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Ein junger Mann wird blutüberströmt aufgefunden, ist nicht ansprechbar. Zwei weitere Personen werden zunächst vermisst, bis schließlich ihre Überreste in Fetzen aufgefunden werden. Alle Spuren führen in einen alten Tunnel. Als Kommissar Fing die Ermittlungen aufnimmt, stößt er auf eine grauenvolle Legende. Sascha Ruppenthal erweckt die Legende zum Tor zur Hölle zum Leben in einem packenden Roman und beschreibt das grauenhafte Schicksal der Flüchtlinge die sich 1944 im Silwinger Tunnel versteckt hatten.
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Seitenzahl: 211
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Vorwort
Sehr geehrter Leser, zuerst einmal bedanke ich mich bei Ihnen für den Kauf dieses Buches und wünsche Ihnen viel Spaß mit dem Roman. Vorher möchte ich noch erklären, wie ich zu der Idee gekommen bin, diesen Roman zu schreiben.
Es war im Sommer 2020, als ich bei einer guten Freundin zum Essen eingeladen war. Wir saßen am Tisch und unterhielten uns, als sie diesen Tunnel erwähnte. Ich war sofort neugierig und dachte direkt dabei, einen Roman darüber zu schreiben. Sie erzählte mir jedoch die „Legende“ etwas anders und ich recherchierte, als ich wieder zu Hause gewesen bin. Die „korrekte“ Geschichte über diesen Tunnel, der auch „Das Tor zur Hölle“ genannt wird, faszinierte mich noch mehr. Allerdings musste ich zuerst meinen ersten Roman „Die Nacht in der Sie kam“ fertig schreiben, bevor ich ein neues Projekt beginnen konnte.
Nachdem ich meine damalige Partnerin kennenlernte, die auch schreibt, wurde bei mir wieder das Interesse geweckt und ich schrieb endlich nach fast 20 Jahren meinen ersten Roman fertig. Relativ kurz danach begann ich dann mit „Dem Tor zur Hölle.“ Und wie es so ist, kam mir beim Schreiben schon direkt die Idee zum dritten Roman und am Ende wird man feststellen, dass alle drei Romane irgendwie zusammen verknüpft sind, so mein Plan.
Ich hoffe nun, dass mir dieser Roman gelungen ist und das er die Fantasie des Lesers anregen wird. Nun viel Spaß beim Lesen.
Sascha Ruppenthal´s
Das Tor zur Hölle
Der Tunnel von Silwingen
1. Der neue Fall
„Er reagiert nicht Doktor“, so die Krankenschwester zu dem leitenden Arzt, der mit einer kleinen Taschenlampe in Form eines kleinen Stiftes die Augen des jungen Mannes untersucht, der sich im Bett befindet.
„Verstehe das nicht, er reagiert auf gar nichts“, so der Arzt. „Die Polizei wartet schon draußen, Sie sollten hinausgehen, bevor einer von denen hereinstürzt.“
Der Arzt blickt zur Krankenschwester, wohl wissend, dass sie Recht behalten wird. „Sie haben Recht, ich kann nichts tun, ich gehe raus. Rufen sie mich, sobald sich etwas ändert“, so die Anweisung des Arztes.
Im Flur wartet schon Kommissar Fing von der Kriminalpolizei Merzig, ungeduldig, denn er ist noch neu und es ist erst sein zweiter Fall, seit er im Saarland lebt. Vorher lebte Fing in München und war für kleinere Vergehen zuständig. Dieser Fall scheint so merkwürdig zu sein, so mysteriös, sein Puls schlägt heftig und jeder der an ihm vorbeigeht, erkennt ganz klar seine Nervosität.
