Data Governance - Peter Gluchowski - E-Book

Data Governance E-Book

Peter Gluchowski

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Beschreibung

Know-how für eine erfolgreiche Data Governance

  • umfassendes, anwendungsbezogenes Handbuch
  • den Fokus nicht nur auf fachliche und technische, sondern auch organisatorische Aspekte legen
  • mit vielen Fallbeispielen, die Inhalte und Umsetzung, Potenziale und mögliche Fallstricke verdeutlichen

Vor dem Hintergrund zunehmender regulatorischer Anforderungen sowie wachsender Komplexität der eingesetzten IT-Landschaften erlangt das Themengebiet "Data Governance" immer größere Bedeutung in den Unternehmen.

Dieses Buch greift nach einer Einordnung und Abgrenzung des Themas die unterschiedlichen Kernaspekte der Data Governance umfassend auf. Anschließend werden spezielle Facetten und -Toolkategorien mit hoher praktischer Relevanz präsentiert, bevor die Darstellung spezifischer Unternehmenslösungen erfolgt.

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Prof. Dr. Peter Gluchowski leitet den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Systementwicklung und Anwendungssysteme, an der Technischen Universität in Chemnitz und konzentriert sich dort mit seinen Forschungsaktivitäten auf das Themengebiet Business Intelligence & Analytics. Er beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit Fragestellungen, die den praktischen Aufbau dispositiver bzw. analytischer Systeme zur Entscheidungsunterstützung betreffen. Seine Erfahrungen aus unterschiedlichsten Praxisprojekten sind in zahlreichen Veröffentlichungen zu diesem Themenkreis dokumentiert.

Zu diesem Buch – sowie zu vielen weiteren dpunkt.büchern – können Sie auch das entsprechende E-Book im PDF-Format herunterladen. Werden Sie dazu einfach Mitglied bei dpunkt.plus+:

www.dpunkt.plus

Peter Gluchowski (Hrsg.)

Data Governance

Grundlagen, Konzepte und Anwendungen

Edition TDWI

Peter Gluchowski

[email protected]

Lektorat: Christa Preisendanz

Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg

Satz: Birgit Bäuerlein

Herstellung: Stefanie Weidner

Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de

Fachliche Beratung und Herausgabe von dpunkt.büchern in der Edition TDWI: Prof. Dr. Peter Gluchowski · [email protected]

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

Print

978-3-86490-755-5

PDF

978-3-96088-993-9

ePub

978-3-96088-994-6

mobi

978-3-96088-995-3

1. Auflage 2020

Copyright © 2020 dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

Hinweis:

Dieses Buch wurde auf PEFC-zertifiziertem Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft gedruckt. Der Umwelt zuliebe verzichten wir zusätzlich auf die Einschweißfolie.

Schreiben Sie uns:

Falls Sie Anregungen, Wünsche und Kommentare haben, lassen Sie es uns wissen: [email protected].

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die im Buch verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen sowie Markennamen und Produktbezeichnungen der jeweiligen Firmen im Allgemeinen warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen.

Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag noch Herausgeber können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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Vorwort

In Zeiten zunehmender Digitalisierung findet heute fast jedes physische Objekt der realen Welt seine digitale Entsprechung in Form von Daten. Neue Wortschöpfungen wie »Datafication« greifen um sich und machen auch vor den Unternehmen nicht halt, in denen sich die »digitale Transformation« als aktuelles Hype-Thema präsentiert. Vor diesem Hintergrund erweist es sich als kaum verwunderlich, dass den Daten eine wachsende Bedeutung zukommt. So werden Daten kaum noch als notwendiges Übel verstanden, dem es mit den Mitteln der »elektronischen Datenverarbeitung (EDV)« zu begegnen gilt, sondern vielmehr als Rohöl des 21. Jahrhunderts, das als unerlässlicher Schmierstoff die Rotation der Räder einer globalen Wirtschaft ermöglicht.

Zahlreiche Unternehmen verstehen sich bereits heute als »data driven« oder zumindest als »data centric«, wodurch der hohe Stellenwert von Daten zum Ausdruck gebracht wird. Wenn jedoch Daten als wertvolle Wirtschaftsgüter zu sehen sind, dann sollten sie auf die gleiche Weise behandelt werden wie die übrigen betrieblichen Assets. Zu beklagen ist, dass eine Übertragung der gebräuchlichen betriebswirtschaftlichen Konzepte – beispielsweise zur Wertbestimmung von Wirtschaftsgütern – auf die Daten derzeit noch in den Kinderschuhen steckt.

Allerdings steht der verantwortungsvolle und durchdachte Umgang mit den verfügbaren Daten weit oben auf der Agenda aller großen Organisationen. Zahlreiche Projekte zum Aufbau eines effizienten und effektiven Datenmanagements wurden ins Leben gerufen, um die Verarbeitung von Daten gezielt zu planen und umzusetzen. Damit derartige Initiativen koordiniert erfolgen, bedarf es klarer Leitlinien und Vorgaben für die jeweiligen Aktivitäten im Datenmanagement. Unterstützung erfährt diese Forderung durch den zunehmenden Umfang regulatorischer Vorgaben sowie durch die wachsende Komplexität der eingesetzten IT-Landschaften.

Vor diesem Hintergrund erlangt das Themengebiet Data Governance immer größere Bedeutung, verbunden mit dem Ziel, verbindliche Handlungsanweisungen und Organisationsstrukturen für den Umgang mit Daten zu etablieren. Somit umfasst Data Governance alle Regelungen, Mechanismen und Werkzeuge, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten als relevant erweisen und sich dabei auf fachliche und technische sowie vor allem auf organisatorische Betrachtungsperspektiven beziehen können.

Der vorliegende Herausgeberband erörtert den vielschichtigen Themenkomplex Data Governance mit drei aufeinander aufbauenden Teilen. Der erste Hauptabschnitt widmet sich den grundlegenden Facetten der Data Governance und stellt nach einer Einführung in das Thema die zentralen Aspekte einer Data-Governance-Aufbauorganisation sowie datenbezogene Richtlinien und Konventionen dar. Mit dem danach präsentierten Reifegradmodell lassen sich unterschiedliche Entwicklungsstufen der Data Governance in Organisationen voneinander abgrenzen, um eine Einordnung im konkreten Fall zu ermöglichen. Schließlich soll mit dem Themenkreis Datenethik der verantwortungsbewusste Umgang mit Daten auch jenseits gesetzlicher Vorgaben adressiert werden.

