Denn im Herzen bin ich immer noch jung - Ingrid Huber - E-Book

Denn im Herzen bin ich immer noch jung E-Book

Ingrid Huber

4,4

Beschreibung

24 unterhaltsame Kurzgeschichten, die in Lebenswelt und Alltag älterer Menschen den Zauber der kleinen Dinge zum Vorschein bringen. Ideal zum Vorlesen - ganz nah am Lebensalltag älterer Menschen. Mal lassen sie schmunzeln, mal regen sie zum Nachdenken an, sogar Krimis sind vertreten. Für alle, die in der Pflege oder Betreuung alter Menschen tätig sind, aber auch zum Selberlesen und zum Verschenken.

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Seitenzahl: 120

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Ingrid Huber

Denn im Herzen bin ich immer noch jung

Kurzgeschichten für Senioren

Impressum

Titel der Originalausgabe: Denn im Herzen bin ich immer noch jung

Kurzgeschichten für Senioren

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012, 2014

ISBN 978-3-451-34136-6

 

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

 

Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller

Umschlagmotiv: © photocase.com/​cydonna

E-Book-Konvertierung: epublius GmbH, Berlin

 

ISBN (E-Book): 978-3-451-80301-7

ISBN (Buch): 978-3-451-

Für meinen Mann, Rudolf

Inhalt

[Titelinformationen]

[Impressum]

[Widmung]

Vorwort

Geschichten für – Feste und Feiern

Ganz einfach so

50 Jahre Spiegelei

Muttertag ist Muttertag

1000 und ein Osterei

Und Vatertag ist Vatertag

SIE & ER-Geschichten

Lauf, Pauli, lauf!

Mit einem Apfel fing alles an

Bitte nicht lächeln!

Einmal Wolke sieben – und zurück?

Auf Kaffeefahrt mit Sepp und Resi

„Schwarze“ Geschichten

Dunkel war’s, der Mond schien helle

Na dann, gute Nacht!

Und wie viele Enkel haben Sie?

Ein Schatten in der Nacht

Aktionsgeschichten

Die Senioren Vorher-Nachher-Show

Socken, Socken, Socken

Memory – heißt Erinnerung

Weihnachtssterne

Der schönste Weihnachtsbesuch der Welt

Ein Weihnachtsstern für alle!

Weihnachtsgeschichten

Aber das geht doch nicht!

Was heißt eigentlich Weihnachten auf kanarisch?

Das kleine Päckchen mit der großen Schleife

Weihnachtsgeschenke

Kopiervorlagen für das Weihnachtsspiel „Ein Weihnachtsstern für alle!“

Vorwort

Es war einmal eine Frau, die wollte – wie wohl die meisten Menschen – vom Alter nichts wissen. Das ging sie gar nichts an, diese alten Leute in ihren Seniorenheimen. Das war überhaupt kein Thema für sie.

Es war einmal eine Frau, die feierte ihren 40.Geburtstag. Na und, dachte sie. Passt doch! Die Jahre vergingen, sie wurde 45, 47 und plötzlich stand ihr 50.Geburtstag ins Haus. Quasi über Nacht musste das passiert sein. Jetzt gehörte sie plötzlich nicht mehr zu den Jungen. Oder wenigstens zu den Mittelalterlichen. Oh, Oh!

Und dann – irgendwie vergingen die Jahre schnell, und immer schneller war die Frau eine Frau Mitte 50. „50 plus“ nannte man das jetzt auf neudeutsch. Diese Frau bekam graue Haare. Oh, – und gleich so viele. Diese Frau brauchte auf einmal eine Lesebrille. Oh je. Diese Frau bekam vom Unkrautjäten plötzlich Rückenschmerzen. Oh je, Oh je

Und – diese Frau musste ihren Mann bitten, den Fernseher lauter zu stellen, weil sie sonst nix mehr vom Krimi mitbekam. Oh je, oh je, oh je!

Diese Frau – war ich.

