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Forschungsarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Weltgeschichte - Frühgeschichte, Antike, , Sprache: Deutsch, Abstract: Die „Wesensgleichheit“ (homoousios), zentraler Begriff der christlichen Theologie, der das Verhältnis Jesu zu Gottvater beschreibt, fiel nicht vom Himmel. Dreihundert Jahrelang haben die christlichen Gemeinden um die Frage gerungen, wie Jesus zu verstehen sei, dreihundert Jahren lang dominiert die Auffassung, dass Jesus ein Prophet, ein herausgehobener Übermensch, ein Geschaffener, aber nicht Gott sei. Auf dem Konzil von Nicäa (325) sollte nun endlich Klarheit geschaffen werden. Das Konzil wird von Kaiser Konstantin I. (reg. 306-337) geleitet. Ob dieser überhaupt christlich gewesen ist, und wenn ja in welcher Ausprägung, lassen wir zunächst offen. Getauft jedenfalls war der Herrscher zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Seine spätere „Taufe auf dem Sterbebett“ im Jahre 337 ist, abgesehen von der fragwürdigen Zuverlässigkeit der überlieferten Texte, ebenfalls kein Hinweis auf ausgeprägte Christlichkeit. Denn Konstantin wird, wenn überhaupt, arianisch, alsohäretisch getauft. Ein Umstand, der in den meisten Konstantin-Biographen verschwiegen wird. Ein römischer Kaiser zweifelhafter Religiösität leitet also das erste ökumenische Konzil der Christen, bei dem die rätselhafte Formel von der Wesensgleichheit gefunden und dogmatisiert wird. Die Theologen meinen, Konstantin habe den Bischöfen freie Hand gelassen. Aber den Vorsitz zu führen und zu schweigen, das ist nicht Art der römischen Kaiser, die sich selbst „Herr und Gott“ nennen. Wenn ein Kaiser ein Konzil einberuft, dann hat er auch das Sagen. So hat es noch Ende des vierten Jahrhundert Kaiser Theodosius (reg. 379-395) gehalten, der mit rund sechzig Erlassen dastrinitarische Christentum zur Staatskirche erhebt (Cunctos populos, 380 u.Z.). Von einer Konsultation mit den Bischöfen weiß die Überlieferung nichts zu berichten.Was für ein Verdacht! Der ungetaufte Kaiser Konstantin, Häretiker oder Ketzer, setzt im Jahre 325 die umstrittene Gottesformel „Wesensgleichheit“ durch und sein Nachfolger Kaiser Theodosius bestätigt im Jahre 380 diese Formel, erweitert sie um den „Heiligen Geist“ und macht die trinitarische Konfession des Christentums zur Staatskirche! Die folgende Studie geht dem Verdacht nach. Sie faßt die Ergebnisse einer vorbereitenden Detailstudie zusammen, die für das umfassende Werk „Kaiser Konstantin und die wilden Jahre des Christentums. Die Legende vom ersten christlichen Kaiser“ benötigt wurde.
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Konzil
2.1 Der historische Rahmen
2.2 Der religiöse Hintergrund
2.3 Die Rolle des „Papstes
2.4 Konstantin, ein christlicher Pontifex maximus?
2.5 Der Verlauf des Konzils
3 Bewertung unf Folgen
4 Konstantin, Christ, Heide oder Ketzer?
5 Bibliographie (Auswahl)
5.1 Antike Quellen und Textausgaben
5.2 Kompendien und Nachschlagewerke
5.3 Literatur
Die „Wesensgleichheit“ (homoousios), zentraler Begriff der christlichen Theologie, der das Verhältnis Jesu zu Gottvater beschreibt, fiel nicht vom Himmel. Dreihundert Jahre lang haben die christlichen Gemeinden um die Frage gerungen, wie Jesus zu verstehen sei, dreihundert Jahren lang dominiert die Auffassung, dass Jesus ein Prophet, ein herausgehobener Übermensch, ein Geschaffener, aber nicht Gott sei.[1] Auf dem Konzil von Nicäa (325) sollte nun endlich Klarheit geschaffen werden.
Das Konzil wird von Kaiser Konstantin I. (reg. 306-337) geleitet. Ob dieser überhaupt christlich gewesen ist, und wenn ja in welcher Ausprägung, lassen wir zunächst offen. Getauft jedenfalls war der Herrscher zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Seine spätere „Taufe auf dem Sterbebett“ im Jahre 337 ist, abgesehen von der fragwürdigen Zuverlässigkeit der überlieferten Texte, ebenfalls kein Hinweis auf ausgeprägte Christlichkeit. Denn Konstantin wird, wenn überhaupt, arianisch, also häretisch getauft. Ein Umstand, der in den meisten Konstantin-Biographen verschwiegen wird.