Der zweite Hauptabschnitt des Buches greift ausgewählte Konzepte, Lösungen und Toolkategorien auf. Als Dauerthema erweist sich hier das Management der Datenqualität, das häufig eng mit dem Stammdatenmanagement verknüpft ist. Als vergleichsweise neues Toolkonzept zur Strukturierung und Visualisierung von Datenstrukturen und -verknüpfungen lässt sich der Datenkatalog verstehen. Die zunehmende Anforderung der Fachanwender, selbstständig und ohne Beschränkung mit den verfügbaren Daten zu operieren, mündet fast zwangsläufig in Self-Service-Ansätzen, die selbstverständlich einer umfangreichen Data Governance bedürfen. Der Forderung nach schneller Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Daten, um daraus Wert für eine Organisation zu generieren, kommt das DataOps-Konzept mit unterschiedlichen Methoden, Verfahren und Technologien nach. Schließlich zeigt der Abschnitt noch auf, wie sich klassische DWH- und moderne Big-Data-Architekturen sinnvoll und zielführend miteinander verknüpfen lassen.

Der dritte Hauptabschnitt des Sammelbandes wendet sich der Anwendungsseite zu und erörtert zunächst zentrale Problemfelder bei der Umsetzung von Data-Governance-Initiativen sowie mögliche Lösungsstrategien. Anschließend werden mit einem Best-Practice-Ansatz Wege zur Prüfung der Data Governance in Finanzinstituten aufgezeigt. Den regulatorischen Vorgaben wendet sich der abschließende Beitrag zu und präsentiert, wie sich risikorelevante Reporting-Anwendungen gesetzeskonform auditieren und evaluieren lassen.

Als primäre Zielgruppen für das Buch kommen betriebliche Anwender und Entscheider aus den IT-Abteilungen sowie aus den Fachbereichen, aber auch Mitarbeiter aus Beratungshäusern und Hochschulangehörige in Betracht. Insbesondere wäre wünschenswert, dass die Leser wertvolle Hinweise und hilfreiche Anregungen für die Konzeptionierung und Realisierung von Data Governance in eigenen Projekten erhalten.

Der Ansatz dieses Sammelbandes besteht darin, eine Vorstrukturierung mit abgegrenzten Teilgebieten vorzunehmen und durch ausgewiesene Fachexperten für den jeweiligen Aspekt mit Inhalt füllen zu lassen. Leider weist das Buch immer noch Teilaspekte auf, die nicht oder zu kurz behandelt werden, weil sich hier keine Fachexperten motivieren lassen konnten oder diese es nicht geschafft haben, ihre Beiträge fristgerecht fertigzustellen.

Herzlicher Dank gilt den einzelnen Autoren, die trotz voller Terminkalender und vielfältiger anderer Verpflichtungen sowie des engen Zeitrahmens ihre Aufsätze einbringen konnten. Als besonders angenehm erwies sich die Zusammenarbeit mit Christa Preisendanz und dem Team des dpunkt.verlags.

Abschließend bleibt nur übrig, den Leserinnen und Lesern des Sammelbandes eine interessante und ergiebige Lektüre zu wünschen. Für kritische oder bestätigende Anmerkungen stehe ich unter der E-Mail-Adresse

[email protected]

zur Verfügung.

Peter Gluchowski

Chemnitz, im März 2020

Inhaltsübersicht

Teil IGrundlagen

1Data Governance – Einführung und Überblick

Peter Gluchowski

2Data Governance als Wegbereiter der Digitalisierung

Carsten Dittmar · Christian Fürber

3Governance in komplexen BI-Landschaften

Michael Hahne

4Data-Governance-Reifegrad

Herbert Stauffer

5Datenethik

Anselm Schultze

Teil IIKonzepte, Lösungen und Toolkategorien

6Komponenten für zufriedenstellende Datenqualität und Stammdaten

Lars Iffert

7Der Datenkatalog: das Fundament der Data-Governance-Initiative

Wolf Erlewein · Jörg Westermayer

8Self-Service-Datenbereitstellung im Data-Science-Umfeld: der emanzipierte Anwender

Michael Zimmer

9DataOps als Basis und Treiber einer erfolgreichen Data Governance

Klaus Detemple

10Harmonisierung von Data-Warehouse- und Data-Lake-Datenarchitekturen

Frank Leisten

Teil IIIAnwendungen

11Data Governance: Problemfelder in der Umsetzung von BI-Initiativen und Lessons Learned

Daniel Eiduzzis

12Prüfung von Data Governance in Finanzinstituten – ein Good-Practice-Ansatz

Daniel Kurt · Florian Knoll

13Data Governance im Kontext von MaRisk AT 4.3.4: prototypische Umsetzung einer Audit-Anwendung zur Einschätzung des Erfüllungsgrades

Alexander Pastwa · Sarah Fahim · Guido Golla

Anhang

AAutoren

BAbkürzungen

CLiteratur

Index

Inhaltsverzeichnis

Teil IGrundlagen

1Data Governance – Einführung und Überblick

Peter Gluchowski

1.1Begriffliche Einordnung

1.2Data-Governance-Framework

1.2.1Strategie

1.2.2Aufbauorganisation

1.2.3Richtlinien, Prozesse und Standards

1.2.4Messen und Beobachten

1.2.5Technologie

1.2.6Kommunikation

1.3Fazit

2Data Governance als Wegbereiter der Digitalisierung

Carsten Dittmar · Christian Fürber

2.1Handlungsfelder der Data Governance

2.2Ziele und Mehrwert der Data Governance

2.3Typische Rollenträger der Data Governance

2.4Data Governance im Spannungsfeld zwischen Diktatur und Demokratie

2.5Integration der Data Governance in die Ablauforganisation

2.6Schritte zur erfolgreichen Einführung einer Data Governance

2.7Fazit

3Governance in komplexen BI-Landschaften

Michael Hahne

3.1Motivation

3.2Architektur

3.2.1Domänen in BI-Schichtenarchitekturen

3.2.2BI-Ökosysteme

3.3Agile Organisation

3.3.1Agile Methoden für Business Intelligence

3.3.2Agile BI-Organisationsformen

3.4Richtlinien und Dokumentation

3.4.1Entwicklungsrichtlinien und Konventionen

3.4.2Dokumentation, Glossare, Metadatenmanagement

3.4.3Datenintegration – Gestaltung und Dokumentation

3.5Fazit und Ausblick

4Data-Governance-Reifegrad

Herbert Stauffer

4.1Data Governance und Datenqualität als Topthemen

4.2GARP kurz erklärt

4.2.1Die acht GARP-Perspektiven (Principles)