„Ich bin Doktor Dorst, ich bin hier zuständig“, stellt sich der Arzt vor. „Herr Dorst, ich bin Kommissar Fing, ich muss wissen was passiert ist, ist der Patient ansprechbar?“ Der Arzt verneint dies mit einer abweisenden Gestik und betont, dass sich der Patient wohl in einer Art von Wachkoma befindet. „Doktor, ich habe hier noch zwei vermisste Personen, ihr Patient wurde aufgefunden an dem möglichen Tatort, blutüberströmt, ich muss wissen was passiert ist“, so Fing zu dem Arzt der kopfschüttelnd reagiert, „das weiß ich doch, aber Sie müssen verstehen, dass Wohl meines Patienten liegt an oberster Stelle. Er ist nicht ansprechbar, er reagiert auf rein gar nichts. Wir haben jedoch das Blut untersucht, das an seinem ganzen Körper verteilt gewesen ist. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Blutgruppen.“ Fing zuckt zusammen, sieht den Arzt verblüfft an: „Wir wissen das sie wohl zu dritt gewesen sind, dennoch habe ich die Hoffnung noch einen lebend zu finden, ich verstehe das nicht. Ihr Patient wird von Wanderern aufgefunden, steht da, blickt auf einen Baum und reagiert nicht auf deren Ansprache. Ist mit Blut übersät und kann nicht sprechen, verstehe es nicht.“ Der Arzt hält kurz inne und erwidert: „Nicht nur Blut, an seinem Körper befanden sich Fleischfetzen, Fleisch von zwei unterschiedlichen Menschen, ich kann dies auch nicht erklären. Es sieht aus, als hätte er sie zerstückelt oder so, ich verstehe es auch nicht, kann ihnen nur sagen, dass der Patient nicht ansprechbar ist. Laut seinem Ausweis, den er bei sich in der Geldbörse führt, ist sein Name Stefan Seibert, 21 Jahre alt und lebt in Sulzbach. Mehr haben wir leider nicht herausgefunden.“
Das Smartphone klingelt. Fing sucht an seinem Körper hektisch das Smartphone, als er es endlich hat, nimmt er ab. „Wir haben alles abgesucht, fanden eine Videokamera und Kleidungsstücke, sehr viel Blut aber keine Leiche“, so derjenige am anderen Ende des Telefons. Fing überlegt kurz, und gibt dann als Antwort. „Suchen Sie weiter, im Tunnel und geben Sie die Videokamera an das Labor weiter, verstanden?“ Nur ein „Ja“ kommt von der anderen Seite des Telefons. Der Arzt bekam den Anruf mit und neugierig, wie er nun ist fragt er nach. „Tunnel, was für ein Tunnel, wenn ich fragen darf?“ Fing hält kurz inne und erklärt, dass wohl Stefan in der Nähe eines alten Eisenbahntunnels aufgefunden wurde, der wiederum eventuell als möglicher Tatort in Frage kommt. Jedoch ist das Gelände, um den Tunnel herum sehr unwirklich und schwer zu erreichen, der Tunnel selbst hat eine Länge von 1,7 Kilometer und die Polizei fängt nun jetzt erst an, diesen genauer zu untersuchen.
Der Arzt ruft eine Krankenschwester herbei, die mit den Habseligkeiten von Stefan erscheint. In der Hand hält sie einen durchsichtigen Beutel, der mit Blut verschmiert ist. „Das sind seine Sachen, die wir bei ihm fanden, Geldbörse, Smartphone, das jedoch nicht angeht und eine Packung Zigaretten“, so Dorsten zu Fing, der den Beutel annimmt und hineingreift, um die Geldbörse zu untersuchen. Darin findet er den Personalausweis und somit hat er nun die Adresse, um die Familie von Stefan zu informieren. Noch ist nicht bekannt, um wen es sich bei den Vermissten handelt, allein durch die Fundstücke und die Untersuchungen an Stefan weiß man, dass es sich wohl um zwei weitere Personen handeln muss.
„Hier haben Sie meine Karte, bitte rufen Sie mich sofort an, wenn Ihr Patient das Bewusstsein erlangt“, bittet Fing den Arzt, der die Karte annimmt und ihm freundlich zunickt.
