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"Das kleine Buch der Börsenzyklen" bietet einfach umzusetzende Investmentstrategien, die sich über viele Jahre bewährt haben. Von der Geschichte lernen heißt in diesem Fall: Geld verdienen. Präzise Vorhersagen, was die Börse zu einem bestimmten Zeitpunkt machen wird, sind unmöglich. Das weiß jeder. Das weiß jeder. Allerdings folgen die Märkte sehr wohl bestimmten Mustern. Beispielsweise zeigt die Geschichte, dass der beste 6-Monats-Zeitraum für Aktien von November bis April ist. Wer also im Oktober/November einsteigt und im April/Mai verkauft, kann sein Risiko deutlich reduzieren und sich über höhere Gewinne freuen. Was für Muster gibt es noch? Welche sind die wichtigsten und welche versprechen den meisten Erfolg? Darum geht es im kleinen Buch der Börsenzyklen.
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Seitenzahl: 203
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JEFFREY A. HIRSCH
VERDIENEN SIE GELD MIT DEN BESTEN KURSMUSTERN UND INDIKATOREN
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel The Little Book of Stock Market Cycles ISBN 978-1-118-27011-0
© Copyright der Originalausgabe 2012: Copyright © 2012 by Jeffrey Hirsch. All rights reserved. Published by John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey. All rights reserved. This translation published under license with the original publisher John Wiley & Sons, Inc.
© Copyright der deutschen Ausgabe 2016: Börsenmedien AG, Kulmbach
Übersetzung: Egbert Neumüller Gestaltung und Satz: Jürgen Hetz, denksportler Grafikmanufaktur Herstellung: Daniela Freitag Lektorat: Claus Rosenkranz
ISBN 978-3-86470-315-7eISBN 978-3-86470-316-4
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Für Jennifer und unsere beiden Jungs, Samson und Nathaniel
ES MAG SELTSAM ERSCHEINEN, dass ein fundamental orientierter Investor das Vorwort zu einem Buch schreibt, in dem es um die Technische Analyse geht. Schließlich sehen viele fundamental ausgerichtete Investoren in der Technischen Analyse lediglich Wahrsagerei und betrachten Technische Analysten als Zauberer, die eingesperrt und von Kindern ferngehalten gehören (und auch von Anlegern und Tradern, die sich wie Kinder benehmen). Aber hier bin ich nun, ein fundamental orientierter Investor, und tue genau das.
Tatsache ist nämlich, dass die Geldanlage eine komplizierte Angelegenheit ist. Stellen Sie sie sich wie ein Dreieck vor, bei dem jede Ecke einen anderen Ansatz repräsentiert – Fundamentaldaten, Bewertung, Technik.
Der Einfluss der sogenannten „technischen Faktoren“ ist das, was Jeff Hirsch in „Das kleine Buch der Börsenzyklen“ so eloquent und prägnant einfängt.
Jeffs umsichtiges Buch lehnt sich an Winston Churchill an, der einmal geschrieben hat: „Je weiter man zurückblickt, umso weiter nach vorn sieht man wahrscheinlich.“
Wie Jeff schreibt, sind die Lehren, die man aus der Börsengeschichte ziehen kann, unschätzbar wertvoll. Die Untersuchung früherer Muster macht künftige Trends klarer – während sie womöglich tödlich für das Wohlergehen Ihrer Investments werden, wenn Sie die Geschichte ignorieren.
Es ist nicht leicht, Mr. Market näher kennenzulernen. Die Analyse der Börsengeschichte und des Rhythmus der Finanzzyklen ist keine leichte Aufgabe – und schon gar nicht, wenn man es so macht wie Jeff. Wenn man herausfinden will, welche Rolle das menschliche Verhalten, Feiertage, Wahlen, Jahreszeiten und der Kalender bei der Beeinflussung der Börse spielen, muss man sorgfältig beobachten und kritisch denken. Sogar die Rolle von Krieg und Frieden wird in Jeffs Analyse unter die Lupe genommen.
