Demon Road (Band 2) - Höllennacht in Desolation Hill - Derek Landy - E-Book

Demon Road (Band 2) - Höllennacht in Desolation Hill E-Book

Derek Landy

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Beschreibung

Der zweite Band von Derek Landys neuer Trilogie ist wieder ein schwarzhumoriger Höllenritt durch die Klassiker des amerikanischen Horrorkinos. Haarsträubender Lesespaß für alle Fans von Skulduggery Pleasant, Supernatural oder Stranger Things. Wenn ihr glaubt, Dämonen könne man nicht reinlegen, dann solltet ihr euch mal mit Amber unterhalten! Desolation Hill ist nur scheinbar ein friedliches Städtchen. Jedes Jahr findet hier ein großes Festival statt. Alle Fremden müssen die Stadt verlassen und die Kinder werden in Panikräumen eingeschlossen. Nur die Erwachsenen wissen genau, was in der Höllennacht passiert. Und sie können gar nicht erwarten, dass es endlich losgeht. Als kurz vor Einbruch der Dämmerung ein kleiner Junge verschwindet, ist Amber Lamont eines klar: Hier hat mal wieder jemand einen Pakt mit Dämonen geschlossen und eine unschuldige Seele muss geopfert werden. Aber da schaut Amber nicht lange zu! "Höllennacht in Desolation Hill" ist der zweite Band der Demon Road-Reihe. Der Titel des ersten Bandes lautet "Hölle und Highway". Mehr Infos zu Demon Road und der Psychotest "Wie dämonisch bist du?" unter: www.demonroad.de

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Inhalt

Widmung

Kapitel 1 – Sie lebten noch, …

Kapitel 2 – Alle Köpfe drehten …

Kapitel 3 – Die Nacht schleppte …

Kapitel 4 – Dieses Mal war …

Kapitel 5 – Sie brauchten länger …

Kapitel 6 – Virgil fand das …

Kapitel 7 – Es klopfte an …

Kapitel 8 – Auf der Straße, …

Kapitel 9 – Austin Cooke rannte. …

Kapitel 10 – Der Lieferwagen war …

Kapitel 11 – Amber verbrachte auch …

Kapitel 12 – Ihm war, und …

Kapitel 13 – Ambers Hände wurden …

Kapitel 14 – Die Bar hieß …

Kapitel 15 – Die Polizeiwache von …

Kapitel 16 – Die Wahlurne stand …

Kapitel 17 – Amber erwachte und …

Kapitel 18 – Die Sonne war …

Kapitel 19 – Amber war wieder …

Kapitel 20 – Kelly und Linda …

Kapitel 21 – Sie aßen ihr …

Kapitel 22 – Sie fuhren denselben …

Kapitel 23 – Schluchzend trat Amber …

Kapitel 24 – Die Straße war …

Kapitel 25 – Oscar Morenos Heimwerkermarkt …

Kapitel 26 – Betty Lamont versetzte …

Kapitel 27 – Ihre Eltern verwandelten …

Kapitel 28 – Officer Thornton wurde …

Kapitel 29 – Amber erwachte mit …

Kapitel 30 – Virgil fuhr sie …

Kapitel 31 – Der Dürre Mann …

Kapitel 32 – Astaroth hatte von …

Kapitel 33 – Sie rief Milo …

Kapitel 34 – Amber saß auf …

Kapitel 35 – Es tat gut, …

Kapitel 36 – Ronnie fuhr, Linda …

Kapitel 37 – Oscar Morenos Wagen …

Kapitel 38 – Der Himmel war …

Kapitel 39 – Es war gerade …

Kapitel 40 – Amber verwandelte sich, …

Kapitel 41 – Kelly lehnte sich …

Kapitel 42 – Wenigstens konnten sie …

Kapitel 43 – Amber humpelte zum …

Kapitel 44 – Sie hielten vor …

Kapitel 45 – Die Scheune war …

Kapitel 46 – Austin hatte Coles …

Kapitel 47 – Amber lag im …

Kapitel 48 – Das Erste, was …

Kapitel 49 – Das Motel Dowall …

Kapitel 50 – Austin wusste, dass …

Kapitel 51 – Die Stadt war …

Kapitel 52 – Ein Haufen gottverdammter …

Kapitel 53 – Irgendwo in Desolation …

Kapitel 54 – Eine ganze Weile …

Kapitel 55 – In Virgils Haus …

Kapitel 56 – Amber war schon …

Kapitel 57 – Der Edison-Felsen ragte …

Kapitel 58 – Amber rollte sich …

Kapitel 59 – Am Morgen lag …

Alle bereits erschienenen Titel von Derek Landy beim Loewe Verlag

Über den Autor

Weitere Infos

Impressum

Dieses Buch ist all den Horror-Ikonen gewidmet, die verstorben sind, während es geschrieben wurde.

Für Gunnar Hansen, Angus Scrimm und den großartigen Wes Craven. Ikonen. Inspiration. Helden.

1

Sie lebten noch, als sie den kleinen Rasthof gleich außerhalb von Whitehorse in Yukon betrat.

Vierzehn Menschen, einschließlich des Kochs und der Kellnerin mit dem schlecht gefärbten Haar.

Zu dieser späten Stunde sahen alle müde aus. Sie aßen noch eine Kleinigkeit, tranken Kaffee, lasen Zeitung oder waren mit ihrem Smartphone beschäftigt. Keiner schaute auf, als Amber hereinkam. Niemand sagte etwas. Aus der kleinen Küche drang Musik in den Gastraum. Irgendetwas von Bon Jovi. Hier drin war sie sicher. Niemand wollte sie hier umbringen. Es gelang ihr immer besser, die verräterischen Zeichen zu erkennen.

Sie ging direkt zur Toilette. Es war eisig kalt dort und nicht sonderlich sauber, aber sie machte sich nichts daraus. Sie hatte während der vergangenen Tage schon an schlimmeren Orten gepinkelt.

Als sie fertig war, wusch sie sich die Hände. In dem gesprungenen Spiegel über dem gesprungenen Waschbecken sah sie ihr völlig zerzaustes Haar und die Ränder unter ihren rot geäderten Augen. Ihre blasse Haut war fleckig. Sie sah aus wie ein verängstigtes Mädchen, das von zu Hause abgehauen war und dringend eine Dusche brauchte.

Komisch.

Ambers Magen knurrte und sie drehte den Wasserhahn zu, trocknete die Hände an ihrer Jeans und verließ die Toilette.

Da waren sie alle tot.

Sie erstarrte. Ihr Mund wurde trocken, ihre Knie wurden weich und sämtliche Nervenenden vibrierten und drängten sie wegzulaufen. Aber es ging nicht. Ihre Beine gehorchten ihr nicht. Sie konnte sich kaum aufrecht halten.

Einige waren dort getötet worden, wo sie gerade saßen, andere, während sie versucht hatten zu fliehen. Zu Tode geprügelt, alle miteinander. Eine Frau in einer braunen Strickjacke war über ihrem Tisch zusammengebrochen. Aus einer ekligen Wunde am Hinterkopf floss Blut. Einem Trucker im karierten Hemd war die ganze rechte Gesichtshälfte eingeschlagen worden. Die Kellnerin hatte man über den Tresen gezerrt. Blut tropfte aus der klaffenden Wunde an ihrer eingedrückten Schläfe und bildete eine immer größer werdende Lache auf dem Boden. Den Koch sah sie zwar nicht, aber Amber wusste, dass er auf dem Küchenboden lag. An der Wand klebte sein Blut.

Es waren vierzehn Menschen gewesen, als sie hereinkam. Jetzt waren es vierzehn Leichen. Nur am Tisch gleich neben der Tür saß mit dem Rücken zu ihr eine fünfzehnte Person. Der Mann trug einen Overall und eine Baseballkappe und sang das Lied mit, das im Radio gespielt wurde. Every Rose Has a Thorn von Poison.

Der Tisch bewegte sich auf sie zu. Kam immer näher. Nein, nicht der Tisch bewegte sich, sondern sie. Stirnrunzelnd blickte sie auf ihre Füße, als die den nächsten Schritt machten. Offenbar waren sie auf dem Weg nach draußen und nahmen den Rest von ihr mit. Ihr war das recht. Bei all den Leichen wollte sie ohnehin nicht bleiben. Sie musste lediglich an diesem Typen vorbei, dann konnte sie hinauslaufen auf die ruhige Straße und nach Milo rufen. Er würde im Charger angebraust kommen und sie konnten sich aus dem Staub machen. Alles ganz easy. Kein Problem.

Vor dem Mann im Overall lag ein Zimmermannshammer auf dem Tisch. Er war voller Blut und ein Stück Kopfhaut hing noch daran.

»Wie geht’s?«, erkundigte er sich.

Amber zuckte zusammen.

Er hatte keine freundliche Stimme. Sie klang seltsam angestrengt, so als hätte er die meiste Zeit seines Lebens gebrüllt.

Sie hielt den Blick auf die Tür gerichtet und machte noch einen Schritt. Und noch einen.

»Du bist Amber, nicht wahr?«

Sie blieb stehen.

