Das Tempo der Seele ist Schrittgeschwindigkeit - Stefanie Kempe - E-Book

Das Tempo der Seele ist Schrittgeschwindigkeit E-Book

Stefanie Kempe

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Beschreibung

"Denn wenn dir plötzlich der Boden unter den Füßen weggerissen wird, ist es an der Zeit, fliegen zu lernen" Nach nur einer Woche in den rauen Wäldern des sächsischen Harzgebirges habe ich mehr über mich und mein Leben gelernt, als in den vielen Jahren zuvor. Auf knapp 100 km Wanderweg brachte mir die Natur nicht nur meine körperlichen Grenzen näher. Sie half mir auch dabei, mich wieder mit einer inneren Stimme zu verbinden, die ich viel zu lange habe unterdrücken lassen. Aus dem nervenzehrenden Hamsterrad herausgeschleudert bekam ich die Chance, mit Hilfe meiner Wanderschuhe den ersten Schritt zurück zu gehen und die Verbindung zu meinem Herzen wiederherzustellen.

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Für Papa, der dieses Buch aus dem Himmel liest.

Für Mama und ihre Tapferkeit.

Für Sebastian, ohne den diese Geschichte gar nicht erst hätte entstehen können.

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

PROLOG

KAPITEL 1

WENN ZWEI SEELEN SICH BEGEGNEN

GLAUBENSSÄTZE WIE SCHWARZE LÖCHER

EXKURS : PSYCHISCHER MISSBRAUCH - GIBT ES SO ETWAS?

EIN TÖDLICHER GLAUBENSSATZ

KAPITEL 2

DAS LAND DER HOCHSENSIBILITÄT

SÄULE 1 : DER SELBSTWERT

EIN GESPRÄCH MIT MIR SELBST

SÄULE 2 : DAS INNERE KIND

EXKURS : UNIVERSELLE LEBENSGESETZE

KAPITEL 3

DIE SACHE MIT DEM BLAUBEERMUFFIN

MITTWOCH, DER 07/08/2019

SÄULE 3 : SELBSTVERTRAUEN

DIE ERSTEN SCHRITTE

DONNERSTAG, DER 08/08/2019

"LIEBES UNIVERSUM, BITTE SORGE DAFÜR, DASS ER ZURÜCK KOMMT" ODER DIE WAHRHEIT ÜBER DAS MANIFESTIEREN UND BEZIEHUNGEN

SÄULE 4 : SELBSTLIEBE

AM ABHANG DER ACHTSAMKEIT

FREITAG, DER 09/08/19

DAS MANTRA EINER WANDERIN

ABSCHIED NEHMEN

EIN STEMPELHEFT ERKLÄRT MIR DIE WELT

SAMSTAG, DER 10/08/19

SONNTAG, DER 11/08/19

NACHWORT

DIE 4 SÄULEN

Säule 1: Selbstwert

Säule 2: Das innere Kind

Säule 3: Selbstvertrauen

Säule 4: Selbstliebe

VORWORT

Wenn man mit dem Auto 500 Kilometer bei ca. 100 km/h über die Autobahn fährt, benötigt man ungefähr 5 Stunden, um das Ziel zu erreichen.

Kennst du dieses Empfinden, dass du anschließend an dem Ort deiner Wahl angekommen bist, aber trotzdem das Gefühl hast, noch nicht wirklich da zu sein? Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass deine Seele dir in diesem Moment noch ein paar Hundert Kilometer hinterherhinkt. In dem Moment, wo unser physischer Körper das Ziel schon längst erreicht hat, hängt unserer Seele nämlich noch die Zunge aus dem Hals.

Denn das Tempo der Seele ist Schrittgeschwindigkeit.

Wenn die ungefähre Schrittgeschwindigkeit also bei 5 km/h liegt, wird deine Seele im Vergleich zu deinem Körper ganze 100 Stunden benötigen, um wieder in deinem Körper anzukommen. Das sind satte 4 Tage. Woran du nun aber erkennen kannst, dass meine Theorie stimmt? In den kommenden Stunden nach deiner Ankunft wirst du mit deinen Gedanken häufig noch in den Erinnerungen der vergangenen Tage festhängen und Probleme haben, das hier und jetzt zu genießen.