Und dann ist da noch seine haarsträubende Prognose vom Mai 2010: Er sagt einen Börsen-Superboom voraus und seiner Meinung nach könnte der Dow Jones bis 2015 auf 38.820 Punkte steigen!
Erfahren Sie, weshalb Jeff eine neue Hausse einläutet, die 2017/2018 beginnen soll. Er ist fest davon überzeugt und seine Überlegungen erscheinen stimmig.
In „Das kleine Buch der Börsenzyklen“ präsentiert Jeff eine vernünftige Botschaft und unschätzbare Lektionen, wie man aus bewährten Börsenmustern Vorteile ziehen kann. Privatanleger und institutionelle Anleger sollten dies zur Kenntnis nehmen.
Schließlich gilt: Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen!
Douglas A. Kass Seabreeze Partners Management Inc.
ES GIBT KEINE ZAUBERFORMEL, die den Wertpapierhandel oder die Geldanlage leicht macht. Research, Erfahrung und eine gesunde Portion Glück sind durch nichts zu ersetzen. Allerdings gibt es eine Methode, mit der Anleger Verluste dämpfen und ihre Erträge steigern können. Von George Santayana, einem Philosophen des 20. Jahrhunderts, stammt der Ausspruch: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“
Das ist der Eckpfeiler meines Researchs für den „Stock Trader’s Almanac“, den mein Vater Yale Hirsch 1966 ins Leben rief. Wenn man die Märkte aus historischer Perspektive analysiert und studiert, kann man das heutige Marktgeschehen in einen historischen Zusammenhang stellen. Egal ob man kurzfristig orientierter Trader oder längerfristig orientierter Anleger ist – es ist sinnvoll und wertvoll, sich historischer und saisonaler Muster und Tendenzen bewusst zu sein.
„Das kleine Buch der Börsenzyklen“ ist die Zusammenstellung der wirksamsten Indikatoren, Muster und saisonalen Phänomene, die in der fast 50-jährigen Geschichte des „Stock Trader’s Almanac“ peinlich genau erforscht und überprüft wurden. Wer die Börsengeschichte studiert, wird sicherlich davon profitieren!
Wenn man als Trader oder Anleger erfolgreich sein will, muss man verstehen, wie sich der Markt unter normalen Bedingungen verhält. Ob sich die Wall Street in einer langfristigen Hausse oder einer langfristigen Baisse befindet, sie bewegt sich im Rahmen einer vorhersehbaren zeitlichen Abfolge. Wiederkehrende Ereignisse wie die Präsidentschaftswahlen alle vier Jahre, die Portfolio-Neugewichtungen zum Ende jedes Quartals, der Verfall von Optionen und Futures, steuerliche Fristen und Feiertage haben vorhersehbare Auswirkungen auf Trader und Anleger.
Das alltägliche Leben der Menschen, zum Beispiel dass sie ihre Rechnungen bezahlen, dass sie im Sommer in Urlaub fahren, dass sie vor Weihnachten einkaufen und dass sie in ihre Altersvorsorge einzahlen, wirkt sich beständig auf den Markt aus. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wenn Sie die Gewohnheiten ihrer Mit-Trader und Mit-Anleger kennen, entfalten sich Marktereignisse, die Sie zuvor als zufällig abgetan hatten, mit offensichtlichen Resultaten. Selbst in unserer heutigen Welt des Hochfrequenzhandels und der 4G-Smartphone-Kommunikation herrschen altmodische tägliche Abläufe vor und prägen den Tagesverlauf der Börse weitgehend genau so, wie sie es schon seit Jahrzehnten tun.
Äußere Ereignisse, ob im Ausland oder im Inland, beeinflussen den Markt seit der Zeit, als sich unsere Vorväter unter der Platane trafen. Angesichts des heutigen geopolitischen Hexenkessels ist ein Anleger, der den Unterschied zwischen Märkten in Friedens- und in Kriegszeiten nicht begreift, ein leichtes Opfer. Zwar reagiert der Markt nie jedes Mal gleich, aber wenn man weiß, wie er sich früher verhalten hat, verschafft einem das in künftigen Krisenzeiten einen Vorteil.