»Ja«, sagte der Mann, »du bist es. Ich hab was anderes erwartet, um ehrlich zu sein. Nach allem, was du vollbracht hast, hab ich etwas …« Er leckte sich über die Lippen. »… Beeindruckenderes erwartet.«

Sie schaute zu ihm hin. Musste es einfach tun. Langsam und widerwillig wanderte ihr Blick von der Tür zum Tisch. Zuerst betrachtete sie den Zimmermannshammer, dann die Reste der Pastete, die der Mann gegessen hatte. Dann seine rauen, abgearbeiteten Hände und die blutbespritzten Ärmel seines Overalls. Er war klein, vielleicht nur vier oder fünf Zentimeter größer als Amber selbst, und sehr schlank. Drahtig. Er hatte ein schmales Gesicht, ein spitzes Kinn und ein hässliches Lächeln. Keine Haare. Auf seiner Kappe war irgendein verblichenes Logo, das Amber nicht erkennen konnte. Schließlich blieb ihr Blick an seinen Augen hängen und ein ganz seltsames Schwindelgefühl überkam sie.

»Du hast den Stellvertreter des Leuchtenden Dämons umgebracht, stimmt’s?« Der Mann redete mit einem Akzent. Er kam wahrscheinlich aus den Südstaaten. »Hast ihn plattgemacht, wie? Mir gefällt dein Stil. Ich hab jahrelang nach der optimalen Methode gesucht, den Scheißkerl umzubringen, jetzt bist du mir zuvorgekommen.«

»Was willst du?«

»Es geht nicht darum, was ich will, Kleine, sondern darum, was du mir geben kannst.« Er stand langsam auf. Amber trat einen Schritt zurück. »Du bist mein Ticket«, sagte er.

»Wozu?«

Er holte tief Luft und breitete die Arme aus. »Zu alldem hier.« Dann ließ er den rechten Arm sinken und nahm den Hammer vom Tisch.

»Warum hast du die ganzen Leute umgebracht?«

»Es hat mich niemand davon abgehalten. Außerdem hatte ich schon ewig keine Gelegenheit mehr, Leute umzubringen. Weißt du, wie es ist, Kleine, hast du auch nur die leiseste Ahnung, wie es ist, irgendwo mitten in der Pampa zu hocken, in einer Stadt, in der es keine größere Herausforderung gibt, als eine echte Jungfrau zu finden, der man nachstellen kann? Herr im Himmel, was ist nur los mit den jungen Mädchen von heute? Ich bin altmodisch und entschuldige mich nicht dafür. Mir gefällt es, Jungfrauen nachzustellen und sie zu töten. Jungfrauen sind rein an Leib und Seele, und genau so mag ich sie. Aber finde mal eine, vor allem eine, die sich noch in irgendeiner Form wehren kann. Denn seien wir ehrlich: Wenn das Töten zu einfach ist, lohnt es sich doch kaum. Hab ich recht? Ich sag dir was: Mädchen, die dieses bestimmte Kriterium erfüllen, sind mehr als selten. Solche Jungfrauen sind eine aussterbende Art und das ist ausgesprochen traurig.« Er kniff die Augen zusammen. »Sag … du bist nicht zufällig noch Jungfrau, oder?«

Amber antwortete nicht.

»Das ist doch mal wieder typisch«, fuhr der Mann fort. »Da findet man endlich eine Jungfrau und dann darf man sie nicht umbringen.«

»Du darfst nicht?«, fragte Amber und runzelte die Stirn.

»Nein, der Befehl lautet: »Nicht umbringen.« Ich bin nicht hier, um dich zu töten, sondern um dich zurückzubringen.«

»Du arbeitest für Astaroth.«

»Du duzt dich mit dem Leuchtenden Dämon? Muss ein gutes Gefühl sein. Aber ja, ich bin schuldig im Sinne der Anklage, wie ich bei meinem Prozess gesagt habe. Du hast es geschafft, den Höllenhunden immer einen Schritt voraus zu sein, was nur wenigen über eine so lange Zeit hinweg gelungen ist. Doch jetzt hat der Profi die Sache in die Hand genommen und macht Schluss mit diesen Mätzchen.«

»Ich habe Geld«, sagte sie. »Ich kann dich dafür bezahlen, dass du gehst.«

Der Mann lachte. »Geld? Dafür habe ich keine Verwendung. Außerdem kannst du sein Angebot nicht toppen.«

»Und wenn doch?«

»Er bietet mir Freiheit, Kleine. Ich hab einen Fehler gemacht, als ich meinen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe. Das geht vielen von uns so. Wir sind fixiert auf die Leute, die uns geschnappt haben. Ich wollte nur eines: Mich an diesem kleinen Nest rächen. Aber als ich damit durch war, konnte ich nicht mehr von dort weg. Außerhalb seiner Grenzen hat es mich nicht mehr gegeben. Der Leuchtende Dämon wird mein, äh, Aufgabengebiet erweitern. Ich werde reisen können. Menschen an ganz neuen Orten töten. Und das ist nur ein Vorgeschmack auf mehr. Schau mich an – Elias Mauk tötet in Kanada. Ich leg jetzt richtig los!«

»Ich … ich habe über dich gelesen.«

»Ich fühle mich geschmeichelt.«

»Du bist tot.«

»Auch das.«

»Du bist hingerichtet worden.«

»Gebraten«, sagte er und riss sich die Kappe vom Kopf. Um seinen Schädel lief da, wo der elektrische Strom verlaufen war, wie ein breites Band eine noch offene Wunde. Selbst aus einiger Entfernung roch Amber noch die verbrannte Haut.

Mauk setzte seine Kappe wieder auf und grinste. »Sie warfen mir vor, ich hätte zweiundzwanzig Leute umgebracht. Dabei waren es eher um die vierzig. Aber das war noch zu meinen Lebzeiten. Seit dem elektrischen Stuhl ist mein Leichenkonto beständig angewachsen. Und nach der Sache jetzt wird es explodieren.«

Er machte einen Schritt auf sie zu und sie wich zurück und hob die Hände.

»Ich will nicht gegen dich kämpfen müssen«, sagte sie.

»Aber Amber, bitte enttäusche mich nicht! All die Leute umzubringen ist furchtbar einfach für jemanden wie mich. Du musst schon ein bisschen Widerstand leisten.«

»Du bist nicht der erste Serienmörder, gegen den ich kämpfe«, informierte ihn Amber. »Nicht einmal der erste aus dem Grab auferstandene Serienmörder. Ich habe Dacre Shanks getötet.«

»Shanks ist nichts im Vergleich zu mir.«

»Nicht mehr, da hast du recht. Er war hinter mir her und ich habe ihn umgebracht. Jetzt ist er tot, und zwar die Art von tot, von der man nicht zurückkommt. Ich töte auch dich.«

»Oh, ich mag es, wenn du so selbstbewusst bist. Da kriege ich glatt Schmetterlinge im Bauch. Aber Shanks war gar nichts«, wiederholte Mauk. »Man brauchte ihm nur seinen heiß geliebten Schlüssel wegzunehmen – was hatte er denn dann noch zu bieten? Stimmt es eigentlich – war er in einem seiner eigenen Puppenhäuser gefangen, als du ihn entdeckt hast? Ich hab gehört, dass er in einem seiner Puppenhäuser gefangen war. Das ist echt witzig. Wie hast du ihn umgebracht? Hast du ihn zertreten? Schwer genug bist du ja!«

»Ich habe anders ausgesehen, als ich ihn umgebracht habe«, erwiderte Amber.

»Ach ja?«

»Ach ja«, sagte sie und verwandelte sich.

Ihre Knochen wuchsen in die Länge und richteten sich neu aus. Sie wurde größer. Ihre überzähligen Pfunde verteilten sich auf ihrem neuen Körper und sie wurde schlanker. Ihr braunes Haar wurde schwarz, ihre Haut rot und aus ihrer Stirn wuchsen zwei ebenholzfarbene Hörner, die sich nach hinten bogen.

»Mannomann«, flüsterte Mauk. »Du siehst echt wunderschön aus.«

Sie packte ihn wortlos, riss ihm den Hammer aus der Hand, den er gerade schwingen wollte, und ließ ihn fallen. Sie wusste, dass sie wunderschön war. Mühelos hob sie Mauk hoch und schleuderte ihn über den Tisch. Als sie ihm nachging, sah sie kurz ihr Spiegelbild und ihre plötzliche Schönheit hätte sie fast zum Innehalten gebracht. Sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt. Eine leichte Veränderung ihrer Züge, mehr brauchte es nicht, um sie vom hässlichen Entlein in einen faszinierenden Dämon zu verwandeln.

Hässlich. Sie hatte sich nie so bezeichnet. Viele andere hatten es getan, in ihren grausameren Momenten, sie selbst jedoch nie. Sie fragte sich auch nicht, was es zu bedeuten hatte, als Mauk jetzt einem toten Gast ein Steakmesser abnahm. Es berührte sie nicht. Als Dämon berührte sie herzlich wenig.

Es war unglaublich, aber Mauk lächelte, als er auf sie zukam. Ihre Haut verfestigte sich, schwarze Schuppen bildeten sich und das Messer ratschte über ihre Rüstung, ohne sie zu verletzen. Er versuchte noch einmal, auf sie einzustechen, doch sie war viel zu schnell. Sie packte sein Handgelenk und verdrehte es. Das Messer fiel ihm aus der Hand, sie versetzte ihm zwei Schläge und er schwankte. Sie legte die Hand auf seinen Hinterkopf und im nächsten Moment lag er, alle viere von sich gestreckt, auf dem Boden.

Ihre Hände wurden zu Klauen. »Du hättest verschwinden sollen, wie ich es dir geraten habe.«

Mauk drehte sich stöhnend um und schaute sie an. Er lächelte immer noch. Das gefiel ihr gar nicht. Sie war es gewohnt, dass Leute sich über sie hinwegsetzten, solange sie die gute alte, rein menschliche Amber war, aber nicht in diesem Zustand. Als Dämon verlangte sie Respekt.

