Das wahre Evangelium der Familie - Juan-José Pérez-Soba - E-Book

Das wahre Evangelium der Familie E-Book

Juan-José Pérez-Soba

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Beschreibung

Kardinal Kasper hat international Aufsehen erregt, als er im Februar 2014 in seiner Rede vor dem Konsistorium in Rom vorschlug, die wiederverheirateten Geschiedenen nach einer Bußzeit zur Kommunion zuzulassen. Die beiden Autoren analysieren Kardinal Kaspers Vorschlag und begründen, in welchen Punkten seine Argumente einer Überprüfung nicht standhalten. Noch mehr aber geht es darum, einen positiven Beitrag zu leisten und eine alternative Weise aufzuzeigen, wie man einen von Barmherzigkeit geleiteten pastoralen Ansatz verstehen kann. Hierbei orientieren sie sich an der Lehre und am Zeugnis Johannes Pauls II., den Papst Franziskus der ganzen Kirche als "Papst der Familie" vorgestellt hat.

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Juan José Pérez-SobaStephan Kampowski

Das wahre Evangelium der Familie

Juan José Pérez-Soba Stephan Kampowski

Das wahre Evangelium der Familie

Die Unauflöslichkeit der Ehe: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit

Mit einem Vorwort von George Kardinal Pell

Bibliografische Information: Deutsche Nationalbibliothek. Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Das Buch ist auch auf Englisch, Spanisch und Italienisch erschienen.

DAS WAHRE EVANGELIUM DER FAMILIE

Die Unauflöslichkeit der Ehe: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit

Juan José Pérez-Soba, Stephan Kampowski

© Media Maria Verlag, Illertissen 2014

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-9816344-5-7

www.media-maria.de

Inhalt

Vorwort von George Kardinal Pell

Einleitung

1. Kapitel

Das Evangelium der Familie in einer sexualisierten Kultur verkünden

1.1. Die Schönheit des Evangeliums der Familie: Liebe und menschliche Sexualität

1.2. Ist Enthaltsamkeit vorstellbar? Familiaris consortio und Sacramentum caritatis über die zivil wiederverheirateten Geschiedenen

