David, der König ohne Gleichen - Prof. Michael Baumgarten - E-Book

David, der König ohne Gleichen E-Book

Prof. Michael Baumgarten

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Beschreibung

Die Wahl des Themas der vier in diesem Werk beinhalteten Vorträge war durch die kirchliche Zeit, in der diese gehalten wurden, veranlaßt. Baumgarten, ein protestantischer Theologe, hielt es für angemessen, in der Adventszeit einen alttestamentlichen Geschichtsabschnitt, welcher die Weihnachtsbegebenheit in einen Zusammenhang stellt, der viel zu wenig beachtet wird, seinen Zuhörern zu vergegenwärtigen. So ist es geschehen, daß die Geschichte Davids in den Rahmen der Weihnachtsgedanken eingeflossen ist. David war König desjenigen weltgeschichtlichen Volkes, welchem das Priestertum für die Menschheit anvertraut war. Deshalb hat seine Geschichte eine religiöse und eine politische Seite und nach beiden Seiten ist diese Geschichte für unsere Zeit lehrreich und wichtig.

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David, der König ohne Gleichen

 

MICHAEL BAUMGARTEN

 

 

 

 

 

 

David, der König ohne Gleichen, M. Baumgarten

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849662097

 

Der Originaltext dieses Werkes entstammt dem Online-Repositorium www.glaubensstimme.de, die diesen und weitere gemeinfreie Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Wir danken den Machern für diese Arbeit und die Erlaubnis, diese Texte frei zu nutzen. Der Text dieses Werkes folgt der Ausgabe des Jahres 1862.

 

Cover Design : Cropped, 27310 Oudenaarde Sint-Walburgakerk 82 by Paul M.R. Maeyaert - 2011 - PMRMaeyaert, Belgium - CC BY-SA.

https://www.europeana.eu/en/item/2058612/PMRMaeyaert_26e5a0b367ed2a0f0538537312dbf536e67cf268

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort.1

Erster Vortrag - Advent und Israels König.7

Zweiter Vortrag - Die Grundlegung des davidischen Königthums.26

Dritter Vortrag - Das Königthum Davids in aufsteigender Linie.55

Vierter Vortrag - Von Davids Fall bis zu seiner Vollendung und bis zu dem Sohne Davids.82

Vorwort.

 

Die Entstehung dieser Vorträge ist die gleiche mit den kürzlich über Schleiermacher veröffentlichten. Die Wahl des Themas ist aber diesmal durch die kirchliche Zeit, in welcher diese Vorträge gehalten wurden, veranlaßt; ich hielt es für angemessen, in der Adventszeit einen alttestamentlichen Geschichtsabschnitt, welcher die Weihnachtsbegebenheit in einen Zusammenhang stellt, der viel zu wenig beachtet wird, meinen Zuhörern zu vergegenwärtigen. So ist es geschehen, daß die Geschichte Davids in den Rahmen der Weihnachtsgedanken eingefügt ist. Ich habe diesen Rahmen auch jetzt, da ich diese Vorträge veröffentliche, nicht zerstören mögen, nicht bloß aus Rücksicht auf meine Zuhörer, von denen ich weiß, daß ihnen die Erinnerung an die Zeitumstände dieser Vorträge eine liebe bleiben wird, sondern auch deshalb, weil ich glaube, daß diese Einfassung für Davids Geschichte an sich eine ganz angemessene ist, kehrt doch auch außerdem die Weihnachtszeit für die Leser alle Jahre wieder.

Was den Gegenstand dieser Vorträge selbst anlangt, so wird nicht leicht Jemand bezweifeln, daß derselbe immer noch der öffentlichen Aufmerksamkeit und Besprechung werth ist, wie wichtig jedoch die richtige Auffassung der davidischen Persönlichkeit und Geschichte für unsere Zeit ist, das kann nur derjenige übersehen, der mit den Bedürfnissen der Gegenwart eben so vertraut ist, wie mit den biblischen Urkunden. Von mir darf ich sagen, daß ich schon seit lange die richtige Synthese zwischen der heiligen Geschichte und der laufenden Zeit als das Hauptproblem der Theologie betrachte und deshalb ist die Erforschung dieser beiderseitigen Gebiete und ihre Gegenüberstellung seit vielen Jahren der vornehmste Gegenstand meines Nachdenkens und Sinnens. Wenn ich nun ausspreche, was mir auf diesem Wege gewiß geworden ist, daß die heilige Geschichte nur derjenige versteht, der die Gegenwart begriffen hat und umgekehrt, so weiß ich zwar nicht, ob mir Jemand beistimmen wird, das ist mir aber ausgemacht, daß in dieser Wahrheit allein die Lösung all der wirren Räthsel, welche auf dem theoretischen und praktischen Leben unserer Zeit lasten, gegeben ist.