Und ganz plötzlich war das Alter für mich doch ein Thema.

Aber da ich eine ziemlich neugierige Frau war – und auch immer noch bin – wollte ich es jetzt genau wissen, wie das ist mit dem Alter. Ob es zum Beispiel tatsächlich so arg ist mit der gefürchteten Langeweile. Und ob man – oder besser gesagt Frau – etwas dagegen tun kann.

Und da ich sehr gerne vorlese und sowieso ehrenamtliche Mitarbeiterin in unserer Gemeindebücherei bin, besuchte ich nun regelmäßig die Senioren in unserem Altenheim und las ihnen vor. Wenn ich etwas Gescheites fand. Meistens war dies nicht der Fall. Und da ich von Beruf Schriftstellerin bin, habe ich einfach selbst passende Geschichten geschrieben. Dem Verlag Herder haben sie auch gefallen, und so wurde aus meinen Kurzgeschichten ein Buch – und schon bald ein zweites, das Sie nun in den Händen halten. Ob Sie selbst darin schmökern oder anderen Menschen daraus vorlesen: Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei!

Ingrid Huber

Ganz einfach so

Eine Liebesgeschichte

Ihre Augen hatten den gleichen Ebenholzton wie die seinen. Und ihre Haare waren ebenso schneeweiß und zu dem gleichen, kinnlangen, eleganten Bob geschnitten, wie die seinen. Es sah geradezu lächerlich aus, wie sie sich glichen. Wie Zwillinge, obwohl sie doch ein Liebespaar waren.

Begonnen hatte alles mit einem Eklat. Elisabeth hatte sich von einem ihrer Kinder überreden lassen, mit zur Vernissage einer so genannten „Installation“ zu gehen. Sie hatte zwar für Kunst durchaus etwas übrig – doch diesen modernen Werken stand sie eher misstrauisch gegenüber. Meist wusste man nämlich oft nicht einmal, wo oben und unten war – und überhaupt… Doch schließlich hatte sie sich trotzdem breitschlagen lassen. „Aber nur deshalb“, scherzte sie. „Weil ich auf den „Installateur“ neugierig bin. Ich möchte doch zu gern einmal sehen, wie so ein Künstler ist, dem es gelingt, von solchen Sachen tatsächlich auch zu leben.“ Ihre Tochter verdrehte nur die Augen. Dann verkündete sie fröhlich: „Und Lukas kommt auch mit!“ „Was?“, entfuhr es Elisabeth. „Das willst du ihm wirklich antun? Er ist doch erst zehn!“ Doch Martina, die Älteste von Elisabeths fünf Kindern, sagte dazu aus weiser Erfahrung gar nichts. Sie schob sie beide nur energisch zur Türe hinaus.

In der Galerie waren sie unter den ersten Gästen und standen deshalb ein wenig verloren und ein wenig ratlos um dieses Eisendings herum, welches die bereits viel gerühmte Installation darstellen sollte. Elisabeth gefiel dieses Teil überhaupt nicht. Aber als wohlerzogene Dame von Welt schwieg sie dazu und setzte ihr interessiertes Anstandslächeln auf.

Lukas, ihr Enkel, hatte gerade die Installation zum vierten Mal umrundet und kam nun mit einem ziemlich ratlosen Gesicht zu seiner Oma zurück. „Das soll Kunst sein?“, sagte er „Das kann ich auch. Das ist echt babyleicht. Ehrlich!“

Elisabeth lachte. Sie sah sich schnell um, aber ihre Tochter war gerade am Büffet, um sich ein Glas Wein zu holen. Dann schaute sie den Jungen mit verschwörerischer Mine an: „Weißt du was, mein Junge, ich glaube, echte Kunst ist es nur deshalb, weil der Künstler es verkaufen kann. Hier, lies mal, was dieses Ding wert ist: 17.000Euro! Das ist die eigentliche Kunst, verstehst du?“ Lukas Gesicht sah man an, dass er nicht verstand.