4.2.2Die fünf Reifegradstufen (Level)

4.3Mapping auf das Data-Governance-Modell

4.4Praktische Erfahrungen mit GARP

4.5Stärken und Schwächen von GARP

4.6Ergänzende Instrumente

4.7Fazit

5Datenethik

Anselm Schultze

5.1Einführung und Motivation

5.2Datenethik: ein Kompass für Data Governance

5.3Moral, Verantwortung, Werte und Recht

5.4Vertrauen – das neue Öl des 21. Jahrhunderts

5.4.1Vertrauen

5.4.2Glaubwürdigkeit

5.4.3Verantwortung

5.4.4Transparenz

5.4.5Sicherheit

5.4.6Nachhaltigkeit

5.5Datenschutz als regulatorischer Rahmen

5.6Ethisches Handeln in analytischen Ökosystemen

Teil IIKonzepte, Lösungen und Toolkategorien

6Komponenten für zufriedenstellende Datenqualität und Stammdaten

Lars Iffert

6.1Motivation

6.2Die Problemlage

6.3Erfolgskomponente Organisation

6.4Erfolgskomponente Prozesse

6.5Erfolgskomponente Technologie

6.6Vorgehensweise für die Etablierung zufriedenstellender Datenqualität und Stammdaten

6.7Fazit

7Der Datenkatalog: das Fundament der Data-Governance-Initiative

Wolf Erlewein · Jörg Westermayer

7.1Einleitung

7.2Bedeutung des Datenkatalogs für die Data-Governance-Initiative

7.3Metamodell

7.4Funktionalitäten

7.5Einführungsprojekt

7.6Fachlicher Betrieb

7.7Fazit

8Self-Service-Datenbereitstellung im Data-Science-Umfeld: der emanzipierte Anwender

Michael Zimmer

8.1Einführung

8.2Data Governance und Data Science

8.3Self-Service-Angebote für Data & Analytics

8.4Self-Service vs. zentrale Datenaufbereitung

8.5Self-Service in der Praxis – Beispiele ganzheitlicher Govnernance-Konzepte

8.6Fazit

9DataOps als Basis und Treiber einer erfolgreichen Data Governance

Klaus Detemple

9.1Data Governance im Spannungsfeld von Compliance und Unternehmensstrategie

9.1.1Daten und Data Governance in einer datengetriebenen Kultur

9.1.2Eine Data Governance erhält ihren Auftrag aus der Unternehmensstrategie

9.2Data Governance: Treiber und Nutznießer von Automatisierung, Datenqualität, Metadaten und Datenkultur

9.2.1Datenqualität & Metadaten

9.2.2Prozesse & Automatisierung

9.2.3Datenkultur, Wert & Mensch

9.2.4Unternehmensweite Skalierung

9.3Data Governance und DataOps

9.3.1Einordnung DataOps

9.3.2Nutzen und Herausforderungen von DataOps

9.3.3Gründe und Gelegenheiten für den Start einer DataOps-Initiative

9.3.4DevOps und DataOps

9.3.5DataOps-Pipelines

9.4Fazit

10Harmonisierung von Data-Warehouse- und Data-Lake-Datenarchitekturen

Frank Leisten

10.1Reifegrad und Datenarchitektur

10.2Produktionsfaktor Daten

10.2.1Data Warehouse vs. Data Lake

10.2.2Anforderungen an eine harmonisierte Datenarchitektur

10.3Ansätze zur Datenarchitektur

10.3.1Sequenzielle Architektur

10.3.2Parallele Architektur

10.3.3External Data Integration/DWH Offloading

10.3.4Hybrider Ansatz

10.3.5Data Virtualization

10.4Auswahl der geeigneten Datenarchitektur

10.5Fazit Datenarchitektur-Ansatz »One fits all«

Teil IIIAnwendungen

11Data Governance: Problemfelder in der Umsetzung von BI-Initiativen und Lessons Learned

Daniel Eiduzzis

11.1Ausgangssituation

11.1.1Rückblick und Status quo

11.1.2Neue Anforderungen und Projektinitiativen

11.1.3Aufbruch zu neuen Ufern: BI-Architekturen 2.0

11.2Problemfelder

11.2.1Permanente Herausforderungen

11.2.2Fokussierung auf technische Limitierung

11.2.3Information Lifecycle Management aus BI-Sicht

11.2.4Gewachsene Komplexität der Geschäftsprozesse

11.2.5Datenschutzverordnung als Next-Level-Challenge

11.3Lösungsansätze und Lessons Learned

11.3.1Etablierung Data Governance

11.3.2Organisatorische Verankerung

11.3.3Data Governance als Werttreiber

11.3.4Technische Hilfsmittel installieren

11.3.5Agile Projektmethodik als hilfreiches Startmoment

11.4Fazit und Ausblick

12Prüfung von Data Governance in Finanzinstituten – ein Good-Practice-Ansatz

Daniel Kurt · Florian Knoll

12.1Data Governance

12.2Regulatorische Anforderungen

12.2.1BCBS 239

12.2.2Analytical Credit Datasets (AnaCredit)

12.2.3MaRisk

12.3Implikationen für Finanzinstitute

12.3.1Fachliche Anforderungen

12.3.2Organisatorische Anforderungen

12.3.3Technologische Anforderungen

12.4Schwachstellen und Herausforderungen in der Prüfungspraxis

12.5Praxisbeispiel

12.5.1Begriffsverwendung Data Governance

12.5.2Ziele der Data Governance

12.5.3Organisationsform

12.5.4Anwendungsbereich Data Governance

12.5.5Data-Governance-Vorgehensmodell

12.5.6Richtlinien

12.5.7Erfahrungen aus der Prüfung im Fachbereich Risikomanagement

12.5.8Organisation im geprüften Bereich

12.5.9Herausforderungen im Anwendungsbereich Data Governance

12.5.10Fazit der Prüfung

12.6Prüfungsansätze

12.6.1Prüfungsstandards und Frameworks

12.6.2Monothematischer Ansatz vs. ganzheitlicher Ansatz

12.7Fazit und Ausblick

13Data Governance im Kontext von MaRisk AT 4.3.4: prototypische Umsetzung einer Audit-Anwendung zur Einschätzung des Erfüllungsgrades