Niebuhr sagt einmal von Rollin, er erzähle die Geschichten des Alterthums, als wären sie gar nicht wirklich geschehen. Was Niebuhr von dem französischen Compilator der alten Weltgeschichte behauptet, das ist meine Empfindung bei allen Darstellungen der heiligen Geschichte, die mir vorgekommen sind. Wenn man, wie ich hoffe, finden sollte, daß ich die Geschichte Davids so vortrage, daß man den bestimmten Eindruck erhält, diese Geschichte habe sich wirklich einmal begeben, so würde dieser Vorzug lediglich dem Umstände zu danken sein, daß ich in der Geschichte Davids die Gegenwart anschaue und in der Gegenwart wiederum Davids Geschichte. Da die objective Haltung meiner Darstellung es nicht zuließ, diesen Parallelismus eigens hervorzuheben, so mag es an diesem Orte nicht undienlich sein, einige Gesichtspunkte aufzustellen, welche die Beziehung der Geschichte Davids auf unsere Gegenwart zu verdeutlichen geeignet sind.

David ist König desjenigen weltgeschichtlichen Volkes, welchem das Priesterthum für die Menschheit anvertraut ist. Deshalb hat seine Geschichte eine religiöse und eine politische Seite und nach beiden Seiten ist diese Geschichte für unsere Zeit lehrreich und wichtig. In unserer kranken Zeit ist Nichts so krank, wie die Frömmigkeit. Unter der kranken Frömmigkeit verstehe ich nicht die Heuchelei; dieser thut man zu viel Ehre, wenn man sie überall als irgend eine Art von Frömmigkeit betrachtet. Die Heuchelei ist ein Ding für sich, aber sie findet sich immer in Begleitung der kranken Frömmigkeit, sie ist das Ungeziefer in dem kranken Stoff. Da nun gegenwärtig die Heuchelei eine ausgemachte öffentliche Erscheinung ist, so ist damit die Krankheit der Frömmigkeit bewiesen. Auf dasselbe Ergebniß führt der Sprachgebrauch; wahrend früher das Prädicat der Frömmigkeit einen ehrenfesten und tapferen Mann bezeichnete, wie denn die Anrede „fromme Holsten“ auf der Dingstäte meiner Heimath als ein Epitheton ornans üblich war, bezeichnet dieses Prädicat jetzt durchweg eine gewisse unpraktische zaghafte Weichlichkeit und Schwächlichkeit. Dieser veränderte Sprachgebrauch hat nicht etwa, wie sich die Frommen nur gar zu leicht schmeicheln, in einer specifischen Gottlosigkeit unserer Tage, welche überall nirgends anders existiert, als in der kranken Phantasie der gegenwärtigen Frömmigkeit, ihren Grund, sondern leider in der gegenwärtigen Beschaffenheit der Frömmigkeit selbst. Darum aber ist dieser ungesunden Frömmigkeit Nichts heilsamer zur Genesung, als das Anschauen einer lebensfrischen, thatkräftigen Frömmigkeit. Der König David nun ist das wahre Standbild dieser ächten Frömmigkeit für alle Zeiten und darum halte ich die Neubelebung seines Andenkens für ein verdienstliches Werk, besonders in den Tagen des allgemeinen Siechthums der Frömmigkeit.