Allerdings ist dies keine exakte Wissenschaft, denn Muster und Tendenzen verändern und verschieben sich. Bedeutende kulturelle und technische Veränderungen wirken sich tief greifend auf Märkte und ihre Verhaltensweisen aus. Von 1900 bis 1951 machte die Landwirtschaft den August zum besten Monat des Jahres, aber da heute nur noch zwei Prozent der US-Bevölkerung Landwirtschaft betreiben, ist der August jetzt einer der schlechtesten Monate. Die Technologie hat den Zugang zu den Märkten verbessert und ihre Reaktionen wesentlich beschleunigt. Im Jahr 1965 wurden an der NYSE täglich Millionen von Aktien gehandelt, heute sind es Milliarden.
Mit dem Wissen gerüstet, wie sich der Markt in der Vergangenheit entwickelt hat, können Sie Änderungen der Dynamik bei bedeutenden Hochs und Tiefs besser erkennen. Ihre langfristigen Anlagen werden schneller und zuverlässiger wachsen, während Ihre Trading-Aktivitäten produktiver und profitabler werden. Das vorliegende Buch wird Ihnen zeigen, wie sich der Markt verhält und wie Sie dies in Ihre Anlagestrategie einbauen können.
Patrick Henry sagte in seiner berühmten Rede „Give Me Liberty or Give Me Death“: „Ich kenne keine andere Möglichkeit, die Zukunft abzuschätzen, als anhand der Vergangenheit.“ Börsenzyklen und Muster an den Märken wiederholen nicht exakt, was sie in der Vergangenheit getan haben, aber ebenso wie alle anderen Naturerscheinungen im Universum reimen sie sich auf jeden Fall.
Auf den folgenden Seiten habe ich Ihnen in Grundzügen dargelegt, was den Markt bewegt und wie er sich in Bezug auf menschliche und kulturelle Verhaltensmuster verhält. Ich bin kein blinder Anhänger dogmatischer Schulen, die Marktzyklen streng abzählen. Ebenso wie mein guter Freund Sam Stovall bei S&P verwende ich die Geschichte nur als Orientierungshilfe.
Bedenken Sie immer, dass Börsenzyklen nichts Exaktes sind, dass sie ebenso eine Kunstform wie eine Wissenschaft sind. Stellen Sie sich gegen die Masse. Wenn alle übereinstimmen und todsicher sind, dass ein bestimmter Zyklus, ein bestimmtes Niveau oder ein bestimmtes künftiges Resultat im Spiel ist, wird der Markt wahrscheinlich mit einem Schlenker von seinem eingeschlagenen Kurs abweichen und das tun, was die wenigsten Marktteilnehmer erwarten.
Wenn Sie die angesprochenen Zyklen und Muster fest in Ihrer Anlage- und Trading-Mentalität verankert haben, müssen Sie sich den Faktoren zuwenden, die auf dem Boden der Gegenwart stehen. Wenn Sie Ihren gesunden Menschenverstand, technische Indikatoren, Fundamentaldaten und konträres Denken einsetzen, werden Sie in der Lage sein, die Zukunft erfolgreich zu antizipieren.
Handeln Sie vorsichtig, investieren Sie weise und nutzen Sie die Geschichte als Orientierung!
ERFORSCHEN SIE DIE BEDEUTUNG UND DIE GESCHICHTE, DIE HINTER HAUSSEN UND BAISSEN STEHT
HABEN SIE JEMALS DEN SPRUCH „Die Flut hebt alle Boote“ gehört? Bezogen auf die Wirtschaft und auf die Finanzmärkte bedeutet er, dass es in florierenden Zeiten allen besser geht und dass in Haussen die meisten Aktien gut laufen. Im Gegenzug sacken alle Boote ab, wenn die Ebbe einsetzt. Die meisten Leute bekommen den Schmerz der Rezession zu spüren und Baissen drücken die Aktienkurse auf breiter Front nach unten.
