einen Klaps.

»Für mich«, flüsterte er. »Könnte von Hayden sein.«

»Als ob ich lesen wollte, was ihr beide euch schreibt.«

Ben beendete schnell das Gespräch. »Nun, es ist sicher nicht so viel Dirty Talk dabei, wie die Ferkeleien, die Komodo und du einander getextet haben. Oder nennt man das heute Sexting?«

»Halt die Klappe.«

»Ja, genau. Sexting.«

Ben klickte auf die Nachricht und war angenehm überrascht, als er sah, dass sie von Torsten Dahl stammte und mehrere Anhänge enthielt. Jeder zeigte ein Segment einer Karte, die der Schwede vor Kurzem im ersten Grab der Götter gefunden hatte.

Karin murmelte etwas davon, dass ihr Kontakt zu Komodo abgerissen war, wegen einer verfluchten Mission, während Ben die Karte aus allen Blickwinkeln betrachtete.

»Wir müssen herausfinden, wo das dritte Grab ist«, sagte Ben ernst. »Und das schnell.«

Ein weiterer Nerd versuchte bei Karin einen Spruch. Er beugte sich zu ihr und flüsterte: »Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick oder soll ich noch mal vorbeikommen?«

»Verpiss dich!«

Bens Schwester stand auf, schüttelte die Haare aus und sagte an den ganzen Raum gewandt: »Kapiert das mal. Ich bin keine von euch. Ich denke nicht wie ihr. Ich habe ein großes Gehirn, aber es dreht sich nicht um Penisse. Ich mag keine Nerds. Ich mag Soldaten. Ich bin keine Sekretärin. Ich hab einen beschissenen schwarzen Gürtel. Wenn ihr also nicht auf Sadomaso steht, dann schlage ich vor, dass ihr mir verflucht noch mal nicht auf die Nerven geht.«

Karin setzte sich wieder und seufzte. »Okay, Ben. Jetzt können wir uns auf die Arbeit konzentrieren. Finden wir dieses verdammte dritte Grab.«

Die Limousine blieb vor einem großen, unscheinbaren Gebäude stehen, das so weit von Santa Monica entfernt war, dass sie nicht einmal mehr das Meer riechen, geschweige denn sehen konnten. Gates dreiköpfige Secret-Service-Truppe stieg aus dem ersten Fahrzeug, dicht gefolgt von Hayden, Kinimaka und Torsten Dahl. Hayden sah, wie Belmonte eine Hand auf Emmas Knie legte, um sie zurückzuhalten, als sie aussteigen wollte. Der britische Meisterdieb wartete darauf, dass Gates das Okay von seinen Bodyguards erhielt. An seinem Verhalten erkannte sie, dass er hauptsächlich seinen Protegé beschützen wollte, und so, wie sie ihn kannte, war die Geste ein Zeichen von Pflichtgefühl und Sorge.

Hayden ging zu Gates. Die Straße war ruhig. Nur ein paar Autos fuhren vorbei und auf den Gehsteigen waren nur wenige Menschen unterwegs. Sie waren weit vom Shopping-Viertel entfernt und die meisten Büroarbeiter saßen bereits an ihrem Arbeitsplatz.

»Irgendwelche weiteren Kontaktaufnahmen von Cayman?«, fragte Hayden leise.

»Nichts. Aber ich glaube, Cayman will sich unsere Hilfe sichern. Wir haben gemeinsam Ort und Zeit festgelegt. Er wird da sein.«

Hayden sah nach oben. Ein Wald von hohen Gebäuden erfüllte ihr Blickfeld. Sie warf den Geheimdienstagenten einen Blick zu und ein knappes Nicken war die Antwort.

»Okay«, sagte sie. »Gehen wir.«

Als sie sich auf den Weg machten, erinnerte sich Hayden an den Anruf Caymans, nachdem sie den Blutkönig aus den Tiefen unter dem Vulkan Diamond Head geholt hatten. Zuerst war sie sehr misstrauisch gewesen und hatte kommentarlos zugehört, während er erklärte, dass er Informationen über die antike Sprache der Götter und die Karte austauschen wollte, die Dahl in dem isländischen Grabmal gefunden hatte. Er sagte, er wolle erklären, für wen er arbeite und was er über die Doomsday-Waffe wusste, die laut der Karte im dritten Grab der Götter versteckt war. Er konnte überzeugend reden. Er wirkte auch angesichts der Umstände vernünftig und sagte, er habe als Friedensgeste Torsten Dahl zu dem Treffen eingeladen. Und er erzählte ihr, dass er auch ihren Chef, den Verteidigungsminister und den Secret Service eingeladen hatte.

