Der Abgaskrieg - Heiko Schmidt - E-Book

Der Abgaskrieg E-Book

Heiko Schmidt

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Beschreibung

Die Spuren einer verhängnisvollen Entwicklung, zusammengefasst in einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der Abgaschronologie des Volkswagenkonzerns, geben einen Einblick über die Bestimmungen der Abgasgesetzgebung bis hin zu einer Lobby, die diese zu ihren Gunsten reglementieren will. Der Abgaskrieg führte zu einem Erdbeben bei VW. Dieser Kampf der Autoindustrie gegen das Abgasreglement fordert, wie in jedem Krieg, Opfer. Bei VW ist dies der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn, bis dahin Liebling der Medien. Die Tricks der Automobilhersteller bezüglich der Abgasbestimmungen sind so einfallsreich wie die der Formel 1. Sie lassen nichts unversucht, erst kommt das Reglement, dann die Interpretation. Hunting emissions is the mission! Wie sauber sind Automobilabgase? Täglich prasseln neue Vorwürfe und Anschuldigungen auf die deutsche Automobilindustrie nieder. Die NOGs sehen im Auto den Umweltsünder und den Feind, den es zu bekämpfen gilt. Die Vertreibung der Fahrzeuge mit Dieselmotor aus den Innenstädten hat begonnen und mit der Einführung der zukünftigen blauen Umweltplakette auch eine weitere Enteignung der Autobesitzer. Elektroautos riechen und lärmen nicht. Sie sind außen drollig, innen eng und kommen nicht weit. Mit der Elektromobilität werden in Gesellschaft und Politik große Hoffnungen verbunden – auf dem langen Weg zu einer elektromobilen Gesellschaft sind aber noch etliche Herausforderungen zu lösen. Elektromobilität und Digitalisierung - die Zukunft des Autos hat erst begonnen, hat das Auto konventioneller Machart ausgespielt? Wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden, und intelligente Lösungen die Umwelt mit einbeziehen, bleibt die Mobilität erhalten. Denn die Weichen für eine erfolgreiche Positionierung werden in diesem Jahrzehnt gestellt.

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Inhaltsverzeichnis

1.0 VOLKSWAGEN

1.2 Die Geburt des EA 189 TDI

2.0 DIE VW SKANDALE

3.0 DER ABGASSKANDAL

3.1 DIE USA-VW-DIESEL-KAMPAGNE

3.2 Die Chronologie

3.3 Blauer Brief aus Flensburg

3.4 Der Rückrufbrief der Volkswagen AG

3.5 Manipulation bei Fahrzeugen mit Ottomotoren

3.6 Probleme bei anderen Firmen

3.7 Ist der Diesel-Skandal ein spezielles Problem von Volkswagen?

4.0 WENN NROs IHREN EINFLUSS MISSBRAUCHEN

5.0 JEDER ZWEIT NEUWAGEN IST EIN DIESEL

5.1 Marktanteile Diesel Modelle in Deutschland

5.2 USA- Diesel Markt

6.0 DIE ABGASGETZGEBUNG

6.1 Der Unterschied zwischen der US / EU- Gesetzgebung

6.2 Die Prüfverfahren

6.3 Europäisches Typgenehmigungsverfahren

7.0 DIE TESTZYKLEN

7.1 Emissionen von Kraftfahrzeugen

7.2 US und Japan Zyklus

7.3 US-Amerikanische Zyklen

7.4 Aufbau eines SULEV - Abgasrollenprüfstandes

7.5 Neuer Europäischer Fahrzyklus (NEFZ)

8.0 VORSCHRIFTEN ZU ABSCHALTEINRICHTUNGEN 89

9.0 NEUE GRENZWERTE FÜR DIESEL- PKW

9.1 Entwicklung der Abgasgesetzgebung für Diesel-Pkw

10.0 WLTP

11.0 TESTZYKLUS (WLTC)

12.0 TESTPROZEDUR WLTP

13.0 Real-Driving Emissions (RDE)

13.1 Emissionen im realen Fahrbetrieb

13.2 RDE - Grenzwerte

14.0 ZEITLEISTE DER WICHTIGSTEN GESETZE 108

15.0 On-Board-Diagnose (OBD)

16.0 CYCLE BEATING

17.0 GESETZLICH LIMITIERTE SCHADSTOFFE

18.0 ABGASE - DIE SCHADSTOFFE

18.1 Partikelemissionen (PM10, PM2.5)

18.2 Kohlenmonoxid (CO)

18.3 Kohlenwasserstoffe (HC)

18.4 Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffe (NMHC)

