Der böse Clown - Stefan Bouxsein - E-Book

Der böse Clown E-Book

Bouxsein Stefan

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Beschreibung

Er liegt tot in der Manege. Er war der Clown und der Chef vom Zirkus Zitrone. Siebels und Till befragen in einer langen Nacht alle Artisten, Akrobaten und Arbeiter des fahrenden Volkes. Dabei erfahren sie ungeheurliche Dinge. Der Clown war böse. Sehr böse. Aber um den Täter überführen zu können, müssen sich die beiden etwas ganz Besonderes einfallen lassen.

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© 2014 by Traumwelt-Verlag

Inh. Stefan Bouxsein

Johanna-Kirchner-Straße 20 · 60488 Frankfurt/Main

www.traumwelt-verlag.de·[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Lektorat:Stefanie Reimann

Gestaltung, Satz, Typographie, Titelbild und eBook:

Nuilani | Design und Kommunikation, Ralf Heller

www.nuilani.de·[email protected]

ISBN 978-3-939362-16-6

Bücher von Stefan Bouxsein mit Signatur/Widmung

könnenversandkostenfrei unter

www.traumwelt-verlag.debestellt werden.

1

Zirkus Zitrone

Die gelbe Leuchtreklame war Hauptkommissar Steffen Siebels schon von weitem aufgefallen. Zirkus Zitrone. Hoch oben auf dem runden Zirkuszelt war der gelbe Schriftzug angebracht. Der Anruf von Staatsanwalt Jensen hatte Siebels gegen 20.30 Uhr erreicht. Ein heikler Fall, wie sich der Staatsanwalt gerne ausdrückte, und Siebels ahnte, dass er seinen wohlverdienten Feierabend für’s Erste vergessen konnte. Er war von der Wittelsbacherallee auf die Saalburgallee abgebogen und wartete an der Ampel auf Grün. Während er wartete, starrte er auf den gelben Schriftzug. Zirkus Zitrone. Der Zirkus gastierte seit einigen Tagen auf dem Festplatz am Ratsweg. Dort, wo jedes Frühjahr und jeden Herbst die Frankfurter Dippemess mit einer Vielzahl an Fahrgeschäften und Buden als eines der größten deutschen Volksfeste auf 40.000 Quadratmetern Fläche stattfand, wirkte der kleine Zirkus fast etwas verloren. Siebels stellte seinen Wagen vor der an das Festgelände angrenzenden Eissporthalle ab und lief einige Meter über den Festplatz bis zum Zirkuszelt. Mehrere Einsatzfahrzeuge und die Wagen von der Spurensicherung standen vor dem Haupteingang zum Zirkusgelände. Der Eingang zum Zelt war mit rot-weißem Absperrband abgeriegelt. Es war ein schwülheißer Abend Anfang Juli. Siebels blickte über die Wohnwagen, die rund um das Zirkuszelt aufgestellt waren. Ein Streifenbeamter stand vor einem der Wohnwagen und befragte dessen Bewohner. Der Mann war mit einem gerippten Unterhemd und einer schwarzen Jogginghose bekleidet. In der einen Hand hielt er eine Bierflasche. Der Polizist notierte sich etwas in seinem Block. Siebels begrüßte die zwei Beamten, die am Eingang des Zirkuszeltes standen.

„Der Herr Staatsanwalt erwartet Sie schon“, wurde Siebels von einem der beiden informiert.

Siebels betrat das Zirkuszelt. Es bot etwa 500 Besuchern Platz. Aber die Plätze waren alle leer. Nur in der Manege herrschte Betrieb. Die Scheinwerfer waren alle eingeschaltet und tauchten die Szenerie in ein gleißendes Licht. Die Leute von der Spurensicherung taten ihre Arbeit. Bekleidet mit weißen Schutzanzügen suchten sie nach Spuren.

„Da sind Sie ja endlich.“ Staatsanwalt Jensen kam mit großen Schritten auf Siebels zumarschiert.

Siebels blieb mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen vor dem Staatsanwalt stehen. „Sieht aus wie ein Clown“, stellte er fest und richtete seinen Blick an Jensen vorbei zur Mitte der Manege. Dort lag das Mordopfer, dessentwegen er nun hier im Zirkuszelt stand. Die Gerichtsmedizinerin Anna Lehmkuhl kniete vor dem bunt bekleideten Leichnam.