„Finden Sie es zu teuer?“, ertönte in diesem Augenblick eine selbstbewusste Stimme hinter ihnen. Elisabeth wurde auf der Stelle puterrot. „Aua!“, dachte sie. „Das habe ich ja fein getroffen. Mitten hinein ins volle Fettnäpfchen!“

Der Künstler und seine Kritikerin sahen sich an – und dann stellten sie es fest, das mit den Augen und den Haaren und beide waren sofort hin und weg. Und es brannte plötzlich lichterloh im Inneren von Elisabeth Rau, Witwe, fünffacher Mutter und siebenfacher Oma und dem zweimal geschiedenen Maler und Installationskünstler Randolf Kühlewein.

Das war am Samstagnachmittag gewesen. Beim Verabschieden nach der Vernissage hatten die beiden, die Elisabeth und der Randolf, sich ein klein wenig zu lange an den Händen gehalten und Randolf Kühlewein hatte leise gefragt: „Wann sehen wir uns wieder? Gleich morgen, ja? Sie haben doch Zeit?“ Und Elisabeth hatte lächelnd genickt und gesagt: „Um vierzehn Uhr vor dem Rathaus?“ „Oh! das passt mir aber nicht so… gut!“ wollte Randolf einwenden, da… da schritt sie bereits davon, die Frau seines Lebens. Gut, dass er nicht sehen konnte, wie Elisabeth verschmitzt vor sich hinlächelte. Trotz aller Verliebtheit hatte sie nicht die Absicht, es diesem Frauenhelden zu leicht zu machen.

Am Sonntagnachmittag war es dann Randolf, der ratlos inmitten einer schnatternden und knipsenden Touristengruppe vor dem Rathaus stand und wartete. „Wieso hatte ihn Elisabeth ausgerechnet hierher bestellt? Oder hatte er diese Frau falsch eingeschätzt?“ Hier stand er nun, in dieser Stadt, ausgerechnet an seinem 65.Geburtstag und wusste nicht, was das sollte. Zuhause auf seinem Hof würden heute Abend ein große Anzahl Gäste erwartet und er sollte besser heimfahren, um die Vorbereitungen für sein Fest zu überwachen, als…

Als… die Sonne für ihn aufging, weil sie kam. Sie schritt in ihrem schicken Kostüm selbstbewusst mitten auf die Touristengruppe zu, lachte strahlend und rief: „Herzlich willkommen in unserer Stadt, meine Damen, meine Herren. Darf ich mich Ihnen vorstellen? Ich bin Elisabeth Rau, Ihre Stadtführerin!“ „Bingo!“, dachte Randolf. „So deutlich hat mir noch keine Frau gleich am Anfang gezeigt, was sie wert ist und was sie kann.“ Er trabte trotzdem brav hinter der Gruppe her und ließ sich erklären, wie und wann die Stadtgründung erfolgte und welche Herrscher dabei daran beteiligt waren und wann sie bei diesen Kämpfen das Zeitliche gesegnet hatten. Apropos Zeit. Die hatte Randolf eigentlich jetzt gar nicht mehr.

Er musste dringend los zu den Vorbereitungen für sein Fest. Immerhin hatte er bis zu seinem Hof ja noch eine halbe Stunde zu fahren. Mit einem letzten, bedauernden Blick auf seine Schöne, machte er die Kehrtwendung der Touristengruppe nach links diesmal nicht mit. Stattdessen wandte er sich nach rechts, um nach dem Parkplatz seines Wagens zu suchen.

Erst als Elisabeth bei den Abschiedsworten an ihre Gruppe angekommen war, bemerkte sie, dass ihr Künstler fehlte. Die Komplimente und Trinkgelder ihrer Gäste nahm sie wie abwesend in Empfang. Ihr Strahlen war mit einem Mal zu einem kümmerlichen Höflichkeitslächeln zusammengeschrumpft. Das hatte sie mit ihrer Pointe nun eigentlich nicht beabsichtigt – dass sich ihr Bewunderer heimlich still und leise aus dem Staub machte. Allerdings, wenn er so wenig Humor hatte, dann war es wohl auch nicht schade um ihn.