Hayden war beeindruckt und fast überzeugt.

Aber irgendetwas stimmte dennoch nicht.

Vielleicht arbeitete Cayman undercover für die DIA oder sogar die CIA und wollte sie mit an Bord haben. Was sie bisher geleistet hatten, verdiente sicher Anerkennung.

Dahl ging neben ihr her. »Ich habe die Fotos an Ben geschickt. Wir brauchen seinen Intellekt, also sag mir bitte, dass du ihm noch nicht das Hirn rausgevögelt hast?«

Hayden hustete. »Komm schon, Dahl. Wir sollten uns konzentrieren, okay? Gates vertraut vielleicht auf einmal diesem Kerl, Cayman, aber wir wissen beide, dass sein Urteilsvermögen eingeschränkt sein könnte. Er trauert immer noch.«

»Ich habe mich schon gefragt, wieso er nicht einfach Urlaub macht?«

»Er will das zu Ende bringen. Für seine Frau, aber auch für sich selbst, nehme ich an. Und er macht seinen Job hervorragend.«

»Und du, Hayden. Was hältst du von Cayman?«

Sie betraten die Lobby. Ein Mann mit Anzug saß hinter dem Schreibtisch auf der anderen Seite und wirkte überrascht angesichts der Menge an Leuten, die plötzlich das Gebäude betraten.

Hayden ließ den Secret Service vorangehen. »Cayman? Nun, er ist sicher nicht auf den Mund gefallen. Aber andererseits …« Sie lächelte. »Sind wir das nicht alle?«

»Der Mann ist der absolute Abschaum«, sagte Dahl. »Ich habe ihn getroffen. Ich bin schon gespannt, was er Gates zu sagen hat.«

Kinimaka versuchte, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. »Wir gehen hoch, Boss«, sagte er und deutete auf die Aufzüge vor ihnen. »Bist du bereit?«

Hayden nickte und sah Dahl an. Der große Schwede lächelte grimmig. Belmonte und Emma waren damit beschäftigt, den Raum zu begutachten, die Überwachungskameras, die Fenster, Türen, Lüftungsklappen und wo man sonst noch eindringen konnte.

»Wir sollten den Aufzug nehmen«, sagte Hayden mit einem Grinsen zu ihm. »Ist viel einfacher.«

»Sollte man denken, Miss Jaye«, sagte Emma nachdenklich, »aber sie sind auch ein Mittel, um die Massen zu kontrollieren und zu überwachen.«

Hayden erinnerte sich wieder an die nervigste Eigenschaft von Belmonte. »Na, gibst du deine Verschwörungstheorien schon an die Aushilfe weiter?«, fragte sie spitz.

Belmonte lächelte Emma liebevoll an. »Oh, ich glaube, sie ist ein wenig mehr als das.«

Hayden sah finster drein, aber Belmonte drehte sich weg. Emma lächelte vor sich hin und hatte plötzlich einen extrem interessanten Fleck an der Wand gefunden, den sie inspizierte.

»Wir sollten dennoch den Aufzug nehmen.«

Die Gruppe ging zum nächsten Aufzug. Der Secret Service bestand darauf, dass nur der Minister und sie selbst im ersten Aufzug nach oben fahren sollten. Hayden stimmte zu, um keinen Streit vom Zaun zu brechen, und die restliche Gruppe strömte in einen zweiten Aufzug. Kinimaka drückte den Knopf für das oberste Stockwerk.

Sie legten die Fahrt schweigend zurück. Waffen wurden überprüft. Belmonte wies auf eine besonders geschickt versteckte Kamera hin. Emma stellte sich auf die Zehenspitzen, um Kaugummi darüber zu kleben.