Alexander Pastwa · Sarah Fahim · Guido Golla

13.1Anforderungen an die Data Governance gemäß MaRisk AT 4.3.4

13.1.1Einführung

13.1.2MaRisk AT 4.3.4 im Überblick

13.1.3Abgeleitete Anforderungen aus Data-Governance-Sicht

13.2Prototypische Umsetzung

13.2.1Gesamtübersicht zu den Scoring-Ergebnissen

13.2.2Bearbeitung von Prüfgegenständen

13.2.3Ausgabe eines Gesamtberichts

13.3Fazit

Anhang

AAutoren

BAbkürzungen

CLiteratur

Index

Teil I

Grundlagen

1Data Governance – Einführung und Überblick

Peter Gluchowski

Vor dem Hintergrund zunehmender regulatorischer Anforderungen sowie wachsender Komplexität der eingesetzten IT-Landschaften erlangt das Themengebiet Data Governance immer größere Bedeutung in den Unternehmen und umfasst die Regelungen, Mechanismen und Werkzeuge, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten als relevant erweisen und sich dabei auf fachliche und technische sowie vor allem auf organisatorische Betrachtungsperspektiven beziehen können.

1.1Begriffliche Einordnung

Als vielversprechender strategischer Ansatz zur Organisation, Steuerung und Kontrolle der wachsenden Menge und Vielfalt an Daten gilt die Verankerung einer tragfähigen Data Governance in den Unternehmen. Data Governance zielt auf ein effektives Management von Daten ab, da Daten von Unternehmen als Vermögenswerte betrachtet werden sollten [Khatri & Brown 2010, S. 148; Ladley 2012, S. 11ff.].

Der Begriff Governance konnte sich sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis in zahlreichen Fachrichtungen etablieren. Doch erst Ende der 1980er-Jahre begannen Wissenschaftler und Fachleute, sich mit dem Begriff zu beschäftigen, wobei dieser zunächst vor allem dem Banken- und Finanzsektor zuzuordnen war [Benz et al. 2007]. Spätestens nach der großen Anzahl an Firmenzusammenbrüchen und -skandalen in den Vereinigten Staaten um die Jahrtausendwende hat der Begriff Governance und hier vor allem Corporate Governance in die Betriebswirtschaftslehre Einzug gehalten. Inzwischen gilt bei Investitionsentscheidungen im Rahmen von Unternehmensfinanzierungen und -beteiligungen, dass eine gute Corporate Governance genauso entscheidend ist wie etwa finanzielle Kennzahlen [Weill & Ross 2004].

Zu den Schlüssel-Vermögenswerten eines Unternehmens gehören nicht zuletzt auch Informationen und IT, weshalb es geboten ist, eine spezielle IT-Governance zu definieren, die einen Ordnungsrahmen für ein effektives Management der IT vorgibt [Weill & Ross 2004]. Wichtige Gestaltungsbereiche der IT-Governance finden sich in der Lieferfähigkeit, der Produktivität und dem Risikomanagement sowie vor allem in den Bereichen IT-Kosten und IT-Sicherheit. Inhaltlich richtet sich die IT-Governance an den Vorgaben der Corporate Governance aus und versucht, eine möglichst wirtschaftliche Gestaltung von IT-Systemen und der damit verbundenen organisatorischen Strukturen und Prozessen zu erreichen [Knolmayer et al. 2016].

Alle Governance-Ansätze bewegen sich in einem Regelkreis aus legislativen, exekutiven und judikativen Aktivitäten (vgl. Abb. 1–1). Zunächst müssen Vorgaben definiert und durchgesetzt werden. Bei Regelverletzungen sind die zugehörigen Konsequenzen zu ergreifen.

Abb. 1–1Governance-Regelkreis [DGI 2014b]

Zunehmend setzt sich heute in den Unternehmen das Bewusstsein durch, dass die verfügbaren Daten ein wichtiges Wirtschaftsgut darstellen und zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen beitragen [Schulze et al. 2016]. Die steigende Bedeutung der Daten für den Unternehmenserfolg führt zu einem sorgfältigen und abgestimmten Umgang mit diesem wertvollen Gut und letztlich zur Etablierung einer eigenständigen Data Governance in den Unternehmen. In Abgrenzung zur IT-Governance, in deren Verantwortungsbereich lediglich die IT-Systemlandschaft und Programme fallen [Khatri & Brown 2010], widmet sich die Data Governance den (digitalen) Daten und Informationen.

Bei einem weit gefassten Begriffsverständnis umfasst Data Governance alle Führungsaufgaben in Bezug auf Organisationseinheiten, Richtlinien und Prinzipien, die den risikofreien Zugang zu qualitätsgesicherten Daten gewährleisten [Ladley 2012]. Ziel ist es, den Nutzen zu maximieren, der sich aus der Verwendung von Daten erreichen lässt.

Demzufolge ist Data Governance als Managementprogramm (und damit als System von Projekten und Diensten) zu verstehen, das Daten als betriebliche Vermögenswerte behandelt und eine Sammlung von Richtlinien, Standards, Prozessen, Strukturen, Rollen, Verantwortlichkeiten und Technologien umfasst, durch die Verpflichtungen, Entscheidungsrechte und Zurechenbarkeiten für das effektive Management von Daten umrissen und eingefordert werden [Ladley 2012; Villar & Kushner 2009].

Aus einem anderen Blickwinkel bezeichnet Data Governance die Ausübung von Entscheidungshoheit über die Art und Weise, wie die Aufgaben des Datenmanagements ausgeführt werden. Dies schließt neben Entscheidungsrechten auch die Planung, Kontrolle und Durchsetzung der definierten Standards ein [Finger 2013, S. 6].

Aus einer Vogelperspektive ordnet sich Data Governance in die umfangreichere Datenwirtschaft (Data Economy) einer Organisation ein und bildet dann eine wichtige Komponente der datengetriebenen Wertschöpfung (vgl. Abb. 1–2).

Abb. 1–2Komponenten einer Data Economy (in Anlehnung an [Krotova & Eppelsheimer 2019, S. 9])

Auf der Prozessebene gibt die Data Governance die Rahmenbedingungen für die datengetriebenen Prozesse im Unternehmen vor, und zwar sowohl für die datenbezogenen Führungstätigkeiten (Data Management) als auch für die Durchführung (Data Execution).

Auf der Systemebene erbringt die Data Governance Vorgaben für die Datenarchitektur als Gesamtheit aller technischen Bausteine zur Datenbewirtschaftung im Unternehmen und deren Zusammenspiel.

