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Einfach glücklich aus eigener Kraft. Das innere Kind ist der Schlüssel zum erfüllten Leben. Die Erfolgsautorin zeigt, wie man Verletzungsmuster des »Kindes in uns« erkennt und auflöst. Durch die achtsame Kontaktaufnahme mit der eigenen Gefühlswelt werden Bedürfnisse und Träume frei. Sie tragen dazu bei, die richtigen Entscheidungen zu treffen und glücklich zu werden.
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Seitenzahl: 181
Kim-Anne Jannes
Das innere Kind umarmen
Die Kraft der Gefühle nutzen und Verhaltensmuster ändern
Knaur e-books
Für Annabelle
Es erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit, Ihnen mein Wissen nun in Buchform zur Verfügung stellen zu können. Mich persönlich hat die Arbeit mit dem inneren Kind zu einem sehr glücklichen und erfüllten Menschen werden lassen. Nach jahrelanger Suche und Sehnsucht kam ich dadurch bei mir selbst an. Es war, als würde man mir noch einmal das Leben schenken.
Ich danke Gott und all den lieben Menschen, dass sie mir halfen, zu der zu werden, die ich heute bin.
Keine Erfahrung war umsonst, jeder Mensch in meinem Leben erfüllte eine wichtige Aufgabe und trug zu dieser Selbstfindung bei.
Ich hoffe, ich kann mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten, dass auch anderen Menschen dieses Glück zuteil wird. Denn ich glaube nicht, dass Gott »Lieblingskinder« hat!
Kim-Anne Jannes
Zu Beginn möchte ich Ihnen kurz erläutern, wie dieses Buch aufgebaut ist. Diese Struktur ist sehr wichtig und ausschlaggebend für ein erfolgreiches Ergebnis, und das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen. Es ist für die Arbeit mit dem inneren Kind von Vorteil, dass Sie vor dem praktischen Teil nicht mit zu viel theoretischen Informationen überfrachtet werden. Sie bleiben dadurch unvoreingenommen, und Ihr Verstand kann Ihnen nicht in die Quere kommen. Sie können sich so voll und ganz auf die Übungen konzentrieren und müssen sich keine Gedanken darüber machen, ob Sie das eine oder andere bereits verstanden haben. Da es ja darum geht zu fühlen, gebe ich Ihnen im ersten Kapitel nur so viele Erklärungen, wie Sie unbedingt brauchen, um zu verstehen, und trotzdem genug Input, damit Ihr Kopf beschäftigt ist. Denn der Verstand hat ja schließlich immer Fragen, die nach einer Antwort suchen.
Mit diesen einführenden Informationen ausgerüstet gelangen Sie dann schon zu den ersten praktischen Übungen. Die Aha-Erlebnisse sind einfach größer, wenn Sie im Vorfeld noch nicht über die Methode nachgedacht haben.
Im dritten Teil findet die Verarbeitung und Analyse dessen statt, was Sie zuvor erlebt haben. Das heißt, dass Sie auf Ihr heißgeliebtes »Kopfzerbrechen« nicht gänzlich verzichten müssen, es sollte einfach nur zum richtigen Zeitpunkt stattfinden. Das Erlebte und die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden in diesem Abschnitt sortiert, und Ihr tiefes, individuelles Potenzial kann so aktiviert werden.
Anschließend bekommen Sie einfache Möglichkeiten an die Hand, wie dieses Wissen nun auch im täglichen Leben umgesetzt werden und zu einer großen Bereicherung führen kann. In der praktischen Verbindung mit dem Alltag werden sich Ihre Erkenntnisse vertiefen.
Abschließend werden die Zusammenhänge zu den eigenen Kindern hergestellt, damit auch diese etwas von Ihrer Bemühung haben. Es ist doch ein schöner Gedanke, unsere Kinder durch Bewusstwerdung unserer selbst zu entlasten, oder? Dann müssen sie unser Fehlverhalten nicht übernehmen und weiterleben, sondern können sich voll und ganz auf ihren eigenen, wunderbaren Weg konzentrieren.