»Oh, tut mir leid«, sagte Mauk. »Du glaubst, du gehst als Siegerin aus diesem Geplänkel hervor? Um mich zu besiegen braucht es entschieden mehr als ein paar Schläge.« Er stand auf. »Ich … also, ich spiele gern, bevor ich jemanden töte. Und meine Spielkameraden, nun … sie tun, was immer ich ihnen sage. Stimmt doch, meine Freunde, oder?«

Amber spannte die Muskeln an. Sie erwartete, dass die Tür aufflog und Verstärkung hereinkam. Doch nach einer Weile begannen sich die Leichen zu regen. Sämtliche Toten im Rasthof standen auf und kamen aus ihren Nischen. Amber hörte einen entfernten Teil von sich schreien.

2

Alle Köpfe drehten sich zu ihr um und tote Augen öffneten sich. Amber wich zurück, als die Gäste auf sie zukamen. Ihre Mienen waren ausdruckslos und die Gesichter gesprenkelt mit ihrem eigenen Blut.

»Bleibt zurück«, warnte Amber und versetzte der Kellnerin einen Stoß. »Fasst mich nicht an. Untersteht euch …«

Sie packten sie und sie wehrte sich fluchend. Sie wollte sie nicht schlagen, ihnen nicht wehtun, aber sie waren ja bereits tot, für sie war ohnehin alles zu spät. Also setzte sie ihre Klauen ein, boxte und verteilte Kopfstöße, aber sie kreisten sie ein, und bald konnte sie ihre Arme nicht mehr bewegen. Einer hatte sie am Hals gepackt und sie wurde nach hinten gestoßen. Diese Mauer aus Leichen arbeitete wie ein Mann, drängte sie in eine Nische, stieß sie bäuchlings auf die Bank und legte sich auf sie, bis sie fast keine Luft mehr bekam.

»Ruf sie zurück!«, schrie sie. »Ruf sie zurück!«

Durch das Durcheinander aus Gliedmaßen sah sie, wie Mauk den Zimmermannshammer auf den Tisch legte. Dann machte er einen Schritt nach hinten und zog ein Säckchen aus seinem Overall. Er steckte die Hand hinein, und als er sie wieder herauszog, war ein schwarzes Pulver darin. Er kauerte sich hin und sie verlor ihn aus den Augen, aber sie wusste, was er tat. Er streute einen Kreis.

»Wir machen jetzt einen kleinen Ausflug«, verkündete er.

»Ich bring dich um, ich schwör’s.«

Er hob den Kopf, damit sie ihn wieder sehen konnte. »Hey, wenn du nett zu mir bist, bin ich auch nett zu dir. Der Leuchtende Dämon hat mir nur aufgetragen, dich zu ihm zu bringen. In welchem Zustand er dich haben will, hat er nicht gesagt.« Damit verschwand er wieder aus ihrem Blickfeld.

Sie lauschte auf das leise Zischen des Pulvers. Sechs oder sieben Leute lagen auf ihr, aber sie rührten sich nicht. Sie atmeten nicht einmal. Ambers Blick wanderte zum Zimmermannshammer. Sie versuchte, ihn zu fassen zu bekommen, konnte die Arme aber nicht bewegen. Keine Chance.

Als Mauk fertig war, richtete er sich auf, steckte das Pulversäckchen wieder ein und setzte sich auf die Bank ihr gegenüber. Dann zog er den Hammer näher zu sich heran.

»Deine Eltern waren hinter dir her, stimmt doch, oder?«, fragte er. »Ich hab alles über sie und ihre Freunde gehört. Sie wollten tatsächlich von deinem Fleisch essen? Das ist echt krass, wenn du mich fragst. Aber du bist ihnen entkommen – du, ein sechzehnjähriges Mädchen, bist ein paar mehrere Hundert Jahre alten Dämonen entkommen. Und nicht nur das, du hast den Stellvertreter getötet und genauso Shanks, diesen überschätzten Haufen Scheiße, und hast es geschafft, die Höllenhunde abzuhängen.« Er pfiff bewundernd. »Klar, sie schnappen dich irgendwann. Das ist unvermeidlich. Astaroth hetzt die Hunde auf dich und sie geben nicht auf, bis sie dich haben. Dagegen bist du machtlos. Du kämpfst nicht gegen die Höllenhunde, weil du sie nicht besiegen kannst. Zumindest hab ich noch nie gehört, dass es jemand geschafft hätte. Vor ihnen verstecken kannst du dich auch nicht. Sie sind hinter dir her und hinter jedem, mit dem du unterwegs bist. Sie haben deinen Geruch aufgenommen. Aber schau dich an. Du bist immer noch auf der Flucht. Das will was heißen, kleiner Dämon. Es heißt, dass man dich nicht unterschätzen darf.« Er legte ein Paar Handschellen auf den Tisch. »Deshalb muss ich Vorsichtsmaßnahmen treffen, wenn ich dich dem Leuchtenden Dämon übergeben will.«

Die Leichen auf ihr regten sich, zogen ihren rechten Arm nach oben und hielten die Hand auf dem Tisch fest.

»Du wirst die hier tragen«, sagte Mauk. »Ich tu’s nur ungern. Ich war gefesselt, als sie mich geschnappt haben, und es hat mir nicht sonderlich gefallen. Einer so schönen Bestie, wie du eine bist, Handfesseln anzulegen, erscheint mir ein Verbrechen von gewaltigem Ausmaß. Aber ich werde dich nicht unterschätzen.« Er öffnete die Fesseln und legte sie dann beiseite. »Und mit dieser Absicht im Hinterkopf muss ich mir jetzt etwas einfallen lassen in Bezug auf deine Krallen. Man kann nie wissen, welchen Unsinn du dir mit diesen Dingern einfallen lässt. Also müssen wir auch dagegen etwas unternehmen.«

Er nahm den Hammer und die Leichen drückten ihre Hand flach auf den Tisch.

Amber geriet in Panik. »Was tust du da? Was hast du vor? Sag ihnen, sie sollen mich loslassen. Sag es ihnen!«

Mauk drückte mit der freien Hand ihren Daumen nach unten. Sie ließ eine Kralle wachsen, versuchte, ihn zu kratzen, doch er lachte nur und hob den Hammer.

»Tu’s nicht«, bat sie. »Bitte, tu’s nicht. Ich schwöre, ich …«

»Das ist der Daumen«, sagte Mauk und ließ den Hammer heruntersausen.

Der Schmerz schoss durch Ambers Körper und sie schrie. Sie versuchte, zu treten und um sich zu schlagen, doch bei dem Gewicht all der Leichen auf ihr war es nicht möglich. Tränen traten ihr in die Augen und kullerten ihre Wangen hinunter. Der Schmerz war so gewaltig, dass sie fast nicht merkte, wie er ihren nächsten Finger zurechtlegte.

»Nein!«, schrie sie. »Bitte nicht!«

Dieses Mal machte er sich nicht die Mühe, etwas dazu zu sagen. Mit einem vergnügten Lächeln zertrümmerte er auch die Knochen ihres Zeigefingers.

»Du Scheißkerl!«, heulte Amber. Sie schluchzte. Sie schluchzte tatsächlich. »Ich bring dich um, du Scheißkerl. Ich bring dich um, ich reiß dir alle …«

Der Hammer sauste auf den Mittelfinger nieder und Amber konnte nur noch schreien. Dann war der Ringfinger dran und schließlich der kleine Finger. Endlich ließen die Leichen sie los. Sie versuchte ihren Arm dicht an ihren Körper zu ziehen, doch dazu hätte sie ihn durch das Leichengewirr manövrieren müssen. Also hielt sie den Arm ausgestreckt in der Luft, während sie weinend nach Atem rang.

Dann bewegten sich die Leichen erneut. Jetzt hielten sie ihre linke Hand fest.

»Nein!«, schrie sie, versuchte, sie unter ihrem Körper zu halten, eingezwängt zwischen ihrer Brust und dem billigen Polster. Doch die Leichen drehten sie auf den Rücken, und während ihr linker Arm aus dem Durcheinander herausgezogen wurde, geriet ihr rechter Arm dazwischen. Ihre gebrochenen Finger zuckten und schickten neue Schmerzwellen direkt in ihre Gedanken, blendeten sie, vereisten sie, schnitten mitten hinein und zerfetzten sie. Als die letzte Welle den Scheitelpunkt erreicht hatte und Amber wieder klar denken konnte, war ihr Gesicht fest gegen irgendjemandes Brust gedrückt. Sie spürte die Tischplatte unter ihrer linken Handfläche und Mauks Finger an ihrem Daumen und schloss die Augen.

Der Hammer traf sein Ziel und sie keuchte.

Er traf sein Ziel noch einmal. Und noch einmal. Jetzt schrie sie wieder, doch es änderte nichts. Nur noch zwei ihrer Finger waren heil und Mauk sorgte rasch dafür, dass es nur noch einer war. Sie kämpfte gegen den Drang, sich zu übergeben. Wenn sie sich übergab, würde sie an ihrem eigenen Erbrochenen ersticken.

»Und dieser kleine Schlingel isst die ganzen Pflaumen auf«, sagte Mauk und zertrümmerte auch ihren kleinen Finger.

Während sie noch schrie, stiegen die Leichen von ihr herunter. Nach und nach wurde der Druck weniger, sie konnte wieder den Kopf drehen und Luft holen zum Weinen. Jemand – wahrscheinlich Mauk – hielt ihre Hände in seinen. Seine Haut war rau, schwielig. Sie spürte kaum, wie die Handfesseln sich um ihre Handgelenke schlossen. Nachdem die letzte Leiche von ihr heruntergestiegen war, setzte sie sich auf.

