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denkwege enthält kurze Texte über Einbrüche, Umbrüche, Ausbrüche und Aufbrüche im Leben. Es sind spirituelle Impulse, vielfach angeregt durch Gedichte und Gedanken von Schriftstellern oder Schriftstellerinnen oder von biblischen Bildern. Sie verstehen sich als Einstimmung in den Tag im Sinn des Sanskritsspruchs "Achte gut auf diesen Tag, denn er ist das Leben."
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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Alfred und Claire
Guten Morgen, liebe Sorgen
Claire
Lasst euch die Kindheit nicht austreiben
Alfred
Gezeiten im Leben
Claire
Wir sind auf das Leben nicht vorbereitet
Claire
Geboren werden heisst ein Lied erfinden und tapfer singen
Alfred
Der Zauber der Seifenblasen
Claire
Mit dem Schwierigen umgehen
Alfred
Übrigens das Leben ist schön
Claire
Kein Leben ohne Staunen
Alfred
Begeistert sein
Claire
Alles beginnt mit der Sehnsucht
Alfred
Das Handeln ist der Kern des Wunders
Claire
We are Angels
Claire
Grösse leben
Alfred
Neid. Anders betrachtet
Claire
Vom Unverfügbaren
Alfred
Was ein Strick bewirken kann
Claire
Auf dich kommt es an
Alfred
Zwei Seelen?
Claire
Groll: Vergelten, vergessen, vergeben, versöhnen
Alfred
Resignation für Anfänger
Alfred
Warum? Warum? Warum?
Claire
Sorge tragen für sich selbst
Alfred
Der Kuss ist nur das Vorwort
Alfred
Selbstliebe
Claire Ich gratuliere dir
Alfred
And So it Goes. Und so geht es.
Claire
Es macht soviel Spass an Gott zu glauben
Alfred
Was bleibt nach dem eigenen Bleiben?
Claire, Alfred
Noch bist du da
Alfred
….bis die Seele wieder ein Instrument der Zärtlichkeit wird
Anhang
Das 12-Schritte-Programm
Die 12 Schritte der EA, Emotions Anonymous, für seelische Gesundheit
Die Autoren
Vorwort
Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben -
das Leben allen Lebens.
In seinem kurzen Ablauf liegt alle
Wirklichkeit und Wahrheit des Daseins,
die Wonne des Wachsens.
die Grösse der Tat,
die Herrlichkeit der Kraft.
Denn das Gestern ist nichts als ein Traum.
Und das Morgen nur eine Vision.
Das Heute jedoch, recht gelebt,
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glück
und jedes Morgen
zu einer Vision voller Hoffnung.
Drum achte gut auf diesen Tag
Aus dem Sanskrit, zugeschrieben dem persischen Mystiker und Dichter Dschelal ed-Din Rumi aus dem 13. Jahrhundert
Seit vielen Jahren gibt es jährlich in Bad Herrenalb im nördlichen Schwarzwald die sogenannten Begegnungswochen unter dem Motto «Wach auf und lebe.» Sie sind ein Angebot des Förderkreises für Ganzheitsmedizin, der aus der psycho-somatischen Klinik in der Kullenmühle unter der Leitung von Dr. Walther H. Lechler herausgewachsen ist. (Klinikkonzept: Bad Herrenalber Modell). Diese Begegnungswochen planen, organisieren und führen wir mit Fachleuten seit mehr als 10 Jahren durch.
Unsere Texte sind entstanden als Einstimmungen in den Tag während dieser Wochen und sind gedacht als spirituelle Impulse.
Wir haben einige dieser Texte ausgewählt und geben sie hier unter dem Titel «Denkwege» heraus. Wir selber sind überrascht, welche Vielfalt an Erfahrungen und Denkwegen sie enthalten, und wir hoffen, sie stecken die Leser und Leserinnen an, sich mit den Erfahrungen in ihrem eigenen Leben zu beschäftigen, über ihre Wege nachzudenken und sich hoffentlich immer wieder einmal über neu gefundene Schritte der Genesung und Lebendigkeit zu freuen.
