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30 unterhaltsame Kurzgeschichten, die in Lebenswelt und Alltag alter Menschen den Zauber der kleinen Dinge zum Vorschein bringen. Ideal zum Vorlesen - ganz nah am Lebensalltag alter, oft vergessener Menschen. Sie lassen mal schmunzeln, sie regen zum Nachdenken an, sogar Krimis sind vertreten - allen gemeinsam ist die Überzeugung: alt sind wir nur von außen!
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Seitenzahl: 131
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Ingrid Huber
Eigentlich bin ich nur außen alt
Kurzgeschichten für Senioren
Titel der Originalausgabe: Eigentlich bin ich nur außen alt
Kurzgeschichten für Senioren
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011
ISBN 978-3-451-34125-0
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller
Umschlagmotiv: cydonna/photocase.com
Fotos im Innenteil: S. 9 Gabi Schoenemann, S. 79 Claudia Hautumn, S. 105 Gerd Altmann/pixelio.de; S. 11 © Thorsten Schmitt, S. 47 © Svenni, S. 137 © Ben/fotolia.de
E-Book-Konvertierung: epublius GmbH, Berlin
ISBN (E-Book): 978-3-451-80299-7
ISBN (Buch): 978-3-451-34125-0
Für
Gertrud (88Jahre), Irene (88), Hildegard (81),
Anna (80), Hans (77) und Barbara (71),
[Titelinformationen]
[Impressum]
[Widmung]
Einladung
Eigentlich
Geschichten für Feste und Feiern
Das soll ein Riesenfest werden!
77 rote Rosen
500 weiße und rote Nelken
Einmal links und einmal rechts
Evi hilft
ER & SIE-Geschichten
Zeit ist Geld?
Ein Herz in rotem Seidenpapier
Die Wette
Gibt es Gartenzwerge auf Hawaii?
Schifffahrt mit und ohne Ohrfeigen
»Schwarze« Geschichten
Elvira, der Schrecken der Straße
Einfach nur das Alter genießen?
Drei Schwestern kämpfen um ihr Erbe
Kleiner Ausblick in eine »große« Zukunft
Prüfung nicht bestanden – (durch)gefallen
Aktionsgeschichten
Alles Handy oder was?
Langeweile im Paradies
Gründerzeit(t)räume
Das Leben ist kein Puzzlespiel
Weihnachtsträume in Christbaumkugeln
Geschichten für Advent und Weihnachten
Ein ganz besonderer Stern
Unser Christbaum
Das verlorene Jesuskind
»Machs dir gemütlich über die Feiertage!«
Schweizer Kracher
Meine lieben Vorleserinnen und Vorleser,
ich weiß, dass es Ihnen sehr viel Freude bereitet, für Seniorinnen und Senioren bei Veranstaltungen in der Gemeinde oder in Seniorenheimen vorzulesen.
Von der Freude, die das Vorlesen bereitet, muss ich Ihnen nicht berichten: Wie man mit spannenden, fröhlichen oder nachdenklichen Geschichten die Zuhörer und Zuhörerinnen in den Bann zieht, wie man auf diese Weise vereinzelte Menschen zu einer Gruppe »zusammenschweißen« kann, wie sich Gespräche ergeben über das Vorgelesene, manchmal gar Aktionen entstehen – all dies haben Sie bereits erlebt.
Ich selbst bin leidenschaftliche Vorleserin und kenne die Freude, die das Vorlesen bereitet. Aber ich weiß auch, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, eine passende Geschichte zu finden. Viele verschiedene Faktoren sind da zu berücksichtigen: die Jahreszeit, die Stimmung der Zuhörenden, ihre Konzentrationsfähigkeit etc.
Deshalb habe ich mich entschlossen, selbst Geschichten für Senioren zu verfassen – für die verschiedensten Anlässe und Situationen.
Sie finden in den fünf Kapiteln dieses Buches fünfundzwanzig spannende und witzige, nachdenkliche und kuriose Geschichten. Ich hoffe sehr, dass Sie mit der gleichen Freude diese meine Geschichten vorlesen, mit der ich sie geschrieben habe.
Und natürlich hoffe ich auch, dass sie denjenigen gefallen, für die sie gedacht sind, den Seniorinnen und Senioren.