1.3. Die Familie und die Evangelisierung einer Kultur

1.4. Verantwortung, Furcht und Hoffnung im Vorfeld der Synode

2. Kapitel

Die Wahrheit des Ehesakraments: Barmherzigkeit und Treue begegnen sich

2.1. Ein Ort der Offenbarung Gottes

2.2. Ihre Leuchtkraft in der Geschichte einer bräutlichen Liebe

2.3. Sünde und Hartherzigkeit

2.4. Barmherzigkeit und Gerechtigkeit

2.5. Ein unauflösliches Sakrament des Neuen Bundes innerhalb der göttlichen Heilsökonomie

2.6. Die Bedeutung des Ehesakramentes für das kirchliche Leben

2.7. Die Gabe der Unauflöslichkeit als Lebensquelle

2.8. Ein kirchliches Verständnis

3. Kapitel

Die Erfahrung der Frühkirche: Treue zum Evangelium der Familie

3.1. Eine konstruktive und kirchliche Sichtweise

3.2. Ein Irrtum Kaspers

3.3. Die angeführten Texte

3.3.1. Der Kanon 8 des Konzils von Nicäa

3.3.2. Origenes’ Kommentar zur Ehebruchsklausel bei Matthäus

3.3.3. Der Kanon des hl. Basilius

3.3.4. Die Erwähnung von Gregor von Nazianz

3.3.5. Die mögliche Ausnahme bei Augustinus

4. Kapitel

Ein in der Zeit geschenktes Leben: zur Erneuerung des moralischen Subjekts

4.1. Die Fähigkeit, Versprechen zu geben und zu halten

4.2. Das Problem der ungültigen Ehen

4.3. Der Mensch in der Moderne: durch die Scheidung heimatlos geworden

4.4. Sein Leben binden in einer Perspektive der Fruchtbarkeit

4.5. Der Weg der Reue

5. Kapitel

Eine Pastoral der Barmherzigkeit: die Wahrheit in Liebe leben

5.1. Eine Pastoral der Barmherzigkeit

5.2. Leben zeugen: die Wahrheit einer Liebe

5.3. Die Wahrheit des pastoralen Handelns als Evangelisierung im Kontrast zu falschen pastoralen Lösungen

5.4. Die legalistische Sichtweise der Suche nach Ausnahmen

5.5. Eine eigenartige Argumentationsweise

5.6. Der Vorrang der Epikie: noch immer eine legalistische Sichtweise

5.7. Eine Pastoral des barmherzigen Samariters: im Angesicht des Leidens Wunden heilen

5.8. Der Mangel an Vorbereitung

5.9. Die Hoffnung auf eine Liebe, die nicht enttäuscht Eine Schlussbemerkung

Schluss: Ein Evangelium, viel mehr als ein Problem

Anhang

Dreißig Schlüsselfragen für die Bischofssynoden über die Familie

Anmerkungen

Vorwort

Dieses Buch ist aus vielen Gründen wichtig. Eine höfliche, sachkundige und gründliche Debatte ist besonders in den kommenden Monaten notwendig, um die christliche und katholische Tradition der monogamen, unauflöslichen Ehe zu verteidigen. Hierbei ist es wichtig, sich auf die zentralen Elemente der Herausforderungen zu konzentrieren, vor denen Ehe und Familie stehen, anstatt sich von einer ebenso kontraproduktiven wie nutzlosen Suche nach kurzfristigen Tröstungen ablenken zu lassen.

Die Gesundheit einer Organisation kann daran gemessen werden, wie viel Zeit und Energie für die Diskussion verschiedener Themen aufgebracht werden. Gesunde Gemeinschaften verwenden nicht die meiste ihrer Energie für nebensächliche Themen, und die Zahl der geschiedenen und wiederverheirateten Katholiken, die meinen, dass es ihnen erlaubt sein sollte, die Kommunion zu empfangen, ist leider in der Tat sehr gering.

Das Drängen auf diese Veränderung ist hauptsächlich auf einige europäische Teilkirchen konzentriert, wo der Kirchenbesuch niedrig ist und eine wachsende Zahl Geschiedener sich entscheidet, nicht erneut zu heiraten. Das Thema wird von Freund und Feind der katholischen Tradition als Symbol gesehen: ein Siegespreis im Kampf zwischen dem, was vom Christentum in Europa übrig ist, und einem aggressiven Neuheidentum. Jeder Gegner des Christentums will, dass die Kirche in Bezug auf dieses Thema kapituliert.

In dieser Diskussion berufen sich beide Seiten auf christliche Kriterien und jeder ist bestürzt über das Maß an Leid, das ein Zerbrechen der Ehe beim Paar und den Kindern verursacht. Welche Hilfe kann und soll die katholische Kirche hier anbieten?

Einige sehen die Hauptaufgabe der Kirche darin, Rettungsboote für diejenigen zur Verfügung zu stellen, die durch die Scheidung Schiffbruch erlitten haben. Und Rettungsboote sollten für alle da sein, insbesondere für die auf tragische Weise unschuldig Beteiligten. Aber welche Richtung sollten die Rettungsboote einschlagen? In Richtung Felsen oder Sumpfgebiet oder in einen sicheren Hafen, der nur unter Schwierigkeiten erreicht werden kann? Andere sehen eine noch wichtigere Aufgabe für die Kirche darin, Führung und gute Seekarten anzubieten, um die Zahl derer zu verringern, die Schiffbruch erleiden. Beide Aufgaben sind notwendig, aber wie werden sie am besten erfüllt?

Das christliche Verständnis von Barmherzigkeit ist ein zentraler Punkt, wenn wir über Ehe und Sexualität, Vergebung und heilige Kommunion sprechen, und so werden im vorliegenden hervorragenden Buch die wesentlichen Zusammenhänge von Barmherzigkeit und Treue, von Wahrheit und Gnade in der Lehre des Evangeliums klar und überzeugend dargelegt.

Barmherzigkeit unterscheidet sich von den meisten Formen der Toleranz, die einer der lobenswerteren Aspekte unserer pluralistischen Gesellschaften ist. Einige Formen der Toleranz definieren Sünde als nicht existent, aber Erwachsenenfreiheiten und unvermeidliche Differenzen müssen nicht auf einen kompromisslosen Relativismus gegründet sein.