CH 7435 Splügen/Schweiz, Februar 2025 Claire und Alfred Meier
Claire, Alfred
Guten Morgen, liebe Sorgen
Claire
„Guten Morgen, liebe Sorgen,
seid ihr auch schon alle da?
Habt ihr auch so gut geschlafen?
Na dann ist ja alles klar.“
Jürgen von der Lippe 1987
Warum lachen wir, wenn wir dieses Lied hören? Oder es mitsingen? Alle klatschten immer sofort mit. Das Lied wurde zum Hit.
Er steigt mit dem linken Fuß aus dem Bett und stürzt auf sein Steißbein.
Er wundert sich, wieso der Kaffee nach Schweiß schmeckt. Die Zeitung ist weg. Ach was, denkt er, die schreiben ja nur Dreck.
Dann findet er einen Zettel auf dem Tisch: Aha, auch die Frau ist weg und hat das Auto mitgenommen und den Hund und seine Pornosammlung.
Also trinkt er einen, nimmt das Auto, tritt aufs Gas – und hat einen Unfall.
Alfred
Er erwacht im Krankenhaus. Ein alter Mann steht neben seinem Bett. Der Sänger wundert sich, dass er das Steuerrad noch immer in der Hand hat. Der alte Mann sagt: „Was du da in der Hand hast, wird in Engelkreisen Harfe genannt.
Halleluja.“
Claire
Guten Morgen, liebe Sorgen,
seid ihr auch schon alle da?
Habt ihr auch so gut geschlafen?
Na dann ist ja alles klar.
Was ist wohl der Grund, dass wir darüber lachen? Erkennen wir uns in diesem Lied wieder? Mir kommt es vor, wie Galgenhumor. Er bringt ein bisschen Distanz zu all den Sorgen. Man kann ja eh nichts machen. Es läuft, wie es läuft, Sorgen hin, Sorgen her. Doch stimmt das wirklich?
Im Text “Reklame“ von Ingeborg Bachmann aus dem Jahr 1956 erfahren wir, wofür man unsere Sorgen brauchen kann.
wohin aber gehen wir
ohne sorge sei ohne sorge
wenn es dunkel und wenn es kalt wird
sei ohne sorge
aber
mit musik
was sollen wir tun
heiter und mit musik
und denken
heiter
angesichts eines endes
mit musik
und wohin tragen wir
am besten
unsre Fragen und den schauer aller jahre
in die traumwäscherei ohne sorge sei ohne sorge
was aber geschieht
am besten
wenn Totenstille …
eintritt
Alfred
Mit der Leerzeile vor dem Schluss, der kleinen Pause
davor, ist eigentlich alles gesagt. Sorgen lassen sich nicht übertünchen. Das Dunkel im Leben, Kälte, die über uns einbricht, lässt sich nicht verdrängen. Zwar will uns die Reklame, wie Ingeborg Bachmann sagt, dazu verführen. Und unsere aktuelle Situation weist uns auf Schritt und Tritt daraufhin, wie sie darauf beharrt, im unbändigen Konsum die Lösung zu suchen. Doch Fragen und Schauer aller Jahre lassen sich nicht wegträumen und reinwaschen. Übrig bleibt am Schluss nur…. die Leere
Claire
Wir fügen hier noch einen weiteren Text an, wie wir mit Sorgen und Sich Sorgen umgehen können. Eugen Drewermann hat über den folgenden Text gesagt: „Dies sind die ruhigsten, lyrischsten, einladendsten Worte aus dem Munde Jesu im ganzen neuen Testament. Aber gerade darum stellen sie all das in Frage, was wir für gewöhnlich tun und was wir von allen Seiten wie eine eherne Vorschrift an uns herangetragen sehen.“
Alfred
Es ist ein Text voller Poesie. Voller Weisheit. Lebensweisheit. Er ist voller Bilder. Eigentlich muss man jedes Bild vor dem inneren Auge entstehen lassen. Und nicht im Kopf denken oder an Begriffen hängen bleiben, sondern
vor die Augen malen. Und sich von ihm einladen lassen, sich im Innern, im Herzen, davon mitnehmen zu lassen. „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Geld.“
Claire
Deswegen sage ich euch:
Sorgt euch nicht ängstlich um euer Leben,
was ihr essen oder was ihr trinken sollt,
auch nicht um euren Körper, was ihr anziehen sollt.