Dieses Phänomen begleitet mich regelmäßig seit meinem Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2014. Seitdem fahre ich einmal im Monat von Waren an der Müritz nach Hamm in Westfalen und spüre jedes Mal aufs Neue, dass mir die Geschwindigkeit, mit der ich über die Autobahn fliege, nicht sonderlich gut bekommt. Bin ich erst einmal zu Hause angekommen, habe ich das Gefühl nicht ich selbst zu sein und noch die Maske zu tragen, die ich in meinem Job jeden Tag aufs Neue aufgesetzt habe. Umso mehr faszinierte mich das Gefühl des Wanderns vom ersten Schritt an.

Wenn du wirklich nur in Schrittgeschwindigkeit unterwegs bist, kannst du vor niemandem mehr davonlaufen. Auch nicht vor dir selbst. Denn dadurch, dass wir immer häufiger durch unser Leben hetzen, überhören wir nur zu gerne die feine Stimme des Herzens und unserer Seele, die uns die Wahrheit zuflüstern möchte.

Dass wir mal eine Pause machen sollen.

Dass wir niemandem anderen gefallen müssen, außer uns selbst.

Dass Geld nicht alles ist im Leben.

Dass wir unserem Partner mal wieder ein Lächeln schenken sollten.

Dass wir öfter liebevoll zueinander sagen sollten "Ich liebe dich, danke, dass es dich gibt".

Dass wir viel zu selten innehalten, um den Moment zu genießen.

All diese Sätze überhören wir. Weil wir durch unser Leben hetzen. Auf der Wanderung durch den wunderschönen Harz wollte ich häufig schneller gehen und mein Tempo anziehen, um mich der Wahrheit nicht stellen zu müssen. Doch am Ende war ich stolz darauf, mich dem Tempo des Lebens und meiner inneren Stimme angepasst zu haben.

Denn unsere Seele ist unser Leben. Und das Tempo der Seele ist Schrittgeschwindigkeit.

PROLOG

Die Kunst ein erfülltes Leben zu führen ist verbunden mit der Kunst des Lassens:

Zulassen – Weglassen – Loslassen"

Der erste Schritt ist bekanntlich der Schwerste. Mich hinzusetzen und anzufangen meine Geschichte aufzuschreiben hat mich zwar nicht unbedingt viel Überwindung aber eine lange Zeit der Entscheidungsfindung gekostet. Somit war es der kleine Teufel, der schon eine ganze Weile auf meiner rechten Schulter saß und mir immer wieder ins Ohr flüsterte: "Wer interessiert sich schon für deine Geschichte? Was meinst DU schon, anderen Menschen beibringen zu können? Das ist doch viel zu privat, damit kann doch kein Mensch was anfangen".

Kennst du ihn auch? Deinen inneren Kritiker? Es fehlte mir nicht an der Idee oder der nötigen Zeit. Nicht selten kamen mir folgende Gedanken in den Sinn: „Das schreibe ich auf. Ich wünsche mir, dass andere davon profitieren können. Dass ich sie mit meiner Erfahrung in der Sicherheit wiegen kann, dass sich zum richtigen Zeitpunkt im Leben alles zum Guten wenden wird".

Und spätestens an diesem Zeitpunkt klopfte wieder mein innerer Kritiker an die Tür. Aus diesem Grund habe ich in 10 von 10 Fällen meinen Worten keine Taten folgen lassen. Zu der Zeit, in der mir somit der Mut fehlte, meine Erinnerungen, Gedanken und Erfahrungen schwarz auf weiß festzuhalten, stillte ich mein Verlangen, indem ich entweder Sprachnachrichten aufgenommen oder Tagebucheinträge verfasst habe, von denen ich mir fest vorgenommen hatte, sie zumindest als Kurzgeschichte zu veröffentlichen.

