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Rahmenerzählung ist die Überschreitung der Schladminger Tauern von Obertauern nach Aich im Ennstal, mit der Intention, meinen eigenen Jakobsweg zu gehen. G E H E N Wenn man lange unterwegs ist, rutscht vieles in eine neue Dimension. Gedanken, Probleme, Fragen, Freude, Verzagtheit - alles ordnet sich im Gehen neu. Blickwinkel und Prioritäten ändern sich. Warum gehe ich immer wieder in die Berge? Was passiert "da oben" mit mir? Sich aufmachen - und dann begrüßen, wie es sich weiterentwickelt: Das ist die Kunst im Leben, einer der Schlüssel zur Zufriedenheit.
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Seitenzahl: 60
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Schladminger Tauern
In den Schladminger Tauern
Dem Abenteuer entgegen
Etappe 1
Obertauern - Giglachseehütte
Weniger ist schwer…
Etappe 2
Giglachseehütte - Landawierseehütte
Wenn dir der deppertste Stein
zum Halt wird
Etappe 3
Landawierseehütte - Gollinghütte
Wenn der Himmel der Erde nah ist
Etappe 4
Gollinghütte - Waldhornalm
Einmal oben – einmal unten
Etappe 5
Waldhornalm – Aich im Ennstal
Höhepunkt und Abschiedsschmerz
Die Kraft des Impulses
Die Moral von der Geschicht´
oder
Schlusswort
Die Schladminger Tauern sind ein Teil der Niederen Tauern und somit eine Untergruppe der Zentralalpen in den Ostalpen.
Die Schladminger Tauern bestehen aus hauptsächlich kristallinen Gesteinen.
Sie haben schroffe, oft steile Bergflanken und viele Kare mit einer Menge von reizvollen Bergseen.
Mein Weg führte mich in 5 Etappen vom Radstädter Tauernpass nach Aich im Ennstal, entlang der Landesgrenze zwischen den Bundesländern Salzburg und Steiermark.
Froh gelaunt fahre ich, vor mich hin singend auf der Westautobahn der Nachmittagssonne entgegen.
Vor mir ragt der mächtige Traunstein auf, als würde er sich aus dem Asphalt erheben. Ein Berg! Wie freue ich mich auf meine bevorstehende Tour!
Heute vormittag, als ich mit dem Einpacken begann, war ich ganz leise, aber tief drinnen sehr glücklich...
Ein fast vergessenes Gefühl, das viel Sanftheit in sich trägt. Diese Sanftheit durchströmt mich mit einer ganz leisen Intensität.
DAS BIN ICH!
So fühle ich mich „ganz“ und „rund“.
Ich freue mich auf meinen Weg über die Berge und die viele Zeit, die ich mit mir sein werde.
Den Wunsch, zur Landawirseehütte zu gehen, trage ich schon lange in mir.
In einem Kalender des Österr. Alpenvereins hatte ich vor Jahren eine Aufnahme dieser in einem Talkessel eingebetteten Hütte entdeckt und ins Herz geschlossen.
Ich hatte die betreffenden Wanderkarten studiert und die Route überlegt. Zweimal war dieses Vorhaben schon geplatzt. Der Enthusiasmus des Frühlings hatte sich bei meinen Bekannten nicht bis zum Sommer gehalten und ich war beide Male alleine mit meiner Wanderidee übriggeblieben.
In den Weihnachtsferien dieses Jahres blätterte ich im Reisebericht einer Bekannten. Sie war den Jakobsweg gegangen und hatte ihre Erlebnisse in Buchform niedergeschrieben. Beim Lesen einiger Zeilen sagte ich spontan: „Ich gehe auch den Jakobsweg – aber nicht in Spanien, sondern meinen eigenen.
Ich gehe über die Schladminger Tauern!“
Das war also MEIN Projekt!
Diesmal sollte mich außer einer Gewitterfront nichts von meinem Vorhaben abbringen.
Die Thematik des Gehens hatte mich erwischt, und so las ich das Buch „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling.
Im Frühjahr fixierte ich den Termin. Ich wollte auf alle Fälle gehen: Im August vom Radstädter Tauernpass über die Schladminger Tauern bis ins Ennstal. Einwände, dass man doch nicht alleine in den Bergen zu sein habe und noch dazu als Frau, hatten für mich keine Bedeutung mehr.
Der Wunsch zu gehen war größer. Ob jemand mitkam oder nicht spielte auch keine Rolle mehr.
Warum waren die Pilger vom Gehen, im Speziellen vom Alleine gehen derart fasziniert? Das wollte ich ausprobieren und auch erleben!
Was nimmt man mit? Was braucht man alles? In den meisten Büchern über den Jakobsweg steht, dass die Pilger zu viel mitnehmen – aber was hatte das mit meiner Wanderung zu tun? Ich ging ja über die Alpen!
Von Hütte zu Hütte.