Auch zur strategischen Ebene weist die Data Governance enge Verknüpfungen auf. Einerseits muss sich die Data Governance an der Datenstrategie ausrichten, andererseits bricht sie die strategischen Vorgaben in ein besser handhabbares System aus Regeln und Vorgaben herunter und wirkt damit als Enabler der Datenstrategie.

Um die vielfältigen Aspekte und Facetten einer ganzheitlichen Data Governance besser verstehen zu können, bietet es sich an, ein umfassendes Data-Governance-Framework zu betrachten, das im folgenden Abschnitt dargestellt wird.

1.2Data-Governance-Framework

Ein Framework stellt im Allgemeinen ein Rahmenwerk dar, das verschiedene Regelungen und Richtlinien zu einer Thematik zusammenfasst und dadurch dem Anwender einerseits eine Orientierungsfunktion und andererseits eine Hilfestellung bei der konkreten Umsetzung anbietet [DGI 2014b, S. 5]. Allerdings gehen in der Literatur die Ansichten darüber auseinander, welche Bereiche und Themen die Data Governance adressieren und damit ein Data-Governance-Framework beinhalten soll [Weber et al. 2009; Otto 2011].

An dieser Stelle wird eine umfassende Variante eines Data-Governance-Frameworks gewählt, das sich an der Sichtweise von O’Neal orientiert [O’Neal 2012]. Wie in Abbildung 1–3 dargestellt, weist das Framework sechs Bereiche und Kernthemen auf, die für die Umsetzung einer Data Governance im Unternehmen von Bedeutung sind: Strategie – Aufbauorganisation – Richtlinien, Prozesse und Standards – Messen und Beobachten – Technologie – Kommunikation [O’Neal 2012]. Das Framework greift damit einerseits Themengebiete anderer Rahmenwerke auf, wie z.B. die Datenqualität [Weber et al. 2009, S. 589f.], und beinhaltet andererseits weitere Bestandteile [O’Neal 2012].

Abb. 1–3Data-Governance-Framework

Als wesentlicher Bestandteil des Frameworks gilt das Veränderungsmanagement (Change Management), das sich als Querschnittsbereich über alle anderen Themenfelder erstreckt und diese beeinflusst. Mehr noch erweist sich der angemessene Umgang mit Veränderungen insbesondere auf einer persönlichen Mitarbeiterebene als wesentlicher Erfolgsfaktor für Data-Governance-Initiativen, zumal sich durch Data Governance Änderungen in Arbeitsabläufen und Zuständigkeiten einstellen können, die nicht immer willkommen sind.

In diesem Kontext kann Data Governance dann auch dazu dienen, einen Konsens zwischen den Datenanbietern in der Organisation (in der Regel die IT-Abteilung) und den Datennachfragern (Fachbereiche) herzustellen [Schumacher 2011, S. 35], zumal deren Ziele und Werte häufig stark voneinander abweichen.

Abb. 1–4Data-Governance-Spannungsfeld

Während bei den Daten- bzw. Informationsanbietern Aspekte der Konsistenz, Transparenz und Verfügbarkeit unter gleichzeitiger Beachtung der Anforderungen an Alignment, Datenschutz und Datensicherheit im Vordergrund stehen, wollen die Datennutzer vor allem eine zeitnahe Informationsversorgung mit großer Flexibilität und Agilität sowie freien, individuellen Optionen zur selbstständigen Exploration des Datenbestandes (vgl. Abb. 1–4). Dass dabei nicht allen Wünschen gleichsam Rechnung getragen werden kann, liegt auf der Hand. Die Data Governance muss hier versuchen, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Positionen der Stakeholder herzustellen.

1.2.1Strategie

In einem ersten Schritt bei der Beschäftigung mit Data Governance ist zu klären, warum und mit welcher Zielvorstellung sich die Organisation mit dem Thema auseinandersetzt. Dazu befasst sich der Bereich Strategie mit der Vision, der Mission sowie den Zielen, die mit Data Governance verfolgt werden [Zirkel & Trost 2007]. Weiterhin ist die Ausrichtung der Data Governance an die Unternehmensund IT-Strategie von Relevanz.

Als eine Vision wird im Allgemeinen ein Zukunftsentwurf oder ein Wunschbild bezeichnet, das langfristig verfolgt wird. Es handelt sich hierbei nicht um ein konkretes Ziel, sondern vielmehr um eine unscharfe Idealvorstellung. Daher dient die Vision primär als Motivation und Ansporn und wird in der internen Unternehmenskommunikation eingesetzt [Brecht 2012, S. 35f.; Hungenberg & Wulf 2011, S. 63]. Im Kontext von Data Governance soll sich ein Unternehmen damit befassen, welche Möglichkeiten und Chancen sich langfristig durch die Umsetzung und Einhaltung einer Data Governance ergeben [DGI 2014b, S. 14]. Dabei ist zu beachten, dass mit der Vision die Verankerung eines übergeordneten, geschäftlichen Mehrwertes gemeint ist. Die Vision stellt im Rahmen der Umsetzung einer Data Governance den Ausgangspunkt dar, aus dem die Mission und die weiteren Ziele abgeleitet werden [Brecht 2012, S. 35; DGI 2014b, S. 13f.].

Die Mission beschreibt das Selbstverständnis und damit auch die Existenzberechtigung einer Organisationseinheit oder eines Vorhabens. Über die Ausformulierung der Mission und deren Inhalte im Rahmen eines Data-Governance-Frameworks bestehen unterschiedliche Ansichten. Ebenso wie die Vision ist auch die Mission eher allgemein und vage formuliert und enthält in der Regel keine konkret überprüfbaren Zielgrößen [Brecht 2012, S. 36f.], die erst im nächsten Schritt abgeleitet werden.

Mit der Festlegung von Data-Governance-Zielen erfolgt eine Konkretisierung der Vision und Mission bei gleichzeitiger Überprüfbarkeit des Umsetzungserfolgs von Data-Governance-Initiativen bzw. -Maßnahmen. Die Ziele sollten derart ausgestaltet sein, dass sich daraus quantifizierbare Größen ableiten lassen, um Soll-Ist-Abweichungen feststellen zu können [Brecht 2012, S. 38]. Allgemeiner kann gefordert werden, dass Ziele SMART (Specific, Measurable, Accepted, Reasonable, Time) zu formulieren sind [DGI 2014b, S. 14].