Die Liebe zu den Büchern wurde mir schon früh mit in die Wiege gelegt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mein Papa jeden Abend im Wohnzimmer in seinem Sessel saß, die Beine in entspannter Position auf einem Gymnastikball abgelegt hatte und einen guten Roman in den Händen hielt. Schon kurz nach meiner Einschulung hatte ich damit angefangen ihm nachzueifern, Harry Potter und den Stein der Weisen zu lesen, auch wenn ich nur die Hälfte davon verstanden habe. Trotz dieser tiefen Verbundenheit zu der Welt der Geschichten, Bücher und damit verbundenen Abenteuer, habe ich mich selbst nicht dazu aufraffen können, zu schreiben. Des Öfteren gab es den Moment, in dem ich mich fragte:

"Wann habe ich meine Träume bloß aus den Augen verloren? Wann begann die Zeit, in der mir weiß gemacht wurde, dass ich nicht genug Zeit dafür hätte, um mir die Wünsche und Träume zu verwirklichen, für die mein Herz wirklich schlägt? Ist das nicht erschreckend? Woran scheiterte es? Wovor hatte ich Angst? Was hielt mich zurück?

Warum lassen wir Menschen uns von den einfachsten Dingen, die unser Herz höher und ruhiger schlagen lassen, abhalten? Welche Konditionierung hat dort in unserem Kopf stattgefunden?“

Die totale Sicherheit findet der Mensch nur in sich selbst und nicht in einem Job oder einer Lebensversicherung.

Erreichen können wir die wahrhaftige Versicherung unseres Daseins lediglich durch das Leben im Hier und Jetzt "

Mit Sicherheit hat es viel damit zu tun, dass wir in unserer westlichen Welt gelernt haben, es gäbe keinen Platz mehr für Träumereien im Leben. Unsere leistungsorientierte Gesellschaft strotzt vor gutverdienenden, aber unglücklichen Menschen, die oft mehr als 16 Stunden am Tag arbeiten und anschließend viel Geld in Dinge investieren, die sie von der Tatsache ablenken, dass sie eigentlich überhaupt nicht glücklich sind. Des Weiteren kommt man nicht drum herum, sich mit den eigenen Schwächen und Schatten auseinanderzusetzen, wenn man darüber nachdenkt, gewisse Erfahrungen auf dem Papier festzuhalten oder einer anderen Leidenschaft nachzugehen.

Vielleicht hatte ich schon immer Angst davor, mich in die Arme meiner Vergangenheit fallen zu lassen, während ich meine Erfahrungen zu Papier bringe und mich der Erkenntnis stellen müsste, meine wahren Träume niemals gelebt zu haben? Dass ich es vermeiden wollte, den gesamten Schmerz noch einmal aufzuwühlen, ihn wie eine Zwiebel Schicht für Schicht abzuschälen und ich mich mit der Option anzufreunden, dass alles eigentlich gar nicht so heiß gegessen wie gekocht wird? Ist es möglicherweise die Angst in uns, dass unser Leben nie wieder so sein wird wie bisher, wenn wir erkennen, was wirklich hinter unseren Ausreden und den jämmerlichen Wenns und Abers steckt?

Keinem Menschen fällt es leicht, Abschied zu nehmen und loszulassen. Dennoch habe ich in diesem Moment eine Entscheidung getroffen. Ich wollte nicht mehr länger warten. Ich habe lange genug an etwas festgehalten, dass mir die Luft zum Atmen genommen hat und es wird Zeit, mich von den Fesseln zu verabschieden, die ich mir selbst immer wieder enger um die Knöchel gelegt habe.

"Mit Festhalten kann man alles töten. Es dauert nur seine Zeit"

Und wenn du jetzt dieses Buch in der Hand hältst, würde ich fast vermuten, dass es auch in deinem Leben etwas gibt, dass du loslassen möchtest. Dass du weißt, dass in deinem Leben noch so viel mehr auf dich wartet als das immer wiederkehrende Hamsterrad aus Aufstehen, Arbeit, Essen, Schlafen und der gähnenden Unzufriedenheit und Leere in deinem Herzen.