Es war ein längerer Prozess, bis ich eine ausgereifte Form dieser Methode erarbeitet hatte. Ich selbst habe an verschiedenen Seminaren zum Thema inneres Kind teilgenommen, aber ein wichtiger Aspekt fehlte mir jedes Mal: Wie geht man mit den Gefühlen um, die durch die Seminare und die damit einhergehenden Erfahrungen entstehen? Worin genau besteht der Nutzen für den Alltag? Ich hatte das Gefühl, dass eine wichtige Grundlage fehlte, um das Gelernte auch wirklich praktisch umsetzen zu können.
So entwickelte ich von Jahr zu Jahr mehrere Methoden und Übungen, indem ich darüber las, vieles ausprobierte und die Praktiken dann immer weiter ausbaute. Ich wollte verstehen, was hinter diesem Persönlichkeitsanteil, dem inneren Kind, wirklich steckt. Denn wenn das Verständnis fehlt, fällt Akzeptanz gewöhnlich sehr schwer.
Also suchte ich mir Puzzlestück für Puzzlestück zusammen. Die meisten Erkenntnisse bekam ich, indem ich beobachtete. Mein geistiger Helfer[1] erklärte mir schließlich die Dinge, welche ich nicht verstand. Er nannte mir Übungen und sagte mir, wie ich die Teile zusammenfügen und verknüpfen müsse. Langsam komplettierte sich das Ganze zu einem Gesamtbild. Mir wurden schnell die Parallelen zu den eigenen Kindern klar. Und damit war auch eine wichtige Motivation gegeben. Aber letztendlich hat alles mit einem Gefühl begonnen.
Grundlagen
Es gibt bereits viele Versuche, das »innere Kind« zu beschreiben. Manche nennen es »das Kind in uns«, manche die »unvernünftige«, verspielte Seite im Menschen. Es ist allerdings weitaus mehr als nur das. Das innere Kind ist sozusagen zuständig für die Emotionen, so etwas wie ein persönlicher Berater, der darauf achtet, dass es einem gutgeht. Dieser persönliche Anteil kennt alle Bedürfnisse, weiß, worüber man sich ärgert, worüber man sich freut und was einen glücklich macht. Individuelle Träume, Ideen, Erinnerungen, aber auch Ängste haben dort ihr Zuhause. Aber vor allem ist es das Zentrum der Lebenslust! Es ist gleichbedeutend und gleichzusetzen mit dem »Emotionalkörper«, über den Sie später noch mehr erfahren werden. Das innere Kind ist einfach gesagt der Anteil in uns, der für unsere gesamte Gefühlswelt zuständig ist.
Jeder Mensch wünscht sich ein glückliches und zufriedenes Leben. Aber warum ist das eigentlich so schwierig? Gerade wenn man das Gefühl hat, alles läuft gut, dauert es nicht lange, und es wird wieder kompliziert. Der Frust darüber lässt natürlich nicht auf sich warten, und die Freude über ein schönes, vorheriges Erfolgserlebnis verabschiedet sich in rasender Geschwindigkeit. Was wiederum Frust auslöst usw., usw. Man fühlt sich handlungsunfähig, ist unzufrieden mit sich selbst und seinen Entscheidungen, geht faule Kompromisse ein, die natürlich viel Kraft kosten … Diese Liste könnte man lang fortsetzen. Der eine oder andere hätte da sicher noch ein paar Anregungen.
Dann kommt plötzlich ein Motivationsschub: »Das mache ich nicht mehr mit« oder »Das lass ich mir nicht mehr gefallen, ab heute weht ein anderer Wind!« Man nimmt sich vor, ab jetzt mehr auf sich selbst zu hören, mehr Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse zu nehmen, sich etwas Gutes zu tun. Aber meist hat einen der Alltag binnen kurzer Zeit zurück. Die guten Vorsätze schwinden dahin, und das Spiel beginnt von vorn, bis zum nächsten Motivationsschub. Je mehr man versucht, gegen diesen Teufelskreis anzusteuern, desto schwieriger wird es. Wenn man sich mit einem Umstand in seinem Leben nicht wohl fühlt, dann kann man noch so viele Argumente dafür finden, glücklicher aber wird man dadurch nicht. Man braucht kein Psychologe zu sein, um zu begreifen, dass solch ein Leben unerfüllt bleiben muss. Was darin fehlt, sind Selbstliebe, wirkliche Gelassenheit, Selbstachtung und ein fester Anker in einem selbst.