Aus der Perspektive der Unternehmensführung muss sich die Data-Governance-Mission aus den übergeordneten Vorgaben auf Unternehmens-, IT- und Fachbereichsebene ableiten lassen (Alignment) und somit den unternehmensspezifischen Zweck einer Data Governance beschreiben. Data-Governance-Vision, -Mission und -Ziele dürfen nicht losgelöst von bestehenden Regelungen und Rahmenbedingungen im Unternehmen formuliert werden, auch um keine konkurrierenden Ziele zu verfolgen [O’Neal 2012]. In diesem Kontext zielt die Compliance darauf ab, die Einhaltung von zuvor definierten Regelungen sicherzustellen. Häufig gehen Compliance-Regelungen mit gesetzlichen Anforderungen und Vorschriften einher und stellen den Initiator für Data-Governance-Bestrebungen dar. Rechtliche Bestimmungen sollten daher unbedingt in einem Data-Governance-Programm Beachtung finden [Mosley et al. 2009, S. 49f.].

1.2.2Aufbauorganisation

Ein weiterer Bestandteil des Data-Governance-Frameworks betrifft die Aufbauorganisation. So lassen sich im Rahmen einer Data-Governance-Initiative Rollen festlegen, zur Unterstützung ein Data Governance Office etablieren und Entscheidungsbefugnisse, Verantwortlichkeiten sowie Zuständigkeiten definieren [Soares 2014].

Das Data Governance Office übt eine Unterstützungsfunktion aus. Es ist weniger als physischer Ort zu verstehen, sondern beschreibt eine Person oder einen Personenkreis mit der Zuständigkeit für die Koordination der anfallenden Data-Governance-Aktivitäten [DGI 2014b, S. 18; Mosley et al. 2009, S. 44f.; Thomas 2013c]. Die Auswahl und Anzahl der Verantwortlichen ist davon abhängig, was mit Data Governance erreicht werden soll. In kleineren Unternehmen kann das Data Governance Office mit dem Project Management Office verglichen werden und dient als Ansprechpartner für alle datenbezogenen Projekte [Thomas 2013c]. In größeren Organisationen gestaltet sich das Tätigkeitsfeld umfassender und beinhaltet z.B. die Informationsversorgung aller identifizierten Stakeholder. Die für die Koordinationsfunktion der Data-Governance-Aktivitäten zuständige Person muss nicht unbedingt ein Experte im Bereich Daten sein, allerdings über ein fundiertes Grundwissen verfügen und vor allem mit allen Interessengruppen kommunizieren, deren Anliegen verstehen und Aufgaben zuweisen können [Thomas 2013c].

Als wesentliche Aktivität im Kontext der Data Governance kann die Festlegung von Entscheidungsrechten bzw. -befugnissen in Bezug auf Daten verstanden werden. Als wichtig erweist es sich hier, alle betroffenen Anspruchsgruppen in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen, um potenzielle Probleme, wie z.B. fehlende Akzeptanz, zu vermeiden [DGI 2014b, S. 15f.]. Das bedeutet, dass z.B. bei abteilungsübergreifenden Entscheidungen die entsprechenden Abteilungen hinzugezogen werden [Mosley et al. 2009, S. 38]. So kann es sich als sinnvoll erweisen, einfache und detaillierte Routineentscheidungen einzelnen Personen zu übertragen, wie etwa einem Datenarchitekten, während über grundlegende und komplexe Entscheidungen ein abteilungsübergreifendes Gremium zu befinden hat, wie beispielsweise ein Lenkungsausschuss. Nachdem die Entscheidungen getroffen sind, geht es um die Umsetzung. Auch hierfür sind Personen oder Personengruppen zu bestimmen, denen die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten übertragen werden [DGI 2014b, S. 16].

Durch die Definition von Rollen lassen sich Entscheidungsrechte, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zuweisen [Mosley et al. 2009, S. 46; O’Neal 2012]. Das Verständnis und die Abgrenzung von Rollen erweist sich zwar als uneinheitlich, häufig wird aber auf die Rollen Data Owner, Data Steward und teilweise auch auf Data Custodian verwiesen [DGI 2014b, S. 17; Khatri & Brown 2010, S. 149; Thomas 2013a; Bloemen & Stauffer 2014; Gansor & Totok 2015, S. 24f.; Plotkin 2014].

Eine weitere wichtige Rolle nehmen die Data Stakeholder ein, deren Interessen im Rahmen eines Data-Governance-Programms berücksichtigt werden sollten. Diese Gruppe besteht aus Personen, die einen direkten oder indirekten Datenbezug aufweisen. Hierzu zählen z.B. die Nutzer von Daten, aber auch Personen, die von datenbezogenen Entscheidungen betroffen sind [DGI 2014b, S. 17; Thomas 2013b].

1.2.3Richtlinien, Prozesse und Standards

Eine zentrale Aufgabe von Data-Governance-Initiativen besteht darin, datenbezogene Richtlinien, Standards sowie Prozesse zu vereinbaren und nachhaltig zu etablieren [DGI 2014b, S. 15; Soares 2014, S. 35]. Richtlinien (im englischen Sprachraum auch als »policies« bezeichnet) besitzen dabei einen verbindlichen Charakter und legen allgemein fest, was erlaubt bzw. nicht erlaubt ist. Sie beinhalten unter anderem verbindliche Regelungen zu den Bereichen Datensicherheit, Datenmodellierung oder interner sowie externer Datenaustausch [Mosley et al. 2009, S. 47ff.]. Standards dienen der Implementierung der Richtlinien, erweisen sich folglich als detaillierter und sind für alle Datenmanagementfunktionen, wie z.B. Stammdaten-, Datensicherheits- oder Datenqualitätsmanagement, festzulegen [Soares 2014]. Somit sollten beispielsweise Standards zur Datenstrukturierung und für die Datenspeicherung erarbeitet, kommuniziert sowie deren Einhaltung überprüft und deren Angemessenheit im Zeitablauf evaluiert werden.

Ferner gilt es, datenbezogene Prozesse oder Verfahrensanweisungen zu definieren und zu dokumentieren, die als verbindliche Vorgehensweisen und Methoden bei der Ausführung sich wiederholender Tätigkeiten einzuhalten sind. Ein Beispiel hierfür ist die Beschreibung von Data-Cleansing-Verfahren [DGI 2014b, S. 18f.; Mosley et al. 2009, S. 48f.]. Zur Erarbeitung von Richtlinien, Standards und Prozessen gehören auch angemessene Kontrollmechanismen, um die Einhaltung überwachen und sicherstellen zu können, wie beispielsweise Vorgaben für eine stichprobenartige Überprüfung der Datenqualität. Die Kontrollverfahren lassen sich sowohl manuell als auch automatisiert durchführen. Zudem sollten diese schriftlich festgehalten und es sollten Personen bestimmt werden, die für die Kontrollen zuständig und verantwortlich sind, wie z.B. die im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Data Stewards [DGI 2014a, S. 12f.].