»Das hätten wir«, sagte Mauk. »So schlimm war das doch gar nicht, oder?«

Sie fuhr sich mit dem Unterarm über die Augen – diese Bewegung allein reichte schon, um sie erneut in Tränen ausbrechen zu lassen – und schaute ihn dann blinzelnd an.

Er saß lächelnd da. »Ich hab das nur ungern getan, aber ich bin ein vorsichtiger Mensch. Wie ich sehe, hast du auch spitze Zähne. Tun wir uns gegenseitig einen Gefallen und du versuchst, mich nicht zu beißen, okay? Es wäre mir sehr unangenehm, wenn ich sie dir einzeln einschlagen und dein wunderschönes Lächeln ruinieren müsste. Es ist doch wunderschön, oder? Ich wette, das ist es. Lächle für mich. Komm schon. Nur ein kleines Lächeln.«

Ihre Dämonenseite wollte fauchen und schnappen und höhnisch grinsen, aber ihre menschliche Seite, die hässliche, gewöhnliche, schwache Seite, wollte einfach keine weiteren Schmerzen mehr erdulden müssen.

Sie hob die Mundwinkel zu einem zuckenden, erbarmungswürdigen Lächeln.

»Wusste ich es doch«, sagte Mauk. »Ich hab mich oft gefragt, wie viel besser ich aussehen würde, wenn Astaroth einen Dämon aus mir gemacht hätte, anstatt mir die Gaben zu verleihen, um die ich ihn gebeten habe. Auf jeden Fall wäre ich schon mal größer, was?« Er kicherte und glitt aus der Nische. »Dann komm jetzt, Mädelchen. Der Leuchtende Dämon wartet nicht gern.«

Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Amber die Nische auf wackligen Beinen verlassen konnte. Der Kreis aus schwarzem Pulver, den Mauk ausgestreut hatte, war gerade groß genug, dass sie beide darin stehen konnten.

»Komm jetzt«, forderte Mauk sie erneut auf. »Aber zertrete den Kreis nicht.«

Sie wollte weglaufen, doch die Leichen beobachteten sie und sie konnte nicht kämpfen, nicht mit den Handschellen und nicht, solange die leichteste Berührung sie auf die Knie zwingen würde.

Mauk streckte die Hand aus. »Komm, Amber. Zeit, dass wir diesem Teufel geben, was ihm zusteht.«

Amber machte den ersten Schritt und Scheinwerferlicht drang durch die Scheibe, als ein schwarzer 1970er Dodge Charger direkt vor der Eingangstür hielt.

Mauk duckte sich leicht. »Verdammt.«

Die Kellnerin legte Amber eine Hand auf den Mund und dämpfte ihren Schmerzensschrei, als sie nach hinten gezerrt wurde. Die anderen Leichen gingen auf ihre Plätze zurück, während Mauk sich an den Tresen stellte, die Kappe tief ins Gesicht gezogen, und tat, als studierte er die Speisekarte.

Die Tür ging auf und Milo kam herein.

Groß, in Jeans, Cowboystiefeln und einem dunklen Hemd, graue Strähnen im Haar und in den Bartstoppeln, sah er so gut aus, dass die Leute sich normalerweise aufrechter hinsetzten und ihn beobachteten. Nicht so an diesem Abend. Die Leichen blieben mit gesenkten Köpfen in sich zusammengesunken sitzen.

Mauk trat von hinten an ihn heran. »Sie wünschen, Sir?«

Milo drehte sich um, als Mauk den Hammer schwang. Er war auf halbem Weg zu seinem Ziel, als Mauk erstarrte und seine Augen sich weiteten.

Die beiden Männer standen sich gegenüber und blickten sich an.

Milo hatte seine Pistole im Holster unter seinem Hemd. Er zog die Waffe und schoss so schnell, dass Mauk gerade mal Zeit hatte zu blinzeln. Der Schuss war aus kurzer Entfernung abgegeben worden und Mauk ging sofort zu Boden.

Doch dann erhoben sich die Leichen wieder. Amber wollte Milo warnen, dass sie bereits tot waren, doch die Kellnerin verstärkte ihren Griff. Milo wich vor den schwerfällig auf ihn zukommenden Leichen zurück. Den Finger hatte er vom Abzug genommen.

Amber öffnete weit den Mund und biss der toten Kellnerin in die Hand. Ihre Reißzähne drangen genauso problemlos durch Knochen wie durch Fleisch. Sie spuckte Finger aus, als die Leichen sich auf Milo stürzten. Sie entwanden ihm die Pistole und hielten ihn fest, während Elias Mauk wieder auf die Füße kam. Der überraschte Gesichtsausdruck war ihm geblieben.

»Du?«, fragte er. »Du bist ihr Begleiter?«

Milo hörte auf, sich zu wehren, als die Überraschung aus Mauks Gesicht wich und einem ungläubigen Staunen Platz machte.

»Ich habe gehört, du seist gestorben«, sagte der Killer. »Ich habe gehört, du hättest dich endlich deinem erbärmlichen Schicksal ergeben. Was zum Teufel machst du hier? Was zum Teufel machst du mit ihr? Antworte, verdammt noch mal!«

Mauk donnerte Milo den Hammer auf den Kopf.

»Milo!« Amber versuchte, sich zu befreien, doch die Kellnerin stieß sie gegen den Tresen und drückte ihren Brustkorb gegen die Ecke. Ambers gebrochene Finger schrammten gegen die Unterseite der Tresenplatte, sie wimmerte und bewegte sich nicht mehr.

»Was soll das denn?« Mauk runzelte die Stirn. »Milo? So nennst du dich jetzt?« Er zuckte mit den Schultern. »Der Name spielt wahrscheinlich keine Rolle, da ist einer so gut wie der andere.«

Die Leichen hielten Milo aufrecht. Blut lief aus seinem Haaransatz, folgte der Kontur seines Wangenknochens und rann weiter hinunter bis zum Kinn. Sein Blick war klar und fest auf Elias Mauk gerichtet, der jetzt mit einem Fuß in dem Pulverkreis stand, den er ausgestreut hatte.

Ambers Blick huschte zu der Zigarettenschachtel auf dem Tresen und dem silbernen Zippo-Feuerzeug daneben. Sie stemmte sich gerade so weit gegen die Kellnerin, dass sie die Hände heben konnte. Als Antwort drückte die Leiche sie danach noch fester gegen die Tresenkante, doch das machte Amber nichts aus. Sie nahm das Feuerzeug zwischen die Handflächen und hob es an ihren Mund, schloss die Lippen um den Deckel und zog ihn auf.

»Du bist alt geworden«, sagte Mauk zu Milo. »Hast graue Strähnen im Haar. Du hättest es machen sollen wie ich und zuerst sterben. Dann wirst du nicht älter, bleibst ewig jung und schön. Wie ich.« Er lachte.

Amber hielt das Feuerzeug schräg, drückte das Rädchen gegen die Tresenplatte und dachte dabei an all die Geschichten, die sie gehört hatte und in denen behauptet wurde, dass diese Feuerzeuge immer gleich beim ersten Versuch brannten. Dann schob sie ihre Arme mit einem Ruck nach vorn. Das geriffelte Rädchen drehte sich, ein Funke entzündete sich und das Feuerzeug brannte.

Vorsichtig stellte sie es auf den Tresen.

»Ich behaupte nicht, dass ich mich freue, dich zu sehen«, fuhr Mauk fort. »Das tu ich nun wirklich nicht. Aber es ist gut, dass du hier bist. Es gab die eine Anweisung. Den Begleiter des Dämonenmädchens ebenfalls zu bringen, war optional. Das heißt, ich brauche dich nicht mitzuliefern, wenn mir nicht danach ist. Ich kann dich also gleich hier und jetzt töten. Ich kann dir den Schädel zertrümmern. Wie geht’s dir bei der Vorstellung, du schweigsames Arschloch? Kann ich dir damit eine Reaktion entlocken? Oder wie wär’s damit? Ich kann mir Zeit lassen, kann dir jeden einzelnen Knochen im Leib brechen, bevor ich dich erlöse. Oder du könntest um Gnade winseln und es rasch hinter dich bringen. Wie hättest du’s gern? Darf ich dich langsam umbringen oder bittest du deinen alten Freund Elias um einen schnellen Tod?«

»Also, das ist mir jetzt richtig peinlich«, sagte Milo schließlich, »aber ich habe keine Ahnung, wer du bist.«

Mauk lachte. »Blödsinn!«

»Es ist mein Ernst. Müsste ich dich kennen? Ich habe so ein Gefühl, aber …«

»Okay, du verwirrst mich«, erwiderte Mauk. »Lügst du, um das Unvermeidliche hinauszuzögern, oder bist du einfach nur entschlossen, weiter das Arschloch zu sein?«

Milo zuckte mit den Schultern, was Mauk nur noch wütender machte.

Den Hammer erhoben und bereit zuzuschlagen, sagte Mauk: »Willst du versuchen, dich an mich zu erinnern, oder soll ich einfach zuschlagen und dir den Schädel zertrümmern? Mir ist das gleich, altes Haus. Ganz plötzlich ist meine Neugier, wie es kommt, dass du auf dieser Seite stehst, auf die Quadratwurzel aus null zusammengeschrumpft. Und das nur, weil du ein solcher Arsch bist.«

»Hast du schon immer so viel geredet?«, fragte Milo. »Ich glaube, jemand, der so viel redet, wäre mir im Gedächtnis geblieben.«

Mauks Lippen zuckten. »Ich werde es genießen.«

Amber biss die Zähne zusammen, drehte sich zur Seite und rammte eine Schulter in die tote Kellnerin. Die Erschütterung ging bis in ihre Hände und ließ sie aufschreien, doch sie nutzte den Schmerz, um der Leiche gegen das Knie zu treten. Das Bein knickte seitlich weg und die Kellnerin wankte nach hinten.