„Genialität in Finanzdingen ist eine steigende Börse.“ – Dies ist ein weiterer Spruch, den ich im Gedächtnis behalte, um etwaige Anfälle von Überheblichkeit einzudämmen, die auftreten, wenn man den Markt richtig eingeschätzt hat. Der Satz wird sowohl dem berühmten Volkswirt John Kenneth Galbraith als auch dem legendären Investor Sir John Templeton zugeschrieben. Anders formuliert lautet er: „Verwechsle nicht Intelligenz und Hausse.“
Die Frage, ob eine Hausse oder eine Baisse herrscht, ist der bedeutendste Einzelfaktor, der auf die Aktienkurse und den Wert Ihres Anlageportfolios wirkt. Deshalb ist es für Anleger entscheidend zu wissen, woran man die beiden erkennt. Was geschah im Jahr 2008 mit Ihrem Portfolio? Wenn Sie nicht gerade ein Superstar-Hedgefondsmanager waren, der Aktien shortete, wurde Ihr Portfolio damals wahrscheinlich genauso halbiert wie die der meisten Anleger und sogar von Spitzen-Fondsmanagern. Wenn Sie 2008 ebenso wie ich frühzeitig und schnell in Panik gerieten, haben Sie Ihre Verluste klein gehalten und das Unwetter mit Anleihen und Cash überstanden.
Ebenso wichtig wie zu erkennen, ob eine Hausse oder eine Baisse herrscht, ist zu wissen, um welche Art von Hausse oder Baisse es sich handelt. Die Kommentatoren benutzen viele verschiedene Begriffe, um Marktlagen zu beschreiben, und es ist wichtig, sie zu kennen. Im Moment befinden wir uns in einer sogenannten „säkularen“ Baisse, und zwar seit dem Jahr 2000. Aber was bedeutet das?
Erleben wir die Morgenröte einer neuen langfristigen, säkularen Hausse? Oder haben wir nur eine kurzfristige zyklische Hausse inmitten der alles überspannenden säkularen Baisse, in der wir uns seit 2000 befinden? Wenn wir diese Frage beantworten, können wir besser erkennen, wie sich der Markt kurzfristig und in den nächsten paar Jahren wahrscheinlich entwickeln wird. Und wenn Sie die Begriffe, mit denen die Marktlagen beschrieben werden, nicht kennen, wird es Zeit, Sie auf den neuesten Stand zu bringen.
Fangen wir mit zwei wichtigen Definitionen an: „säkular“ und „zyklisch“. Laut „Oxford English Dictionary“ bedeutet „secular“ „bezogen auf eine Fluktuation oder einen Trend: über einen unbegrenzten Zeitraum auftretend oder anhaltend; nicht periodisch oder kurzfristig“. Und „cyclical“ bedeutet „zu einem deutlichen chronologischen Zyklus gehörig“.
Was die Definitionen von „säkular“ und „zyklisch“ in Bezug auf die Märkte angeht – da wird es schwammig. Das liegt daran, dass Finanzmärkte flexibel sind. Bedenken Sie, dass diese Märkte von unvollkommenen Menschen betrieben werden. Inzwischen ist zwar ein großer Teil des Handels computergeneriert, aber die Computer und ihre Software wurden von emotionalen Geschöpfen mit Bedürfnissen, Wünschen, Ungeduld, Neid, Rachsucht, Liebe, Hass et cetera konstruiert und gestaltet … Sie wissen schon, was ich meine.
Deshalb fluktuieren säkulare und zyklische Muster am Aktienmarkt und sie gehorchen weniger starren Regeln als in vielen anderen Disziplinen. Über die Definition von Hausse und Baisse wird viel debattiert. Aber einfach ausgedrückt dauern säkulare Märkte eine lange Zeit, gewöhnlich zehn Jahre oder länger. Zyklische Märkte dauern weniger als zehn Jahre, gewöhnlich weniger als fünf Jahre. Der längste zyklische Markt des 20. Jahrhunderts dauerte acht Jahre, von Oktober 1990 bis Juli 1998, und er war Teil der säkularen Hausse von 1982 bis 2000.