1.2.4Messen und Beobachten

Im vorangegangenen Abschnitt wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Einhaltung von Regelungen oder Standards zu kontrollieren ist. Ebenso muss der Erfüllungsgrad der im Bereich Strategie definierten Ziele bestimmt werden. Denn erst durch regelmäßige Messungen und Auswertungen zuvor definierter quantitativer Messgrößen lassen sich Abweichungen und Auffälligkeiten als permanentes Monitoring identifizieren, um ggf. entgegensteuernd einzuwirken. Eine Abbildung der Ergebnisse kann dann z.B. in einer Data-Governance-Scorecard [O’Neal 2012] erfolgen, die Kennzahlen aus verschiedenen Bereichen zusammenhängend darstellt. Weiterhin sollten Probleme und Konflikte im Sinne eines Issue-Managements erfasst und gelöst werden, wie z.B. Konflikte zwischen den Interessen der Data Stakeholder oder Probleme bezüglich der Datenqualität. Das Issue-Management weist enge Bezüge zum Bereich Aufbauorganisation auf, zumal sich die Verantwortung für die Konfliktlösung den verschiedenen Rollen zuordnen lässt [Mosley et al. 2009, S. 50f.]. Dieser Abschnitt verdeutlicht, dass die Beschäftigung mit Data Governance nicht als einmalige Aktivität zu verstehen ist, sondern als kontinuierliches Programm, das Weiterentwicklung und Verbesserung anstrebt [Ladley 2012, S. 8].

1.2.5Technologie

Im Bereich Technologie weist neben den bereits angesprochenen Aspekten Datenqualität, Stammdatenmanagement, Datenschutz und Datensicherheit vor allem das Metadatenmanagement eine besondere Bedeutung auf. Für alle diese Themen müssen geeignete Werkzeuge erzeugt oder beschafft werden, die die handelnden Personen in geeigneter Art unterstützen.

Insbesondere das Management der Metadaten rückt zunehmend in den Fokus. Unter Metadaten fallen alle Informationsobjekte, die über die abgelegten Produktivdaten

Strukturangaben hinsichtlich Datentyp, Wertebereich, Qualität sowie

Bedeutung und betriebswirtschaftlichen Kontext enthalten,

Prozessinformationen zur Veränderung, Verknüpfung und logischen Zuordnung aufweisen sowie

administrative Informationen über Erstellungszeitpunkte, Zugriffshäufigkeiten und Berechtigungen bieten.

Vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Datenmenge, die in Unternehmen zu verarbeiten ist, und der zunehmenden Komplexität der technischen und fachlichen Landschaft finden vor allem die Konzepte Data Catalog und Data Lineage große Beachtung. Beide Konzepte tragen dazu bei, einen Überblick über Unternehmensdaten zu erhalten und auch die Herkunft und Verwendung der Daten nachvollziehen zu können. Ein Data Catalog dient zur Beschreibung der gespeicherten Problemdaten aus technischer und aus fachlicher Sicht. Durch die Katalogisierung lassen sich Daten einfacher finden und eindeutig interpretieren, was nicht nur für den technisch versierten Mitarbeiter, sondern insbesondere auch für den Fachanwender (z.B. für Datenanalysten) wertvolle Orientierung liefert [Roche et al. 2018].

Dagegen bezeichnet Data Lineage (Datenabstammung) die Datenherkunft und geht mit der Fragestellung einher, woher aufbereitete Daten stammen. Aber auch die entgegengesetzte Sichtweise erweist sich als interessant und wird häufig als Impact Analysis bezeichnet. Diese Untersuchung beleuchtet, in welchen nachfolgenden Prozessen und Stufen Ausgangsdaten Verwendung finden. Einen guten Überblick über die im Unternehmen existierenden Datenflüsse liefert eine Visualisierung als gerichteter Graph [Mosley et al. 2009, S. 20; Thomson & Jain 2013].

1.2.6Kommunikation

Ohne geeignete Formen der Kommunikation kann eine Data-Governance-Initiative kaum erfolgreich sein, zumal die vereinbarten Vorgaben und Regelungen den Mitarbeitern zur Kenntnis gebracht werden müssen, damit sie umgesetzt und eingehalten werden. Ein Kommunikationsplan sorgt hier für einen fortwährenden Informationsfluss [O’Neal 2012] und legt u.a. fest, wer Informationen benötigt, welcher Informationsbedarf besteht und wer für deren Bereitstellung verantwortlich ist. Somit wird ein strukturierter und nachvollziehbarer Informationsaustausch gefördert [Ladley 2012, S. 225]. Neben der Kommunikation erweist sich auch die Schulung der Mitarbeiter als relevant. In einem Trainingsplan lassen sich die Schulungsmaßnahmen für verschiedene Gruppen (z.B. Business Data Stewards), der Schulungsumfang und die Frequenz des Trainings verankern [Ladley 2012, S. 148]. Die Mitarbeiter sollen zudem frühzeitig über die Data-Governance-Pläne informiert und in diese involviert werden, um Akzeptanz für das Vorgehen zu schaffen und eine effiziente Umsetzung eines Data-Governance-Programms zu erzielen. Als zentrale Kommunikationsstelle kann beispielsweise das Data Governance Office fungieren, da es die Koordinationsfunktion bei allen Data-Governance-Aktivitäten einnimmt [DGI 2014a, S. 14].

1.3Fazit

Hinter der Begrifflichkeit Data Governance verbergen sich zahlreiche und breit gestreute Einzelaktivitäten, die dazu dienen, den betrieblichen Daten in ihrer Rolle als Wirtschaftsgut die angemessene Aufmerksamkeit und eine professionelle Behandlung zukommen zu lassen. Dass Daten eine hohe Bedeutung innehaben und sowohl als Bestandteil hybrider Leistungsbündel [Meier & Uhlmann 2017] als auch durch die Option zur Monetarisierung [Wells & Chiang 2018] wertstiftend sein können, ist längst kein Geheimnis mehr.