19.0 NICHT LIMITIERTE SCHADSTOFFKOMPONENTEN

20.0 WIE SAUBER SIND AUTOMOBILABGASE

20.1 Was kommt wirklich aus dem Autoauspuff?

21.0 PARTIKELAUSSTOSS

22.0 DIESELMOTOREN ZIELKONFLIKTE

23.0 ZUKÜNFTIGE EMISSIONSFAKTOREN

24.0 KRAFTSTOFFVERBRAUCH

24.1 Berechnung des Kraftstoffverbrauchs

24.2 Grenzwerte in Europa ab 2015

24.3 Verschärfte Grenzwerte ab 2020

24.4 Historie

25.0 ADAC ECOTEST

25.1 Neuer Europäischer Fahrzyklus (NEFZ)

25.2 Worldwide harmonized Light vehicle Test Procedure

25.3 ADAC Autobahn-Fahrzyklus

25.4 Elektrofahrzeug-Zyklus

25.5 Bewertung der Schadstoffemissionen

25.6 Bewertung der CO

2

-Treibhausgasemissionen

25.7 Gesamtbewertung

25.8 Fiat hat die niedrigsten CO

2

-Emissionen

25.9 Was ist der Flottenverbrauch?

26.0 ABGASREINIGUNG

26.1 3-WEGE-KATALYSATOR

26.2 Der Aufbau von Abgaskatalysatoren

26.3 Dieseloxidationskatalysator

26.4 NOx-Speicher-/Reduktionskatalysator

26.5 Dieselpartikelfilter (DPF)

26.6 Geschlossene Filtersysteme

26.7 Offene Filtersysteme

26.8 SCR (Selective Catalytic Reduction)

26.9 Albonair SCR-System

26.9.1 Wie hoch ist der AdBlue® Verbrauch

26.9.2 ADBLUE® - Tankgrößen

27.0 CARMAKERS LOBBY

27.1 Immense Lobbyausgaben der Automobilkonzerne

27.2 Deutsche Politiker, die die Seiten gewechselt haben

28.0 AUTOLAND DEUTSCHLAND

29.0 AUTONOMES FAHREN

29.1 Die Abhängigkeit von der Autobranche

30.0 ZUKUNFT AUTO

31.0 DAS AUTO DER ZUKUNFT

32.0 DIE DIGTALISIERUNG

32.1 Schädliche Daten-Emissionen

32.2 Vernetztes Auto im Trend

32.3 VDA Vorschlag zu Datenschutzprinzipien für vernetzte Fahrzeuge

33.0 ELEKTROMOBILITÄT

33.1 Geringe Reichweite Elektroautos

33.2 Hohe Akku Ladezeiten

33.3 Akku Temperatur Probleme

33.4 Technologische Trends

33.5 Neuzugelassene Elektrofahrzeuge

33.6 FÖRDERUNG VON ELEKTROAUTOS

33.7 Kaufprämie für E-Autos

33.8 Steuervergünstigungen für Elektrofahrzeuge

33.9 Glossar Elektrofahrzeuge

33.10 Abkürzungsverzeichnis Elektromobilität

ACRONYMS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

LITERATUR – VERZEICHNIS

Vorwort

Am Beginn dieser Arbeit stand die Absicht eine politische Geschichte der Umwelt in der EU zu schreiben, aber dann kam der Abgasskandal um manipulierte Schadstoffmessungen bei Diesel-Pkw und markierte einen Wendepunkt. Autos, die Schadstoffgrenzwerte nur auf dem Rollenprüfstand und nicht im realen Straßenbetrieb einhalten, sind genauso wenig zukunftsfähig wie Fahrzeuge, die die Klimakatastrophe befeuern. Die Abgasnormen für Motorfahrzeuge werden in regelmäßigen Abständen verschärft. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich dadurch die Luftqualität nicht auch im erwarteten Maß verbessert. Denn entgegen den optimistischen Erwartungen aufgrund der Entwicklung der Abgasgrenzwerte zeigen Messungen, dass die NOx-Emissionen im realen Fahrbetrieb insbesondere von Dieselfahrzeugen markant höher sind. Die historische Entwicklung des Automobils ist mit anderen technischen Entwicklungen kaum vergleichbar. Das Automobil veränderte die Gesellschaft maßgeblich.

„Ich glaube an das Pferd. Das Auto ist eine

vorübergehende Modeerscheinung.“

(Wilhelm II)

Dass das Leben einen anderen Lauf gehen kann, beweist die Geschichte. Das Artefakt Automobil hat einen unvergleichlichen Siegeszug in unserer Gesellschaft vorgenommen. Das Auto wurde vor circa 100 Jahren erfunden und durchdrang in dieser Zeit wie kaum ein anderes Artefakt unsere Gesellschaft. Wurde es zu Beginn seiner Erfindung noch als reines Fortbewegungsmittel benutzt, entwickelte es sich relativ rasch im Laufe der Zeit zu einem Statussymbol. Mobilität und Verkehr sind im Laufe des 20. Jahrhunderts zu zentralen Aspekten unseres modernen Lebens geworden - mit vielen positiven Auswirkungen auf unser Leben und auf unsere Wirtschaft, aber auch mit vielen negativen Folgen.

Renchen, im August 2016

Heiko Schmidt

1.0 VOLKSWAGEN

In diesem Kapitel werden alle relevanten Informationen über die Volkswagen AG, die im Rahmen dieser Arbeit von Bedeutung sind, erwähnt. Sie dienen zur Schaffung eines Panoramas über die wichtigsten Eckdaten der Volkswagen AG.

Die Grundsteinlegung des Volkswagen-Werks durch Hitler vor 70 Jahren gilt seitdem in der öffentlichen Wahrnehmung als »eigentliches« Gründungsdatum der Stadt Wolfsburg und des Unternehmens Volkswagen (VW). Ein Mythos. Denn die eigentliche Geburtsstunde des Unternehmens schlug mit dem Eintrag ins Handelsregister als "Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH" am 28. Mai 1937 in Berlin. Die Stadtgründung war am 1. Juli 1938. Damals wurde aus Fallersleben die »Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben«. Zu Wolfsburg wurde die Stadt schließlich erst kurz nach dem Zweiten Weltkrieg am 25. Mai 1945.

»Am 12. Februar 1933 forderte Adolf Hitler(1889-1945) auf der Berliner Automobilausstellung die Motorisierung des deutschen Volkes. Es schwebte ihm die Konstruktion eines Autos vor, das 100 km/h Dauergeschwindigkeit auf der Autobahn halten kann, das mit vier Sitzen für Familien geeignet ist, sparsam im Verbrauch ist und vor allem unter 1000 Reichsmark (RM) kostet«.

Der Konstrukteur Ferdinand Porsche (1875 - 1951) entwickelte den Kleinwagen, der später Käfer genannt wurde. Von 1938 - 2003 produzierte Volkswagen (VW) über 21,5 Millionen Käfer. Ein Rekord! Der Käfer war bis 2002 das meistgebaute Auto der Welt. Dann überholte ihn der Golf, den VW seit 1974 produziert. Der Volkswagenkonzern war im Jahr 2012 mit 9,1 Millionen verkauften Pkw hinter Toyota der zweitgrößte Autokonzern der Welt. Das erklärte Ziel der Konzernführung ist es, bis spätestens 2018 die Weltmarktführerschaft zu erreichenhinter sich General Motors, endlich vor Toyota und hoffentlich nicht allzu stark bedrängt von Hyundai.

Als einer der ersten Hersteller verwirklichte Volkswagen auf dem amerikanischen Markt die serienmäßige Ausrüstung des Golf I mit Abgaskatalysatoren und 1984 den VW Scirocco mit dem 3-Wege Katalysator. 1977 der erste Diesel-Pkw in den USA war ein Golf. Inzwischen produziert der Konzern längst nicht mehr nur Autos der Marke Volkswagen. Bereits Mitte der 1960er-Jahre nahm Volkswagen nach der Übernahme der Auto Union GmbH von Daimler-Benz eine zweite Marke ins Sortiment auf: Audi war geboren. Heute gehören zwölf Marken zur Volkswagen AG, darunter Volkswagen Pkw, Audi, SEAT, SKODA, Bentley, Bugatti, Lamborghini, Porsche, Ducati, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Scania und MAN.