Ist nicht das Leben viel mehr als Essen,
der Körper viel mehr als Kleidung?
Alfred
Seht euch die Vögel des Himmels an:
Sie säen nicht und ernten nicht, sammeln auch
keine Vorräte in Scheunen – und Gott, Mutter und Vater für euch im Himmel, ernährt sie.
Unterscheidet ihr euch nicht in vielem von ihnen?
Könnt ihr eurem Lebensalter auch nur eine kurze Strecke hinzufügen, indem ihr euch Sorgen macht?
Claire
Und was sorgt ihr euch um Kleidung?
Betrachtet die Blumen auf den Feldern, wie sie sich im Wachsen entfalten: Sie mühen sich nicht ab und spinnen kein Kleid.
Doch ich sage euch: Nicht einmal Salomo in all seinem Glanz war schöner gekleidet als eine dieser Feldblumen.
Wenn aber Gott selbst die Gräser auf dem Feld so kleidet, das Kraut, das heute da ist und morgen in den Ofen geworfen wird, um wie viel mehr euch, ihr Menschen mit wenig Vertrauen.
Alfred
So hört nun auf, euch zu sorgen und zu sagen: Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: womit sollen wir uns kleiden? Auf all dies richten die Menschen der Völker ihren Sinn. Gott, Vater und Mutter für euch im Himmel, weiß ja, dass ihr all dies braucht.
Sucht hingegen zuerst die Welt und Gerechtigkeit Gottes, und dies alles wird euch dazu geschenkt werden.
Claire
Sorgt euch deshalb nicht um morgen, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Es reicht, wenn jeder Tag seine eigene Belastung hat.
So lautet dieser Text aus dem Matthäusevangelium 6, 24b-34
Alfred
Was bringt das? Wer mit diesen Bildern mit seinen inneren Ohren mitgehen konnte, weiß es schon.
Kaufen lässt sich da nichts. Kein Geld in der Welt bringt mir das, was dieser Text verspricht. So hat er begonnen: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Geld.“
Gott steht für das, was man einerseits anrufen kann und andererseits uns anspricht. Gott steht für den schöpferischen Geist in Allem und Jedem und Jeder, der immer da ist, gegenwärtig, aber den es auch immer wieder zu entdecken gilt.
Was ist der Mensch?
Ich spüre meinen Hunger nach Leben und Lebendigkeit. Ich habe Durst nach Liebe. Ich bin nackt und sehne mich nach Wärme und Angenommensein. Ich mache mir Sorgen, ob ich das je bekomme. Es besteht die Gefahr, dass ich in den Sorgen versinke.
Dieser Text von diesem Jesus sagt uns: Mach die Augen auf. Werde hellwach. Schau, spür, riech, schmeck! Leb mit all deinen Sinnen. Entdeck die Heiterkeit eines Tages und die Leichtigkeit des Lebens. Das ist leider Gottes nicht immer so da. Aber es lässt sich immer wieder entdecken.
„Und es wird dir alles hinzugegeben, geschenkt werden.“
Du kannst deinem Leben nicht mehr Tage geben, aber dem Tag mehr leben.
Claire
Am 16. Juli 1917 schrieb Rosa Luxemburg in einem Brief. Sie, die kommunistische Agitatorin, war eingekerkert und inmitten einer Unzahl von Verhören:
„…dass ich allein soviel Schönheit genießen soll.