Ihre
Ingrid Huber
Eine Schmunzel-Geschichte
Marie-Theres hatte sich fest vorgenommen, mindestens hundert Jahre alt zu werden. Ein Etappenziel war bereits erreicht, denn in genau drei Wochen würde sie ihren achtzigsten Geburtstag feiern. Und sie plante ein Riesenfest! Alle, alle, die sie kannte und mochte, wollte sie dazu einladen.
Das Fest sollte im Speisesaal ihres Seniorenstifts stattfinden. Der war gerade groß genug, um ihre achtzig Gäste aufzunehmen. Denn selbstverständlich wollte sie zu ihrem Achtzigsten achtzig Gäste einladen. Darunter tat’s die Marie-Theres nun einmal nicht.
Für Speis und Trank und das kalte Büfett sollten die beiden Köche ihres Seniorenstifts sorgen. Das hatte sie mit ihnen schon ausgemacht und ihnen Punkt für Punkt ganz ausführlich erklärt, was sie haben wollte. Und sie hatte ihnen natürlich auch gleich eine Anzahlung übergeben. Tja, billig würde das zwar nicht werden, aber schließlich wird frau ja nur ein Mal im Leben achtzig Jahre alt.
Marie-Theres hatte schon vor Wochen eine Liste angelegt, mit all den Punkten, die zu erledigen waren. Einige Punkte hatte sie schon abhaken können, wie zum Beispiel das Kleid.
Über Marie-Theres’ Gesicht huschte ein Lächeln als sie zu ihrem Kleiderschrank ging, um das neue Kleid herauszuholen. Es war wunderschön, aus silbergrauer Seide, mit einem ganz feinen Muster in Beige bedruckt.
Schwierig genug war es ja gewesen, so ein Kleid zu bekommen. In der Stadt war sie an sieben Tagen in sieben Geschäften gewesen. Nichts und wieder nichts. Und dann diese Verkäuferinnen! Meine Güte, sie war nun einmal ein wenig klein und ziemlich zart gebaut. Sie hatte einfach kein Kleid nach ihren Vorstellungen gefunden. Alles war zu dunkel, zu weit, zu lang, zu – unpassend.
Schließlich aber war Marie-Theres doch noch zu ihrem Traumkleid gekommen, denn als ihre jüngste Tochter sie besuchte und ihre Mutter nach Wünschen zu ihrem Geburtstag befragte, da gab ihr Marie-Theres nicht die – vielleicht erwartete – Standardantwort: »Ach, ich brauche ja nichts, Kind. Das weißt du ja. Hauptsache, ihr kommt alle zu meinem Fest!«
Nein, Marie-Theres antwortete etwas ganz anderes.
Sie hatte klipp und klar gesagt: »Ich wünsche mir ein Kleid. Und ich möchte es von einer Schneiderin genäht haben, damit es richtig passt und so wird, wie ich es mir vorgestellt habe.«
Natürlich war die Tochter ein wenig blass geworden beim Gedanken an die Kosten für ein maßgeschneidertes Kleid. Aber Marie-Theres hatte sie beruhigt: »Den Stoff habe ich schon. Und wenn ihr vier Geschwister alle zusammenlegt, wird das sicher nicht so teuer für jeden!«
Marie-Theres huschte ein spitzbübisches Lächeln übers Gesicht, als sie sich an den verdutzten Gesichtsausdruck ihrer Tochter erinnerte. Doch alles hatte genau so geklappt, wie sie sich das gewünscht hatte.
Und da war es also – ihr Traumkleid.
Auch der nächste Punkt auf der Liste war bereits abgehakt, die Geburtstagstorte.
Marie-Theres hatte sich insgeheim eine ganz große Torte gewünscht. Mehrstöckig, so ähnlich wie eine Hochzeitstorte. So eine, wie es sie leider damals bei ihrer Hochzeit nicht gegeben hatte, der schlechten Zeiten wegen. Aber jetzt, zu ihrem achtzigsten Geburtstag, da wollte sie eine ganz prachtvolle Torte haben. Und es sah ganz so aus, als ob auch dieser Traum in Erfüllung gehen würde, wobei der Zufall Marie-Theres zu Hilfe gekommen war. Und das kam so.
Sarah, eine ihrer Enkelinnen, hatte ihren Besuch angesagt. Irgendetwas ganz Wichtiges wollte sie mit ihrer Omi besprechen. Na, Marie-Theres konnte sich schon denken, was das war. Denn Sarah war 16, da konnte es sich eigentlich nur um eine unglückliche Liebe handeln.