Die Arbeit mit dem inneren Kind ist eine einfache Möglichkeit, um durch eigene Kraft dazu beizutragen, glücklicher und zufriedener zu leben.
Durch die Auseinandersetzung mit dem inneren Kind bekommt man Zugriff auf ein sehr wichtiges Potenzial: die eigenen Gefühle. Man lernt, diese Kraft zu beherrschen und sie somit bewusst zu nutzen. Wenn aber diese Kraft den Menschen beherrscht, dann ist das für seine persönliche Entwicklung sehr hinderlich. Das folgende Beispiel veranschaulicht die Auswirkungen:
Man streitet sich mit dem Partner, weil er gestresst und mies gelaunt nach Hause gekommen ist. Eine innere Stimme sagt: »Sei einfach ruhig, er/sie ist nur gestresst und hat sich eigentlich über etwas ganz anderes geärgert. Er/Sie muss sich kurz ausrauchen, dann entspannt sich die Situation.« Hört man auf diese Stimme und beherrscht sich bzw. das in einem aufsteigende Gefühl, so werden sich die Wogen schnell glätten, und der Partner entschuldigt sich für seinen Auftritt (keine Gewähr für Ausnahmen!). Tut man das nicht und verliert die Selbstbeherrschung, feuert man also mit Worten zurück, so ist höchstwahrscheinlich der restliche Abend im Eimer.
Selbstbeherrschung muss gar nichts Negatives sein, sondern ist mitunter eine sehr nützliche Fähigkeit. Beherrscht man sich allerdings aus Angst vor den Konsequenzen, so ist das eher undienlich.
Man kann sich das Potenzial der Gefühle auch wie einen starken, unerzogenen Hund vorstellen: Hat man eine tiefe, vertrauensvolle Verbindung zu ihm, dann wird er einen beschützen, einem helfen und treu zur Seite stehen. Besteht diese Verbindung nicht, und man hat vielleicht sogar Angst vor ihm, so kann es passieren, dass er beißt, einem Verletzungen zufügt und schadet.
Gefühle haben allerdings noch andere Aufgaben. Sie können auch dabei helfen, gute Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, die glücklich machen, mit denen man sich wohl fühlt. Das setzt allerdings voraus, dass man spürt, was einem guttut und was nicht. Wenn man vor einer Entscheidung steht – das tut man übrigens andauernd und tagtäglich –, gibt es zwei Wege, sie zu treffen: Man sucht nach Argumenten, die dafür oder dagegen sprechen, überlegt also, was wohl das Vernünftigste wäre. Oder man fragt sich, welche Möglichkeit sich besser anfühlt.
Mit welcher Herangehensweise wird man sich am Ende wohl besser fühlen?
Übrigens, Entscheidungen, die mit einem guten Gefühl verbunden sind, können gleichzeitig auch vernünftig sein. Das ist kein grundsätzlicher Widerspruch.
Ist man also im Einklang mit der Kraft der Gefühle bzw. mit dem inneren Kind, so können Entscheidungen zufriedenstellend (meist sogar für alle Beteiligten) getroffen werden.
Im Alltag bedeutet dies, dass viele Bedürfnisse nicht mehr untergehen, erfüllt sind und man sie wieder einen Tag lang wirklich gelebt hat.
Meist sind ohne böse Absicht der Eltern in der Kindheit emotionale Defizite entstanden. Das bedeutet, dass wichtige Bedürfnisse nicht erfüllt wurden und dadurch emotionaler Mangel zurückbleibt. Wenn man darauf hofft, dass andere Menschen diese Löcher stopfen (»Er bringt mich zum Lachen« oder »Durch sie fühle ich mich lebendig, geliebt und schön«, usw.), wird man immer wieder Schiffbruch erleiden. Mit der Methode, die in diesem Buch erklärt wird, lernt man, eigene Bedürfnisse selbst zu stillen und zu erfüllen, ohne dies auf Kosten anderer zu tun. Das bedeutet, dass man unabhängig von anderen Menschen dafür sorgen kann, dass es einem gutgeht. Alles, was man in der Kindheit vermisst hat, kann man sich selbst geben, wie z.B. Trost, Verständnis, Geduld, Achtung, Aufmerksamkeit und Liebe. Das ist jederzeit und überall möglich, ohne lange vorher zu meditieren und ohne vorher bestimmte Rahmenbedingungen schaffen zu müssen: einfach im Alltag.