Fing verlässt das Krankenhaus und geht zu seinem Wagen indem seine Kollegin Tina Warken wartet, da sie noch telefonierte, wartet sie vor dem Krankenhaus. „Und Klaus, was herausgefunden“, fragt sie ihren Kollegen, dem man im Gesicht seine Unzufriedenheit ablesen kann. „Wenig Tina, sehr wenig. Hier seine Adresse, wir fahren sofort hin, vielleicht haben wir Glück und er wohnt nicht allein.“ Tina setzt sich ans Steuer des Fahrzeuges und Klaus setzt sich auf den Beifahrersitz. „Wir brauchen gute 40 Minuten bis nach Sulzbach, sollen wir dortige Kollegen informieren,“ fragt Tina nach. Klaus verneint dies, es sei ihr Fall und den möchte er ungern abgeben. Stefan wurde in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgefunden und somit ist es ihr Fall.
Der Regen klatscht auf die Straßen und die Sicht auf die Autobahn ist sehr schlecht, so schlecht, dass Tina den Wagen etwas abbremst. Dazu kommen viele Lastkraftwagen, die das Fahren noch anstrengender gestalten als es ohnehin schon ist. Die Sicht auf die Straße ist grau, mit einem leichten weißen Nebel, der die Sicht noch weiter erschwert. Tina bremst immer wieder leicht ab, da sie unsicher ist, ob sie überholen soll oder besser nicht. Von hinten, man erkennt es im Rückspiegel, kommen andere Fahrzeuge angerast, als ob es normale Sicht wäre und zu gern, wirklich zu gern, würde Tina das Blaulicht aufsetzen und diese Autofahrer anhalten, wenn nicht der aktuelle Fall wäre. Manche der Autofahrer haben nicht einmal das Licht an und wenn deren Auto in einer grauen Farbe gehüllt ist, so erkennt man kaum, dass sich etwas nähert.
Tina und Klaus arbeiten seit 2 Monaten zusammen und es ist ihr erster großer Fall, alles was davor gewesen ist ließ sich sehr schnell aufklären. Familiendramen, suche nach vermissten Kindern, die tags darauf wieder aufgefunden wurden und andere kleinere Delikte.
Klaus ist gerade mal 27 Jahre alt, 2 Jahre älter als Tina und beide harmonieren sehr gut miteinander. Wenn sie während ihrem Dienst eine Pause einlegen, um zum Beispiel an einer Imbissbude etwas zu sich zu nehmen, werden sie hier und da als Pärchen verwechselt. Tina ist eine sehr hübsche Frau, hat naturrote lange Haare, eine sehr sportliche Figur und haselnussbraune Augen. Ihre wenigen Sommersprossen verbirgt sie unter ihrer Schminke, obwohl diese auf Klaus sehr anziehend wirken. Er ist ebenfalls ein sportlicher Mann, einen Kopf größer als Tina, so 1.80 Meter, hat dunkle kurze Haare und grüne Augen. Meistens trägt er seine alte schwarze Lederjacke, eigentlich sieht er aus wie der typische Frauenheld, aber durch seinen Beruf, der ihm sehr am Herzen liegt, hat er sich nach einer geeigneten Partnerin noch nicht umgesehen. Auch Tina genießt ihr Singleleben, zu viele gescheiterte Beziehungen hatte sie in letzter Zeit, sie möchte sich nun auch voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren, die ihr ebenfalls große Freude bereitet.
Während der Fahrt herrscht im Fahrzeug eine bedrückende Stille, keiner der Beiden redet etwas. Tina konzentriert sich auf den Verkehr und Klaus liest in seinen Unterlagen nach, prüft das Smartphone von Stefan und macht sich dabei Notizen auf seinem kleinen Notizblock. Die Lage ist angespannt, denn keiner der beiden weiß oder kann sich vorstellen, was noch passieren wird.