Die Unauflöslichkeit der Ehe ist eine der bedeutsamen Wahrheiten der göttlichen Offenbarung. Es ist kein Zufall, dass Monogamie und Monotheismus in der jüdisch-christlichen Tradition zusammengehen. Lebenslange Ehe ist nicht einfach eine Last, sondern sie ist ein Schatz, eine Leben schenkende Institution. Wenn Gesellschaften diese Schönheit und Gutheit erkennen, dann schützen sie sie in der Regel mit wirksamen disziplinarischen Maßnahmen. Sie verstehen, dass Lehre und pastorale Praxis nicht im Widerspruch zueinander stehen können und dass man nicht die Unauflöslichkeit der Ehe aufrechterhalten und zugleich den „Wiederverheirateten” den Empfang der Kommunion erlauben kann. Zweifellos ist es ein Opfer für Gläubige, anzuerkennen, dass sie nicht voll an der Eucharistie teilnehmen können: eine unvollkommene, aber reale Form der opfernden Liebe.

Das Christentum und besonders der Katholizismus stellt eine einzige historische Realität dar, in der die apostolische Tradition des Glaubens und der Sitten, des Gebets und der Liturgie aufrechterhalten wird. Die Lehre Christi ist unser Eckstein.

Interessanterweise folgt die harte Lehre Jesu - „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen” (Mt 19,6) - kurz nachdem er gegenüber Petrus nachdrücklich die Notwendigkeit der Vergebung betont hat (vgl. Mt 18,21-35).

Es ist wahr, dass Jesus die vom Tod durch Steinigung bedrohte Ehebrecherin nicht verurteilt hat. Aber er hat ihr auch nicht gesagt, dass sie ihre gute Arbeit fortsetzen und unverändert weitermachen soll. Er sagte ihr, dass sie nicht mehr sündigen solle (vgl. Joh 8,1-11).

Eine unüberwindliche Hürde für die Befürworter einer in Lehre und Pastoral vorzunehmenden Neuregelung in Bezug auf den Kommunionempfang ist die beinahe vollkommene Einstimmigkeit von 2000 Jahren katholischer Geschichte in diesem Punkt. Es ist wahr, dass die Orthodoxen eine seit Langem bestehende, aber andere Tradition haben, die ihnen ursprünglich von ihren byzantinischen Kaisern aufgezwungen wurde. Aber dies ist nie katholische Praxis gewesen.

Man könnte vorbringen, dass die Bußdisziplin in den ersten Jahrhunderten vor dem Konzil von Nicäa zu unerbittlich war, als man darüber diskutierte, ob des Mordes, des Ehebruchs oder des Glaubensabfalls Schuldige mit ihrer örtlichen Gemeinde durch die Kirche nur einmal versöhnt werden könnten oder überhaupt nicht. Man hat immer anerkannt, dass Gott vergeben kann, auch wenn die Möglichkeit der Kirche, Sünder wieder in die Gemeinschaft einzugliedern, beschränkt war.

Solch eine Strenge war die Regel in einer Zeit, als sich die Kirche trotz Verfolgung zahlenmäßig vergrößerte. Das kann man genauso wenig ignorieren wie die Lehren des Konzils von Trient oder die des heiligen Johannes Pauls II. oder Papst Benedikts XVI. über die Ehe. Waren die Verfügungen im Anschluss an die Scheidung von Heinrich VIII. vollkommen überflüssig?

Die vorliegende Arbeit enthält einige tiefgründige Analysen der kulturellen Ursachen für das Auseinanderbrechen der Familien in der heutigen pansexualistischen Kultur. Es ist ein gutes Argument, dass eine korrekte Diagnose bei einer Epidemie wichtiger denn je ist!

An einer Stelle wird gesagt, dass Scheidung die wichtigste gesellschaftliche Revolution der Neuzeit sei, und zweifellos spiegelt die Krise der Ehe die Krise des Glaubens und der religiösen Praxis. Aber was war zuerst da: die Henne oder das Ei?

Neben der altbekannten Ahnung, dass ein geschwächter Glaube weniger Kinder bedeutet, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die Entscheidung, keine oder nur ganz wenige Kinder zu haben, oft ein beträchtliches Schwächerwerden des Glaubens zur Folge hat. Die Einflüsse gehen in beide Richtungen.