Aber auch für unsere Theologie ist der König David ein sehr wesentlicher Locus, und zwar um so mehr, je weniger sie davon weiß und wissen will. Daß unsere Theologie sehr gesund ist, werden nicht Viele behaupten, ich meinestheils halte sie für sehr krank. Während das ganze gegenwärtige Denken immer noch leidet an den Nachwehen der hohlen Aufgeblasenheit leerer Abstractionen, ist die Theologie in dieses Fieber, welches die Dinge in Begriffe und die Begriffe in Vocabeln auflöst, noch ganz versenkt und zwar zum Theil um so tiefer und hoffnungsloser, als sie sich einredet, historisch geworden zu sein. Ich spreche hier nur von der Christologie. Wer weiß nicht, daß die Christologie der Mittelpunkt aller Theologie ist? Nun, unsere moderne christologische Literatur ist ein wahres Gebirge; interessant ist dieses Gebirge, wenn man es auch nicht grade erhaben nennen kann, aber jedenfalls ist es außerordentlich kahl und unfruchtbar. Woher kommt dieses? Die Erklärung ist sehr einfach. Der Gegenstand der Christologie ist, wie Alle wissen und einräumen, eine geschichtliche durch Zeit und Raum umgrenzte Persönlichkeit. Dem Gegenstand entsprechend, also wahrhaft fruchtbar und ergiebig, kann diese Doctrin also nur dann sein, wenn sie, wohin sie sich auch immer versteigen mag, den geschichtlichen Boden immer unter den Füßen behält. Hic haeret aqua! Ja, diesen göttlichen Lebensstrom, der in seinem geschichtlich und geographisch abgegrenzten Bett durch die Zeiten und Ewigkeiten sich ergießt, den verdämmt man sich und so läßt man wilde Wasser von oben und unten, von rechts und links herein und mit solchem fremden künstlichen Wasser macht man die christologischen Constructionen, Definitionen, Distinctionen und Abstractionen flüssig. Das Alles ist aber nichts Anderes, als wenn der vor Durst Verschmachtende träumt, daß er trinkt. Daß Jesus Gottes Sohn ist und der Retter der Menschheit, weiß man nach der Schrift und nach der geschichtlichen Wahrheit der Sache nur daher, weil Jesus der Sohn Davids, der Gesalbte Gottes und König Israels ist. Darum sind die Lineamente zur wahren Christologie nicht logische, metaphysische oder theosophische Striche und Figuren, sondern die Thatsachen der alttestamentlichen Geschichte, insbesondere Davids Leiden und Wirken. Aber eben deshalb, weil Davids Geschichte der göttliche Unterbau ist für die wahre Lehre von Christus, so kann man diese Geschichte auch nicht so beiläufig und in ein paar Nachmittagsstunden sich aneignen, um einige lahme Parallelismen einzuflechten, welche eben ausreichen, um die Typik aufs Neue in Verruf zu bringen. An den typischen Einzelheiten liegt außerordentlich wenig, und ein großer Schade der Wahrheit ist es, daß die Geistlosigkeit mit diesen isolierten Bruchstücken so lange getändelt hat; denn diese Einzelheiten versteht und würdigt nur der, welcher in den geschichtlichen Zusammenhang zwischen David und seinem Sohne eingedrungen ist. Dieses aber erreicht wiederum Niemand, der sich in Davids Geschichte nicht ohne Vorbehalt versenkt; nicht bloß begleiten muß man ihn in den Wüsten und Wäldern, in den Tiefen und auf den Höhen, nicht bloß muß man mit ihm gehen über den Bach Kidron und über den Oelberg, sondern vor allen Dingen muß man verstehen das Saitenspiel dieses königlichen Herzens in dem unvergleichlichen Reichthum seiner Empfindungen und Töne. Nur wer diesem königlichen Herzen und Leben auf den Grund dringt, erschaut den geschichtlichen Zusammenhang zwischen David und seinem Sohne und der allein gewinnt den Eingang zu dem Geheimniß, wie das höchste Ideal aller Geschichte sich mit den Gesetzen und Bedingungen der geschichtlichen Realität verbunden hat, in welches Geheimniß hinein zu schauen die Wissenschaft sowohl wie das Leben unserer Zeit das höchste Verlangen hat. Nicht eher, als bis ich mich mit dem äußeren und inneren Leben Davids völlig vertraut wußte, hätte ich es gewagt, mich öffentlich über seine Geschichte auszusprechen und jetzt glaube ich mit der Darlegung der Hauptzüge dieser Geschichte der gegenwärtigen Christologie und Theologie einen Dienst zu leisten.

Aber auch für das politische Leben der Gegenwart ist der Gegenstand dieser biblischen Vorträge von Wichtigkeit. Diejenigen, welche vielleicht geneigt sind, meinen Titel als eine Hyperbel oder gar als eine Art von Aushängeschild anzusehen, verweise ich fürs Erste auf meine auf Thatsachen ruhende Darstellung, wer dadurch nicht überzeugt wird, dessen Gegenbeweis werde ich erwarten. Die politische Bedeutung des Königs David für unsere Gegenwart ist ein Januskopf, der mit doppeltem Gesicht zur Linken und zur Rechten schaut und ich verspräche mir für das Gemeinwohl eine große Förderung, wenn die Linken sowohl wie die Rechten sich entschließen wollten, diesem Januskopf mit recht festem Blick ins Angesicht zu schauen.