Vielmehr führen nicht zuletzt vergleichsweise neue Konzepte wie Big Data [Tallon 2013] und das Internet of Things (IoT) nicht nur dazu, dass das verfügbare und zu verarbeitende Datenvolumen stetig steigt, sondern auch dazu, dass die vielfältigen anfallenden Datenformate schnell und zielgerichtet zu verarbeiten sind. Ohne einen umfassenden Ordnungsrahmen, wie durch die Data Governance vorgegeben, kann dies heute kaum mit der erforderlichen Qualität erfolgen.

So dürfte die Bedeutung einer abgestimmten und für alle Stakeholder tragfähigen Data Governance in Zukunft eher zu- als abnehmen, zumal die Organisationen ansonsten Gefahr laufen, sich in einem unübersichtlichen, weitläufigen und inhaltlich überlappenden Datenlabyrinth ohne Wegweiser und Richtungspfeile zu verirren. Um im Bild zu bleiben, fehlt dann auch eine Behörde, die dafür sorgt, dass einzelne Zonen oder Wege saniert oder auch abgerissen werden, sowie den Zugang zu einzelnen Bereichen öffnen oder versperren kann.

2Data Governance als Wegbereiter der Digitalisierung

Carsten Dittmar · Christian Fürber

Spätestens im Zeitalter der Digitalisierung wird die enorme Bedeutung von Daten für Unternehmen allgemein anerkannt. Daten entstehen längst nicht mehr nur als Nebenprodukt im Rahmen der wertschöpfenden Prozessdurchführung, sondern die Nutzung der Daten ist regelmäßig der entscheidende Differenzierungsfaktor zur Steigerung der Effizienz und Effektivität in Unternehmen. Mitunter ist die Vermarktung von Daten gar der Kernbestandteil des Geschäftsmodells des Unternehmens. Viele Unternehmen möchten sich zu einem »Data Driven Enterprise« entwickeln und damit sicherstellen, dass Entscheidungen im Unternehmen datenbasiert getroffen werden [Redmann 2008].

Diese Bedeutung von Daten rechtfertigt, Daten als Unternehmensasset anzusehen und ein dediziertes Asset Management für Daten zu etablieren [Khatri & Brown 2010]. Im Fokus einer Data Governance steht daher die Optimierung des Umgangs mit dem Vermögenswert Daten durch gezielte Planung, Steuerung und Kontrolle mittels Datenstrategien. Data Governance ist demzufolge das Managementsystem für Daten und umfasst alle Maßnahmen, um Menschen, Prozesse und Technologie so zu orchestrieren, dass der Wert der Daten effizient unter Einhaltung eines rechtlichen und ethischen Rahmens maximiert wird.

2.1Handlungsfelder der Data Governance

Die Einführung einer Data Governance ist kein primär technisches Projekt, sondern vielmehr ein Programm zur Transformation in eine digitale Organisation, in der Daten als vollwertiger Vermögenswert genutzt werden. Um die Maximierung des Datenwertes zu gewährleisten, umfasst Data Governance die Handlungsfelder Richtlinien & Standards, Prozesse & Verfahren, Rollen & Verantwortlichkeiten sowie Methoden zur Messung der Zielerreichung des jeweiligen Data-Governance-Programms. Richtlinien & Standards sichern eine umfassende Transparenz über die verfügbaren Daten und den ordnungsgemäßen Datenumgang z. B. durch die Formulierung von Leitfäden und Arbeitsanweisungen zur Sicherung von Compliance-Anforderungen oder durch die Identifikation bzw. Festlegung von semantischen Datendefinitionen. Die Berücksichtigung entsprechender Richtlinien & Standards im täglichen Handeln wird durch deren Integration in Prozesse & Verfahren sichergestellt. Hier gilt es, die Standards der Data Governance in die Führungs-, Geschäfts- und Unterstützungsprozesse zu integrieren und gleichsam Data-Governance-Kernprozesse, wie beispielsweise das Datenqualitätsmanagement, fest im Unternehmen zu verankern. Die Institutionalisierung innerhalb der Aufbauorganisation erfolgt durch Rollen & Verantwortlichkeiten, die in ihrer Funktion innerhalb der Prozesse sicherstellen, dass Data-Governance-Standards erstellt, beachtet und umgesetzt werden. Die Nachhaltigkeit der Aktivitäten wird über die Überwachung der Zielerreichung sichergestellt, um z.B. die Datenqualität oder die Abhängigkeiten von Datenelementen untereinander im Verarbeitungsprozess jederzeit aufzuzeigen und die richtigen Maßnahmen zu initiieren, wenn Zielabweichungen erkannt werden.

In den vorgestellten vier Bereichen wird die Umsetzung einer Data Governance durch Technologie unterstützt, sie ist aber kein Selbstzweck. Entsprechende Softwarelösungen helfen z.B. dabei, Richtlinien und Standards zu verwalten und einzuhalten, sie unterstützen die Rollenträger in der Abarbeitung der Prozessschritte in den Data-Governance-Kernprozessen oder sie ermöglichen ein kontinuierliches Überwachen der Datenqualität. Ohne passende organisatorische Elemente, die sich entsprechender Softwarelösungen bedienen, wird allerdings keine Data Governance etabliert.

Data Governance bildet das primär organisatorische Spiegelbild der technisch geprägten Themenfelder Master Data Management, Meta Data Management und Data Quality Management. Kernaufgabe der Data Governance ist die wertschöpfungsorientierte Organisation und fortlaufende Optimierung des Datenmanagements. Data Governance kommt die Rolle der Orchestrierung von Menschen, Prozessen und Technologien zu, um Daten als unternehmensweites Asset zu etablieren und die jeweils individuelle Position zwischen den Extrempolen »Laissez-faire« und »Complete Control« im Umgang mit Daten zu etablieren und zu sichern. Der vorliegende Beitrag fokussiert daher auf die organisatorischen Aspekte der Data Governance.

2.2Ziele und Mehrwert der Data Governance

Jeden Tag werden große Mengen von Daten erzeugt. Die Daten bieten das Potenzial, Geschäftsprozesse und Entscheidungen effizienter und effektiver zu gestalten und somit die Organisationsziele positiv zu beeinflussen und den Arbeitsalltag zu erleichtern. Darüber hinaus erfordert die Knappheit an Fachpersonal, die damit verbundene, hohe Kapazitätsauslastung und ein stetiger Wettbewerbs- und Kostendruck ein datengetriebenes effizientes Arbeiten. Eine zielgerichtete Data Governance soll die tägliche Arbeit mit Daten erleichtern, sodass der Wert der Daten für die Organisation maximiert wird. Der Bedarf für eine Data Governance