Gegenwärtig befinden wir uns in einer ziemlich neuen Situation - ohne Vergleichbares seit den Tagen des Zweiten Vatikanischen Konzils -, in der eine wachsende Bandbreite von moralischen Alternativen in aller Öffentlichkeit ausgelotet wird, und das sogar von Geistlichen. Das bringt insofern einen Nutzen mit sich, als eine wachsende Zahl vorher Desinteressierter beginnt, über christliche Thesen zu diskutieren. Allerdings führt dies unausweichlich auch zu Verletzungen und Verwundungen.

Wer der Überlieferung treu ist, so wie die Autoren dieses Buches, der sollte gelobt werden, wenn er seine Sache ruhig und liebevoll darlegt. Wir haben immer noch die besten Melodien.

Wir müssen jetzt auch aktiv werden, um eine Wiederholung des Nachspiels von Humanae vitae im Jahr 1968 zu vermeiden. Wir sollten uns klar und deutlich ausdrücken, denn je früher die Verwundeten, die Lauwarmen und die Fernstehenden merken, dass wesentliche Änderungen in Lehre und Pastoral unmöglich sind, in desto größerem Umfang wird die feindselige Enttäuschung (die der Bekräftigung der Lehre unweigerlich folgen wird) vorweggenommen und zerstreut werden.

George Kardinal Pell

Erzbischof emeritus von Melbourne und Sydney Präfekt des Wirtschaftssekretariats

Einleitung

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.”1 So sieht die Kirche die ihr von Gott übertragene Sendung, die sie in der Welt verwirklichen muss. Und gerade in der Aufgabe der Neuevangelisierung hat die kirchliche Gemeinschaft mit erneuter Deutlichkeit verstanden, dass die christliche Familie ein unersetzliches christliches Zeugnis ist kraft der tiefen Wirklichkeit, die sie enthält.

Wir können die Aufmerksamkeit, die das Konzil der pastoralen Sorge für die Familie gewidmet hat, im jetzigen Abstand von fünfzig Jahren nur prophetisch nennen. In der Zwischenzeit ist immer deutlicher geworden, dass es sich dabei nicht einfach um eine menschliche Frage handelt, sondern dass die Familie ein wesentlicher Teil der göttlichen Offenbarung ist, gerade weil sie in der Liebe verwurzelt und auf sie ausgerichtet ist. Ihr wahres Verständnis ist keine ideologische Frage, sondern entwickelt sich in der tiefsten Aktualität des Lebens jeder Familie inmitten einer spezifischen Zeitlichkeit.

Das Hohelied der Liebe ist ein leuchtendes Beispiel dieser Offenbarung, wenn die Geliebte ausruft: „Der Geliebte ist mein, und ich bin sein” (Hld 2,16) - Worte, die der höchste Ausdruck der monogamen und treuen Ehe sind. Das ist die Antwort auf eine Berufung zur Liebe, die im Hören auf den Ruf des Bräutigams ihren Ursprung hat (vgl. Hld 2,8). Benedikt XVI. fasst es so zusammen: „Zu den Aufstiegen der Liebe und ihren inneren Reinigungen gehört es, dass Liebe nun Endgültigkeit will, und zwar in doppeltem Sinn: im Sinn der Ausschließlichkeit -,nur dieser eine Mensch’ - und im Sinn des ‟Für-immer’”2

Wir können die Initiative einer Synode zum Thema: „Die pastoralen Herausforderungen für die Familie im Kontext der Evangelisierung”, die von Papst Franziskus einberufen wurde, nur begrüßen und mit großem Interesse daran Anteil nehmen. Und wir stimmen auch dem Titel, den Kardinal Kasper seiner am 20. Februar 2014 vor dem Konsistorium gehaltenen Rede gegeben hat, vollkommen zu: „Das Evangelium von der Familie.” Dieses Evangelium existiert, und es ist Licht für die Kirche und für die Menschen.