Marie Theres hatte fast richtig getippt. Allerdings war Sarah nicht wegen Joe, ihrem Freund, unglücklich, sondern wegen einer eventuellen Folge dieser Liebe. Die beiden hegten gewisse Befürchtungen und…
»Aber wie kann ich dir da helfen, Kind?«, hatte Marie-Theres erstaunt gefragt.
»Ach Omi, könntest du mir einen Schwangerschaftstest besorgen?«
»Was?!« Marie-Theres glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
»Omi, bitte! Wenn ich selbst in die Apotheke gehe, ist das doch sofort rum. Mich kennen doch alle.«
»Du meinst das nicht im Ernst, oder? Ich soll dir einen Schwangerschaftstest besorgen?«
»Ja, Omi, bitte! Und zwar sofort. Gleich! Ich halte diese Ungewissheit nicht mehr aus. Dann hast du bei mir auch etwas gut. Etwas Großes!«
Marie-Theres hatte sofort an ihre große Wunsch-Geburtstagstorte gedacht…
»Gut, ich gehe. Aber eine Belohnung brauche ich schon. Du versprichst mir, dafür zu sorgen, dass ihr zwölf Enkel mir gemeinsam die Geburtstagstorte stiftet. Mindestens dreistöckig soll sie sein.«
Sarah hatte gleich zugestimmt: »No Problem. Die machen wir selbst. Mindestens dreistöckig. Das ist easy.«
Marie-Theres lachte laut auf, als sie sich an den Gesichtsausdruck des Apothekers erinnerte, als sie den Schwangerschaftstest verlangt hatte.
»Was wollen Sie?«, hatte der konsterniert gefragt und Marie-Theres angestarrt, als ob sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte.
Aber Marie-Theres machte das gar nichts aus, denn sie hatte einen weiteren Punkt auf ihrer Liste abhaken können. Das Problem Geburtstagstorte war gelöst.
Als Marie-Theres jetzt auf die Liste schaute, da war nur noch ein Punkt offen, die Einladungen für die Gäste.
Ein schwieriger Punkt, denn wo in aller Welt sollte sie denn eigentlich ihre achtzig Gäste hernehmen? Marie-Theres überlegte angestrengt. Kannte sie überhaupt noch so viele Leute?
Ihre Familie und die noch lebende Verwandtschaft mitsamt allen Enkeln das waren – Moment, das hatte sie doch bereits einmal ausgerechnet – ach ja, hier, das waren insgesamt 38Personen.
Wen könnte sie denn bloß noch einladen? Die anderen Heimbewohner?
Nein, bis auf drei, vier, die sie wirklich mochte, kamen die nicht infrage.
Zudem war sie mit ihrer Zimmernachbarin rechts verkracht, weil die so laut schnarchte, dass es sogar durch die Wand zu hören war. Und mit ihrer Zimmernachbarin links war es nix mehr, denn die war letzte Woche in die Pflegeabteilung verfrachtet worden. Und ihre ewige Busen- und Sandkastenfreundin, tja, die wollte sie heute selbst noch besuchen. Sie durfte nur nicht vergessen, ein neues Sterbelicht in ihre Handtasche zu stecken. Ach ja!
Einen in ihrem Seniorenstift hätte sie allerdings sehr gerne mit eingeladen. Einen der wenigen Männer im Haus – ein echter Herr. Normalerweise. Aber ausgerechnet der hatte sie erst gestern beim Abendessen tödlich beleidigt, weil er doch tatsächlich nicht glauben wollte, dass ihre schönen schneeweißen Haare nicht gefärbt waren. Dieser Minuskavalier!
Aber wo um Himmels Willen sollte sie nur ihre restlichen Gäste herbekommen?
Gut, der Bürgermeister und der Pfarrer würden wohl kommen. Aber bleiben? Bleiben würden die doch allerhöchstens ein Viertelstündchen.
Doch Marie-Theres hatte sich das mit den achtzig Gästen nun einmal in den Kopf gesetzt. Es sollten achtzig Gäste sein. Basta!
Ihr Singkreis? Indiskutabel. Alles alte Weiber.