Die Führer der Demokratie behaupten jetzt, monarchisch gesinnt zu sein, sie finden aber mit dieser ihrer Behauptung immer noch wenig Glauben. Sie dürfen sich darüber nicht wundern oder beschweren, so lange sie ihre jetzige Behauptung mit ihrem früheren Verhalten nicht in Einklang gebracht, oder so lange sie ihre jetzige Behauptung bloß aufgestellt und nicht auch begründet haben. Die Geschichte Davids ist in dieser Beziehung eine lehrreiche Lection, sie stellt den Uebergang vom Freistaat zur Monarchie auf eine so normale und innerlich vermittelte Weise dar, daß kein Demokrat, dem es wahrhaft um das Gemeinwohl zu thun ist, hier Etwas vermissen wird. Wir sehen hier, daß das Königthum nothwendig wird, weil die naturwüchsige und ursprüngliche Einheit des Volksbewußtseins und Volkslebens ihre frühere Integrität eingebüßt hat; wir sehen ferner, daß das Königthum nicht als ein nothwendiges Uebel auftritt, sondern als eine neue ethische Potenz, welche jenen Mangel des Volkslebens innerlich ersetzt, ja diesen Mangel in die Vorstufe einer bisher nicht gekannten Erhebung des ganzen Volkswesens verwandelt. Ich bin der Meinung, daß ein richtiger Blick in die Gegenwart des gesamten politischen Lebens die Wahrnehmung machen wird, daß diejenige Integrität des Volkslebens, welche zum Gedeihen eines Freistaates nothwendig ist, jetzt nirgends mehr vorhanden ist. Auch diejenigen, welche bisher Amerika ausgenommen haben, werden wahrscheinlich durch die letzten Monate eines Anderen belehrt worden sein. Ohne Zweifel ist dies ein Verfall des Volkslebens, und man kann ihn beklagen, wie Samuel der alte Republikaner ihn seiner Zeit beklagt hat, aber den Blick soll man nicht davor verschließen, zumal wenn man sich berufen glaubt, auf der gegenwärtigen politischen Bahn zu handeln. Keinem Politiker der Gegenwart ist es zu erlassen, diesen allgemeinen Mangel ohne Rückhalt anzuerkennen und ein für allemal darauf Verzicht zu thun, einen Factor in Rechnung zu bringen, der nicht mehr existiert. Wäre diese negative Weisheit nur erst fest, es wäre schon viel gewonnen. Freilich in unserer Königsgeschichte wird die richtige Negation zur befriedigenden Position dadurch verwandelt, daß der König zuerst in sich das Volksthum neu gestaltet, um es demnächst in neuer Macht und Herrlichkeit auch nach außen zu entfalten. Freilich, sagt man, hätten wir nur den rechten König! Aber kommt denn der rechte König wie ein Meteorstein vom Himmel herab, oder ist er ein Produkt seiner selbst? Es ist eine thörichte Klage, daß es unserer Zeit, daß es namentlich Deutschland an großen Männern fehlt. Die Thatsache ist richtig, aber die Klage ist falsch. Daß große Männer nicht erstehen, ist jedesmal eine Gesamtschuld und Jeder hat daran sein Theil zu tragen, und sobald dies allgemein erkannt und gefühlt wird, dann wird es auch an dem großen Mann nicht fehlen, der nun auch das richtige Verständniß und den richtigen Organismus findet, um seine Größe wirksam zu machen. Die bloße Unzufriedenheit ist nur kritisch, nicht productiv; damit die Unzufriedenheit fruchtbar werde, muß sie eintauchen in den schöpferischen Urquell alles Lebens. Ist unser Volksleben matt und gebrochen, fehlen ihm die Kräfte zu einer freistaatlichen Verfassung und hat es auch nicht das Vermögen, einen rechten König zu erzeugen, nun so bleibt keine andere Hülfe übrig, als daß das Volksleben aus der göttlichen Quelle seines Ursprungs getauft werde. Gediegene und lebendige Frömmigkeit war die Urkraft, durch welche David ein siechendes und sterbendes Volkswesen zu einer höheren Stufe seines Daseins erhoben hat. Je weniger diejenigen, denen es um Herstellung unseres volksthümlichen Gemeinwesens so ernstlich zu thun ist, je weniger sie in der Gegenwart diese volksbewegende Kraft der Frömmigkeit schauen, desto dringender möchte ich sie einladen, den Mann nach dem Herzen Jehovas auf seinem königlichen Stuhl recht genau zu betrachten, ob es ihnen nicht einleuchten sollte, daß alles öffentliche Wirken die höchste Weihe und die nachhaltigste Kraft aus der frommen Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott empfängt.

Ja, wären nur nicht die von der äußersten Rechten, welche alle politischen Sünden und Schanden mit Bibelsprüchen zudecken, dann wäre die Frömmigkeit auf der linken Seite nicht so verachtet und verhaßt. Aber merkt man denn nicht, daß alle Verachtung und aller Spott die unheimliche Macht der falschen Frömmigkeit nicht entwurzelt? In Rom war der Glaube längst dahin und ein Augur spottete über den anderen, und doch blieb der Aberglaube eine politische Potenz, die Niemand ungestraft ignorieren durfte. So ist es auch heute noch. Die Priester und Laienpfaffen des modernen Aberglaubens gebieten immer noch über die Zauberformeln, welche das Gewissen der Hohen und Gewaltigen einlullen. Dagegen verschlägt nicht Verachtung, Spott und Aufklärung. Der Aberglaube ist die eigentliche Citadelle der Reaction; wird diese nicht erobert, so bleibt die Freiheit illusorisch. Der Aberglaube kann aber nur auf seinem eigenen Grund und Boden entwurzelt werden, nur der Glaube ist im Stande, seine geheimnißvolle Macht zu brechen.