Man lernt dadurch, mit sich selbst so umzugehen, wie man es sich von den eigenen Eltern gewünscht hätte. Man sollte für sich selbst die Rolle guter Eltern übernehmen!
Das innere Kind ist die symbolische und bildliche Vorstellung unseres Emotionalkörpers. Es ist ein inneres Bild, eine innere Stimme, die man in seinen Gedanken wahrnehmen kann. Es ist der Teil im Menschen, der einen fühlen lässt. Durch die Arbeit mit inneren Bildern lernt man, sich selbst besser zu verstehen, und man erkennt die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben. Man begreift, wie man die eigenen Gefühle am sinnvollsten integrieren kann und wie sie zum Kompass für das Leben werden können.
Jeder Mensch hat ein Energiefeld, welches sich aus mehreren Schichten zusammensetzt. Man kann sich das wie die Luftschichten um unseren Erdball vorstellen. Eine dieser Schichten nennt man Emotionalkörper. Dieser Körper speichert alles ab, was einem im Leben begegnet und Gefühle erzeugt. So ähnlich wie ein Computer. Das heißt, alle Gefühle, die jemals empfunden wurden, werden dort abgelegt. Das bedeutet auch, dass dort nicht nur alte Verletzungen geparkt sind, sondern auch die Lösungen dafür! Damit diese Kapazität aber nicht brachliegt, sondern in positives Potenzial und Kreativität umgewandelt werden kann, sollte man sich diesen Bereich erobern und ihn wieder bewusst leben. Wenn man diesen Weg einschlägt, dann ist man so etwas wie ein Abenteurer, der sich auf die Reise begibt. Im Gepäck hat dieser kleine Held nur eine vage Vorstellung davon, was ihn erwartet. Was ihn antreibt, sind Neugier, Reiselust, seine Vorstellungskraft und die Hoffnung.
Spricht man von inneren Bildern, dann sind genau die gemeint, die im Kopf entstehen. Man sieht sie vor dem geistigen Auge und nicht wirklich in Fleisch und Blut vor sich stehend. Es ist in etwa so, als würde man sich an die Bilder aus einem vergangenen Traum erinnern. Und das geht ja schließlich auch.
An dieser Stelle sei noch etwas Wissenswertes erwähnt: Genau diese Art der Bilder im Kopf nennt man Hellsehen. Hellsehen findet (bis auf Ausnahmen!) nicht mit den Augen, sondern mit diesem inneren Sinn statt.
Ein einfaches Beispiel zeigt, dass jeder Mensch dazu in der Lage ist: Stellt man sich einen Sonnenuntergang am Meer vor, so wird dieser vor dem geistigen Auge erscheinen. Das ist eine völlig natürliche Fähigkeit, denn alle Sinne, die man auf der körperlichen Ebene hat, existieren auch auf der geistigen. Man nennt es dann einfach Hell-sehen, Hell-hören usw. Genau wie die körperlichen Sinne können auch diese geistigen Entsprechungen verkümmern, die sich allerdings durch Übung wieder regenerieren lassen und entwickeln können. Das bedeutet, dass jeder Mensch hellsichtig ist, man diese Anlage allerdings nicht bewusst genug nutzt. Die Werbung hingegen setzt diese menschliche Fähigkeit bewusst ein, um den potenziellen Käufer unterschwellig mit Informationen zu versorgen.
Der Mensch denkt also in Bildern, und deshalb reagiert er sehr schnell und stark auf sie. Jeder Gedanke wird von Bildern begleitet, obwohl man es oft nicht einmal registriert. Jedes Bild erzeugt nun aber auch ein Gefühl. Im Traum verarbeitet man Erlebtes mit Hilfe innerer Bilder, ganz unabhängig davon, ob man sich nun morgens daran erinnert oder nicht. Man nimmt unendlich viele Bilder auf, der ganze Alltag besteht aus ihnen. Man begreift das Leben zu einem großen Teil über die visuelle Wahrnehmung. Sie verschafft scheinbar den ersten Eindruck von einer Situation und wird sofort mit einem Gefühl verknüpft. Selbst Bilder, die nicht bewusst gesehen werden, werden wahrgenommen, verarbeitet, und man reagiert auch darauf. Bilder spielen also im Leben des Menschen eine enorme Rolle, sie helfen zu erfassen, zu erkennen und zu verstehen. Deshalb ist es sinnvoll, die Möglichkeiten der visuellen Vorstellungskraft für die Arbeit mit dem inneren Kind zu nutzen. Dabei projiziert man sozusagen die Gefühle wie Bilder auf eine innere Leinwand und so kann man sie in Ruhe betrachten und verstehen.