Abbildung 1 Volkswagenwerk und Autostadt in Wolfsburg (Quelle: Volkswagen AG)

1.2 Die Geburt des EA 189 TDI

1989 präsentierte Piëch als Chef der Konzernmarke Audi auf der Automobilausstellung in Frankfurt den ersten TDI. Der direkteinspritzende und elektronisch gesteuerte Turbodiesel machte den Diesel salonfähig für die Oberklasse. Vorsprung durch Technik - das war neben dem Allrandantrieb und dem Aluminium-Leichtbau vor allem das Kürzel TDI. Zum TDI Start sprach man bei Audi vom »Beginn einer neuen Zeitrechnung«. Für Piëch hieß das: VW konterte gegen Toyota, und Audi war auf Augenhöhe mit BMW und Mercedes. Doch nach 15 erfolgreichen Jahren zeigt sich, dass Volkswagen mit dieser Technologie in eine Sackgasse fährt. Denn die Abgasvorgaben werden immer schärfer, vor allem in den USA - den Technikern bei VW wird klar, dass sie mit ihrem unflexiblen

Einspritzsystem (Pumpe Düse) die künftigen Emissionsstandards nicht werden einhalten können. Erst im November 2005 gesteht sich der Volkswagen-Vorstand den Fehler ein. Doch da bleibt bis zum Serienstart des neuen Motors, des. EA 189, nicht mehr viel Zeit. Die Entwicklung sei »kein Kinderspiel« gewesen, gestand schon seinerzeit Richard Dorenkamp, VW-Abteilungsleiter für Niedrigstemissionsmotoren und Abgasnachbehandlung. Experten wie Günter Hohenberg, Professor an der Technischen Universität Darmstadt, fragten sich bereits damals, wie der Vierzylinder die Abgaslimits in allen 50 US-Bundesstaaten erfüllen könne. »Bei den Kosten ist die Entwicklung locker auf dem Niveau eines Vollhybridantriebs«, erklärte Hohenberg.

In den Vereinigten Staaten lässt Volkswagen Werbung für Diesel-Autos über die Highways rollen (2008). Europas größter Autohersteller will auf diese Weise auch den Amerikanern den Selbstzünder näherbringen. »Dieselution« haben die Wolfsburger ihre Werbetour genannt, mit der sie kreuz und quer durch die USA fahren, um direkt vor Ort die Vorteile des Dieselantriebs anzupreisen.

2.0 DIE VW SKANDALE

Von Skandalen im Ausmaß der aktuellen Abgas-Affäre ist VW in seiner Geschichte bisher verschont geblieben. Trotzdem sorgte der Konzern in jüngerer Zeit immer mal wieder für Schlagzeilen. 1990 etwa, als der Chef der VW-Devisenhandelsabteilung zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, weil er das Werk mit krummen Devisengeschäften um etwa 170 Millionen Euro gebracht hatte. 1996 kam es zur Opernballaffäre, als der niedersächsische Ministerpräsident und spätere Kanzler Gerhard Schröder samt Ehefrau auf Kosten von VW den Opernball in Wien besuchte.

Pikant war 1998 die Affäre um den ehemaligen VW-Vorstand Ignacio López, der 1993 beim Wechsel von Opel zu Volkswagen geheime Unterlagen mitgenommen haben soll. Er erhielt eine Geldstrafe. VW musste 100 Millionen Dollar an den Konkurrenten zahlen und dort Autoteile im Wert von einer Milliarde Dollar kaufen. Einer der bemerkenswerteren Skandale um VW kam schließlich 2005 ans Licht. Dabei ging es unter anderem um Schmiergeldzahlungen an VW-Betriebsräte. Betriebsräte spielen in deutschen Firmen als Vertreter der Arbeitnehmer eine gewichtige Rolle. Um sie für sich zu gewinnen, organisierten VW-Manager Besuche in Nobelhotels und Nachtclubs auf Firmenkosten. Die Manager sollen zudem in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Der finanzielle Schaden wurde mit fünf Millionen Euro angegeben.

3.0 DER ABGASSKANDAL

VW hat unter dem Druck amerikanischer Testergebnisse gestanden, eine betrügerische Software in Dieselmotoren 2008 eingebaut zu haben. Die Software bemerkte, das ein Auto auf dem Prüfstand stand, und steuerte dann die Abgase so, dass sie innerhalb der Normen lagen, während sie im Realbetrieb bis zum 35fachen überstiegen. Die Enthüllungen sorgten für ein Erdbeben bei VW, und es wird nach den meisten Einschätzungen sehr teuer werden, so dass im ungünstigsten Fall, die Existenz des VW-Konzerns bedroht ist.

Der Ingenieur Dr. Arvind Thiruvengadam gab im März 2013 eine Anzeige in einigen amerikanischen Zeitungen auf: Er benötigte Autos mit europäischen Diesel-Motoren, um diese für seinen Arbeitgeber, das zur Universität von West Virginia gehörende Center for Alternative Fuels, Engines and Emissions (CAFEE) zu testen. Das CAFEE hatte sich bei einer Ausschreibung des Regulators International Council on Clean Transportation (ICCT) um die Tests beworben. Das ICCT suchte in einer öffentlichen Ausschreibung ein Unternehmen, das drei europäische Diesel-Fahrzeuge auf ihre Stickoxid-Emissionen unter realen Fahrbedingungen testen sollte. Ende Januar 2013 erhielt das CAFEE den Zuschlag.

Durch Zufall erhielt Dr. Thiruvengadam auf sein Inserat hin einen VW Passat und einen VW Jetta, sowie einen BMW X5. Während beim BMW alle Ergebnisse den offiziellen Angaben entsprachen, lagen die Abgas-Werte beim Passat weit über denen, die laut den US-Gesetzen erlaubt waren - und das, obwohl VW alle Tests für eine Zulassung in den USA bestanden hatte und der Passat eine entsprechende Technologie vorweisen konnte.

Die Forscher konnten sich die Unterschiede nicht erklären. Doch schon bald stellte sich heraus, dass Volkswagen eine Software eingebaut hatte, die die Ergebnisse manipulierte:

Die Software erkannte Situationen, in denen sich das Lenkrad nicht bewegte, obwohl der Motor lief und die Räder sich drehten - also genau jene Situationen, die einen Labor-Test ausmachen.

In den USA stellte der ICCT dann in Zusammenarbeit mit der West Virginia University im Mai 2014 bei Abgasmessungen große Differenzen beim Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen der VW-Gruppe fest. Die Fahrzeuge erfüllten unter Testbedingungen auf einem Prüfstand des California Air Resources Board (CARB) die Vorgaben der EPA. Unter realen Fahrbedingungen ermittelten Mitarbeiter der West Virginia University mit einem transportablen Mess-System (PEMS) beim VW Jetta VI Stickoxidwerte die 15- bis 35-fach und beim VW Passat 5- bis 20-fach über dem gesetzlichen US-Grenzwert lagen.

Anmerkung: Eine Abweichung um den Faktor 1,6 entspricht eine Überschreitung von 60%, Faktor 8,5 entspricht eine Überschreitung von 750%.