„Das Smartphone geht wirklich nicht an, ich drücke hier an der Seite alles was geht“, so Klaus zu Tina, die kaum darauf reagiert, da sie sich voll auf die Straße konzentriert. Klaus schaut sich das Smartphone genauer an, hält es an seine Nase, um daran zu riechen, dabei bemerkt er einen seltsamen Geruch. „Es riecht verbrannt, das Smartphone riecht verbrannt, als ob es eine Überladung des Akkus gegeben hätte.“ Tina zuckt nur leicht mit den Schultern und erwidert: „Vielleicht kann das Labor etwas herausfinden. Wir sind gleicht da.“ Klaus steckt daraufhin das Smartphone wieder in den Beutel und richtet seinen Blick nach vorne auf die Straße. Der starke Regen geht in ein leichtes Nieseln über, ein Sonnenstrahl bohrt sich durch die dicke Wolkenschicht und ein leichter Regenbogen bildet sich am Horizont.
Sie nähern sich der Ausfahrt nach Sulzbach, es ist nun nicht mehr weit, noch wenige Meter bis zur Mozartstraße, eine sehr schöne Wohngegend in Sulzbach. „Hier ist es, halt an“, so die Bitte von Klaus. Tina schaut sich das Haus an, Einfamilienhaus und hält direkt vor der Einfahrt. Es ist ein sehr schönes Haus mit einem kleineren Garten direkt neben der Einfahrt. Eine Holzbank steht direkt neben der Eingangstür, es wirkt sehr gepflegt. „Nobel, nobel, Leute mit Geld“, richtet sie die Worte an Klaus, der dies bejaht mit dem Einwand den falschen Beruf gewählt zu haben. Beide gehen nun an die Haustür, auf der Klingel steht der Name Seibert. Beide blicken sich zögernd an und Klaus klingelt zweimal. Nach einer kurzen Weile hört man, dass sich jemand von innen der Tür nähert. „Moment, ich komme“, so eine weibliche Stimme. Die Tür öffnet sich und eine kleinere, ältere Frau steht nun vor ihnen. Sie trägt gelbe Haushaltshandschuhe und in ihrer rechten Hand hält sie eine alte Heckenschere, die verdreckt ist. Sie befand sich kurz bevor es klingelte im Garten hinter dem Haus, obwohl es noch leicht regnet. Fragend blickt sie Klaus und Tina an, „ja bitte, was kann ich für Sie tun?“ Klaus greift in seine Innentasche der Jacke und nimmt seinen Ausweis hervor den er der Frau zeigt. „Wir sind von der Polizei Merzig, kennen Sie einen Stefan Seibert?“ Die Frau öffnet nun etwas weiter die Tür und bejaht dies, sie ist die Mutter. Nervös fragt sie nach, was los wäre. Um was es sich genau handelt, ob was passiert sei. Klaus hält inne und Tina beginnt das Gespräch: „wir fanden Stefan im Wald in der Nähe von Merzig. Keine Angst, er lebt, liegt aber im Krankenhaus und ist nicht ansprechbar. Er ist aber nicht verletzt, steht wohl unter Schock“, die Mutter unterbricht. „Unter Schock? Wo sind Sebastian und Sandra? Sie haben ihn gestern Abend abgeholt.“ Klaus hakt nach: „Sebastian und Sandra? Sind das seine Freunde?“ Die Mutter nickt ihnen zu. „Ja das sind seine besten Freunde, gestern Nachmittag holten sie ihn hier ab. Sie wollten das Wochenende zusammen verbringen, wissen Sie, das machen die oft und ich machte mir keine Sorgen.“ Tina notiert sich alles auf einem kleinen Notizblock. „Haben Sie vielleicht auch die Nachnamen und die Adressen der beiden?“ fragt sie nach. Die Mutter zögert kurz und bejaht dies. „Ich will zu Stefan, in welchem Krankenhaus liegt er?“ Klaus beantwortet die Frage und versucht nochmals beruhigend auf sie einzuwirken.