Wohlan denn, so sehe man sich einmal den König David an. Ist je Einer König von Gottes Gnaden gewesen, hier ist ein Solcher; hat jemals Einer sein Königthum als einen heiligen Dienst betrachtet, hier ist Einer, vor dem der heilige Ludwig sich beugt. Ist denn nun David ein Mann der Kreuzzeitung? Ist er ein Gesinnungsgenosse der falschen Propheten des modernen Königthums von Gottes Gnaden? Davids Königthum ist nicht eine Schranke gegen die Selbstständigkeit des Volksthums, im Gegentheil, die sittliche Potenz, die Selbstständigkeit des Volksbewußtseins und Volkslebens groß und herrlich zu machen. Sein Königsstuhl ist nicht eine isolierte und ängstlich behütete Erhabenheit, seine Krone nicht ein selbstzufriedenes höchstes Besitzthum, sein Scepter ist nicht ein magischer Zauberstab; sein Thron, seine Krone, sein Scepter sind nur die Werkzeuge seines königlichen Willens, sein ganzes Regiment ist Wahrheit, Gerechtigkeit, Kraft, Feuer, Leben für die Wohlfahrt seines Volkes und darum ist Alles, was er ist und was er thut, durch und durch volksthümlich im reinsten Sinne des Wortes. In der That, es ist so, aus der Geschichte Davids kann sich Jeder überzeugen, daß die scheinheilige Reaction die Bibel verfälscht hat; das Königthum, welches sie feiert, ist nicht in Jerusalem, sondern in Babel zu Hause. Wer diesen falschen Propheten gefolgt ist und darnach gehandelt, muß, wenn er nicht sein Gewissen verstecken will, vor dem Bilde des Königs David Abbitte thun.

Doch es sei hiermit genug der vorauslaufenden Andeutungen über die zeitgeschichtlichen Beziehungen dieser Vorträge. Möge dem Leser dieselbe Freude, Belehrung und Stärkung beschieden sein, welche mir der hier betrachtete Gegenstand seit vielen Jahren gewährt hat!

Rostock, 26. Februar 1862.

Baumgarten.

 

Erster Vortrag - Advent und Israels König.

 

Unter den Weihnachtserzählungen, welche Charles Dickens in früheren Zeiten zu veröffentlichen pflegte, geehrte Versammlung, befindet sich eine, welche darauf angelegt ist, die verschiedenen Weisen, wie das Weihnachtsfest in den Häusern gefeiert wird, anschaulich darzustellen und zwar um zu zeigen, welch eine Wirkung die lebhafte Vergegenwärtigung der mannichfaltigen Bilder, welche die Weihnachtsfreude veranschaulichen, auf ein menschliches Gemüth hervorzubringen vermag. Unbeschreiblich schön und sinnig werden die unterschiedlichen Gestalten der häuslichen Weihnachtsfeier hier geschildert; wir betreten die hellen und duftenden Gemächer der Wohlhabenden und wo nur die natürliche Regung des menschlichen Herzens nicht gänzlich ins Stocken gebracht ist, da erscheint der Ueberfluß des Lebens am heutigen Abend mit einem eigenthümlichen Lichte von Milde und Menschenfreundlichkeit überkleidet; aber auch in die Wohnungen der Dürftigen werden wir geführt und der Dichter versteht die äußere Aehnlichkeit dieses Zustandes mit der ersten und ursprünglichen Weihnacht vollkommen richtig, er zeigt uns, wie hier, was an Glanz und Genuß abgeht, durch Reinheit und Kraft der Empfindungen so reichlich ersetzt wird, daß die Armuth in dieser weihnachtlichen Verklärung als ein Schauspiel ohne Gleichen für alle richtigen Gemüther erscheint; auf die Straßen Londons werden wir hinausgeführt und wir schauen hier eine allgemeine Fröhlichkeit und athmen so zu sagen eine festliche Atmosphäre, wie sie nur einmal im Jahre zu haben ist; ja so kräftig und so allgemein ist diese Freude, daß ihre Töne auch da vernommen werden, wo Menschen aus ihrer Häuslichkeit herausgerissen in weite Fernen entrückt sind, wir hören, wie die beiden einsamen und stummen Lotsen in dem Leuchtthurm auf dem Riff des wilden Weltmeeres ein Weihnachtslied anstimmen und wie die Matrosen auf den Indienfahrern ihrer Heimath gedenken und sich gegenseitig „fröhliche Weihnachten“ zurufen. Wer sich dieses Alles vergegenwärtigt und dann seine eigenen Empfindungen aus früheren Selbsterfahrungen wachruft, der muß es sich gestehen: wundersam ist es mit der Weihnachtszeit, fast nicht anders, als wenn aus weiter tiefer Himmelsferne ein göttlicher Lebenshauch die kalte Erde und die starre Menschheit anfächelt und mit neuer Kindheit segnet. Aber freilich um den Geist dieser Erscheinungen zu deuten und zu verstehen, dazu gehört ein empfänglicher Sinn und in jedem Menschen wohnt eine unselige Kraft, welcher es ein Leichtes ist, alle diese Wahrnehmungen in ihre äußerlichen Elemente und Atome aufzulösen und ihrer belebenden Seele zu berauben. Dickens zeigt uns in jener Erzählung einen ergrauten Geizhals, dessen Herz zu Kieselstein verhärtet ist, und der deshalb Weihnachten als die Zeit der Faullenzer, Prasser und Bettler verabscheut. Aber eben an diesem alten Sünder soll die Wirkung der Weihnachtsfeier veranschaulicht werden. An der Hand eines ihm erscheinenden Geistes wird Master Scrooge in seine Jugendzeit zurückgeführt, die denkwürdigsten Weihnachtszeiten seines früheren Lebens schaut er noch einmal als Gegenwart und er wird inne, wie sehr ihm sein Herz durch den Lauf der Zeiten umgewandelt worden; sodann wird ihm ein Einblick eröffnet in das, was während der festlichen Stunden in den Häusern und Herzen vorgeht; und in der That, wenn wir dies Alles mit richtigem Sinn an uns vorübergehen lassen, so begreifen wir die wundersame Wirkung: Master Scrooge wird durch diese ihm vorgeführten Erscheinungen erschüttert und überwältigt, sein gänzlich erstarrtes Gefühl, wird wieder lebendig und er selbst wird von Stund‘ an ein neuer Mensch.