Abbildung 2 Quelle: VW USA Leaflet

Bereits im September 2014 veröffentlichte das Magazin Der Spiegel Ergebnisse dieser Studie und wies mit Bezug auf den sich das Auto auf einem Rollenprüfstand befindet, und daraufhin Handelsblatt berichtete ebenfalls bereits im Oktober 2014 unter dem Titel »Stickoxid-Emissionen: Diesel dreckiger als erlaubt« über die Studie und bemerkte nach Aufdeckung des Skandals: »Seit einem Jahr wusste jeder Bescheid«. Flankierend zu den Messungen der Stickoxid-Emissionen berichtete Der Spiegel ebenfalls im September 2014 mit Bezug auf dieselbe Studie, dass »vor allem deutsche Autokonzerne den amtlichen Benzindurst« ihrer Fahrzeuge »schönen« würden.

Volkswagen behauptete gegenüber US-Behörden, die festgestellten Diskrepanzen insbesondere der Stickoxidwerte basierten auf einem Softwarefehler und rief im Dezember 2014 die betroffenen fast 500.000 Fahrzeuge zurück, um eine neue Software einzuspielen. Das CARB überprüfte die modifizierten Fahrzeuge unter Realbedingungen und konnte keine Verbesserung bei den Stickoxidwerten feststellen. Als die Behörden damit drohten, bei Nichtaufklärung der Diskrepanz den 2016er Modellen die Zulassung zu verweigern, gab Volkswagen am 3. September 2015 den Betrug zu.

Abbildung 3 Motorsteuergerät (ECU) VW Golf TDI

Laut Wirtschaftswoche informierte ein Manager eines Zulieferbetriebes für die Automobilindustrie den damaligen EU-Kommissar Antonio Tajani bereits Mitte 2012 darüber, dass die Abgaswerte von Fahrzeugen in Zulassungstests elektronisch von Autoherstellern manipuliert würden. Dies untergrabe die Bemühungen der EU, den Straßenverkehr umweit- und klimafreundlicher zu machen. Bei einem Treffen im Juli 2012, bei dem das Thema diskutiert wurde, seien insgesamt 4 Mitglieder der EU-Kommission anwesend gewesen. Daraufhin schrieb Tajani einen Brief an die Verkehrsminister der EU-Staaten und forderte, dass die Überwachung der Autoindustrie verbessert werden müsse; er wies aber nicht auf die Betrugsmöglichkeiten bei den Zulassungsverfahren hin.

Die Abgasmessungen für neue Fahrzeugmodelle des VW-Konzerns in Europa prüfen derzeit (2015) folgende Prüforganisationen:

Audi-Modelle:

Allied Technology Experts Enterprise of Luxembourg S.à r.l.

(ATE EL), Luxemburg

Volkswagen-Modelle:

TÜV Nord, Deutschland

Seat-Modelle:

Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial (INTA) und CTAGIDIADA Safety Technology SL, beide in Spanien

Skoda-Modelle:

TÜV Süd, Deutschland und Vehicle Certification Agency (VCA), Großbritannien

Laut Veröffentlichung der EPA erkennt die von VW installierte Software, die für die Abgaskontrollanlage zuständig ist, die Prüfungssituation. Die standardisierten Testsituationen sind durch ein »unnatürliches Fahrverhalten« (hohe Raddrehzahlen ohne Bewegung des Fahrzeugs) erkennbar. Bei diesen Bedingungen ist die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst geringe Stickoxide (NOx) entstehen. Im normalen Fahrbetrieb werden dagegen Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt, weshalb die NOx-Emissionen dann erheblich höher sind.

Am 27. September 2015 berichtete die Bild am Sonntag, der Automobilzulieferer Bosch habe die umstrittene Software zu Testzwecken an VW geliefert, im Jahr 2007 allerdings auch klar mitgeteilt, dass der Einsatz der Software gesetzeswidrig sei.

Beim Passat sollte mit der Software des Steuergerätes »Electronic Diesel Control 17« des Zulieferers Bosch der Verbrauch an Harnstofflösung (AdBlue, in den USA mit der Bezeichnung Diesel Exhaust Fluid (DEF)) für die Abgasnachbehandlung SCRT in den Bluetec-TDI-Motoren verändert werden. In einem Vortrag auf dem 32C3 präsentierte ein Hacker eine Analyse der von VW auf einem Bosch-Steuergerät des Typs EDC17C46 installierten Firmware. In den A2L-Dateien war die Abschalteinrichtung mit »Untere Kilometerschwelle für Deaktivierung der Akustikfunktion« kommentiert. Die Firmware wertet dabei unter anderem aus, ob sich die gefahrene Strecke je Zeit in einem engen Intervall um die vom Prüfzyklus vorgegebenen Werte bewegt. Sobald dieses Intervall verlassen wird, schaltet die Software in einen alternativen Modus mit deutlich reduziertem AdBlue®-Verbrauch.

Beim US-Modell Jetta wird dagegen ein NOx-Speicherkatalysator verwendet, bei dem sich die Stickoxide auf der Oberfläche ablagern. Der Speicherkat kann NOx nur in einem Temperaturbereich von 250 bis 500 °C speichern. Ist der Katalysator vollständig belegt, wird er während des Fahrbetriebs durch Luftmangel (i.d.R. durch Mehreinspritzung von Diesel) vorhandenen Komponenten Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe. Im Fall der manipulierten Fahrzeuge fand diese Regeneration im Fahrbetrieb nur teilweise oder gar nicht statt.

Im Rahmen der Überprüfungen aller Prozesse und Abläufe bei Dieselmotoren ist dem VW-Konzern aufgefallen, dass bei der CO2-Zertifizierung von Dieselfahrzeugen vor allem ab dem Baujahr 2012 zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden. Betroffen sind unter anderem die Typen VW Golf, VW Polo, VW Passat, Audi A1, Audi A3, Škoda Octavia, Seat Leon, Seat Ibiza. Auch sei vor Prüfstandmessungen Diesel ins Motoröl gemischt worden, damit der Motor bei der Messung weniger Kraftstoff verbrauchte.

Anmerkung:

»Was das Vorgehen von Volkswagen illegal macht, ist die Tatsache, dass die aktivierte Software (Defeat Device) erkennt, ob das Fahrzeug im Testzyklus läuft und die – technisch bedingt mit zeitlicher Verzögerung einsetzende – Abgasreinigung darauf vorausschauend einstellt, was im Alltagsbetrieb nicht gelingt. Dies nennen Fachleute Zykluserkennung«.