Nach einer kurzen Befragung verabschieden sie sich von Frau Seibert und gehen zurück zum Wagen. Frau Seibert gab ihnen jeweils die Handynummern von Sebastian und Sandra. Tina nimmt ihr Smartphone hervor und beginnt die Nummern zu wählen. „Die Mailbox, ich versuche es mal bei dieser Sandra.“ Auch bei Sandra geht direkt die Mailbox dran, mit den Nummern kommen sie nicht weiter. Klaus überlegt kurz und beschließt auch deren Adressen aufzusuchen. „Vielleicht kann man ja die Handys orten“, schlägt Tina vor. Klaus ist einverstanden, möchte jedoch vorher noch die Adressen aufsuchen, an denen Sebastian und Sandra wohnhaft sind. „Ok, zuerst fahren wir zu Sebastian, er wohnt in der Schützenstraße, das ist unterhalb von Sulzbach,“ gibt Klaus an Tina weiter die auf ihrem Smartphone die Adresse eingibt. „Brauchst du da echt jetzt ein Navi“, fragt Klaus nach. Tina grinst und beantwortet die Frage: „Ich habe keinen Orientierungssinn, dass weißt du doch, bin halt eine Frau“, Klaus lächelt und schüttelt den Kopf. „Soll ich besser fahren“, fragt er spöttisch. Tina verneint dies und startet den Motor.
Lautes Hundegebelle, der Regen strömt in Massen, als ob die Wolken riesige Löcher hätten und ein Donner schallt durch den Wald. Die Hundestaffel sucht nach weiteren Spuren, findet aber nichts. Mehrere Polizisten befinden sich mit Taschenlampen im Tunnel der wie ein riesiges schwarzes Loch aus der Felswand ragt. Weitere Verstärkung rückt an, um das umliegende Gelände weiter zu untersuchen, die Spurensicherung geht in den Tunnel mit einem leichten Zögern, denn der Eingang wirkt sehr unheimlich auf die Männer und Frauen. Auch am anderen Ende des Tunnels befindet sich die Polizei, die von der Seite hineingeht, sie würden sich dann in der Mitte treffen. Der Weg im Tunnel ist sehr schwierig und die Taschenlampen spenden nur wenig Licht. Der Schotter, auf dem vor sehr langer Zeit das Gleisbett angelegt war, ist sehr unbequem. Aber dennoch ist es wichtig diesen Tunnel genau zu untersuchen, denn Stefan wurde immerhin in der Gegend von zwei Wanderern aufgefunden und es könnte gut sein, dass sie auch diesen Tunnel aufgesucht hatten. Das Telefon klingelt, ein Polizist greift in seine Tasche und nimmt ab, bevor er in den Tunnel geht. „Hans, was gefunden,“ so der Anrufer. „Klaus, ich habe doch gesagt, dass ich mich melde, sobald es was gibt. Wir suchen jetzt im Tunnel, die Spurensicherung ist auch da und ich habe extra noch die Hundestaffel kommen lassen. Bis jetzt keine Spuren, rein gar nichts, es ist wie verhext. Ich melde mich“, danach legt der Polizist einfach auf, ohne abzuwarten wie Klaus darauf reagiert. Er steckt sein Smartphone wieder in die Hosentasche, nimmt seine Taschenlampe und geht langsam in den dunklen Tunnel hinein. Schon nach wenigen Metern würde man ohne Taschenlampe nicht einmal die eigene Hand vor Augen sehen, so finster ist es. Da der Tunnel auch noch eine Biegung hat, kann man das andere Ende nicht sehen, man blickt immer in die Dunkelheit. In der Ferne hört man jedoch die anderen Polizisten und draußen das Gebelle der Hunde, die immer noch nach Spuren suchen. Außer der Tunnelwände und dem Schotter ist mit der Taschenlampe nichts zu erkennen. Plötzlich flackert kurz das Licht. Hans schlägt mit seiner linken Hand auf die Taschenlampe, nochmal flackern, dann geht sie aus. Er dreht sich um und in der Ferne erkennt er einen kleinen hellen Punkt, der Eingang, durch den er gekommen ist und vor ihm nur Finsternis. „Wo seid ihr alle“, ruft er in die Dunkelheit. Keine Antwort, aber aus der Ferne vor ihm hört man klar und deutlich die anderen Polizisten sprechen, aber eher wie ein Flüstern, sie scheinen sehr weit entfernt zu sein. Plötzlich erstarrt Hans, er bleibt stehen und konzentriert sich auf ein Geräusch, das es eigentlich hier nicht geben kann, er glaubt das Pfeifen eines Zuges zu hören, dass jedoch unmöglich ist. Nochmal das Pfeifen, dass jedoch kaum zu hören ist, es ist sehr leise und kommt definitiv von einem Zug. Hans geht nun einen Schritt schneller und plötzlich geht seine Taschenlampe wieder an und vor ihm steht ein anderer Polizist, der von dem Strahl der Taschenlampe geblendet wird. „Haben Sie das auch gehört?