Da Sie es bei dieser Methode mit dem Emotionalkörper zu tun haben, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass verschüttete Erinnerungen aus Ihrer Kindheit in Ihnen aufsteigen können.
Es ist sinnvoll, mit dieser Arbeit nur dann zu beginnen, wenn Sie auch wirklich bereit sind, diesen Weg zu Ende zu gehen und die Übungen der Reihenfolge nach auszuführen, da sie aufeinander aufbauen. Wenn Sie zwischendurch die zart gewachsene Verbindung zu Ihrem inneren Kind wieder unterbrechen, dann wird es beim nächsten Mal um einiges schwieriger, denn Sie haben Vertrauen in sich selbst verloren.
Sollten Sie bereits mit dem Potenzial des inneren Kindes vertraut sein, können die folgenden Übungen Ihre bisherige Verbindung stärken und komplettieren.
Basisübungen
Sie arbeiten nun mit Ihrer Vorstellungskraft. Keine Sorge, die besitzt wirklich jeder Mensch! Bitte bewerten und analysieren Sie erst mal nichts von dem, was Sie »sehen« und wahrnehmen. Dafür bleibt Ihnen später noch genug Zeit.
Diese Übung dient der ersten Kontaktaufnahme und schafft die Basis für den zukünftigen Austausch zwischen Ihnen und Ihrem inneren Kind. Suchen Sie sich einen ruhigen, bequemen Platz, an dem Sie sicher eine Viertelstunde ungestört sein können. Wenn Sie sich Ihre Erlebnisse später notieren wollen, dann legen Sie sich Stift und Zettel bereit. Allerdings sollten Sie erst mit dem Schreiben beginnen, wenn die Übung abgeschlossen ist.
Schließen Sie die Augen, und stellen Sie sich nun bitte ein Kind vor. Allerdings kein Kind, das Sie kennen (wie z.B. eigene Kinder). Es spielt keine Rolle, welches Geschlecht oder welche Hautfarbe dieses Kind hat. Einfach ein Kind. Vielleicht tauchen auch Bilder von Ihnen selbst als Kind auf. Entspannen Sie sich einfach und warten Sie ab, welches Bild sich in Ihrer Vorstellung formt und stabilisiert.
Dieses Kind sollte nicht älter als elf Jahre sein. Falls nun ein kleiner Jugendlicher vor Ihnen steht, dann bitten Sie in Gedanken nochmals um ein Kind und warten Sie ab, was passiert.
Es kann sehr, sehr schnell gehen, dass Sie vor Ihrem inneren Auge etwas wahrnehmen, aber es ist auch kein Problem, wenn es etwas dauert, bis sich ein Bild entwickelt.
Nun schauen Sie sich das Kind vor Ihrem geistigen Auge mal an. Wie alt ist es etwa, welche Körperhaltung hat es eingenommen, wie ist sein Gesichtsausdruck? Welchen Eindruck macht dieses Kind auf Sie? Versuchen Sie diesen Eindruck in Gedanken so genau wie möglich zu formulieren. Eine kleine Hilfestellung dazu ist folgender Satz: »Das Kind wirkt auf mich wie …« Sobald Sie diesen Eindruck formuliert haben, notieren Sie ihn kurz.
Schließen Sie wieder die Augen und lassen Sie erneut das Bild von dem Kind vor Ihrem geistigen Auge entstehen. Stellen Sie sich vor, Sie würden mit dem Kind ein Gespräch beginnen. Begrüßen Sie es, und fragen Sie nach dem Namen und wie es ihm oder ihr geht. Es ist möglich, dass es sofort »antwortet«, es kann aber auch passieren, dass es sich abwendet und verschwindet. In diesem Fall müssen Sie etwas Geduld haben und es zu einem anderen Zeitpunkt nochmals versuchen.