3.1 DIE USA-VW-DIESEL-KAMPAGNE

Mit einer Marketing-Offensive will Volkswagen in den USA die dort unbeliebten Diesel-Motoren salonfähig machen. Auf der »Dieselution«-Werbetour von VW quer durch die USA soll die »TDIdeology« verbreitet werden. Hinter der Tournee steckt die Idee, vor allem den Amerikanern in den Metropolen an der Ost- und Westküste den Diesel als ebenso sparsamen wie umweltverträglichen Pkw-Antrieb näher zu bringen. Dazu wird überall dort, wo der Dieselution-Truck Station macht, ein so genannter Diesel Campus aufgebaut. Hier erhalten Autofahrer Informationen rund um das Thema Dieselmotor. Anders gesagt: VW versucht, nachdem die Marke in diesem Jahr wegen des Inkrafttretens strengerer Abgasgesetze keine Dieselfahrzeuge in den USA anbieten konnte, eben dort nun die neuen TDI-Motoren als effizienteste Antriebssysteme der Welt anzupreisen.

Abbildung 4 USA-VW-DIESEL-KAMPAGNE - DIESELUTION

Das hat natürlich einen Grund. Im kommenden Frühjahr nämlich ergänzt wieder ein Diesel-Auto das Angebot, dann startet in den USA der Verkauf des VW Jetta Clean Diesel, der in Europa unter dem Label Blue TDI firmiert. Da der Limousinen-Ableger des Golf das derzeit meistverkaufte VW-Fahrzeug in den USA ist, haben die Wolfsburger große Absatzpläne mit dem Modell. Erstmals bietet VW einen Diesel-Pkw mit einem zusätzlichen NOx-Speicherkatalysator an, der etwa 90 Prozent der Stickoxide im Abgas herausfiltert. Damit erfüllt das Auto die Abgasnormen aller US-Bundesstaaten unter anderem auch die in Kalifornien, Massachusetts, Maine, New York und Vermont gültige Tier2-Bin5-Norm, die als derzeit strengste Schadstoffklasse der Welt gilt. So sind beispielsweise nur noch 70 Milligramm Stickoxid je Meile erlaubt.

Zwar konnte beim Jetta auf den teuren Harnstoffzusatz bei der Abgasreinigung, der zwischen Mercedes und Audi zuletzt für einige Irritationen sorgte, verzichtet werden. Der Rest sei aber, laut Richard Dorenkamp, bei VW zuständig für die Entwicklung von Niedrigstemissions-Motoren und Abgasnachbehandlung, »kein Kinderspiel« gewesen. Zunächst mussten die sogenannten Rohemissionen gesenkt werden. Dazu wurden bei der Einspritzung verfeinerte Injektoren von Bosch eingesetzt. Sie erlauben bei gleichem Druck geringere Mengen Kraftstoff einzublasen, dosieren in kürzeren Zeitabständen mittels Vor- und Nacheinspritzungen wesentlich genauer. So ließ sich etwa die Rußbildung der Haupteinspritzung um 20 Prozent reduzieren.

Völlig neu ist die »zylinderdruckbasierte Verbrennungsregelung«, die etwa über den Glühkerzenstift in jedem der vier Zylinder verschiedene Parameter erfasst und die Einspritzung anpasst. Das reduziert einerseits den Verbrauch und mindert zugleich die Partikel- und Stickoxidbildung. Außerdem ließen sich damit die Bauteiltoleranzen bei in den USA häufig vorkommenden unterschiedlichen Kraftstoffqualitäten besser einhalten. Ein weiterer wichtiger Komplex ist die Abgasrückführung, die so Dorenkamp «etwa 30 bis 40 Prozent der erzielten Stickoxidminderung ausmacht». So geschehe es das erste Mal in einem Serien-Pkw, dass eine übliche Hochdruck-Abgasrückführung mit einem zweiten Niedrigdruckkreis kombiniert werde. Der entnehme das vorgereinigte Abgas hinter dem Partikelfilter und führe es über einen Ladeluftkühler zu einem Mischstutzen, wo sich beide zurückgeleiteten Abgasströme wieder vereinigen und vom Turbolader erneut eingeblasen werden. Das gekühlte Abgas sorgt für geringere Verbrennungstemperaturen, wodurch weniger NOx entsteht.

Aber damit nicht genug. Der BlueTDI wird erst durch die eigentliche Abgasnachbehandlung zum Clean Diesel. Die geschient neben einem Oxidationskatalysator in einem NOx-Speicherkat, der die noch im Abgas verbliebene Stickoxidanteile fast vollständig eliminieren soll. Diese lagern sich auf der Katalysatoroberfläche ab und werden hier in ungefährlichen Stickstoff umgewandelt. Die automatische Reinigung der Oberfläche geschieht etwa alle zehn Minuten. Bei Temperaturen zwischen 250 bis 450 Grad Celsius, die vom Motormanagement durch eine fette Verbrennung erzeugt werden. Dabei entstehende Sulfate müssen zusätzlich in längeren Zyklen entsorgt werden.

Technisch ist das Alles sehr beeindruckend und führt in der Summe zu 90 Prozent weniger NOx im Abgas. Dass sich diese komplexe Lösung auch auf die Kostenseite auswirken wird, wollte VW-Sprecher Hartmut Hoffman nicht bestreiten, bezweifelte aber, dass sich der Preis eines Dieselmotors dadurch verdoppeln würde. Nach der Einführung des BlueTDI in den USA werde VW das System sehr bald auch in Deutschland anbieten.

3.2 Die Chronologie

Nachdem die US-Umweltbehörde US Environmental ProtectionAgency (EPA) die Volkswagen AG mit im Jahr 2014 durch das Forschungsinstitut International Council on Clean Transportation (ICCT) und der Universität West Virginia festgestellten erhöhten Emissionswerten bei einigen Volkswagen-Modellen konfrontierte, räumte VW am 03. September 2015 gegenüber der EPA die Manipulation von Abgaswerten ein.

Am 19.09.2015 gab VW die entsprechende Manipulation zu. Allein in den USA sollen mehr als 480.000 Fahrzeuge betroffen sein. Einen Tag später, am 20. September 2015, kündigte der Vorstandsvorsitzende von VW, Herr Dr. Martin Winterkorn, eine umfassende Aufklärung an.

Am 23.09.2015 informierte Volkswagen die deutsche Öffentlichkeit. VW teilte mit, dass man die »Schadstoffthematik« beheben werde. Die aktuell angebotenen Neuwagen mit Dieselantrieb der Schadstoffklasse Euro 6 des Volkswagen-Konzerns seien nicht von den Vorwürfen betroffen. Sie erfüllten die gesetzlichen Anforderungen und Umweltnormen. Abweichungen seien nur bei Fahrzeugen des Motortyps EA 189 festzustellen, bei denen eine Abweichung zwischen den Prüfstands Werten und dem realen Fahrbetrieb vorliegt. Volkswagen arbeite mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. Am selben Tag trat der Vorstandsvorsitzende von seinem Amt zurück.