»Haltet sie fest!«, brüllte Mauk, doch Amber schloss bereits die Hände um das Feuerzeug und spürte, wie die Flamme über ihre Handflächen leckte. Als die Leichen nach ihr greifen wollten, ging sie in die Knie und ließ das Zippo über den Boden schlittern.

Es erreichte den Kreis und das Pulver ging in blaue Flammen auf. Bevor Mauk auch nur nach unten blicken konnte, war der Flammenkreis geschlossen.

»Oh, verd…« Mehr konnte er nicht sagen, bevor er verschwand.

Da Mauk nicht mehr auf sie einwirken konnte, fielen die Leichen in sich zusammen. Milo straffte die Schultern und zerstörte den Kreis mit dem Fuß. Die Flammen erloschen.

Er lief zu Amber hinüber und stützte sie. Dann starrte er auf ihre blutenden, verbogenen Finger.

»Heiliger Strohsack«, flüsterte er.

Sie fiel gegen ihn und er hielt sie fest. »Mir geht es nicht gut«, murmelte sie.

»Ich bringe dich zu einem Arzt. Du wirst … Amber, du wirst dich zurückverwandeln müssen.«

»Nein. Es tut zu weh.«

»Wir haben keine andere Wahl. Tut mir leid.«

»Das wird wieder. Ich heile mich selbst.«

»Deine Finger müssen gerichtet werden. Wenn wir sie so lassen, wachsen sie falsch zusammen. Wir brauchen einen Arzt, der es richtig macht. Tut mir leid, du musst es tun.«

Sie wollte widersprechen, doch die Worte wollten nicht aus ihrem Mund kommen. Er hatte recht. Sie wusste, dass er recht hatte.

Sie verwandelte sich zurück. Allein das Verkürzen sämtlicher Knochen in ihrem Körper, der gebrochenen wie der heilen, ließ sie aufschreien.

Doch dann überfiel sie erst der richtige Schmerz. Nicht länger durch ihre Dämonenform gedämpft, stürmte er auf sie ein und explodierte hinter ihren Augen. Sie konnte nicht mehr klar sehen und die Welt neigte sich zur Seite, doch anstatt zu fallen, wurde sie von den Füßen gehoben. Das Letzte, was sie mitbekam, war, dass Milo sie nach draußen trug. Dann wurde sie ohnmächtig.

3

Die Nacht schleppte sich mühsam über den Horizont und Virgil begrüßte sie mürrisch. Seine alten Knochen schlotterten in der Kälte. Es gab einmal eine Zeit, als er sich noch auf die Nacht freute, weil er tief und fest schlafen konnte, doch das war lange her. Es gab einmal eine Zeit – das war sogar noch länger her –, als er die Nächte auch anders verbringen konnte – mit Saufgelagen und Dingen, die ihn in Schwierigkeiten brachten.

Dieser Tage kam er nur noch in Schwierigkeiten, wenn seine Gedanken sich in seinem Kopf verhedderten, und sein Schlaf war nur noch leicht, unruhig und kurz.

Wie oft war er in der vergangenen Nacht zur Toilette gegangen? Fünfmal? Sechsmal? Nicht mehr lang, und er würde eine Bettpfanne neben das Bett stellen müssen, nur um sicherzugehen, dass er sich nicht einnässte. Entweder das oder in den sauren Apfel beißen und in eines dieser Altersheime ziehen, Einrichtungen mit Residenz oder Ambiente oder Waldesruh im Namen. Gottes Wartesaal wäre zutreffender. Er könnte sich sogar vorstellen, in ein solches Heim einzuziehen – das Personal wäre dort wahrscheinlich zumindest ehrlicher. Er hatte für den Rest seines Lebens – wie lang das auch noch sein mochte – genug von diesen Gesichtern mit dem falschen Lächeln.

Obwohl es auf den Sommer zuging, drehte er die Heizung am Thermostat höher. Es gab Kälte und es gab Alaskakälte, das hatte er inzwischen gelernt. Frieren fand er unangenehm. Schon immer. Er stammte aus Kalifornien, war in der Sonne geboren und aufgewachsen. Und jetzt war er hier und verbrachte seinen Lebensabend in diesem gottverdammten Alaska. War das clever? Nein, aber die Entscheidungen, die dies nötig gemacht hatten, waren genauso unklug gewesen.

Sein Haus glich einem Schrein, gewidmet dem Leben, das er einmal geführt hatte. Seine insgesamt fünf Auszeichnungen nahmen zwei Fächer in der Vitrine ein. Die Filme, in denen er mitgewirkt hatte – bis auf Inferno in 10.000Metern Tiefe meist triviale Schinken –, waren in gerahmten Plakaten an den Wänden dokumentiert. Doch berühmt geworden war er durch seine Fernseharbeit. When Strikes the Shroud war eine Kultserie, noch bevor irgendjemand wusste, was eine Kultserie war. Für drei wundervolle Jahre, von 1973 bis 1976, brachte er Werwölfe und Vampire und schlimmste Zigeunerflüche in die amerikanischen Wohnzimmer. Die Hauptrolle spielte Virgil Abernathy als der titelgebende Shroud, der maskierte, knallharte Held im eleganten Anzug, der in einer albtraumhaften Welt nach der Wahrheit suchte.

Drei glorreiche Jahre, in denen sogar die Rede von einem Kinofilm war. Dann änderte sich der Geschmack, die Aufmerksamkeit richtete sich auf andere Themen und der Shroud wurde schließlich zu Fall gebracht – nicht von Kämpfern, Killern oder sonstigen Kreaturen, sondern von Einschaltquoten.

Er war nicht verbittert. Er ließ Gedankenspiele wie »Was wäre gewesen, wenn …« in seinem Alltag nicht zu. Nie hätte er sich erlaubt, von der Vergangenheit zu träumen, anstatt sich seinen Fehlern von heute zu stellen – von denen es jede Menge gab. Nein, für Virgil Abernathy, einst Frauenschwarm und der Held von kleinen Jungs jeglichen Alters, kam das nicht infrage. Für Virgil Abernathy gab es nur das Heute. Es gab nichts als die kalte Leere des Heute in einer Stadt, die nie gesteigerten Wert auf seine Anwesenheit gelegt hatte, in einem Leben, das seiner immer müder wurde.

»Gefühlsduseliger Quatsch«, sagte er zu seinem kalten, stillen Haus.

Und womit haben sie mich ersetzt?, fragte er sich, und das nicht zum ersten Mal. Ein kurzes Zappen durch die Kanäle beantwortete diese Frage rasch. Reality-TV und Nachrichten rund um die Uhr. Quizsendungen und Gameshows, bei denen alle deine Träume wahr wurden, wenn dich die Leute vor dem Bildschirm so gut fanden, dass sie dir ihre Stimme gaben. Reiche Leute, die hässliche Dinge taten. Arme Leute, die dumme Sachen machten. Und die Soaps? Die Script-Dokus? Bevölkert von Laiendarstellern mit prägnanten Gesichtszügen, die nichts weiter taten, als zu rauchen und Grimassen zu schneiden, und das im Verhältnis 1:1. Wo blieb die Kunst? Wo der Inhalt? Er zappte weiter und landete bei einem Werbespot für eine Pille, zu deren möglichen Nebenwirkungen auch der Tod gehörte. Danach schaltete er den Fernseher aus.

Sein Arzt hatte ihm geraten, sich keinem unnötigen Ärger auszusetzen. Aber sein Arzt war ein Idiot.

Er schaltete das Licht aus. Zeit, schlafen zu gehen. Wieder ein Tag geschafft. Wieder ein Tag mehr in seiner Sammlung. Sie wuchs ganz schön. Er hatte schon mehr Tage angesammelt, als er zählen konnte. Er war sich nicht sicher, was er mit ihnen tun würde, sobald seine Sammlung komplett war. Vielleicht würde er sie freilassen. Vielleicht würde er zum Edison-Felsen über dem stillgelegten Steinbruch in den Hügeln hinter seinem Haus gehen, die Tage in den Wind werfen und zusehen, wie sie flatternd davonflogen und verschwanden. Oder vielleicht würde er sie einfach in einen Krug stopfen und im Garten hinter dem Haus eingraben. Beides wäre in Ordnung. Niemand würde sie mehr benutzen.

Auf dem Weg zum Schlafzimmer blieb er wie immer am Wohnzimmerfenster stehen und spähte durch die Vorhänge. Mit finsterem Blick schaute er zum Nachbarhaus hinüber, dessen Lampen auf der Veranda jedes Mal, wenn ein verdammter Waschbär vorbeischlenderte, wie tausend Sonnen strahlten. Wie oft hatte er sich schon bei diesem verdammten Idioten Snyder beschwert? Als er jünger war, hätte es keiner gewagt, Nein zu sagen, nicht wenn Virgils eisblaue Augen sich langsam zu Schlitzen verengten. Doch dieser Tage hatten seine Augen nicht mehr dieselbe Wirkung wie einst. Robert Snyder war ein Mann Mitte vierzig, gänzlich unscheinbar und ein verurteilter Straftäter noch dazu, doch so von sich eingenommen, dass er über Virgils Beschwerde hinweggrinsen konnte. Ein Stoffel.