Wie häufig hast du dir schon das Versprechen gegeben, dir zuliebe etwas in deinem Leben zu ändern und es anschließend nicht in die Tat umgesetzt? So viele Momente habe ich verstreichen lassen, in denen ich mir selbst versprach: "Diese Geschichte bringst du auf Papier."

Heute weiß ich: Der einzig richtige Moment, ein bestimmtes Vorhaben in die Tat umzusetzen ist JETZT. Und auch wenn ich lange gezögert habe und meinem inneren Kritiker viel zu oft recht gegeben habe, wenn er zu mir sagte: "Du kannst das nicht", sitze ich jetzt hier und schreibe dieses Buch.

Ich glaube daran, dass auch du etwas hast, wofür es sich lohnt zu leben, anstatt nur zu überleben. Dass in dir ein Traum schlummert, der nur darauf wartet von dir erfüllt zu werden.

Aus diesem Grund möchte ich dir die Geschichte von einer jungen Frau erzählen, die sich für die Liebe selbst verloren hat. Die sich verloren hat, weil sie sich ihrer Träume nicht bewusst war und somit ein Leben gelebt hat, dass nicht ihr gehörte. Ich möchte mit meiner Geschichte Mut und Zuversicht schenken.

Die Zuversicht, daran zu glauben, dass alles, was uns in unserem Leben begegnet, einen Sinn ergibt, egal wie sehr es wehtut und ganz egal wie sehr wir es in diesem Moment verfluchen. Auch möchte ich dir den Mut mit auf den Weg geben, aus jedem Tag den Schönsten deines Lebens zu machen. Dir selbst dein bester Freund zu sein und daran zu glauben, dass sich alles in die für dich richtige Richtung entwickelt, wenn du es nur schaffst jeden Moment im Hier und Jetzt zu genießen.

Der Schlüssel liegt in der Gegenwart.

KAPITEL 1

"Ich fühlte ungebremst auf das Leben zu"

Von Tag zu Tag wurde es schlimmer. Der Rucksack, den ich mir jeden Tag aufs Neue auf die Schultern schnürte, füllte sich mit immer mehr Dingen, die ich 24 Stunden lang mit mir herumschleppen durfte. Zu dieser Zeit habe ich es noch nicht erkennen können. Aber heute sehe ich, dass ich mich selbst zu einem Opfer der damaligen Umstände gemacht habe.

Ich wurde zu 100 % in ein schwarzes Loch gezogen, mit dem ich eigentlich nichts hätte zu tun haben müssen. Es wird sich vielleicht klischeehaft anhören, aber ich dachte, ich hätte mit ihm DEN Mann fürs Leben gefunden.

Und ja - letztendlich war er in gewisser Weise auch genau das. Denn er sollte sich als die Person herausstellen, die mich mit voller Wucht zurück in MEIN Leben katapultieren würde.

Es schien zu schön, um wahr zu sein als wir uns im Jahr 2017 begegnet sind. In den darauffolgenden Tagen unseres Kennenlernens hatte ich das Gefühl, dass Ben nicht nur das Sprungbrett in ein neues Leben sein könnte, sondern auch der Auslöser für mich, den finalen Sprung aus der Unzufriedenheit heraus endlich zu wagen.

Wir lernten uns zu einem Zeitpunkt meines Lebens kennen, an dem ich für mich feststellen musste, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen konnte. Ich hing fest in einer beruflichen Spirale aus Unzufriedenheit, Zorn und Trauer.

Meine Maske, die ich jeden Tag aufs Neue aufsetzte, um dem Arbeitgeber zu gefallen, lag bildlich gesprochen griffbereit auf meinem Nachttischschränkchen, sodass ich morgens nach dem Aufwachen, ohne lang darüber nachzudenken in meine Rolle schlüpfen konnte. Ich war so überzeugt von diesem täglichen Schauspiel, dass es einem Wunder gleich kam wie mühelos ich mir selbst noch im Spiegel in die Augen schauen konnte.