Am 25.09.2015 informierte VW die Öffentlichkeit darüber, dass weltweit rund 5 Millionen Fahrzeuge der Marke Volkswagen betroffen sind. Diese Fahrzeuge bestimmter Baujahre und Modelle (wie z.B. der Volkswagen Golf der 6. Generation, der Volkswagen Passat der 7. Generation und die 1. Generation des Volkswagen Tiguan) sind ausschließlich mit Motoren des Typs EA 189 ausgestattet. Die aktuellen Modelle des Golf, Passat und Touran seien nicht betroffen. Man arbeite mit Hochdruck an einer technischen Lösung, die man schnellstmöglich präsentieren wolle.

Am 28.09.2015 informierte Volkswagen die Öffentlichkeit darüber, dass mehr als 2 Millionen Fahrzeuge der Marken Audi und Skoda sowie der VW Nutzfahrzeugflotte mit der Manipulationssoftware ausgestattet sind. Am 02. Oktober 2015 stellte Volkswagen eine Internetseite bereit, auf der Kunden prüfen lassen können, ob ihr Fahrzeug mit einem manipulierten Diesel-Motor fährt. Nach Medienberichten vom 04. Oktober 2015 haben mehrere VW-Ingenieure eingestanden, die Manipulationssoftware bei Diesel-Motoren im Jahr 2008 installiert zu haben. Es habe, so die Informationen, ansonsten keine andere Lösung gegeben, die Abgaswerte und Kostenvorgaben des Diesel-Motors EA 189 einzuhalten, heißt es in einem in den Medien zitierten internen Revisionsbericht der Volkswagen AG.

Am 06.10.2015 werden neue Zahlen durch den Volkswagenkonzern publik. Danach informierte ein Konzernsprecher darüber, dass von insgesamt 11 Millionen manipulierten Fahrzeugen auszugehen sei, von denen insgesamt allein 8 Millionen innerhalb der Europäischen Union verkehren. Darunter seien auch Fahrzeuge mit vergleichsweise kleinen Motoren. In Deutschland sind nach ersten Angaben von VW 2,8 Millionen Pkw betroffen. Am 15. Oktober 2015 wurde diese Zahl auf 2,4 Millionen Autos korrigiert; mit der zuerst genannten Zahl sollen die seit 2008 angemeldeten Wagen benannt worden sein. Die tatsächlich noch in Deutschland zugelassenen Autos sind 2,4 Millionen.

Am 15.10.2015 gab der Bundesverkehrsminister bekannt, dass das KBA einen behördlich angeordneten Rückruf aller betroffenen und in Deutschland zugelassenen Autos verfügt und der Volkswagen AG zugestellt hat. 18.09.2015 Volkswagen muss die Software von 482.000 Autos in den USA überarbeiten und dafür die Fahrzeuge zurückrufen. Die US-Umweltbehörde EPA wirft dem Autohersteller vor, mit seiner Software bewusst Emissionsgrenzen umgangen zu haben. Die Software erkenne, wenn die Emissionswerte des Fahrzeugs getestet werden. Dann schalte sie sich ein und beginne, die Emissionen zu regulieren.

20.09.2015 Volkswagen gibt Abgas-Manipulationen im großen Ausmaß in den USA zu. Der Vorwurf der US-Umweltschutzbehörde EPA treffe zu, man arbeite mit der Behörde zusammen. VW-Chef Martin Winterkorn kündigt eine externe Untersuchung an.

23.09.2015 Martin Winterkorn zieht die Konsequenzen aus der Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen. Als Vorstandsvorsitzender übernimmt er die Verantwortung für die Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren. "Volkswagen braucht einen Neuanfang – auch personell", sagt Winterkorn. Seit Januar 2007 hatte er den Posten bei Volkswagen inne gehabt.

25.09.2015 Der VW-Aufsichtsrat hat den Favoriten gewählt: Matthias Müller, bisher Chef beim Sportwagenhersteller Porsche, wird Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns in Wolfsburg. Er folgt Martin Winterkorn, der zwei Tage vorher zurückgetreten war. Müller (62) leitet Porsche seit 2010, sein Weg bei VW begann als Auszubildender bei Audi in Ingolstadt.

03.11.2015 Der Skandal weitet sich aus. VW muss einräumen, dass bei der Zulassung einiger Modelle auch zu niedrige CO2-Werte und damit falsche Verbrauchsangaben festgelegt worden seien.

25.11.2015 VW präsentiert für den deutschen Markt eine Lösung: ein Software-Update und ein Luftgleitgitter für etwa zehn Euro sollen bereits Abhilfe schaffen.

09.12.2015 Die falsch angegebenen CO2-Werte betreffen laut Volkswagen erheblich weniger Autos als zunächst gedacht. Betroffen seien nur von der Kernmarke VW neun Modellvarianten mit einer Jahresproduktion von 36.000 Stück. Die Abweichungen seien zudem nur gering und hätten für die Besitzer der Fahrzeuge keine Folgen.

09.12.2015 Die Bundesregierung und der VW-Konzern haben sich überraschend darauf verständigt, die CO2-Affäre still und leise zu beerdigen. Solche Privilegien genießt kein normales Unternehmen in Deutschland.

04.01.2016 Das US-Justizministerium hat wegen des Abgasskandals eine Klage gegen Volkswagen eingereicht. Dem deutschen Autobauer werde ein Verstoß gegen das Luftreinheitsgesetz zur Last gelegt, teilte das Ministerium mit. Dem Konzern droht eine Milliardenstrafe.

11.01.2016 Müller tritt ins Fettnäpfchen Dutzende gegen einen – und am Ende heißt der Verlierer Matthias Müller. In einer Traube von Journalisten rutschen dem VW-Boss Sätze heraus, die Sprengstoff im Abgas-Skandal bergen. Volkswagen habe in der Affäre nur Gesetze falsch ausgelegt, sagt er in dem Gespräch, das er am Ende gerne rückgängig gemacht hätte. Das Radio-Interview bringt den Auto-Chef noch mehr in die Bredouille. Müllers Blamage am Rande der Detroiter Automesse und das anschließende PR-Debakel beim Versuch der Schadensbegrenzung kommen unmittelbar vor dem ersten Spitzentreffen mit den US-Behörden in Washington – also zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.

12.01.2016 US-Umweltbehörden Lehnen VW-Rückrufplan ab. Die US-Umweltbehörden lehnen die bisher vorgelegten Vorschläge zum Rückruf der betroffenen Dieselautos als unzureichend ab. Die kalifornische Umweltbehörde CARB erklärte am Dienstag, der im November eingereichte Plan gehe nicht ausreichend auf die »Gesamtauswirkungen für Fahrverhalten, Emissionen und Sicherheit der Autos« ein.