»Die sollen immer wissen, dass sie uns nicht schlagen können«, sagte sie mit einem frechen kleinen Grinsen.

Belmonte lächelte beglückt, als wolle er sagen: Das ist mein Mädchen. Hayden wandte den Blick nicht von den aufleuchtenden Stockwerknummern ab und versuchte, nicht an die Wochen zu denken, die sie mit dem britischen Meisterdieb verbracht hatte.

Aber, um die Wahrheit zu sagen, waren es ganz angenehme Wochen gewesen. Die vergaß man nicht so einfach. Sie sah im Moment etwas von der gleichen Körpersprache zwischen dem Dieb und seinem Protegé. Es war schön, jemanden glücklich zu sehen.

Der Aufzug wurde langsamer. Die Türen glitten auf. Hayden stieg aus und sah Gates in Begleitung des Secret Service direkt vor ihnen. Sie blickte sich im Raum um. Kinimaka ging neben ihr und gab vor Überraschung ein paar erlesene Kraftausdrücke von sich.

Das gesamte oberste Stockwerk des Gebäudes war unmöbliert und völlig leer, abgesehen von zwei Männern in Kampfmontur, mit Helmen, die das gesamte Gesicht verbargen, und die sich ihnen näherten. Die Waffen hielten sie locker neben sich.

Gates drehte sich gerade zu Hayden um, einen überraschten Ausdruck auf dem Gesicht, als ein Feuersturm um sie herum losbrach.

Kapitel 3

Drake brach in Wells’ Apartment ein und hielt sich dann zurück, während Mai die Alarmanlage deaktivierte. Sie waren darauf vorbereitet, dass die Männer sie angriffen, die ihnen folgten. Weniger als eine Minute später hatten sie das Apartment zur freien Verfügung. Drake blieb einen Moment stehen und sah sich um. Ein kurzer Flur führte in ein Wohnzimmer, dahinter waren die Küche und ein Schlafzimmer. Das Wohnzimmer war spartanisch eingerichtet. Es war nichts darin, das nicht irgendeinen Zweck erfüllte. Eine Frau hatte offensichtlich nie etwas zur Einrichtung beigetragen. Alle Farben waren dunkel, was es schwer machte, Umrisse auszumachen – ein Spiegel von Wells’ Seele.

Alicia blieb vor der Wohnung stehen und behielt die Straße unten im Blick. Sie mussten auf alles vorbereitet sein und wussten, dass man ihnen gefolgt war.

Drake winkte Mai ins Schlafzimmer, während er sich das Wohnzimmer vornahm. Keinem von beiden entging die Ironie, dass die japanische Agentin schließlich und endlich in Wells’ Schlafzimmer gelandet war, aber erst nach dessen Tod. Sie tauschen einen ernüchterten Blick aus. Mai hatte sicher mehr als nur ein paar Seelenqualen auszuhalten, dachte Drake, da sie diejenige war, die den Abzug betätigt und Wells’ Leben beendet hatte.

Ein großer Eichentisch beherrschte den hinteren Teil des Wohnzimmers. Der einzige Gegenstand auf der polierten Oberfläche war ein gerahmtes Foto, das Wells und einige seiner Army-Kameraden zeigte, die Arme über die Schultern der anderen gelegt, vermutlich am Ende einer Geheimmission aufgenommen. Eine Mission für die britische Regierung?, fragte sich Drake. Oder für diese Schattengruppe, für die er und Cayman arbeiteten?

Drake ging weiter. Der vordere Teil des Wohnzimmers wurde von einem Zweisitzersofa und einem 40-Zoll-Fernseher eingenommen. Ein Schrank mit alkoholischen Getränken war gut bestückt. Drake widerstand der Versuchung, einen genaueren Blick darauf zu werfen. Er öffnete einen weiteren Schrank, aber stellte fast, dass dahinter nur ein DVD/CD-Regal war. Er warf einen Blick in jede Hülle, falls etwas darin versteckt war. Währenddessen hörte er, wie Mai das Schlafzimmer durchsuchte.