"Bevor ich alle Farben sein konnte, musste ich erfahren, was es bedeutet, schwarz und weiß zu sein"

Die erste große Veränderung in meinem Leben fand statt, als ich 2014 Erfahrungen in der Clubhotelbranche auf Fuerteventura sammeln durfte. So fantastisch und neu alles für mich war, hatte ich dennoch nicht damit gerechnet, dass sie mich und mein eh schon missverstandenes Herz so dermaßen aus der Reserve locken würden. Trotz aller Höhen und Tiefen genoss ich die Zeit auf dieser wundervollen Insel.

Ein Jahr später, im Juli 2015 verabschiedete ich mich jedoch von meinen Freunden auf Fuerteventura und ging zurück nach Deutschland. Nachdem ich einige Wochen bei meinen Eltern wohnen konnte, um mich zu regenerieren, flatterte direkt das nächste Jobangebot für eine Stelle als Fitnesstrainerin im Clubhotel des gleichen Unternehmens in Mecklenburg-Vorpommern ein.

Ich nahm das Angebot an und befand mich wenige Tage später auf dem Weg an die wunderschöne Mecklenburgische Seenplatte. Es begann eine spannende und Lebensenergie raubende Zeit für mich. Als ich Anfang 2017, knapp 2 Jahre später, mit meinem Papa darüber gesprochen habe, dass ich jetzt auch noch die Karriereleiter in diesem Unternehmen hinaufklettern wollte, konnte er darüber nur verzweifelt den Kopf schütteln. Natürlich hatte mein Papa mich gewarnt.

Er wusste wie sensibel meine kleine Seele ist und dass ein Job als Abteilungsleitung nichts für schwache Nerven sein würde. Er kannte mich schließlich.

Trotz all der Versuche seinerseits mich in Sicherheit zu wiegen, hatte ich es dennoch wieder besser gewusst und musste das Kind erneut in den Brunnen fallen lassen, bevor ich ein knappes Jahr später verstanden hatte, was er mir mit seiner liebevollen Warnung mitteilen wollte. Zur damaligen Zeit waren mir Themen wie „Frieden schließen mit dem inneren Kind" oder „Selbstliebe und Selbstwert" zwar schon ein Begriff, aber rückblickend lässt sich sehr gut erkennen, dass ich am Ende des Tages von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte. Kurz bevor ich also im Januar 2017 erfolgreich die Karriereleiter hinaufgeklettert bin und mit einem dicken Grinsen auf dem Gesicht von einem erfolgreich bestandenen Assessment Center zurückkehrte, konnten meine Kollegen und Freunde nicht mehr nachvollziehen, was in mich gefahren war.

Nicht erst seit Beginn meines Arbeitsverhältnisses in der Hotelbranche war ich nörgelig und unzufrieden mit mir und der Welt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals wirklich freudestrahlend und mit dem Feuer im Herzen einen Lebensabschnitt genossen habe. Irgendetwas gab es für mich immer an der aktuellen Lebenssituation auszusetzen. Nicht ohne Grund hatte ich eines Tages den Spitznamen „Grumpy" erhalten.

Kurz nachdem ich jedoch Abteilungsleiterin des WellFit Bereichs im Clubhotel wurde, überspannte ich den Bogen. Von Tag zu Tag wurde meine Übellaunigkeit schlimmer und meine Kollegen gingen mir nicht selten in einem hohen Bogen aus dem Weg. Egal wie farbenfroh der Tag hätte werden können, ich war genervt. Ausnahmslos alles störte mich, trotz Sonnenschein war der Arbeitstag zu lang, die Musik auf der Showbühne zu laut, meine Mitarbeiter unfähig und zu wenig Geld hatte ich sowieso. Kurzum: Nichts und niemand konnte es mir recht machen.