Den Vorschlägen fehle es an »genug Informationen für ei-ne technische Bewertung«. Die US-Bundesumweltbehörde EPA teilte mit, dass sie mit der Einschätzung der CARB übereinstimme. Der Wolfsburger Konzern habe »keinen genehmigungsfähigen Rückrufplan« vorgelegt, um die beanstandeten Fahrzeuge in Einklang mit den Emissionsstandards zu bringen. Die Entscheidung sei dem Unternehmen mitgeteilt worden.

02.03.2016 In Brüssel trifft sich erstmals der EU-Untersuchungsausschuss zum Abgas-Skandal, welcher unter anderem mögliche Versäumnisse der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten prüfen soll. Am 22. März soll die erste Arbeitssitzung stattfinden, der Abschlussbericht soll spätestens Anfang 2017 vorliegen. Kathleen Van Brempt ist die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses.

Der Ausschuss soll:

- das mutmaßliche Versäumnis der Kommission unter-suchen, die für die Emissionsmessung verwendeten Prüfzyklen zu beobachten und diese gegebenenfalls anzupassen;

- das mutmaßliche Versäumnis der Kommission und der Behörden der Mitgliedstaaten untersuchen, ordnungs-gemäße und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Durchsetzung zu überwachen und das ausdrückliche Verbot von Abschalteinrichtungen durchzusetzen;

- das mutmaßliche Versäumnis der Kommission unter-suchen, rechtzeitig Prüfungen einzuführen, die den tat-sächlichen Fahrbetrieb widerspiegeln;

- das mutmaßliche Versäumnis der Mitgliedstaaten untersuchen, Vorschriften über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen Hersteller festzulegen, die die entsprechenden EU-Bestimmungen verletzen;

- feststellen, ob der Kommission und den Mitgliedstaaten vor der Mitteilung über einen Verstoß der Umweltschutzbehörde der USA vom 18. September 2015 Belege für die Verwendung von Abschalteinrichtungen vorlagen.

07.03.2016 Eine Stellungnahme des VW-Konzerns für das Landgericht Braunschweig zeigt: Der Vorstand wusste schon Wochen vor Bekanntwerden der Abgasmanipulation von dem Betrug. Die Führungsspitze setzte aber auf Geheimhaltung und hoffte, sich in Verhandlungen mit den US-Behörden auf eine Strafzahlung einigen zu können.

08.03.2016 Die Staatsanwaltschaft weitet ihre Ermittlungen im VW-Abgasskandal von sechs auf 17 Beschuldigte aus. Ein Vorstandsmitglied ist weiterhin nicht darunter.

09.03.2016 Sechs Monate nach Beginn der Abgasaffäre räumt Michael Horn seinen Posten als Volkswagen-Chef in den USA. Die Ermittlungen gegen den Konzern wurden kürzlich ausgeweitet.

09.03.2016 Der VW-Konzern muss in den USA mit zusätzlichen Strafen rechnen: Die US-Justiz ermittelt laut Medien nun auch wegen Verstoßes gegen Steuergesetze Das Justizministerium habe seine Ermittlungen auf Verdacht des Bankbetrugs und mögliche Verstöße gegen Steuergesetze ausgedehnt, berichtete das Wall Street Journal. Die Anwendung eines eigentlich für die Finanz-branche vorgesehenen Gesetzes könne für VW zusätzliche Strafen bedeuten.

Die Ermittler prüfen dem Bericht nach, ob Kreditgeber durch Manipulationen von VW bei der Autofinanzierung gefährdet wurden. Betroffene Fahrzeuge mit überhöhten Ab-gaswerten waren ursprünglich als umweltfreundlich vermarktet worden und haben durch die Affäre erheblich an Wert verloren. Außerdem soll untersucht werden, ob VW für Steuergutschriften haftbar ist, die US-Autokäufer für den vermeintlich geringen Abgasausstoß erhalten haben.

13.03.2016 Ein ehemaliger US-Mitarbeiter von Volkswagen behauptet laut Medienberichten, das Unternehmen habe Beweismittel zum Abgasskandal zerstört. Er sei dazu aufgefordert worden, Daten zu löschen.

14.03.2016 In einer Sammelklage verlangen Großanleger von Volkswagen Schadensersatz in Milliardenhöhe. Es ist nicht die erste, aber womöglich die höchste Klage seit Bekanntwerden der Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen.

24.03.2016 Noch immer hat sich VW in den USA mit den Umweltbehörden nicht auf einen Plan einigen können, wie man die 580.000 manipulierten Dieselautos so umrüstet, dass sie den US-Gesetzen entsprechen. Ein Richter in Kalifornien hatte VW aufgefordert, sich bis 24.03.2016 mit dem Umweltamt zu einigen. Er räumte dem Konzern auf dessen Antrag nun mehr Zeit ein.

07.04.2016 Trotz Abgasskandal VW-Vorstände bestehen auf hohen Bonuszahlungen. VW-Chef Matthias Müller hatte Ende vergangenen Jahres noch eine Gehaltskürzung für den Vorstand angeregt. »Dabei geht es um den Bonus für 2015", hatte er gesagt: "Es ist klar, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen. Auch hier muss die Unternehmensspitze Vorbild sein«.

Obwohl die Vorstände von VW von einer »existenzbedrohenden Krise« sprechen, bestehen sie weiterhin auf ihre Boni für das Jahr 2015. Hans Dieter Pötsch etwa ließ sich laut Spiegel knappe zehn Millionen Euro für seinen Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrats zahlen, da er in dieser Position weniger als im Vorstand verdienen würde, für den sein Vertrag ursprünglich bis 2017 datiert war.

20. April.2016 US-Justiz bittet VW um Schweigen zu Ermittlung. Das US-Justizministerium wendet sich mit einer Aufforderung an Volkswagen. Die Behörde verlangt von VW, auf eine Veröffentlichung der Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung des Abgasskandals zu verzichten.

Der Grund: Namen und Details, die auch ein Schlüssel zur regierungseigenen Untersuchung sind, sollen geheim gehalten werden.

Die Aufforderung des Ministeriums könnte es für die Deutschen erschweren, ihren Aktionären und Kunden Antworten zu liefern. Eine Missachtung der Ministeriumsbitte könnte potenzielle Strafverfolgungen und mehrere Milliarden US-Dollar schwere Strafen vereiteln, so Insider.