Das hervorragende Team von Ned Davis Research (NDR) definiert eine Hausse als Anstieg des Dow Jones Industrial Average entweder nach 50 Kalendertagen um 30 Prozent oder nach 155 Kalendertagen um 13 Prozent. Entsprechend erfordert eine Baisse einen Rückgang des Dow Jones Industrial Average entweder nach 50 Kalendertagen um 30 Prozent oder nach 145 Kalendertagen um 13 Prozent. Auch Umschwünge des Value Line Geometric Index um 30 Prozent seit 1965 gelten als Hausse oder Baisse.
Bei Standard & Poor’s gelten Bewegungen von plus oder minus 20 Prozent als zyklische Haussen oder Baissen am Aktienmarkt. Zusätzlich zu diesem Hauptkriterium werden allerdings noch nachgeordnete Aspekte (Dauer, S&P 500 im Verhältnis zu langfristigen gleitenden Durchschnitten et cetera) berücksichtigt.
Um säkulare Haussen und Baissen zu definieren, muss man allerdings über den Tellerrand hinaus denken. Nach meiner Rechnung umfassen säkulare Märkte einen Zeitraum von etwa acht bis 20 Jahren. Als säkulare Hausse klassifiziere ich einen längeren mehrjährigen Zeitraum, in dem die Börse nacheinander immer höhere Hochs und immer höhere Tiefs produziert. Säkulare Baissen werden oft von langwierigen militärischen Feldzügen und Finanzkrisen gespeist und der Markt schafft es dann nicht, ein signifikantes neues Hoch zu erreichen. (In Kapitel 2 werde ich besprechen, wie Krieg und Frieden auf den Markt wirken.) Man kann den Charakter eines säkularen Marktes auch ermitteln, indem man die darin enthaltenen zyklischen Haussen und Baissen analysiert.
In Abbildung 1.1 ist der Markt in acht säkulare Perioden seit 1896 eingeteilt, dem Jahr, in dem der Dow Jones eingeführt wurde. Die säkularen Baissen sind durch graue Rechtecke gekennzeichnet.
ABB. 1.1: SÄKULARE BÖRSENTRENDS SEIT 1896
Vier säkulare Haussen liefen von 1896 bis 1906, von 1921 bis 1929, von 1949 bis 1966 und von 1982 bis 2000. Die vier Baissen reichten von 1906 bis 1921, von 1929 bis 1949, von 1966 bis 1982 und von 2000 bis heute. Als Nächstes haben wir alle zyklischen Haussen und Baissen innerhalb der säkularen Haussen zusammengestellt und sie mit denen innerhalb der säkularen Baissen verglichen.
Seit 1896 bescherten zyklische Haussen innerhalb säkularer Haussen dem Dow Jones durchschnittliche Gewinne von 105,4 Prozent. Diese zyklischen Haussen waren im Schnitt um 60 Prozent größer und fast doppelt so lang wie in säkularen Baissen. Die zyklischen Baissen waren innerhalb von säkularen Baissen im Schnitt um 50 Prozent schlimmer und etwa doppelt so lang (siehe Abbildung 1.2).
ABB. 1.2: SÄKULARE MÄRKTE DES DOW JONES INDUSTRIAL AVERAGE SEIT 1896
Die zyklischen Haussen innerhalb säkularer Baissen waren seit dem Zweiten Weltkrieg schwächer. Der Zweite Weltkrieg verursachte eine tektonische Verschiebung in der Wirtschaft und am Markt. Vor dem Krieg waren die Vereinigten Staaten vorwiegend eine Agrarwirtschaft, danach jedoch ein militärisch-industrieller Komplex, ein Technologie-Kraftpaket. Was aus den Vereinigten Staaten als Nächstes wird, bleibt abzuwarten.
Im Allgemeinen sind säkulare Haussen von kurzen, zaghaften zyklischen Baissen und langen, kräftigen zyklischen Haussen geprägt. Im Gegensatz dazu weisen säkulare Baissen schwache, flüchtige zyklische Haussen und langwierige zyklische Baissen auf, in denen es vor scharfen, heftigen Kurseinbrüchen wimmelt; gescheiterte Rückfederbewegungen; Kapitulationen; wildes Trading an Tiefpunkten; und häufig mangelndes Interesse der Allgemeinheit an Aktien.