"Setze nie ein Fragezeichen hinter Dinge, hinter die das Schicksal schon längst einen Punkt gemacht hat"

Hätte ich damals wirklich die Weisheit mit Löffeln gefressen, wie ich es immer von mir behauptet hatte, hätte ich erkannt, dass ich hier mit dem Spiegelgesetz par excellence konfrontiert werde.

Mein absolut unfähiges und unzufriedenes Umfeld hat mir lediglich meine eigene Unzufriedenheit widergespiegelt. Aber wie schon gesagt: Ich trug eine Maske. Vieles war mehr Schein als Sein und somit suchte ich nach meinem Glück und den Schuldigen an meiner Misere im Außen.

Mit Sicherheit lässt sich ein großer Teil meiner Empfindungen auf meine in der Kindheit gemachten Erfahrungen schiebe. Dennoch können wir hier immer nur einen Schlüssel finden. Die Kunst liegt jedoch darin, dass wir aufhören vor der falschen Tür zu stehen und uns schließlich trauen, den Schlüssel in das passende Schlüsselloch zu schieben. Im Nachhinein erkenne ich umso deutlicher, dass ich einfach „nur" auf der Suche nach Liebe war. Leider habe ich sie all die Jahre an der falschen Stelle gesucht. Denn als ich nach vielen wirklich armseligen und verzweifelten Versuchen in einer Vielzahl verschiedener männlicher Wesen den einen Mann fürs Leben zu finden die Hoffnung schlussendlich begraben hatte und nicht mehr daran dachte mich irgendwann noch einmal glücklich zu verlieben, konzentrierte ich mich wieder voll und ganz auf meinen Job als Abteilungsleiterin, mit einer für mich durchaus ungewöhnlich langanhaltenden Zufriedenheit.

Und immer dann, wenn man denkt, dass alles in die richtige Richtung läuft und das Leben endlich Fahrt aufnimmt, tritt jemand in dein Leben der von einem Tag auf den Nächsten alles verändern wird.

WENN ZWEI SEELEN SICH BEGEGNEN

"Die Welt macht Platz für den Menschen, der weiß wohin er geht"

Es war der 24. April 2017.

Schon als die ersten Sonnenstrahlen an diesem Morgen durch mein Zimmerfenster schimmerten wusste ich, dass ich einen tollen Tag vor mir hatte. An diesem Tag ging es um alles oder nichts, da ich und mein Team dafür verantwortlich waren, die alljährliche Fitnessveranstaltung mit über 150 Menschen in unserem Club zu organisieren. Da wir in solch einem Fall abteilungsübergreifend arbeiteten, um von jedem Mitarbeiter das beste Know How mit in die Verwirklichung der Veranstaltung integrieren zu können kümmerte sich Ben an diesem Tag, als gerade erst frisch eingestellter Mitarbeiter, um die Licht- und Tontechnik. Ich werde diesen Zeitpunkt nie vergessen.

Manchmal bin ich überrascht, wie fest verankert die Bilder und Erinnerungen an diesen Tag in meinem Kopf sind. In diesem Moment habe ich mich verliebt.

In den 2 Jahre unserer Beziehung hatte ich oft daran gezweifelt, ob ich diesen Mann wirklich lieben würde. Letztendlich glaube ich, dass ich damals noch gar nicht wissen konnte, wie sich Liebe wirklich anfühlt. Ich war zu dem Zeitpunkt unserer Begegnung schließlich nicht einmal dazu in der Lage, dem wichtigsten Menschen in meinem Leben Liebe zu schenken und diese auch bewusst zu fühlen: Mir selbst.

Erst wenn du lernst dich selbst zu lieben, kann auch jemand anderes wahre Liebe für dich empfinden

Heute weiß ich: Ich habe ihn geliebt. Vom ersten Moment an. Ich hatte einfach Angst. Doch für diese Erkenntnis benötigte es in meinem Fall tatsächlich eine Trennung. Vielleicht kennst du diesen Gedanken, welcher sich häufig erst Monate oder Jahre später bemerkbar macht:

Diese Trennung war das Beste, was mir passieren konnte.