Papst Franziskus betont, dass es bei der Weitergabe der Frohen Botschaft wichtig ist, die Hierarchie der Wahrheiten zu berücksichtigen.3 Und die Familie als erster und unumgänglicher Ausdruck der Berufung zur Liebe gehört sicherlich zu diesem Kern von Wahrheiten. Dies ist uns heute ganz klar bewusst. Und der Mensch in seiner Ganzheitlichkeit braucht das Zeugnis, das diese Liebe in der Welt glaubwürdig macht. Diese Erkenntnis hat ihren Ursprung in einem vertieften Verständnis der Bedeutung der Offenbarung der ehelichen Liebe in der Bibel. Das unterstreicht Benedikt XVI. in Deus caritas est4, und auch Papst Franziskus greift diese Vorstellung in Lumen fidei erneut auf, wo die eheliche Liebe in tiefer Einheit mit dem Glauben in seiner Bedeutung für das Gemeinwohl5 der Gesellschaft gesehen wird. Daher können wir sagen, dass wir uns hier vor einem Angelpunkt des Glaubens befinden. Die besonderen Merkmale der ehelichen Liebe, einschließlich ihrer Unauflöslichkeit, müssen im Licht der grundlegenden Wahrheiten des Christentums gesehen werden.6

Die Ehe ist eine in die Wahrheit der Schöpfung eingeprägte Wirklichkeit, die von Gott verwendet wird, um seinen Bund mit den Menschen zu offenbaren. Endgültig geheiligt als Sakrament im Neuen Bund Christi, ist sie von einzigartigem Wert, sowohl um den Menschen als „Abbild und Gleichnis Gottes” (Gen 1,26) zu verstehen als auch um die sakramentale Bedeutung seiner Liebe und seiner Leiblichkeit zu begreifen. Dies wurde vom „Papst der Familie”7, dem heiligen Johannes Paul II., eine „angemessene Anthropologie”8 genannt, eine Anthropologie, die für die Neuevangelisierung von fundamentaler Bedeutung ist. In unserem Buch werden wir dem Hinweis von Papst Franziskus entsprechen und besonders der Lehre des neuen Heiligen folgen.

Aus dieser Lehre geht die innere Beziehung von Schöpfung, Sünde und Erlösung hervor, die die Sendung der Kirche strukturiert und folglich auch ihre Pastoral. Dem folgt Kardinal Kasper im Aufbau der Darlegung des Themas, was sich mit einem Psalmwort zusammenfassen lässt: „Es begegnen einander Barmherzigkeit und Treue” (Ps 85,11).

Barmherzigkeit und Treue sind ein so untrennbares Begriffspaar in Gott, dass es als seine wahre Offenbarung betrachtet werden kann. Die Psalmverse zeigen uns, dass es der Herr ist, der die Begegnung beider auf unserer Erde als Same des Heils ermöglicht. Die Reflexion des vorliegenden Buches wird sich hauptsächlich von dieser lichtvollen Wahrheit leiten lassen.

Ausgehend von dem Ort, an dem sich „Barmherzigkeit und Treue begegnen”, um eine Antwort auf das Thema der Synode zu geben, bedeutet deshalb, das Licht einer Wahrheit der Liebe zu finden, die es besser zu verstehen gilt. Das tun wir mit dem Ziel, zu einer offenen Diskussion beizutragen, die aus Anlass der Einberufung der Synode eröffnet worden ist; eine Diskussion, deren Fortsetzung zu begrüßen ist und die nicht aufgrund von vorgefassten Meinungen, welcher Art auch immer, abgebrochen werden sollte.

Als Bezugspunkt für das Thema dient uns das Buch von Kardinal Walter Kasper, Das Evangelium von der Familie, das wichtige Überlegungen enthält, aber unserer Meinung nach auch bezeichnende Ungenauigkeiten. Unser Beitrag soll die positiven Elemente weiterentwickeln, zu einer Klärung der mehrdeutigen Aspekte beitragen und die Gründe darlegen, warum uns einige Aussagen falsch erscheinen. Vor allem anderen aber wollen wir über Kaspers Buch hinausgehen und einfach und verständlich zeigen, inwieweit es ihm nicht gelungen ist, das Evangelium der Familie in den Mittelpunkt seiner Reflexionen zu stellen, da er sich zu sehr auf einen Punkt konzentriert hat, der sicherlich wichtig ist, der aber dann doch zu gering ist, als dass er verabsolutiert werden könnte.