“ fragt Hans den Polizisten dessen Taschenlampe nun auch wieder angeht. Verwundert antwortet er: „Was gehört? Ich habe nur Sie gehört und wollte helfen, da auch meine Taschenlampe kurz ausging, aber gehört habe ich nichts. Wir sollten zusammenbleiben und weitergehen.“ Hans nickt ihm zu und beide gehen nun nebeneinanderher mit ihren Taschenlampen, die den Boden nach Spuren absuchen. Dabei überlegt er kurz, ob vielleicht das Pfeifen von einer anderen Bahnstrecke stammen könnte? Seine Anspannung lockert sich und er folgt nun dem Polizisten.
„Der legte einfach auf“, so Klaus zu Tina die den Wagen anhält und ihm mitteilt, dass sie an der angegebenen Adresse in der Schützenstraße sind. Er steckt sein Handy wieder in die Jackentasche und steigt aus dem Wagen, auch Tina steigt aus und beide gehen vor die Tür. An der Tür befinden sich drei Namensschilder und sie klingeln bei Scholtes, so der Nachname von Sebastian. Doch niemand öffnet, niemand scheint zu Hause zu sein. Tina klingelt noch einmal.
„Er ist nicht zu Hause“, so eine ältere Stimme, die oberhalb aus einem Fenster kommt. Klaus blickt nach oben und erkennt einen älteren Mann, der aus dem Fenster des Nachbarhauses schaut. „Meinen Sie Herr Scholtes?“ fragt Tina nach. Der ältere Mann bejaht dies. „Der ist nicht nach Hause gekommen, dieser komische Kerl.“ Klaus ist verwundert und fragt, warum er das so genau wisse. „Ich weiß alles von meiner Nachbarschaft, will ja wissen wer die sind.“ „Wissen Sie, ob Herr Scholtes mit jemandem zusammenlebt?“ so erneut Tina die davon ausgeht, dass dieser Mann so einiges erzählen kann. „Der lebt allein, ein komischer Eigenbrötler. Jedes Mal stellt er seinen gelben Sack zu früh vor die Tür und ich muss ihn daran erinnern, wann diese abgeholt werden. Er trennt auch nicht richtig den Müll, das zieht Ratten an wissen Sie“, Tina lächelt und erwidert: „Wir sind nicht von der Müllabfuhr und holen auch keine gelben Säcke ab“, Klaus unterbricht sie: „Siehst du nicht, der Mann ist etwas senil, der hat wohl sonst nichts zu tun.“
Plötzlich öffnet sich die Haustür und eine Frau mittleren Alters steht vor ihnen. „Darf ich fragen wer Sie sind und was Sie hier wollen“, in einem barschen Ton an Klaus und Tina gerichtet. „Wir sind von der Polizei Merzig und suchen den Herrn Scholtes. Wissen Sie wann er das letzte Mal zu Hause gewesen ist“, so Klaus zu der Frau und hält ihr dabei seinen Dienstausweis unter die Nase. Der Mann am Fenster lehnt sich nun richtig hinaus, um etwas von dem Gespräch mitzubekommen. „Herr Scholtes war gestern Morgen das letzte Mal da, ich bin Frau Krauth, seine Vermieterin. Ist er in Schwierigkeiten? Er zahlt immer pünktlich seine Miete.“ Klaus unterbricht Frau Krauth die wohl eher an der nächsten Miete interessiert zu sein scheint als am Wohlergehen ihres Mieters. „Er wird in Moment nur vermisst, mehr nicht. Haben Sie vielleicht einen zweiten Schlüssel der Wohnung, damit wir sie uns mal ansehen können“, bittet er die doch etwas ungehaltene Frau Krauth. Mit einem herabwürdigen Blick bittet sie Tina und Klaus hinein. Der Mann am Fenster bleibt weiterhin am Fenster in der Hoffnung doch noch etwas mitzubekommen.