Da schob ihr ein Herr aus der Touristengruppe plötzlich etwas in die Hand und lachte: „Ich soll hier wohl so eine Art Postillion d’amour spielen? Und das in meinem Alter! Das hätte ich mir nun wirklich nicht mehr gedacht! Hier, das soll ich ihnen von ihrem Charmeur übergeben. Der hatte es wohl ein wenig eilig. Was mich allerdings wundert… wenn ich Sie so ansehe. Also, wenn Sie die Meine wären – ich hätte alle Zeit der Welt!“, fügte er charmant hinzu, deutete eine Verbeugung an und ging davon.

Elisabeth faltete den Zettel so ungeduldig auseinander, dass er zerriss. Sie hielt die beiden Teile aneinander und las: Hallo, meine Schöne! Bin in Eile, da heute Abend große Geburtstagsfeier! Bitte seien Sie mein schönstes Geschenk und kommen Sie dazu! Es folgten ein Hofname und die Adresse. Keine Telefonnummer.

„Tja!“, dachte Elisabeth. „Tja.“ Etwas anderes fiel ihr im Moment nicht ein. Sie hatte sich so gefreut auf eine ausführliche Plauderei im Café und abends vielleicht in einer gemütlichen Weinstube. Gute Gelegenheiten eben, um sich ruhig zu unterhalten, und um sich etwas besser kennen lernen zu können. Und nun sollte sie zu dieser Geburtstagsfeier kommen. Mit einem Haufen fremder Gäste, die sie alle nicht kannte. Sollte sie nun, oder sollte sie nicht? – Hatte sie überhaupt etwas Gescheites zum Anziehen? Verflixt, warum hatte er nicht wenigstens seine Telefonnummer dazugeschrieben? Im Telefonbuch stand er ja nicht, denn da hatte sie gestern Abend schon nachgeschlagen. Typisch, diese Künstler mit ihren Geheimniskrämereien.

Elisabeth setzte sich in ihr Stammcafé und dachte nach. Und gerade, als sie beschlossen hatte, mutig zu sein und als sein Gast zu kommen, fiel ihr schlagartig ein, dass etwas Entscheindendes fehlte. „Wenn es sein Geburtstag ist, dann brauche ich ja auch noch ein Geschenk…!“ Wo, bitte, sollte sie denn heute am Sonntag so etwas herbekommen. Vielleicht sollte sie es doch besser sein lassen.

Während Elisabeth in ihre verzweifelten Gedanken vertieft im Café saß, fuhr Randolf mit qualmenden Reifen seinem Hof zu. Höchstgeschwindigkeit? Egal! Hier kontrollierte sowieso niemand. Hier sagten sich nicht einmal Fuchs und Hase gute Nacht, weil sie sich nicht fanden. Gerade diese Einsamkeit hatte Randolf gereizt, als er sich zum Erwerb des Hofs entschlossen hatte. Und ausgerechnet jene Einsamkeit wurde ihm heute zum Verhängnis. Der Geburtstag schien sich nun endgültig als Pechtag zu entpuppen. Ein lauter Knall, ein Stoß und Randolf wurde kräftig durchgeschüttelt. Mit viel Geschick brachte er den schlingernden Wagen zum Stehen. Reifenpanne. Na, jetzt schaute er sauber aus! Einen Reifenwechsel brauchte er gar nicht erst anzugehen. Er wusste, dass er dafür zwei linke Hände hatte. Verdammt! Und zu Fuß war es noch gut über eine Stunde zu laufen. Aber er hatte wohl keine Wahl.

Oder doch? Am Horizont tauchte tatsächlich ein anderer Wagen auf. Er kam auf ihn zu, bremste und hielt an. Heraus stieg Elisabeth.