Virgil konnte ihn in diesem Moment sehen. Er schaute fern. Kimmel oder Fallon oder sonst ein Komiker. In Virgils Augen waren sie alle gleich. Nichts als Labertaschen. Snyder saß im Unterhemd mit einem Bier in der Hand da. Ihm schien warm zu sein. Virgil hasste ihn.

Er wollte den Vorhang gerade wieder zurückfallen lassen, als er eine Bewegung wahrnahm. Es war noch jemand im Nachbarhaus.

Snyder war verheiratet gewesen, doch das Paar hatte sich vor drei Jahren getrennt und seine Frau war wieder zu ihrer Mutter gezogen, die auf der anderen Seite der Stadt wohnte. Wie hieß sie noch mal? Es spielte keine Rolle. Was eine Rolle spielte, war die Tatsache, dass Virgil, seit Snyders Frau ausgezogen war, nie mehr eine andere Person in diesem Haus gesehen hatte. Keine Frau, keine Freunde, niemanden. Niemanden außer Snyder. Und jetzt dieser … dieser Schatten.

Er war groß, wer immer es war. Und hager. Er ging rasch, wenn auch ohne besondere Eile an den Fenstern vorbei, vom Dunkel ins Helle und wieder ins Dunkel. Virgil verlor ihn aus den Augen. Er runzelte leicht die Stirn. Weshalb schaute er eigentlich immer noch hinüber? Wen kümmerte es schon, ob Snyder wieder eine Freundin hatte? Ihn ganz bestimmt nicht.

Snyder trank sein Bier aus und erhob sich, kratzte sich an seinem ausladenden Bauch und ging in die Küche. Er stand an der Spüle und betrachtete sein Spiegelbild im Fenster, ohne zu ahnen, dass Virgil in seinem dunklen Haus direkt gegenüber ihn beobachtete, während er die leere Bierflasche ausspülte. Er recycelte also. Dann war er wenigstens kein rundum schlechter Mensch.

Der Besucher, wer immer es war, kam in die Küche. Er war blass, seine Haut hatte eine merkwürdige Farbe und sein Mund war breit, sehr breit. Er trat hinter Snyder und packte ihn.

Und dann brach die Gestalt Snyder das Genick.

Virgil duckte sich. Er wusste nicht, weshalb er sich duckte, er tat es einfach. Sich zu ducken schien angebracht. Doch es fiel ihm schwer, sich aus dieser Position wieder aufzurichten. Halb watschelnd bewegte er sich zum Bücherregal, weg vom Fenster. Seine Beine brannten, diese Verräter. Dann hatte er es geschafft und er richtete sich langsam auf. Er stöhnte, als seine Hüfte knackte und sein Rücken knirschte.

Er schlich zurück zum Fenster und spähte erneut hinaus. Snyder sah er nicht mehr. Entweder die Gestalt hatte ihn weggeschleift oder ihn außerhalb von Virgils Blickfeld einfach fallen lassen. Von der Gestalt selbst war auch keine Spur mehr zu sehen.

Virgil dachte daran, wie fies sein Nachbar Snyder gewesen war. Unhöflich und respektlos, und mehr als einmal hatte er Virgil körperliche Gewalt angedroht. Und obwohl Virgil an Snyders Fähigkeit, seine Drohungen auch wahr zu machen, erhebliche Zweifel gehabt hatte, war an der Tatsache nicht zu rütteln, dass Snyder ein junger Mann in den Vierzigern war und er ein alter Mann in den Achtzigern. Unter diesen Voraussetzungen konnte von einem fairen Kampf keine Rede sein.

Doch Snyder war kein junger Mann in den Vierzigern mehr. Er war jetzt tot. Eine Leiche. Nur noch sterbliche Überreste. Alle seine Hoffnungen und Träume hatten sich verflüchtigt, waren in dem Moment in den Äther aufgestiegen, in dem diese Gestalt Hand an ihn gelegt hatte. Virgil empfand Mitleid für den Kerl, doch es war diese hohle Art von Mitleid, die schnell wieder weggepackt und vergessen war.

Da! Wieder eine Bewegung. Die Gestalt näherte sich der Hintertür.

Virgil ging rasch in seine eigene Küche, wobei er im Dunkeln gegen einen Stuhl stieß. Fluchend lief er weiter zum Fenster über dem Spülstein und blickte in Snyders ungepflegten Garten, als die Gestalt in die Nacht hinausschlüpfte. Hier draußen im Mondlicht wirkte der Mann kleiner. Er hatte dunkles Haar und das war seltsam, denn Virgil hätte schwören können, dass er in der Küche eine Glatze gehabt hatte. Er war auch nicht mehr so blass und trug eine lange Hose und eine Weste über einem kurzärmeligen Hemd. Der Killer blickte in seine Richtung und zwei Gedanken schossen Virgil durch den Kopf.

Der erste war: Er hat mich gesehen, er hat mich gesehen, er weiß, dass ich hier bin. Doch der Gedanke löste sich auf, als der Killer den Blick, ohne innezuhalten, weiter über seine Umgebung schweifen ließ.

Der zweite Gedanke war: Ich kenne diesen Kerl. Ich kenne diesen Kerl, obwohl das gar nicht sein kann. Er kann es nicht sein. Der Typ, an den ich denke, ist achtzig Jahre alt und lebt in Arkansas.

Er beobachtete, wie der Killer über den Zaun sprang und verschwand. Danach blieb Virgil ganze zwanzig Minuten lang am Fenster stehen, bevor er sich entspannte. Ihm kam der Gedanke, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, die Polizei zu rufen. Er zog sein Handy aus der Tasche. Das Display leuchtete auf, viel zu hell in dem dunklen Haus, und er versuchte, sich daran zu erinnern, wie man es benutzte.

Autoscheinwerfer blitzten auf. Virgil ging rasch wieder zum Wohnzimmerfenster und sah gerade noch, wie ein Polizeiauto in Snyders Auffahrt hielt. Erleichterung überflutete ihn. Das Blaulicht war nicht eingeschaltet, doch als er Polizeichef Novak aussteigen sah, machte er sich deshalb keine Gedanken mehr. Novak war ein guter Polizist – verdammt streng, aber klug und fair. Er war mit einem zweiten Beamten gekommen – Virgil nahm an, dass es sich um Woodbury handelte –, und während die beiden auf Snyders Haustür zugingen, kämpfte er mit sich, ob er ihnen erzählen sollte, was er gesehen hatte, oder nicht.

Die Haustür musste offen gestanden haben, denn sie gingen direkt durch. Er sah, wie sie das Wohnzimmer durchquerten, schnurstracks in die Küche gingen und schließlich da stehen blieben, wo er Snyder zuletzt gesehen hatte. Den Blick auf den Boden gerichtet, unterhielten sie sich. Sie schienen nicht überrascht zu sein. Nicht einmal beunruhigt. Sie bückten sich, und als sie sich wieder aufrichteten, trugen sie Snyders Leiche zwischen sich.

»Oh, verdammt«, flüsterte Virgil, während er zuschaute, wie sie die Leiche aus dem Haus trugen und in den Kofferraum des Polizeiwagens verfrachteten. Woodbury ging noch einmal zurück und schloss die Haustür, dann stieg er zu Novak ins Auto und sie fuhren davon.

Virgil stand in seinem dunklen Haus.

»Ja, leck mich fett«, sagte er.

4

Dieses Mal war es ein ganz neuer Traum.

Amber war wieder zu Hause in Orlando. Es war heiß und stickig, die Klimaanlage funktionierte nicht, doch die Hitze machte ihr nicht so viel aus wie sonst. Ihre Stirn war kühl, als sie am Tisch saß und ihren Eltern erzählte, wie es in der Schule gewesen war. Sie war nicht gemobbt und nicht ins Büro der Rektorin MrsCobb zitiert worden, und somit war dieser Tag ein guter Tag gewesen.

Ihre Eltern hörten ihr zu, nickten, lächelten liebevoll und hielten Ratschläge und Ermunterungen bereit. Betty deckte den Tisch, während Bill am Herd herumhantierte. Er öffnete die Herdtür, die Hitze quoll heraus und zirkulierte mit der ohnehin schon warmen Luft. Die Amber aus dem Traum begann zu schwitzen.

Der Traum wechselte zum Schnellvorlauf-Modus, wie das bei Träumen öfter passiert. Sie aßen jetzt und unterhielten sich dabei. Bill und Betty schien die Hitze nichts auszumachen. Amber lief der Schweiß nur so übers Gesicht. Er tropfte auf ihren Teller, doch sie schob Kohldampf, weshalb sie aufaß und um eine zweite Portion bat. Ihre Eltern lachten, Bill nahm ihren Teller und stand mit dem Tranchiermesser in der Hand auf. Er schnitt eine große Scheibe vom Braten ab, und erst jetzt erkannte Amber, dass der Braten Imelda war, angerichtet auf einem großen Silbertablett, hübsch garniert, mit Fett übergossen und himmlisch duftend.

Bill gab Amber ihren Teller zurück und sie haute rein und zerkaute das zarte Fleisch, wobei sich Blut auf ihrem Kinn mit Schweiß vermischte. Es war grandios. Imeldas Haut war so knusprig, dass es beim Kauen knackte.

Dann merkte sie, dass es ein Traum war, und sie erwachte.

Das Erste, was sie wahrnahm, war die Kälte. Das Zweite das zufriedene Schnurren des Chargers, der sie sanft auf ihrem Platz wiegte. Das Dritte war der Schmerz in ihren Händen, die in ihrem Schoß lagen. Sie öffnete die Augen und zuckte zusammen, als sie die Hände hob, aber sie schrie nicht, was ein Fortschritt war. Aus den dicken Verbänden lugten nur die Fingerspitzen heraus, lilarot, geschwollen und wund.