Ihr Seniorinnen-Club? Diese Damen waren zwar nicht schlecht für ihren Schafkopf-Nachmittag. Aber sonst? Sie jammerten ständig über ihre echten und eingebildeten Zipperlein und Krankheiten.
Ob wohl ihr Hausarzt kommen würde, wenn sie ihn einlud? Und ihr Orthopäde, ihr Masseur und ihr Augenarzt? Sie war schließlich überall dort eine oft und gern gesehene Kundin. Na, zum Geburtstag würden die wohl eher nicht kommen, denn da gab’s ja nichts zu verdienen.
Aber das wären wenigstens alles Männer. Die waren ihr im Allgemeinen sowieso lieber. Die meckerten und jammerten nicht so rum. Wenigstens die richtigen, gestandenen Männer. Wo könnte sie nur solche richtigen, gestandenen Männer herbekommen. Und dann gleich so viele?
Plötzlich hatte Marie-Theres eine Idee.
Und sie hakte in aller Seelenruhe den letzten Punkt auf ihrer Liste ab.
Von diesem Zeitpunkt ab sah Marie-Theres zufrieden und ruhig ihrem Ehrentag entgegen.
An ihrem 80.Geburtstag hatte Marie-Theres dann ganz genau ihre gewünschten 80Gäste.
Ihre Familie war da, 38Personen, dazu vier weibliche und ein männlicher Heimbewohner. Außerdem zwei komplette Fußballmannschaften, zweiundzwanzig stramme Jungs, denen sie in weiser Voraussicht neue Trikots gesponsert hatte.
Und dann, ja, dann waren da noch sage und schreibe fünfzehn Feuerwehrmänner, die dankbar das kalte Büfett plünderten, weil der Alarm im Seniorenstift Gott sei Dank nur ein Fehlalarm gewesen war.
Ein Fehlalarm, selbstverständlich eigenhändig ausgelöst von Marie-Theres.
Die Jubilarin thronte, sehr mit sich und ihrem Riesenfest zufrieden, in ihrem schönen Kleid auf ihrem mit Blumen geschmückten Sessel und dachte: »Und zu meinem hundersten Geburtstag lade ich hundert Gäste ein. Das kriege ich hin. Wetten dass?«
Eine Geburtstags-Nachdenk-Geschichte
Es geschah genau um 11Uhr vormittags.
Die Rezeptionistin des kleinen Seniorenstifts war total überrascht, als plötzlich ein riesiger duftender Rosenstrauß vor ihr in der Tür auftauchte. Unten sah sie zwei Beine, die in Jeans steckten.
»Und Sie meinen wirklich, dass dieser Strauß für uns bestimmt ist?«, fragte sie bereits zum zweiten Mal.
Der Strauß bewegte sich heftig. Den Kopf des Blumenboten sah sie immer noch nicht, aber er antwortete: »Ja, ich bin sicher. Dieser Strauß soll im Haus Konrad in der Lindenstraße abgegeben werden. Ich kann Ihnen gerne den Lieferschein zeigen! Wenn Sie mir nur mal kurz die Blumen abnehmen würden!«
»Ja, ja, natürlich!« Die Rezeptionistin Frau Brand eilte vor zur Tür und nahm den Strauß entgegen. Sie ging ein wenig in die Knie, so schwer war er.
Der Blumenbote kramte den Lieferschein hervor und hielt ihn ihr vor die Nase.
»Und wer ist der Auftraggeber?«
»Steht nicht drauf!«
»Aber für wen ist denn der Strauß?«, fragte Frau Brand ungeduldig.
»Das steht auch nicht drauf!«, sprach der Blumenbote, drehte sich um und verschwand flugs durch die Eingangstür. Er war heilfroh, dass er das schwere Ungetüm endlich losgeworden war.
Da stand sie nun mit dem riesigen Strauß, viel zu schwer, um ihn länger zu halten.
»Ich brauche jetzt dringend eine Vase!«, murmelte Frau Brand, »ein Eimer wäre vielleicht sogar besser. Hilfe! Holen Sie ganz schnell einen Eimer, Hella!«, rief sie der Praktikantin zu, die gerade die Treppe herunterkam und verwundert grinste.
Frau Brand atmete erleichtert auf, als der Riesenstrauß endlich im wassergefüllten Eimer versorgt war.
Doch wohin damit? Gemeinsam mit Hella wuchtete sie den Strauß auf die Theke des Speisesaals.