„Ich habe mich entschieden, sofort zu kommen“, sagte sie. „Ohne Geburtstagskleid und ohne Geburtstagsgeschenk. Ganz einfach so. Es ist dir doch recht, mein lieber Randolf? – Herzlichen Glückwunsch!“

50Jahre Spiegelei

Eine Sepp und Resi-Geschichte

Es ist acht Uhr morgens. Der Sepp und die Resi sitzen sich an der Bauernstubeneckbank gegenüber und frühstücken.

Das heißt: Der Sepp frühstückt. Die Resi ist dazu viel zu aufgeregt. Denn heute Abend steigt die große Feier zu ihrem 50.Hochzeitstag. Die ganze Familie wird kommen. Alle, alle werden da sein. Die Kinder, ihre Ehegesponse, die Enkel, die Fans, die Nichten und Neffen, die Großonkel und Tanten, der Stammtisch und die Damenkegelrunde, die Fliegenfischerfreunde und die Caféfreundinnen. Voller Lampenfieber wieselt deshalb die Resi ständig zwischen Küche und Bauernstube und der Diele hin und her.

In die Küche, um die vergessene Kaffeesahne für den Sepp zu holen, in die Bauernstube um ihrem Sepp Kaffee nachzuschenken und in die Diele, um den Sitz ihrer neuen Dauerwelle zu kontrollieren. Ach herrjeh, wie viel Uhr ist es denn? „Ich muss unbedingt rechtzeitig beim Friseur sein, um anständig ausfrisiert zu werden. Hoffentlich kommt die Cateringfirma pünktlich, und…!“ „Jetzt hör endlich einmal auf mit deinem hektischen Rumgewusele!“, ruft der Sepp. „Was ist denn los mit dir, heute? Warum krieg ich denn heute kein Ei? Heute ist Samstag!“

„Ach Gott, das Ei!“ ruft die Resi. „Spiegelei wie immer, oder?“ Dies ruft sie aber mehr aus Gewohnheit. Denn seit 50Jahren isst ihr Sepp Spiegelei. Samstag für Samstag. So lange, wie ihre Ehe eben währt. Und sie selbst ist schuld an dieser, manchmal lästigen, Pflicht. Denn bei ihrem ersten ehelichen Frühstück hatte sie – eigentlich mehr als Jux und Übermut – ihren Sepp gefragt, wie er denn sein Ei haben möchte: weich, hart, Rühr- oder als Spiegelei. Und der Sepp hatte geantwortet, auch mehr aus Jux und Übermut: „Selbstverständlich ein Spiegelei mit viel Salz und einem großen Bussi von dir obenauf!“ Dabei ist es dann geblieben. Das heißt, das Spiegelei und das Salz. Das Bussi ist über die Jahrzehnte irgendwann einmal abhanden gekommen. Manchmal fragt sich die Resi, warum sie überhaupt noch fragt.

Auf dem hektischen Weg in die Küche macht sie zum hundertsten Mal Halt vor dem Spiegel und mustert ihre Falten im Gesicht. Die Antwort aus der Bauernstube dringt nur langsam in ihr Bewusstsein. „Nein, wie kommst du denn darauf, dass ich ein Spiegelei will. Mach mir doch bitte ein Rührei, ja?“ Die Resi reißt es vom Spiegel weg. „Was willst du?“, schreit sie völlig konsterniert in die Bauernstube hinein.

„Ein Rührei!“ – „Was?!“ „Ein Rüüüüüühr- Ei!“ Sofort ist die Resi in der Bauernstube. „Du isst doch sonst immer ein Spiegelei?“ „Ja, kann sein. Aber heute habe ich Lust auf ein schönes, frisches Rührei. – Oder kannst das vielleicht nicht?“ – „Tt tt tt ttt!“ Hätte die Resi ein Gebiss gehabt, wäre es ihr jetzt glatt davongeflogen.