»Wie geht es dir?«, fragte Milo, den Blick auf die dunkle Straße vor ihnen gerichtet.

»Als seien mir sämtliche Finger zertrümmert worden«, antwortete sie.

»Nicht alle. Der Arzt meinte, dein linker Daumen sei schlimm gequetscht, aber nicht gebrochen.«

»Und ich hab mir schon leidgetan«, murmelte sie. Sie blickte an sich hinunter. »Habe ich gekübelt? Ich erinnere mich nicht, dass ich gekübelt hätte.«

»Du hast«, erwiderte Milo.

»Verdammt.« Ihr fiel auf, dass er ein anderes Hemd trug als vorher. »Hab ich auf dich gekübelt?«

»Ja.«

»Tut mir leid.«

»Der Arzt hat mir Tabletten für dich mitgegeben. In etwas mehr als einer Stunde kannst du noch einmal eine nehmen.«

Was ihrem Schmerz gerade genug Zeit ließ, sich so richtig hochzuschaukeln. Sie setzte sich aufrecht hin, wobei sie darauf achtete, dass sie die Hände nicht bewegte. »Dieser Typ … er hat gesagt, Astaroth wisse, wohin wir unterwegs seien.«

Milo nickte. »Hab ich mir schon gedacht.«

»Hast du ihn erkannt?«

Milo schüttelte den Kopf. »Hast du seinen Namen aufgeschnappt?«

»Elias Mauk«, antwortete Amber nach kurzem Zögern.

»Ah, ich hatte irgendwie den Eindruck, als seien wir früher mal Freunde gewesen.«

»Freunde? Er wollte dich umbringen.«

»Wir müssen uns verkracht haben. Du lieber Himmel, vielleicht waren wir Partner, was weiß denn ich? Serienmörder, die gemeinsame Sache gemacht haben.«

»Sein Gesicht hat keinerlei Erinnerung in dir wachgerufen?«, fragte sie. »Seine Stimme?«

»Nichts«, erwiderte Milo. »Alles, was passiert ist, bevor ich in diesem Hotelzimmer aufgewacht bin, ist weg.«

»Er … also, er schien nicht zu glauben, dass Milo dein richtiger Name ist.«

»Nö, hat er wohl nicht.« Sie kamen zu einer dunklen, freien Kreuzung und der Charger knarrte freundlich, als sie rechts abbogen. »Ich wüsste gern, wie ich hieß.«

Das Handy in Ambers Jackentasche klingelte. Amber hielt ihre bandagierten Hände hoch.

»Ach ja«, sagte Milo. Sie drehte sich etwas auf ihrem Sitz, er griff in ihre Tasche, zog das Telefon heraus und drückte auf den grünen Knopf und dann auf die Lautsprechertaste.

»Äh, hallo?«, sagte die Stimme am anderen Ende. »Ist da Amber?«

»Ich bin dran«, antwortete sie.

»Oh, Amber, hi. Hier ist Jeremy.«

»Hi, Jeremy.«

»Der Typ, dem du die hundert Dollar gegeben hast.«

»Ich weiß, wer du bist, Jeremy.«

»Okay. Ja, tut mir leid. Aber ihr wolltet wissen, ob eine Gruppe Motorradfahrer durch die Stadt gekommen ist?«

Ihre Laune sank in den Keller. »Das wollten wir.«

»Na ja, sie sind eben durchgefahren, ist keine zwei Minuten her. Zu fünft. Lange Haare, Lederjacken, Bärte alle miteinander. Sind durchgebrettert, ohne anzuhalten. Haben weder nach rechts noch nach links geschaut, immer nur geradeaus.«

»Danke, Jeremy«, sagte Amber. »Hau nicht das ganze Geld auf einmal auf den Kopf.«

Milo legte auf und steckte das Handy wieder in ihre Tasche. Sie blickte ihn an.

»Wie weit ist Jeremy weg?«

»Zwanzig Stunden«, antwortete Milo. »Vielleicht zweiundzwanzig.« Er schaute sie an. »Wir wussten, dass wir sie nicht abschütteln können.«

»Ich weiß. Trotzdem … Es wäre doch schön, wenn ausnahmsweise mal etwas rundlaufen würde für uns.«

»Astaroth kann schicken, wen er will«, versicherte Milo. »Tatsache ist, dass wir einen Vorsprung von zwanzig Stunden vor den Höllenhunden haben und noch zehn Stunden von Desolation Hill entfernt sind. Niemand wird uns aufhalten.«

»Du brauchst deinen Schlaf.«

»Den bekomme ich auch. Die Straße führt schnurgerade nach Alaska. Sobald wir über die Grenze sind, ruhe ich mich ein paar Stunden aus. Wenn wir unser Ziel erreicht haben, schlafe ich richtig.«

»Vorausgesetzt, es stimmt, was wir über Desolation Hill gehört haben.«

»Du glaubst, Buxton hat gelogen?«

»Nein. Aber dass er sich ein paar Wochen dort versteckt gehalten hat, bedeutet noch lange nicht, dass wir es auch können.«

»Allzu viele Optionen haben wir nicht«, entgegnete Milo. »Er geht davon aus, dass wir nicht mehr aufzuspüren sind, sobald wir uns innerhalb der Stadtgrenzen befinden, weder für den Leuchtenden Dämon noch für die Höllenhunde, und ich vertraue darauf, dass er weiß, wovon er spricht. Wir können zumindest wieder zu Atem kommen und eine Art Plan schmieden.«

»Weil wir so berühmt sind für unsere Pläne.«

Er kommentierte diese Aussage nicht. Amber hatte es auch nicht erwartet.

Sie fuhren in angenehmem und vertrautem Schweigen weiter. Der Knopf zum Einschalten des Radios blieb wie immer unberührt. Selbst wenn sie ihn hätte betätigen wollen, wäre es mit ihren bandagierten Händen nicht möglich gewesen. Außerdem hatte sie ihre Angst vor stillen Momenten verloren. Sie brauchte keine Musik mehr, um das Schweigen zu füllen.

Sie schluckte noch ein paar Tabletten und die immer stärker werdenden Schmerzen gingen auf ein erträgliches Pochen zurück, während sie auf die endlose Baumparade hinausschaute. Um welche Art Bäume handelte es sich wohl? In der Dunkelheit war es schwer zu sagen, doch sie tippte auf Fichten, obwohl sie keine Baumexpertin war.

»Was sind das für Bäume?«, fragte sie Milo.

»Grüne«, antwortete er, und damit endete diese Unterhaltung. Sie kamen an schlafenden Häusern und schlafenden Autos vorbei und an einem beeindruckenden Sortiment geparkter Pick-ups mit aufgesetzten Wohnkabinen, die auf- und über das Fahrerhaus hinausragten, was sie aussehen ließ wie kopulierende Hunde. Es wurde lächerlich kalt im Charger und sie wickelte sich umständlich in eine Decke. Der Sternenhimmel war in dieser Nacht ausgesprochen schön.

»Siehst du die Sterne?«, fragte sie Milo.

»Ganz schön hell«, brummte er.

Sie nickte. Genau. Sie waren wirklich hell.

Danach fiel sie in einen traumlosen Schlaf, und als sie die Augen wieder öffnete, fuhr der Charger langsamer und vor ihnen blinkten träge Signallichter.

Sie setzte sich auf, die Hände unter der Decke.

»Polizei?«

»Bundespolizei«, antwortete Milo. Er war blass und wirkte angespannt. Er hatte zu lang am Steuer gesessen und der Charger hatte angefangen, ihm etwas zuzuflüstern.

Amber sah, wie der Polizist eine Hand hob. Er trug einen Uniformmantel und den typischen breitkrempigen Hut. Der Charger hielt neben ihm und Milo kurbelte das Fenster herunter.

»’n Abend zusammen.« Der Polizist beugte sich lächelnd zu ihnen herunter. »Das ist ein verdammt schöner Wagen, den Sie da haben. Von diesen alten Muscle-Cars bekomme ich in dieser Gegend nicht viele zu sehen, das kann ich Ihnen flüstern. Was ist es, ein 69er?«

»70er«, erwiderte Milo.

»1970.« Der Polizist pfiff anerkennend. »Sie haben ihn verdammt gut gepflegt, das muss man Ihnen lassen.«

»Danke.«

»Gerne!« Er beugte sich ein Stück weiter vor und lächelte Amber an. »Hallo, junge Frau.«

Er war unrasiert und sein Hemd passte nicht richtig. Der oberste Knopf ließ sich nicht schließen, weil sein Hals zu dick war. Auf seiner Krawatte war Blut.

Mehr brauchte Milo nicht. Er saß seit neun oder zehn Stunden ohne nennenswerte Pausen und gänzlich ohne Schlaf hinter dem Steuer. Mehr brauchte es nicht, um auszuticken. Er verwandelte sich, ließ Hörner wachsen, und seine Haut und das Haar nahmen einen unwahrscheinlich tiefen Schwarzton an. Als er fauchte, strömte dasselbe Rot, das aus seinen Augen kam, auch aus seinem Mund. Er packte die Krawatte des Polizisten und riss mit einem kräftigen Ruck daran, während er Gas gab. Der Charger machte einen Satz nach vorn, nahm Fahrt auf und schleifte den brüllenden Polizisten mit. Als sie an dem Polizeiwagen vorbeifuhren, sah Amber dahinter ein nacktes Bein im Gras.

