Der Apostel - Gerhart Hauptmann - E-Book

Der Apostel E-Book

Gerhart Hauptmann

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Beschreibung

Eine faszinierende Novelle, die die Rolle des Menschen in der Natur hinterfragt!Der Wanderprediger steht am frühen Morgen auf, um sich zu Fuß von Zürich auf den Weg nach Deutschland zu machen. Als er schließlich von oben auf Zürich hinab sieht, nimmt er es als hässlichen Steinhaufen in der wundervollen Natur wahr. Er sieht sich gar als wiedergekehrten Christus, der der Welt den Frieden zurückbringen kann. Doch immer wieder gibt es für den Mann in der weißen Kutte Unsicherheiten: wie viel von dem, was er wahrnimmt, passiert auch in Wirklichkeit?-

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Seitenzahl: 26

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Gerhart Hauptmann

Der Apostel

Saga

Der ApostelCoverbild / Illustration: Shutterstock Copyright © 1892, 2020 Gerhart Hauptmann und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726614893

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Spät am Abend war er in Zürich angelangt. Eine Dachkammer in der „Taube“, ein wenig Brot und klares Wasser, bevor er sich niederlegte: das genügte ihm.

Er schlief unruhig wenige Stunden. Schon kurz nach vier erhob er sich. Der Kopf schmerzte ihn. Er schob es auf die lange Eisenbahnfahrt vom gestrigen Tage. Um so etwas auszuhalten musste man Nerven wie Seile haben. Er hasste diese Bahnen mit ihrem ewigen Gerüttel, Gestampf und Gepolter, mit ihren jagenden Bildern; — er hasste sie und mit ihnen die meisten anderen der sogenannten Errungenschaften dieser sogenannten Kultur.

Durch den Gotthard allein . . . es war wirklich eine Tortur, durch den Gotthard zu fahren: dazusitzen, beim Scheine eines zuckenden Lämpchens, mit dem Bewusstsein, diese ungeheure Steinmasse über sich zu haben. Dazu dieses markerschütternde Konzert von Geräuschen im Ohr. Es war eine Tortur, es war zum Verrücktwerden! In einen Zustand war er hineingeraten, in eine Angst, kaum zu glauben. Wenn das nahe Rauschen so zurücksank und dann wieder daherkam, daherfuhr wie die ganze Hölle und so tosend wurde, dass es alles in einem förmlich zerschlug . . . nie und nimmer würde er nochmals durch den Gotthard fahren!

Man hatte nur einen Kopf. Wenn der einmal aufgestört war — der Bienenschwarm da drinnen — da mochte der Teufel wieder Ruhe schaffen: alles brach durch seine Grenzen, verlor die natürlichen Dimensionen, dehnte sich hoch auf und hatte einen eigenen Willen.

Die Nacht hatte es ihn noch geplagt, nun sollte es damit ein Ende haben. Der kalte, klare Morgen musste das seinige tun. Übrigens würde er von hier ab nach Deutschland hinein zu Fusse reisen.

Er wusch sich und zog die Kleider über. Als er die Sandalen unterband, tauchte ihm flüchtig auf, wie er zu dem Kostüm, das er trug und das ihn von allen übrigen Menschen unterschied, gekommen war: die Gestalt Meister Diefenbachs ging vorüber. — Dann war es ein Sprung in frühe Jahre: er sah sich selbst in der sogenannten Normaltracht zur Schule gehen — der Glatzkopf des Vaters blickte hinter dem Ladentische der Apotheke hervor, die Tracht des Sohnes milde bespöttelnd. Die Mutter hatte doch immer gesagt, er sei kein Hypochonder. Der Glatzkopf und das junge Frauengesicht schoben sich nebeneinander. Weich ein ungeheurer Unterschied! Dass er das früher nie bemerkt hatte.

Die Sandalen sassen fest. Er legte den Strick, der die weisse Frieskutte zusammenhielt, um die Hüften und eine Schnur rund um den Kopf.