Wir halten den derzeitigen Markt seit dem Hoch im Jahr 2000 für eine säkulare Baisse. Seit dem Jahr 2000 hatte der Dow Jones vier zyklische Baissen von 29,7 Prozent, 31,5 Prozent, 53,8 Prozent und 16,8 Prozent sowie bis 2011 drei zyklische Haussen von 29,1 Prozent, 94,4 Prozent und 95,7 Prozent – und gleichzeitig die längste zyklische Hausse innerhalb einer säkularen Baisse sowie die schwerste zyklische Baisse seit dem Zeitraum 1929 bis 1932. Der Hausse-Anstieg um 95,7 Prozent von März 2009 bis April 2011 war deftig und entsprach der durchschnittlichen Länge zyklischer Haussen von gut zwei Jahren. Das erinnert an die zyklischen Haussen während der säkularen Baissen von 1929 bis 1949, von 1934 bis 1937 und während des Zweiten Weltkriegs von 1942 bis 1946. Ich glaube nicht, dass wir in einer ähnlich langwierigen Baisse wie der Großen Depression stecken, aber ich bin auch noch nicht davon überzeugt, dass eine neue säkulare Hausse begonnen hat.
Jetzt kennen wir die Geschichte der Haussen und Baissen seit Bestehen des Dow Jones. Aber eigentlich wollen wir ja wissen, wann wir mit der nächsten großen säkularen Hausse rechnen dürfen, die uns aus dem Sumpf herausholt, in den wir nach der Finanzkrise geraten sind. Die neue säkulare Hausse wird erst dann auftreten und dauerhafter Wohlstand wird sich erst dann breitmachen, wenn eine längere verhältnismäßig friedliche Periode kommt.
Teil des Problems ist nämlich die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten in Afghanistan immer noch in einen langwierigen Feldzug verwickelt sind. Die gute Nachricht ist, dass die Militärpräsenz in Afghanistan heruntergefahren wird. Und nachdem Bin Laden nicht mehr da ist und der „Arabische Frühling“ erblüht, sind wir in Sachen Krieg gegen den Terror aus dem Gröbsten raus. Wir dürfen zwar nicht so naiv sein und glauben, unsere Probleme in dieser Weltregion und an anderen Brennpunkten seien gelöst, aber zumindest ist der massive Einsatz von Kampftruppen Geschichte und dominiert nicht mehr unsere Schlagzeilen.
Kriege waren das verbindende Thema aller früheren säkularen Baissen: 1906 bis 1921 (Erster Weltkrieg), 1929 bis 1949 (Zweiter Weltkrieg) und 1966 bis 1982 (Vietnamkrieg). Sie sind nicht unbedingt das auslösende Ereignis am Beginn einer säkularen Baisse, aber der Markt begann nie eine neue säkulare Hausse, bevor der Krieg vorbei war und die Nachkriegsinflation einsetzte.
Und schließlich gingen alle bisherigen säkularen Haussen mit einem bedeutenden Paradigmenwechsel dank einer Technologie oder dank eines kulturellen Wandels einher. 1896 hatte die Eisenbahn die beiden Küsten miteinander verbunden, sodass der Handel florierte und die Menschen reisten wie niemals zuvor. In den Goldenen Zwanzigern inspirierte die Filmindustrie die Welt mit dem aufkommenden Tonfilm, Lindbergh und Earhart elektrisierten die Welt mit transatlantischen Flügen und Autos befreiten die Mittelschicht von ihren Fesseln.