„Er ist ein Clown. Ober besser gesagt: Er war der Clown.“ Jensen tippelte unruhig vor Siebels hin und her. „Der Fall muss schnell gelöst werden. Ein toter Clown ist schlecht für das Image der Stadt. Morgen Vormittag sollte eine Aufführung für Frankfurter Schulklassen stattfinden. Das muss nun abgesagt werden. Weil jemand den Clown erschlagen hat.“

„Heute Abend war keine Vorstellung?“

Jensen schüttelte den Kopf. „Nein, heute hatte die Truppe so eine Art Ruhetag. Dafür sollten morgen zwei Vorstellungen stattfinden.“

Siebels ging zu dem toten Clown. Die Perücke mit den hellroten wirr abstehenden Haaren saß noch schief auf seinem Kopf. Der Kopf lag in einer Blutlache. Die Augen des Clowns standen weit offen und starrten zur Zeltkuppel. Das weiß geschminkte Gesicht glänzte im Scheinwerferlicht. Um den Mund herum war der Clown rot geschminkt. Er trug eine knallbunte Jacke, die wie ein Frack geschnitten war. Siebels kniete sich neben Anna Lehmkuhl.

„Einen toten Clown hatte ich auch noch nicht“, sagte Anna Lehmkuhl, während sie die Kopfwunden untersuchte.

„Vielleicht kannst du seinen Job ja übernehmen“, ertönte die Stimme von Till Krüger aus dem Dunkel der Zuschauerplätze.

„Dein Clown lebt aber auch nicht mehr lange, wenn er so weitermacht“, seufzte Siebels. Sein Partner Till Krüger war der Freund von Anna Lehmkuhl. Die beiden hatten vor, bald zu heiraten.

„Als Clowns seid ihr beiden eigentlich nur als Duo zu gebrauchen“, kicherte Anna und zog dabei behutsam dem toten Clown die Perücke vom Kopf. Zum Vorschein kam ein kahl rasierter Schädel.

„Komm endlich her, du Clown“, rief Siebels in Richtung Till. „Das ist ein Mordfall und keine Zirkusvorstellung. Falls dir das bisher noch nicht aufgefallen ist.“

Till betrat die Manege und gesellte sich zu Siebels und Anna. „Das da ist die Tatwaffe“, sagte er und zeigte auf ein Stück Eisenrohr, das etwa einen halben Meter vom Kopf des Clowns entfernt eingetütet und mit einer Nummer versehen auf den Bühnenbrettern lag. An einem Ende des Rohres waren deutlich Blutspuren zu sehen. „Die Stange gehört zum Zeltgerüst.“ Till zeigte auf den Eingang des Zeltes. „Dort vorne wurde die Stange aus dem Gerüst genommen.“

„Er hat mindestens acht harte Schläge auf den Kopf und auf die Stirn bekommen“, ergänzte Anna Lehmkuhl. „Bei dem ersten Schlag muss der Täter hinter ihm gestanden haben. Die anderen Schläge wurden ausgeführt, nachdem er schon am Boden lag.“

„Da wollte wohl jemand auf Nummer sicher gehen“, überlegte Siebels. „Hat die Spurensicherung Fingerabdrücke auf der Tatwaffe gefunden?“

„Fehlanzeige. Der Täter hat das Rohr entweder abgewischt oder Handschuhe getragen. Darauf gibt es nur Spuren von Gehirnmasse und die gehört zweifelsohne zum Opfer.“

„Kannst du schon was zum Todeszeitpunkt sagen, Anna?“

„Der Tod ist etwa vor einer Stunde eingetreten. Ich bin hier jetzt auch fertig. Der Clown kann zur Gerichtsmedizin.“

Siebels schaute auf die Uhr. Es war bereits kurz vor 21.00 Uhr. „Gegen 20.00 Uhr verging dem Clown also das Lachen“, stellte Siebels nüchtern fest und notierte das in seinem Notizbuch.

Staatsanwalt Jensen gesellte sich wieder zu seinen ermittelnden Beamten. „Draußen warten schon die ersten Vertreter von der Presse. Passen Sie bloß auf, dass die keine Fotos von dem toten Clown machen.“

„Wer hat den Clown hier eigentlich gefunden?“, wollte Siebels wissen.