Der Mann in der Polizeiuniform gurgelte und fluchte und klammerte sich seitlich an den Charger, als sie bergaufwärts brausten. Seine rechte Hand verschwand kurz und kam dann mit einer Pistole zurück, die ihm allerdings gleich wieder aus den Fingern glitt, als sie über ein Schlagloch fuhren.

Als es nicht weiter bergauf ging, ließ Milo die Krawatte los und der Mann verschwand vom Fenster. Milo bremste so scharf, dass Ambers Sicherheitsgurt sich beweisen musste und ihre Hände nach vorne flogen.

Er legte den Leerlauf ein und stieg aus.

Amber blieb sitzen. Das leise Grollen des Chargers half ihr, wieder ruhiger zu werden. Es wurde langsam hell. Kalte, überraschend frische Luft strömte in den Charger.

Sie hörte einen kurzen Schmerzensschrei, der abrupt abbrach.

Amber verstellte den Rückspiegel so, dass sie beobachten konnte, wie Milo die Leiche hinters Gebüsch schleifte. Sie wusste, dass er später den Hügel wieder hinuntergehen, die Leiche des echten Polizisten in den Kofferraum des Polizeiautos packen und es irgendwo abstellen würde, wo keiner es sah.

Dann würde sie darauf bestehen, dass er eine Weile schlief. Sie waren jetzt in Alaska, hatten vielleicht noch fünf Stunden Fahrt vor sich und immer noch zwanzig Stunden Vorsprung vor den Höllenhunden. Zum ersten Mal, seit das alles angefangen hatte, erlaubte sie sich, darüber nachzudenken, ob dies vielleicht der erste Schritt hin zu einem positiven Ausgang sein könnte.

5

Sie brauchten länger als erwartet, um Desolation Hill zu finden.

Kurz vor Mittag erreichten sie die Stadt endlich. Das beunruhigte Milo. Amber sah es an seiner Miene und brauchte nicht zu fragen, weshalb. Sie hätten, ohne darüber nachzudenken, auf die richtigen Straßen abbiegen müssen. Dafür sorgte die Demon Road, die Dämonenstraße, der dunkle Highway oder welchen Begriff man auch immer gebrauchte, um das Phänomen des »Horror sucht Horror« zu beschreiben. Diese Dinge waren miteinander verknüpft. Das Schicksal führte die Reisenden, lenkte sie zu Menschen und Orten, die in ähnlicher Weise von der Dunkelheit angerührt worden waren. Reine Fügung hätte sie direkt zur Hauptstraße der Stadt führen müssen.

Stattdessen waren sie mehrmals falsch abgebogen und am richtigen Abzweig vorbeigefahren, ohne ihn überhaupt wahrzunehmen. Nachdem sie ihn endlich gefunden hatten, führte die Straße sie in vielen Windungen zwischen schneebedeckten Bergen hindurch, bis sie zu einem stabilen alten Schild mit der Aufschrift Hier beginnt Desolation Hill kamen.

Direkt vor dem Schild ging ein schmaler Pfad nach rechts ab und gleich dahinter verlief die Hauptstraße ein Stück weiter geradeaus, bevor sie eine Kurve machte und hinter Gebüsch und hohen Bäumen verschwand.

Milo hielt am Straßenrand an.

»Warum halten wir?«, fragte Amber. »Wir sind da. Wir haben es endlich geschafft. Wo ist das Problem?«

»Wir wissen nicht, was uns erwartet«, erwiderte Milo.

»Und ob wir das wissen. Ich habe dir die Geschichte der Stadt vorgelesen. Sie ist kurz und langweilig. Es ist eine Kleinstadt mit gruseligem Namen, wo nie etwas Aufregendes passiert.«

»Von dem das Internet weiß.«

»Das Internet weiß alles«, behauptete sie und fügte dann hinzu: »Es ist der einzige Ort, an dem wir vor dem Leuchtenden Dämon sicher sind.«

»Aber weshalb?«

»Ist das wichtig? Ich meine, klar ist es wichtig, sicher, aber ist es jetzt wichtig? Ist es genau hier und jetzt am Straßenrand wichtig? Wir müssen das jetzt nicht wissen. Wir müssen lediglich wissen, dass wir hier drin sicher sind.«

»Buxton hat es nur eine Woche ausgehalten.«

»Er meinte, es sei ein merkwürdiger Ort. Mir macht das nichts aus. Mit Merkwürdigkeiten kann ich umgehen. Wir können das später klären, Milo. Wir können Fragen stellen und werden Antworten erhalten. Aber ich bin müde. Du bist müde. Wir müssen uns mal wieder richtig ausschlafen. Wir müssen mal eine Pause einlegen.«

Er seufzte und rieb sich die Augen. »Jaja, du hast ja recht.«

»Und wie recht ich habe.«

»Okay, dann gehen wir jetzt rein. Wir erregen keinerlei Aufmerksamkeit. Wir reden nur, wenn wir angesprochen werden. Wir verhalten uns möglichst unauffällig, verstanden?«

»Ich werd’s versuchen.«

»Versuchen?«

»Es ist eine Kleinstadt mitten im Nirgendwo. Fremde fallen auf, das ist irgendwie unvermeidlich.«

»Ja, vielleicht. Aber wir versuchen nach Kräften, uns bedeckt zu halten.«

»Einverstanden.«

Milo zögerte noch einen Moment, dann legte er den Gang ein. »Also dann.«

Sie fuhren los. Als sie das Schild passierten, machte der Charger unvermittelt einen Satz nach vorn. Amber schrie, als sie sich verwandelte. Der Schmerz loderte in ihren Händen und bei dem Schreck über die Verwandlung hätte sie fast nicht gemerkt, dass auch Milo seine Dämonengestalt angenommen hatte. Er stieg auf die Bremse, der Charger kam schlitternd zum Stehen und knurrte seinen Protest.

Amber hielt die Hände vor der Brust und schaute in Milos rot glühende Augen. Stirnrunzelnd blickte er nach hinten und nach vorn, streckte den Kopf aus dem Fenster und schaute nach oben. Er erwartete einen Angriff. Irgendetwas.

Sie warteten. Der Charger wartete. Doch nichts geschah.

Milos Haut wurde heller, das lodernde Rot wich aus seinen Augen und die gebogenen Hörner zogen sich in seinen Haaransatz zurück.

»Was zum Teufel …?«, fragte sie.

Milo betrachtete seine Hände. »Keine Ahnung. Ich spüre immer noch …«

Ohne Vorwarnung verwandelte er sich erneut in diesen schwarzhäutigen gehörnten Dämon, fauchte irritiert und verwandelte sich sofort wieder zurück.

»Das war jetzt merkwürdig«, murmelte er. Dann schaute er Amber an. »Du musst dich zurückverwandeln.«

»Aber es tut weh.«

»Du musst dich zurückverwandeln und dann musst du gegen den Impuls ankämpfen, dich erneut zu verwandeln. Er ist stark. Sehr stark.«

»Du liebe Güte …«

Sie biss die Zähne zusammen und verwandelte sich zurück. Die Schmerzen in ihren Fingern loderten wieder auf und sie konnte nicht mehr klar denken. Dann eine neue Schmerzwelle und sie war wieder ein Dämon.

»Ich kann es nicht«, keuchte sie. »Ich kann nicht.«

»Verwandle dich zurück«, befahl Milo. »Und dann bleib so.«

»Gleich.«

»Jetzt, Amber.«

»Ich versuch’s gleich noch mal, du Arsch!«

»Jetzt!«, fauchte Milo. Seine Augen begannen, rot zu leuchten. Amber fauchte ebenfalls, verwandelte sich dann aber zurück und verharrte so. Trotz der Schmerzen zwang sie sich, ein normaler, unbeholfener, unattraktiver Mensch zu bleiben …

Und als der Schmerz einigermaßen erträglich wurde, atmete sie tief durch.

»Gut gemacht«, lobte Milo und lehnte sich in seinem Sitz zurück.

»Das ist so furchtbar«, jammerte Amber. Jede Faser in ihr wollte sich verwandeln. Ihre Nervenenden zuckten. Ihre Haut schien elektrisch aufgeladen zu sein. Ihre derzeitige Gestalt war vollkommen falsch. »Ich habe das Gefühl, als müsste ich pinkeln«, sagte sie. »Ich muss nicht wirklich pinkeln, aber du kennst das Gefühl, oder? Wenn du glaubst, du platzt gleich, und du weißt, du brauchst dich nur zu entspannen, damit es dir viel besser geht? So geht es mir jetzt, multipliziert mit tausend.«

Milo betrachtete sie einen Moment lang. »Genau«, bestätigte er schließlich. »Ich hätte den Vergleich jetzt nicht gewählt, aber du hast recht.«

»Was stimmt nicht mit uns?«

Ohne zu antworten stieg Milo aus. Sie drehte sich auf ihrem Sitz um und beobachtete, wie er zu dem Schild ging, daran vorbeimarschierte und mit einem seltsamen Gesichtsausdruck wieder umkehrte. Er machte einen großen Schritt auf den Charger zu und verwandelte sich. Er trat auf die andere Seite des Schilds und verwandelte sich zurück.

Mit finsterer Miene kam er zum Charger zurück, wobei er sich wieder in einen Dämon verwandelte. Bis er hinter dem Steuer saß, hatte er sich erneut zurückverwandelt.

»Diese Stadt hat es in sich«, knurrte er.

»Glaubst du, dasselbe Phänomen, das Buxton vor dem Leuchtenden Dämon abgeschirmt hat, bringt uns dazu, uns zu verwandeln?«

»Wahrscheinlich, ja. Schade, dass er uns das nicht gesagt hat, bevor er davongeflogen ist.«