„Bist du sicher, dass wir in die Wohnung sollen“, so Tina zu ihrem Kollegen, der dies mit der Begründung bejaht, dass eventuell Gefahr droht, und das reicht ihm als wichtiger Grund die Wohnung zu betreten. Frau Krauth schließt auf und als sie gerade in die Wohnung eintreten will, wird sie von Klaus zurückgehalten mit der Bitte vor der Tür auf sie zu warten. „Ich muss ebenfalls da rein, immerhin ist es mein Mieter. Wenn nachher was fehlt, dann war ich es auf einmal“, Tina schaut sie nun beherrscht an und erwidert: „Wir sind von der Polizei, ich bitte Sie. Sie werden da warten, die Tür kann von mir aus aufbleiben, aber Sie warten hier, verstanden?“ Offenbar ist es Frau Krauth nicht gewohnt, dass man so mit ihr spricht, sie scheint ein sehr dominantes Verhalten an den Tag zu legen, aber sie gehorcht und bleibt am Eingang der Wohnung stehen, lehnt sich mit dem Rücken an den Türrahmen und beobachten Klaus und Tina, wie sie langsam in die Wohnung eintreten und sich umsehen.
Es ist eine sehr ordentliche Wohnung, aufgeräumt. Nicht einmal Staub fällt den Beiden auf, Sebastian ist wohl ein sehr reinlicher Mensch. Sie stehen direkt im Wohnzimmer, nur ein kleiner Raum mit einer Kommode trennt diesen von der Eingangstür. Im Wohnzimmer steht ein kleiner hellbrauner Tisch mit zwei Stühlen in der gleichen Farbe. Dahinter kommt eine kleine Couch, gerade mal Platz für 2 Personen. Ungefähr 2 Meter vor der Couch entfernt befindet sich eine weiße Anbauwand, mit dem schwarzen Flachbildfernseher und einer Spielkonsole an der Seite. Selbst auf den Geräten befindet sich kein Staub. Tina geht einen kleinen Flur entlang, öffnet die Tür zum Badezimmer das sie ebenfalls sehr ordentlich und gereinigt vorfindet. Danach geht sie ins Schlafzimmer, in dem sich ein großes Boxspringbett befindet, genug Platz für 2 Personen, doch nichts in der Wohnung deutet darauf hin, dass Sebastian mit einer anderen Person zusammenlebt. „Hast du was gefunden“, fragt Klaus und Tina schüttelt daraufhin den Kopf. Die ganze Wohnung macht einen sehr ordentlichen Eindruck, dieser Sebastian scheint ein sehr reinlicher Mensch zu sein. „Frau Krauth, wissen Sie zufällig was Herr Scholtes beruflich macht“, fragt Tina nach. Frau Krauth steht immer noch angelehnt am Türrahmen der Haustür und antwortet: „Er arbeitet bei Elektro Meyer in Heusweiler, schon seit mindestens 5 Jahren. Denken Sie etwa, ich lasse einfach fremde Leute in meine Wohnung einziehen, ohne mich vorher zu erkundigen? Ich habe auch eine Anfrage beim Schuldenregister gestellt, er hat nicht einmal Schulden, ausgenommen die Raten für sein Fahrzeug, ein schwarzer Toyota Prius“ gibt sie zur Antwort. Vor der Haustür steht jedoch dieses benannte Fahrzeug nicht. „Tina, ruf auf der Zulassungsstelle an, wir brauchen die Autonummer“, Klaus wird von Frau Krauth unterbrochen, „SB-JO-1701, ich bin über alles informiert.