Sie kam auf ihn zu. »Irgendwas gefunden?«

»Eine Reihe ungewöhnlicher DVDs. Ein paar Bücher mit erotischer Kunst aus Japan. Ein signiertes Foto von Kylie Minogue. Nichts Besonderes.«

Drake zog eine Augenbraue hoch. »Findest du?«

»Für Wells zumindest. Hast du dir den hier mal angesehen?«

»Fahr ihn hoch, Mai. Sollten wir mal überprüfen, aber ich glaube, Wells war oldschool. Wenn er etwas zu verstecken hatte, ist es nicht auf seinem PC.«

Mai drückte einen Knopf und der große Rechner klickte und surrte. »Diese Wohnung«, sagte sie, »ist schon mal durchsucht worden. Von einem Profi. Hast du das nicht bemerkt?«

Drake sah sich noch einmal um. »Nicht wirklich. Nein.«

»Sind nur so Kleinigkeiten«, sagte Mai mit leiser, unaufdringlicher Stimme. »Sachen, die nur nicht ganz da sind, wo sie hingehören. Man merkt es nur, weil Wells nicht so gut geputzt hat.«

»Du hast gesagt, es war ein Profi.«

»Ja«, sagte Mai mit einem leichten Lächeln, »aber selbst ein Profi macht Fehler, die mir auffallen.«

Drake beendete seine Suche im DVD/CD-Regal und ging zu ihr. Vorsichtig roch er an ihrem dicken, glänzenden Haar.

»Vorsicht«, sagte Mai. »Da ist eine kleine, vergiftete Nadel drin versteckt.«

»Ein weiterer Grund, nicht mit einer Spionin auszugehen.« Aber sie roch gut. Nach einem Hauch von Anis und Vanille. Als er sich vorbeugte, bemerkte er ein Bild, das an der Wand hing, ein Foto eines Kojoten, der im Vordergrund stand, dahinter Wildnis, Schnee und die Äste toter Bäume im Eis um ihn herum.

Ein Kojote?, dachte er.

»Wells war ein einsamer Mann«, sagte Mai. »Sieh dich nur mal um. Er hatte niemanden, um den er sich kümmern konnte. Niemand Besonderen in seinem Leben.«

»Männer mit dunklen Geheimnissen sind immer emotional distanziert«, meinte Drake. »Und Männer, die Ihre Freunde hintergehen, sterben allein.«

Mai beugte sich vor, als der Bildschirm flackernd zum Leben erwachte. »Wir suchen nach allem, was uns sagen könnte, für wen er arbeitete und woher er Cayman kannte.«

»Und was genau er über Alysons Tod wusste, wenn er überhaupt etwas wusste. Ich muss wissen, wer den Befehl gab und wer ihn ausgeführt hat.«

Während er das sagte, spürte Drake, wie das Blut heiß durch seine Venen pumpte. Irgendjemand hatte den Mord an seiner Frau und seinem ungeborenen Kind befohlen. Und so sicher wie das Amen in der Kirche würden alle, die daran beteiligt waren, für ihre Sünden sterben.

Mai klickte auf ein paar Icons. »Sieh dir das mal an«, sagte sie und Überraschung lag in ihrer Stimme. »Wells hatte eine Twitter-ID, ein Facebook-Profil und einen Account bei Goodreads. Ich glaube, das beweist, dass du falschgelegen hast, Matt. Er war doch nicht so oldschool.«

Drake klickte auf den Browserverlauf. Der letzte Eintrag, der auf den Abend datiert war, bevor Wells nach Miami geflogen war, um sie in dem Hotel zu treffen, in dem er starb, war eine einzige Zeile. Ein Link zu einer Seite.

Hotmail. Passwort ändern.

Alicia steckte in diesem Moment den Kopf durch die Tür und meinte in ihrer üblichen Ausdrucksweise, dass sie sich verflucht noch mal beeilen sollten, weil die Arschlöcher vor der Tür nicht den ganzen Tag rumstehen und an ihren Schwänzen spielen würden.

»Ich hab eine verrückte Idee.« Matt drückte sich an Mai vorbei und schob die Maus auf dem Pad hin und her. »Man hat uns doch immer erklärt, wir sollten Nachrichten an einer Stelle hinterlassen, wo man sie nicht finden kann.« Er klickte auf den Hotmail-Account. »Abgesehen von der Person, die ebenfalls Zugriff auf den Account hat.«