In der Hausse-Periode nach dem Zweiten Weltkrieg fasste der Konsumrausch Fuß, der Babyboom ließ die Bevölkerung explodieren und Amerika half beim Wiederaufbau Europas und Japans. Raumfahrtprogramme und zahllose technische Neuerungen heizten das Wachstum an und das Fernsehen verband Menschen auf der ganzen Welt miteinander. Das Informationszeitalter befeuerte die Super-Hausse der 1980er- und 1990er-Jahre. Der Personal Computer, die Telekommunikation und das Internet verliehen dem Einzelnen und der Gesellschaft mehr Macht und Freiheit. Was den nächsten Boom speisen wird, kann nur die Zukunft zeigen.
Wo also stehen wir heute? Da sich anscheinend keine neue Technologie am Horizont abzeichnet, die uns neue Möglichkeiten bringt, und auch kein kultureller Wandel – und da die US-Streitkräfte in Übersee immer noch massiv engagiert sind –, ist das noch unklar.
Vielleicht werden wir dann, wenn wir endlich aus dem Irak und aus Afghanistan abziehen – vorausgesetzt, wir haben unsere Streitkräfte nicht bloß in den Iran oder sonstwohin verlegt – und eine neue alles verändernde Innovation oder ein alles verändernder Lebensstil den Planeten antreibt, in eine neue säkulare Hausse eintreten. Doch vorläufig bleiben wir höchstwahrscheinlich in der aktuellen Trading-Range gefangen und haben im Rahmen der säkularen Hausse wohl noch ein oder zwei zyklische Baissen vor uns, die uns in den nächsten fünf oder sechs Jahren 20 bis 30 Prozent nach unten drücken könnten.
• Die Frage, ob Hausse oder Baisse, ist der wichtigste Einzelfaktor, der sich auf die Aktienkurse auswirkt.
• Säkulare Börsentrends sind langfristig und dauern gewöhnlich 8 bis 20 Jahre. Zyklische Börsentrends sind kürzer, ein paar Monate bis ein paar Jahre.
• In säkularen Haussen sind die zyklischen Baissen meistens kurz und flach, die zyklischen Haussen lang und kräftig.
• In säkularen Baissen sind die zyklischen Haussen gewöhnlich kurz und leicht, die zyklischen Baissen ziehen sich hin und sind tiefer.
WIE KRIEG UND FRIEDEN (UND INFLATION) DEN MARKT BEEINFLUSSEN
DER KRIEG IST OHNE ZWEIFEL der bedeutendste dauerhafte Faktor, der den Aktienmarkt beeinflusst. Denn solange die Vereinigten Staaten in bedeutende, anhaltende Kampfhandlungen verstrickt sind, gelingt es dem Markt nicht, sich wesentlich nach vorn zu arbeiten. Daher ist es für die Börse ein gutes Zeichen, dass sich der mehr als zehn Jahre lange Konflikt im Ausland, der auf die Terroranschläge vom September 2001 folgte, nun seinem Ende zuneigt.
Das gilt aber nicht nur für die heutigen Märkte. Schon in den vergangenen zwei Jahrhunderten und davor waren Krieg, Frieden und Inflation die treibenden Kräfte, die den Zyklus aus Auf- und Abschwüngen erzeugten. Was führt dazu, dass sich die Börse in Kriegszeiten innerhalb einer Kursspanne bewegt und dass sie in Friedenszeiten steigt? Die Antwort ist die Inflation. Während eines Krieges leert die Regierung die Staatskasse. Außerdem konzentriert sie sich mehr auf auswärtige Angelegenheiten und den Krieg als auf innenpolitische Probleme und die Wirtschaft. Daraus resultiert ein nachhaltiger Anstieg der Inflation. Erst wenn sich die Wirtschaft wieder eingependelt hat und sich das Land wieder auf innere Angelegenheiten konzentriert, steigt der Aktienmarkt auf neue Höhen.