Vergangenen Monat hatte VW versprochen, Details einer Untersuchung zu veröffentlichen, die die Kanzlei Jones Day im Auftrag der Wolfsburger vorgenommen hatte. Was die Kommunikation über die Diesel-Thematik anbelange, sei man in dauerndem Austausch, bekräftigte VW in einer Mitteilung. Man werde sich in der zweiten Aprilhälfte näher dazu äußern.

Das Justizministerium verdeutlichte gegenüber VW, dass, wenn gewisse Namen oder Tatsachen an die Öffentlichkeit gelangten, es für Zivil- und Strafverfolger schwieriger sein könne zu ermitteln, was wirklich passiert ist, wie Insider berichten. Angestellte und Zeugen, die die Firma nennt, könnten plötzlich nicht mehr mit den Behörden sprechen wollen.

Die Wolfsburger wollen den Aufsichtsrat am 22. April informieren und dabei die Ergebnisse der Untersuchung vor-stellen, wie nahezu 600.000 Autos gegen die strengen Emissionsauflagen verstoßen konnten. VW räumte im vergangenen September ein, manipulierte Software in Diesel-Fahrzeugen eingesetzt zu haben, wodurch die Autos die Umwelt auf der Straße stärker belasteten als während Emissionstests der Regierung.

Die offizielle Untersuchung in den USA dauere an, nähere sich aber ihrem Ende, erklärten Insider. Diese Verzögerung kommt zu einer Zeit, in der VW in rechtliche Streitigkeiten in den USA und Deutschland involviert ist, darunter straf-rechtliche Verfolgung, mehr als 500 Zivilklagen und eine Untersuchung der US-Wettbewerbsbehörde FTC, ob Volkswagen mit seiner Diesel-Werbung betrogen hat.

21.04.2016 Kurz vor dem Ablauf eines richterlichen Ultimatums haben sich Volkswagen und die US-Behörden auf einen Kompromiss zur Lösung des Abgasskandals in den USA geeinigt.

Entsprechende Eckpunkte stellten die Parteien dem Richter Charles Breyer bei einer Anhörung in San Francisco nun zur Prüfung vor. Die Details sollen in den nächsten Tagen weiter verhandelt werden. Die Lösung umfasse die Option, dass VW einen Großteil der betroffenen Dieselwagen zurückkaufe und »substanziellen Schadensersatz« an die Besitzer zahle, erklärte Breyer. »Diese Einigung ist gut für die Konsumenten, die Umwelt und VW«, sagte VW-Anwalt Robert Giuffra.

25.05.2016 Um die Abgas-Affäre juristisch zu bereinigen, ebnet das Landgericht Braunschweig den Weg für einen Musterprozess. Damit wollen sowohl VW-Investoren als auch der Konzern selbst wichtige Klage-Aspekte in nächst-hö-herer Instanz klären. Wann genau der Startschuss dafür fällt, ist noch unklar.

05.06.1016 Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat dem Volkswagen-Konzern den Rückruf von mehr als 800.000 manipulierten Diesel-Fahrzeugen gestattet. Es ist die größte Zahl von freigegebenen Autos seit dem Beginn der gesamten Rückrufaktion im Januar 2016

06.06.2016 Das Verkehrsministerium will in Brüssel Amnestie für manipulierte Diesel-Pkw durchsetzen die deutsche Delegation informiert die europäischen Amtskollegen – Festgestellte Manipulationen bei zahlreichen europäischen Herstellern sollen mit dem Argument unklarer rechtlicher Vorgaben nachträglich legitimiert werden.

16.06.2016 VW hat noch bis zum 28. Juni Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen und sich mit den US-Behörden zu einigen. US-Bundesrichter Charles Breyer erkennt mit diesem Aufschub die schwierigen technischen Probleme an, die VW und Behörden bei ihrer Einigung zu bewältigen haben.

Bereits im April hatten sich VW und die Behörden auf Grundzüge eines Entschädigungsplans geeinigt. Er sieht vor, dass VW in den USA fast 600.000 Dieselautos repariert oder zurückkauft und die Autobesitzer entschädigt. Am 26. Juli soll es zur Anhörung zur Bewilligung der Pläne kommen.

20.06.2016 Gegen Ex-VW-Chef Winterkorn und VW-Markenchef Diess wird wegen Marktmanipulation ermittelt. Dieser Frage geht derzeit die Staatsanwaltschaft Braunschweig nach. Die Staatsanwälte gehen dem Verdacht nach, dass Volkswagen möglicherweise bewusst verspätet über die finanziellen Folgen der millionenfachen Abgasmanipulation informierte. Die Ermittler seien auf eine Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin hin aktiv geworden.

28.06.2016 Mit dem am Dienstag veröffentlichten Vergleich kann Volkswagen hunderte Sammelklagen von Dieselbesitzern sowie Klagen von Behörden und US-Bundesstaaten aus der Welt schaffen.

Gut zehn Milliarden Dollar sind für den Rückkauf von einer halben Million manipulierter Dieselautos mit 2,0-Liter Motoren vorgesehen. Weitere fast fünf Milliarden Dollar soll Volkswagen in zwei Umweltfonds einzahlen. Zudem fließen gut 600 Millionen Dollar laut VW an 44 US-Bundesstaaten.

Den nun erzielten Kompromiss muss das Bezirksgericht in San Francisco noch formell absegnen. US-Bundesrichter Charles Breyer hat seine Entscheidung auf den 26.07.2016 vertagt, begrüßte jedoch die Bemühungen für den Vergleich.

Die endgültigen Kosten für den Rückkauf der 475.000 Dieselautos hängen davon ab, wie viele Dieselbesitzer ihren Wagen an VW zurückgeben und ob die US-Behörden eine Reparatur genehmigen. Die Summe könnte somit deutlich niedriger ausfallen als die in dem Vergleich angesetzten zehn Milliarden Dollar.

Zusätzlich zum angebotenen Rückkauf sollen die US-Kunden einen finanziellen Anreiz zwischen 5100 und 10.000 Dollar erhalten, der sich nach dem geschätzten Wert ihres Wagens bei Bekanntwerden der Manipulation im September richtet. Damit soll erreicht werden, dass möglichst viele Autobesitzer das Angebot annehmen. Denn die Kosten für den Umweltfonds steigen, wenn es VW nicht gelingt, mindestens 85 Prozent der manipulierten Wagen von der Straße zu holen.

Die nach monatelangen Verhandlungen in den USA erzielte Einigung sieht einen Umweltfonds vor, in den Volkswagen 2,7 Milliarden Dollar einzahlen soll. Aus dem Topf sollen Gemeinden in den USA Gelder für Umweltprojekte beantragen können. Weitere zwei Milliarden Dollar soll VW in die Förderung der Elektromobilität investieren.

14.07.2016