Von dem besagten Tag unseres Kennenlernens an entwickelte sich alles um uns herum wie im Sturzflug. Meine emotionale Unsicherheit wurde zu seiner Sicherheit und in unseren Jobs spürten wir immer deutlicher, dass wir nicht mehr in das vorgefertigte Konzept passten. Das Ben auch noch eine wundervolle kleine Bordercollie Hündin namens Ronja und eine Oldtimer Feuerwehr mit in die Beziehung brachte, machte unser damaliges Leben zu einem perfekten Bild von einem, noch am Anfang stehenden, großen Abenteuer. Kurz zusammengefasst ließen wir quasi alles stehen und liegen, kündigten unsere Jobs, fanden eine neue Wohnung, bauten unsere Feuerwehr Broady zu einem Wohnmobil um, wohnten zum Übergang im Sommer bei meinen Eltern in NRW und fuhren dann los, um uns dem Leben hinzugeben.

Ein halbes Jahr von Stettin bis nach Emden, an der faszinierenden Ost - und Nordseeküste Deutschlands entlang. So gut wie alle Menschen in unserem Umfeld haben uns dafür bewundert. Für unseren Mut, die Entschlossenheit und unsere Abenteuerlust.

Wenn ich auf unsere gemeinsame Zeit zurückblicke, weiß ich, dass Ben die erste "Masteraufgabe" auf meinem Seelenweg sein sollte. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, hätte ich damals das Leben meiner Träume führen können. Hätte ich aber die "Fehler" von damals nicht gemacht, wäre ich jetzt nicht an dem Punkt meine ganz persönliche Reise mit dir teilen zu können. Das Universum meinte es also wohl sehr gut mit mir, als es mir diese „Mann - Hund - Auto" Kombination mit Geschenkpapier umwickelt vor der Haustür meines Herzens abgestellt hat. Ohne Vorwarnung, dass ich hier eine Atombombe entgegennehme.

"Frag dich bei allen auf dich einstürmenden Sorgen und Problemen, was sie vom Stand der Ewigkeit aus betrachtet bedeuten würden"

Was ich damit genau meine?

Mit Ben bekam ich nicht nur das rosarote Reiseleben geschenkt, sondern wurde auch mit meinen tiefsten Urängsten und Schatten konfrontiert. Mit ihm kamen Komplikationen in mein Leben, die mir immer wieder meinen sicheren Boden unter den Füßen weggezogen haben. Und zu diesem Zeitpunkt war ich leider noch zu sehr in mir selbst gefangen, als dass ich diese Schatten mit Liebe und Dankbarkeit in meinem Leben hätte begrüßen können.

Was ich dir also in diesem Sinne mit auf den Weg geben möchte, ist Folgendes:

In einer Beziehung geht es nicht darum,

die Probleme des Partners auf dich zu

be – ziehen.

Wir können einen anderen Menschen genau so wenig aus seinem Sumpf retten, wie wir die eigene Verantwortung unserer Baustellen auf eine andere Person abwälzen können. Ich habe selbst immer wieder versucht ihm immer das Rettungsseil hinzuwerfen und habe im Gegenzug von ihm erwartet, die Verantwortung für mein Glück zu übernehmen. Weder er noch ich haben am Ende von einer Win Win Situation profitieren können.

∞∞∞

GLAUBENSSÄTZE WIE SCHWARZE LÖCHER

"Ich bin nicht das, was mir passiert, sondern das, was ich entscheide zu werden"

Doch auch, wenn es nicht wirklich leicht für mich gewesen ist, hatte das Ganze immerhin auch eine positive Auswirkung auf mein jetziges Leben: Im Nachhinein habe ich erkannt, dass ich durch seine „Ach das mache ich lieber morgen" - Einstellung eine wunderbare Möglichkeit geschenkt bekommen habe, mehr über mich selbst zu erfahren.

Viele versteckte Glaubenssätze wie z.B.