In der Geschichte der Menschheit wimmelt es vor Episoden des wirtschaftlichen Auf- und Abschwungs und des Aufstiegs und Niedergangs von Gesellschaften. Seit Jahrtausenden, schon lange vor unserer Zeitrechnung, bildeten hoch entwickelte Zivilisationen umfangreiche Strukturen, innovative Technologien und kulturelle Errungenschaften in Bildung, Literatur, Mathematik, Naturwissenschaft und Philosophie aus, nur um dann wieder unterzugehen. Rom fiel, das Mittelalter verhüllte Europa fünf Jahrhunderte lang wie ein Leichentuch, die Hanse wurde abgelöst, die Maya verschwanden und die Sowjetunion brach zusammen. Gewaltige technische Fortschritte bewahrten die moderne Zivilisation nicht vor Erschütterungen. Kriege und Finanzpaniken spielten als gestaltende Kräfte der Menschheit im 20. und bisherigen 21. Jahrhundert eine noch größere Rolle.
Die frühere Genialität und die früheren Sitten sind in die blühenden Kulturen und Gesellschaften eingegangen, die es heute gibt, und werden von den Menschen verehrt, die an den Orten leben, an denen einst ihre Ahnen weilten. Die Pharaonen sind längst verschwunden, aber die Pyramiden von Gizeh sind immer noch eine beliebte Attraktion für Touristen und Archäologen. Die Mexikaner feiern immer noch den aztekischen Schöpfungsmythos des gefiederten Schlangengotts Quetzalcoatl. In Teotihuacan, 30 Meilen nordöstlich von Mexiko Stadt, zelebrieren kalifornische Hippies auf der Sonnenpyramide, der drittgrößten Pyramide der Welt, die im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung erbaut wurde, Sonnengrüße.
Die westliche Zivilisation ist von der Kultur der alten Griechen durchdrungen und der koloniale Einfluss Europas überdauert in der gesamten Welt, die er nivelliert hat. Yoga, das überall in den Vereinigten Staaten in Einkaufsmeilen und Fitnessstudios praktiziert wird, hat seine Wurzeln in traditionellen Disziplinen, die vor 4.000 bis 5.000 Jahren in der Indus-Kultur aufkamen, die heute Pakistan, Indien, Afghanistan und den Iran umspannt. Während dieser gesamten fantastischen Geschichte war die Lage der Menschheit manchmal explosiv und manchmal stabil.
Auf das finstere Mittelalter folgte eine lange Periode der Eroberungen, der Barbareneinfälle, der Kreuzzüge und des religiösen Fanatismus, bevor die Renaissance Einzug hielt, das Zeitalter der Aufklärung, zwei industrielle Revolutionen, Eisenbahnbooms und das sogenannte Gilded Age. Das exponentielle Wirtschaftswachstum des 18. und 19. Jahrhunderts wurde von einer ganzen Reihe von Kriegen, Paniken und Depressionen aus dem Tritt gebracht.
Die Amerikanische Revolution und die Geburt dieser großartigen Nation erzeugten eine massive Inflation, auf die von 1783 bis 1792 eine neunjährige Phase des Wohlstands und des Weltfriedens folgte. Dann überzogen internationale Konflikte und Bürgerkriege die Welt. Unglaubliche technische Errungenschaften von großer Tragweite trugen dazu bei, dass Industrielle, Magnaten und Tycoons steinreich wurden. Aber die Entstehung der Mittelschicht wurde von Kriegen und Finanzpaniken gebremst. Die massive Inflation, die der amerikanische Bürgerkrieg erzeugte, trug zur Boom-Ära des Wiederaufbaus von 1863 bis 1873 bei, in deren Zuge die transkontinentale Eisenbahn fertiggestellt wurde, die Amerikas Küsten miteinander verband.
Die Finanzpanik 1873 trat eine Weltwirtschaftskrise los, die bis 1896 anhielt und in den Vereinigten Staaten als „Long Depression“ bekannt ist. Das National Bureau of Economic Research führt die Kontraktion von Oktober 1873 bis März 1879 mit 65 Monaten als längste seit Beginn der Aufzeichnungen und damit stellt sie die 43-monatige Kontraktion der Großen Depression in den Schatten. Ähnlich wie bei der Panik 1873 läuteten 1893 galoppierende Spekulation, überzogener Eisenbahnbau und dubiose Finanzierungspraktiken eine weitere Depression ein, die fünf bis sechs Jahre lang für zweistellige Arbeitslosigkeit sorgte.