Der berühmte englische Schriftsteller hat mit dieser seiner Dichtung den innersten Sinn der Weihnachtsfeier ausgesprochen, daß sie nämlich das Fest einer neuen Schöpfung der Menschheit bedeutet, welche Neuschöpfung die Fesseln und Ketten der alten Menschheit sprengt und Tod und Nacht des alten Wesens in Licht und Leben verwandelt. Dickens hat Recht daran gethan, diesen tiefen geschichtlichen Sinn in der Feier des Festes, wie sie noch gegenwärtig in der christlichen Welt besteht, aufzuweisen. In der That kann nur derjenige, welcher auf diesen geschichtlichen Grund zurückgeht, die sinnreiche und geheimnißvolle Gegenwart unserer Weihnachtsfeier verstehen.

Zwar finden wir im vorchristlichen Heidenthum mehrfache Analoga zu unserem Weihnachtsfeste. Die Saturnalien der Römer in der zweiten Hälfte des December waren ein Freudenfest, an welchem die Sclaven ihr Menschenrecht genossen und Freunde sich gegenseitig beschenkten; im scandinavischen Norden wurde die traurige Winterzeit verherrlicht durch das Julfest, von welchem unser weihnachtliches Julklapp noch heute seinen Namen hat. Bei den Persern war am 25. December das Fest des Mithras, der Tag der siegenden Sonne. So wie das ganze Heidenthum wesentlich Naturreligion ist, so weisen uns auch diese Feste auf die Natur zurück, was namentlich bei dem letztgenannten unmittelbar einleuchtet. Aber eben deshalb kann auch unsere Weihnachtsfeier, obwohl sie der Zeit und äußern Erscheinung nach an jene Feste erinnert, aus diesen heidnischen Anfängen nicht erklärt werden. Wir sind überall mit dem Naturleben nicht mehr so unmittelbar verbunden, wie das Alterthum; wer von uns empfindet denn am 24. December etwas von der unbesiegbaren Kraft der Sonne, weil sie um eine Linie höher steigt? Eine andere Sonne muß es sein, als die am Horizonte schwebende und in trübem Nebenflor gehüllte, deren Strahlen durch die Herzen zucken wenn sie in Hütten und Palästen bei Jungen und Alten von der Weihnachtsfreude erwärmet und aufgethauet werden. Von einer Christin der ersten Jahrhunderte, von der Kappadocierin Nonna, der Mutter des Kirchenvaters Gregor von Nazianz, wissen wir, daß sie im schwersten Kummer und bei der tiefsten Betrübniß, sobald ein christliches Fest anbrach, ihre weißen Kleider anlegte und ihre Trauer in Festfreude auflöste. Sie wohnte mitten unter Heiden, aber ihre Festfreude ist etwas wesentlich Anderes, als die Ausgelassenheit der Saturnalien, als die Freude über die Sonnenwende, als das Julfest in der Falkennacht. Hier sehen wir nicht bloß einzelne Strahlen eines fernen Lichtes, sondern die gegenwärtige Kraft eines alle Finsterniß überwindenden Selbstlichtes; hier schauen wir nicht eine aus der Natur, sondern aus dem Reiche des Geistes stammende Lebensmacht, welche die Erde und die Menschheit dereinst urkräftig angerührt. Und alle unsre Weihnachtslichter und Weihnachtsgefühle, eine andere Quelle und eine geringere Ursache können sie nicht haben, als diese göttliche in die Geschichte eingetretene Lebensmacht. Freilich kann uns dann auch, sobald sich die Sache so verhält, nicht entgehen, daß die Weihnacht weit mehr bedeutet, als wir gewöhnlich von ihr zu empfangen pflegen. Die jungen Herzen hüpfen und die alten Herzen schlagen rascher und ein geheimnißvoller Zauber erfüllt die Atmosphäre der menschlichen Wohnstätten; aber sowie die Weihnachtslichter schnell herunterbrennen, so sind auch nur allzu häufig die festlichen Empfindungen gar bald entschwunden und es tritt wiederum ein der einförmige Gang des täglichen Lebens, welches sich in dem gewohnheitsmäßen und trägen Wechsel von Geschäft und Erholung abnutzt und von Jahr zu Jahr weniger empfänglich wird, die Weihnachtsgefühle der Kindheit zu verstehen und in sich zu erneuern. O wer hat es nicht oftmals vernommen, wenn er das menschliche Leben betrachtet, dieses heimliche Seufzen des Geistes der Menschheit, wie er unter dem Druck unwürdiger Knechtsarbeit sich nach Freiheit sehnt? O wen überkommt und ergreift dann nicht je zuweilen das unaussprechliche Verlangen, eines Lichtes theilhaftig zu werden, welches ihm nimmer ausgeht, sondern ihn in alle Dunkelheiten seines Weges hineingeleitet, eines Lebens, welches ihn mitten unter den Trümmern der Vergänglichkeit trägt und emporhält, einer Freude, welche wie himmlische Musik auch auf den schwierigsten und dunkelsten Bahnen seine Füße beflügelt und alle Dissonanzen des Weltgetümmels in schöne Harmonie aufzulösen vermag! Wohlan, dieses himmlische Licht, dieses ewige Leben, diese unvergängliche vollkommene Freude, diese wahrhafte und wesentliche Freiheit, dieser ganze Schatz der höchsten Güter liegt beschlossen in der der Weihnachtsfeier zu Grunde liegenden Geschichte, hier ist er zu heben und in Empfang zu nehmen und zur Legitimation des vollberechtigten Anspruches gehört weiter Nichts, als daß Einer ein Mensch ist, der Verlangen hat, seine alte und natürliche Menschheit mit einer neuen und göttlichen Menschheit zu überkleiden. Wenn wir es also mit Recht beklagen müssen, daß unsere erhebenden und festlichen Weihnachtsgefühle so flüchtiger Natur sind, so kann die Ursache davon nur darin liegen, daß wir es an uns selber fehlen lassen. Zwischen jedem Menschenherzen und dieser Weihnachtsbegebenheit liegen tausend Beziehungen, welche als gerade Linien Beides mit einander verbinden; nur an uns also ist es, jenes Himmelslicht, welches die Erdennacht dereinst wunderbar beleuchtete, mit vollen Zügen aufzunehmen und zum bleibenden, unzerstörbaren Hintergrund unseres Herzens zu machen.