Und dann waren beide erstaunt. Wie sich der Saal plötzlich verändert hatte! Richtig festlich sah er jetzt aus, fast ein wenig – edel.
Der Strauß war aber auch eine Wucht: lauter wunderbare, halb aufgeblühte Knospen, hellrot, rosarot, rot und dunkelrot.
»Wie viele das wohl sein mögen?«, fragte Hella und begann zu zählen. Das dauerte eine ganze Weile: »… 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76… es sind genau 77Rosen!«, rief sie überrascht aus. »Wahnsinn! – Für wen sind die?«
»Tja, wenn ich das wüsste!«, sagte Frau Brand ratlos.
Inzwischen trudelten und rollerten die ersten hungrigen Senioren im Speisesaal ein, denn die Mittagszeit begann. Natürlich fiel jedem sofort der Strauß ins Auge.
»Wem gehört denn der?«, »Ist der für mich?«, »Ist der Papst gestorben?«, waren die Kommentare.
»Erwartet irgendjemand einen – äh – Blumengruß?«, fragte Frau Brand in die Runde, als sich die erste Aufregung etwas gelegt hatte.
Schweigen.
»Hat irgendjemand heute Geburtstag?«
Ebenfalls Schweigen.
»Feiert jemand in den nächsten Tagen seinen – äh, 77.Geburtstag. – Es sind nämlich 77Rosen!«
Nun herrschte aufgeregtes Gemurmel. »77Rosen! Habt ihr gehört. 77!« »Ist jemand vielleicht 77 geworden?«
Ein schüchternes Stimmchen meldete sich. Die Neue war es, Frau Gerber. »Ich bin 77 geworden, aber schon vor drei Wochen.« Also auch keine heiße Spur.
»Vielleicht ist der Strauß für unsere Stiftsleiterin?«, meinte jemand. »Die soll doch angeblich gerade frisch verliebt sein!« Worauf sich allgemeines Kichern im Raum verbreitete.
Hella rannte los und holte die Chefin herbei. Als die den Strauß sah, wurden ihre Wangen spontan genauso rosarot wie die hellsten der Rosen. Sie stutzte kurz, schüttelte dann jedoch den Kopf.
»Nein, leider, aber dieser Strauß ist bestimmt nicht für mich.« Nun wurde sie noch einen Tick rosaroter. »Mein – äh – Partner war gerade da, und der hätte bestimmt… Nein, leider, leider nicht!«
Schweigen.
»Was machen wir jetzt mit den Rosen?«
»Schenken wir sie doch dem Pfarrer!«, meldete sich eine. »In der Kirche wäre der Strauß gut aufgehoben.«
Alle protestierten. »Nein, das muss aber nicht sein. Dann behalten wir ihn lieber selbst.«
»Ich hätte da eine Idee. Eine richtig gute Idee!«, meldete sich jetzt Hella, das 74-jährige Nesthäkchen des Stifts. »Meine Damen, ihr richtet euch jetzt mal hopp die Haare. Dann zieht ihr euch eine frische Bluse an und dann…«
»Und dann…?«
»Und dann machen wir von jeder und jedem ein Foto mit diesem Riesen-Rosenstrauß. So eine Gelegenheit muss man doch ausnutzen! Die Fotos lassen wir vergrößern und dann hängt jeder seines auf. Was meint ihr, was eure Familien sagen werden! Wenn sie überhaupt etwas dazu sagen. Die ganz Neidischen sagen sicher nichts. Aber die ganz Neugierigen… Stellt euch vor, was ihr denen erzählen könnt! Die müssen euch glauben, ob sie wollen oder nicht. Das Foto ist der Beweis!«
Jetzt waren alle in hellster Aufregung. Und nach dem Mittagessen ging es los, genau so, wie es das Stifts-Nesthäkchen vorgeschlagen hatte. Da war ein Lachen und Reden und Fröhlichsein, wie man es schon sehr, sehr lange nicht mehr erlebt hatte.
Es wurde Foto für Foto geschossen, sogar die Chefin schloss sich an.
»Für alle Fälle!«, grinste sie und zuckte verlegen mit den Schultern.
»So, hatten wir alle?«, rief Hella, doch da ließ sich das schüchterne Stimmchen der Neuen, Frau Gerber, wieder hören: »Nein, Moment, ich möchte noch