Wichtig ist, dass das Kind in Kindersprache antwortet! Denn wenn Sie eine erwachsene Antwort, wie z.B.: »Ich bin zur Zeit sehr ausgeglichen und stressfrei«, bekommen, dann hat sich Ihr Verstand eingeschlichen. Aber das kommt ja in den besten Familien vor. Versuchen Sie es dann einfach nochmals in Kindersprache.
Geben Sie dem inneren Kind das Gefühl, dass Sie sich für es interessieren. Fragen Sie gedanklich nach dem Lieblingstier, der Lieblingsfarbe, dem Lieblingsessen usw. Sagen Sie dem Kind etwas Freundliches, wie z.B.: »Ich finde dich sehr nett, süß«, oder was Ihnen sonst noch in den Sinn kommt, und dann schauen Sie mal, wie es darauf reagiert.
Kann es mit diesem Kompliment umgehen oder reagiert es mit einer misstrauischen, zurückhaltenden Geste? In letzterem Fall seien Sie nicht enttäuscht, denn das Kind hat gute Gründe für dieses Verhalten.
Die Kontaktaufnahme ist zu vergleichen mit der Situation, wenn man ein fremdes Kind bei sich aufnimmt. Sie müssen zuerst einmal Vertrauen schaffen, denn das ist die Basis für eine gute Verbindung. Nur so werden Sie die Geschichte, die Freuden und auch die Ängste dieses kleinen Wesens erfahren. Mit Druck und Eile erreichen Sie eher das Gegenteil. Vielleicht hilft Ihnen dieser Vergleich bei der Kontaktaufnahme mit Ihrem inneren Kind. Gehen Sie behutsam, geduldig und lieb mit ihm um, dann geht es schneller, als Sie vielleicht erwarten. Fragen Sie Ihr inneres Kind, ob es mit dem Namen, den es Ihnen wahrscheinlich vorhin genannt hat, zufrieden ist. Es muss den Namen uneingeschränkt schön finden, Ihnen muss er nicht gefallen. Wenn das Kind den Namen nicht mag, dann überlegen Sie sich gemeinsam eine Variante, wie es angesprochen werden möchte. Wenn Sie sich auf keinen Namen einigen können, dann funktionieren auch Spitznamen wie Engelchen, Liebling, kleine Maus, mein Schatz oder Ähnliches. Probieren Sie es einfach aus, Sie werden schon eine Lösung finden. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Wenn Sie diese erste Übung hinter sich gebracht haben, notieren Sie sich bitte das Alter, den Namen und den ersten Eindruck, den Sie von dem Kind hatten.
Das Alter des Kindes spielt eine wichtige Rolle. Es steht für den Zeitpunkt in Ihrem Leben, als die Trennung zwischen Ihnen und Ihrem inneren Kind stattfand. Auslöser für diese Ablösung können traumatische Erfahrungen sein, aber auch konstante schlechte Einflüsse, die in diesem Alter ihren Höhepunkt fanden (siehe Kap. 3).
Sollte noch etwas anderes Eindrückliches passiert sein, können Sie das selbstverständlich auch notieren. Versehen Sie die Notizen mit dem Datum, damit Sie Ihre Entwicklung nach einiger Zeit besser rekonstruieren können. Sie haben nun wichtige Grundlagen geschaffen, auf denen jetzt aufgebaut werden kann. Es ist vergleichbar mit der Grundsteinlegung, wenn man ein Haus baut. Die Reihenfolge spielt eine entscheidende Rolle für das Ergebnis. Sie bauen ja auch nicht zuerst ein Haus und heben danach den Keller aus, um das Fundament zu gießen.
Sollten Sie bei der Übung zwei Kinder gesehen haben, so gehen Sie im Ablauf genauso vor, als hätten Sie nur ein Kind wahrgenommen. Haben Sie einen Säugling gesehen, bedeutet es nicht, dass Sie nicht kommunizieren können. Kleine Babys können durch ihre Mimik und die Stimme Einverständnis, Abneigung und vieles mehr ausdrücken.