Ich möchte laut über die Mauer hinausrufen:
Oh, bitte, beachten Sie doch diesen herrlichen Tag! Vergessen Sie nicht, wenn Sie noch so beschäftigt sind, wenn Sie auch nur in dringendem Tageswerk über den Hof eilen, vergessen Sie nicht den Kopf zu heben und einen Blick auf diese riesigen silbernen Wolken zu werfen und auf den stillen blauen Ozean, in dem Sie schwimmen. Beachten Sie doch die Luft, die von leidenschaftlichem Atem der letzten Lindenblüten schwer ist, und den Glanz und die Herrlichkeit, die auf diesem Tag liegen, denn dieser Tag kommt nie, nie wieder! Er ist Ihnen geschenkt wie eine voll aufgeblühte Rose, die zu Ihren Füssen liegt und darauf wartet, dass Sie sie aufheben und an Ihre Lippen drücken.“
Das Leben ist ein Meisterwerk: mächtig, spürbar, eigensinnig, außergewöhnlich, aufregend. Das kommt für mich in diesem Ruf, ja mehr, in diesem Aufschrei zum Ausdruck.
Claire
«Lasst euch die Kindheit nicht austreiben»
Der Dichter Erich Kästner hat einmal eine Rede zum Schulbeginn gehalten. Darin sagte er folgendes:
„Lasst euch die Kindheit nicht austreiben! Schaut, die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine alte Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt ihnen vor wie eine Dauerwurst, die sie allmählich aufessen, und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr. Man nötigt euch in der Schule eifrig von der Unter- über die Mittel- zur Oberstufe. Wenn ihr schließlich droben steht und balanciert, sägt man die «überflüssig» gewordenen Stufen hinter euch ab, und nun könnt ihr nicht mehr zurück! Aber müsste man nicht in seinem Leben wie in einem Haus treppauf und treppab gehen können? Was soll die schönste erste Etage ohne den Keller mit duftenden Obstsorten und ohne das Erdgeschoß mit der knarrenden Haustür und der scheppernden Klingel? Nun – die meisten leben so! Sie stehen auf der obersten Stufe, ohne Treppe und ohne Haus und machen sich wichtig. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie Erwachsene, aber was sind sie nun? Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch!“
Ich finde, Erich Kästner braucht in dieser Ansprache schöne Bilder für eine tiefe Wahrheit. Das Wissen darum, dass wir einmal ein Kind gewesen sind, braucht es. Die Inventur, die in den Zwölf-Schritte-Gruppen im vierten Schritt gemacht wird, bringt vieles in Erinnerung, was wir erlebt haben, wer wir gewesen und was wir geworden sind in all den Jahren, die zusammen unser Leben ausmachen. Können wir darin treppauf und treppab gehen? Trauen wir uns auch in den Keller hinunterzusteigen und uns da mal umzuschauen? Mir ist bei dieser Inventur bewusst geworden, dass da ausser viel Schmerz, Wut, Angst und Verzweiflung auch Schätze verborgen sind. Diese Schätze wollen gehoben sein, ich kann mich daran freuen, dem Kind, das da in gewissen Situationen auch unversehrt leben konnte, Raum geben. Ich kann dafür auch ein bisschen Dankbarkeit riskieren.