Jede wiederkehrende Weihnachtsfeier ist für uns eine Einladung, in dieses höchste und innerste Heiligthum einzutreten, um die wahre Weihe und Salbung für das höhere Leben zu empfangen, und das Herannahen des Festes ist demnach eine ernste Mahnung, daß wir unsere Füße von dem Staub der Erde reinigen mögen. Im Hinblick auf das gegenwärtig bevorstehende Fest ist es mir daher nicht unpassend erschienen, daß wir einige Abendstunden daran wenden, um uns über einen Gegenstand zu unterhalten, welcher mit der Geschichte des Weihnachtsfestes in sehr naher Beziehung steht.

Die Weihnachtsbegebenheit ist diejenige Thatsache, in welcher sich das Göttliche und Menschliche, das Himmlische und Irdische zu dem wirklichen Anfang einer neuen und ewigen Menschheitsgeschichte zusammenwebt. Da nun Alles darauf ankommt, daß wir das himmlische Licht dieser Thatsache in seiner ganzen Kraft und Fülle in uns aufnehmen, so ist äußerst wichtig, ja unumgänglich nothwendig, daß wir dieselbe in ihrem wirklichen und geschichtlichen Zusammenhang zu erfassen und zu verstehen suchen. Denken wir uns nämlich jene heilige Begebenheit nur als einen Punkt, als ein einzelnes Moment, so können wir sie nicht festhalten, denn was wir festhalten, was wir in unser inneres gesamtes Leben aufnehmen sollen, das muß mit unserem ganzen menschlichen Sein und Leben, mit unserem menschlichen Denken und Fühlen in einer naturgemäßen Beziehung stehen, denn Alles, was diese Beziehung nicht aufweisen kann, muß uns bei näherer Betrachtung unheimlich und gespenstisch erscheinen, kann dann aber auch unmöglich eine heilsame Einwirkung auf unser Leben ausüben. Dabei ist nicht außer Acht zu lassen, daß die gegenwärtige Menschheit in ihrem Selbstbewußtsein ausgebildeter ist, als die frühere, die Kräfte und Ordnungen der Natur, die Gesetze der Geschichte, die Regeln des menschlichen Denkens sind gegenwärtig weit allgemeiner und genauer bekannt, als in früheren Zeiten. Was daher einem früheren unentwickelteren Selbstbewußtsein zum Verständniß einer Thatsache genügend erschien, ist oftmals für unser Denken höchst ungenügend, worüber ein früheres weniger scharfes und zartes Selbstbewußtsein ohne Anstoß hinwegging, das ist für uns nicht selten ein unübersteigliches Hinderniß. Daß nun die Weihnachtsthatsache dem angedeuteten Gesetze vollkommen genügt, daß sie an sich in einem wirklichen geschichtlichen Zusammenhang steht, der jedem menschlichen Bewußtsein vollkommen deutlich verständlich und zugänglich gemacht werden kann, das leidet keinen Zweifel. Aber diejenige Wissenschaft, welche für dieses heilige Geschäft berufen ist, hat darin von jeher viel versäumt, jetzt aber verwaltet sie dieses Geschäft vielleicht schlechter denn jemals. Entweder geht man von der Grundthatsache aus, sucht aber den Zusammenhang derselben durch Denkformen anschaulich zu machen, welche einer früheren Zeit entstammen, die schon zur Zeit ihrer Entstehung nicht ganz entsprechend waren, jetzt aber jedem gebildeten Bewußtsein sofort als