“ Diesmal ist jedoch Klaus von dieser Unterbrechung etwas erfreut, sie haben nun die Autonummer, wissen um welches Fahrzeug es sich handelt und können nun eine Fahndung ausgeben. Klaus verschwindet im Badezimmer, mit seinem Handy in der Hand und telefoniert, während Tina sich noch kurz mit Frau Krauth unterhält. Sie bekommt nur wenig Informationen über Sebastian, bekam selten Besuch, lebte zurückgezogen und ging jeden Morgen zur Arbeit, mehr Informationen bekommt sie nicht, denn auch Frau Krauth, die wohl alles weiß, hat keine weiteren nennenswerten Informationen. „Ich habe den Wagen zur Fahndung ausgegeben und Hans angerufen, sollen sich mal umsehen, ob sich in der Nähe das Fahrzeug befindet“ so Klaus zu seiner Kollegin, die mittlerweile einen genervten Eindruck im Gesicht zeigt, genervt von Frau Krauth.
Tina nähert sich dem Fernseher und erkennt ihr unbekannte Modelle, die sich oberhalb des Fernsehers auf einem Regal befinden. „Was sind das für Modelle?“, fragt sie neugierig Klaus, der sich daraufhin umdreht und sich diese ebenfalls anschaut. „Tina, das sind Raumschiffe aus Star Trek, jetzt sag nicht, du kennst Star Trek nicht?“ Tina lächelt kurz und erwidert: „Ich stehe nicht so auf Darth Vader und Lichtschwerter, ist für mich alles etwas unrealistisch.“ Klaus schaut sie verwundert an, lacht kurz, schüttelt den Kopf und antwortet: „Du redest von Star Wars, nicht Star Trek, da gibt es Unterschiede. Star Trek ist auch nicht unrealistisch, nur weil es in der Zukunft spielt. Ganz im Gegenteil, vieles aus Star Trek gibt es heute, dank Star Trek. Zum Beispiel Flachbildfernseher, die ersten Handys, Tablet und vieles mehr.“ Tina schmunzelt, wirkt uninteressiert und nur ein kleines: „Wenn Du das sagst“ gibt sie als Antwort. Klaus bemerkt ihr Desinteresse und beendet das Gespräch.
Beide verabschieden sich von Frau Krauth und gehen hinaus zu ihrem Wagen, geben ihr jedoch vorher noch eine Visitenkarte von sich mit der Bitte sich bei ihnen zu melden, wenn sie was hören sollte. Kaum am Wagen angekommen: „Na, was rausgefunden“, so der Mann am Fenster, der neugierig auf die zwei Beamten blickt. Tina ergreift vor Klaus das Wort, der gerade darauf antworten wollte: „Entschuldigen Sie, aber das ist eine polizeiliche Angelegenheit und geht Sie daher nichts an.“ Der Mann am Fenster winkt ab und geht in seine Wohnung, schließt hinter sich lautstark das Fenster. „So muss man mit solchen Leuten umgehen Klaus, anders bringt das nix“, und beide steigen wieder in ihr Dienstfahrzeug.
2. Das Versteck
Winter 1944