So begann ich mit dem Zusammenlegen der Dinge, die ich mitnehmen wollte:
Wäsche, Turnschuhe, Handy, Kamera, Ladegeräte, Regenkleidung, Toilettenartikel, Kopfbedeckung, Brillen, und viel Proviant.
Der Haufen war so groß, dass ich meinen größten Rucksack aus dem Keller holte; über 30 Jahre alt und daher auch mit beträchtlichem Eigengewicht.
Gepackt kam das Ganze auf 16 kg.
Jetzt bin ich also unterwegs zu meinem großen Abenteuer. Ohne Freunde, dafür mit einem riesengroßen Rucksack.
Zufällig fährt ein lieber Bekannter vom Ennstal an diesem Tag nach Kärnten. Wir treffen uns am späten Nachmittag in Schladming, dort kann ich mein Auto beim Bahnhof stehen lassen und mit ihm bis Obertauern mitfahren.
Bei bestem Wetter geht es los. Den langen Abend will ich für die erste kurze Teilstrecke nützen, aber je höher wir kommen, desto mehr Wolken ziehen auf – und Obertauern empfängt uns im Regen. Nach kurzem Überlegen bringt mich mein Bekannter zum Alpenvereinshaus Wismeyer, wo ich mich einquartiere.
Mein riesiger Rucksack beschert mir manch eigenartigen Blick und auch ich selbst beginne zu zweifeln, ob ich bei der Auswahl der Dinge nicht doch zu großzügig gewesen bin.
Nach dem vorzüglichen Abendessen bespreche ich mit den Wirtsleuten mein Vorhaben.
Sie sagen mir, dass das Körnerhaus, welches ich ursprünglich noch erreichen wollte, seit 20 Jahren nicht mehr existiere.
Meine Karte ist also veraltet. Gut, dass es zu regnen begonnen hat und ich deshalb nicht losmarschiert bin!
Der Wirt schenkt mir eine aktuelle Karte über das Gebiet um Obertauern und ich stelle fest, dass es an den Giglachseen inzwischen eine zweite Hütte gibt; die will ich morgen ansteuern.
Gut gelaunt begebe ich mich bald zu Bett.
*
GLÜCK
ist für mich: in dem aufgehen,
was mir am Herzen liegt.
GLÜCK
ist für mich ein leises, kraftvolles
Zufriedensein.
*
Der Sonntagmorgen ist trüb und verhangen.
Die Wege tragen noch die Regenlacken des gestrigen Tages, aber der Himmel lässt auf besseres Wetter hoffen.
Um halb zehn verlasse ich das Wismeyerhaus und marschiere durch das fast ausgestorben anmutende Dorf bergan.
Die Träger schnüren und bereiten Schmerzen, weil der Rucksack so schwer ist.
Bald entdecke ich den Wegweiser Richtung Seekarscharte. Dort muss ich hinauf. Entlang des Hundsfeldsees, auf dem sich junge Enten spielerisch tummeln, geht es auf ebenem Weg dahin.
Dass ich mich wirklich alleine aufmachen würde, hat letztendlich niemand geglaubt.
Mich stört es nicht, oder besser gesagt: ich bin kribbelig aufgeregt und freue mich auf diese neue Erfahrung des Alleinegehens!
Nach der Seekarhütte endet der Asphalt und mündet in eine Schotterstraße. Sie beginnt zu steigen und bald erreiche ich eine kleine Bergkapelle, die zum Teil in den Fels gebaut ist.
Innen mit Zirbenholz ausgestattet, erfüllt der harzige Geruch dieses liebliche Bauwerk. Der Wunsch nach einem Zirbenholzboden in meinem Wohnzimmer meldet sich dabei wieder einmal. Wie liebe ich diesen Geruch!
Ich befinde mich hier im Vogel- und Floraschutzgebiet.
Der Weg wird zusehends steiler, das Wasser des nahen Bächleins gluckst und rauscht, die Hänge sind übersät mit duftendem Arnika und Kuhglockengebimmel rundet mein Glücksgefühl ab. Schön!
Ich begegne den ersten Wanderern, viele werden es heute nicht sein.
Der Rucksack zieht an meinen Schultern nach unten. Das kann ja heiter werden!
Nach etwa 2 Stunden erreiche ich die um 350 Meter höher gelegene Seekarscharte.
Ob ich wirklich 6 Tage für die Überschreitung brauchen werde?
Die Sonne kommt heraus, aber nur flüchtig.
Kurz nach der Abzweigung zur Vögaialm ist die Landschaft mit kleinen Seen oder besser gesagt, Tümpeln übersät, die den Weg säumen. Ich entdecke Kaulquappen, Rückenschwimmer und vieles andere Kleingetier, in einem sogar einen ziemlich großen Molch.
Steinmanndln und winzige Seen lösen einander ab, dazwischen finden sich immer wieder Alpenblumen in allen Farben.