„Das war einer der Zirkusleute.“ Jensen kramte einen Zettel aus seiner Hosentasche. „Igor Gukol. Messerwerfer und Feuerschlucker.“

„Den können wir als Täter schon ausschließen. Der Clown wurde ja erschlagen und nicht erstochen oder abgefackelt“, kombinierte Till und klang dabei sehr überzeugend.

„Oder der Messerwerfer ist ein ganz schlauer Bursche und hat eine Tatwaffe benutzt, die nicht zu seiner Berufsausstattung gehört“, entgegnete Siebels mit einer Spur Ironie in der Stimme.

„Und dann ist er noch so frech und ruft selbst die Polizei?“, überlegte Till und fand Gefallen daran, vor dem aufgedrehten Staatsanwalt diese Alibidiskussion mit Siebels zu führen.

„Wer seinen Lebensunterhalt damit verdient, mit Messern haarscharf an lebenden Menschen vorbeizuwerfen, der ist zu allem fähig“, beendete Siebels das Geplänkel.

„Den Messerwerfer werden Sie heute auf alle Fälle noch verhören. Und alle anderen Zirkusleute auch“, schaltete sich Jensen wieder ein. „Sie müssen den Täter bis morgen früh überführt haben, meine Herren.“

„Wie meinen Sie das denn jetzt?“, fragte Siebels ungläubig.

„Mensch, Siebels. Das ist ein fahrendes Volk. Die hauen uns doch ab. Wenn wir hier das Feld räumen, bauen die ihr Zelt ab und fahren nach Rumänien oder was weiß ich wohin. Nee, nee, da muss jetzt der Täter ermittelt werden.“

„Wie viele Zirkusleute sind das denn?“

„Außer dem Clown sind es vierzehn Akrobaten und Artisten und zwei Arbeiter.“

„Sollen wir jetzt etwa sechzehn Leute ins Präsidium schaffen und alle heute Nacht noch verhören?“

„Nix da“, winkte Jensen ab. „Die verhören Sie hier vor Ort. In deren Wohnwagen. Ich postiere hier ein paar Beamte, die aufpassen, dass sich von denen keiner aus dem Staub macht. Also machen Sie sich an die Arbeit. Viel Erfolg.“ Bevor Siebels etwas erwidern konnte, machte Jensen kehrt und marschierte mit schnellen Schritten aus dem Zelt.

„Na super“, stöhnte Siebels.

„Ich habe schon eine Namensliste von den Zirkusleuten.“ Till hielt Siebels einen Zettel hin.

Laura und Joseph – Trapez (Wohnwagen 1)

Selma u. Robbie – Trapez (Wohnwagen 2)

Hannah u. Lukas – Trampolin (Wohnwagen 3)

Henry – Jonglage (Wohnwagen 4)

Rudi – Kasse, Plakate, Auf- und Abbau, Ordnungsdienst (Wohnwagen 5)

Leila – Kontorsion (Wohnwagen 6)

Igor und Boris – Messerwerfer und Feuerschlucker (Wohnwagen 7)

Sarah und Jasmin – Assistentinnen für Jongleur, Messerwerfer, Feuerschlucker, Clown (Wohnwagen 8)

Erich – Kasse, Plakate, Auf- und Abbau, Ordnungsdienst

(Wohnwagen 9)

Nora und Manuel – Drahtseillauf (Wohnwagen 10)

„Und wo hat der Clown gewohnt?“, fragte Siebels.

„Der Clown hatte einen Wagen für sich. Wohnwagen 11.“

„Na gut. Ich schlage vor, ich übernehme die Wohnwagen Nr. 1 bis 5 und du befragst die Bewohner von Nr. 6 bis 10. Zwischendurch sollten wir uns austauschen und absprechen.“

„Wer den Mörder findet, gibt ein Bier aus“, schlug Till vor.

„Oder die Mörderin“, sagte Siebels. „Das sind alles durchtrainierte Damen. Die sind bestimmt auch alle in der Lage, kräftig zuzuschlagen.“

2

Wohnwagen 1:

Laura und Joseph – Trapez

Laura und Joseph waren Geschwister und zogen seit fünf Jahren mit dem Zirkus Zitrone durch die Gegend. Laura war jetzt 24 Jahre alt, ihr Bruder Joseph 27.

„Wie hieß eigentlich der Clown?“, fragte Siebels, als er den beiden gegenübersaß und wunderte sich selbst darüber, dass er diese Information noch gar nicht hatte.

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