Ein römischer Kaiser zweifelhafter Religiösität leitet also das erste ökumenische Konzil der Christen, bei dem die rätselhafte Formel von der Wesensgleichheit gefunden und dogmatisiert wird. Die Theologen meinen, Konstantin habe den Bischöfen freie Hand gelassen. Aber den Vorsitz zu führen und zu schweigen, das ist nicht Art der römischen Kaiser, die sich selbst „Herr und Gott“ nennen. Wenn ein Kaiser ein Konzil einberuft, dann hat er auch das Sagen. So hat es noch Ende des vierten Jahrhundert Kaiser Theodosius (reg. 379-395) gehalten, der mit rund sechzig Erlassen das trinitarische Christentum zur Staatskirche erhebt (Cunctos populos, 380 u.Z.). Von einer Konsultation mit den Bischöfen weiß die Überlieferung nichts zu berichten.
Was für ein Verdacht! Der ungetaufte Kaiser Konstantin, Häretiker oder Ketzer, setzt im Jahre 325 die umstrittene Gottesformel „Wesensgleichheit“ durch und sein Nachfolger Kaiser Theodosius bestätigt im Jahre 380 diese Formel, erweitert sie um den „Heiligen Geist“ und macht die trinitarische Konfession des Christentums zur Staatskirche!
Die folgende Studie geht dem Verdacht nach. Sie faßt die Ergebnisse einer vorbereitenden Detailstudie zusammen, die für das umfassende Werk „Kaiser Konstantin und die wilden Jahre des Christentums. Die Legende vom ersten christlichen Kaiser“ benötigt wurde.[2] Dort findet der Leser auch die umfangreichen Quellen- und Literaturnachweise, die der Leser dieser Studie verkürzt in den Fußnoten wiederfindet.
Drei Monate nach der Schlacht an der Milvischen Brücke am 28. Oktober 312 („in diesem Zeichen siege“) trifft Kaiser Konstantin, trotz seines Sieges über den Nebenbuhler Maxentius immer noch lediglich Herrscher über den Westen des römischen Reiches, mit Licinius, dem Ost-Kaiser, in Mailand zusammen.[3] Das Zwei-Kaiser-Treffen geht als "Mailänder Vereinbarung" in die Geschichte ein. Folgt man den beiden zeitgenössischen Kirchenhistorikern Laktanz und Eusebius, dann steht das Kaisertreffen des Jahres 313 unter dem Leitthema "Christentum". Ein in umständlicher Kanzlei-Diktion verfaßtes Abkommen soll den Christen die Gleichberechtigung gegenüber den heidnischen Kulten bringen:
"Nachdem wir beide, Kaiser Konstantin und Kaiser Licinius, durch glückliche Fügung bei Mailand zusammenkamen, um [...] sowohl den Christen als auch allen Menschen freie Vollmacht zu gewähren [...] ihre Religion zu wählen [...] damit die himmlische Gottheit uns und allen [...] gnädig und gewogen bleiben kann".[4]
Der deutsche Althistoriker K.M. Girardet interpretiert in das angebliche Abkommen eigene Botschaften hinein: Der Brief fordere gerade zu den Schluß heraus, dass Konstantin „den Christengott als den einzigen Gott akzeptierte“ und seine Herrschaft „auf den Boden des christlichen Monotheismus [...] gestellt" habe.[5] Die in diesem Schreiben sehr allgemein gehaltene Beschreibung einer Gottheit repräsentiere, so Girardet, „nicht den Stand der [persönlichen] religiösen Entwicklung“ des Konstantins, die sich nach Meinung Girardets deutlich weiter in Richtung Christentum entwickelt habe, als den Überlieferungen zu entnehmen sei. Was zur Frage herausfordert, wie Girardet seinen Anspruch begründen will, die damalige religiöse Disposition des Kaisers besser beurteilen zu können als die Zeitgenossen.
Das „Mailänder Treffen“ erhält damit einen religiösen Stellenwert, der dem politischen Zweck dieses Treffens mit ziemlicher Sicherheit nicht entspricht. Denn die Umstände - die anstehende Hochzeit Licinius` mit Konstantia[6], der Halbschwester Konstantins, und der bedrohliche Aufmarsch des zweiten Ostkaisers Maximinus Daia, lassen vermuten, dass im Februar 313 andere Themen im Mittelpunkt der Konferenz gestanden haben als religiöse. Maximinus, der „seinen Hochmut bis zum Wahnsinn gesteigert hat“, wie Eusebius vermeldet[7], führt im Winter 312/313 seine Truppen in Gewaltmärschen von Syrien durch das winterliche Anatolien, überquert den Bosporus[8] und rückt nach der Kapitulation von Byzanz Licinius bedrohlich auf den Leib.