"Das macht man doch so aber nicht"

„Du musst dich doch sofort darum kümmern"

„Dein Leben geht den Bach runter, wenn du dich nicht anpasst"

jagten mich jeden Tag aufs Neue durch unser gemeinsames Leben. Diese Dinge wurden mir natürlich immer nur dann bewusst, wenn es bei uns nicht gut lief.

In den vielen unbekümmerten Beziehungsmomenten habe ich leider nur wenig dazu gelernt. Ich bin stur und starrsinnig meinen Glaubenssätzen gefolgt, obwohl ich mir tief in meinem Innern immer wieder gewünscht hatte, ein kleines Stück seiner Leichtigkeit in mein Leben integrieren zu können. Somit zogen wir mit unserer mehr oder weniger turbulenten Beziehung ab Mitte Mai für vier Monate durchs Land und versuchten, uns die Welt schön zu malen. Dennoch rückte das Ende des Jahres näher und wir mussten der Tatsache ins Auge schauen, dass es langsam an der Zeit war, in ein normales Leben zurückzukehren und für eine Weile die Mietwohnung als unser neues Heim zu bezeichnen.

"Halte dich nicht fest an demjenigen der geht, sonst wirst du denjenigen übersehen, der kommt"

Ende 2018 war nun also unsere Reisezeit vorbei. Wieder zurück in den noch wenig heimischen eigenen vier Wänden mussten wir zusehen, dass wir uns nicht nur so schnell wie möglich ein finanzielles Polster für die Verwirklichung unsere Traumreise im kommenden Jahr aufbauen, sondern auch unsere regulären Fixkosten gedeckt bekamen.

In dieser Phase war unser Zusammenleben jedoch alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen, auch wenn ich geglaubt hatte, dass wir die schlimmsten Streitigkeiten auf der Reise schon miteinander ausgefochten hatten. Zurück in der Realität kam ich leider immer weniger mit seiner „Ich lebe in den Tag hinein" - Mentalität zurecht und versuchte sprichwörtlich mit Gewalt am Gras zu ziehen, damit es schneller wächst. Natürlich hat das nicht funktioniert und letztendlich für nur noch mehr Widerstand gesorgt, als eh schon in unserer Beziehung herrschte. Einfach darauf zu vertrauen, dass sich die Dinge schon in dem für sie richtigen Tempo entwickelten, kam mir damals absolut nicht in den Sinn. Beruflich stand für mich relativ schnell fest, dass ich in meinen altbekannten, wenn auch eher ungeliebten Job als Fitnesstrainerin zurückfinden würde.

Nach einem langen hin und her seinerseits entschied er sich jedoch dazu, ein sehr lukratives Jobangebot in seiner Branche als Veranstaltungstechniker abzulehnen und stattdessen in das selbstständige Gastronomiegewerbe einzusteigen.

Ich weiß noch, wie ich unter der Dusche stand und er mir nach dem Hundespaziergang die frohe Botschaft verkündete. Das Wasser prasselte lautlos auf mich hinab, mein Atem ging schnell und ich sah unseren Traum, im nächsten Jahr Skandinavien und Schottland zu bereisen in sich zusammenbrechen. Im Nachhinein betrachtet läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich erkenne, wie wenig Vertrauen ich diesem Mann beizeiten doch entgegengebracht habe.

"Wenn dein Gegenüber dich aufregt, schau doch einfach mal hin was genau sich dort in dir auf – regt"

Warum jedoch hat mich dieser Moment so aus den Socken gehauen? Ich glaube, ich hatte Angst. Ich vermute außerdem, dass das grundlegende Problem darin bestand, dass ich kaum Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten hatte etwas Neues zu wagen, anstatt in den alten Gewässern zu schwimmen. Außerdem gestehe ich mir mittlerweile ein, dass ich ihn ein Stück weit um seinen Mut bewundert habe.

Die Panik, dass ich mich wieder einmal aufs Neue aus Sicherheitsgründen in meinen alten Job begebe, obwohl ich ganz genau wusste, dass mich diese Arbeit nicht glücklich machen würde, überkam mich ganz unterbewusst und setzte sich in meinen Zellen fest.