Die Atmosphäre des Dialogs, zu der unser Buch anregt, hat daher etwas mit der Notwendigkeit zu tun, die Fragen in ausgewogener Weise zu vertiefen, ausgehend von den dogmatischen Fragen, die in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher Studien waren und deren Beantwortung nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann. Auch wenn wir versuchen wollen, Aspekte der Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion zu klären, werden wir uns im Gegensatz zu dem Buch, auf das wir uns beziehen, weniger stark auf diesen Gesichtspunkt konzentrieren.9

In dieser Hinsicht hat es uns überrascht, im Buch des deutschen Kardinals auf eine Reihe von Elementen zu stoßen, die einer gesunden kirchlichen Diskussion fremd sind, wie im Falle eines Ausdrucks, der sich anhört, als sollten bestimmte Meinungen zensiert werden. Es ist nicht zu verstehen, dass man in einem Text, der einen möglichst umfassenden Dialog eröffnen will, auf eine derartige Argumentationsstruktur trifft.10 Wir hoffen, dass der Kardinal die Tragweite seiner Worte abschwächen möge, damit sich jeder bei der kommenden Synode mit großer Freiheit äußern kann.

All dies veranlasst uns, in den zu behandelnden Fragen vor allem das ins Licht zu rücken, was im Buch Kaspers nicht aufscheint, was aber im Hinblick auf die Synode einen offeneren und fruchtbareren Dialog bewirken könnte, ohne uns auf eine einzige Fragestellung zu begrenzen.

Wir werden also mit dem Aspekt der kulturellen Herausforderung als Schlüssel zum Verständnis für die Rolle der Familie im Dialog zwischen Kirche und Welt beginnen: Es handelt sich dabei um einen Dreh- und Angelpunkt, um viele Missverständnisse und ein unzureichendes Verständnis des Evangeliums der Familie zu vermeiden. Anschließend werden wir die Zentralität der Familie in der christlichen Verkündigung behandeln unter der Perspektive eines Gottes, der sich als Barmherzigkeit offenbart. Diesen Ansate werden wir im dritten Kapitel durch die Diskussion einiger patristischer Texte ergänzen, die uns verstehen lassen, wie die frühe Kirche die Frage erlebt hat. Fortfahren werden wir dann mit einer Analyse unter dem aktuellen moralischen Gesichtspunkt, indem wir die Strukturierung des moralischen Subjekts durch seine Handlungen betrachten. Abschließend wollen wir eine mögliche, den Herausforderungen unserer Zeit „angemessene Pastoral” umreißen.11

Wir hoffen, dass die einfache Formulierung der Themen und deren Abfolge den Leser in die Perspektive einer Logik der Liebe einführen möge, von der das gesamte Handeln der Kirche geprägt sein muss.

1. Kapitel

Das Evangelium der Familie in einer sexualisierten Kultur verkünden

1.1. Die Schönheit des Evangeliums der Familie: Liebe und menschliche Sexualität

„Wir dürfen die Diskussion [des Evangeliums von der Familie] nicht beschränken auf die Situation der wiederverheiratet Geschiedenen und viele andere, in diesem Zusammenhang nicht genannte schwierige pastorale Situationen. Wir müssen positiv ansetzen und das Evangelium von der Familie in seiner ganzen Schönheit wiederentdecken und verkünden. Die Wahrheit überzeugt durch ihre Schönheit.”1 Diese Worte von Walter Kardinal Kasper haben eine tiefe Bedeutung und stehen in vollkommenem Einklang mit dem Wunsch von Papst Franziskus im Außerordentlichen Konsistorium, an das sich auch der Kardinal wandte: nämlich zu vermeiden, „in eine ˏKasuistik’ zu fallen”, sondern vielmehr „zu erkennen, wie schön, wahr und gut es ist, eine Familie zu bilden, heute eine Familie zu sein; wie unentbehrlich es für das Leben der Welt, für die Zukunft der Menschheit ist”2. Im vorliegenden Kapitel wollen wir versuchen, diesen Ansate zu verfolgen, und untersuchen, wo diese faszinierende und überzeugende Schönheit des Evangeliums der Familie gefunden werden kann. Wir werden ebenso die Hindernisse in Augenschein nehmen, auf die die Verkündigung dieser Frohbotschaft im heutigen kulturellen Kontext trifft, und werden mögliche Wege in Betracht ziehen, wie diese Hindernisse anzugehen und zu überwinden sind.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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