Und es macht Sinn, sich altem Schmerz, alter Trauer und Wut in einem geschützten Raum zu stellen, sie anzuschauen und so weit das nötig ist, wieder zu erleben. So begegnen wir diesen Gefühlen als Erwachsene, die ihnen nicht mehr hilflos ausgeliefert sind. Das ist ein grosser Unterschied zu damals, als wir Kind waren. Wir können all das aus einer anderen Perspektive sehen und sie irgendwie einordnen, weil wir nicht mehr nur Kind sind. Wir können treppauf und treppab gehen. Wir sind Kind und gleichzeitig Erwachsene, die sich selber Schutz geben und sich selber trösten können. Gewiss, das können lange und schmerzhafte Wege sein. Sie sind jedoch hoffnungsvoll. Sie sind nötig und hilfreich, um zu reifen und erwachsen zu werden. Oder eben mit den Worten des Dichters Erich Kästner:
„Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch!“
Kind sein heisst doch, sich eingestehen: Ja, ich brauche Zuneigung, Wärme, Beziehung und Nähe, und dies ein Leben lang. Und ein Kind will Wärme und Nähe nicht nur bekommen, sondern auch geben. Es will, dass es wieder gut wird, wenn es mal schwierig ist. Und das Kind will auch gross und stark und selbständig sein. Es muss ein Nebeneinander sein und nicht nur ein Hinter- und Nacheinander, in dem es kein Zurück gibt. Nach meiner Erfahrung funken mir meine alten schwierigen Erfahrungen dann am wenigsten in Situationen hinein, in denen ich stark und erwachsen sein sollte, wenn ich mich ihnen dann genügend widme, wenn die Zeit dafür da ist. Dieses Kind in mir, das verletzt und frustriert war und ist, muss spüren und sich verlassen können, dass es Aufmerksamkeit und Einfühlung bekommt. Dass es gesehen wird. Und sollte es sich doch einmal zu unpassender Zeit melden, – das haben wir wohl alle schon erlebt – dann kann die aktuelle Beziehung schwierig werden. Dann braucht es – so ist meine Erfahrung - eine doppelte Portion Zuwendung zu diesem Kind, das da ab der Rolle ist. Ich achte dann darauf, dass ich es tröste und nicht noch zusätzlich heruntermache und verurteile. Das habe ich lange genug gemacht, das will ich nicht mehr. Nur so kann ich wieder einen guten Boden unter die Füsse bekommen, kann wieder spüren, was ich brauche, und was ich zur Beziehung beitragen kann, muss und will.
Wir leben in unzähligen verschiedenen Beziehungen – seien das freundschaftliche oder Beziehungen, in die wir durch unsere Arbeit gestellt sind. Ziel ist es doch, sie alle fair und selbstverantwortlich zu gestalten. Ich möchte, dass sie frei und möglichst nicht beeinflusst sind von Verletzungen und Kränkungen, die ich als Kind erlebt habe. Mir hat Therapie da sehr geholfen. Das Kind, das ich einmal gewesen bin, nicht nur das verletzte, auch das unversehrte, bleibt so ein Leben lang in mir lebendig.
Alfred
Gezeiten im Leben
«Der Wechsel, das ist das Leben».
Dieser Satz stammt von Peter Jessen, der Arzt und Psychotherapeut in der Kullenmühle in Bad Herrenalb in Walther H. Lechlers Klinik war. 1987 habe ich diesen Satz aufgeschnappt. Das ist 37 Jahre her. Er begleitet mich bis heute, d.h. er geht zwar manchmal etwas in den Hintergrund. Und plötzlich ist er wieder präsent.
«Der Wechsel, das ist das Leben.»
Ja, plötzlich heisst es von etwas Abschied nehmen, von einem Menschen, einer Beziehung, einer Freundschaft, einer Aufgabe, einer Einstellung, einem Ziel, einer vertrauten Gewohnheit. Manchmal plötzlich. Manchmal hat sich das aber über lange Zeit angebahnt.
Oder da sind Dinge in meinem Leben, deren Zeit gekommen ist. Dinge, die sich entziehen oder denen ich mich entziehe, an denen ich kein Interesse mehr habe.
Abschied nehmen, das ist oft sehr, sehr schmerzhaft, es entsteht ein Loch, eine Lücke, eine Leere. Was jetzt? Bleibt das, was ich da erlebe, bestehen? Wie schaffe ich es, damit zu leben?
Abschied nehmen, das kann auch aber ganz anders geschehen, mit Erleichterung. Endlich, endlich ist das zu Ende! Lange habe ich mich damit herumgeschlagen. Endlich ist es so weit.