unzulässig erscheinen müssen. Oder man geht von dem Stand der gegenwärtigen Bildung und der herrschenden Denkart aus, aber man gelangt nicht bis zu der Wirklichkeit jener göttlichen Thatsache, welche man sodann entweder als ein rein Unverständliches stehen läßt oder auch in etwas Anderes, in ein willkührlich Erdachtes umsetzt. Wenn daher gegenwärtig Tausende von Weihnachtskerzen brennen, welche an jene himmlische Klarheit, welche auf dem Felde zu Bethlehem einst geleuchtet hat, gar keine Erinnerung wachrufen und deshalb auch erlöschen, ohne in den Herzen eine Spur zurückzulassen, so kommt dieses zu einem großen Theil auf Rechnung jener theologischen Versäumnisse. Aus diesem Grunde beabsichtige ich, geehrte Anwesende, Ihre Aufmerksamkeit auf ein hervorragendes Moment des geschichtlichen Zusammenhanges, welches in den heiligen Urkunden über die Begebenheit des bevorstehenden Festes wie kein anderes hervorgehoben wird, hinzulenken. Die himmlische Ankündigung Jesu von Nazareth, welche Maria seine Mutter empfängt, lautet: „du wirst einen Sohn gebären, der wird groß und ein Sohn des Höchsten genannt werden und Gott der Herr wird ihm den Stuhl seines Vaters David geben und er wird ein König sein über das Haus Israel ewiglich“ (Luk. 1, 31-33). Den Hirten auf dem bethlehemitischen Felde sagt der himmlische Bote: „euch ist heute ein Retter geboren, welcher ist ein Gesalbter und Herr, in der Stadt Davids“ (Luk. 2, II). Zacharias der Vater des Täufers preist den Gott Israels, daß er seinem Volke aufgerichtet habe ein Horn der Rettung „in dem Hause seines Knechtes David“ (Luk. 1, 68). Diesen Ankündigungen, welche die Geburt Jesu begleiten, entsprechend rufen nachher die Hülfsbedürftigen Jesum an mit dem Worte: „Jesu du Sohn Davids erbarme dich unser“ (Matth. 9, 27. 20, 30. 33) und so geläufig und bedeutsam ist diese Anrufung, daß selbst die Kanaaniterin, welche nicht zum Volke der Juden gehörte, Jesum mit derselben Benennung um Hülfe anficht (Matth. 15, 22). Und endlich als Jesus seinen königlichen Einzug hält in Jerusalem, ist es wiederum diese seine Abstammung vom König David, welche das jubelnde Volk und die singenden Kinder feiern (Matth. 21, 9. 15). Wir sehen also, gleich bei seiner Geburt wird Jesus vom Himmel her als der Sohn Davids verkündigt, und als Sohn Davids wird er in Freud und Leid von seinem Volke begrüßt und verherrlicht. Es muß diese bedeutsame und nachdrückliche Verknüpfung des Namens Jesu mit dem Namen seines königlichen Ahnherrn doch wohl Etwas mehr besagen, als daß Joseph sein Pflegevater und vielleicht auch seine Mutter Maria aus dem Hause Davids abstammten; David, sein Thron und sein Reich muß offenbar eine wichtige und bedeutsame Beziehung zu Jesu und seinem himmlischen Königreiche haben und es muß deshalb über den geschichtlichen Zusammenhang der Geburt Jesu Licht verbreiten, wenn wir uns die Persönlichkeit und Geschichte Davids klar machen. Und dieses ist eben der Gegenstand, für welchen ich Ihre Theilnahme in Anspruch nehmen möchte.