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Eine Schlägerei nach dem Fußballspiel bringt mich in die Nähe eines coolen Bullen, der ausgerechnet unter mir wohnt. Seine Biederkeit macht mich wahnsinnig, und als er mich dann auch noch ärgert, lass ich mich zu einer ganz dummen Sache hinreißen.
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Santiago
„Schlägerei an der HSH Nordbank Arena. Alle verfügbaren RTWs bitte melden“, knarzt eine Stimme über Funk.
Uschi kann es nicht lassen, das altertümliche Funkgerät zu nutzen. Mein Kollege meldet sich und kurz darauf gibt er Gas und stellt das Martinshorn an. Ulf liebt es, den Wagen mit hoher Geschwindigkeit durch Hamburgs Straßen zu jagen, mir wird dagegen immer Angst und Bange, da er dabei recht rücksichtslos vorgeht.
Innerhalb kurzer Zeit haben wir das Gelände vor der Arena erreicht, in der vor wenigen Minuten ein Fußballspiel zu Ende gegangen ist. Dementsprechend voll ist es vor dem Eingang, es ist fast kein Durchkommen.
Zeitgleich mit uns sind zwei Polizeiwagen eingetroffen. Die Uniformierten bahnen sich einen Weg zu den ungefähr zehn Personen, die in die Handgreiflichkeiten verwickelt sind. Ein Ring aus Zuschauern hat sich um die Streitenden gebildet, der jetzt von den Polizisten durchbrochen wird.
„Weitergehen, es gibt hier nichts zu sehen“, ruft einer der Bullen.
Ich muss grinsen bei dem Spruch, denn es gibt schon recht viel zu gucken. Die Kontrahenten prügeln aufeinander ein und hier und da spritzt etwas Blut, also durchaus eine Showeinlage für die Massen. Meine Blicke wandern über die Gesichter und mit großem Unmut stelle ich fest, dass sich mein guter Freund Thomas unter den Schlägern befindet. War ja mal wieder klar.
Die Bullen beginnen nun, die Streitenden zu trennen und vereinzelt in Gewahrsam zu nehmen. Ich pirsche mich heran und nähere mich Thomas, der eine dicke Platzwunde über dem Auge davongetragen hat und dessen Lippe stark blutet. Einer der Bullen redet gerade mit ihm, als ich dazwischen gehe.
„Entschuldigen Sie, Herr Wachtmeister, doch dieser Mann muss dringend in ärztliche Behandlung“, rufe ich und schnappe mir Thomas‘ Arm.
„Hey, mir geht’s gut“, mosert mein dummer Freund.
„Oh nein, diese Platzwunde muss genäht werden …“, beginne ich, doch der Bulle fährt dazwischen: „Sie hören doch, dass es dem Mann gut geht. Also lassen Sie mich meine Pflicht tun.“
„Es ist meine Pflicht, den Mann zu behandeln“, behaupte ich kühn und reiße an Thomas herum, während der Bulle auf der anderen Seite zupackt und seinerseits zieht.
Eine Weile spielen wir Tauziehen mit dem armen Kerl, bis dieser endlich begreift, dass ich es bin, sein Freund, und nun beginnt zu jammern.
„Mir wird ganz schwindlig, ich glaub, ich kippe gleich um.“
Der Bulle hebt argwöhnisch eine Braue, lässt aber los, so dass ich Thomas um die Taille fassen und an meine Seite ziehen kann.
„Ich komm dann nachher zu Ihnen und nehme die Personalien des Mannes auf“, erklärt er drohend, bevor er sich den anderen Schlägern zuwendet.
„Du hast aber auch eine lange Leitung“, schimpfe ich, während ich Thomas zum Rettungswagen führe.
Dort hat mein Kollege Ulf bereits einen weiteren Verletzten versorgt und bringt diesen gerade zu den Bullen hinüber, die inzwischen mit einem größeren Transporter vorgefahren sind. Ich verarzte meinen Freund, der nun wirklich bleich ist und prüfe seinen Puls. Zum Glück scheint es ihm besser zu gehen, als er ausschaut.
„Scheiße. Die Bullen werden mich sicher gleich dabehalten“, sagt er mit schleppender Stimme, „hab doch neulich erst eine Anzeige wegen der Kneipenschlägerei bekommen.“
Oh ja, ich erinnere mich an die handfeste Keilerei anlässlich meines einunddreißigsten Geburtstags. Ein Gast hatte mich Schwuchtel genannt und daraufhin hat Thomas ihm eine gepfeffert, was dann etwas ausgeartet ist.
„Ich hau ab“, sagt Thomas, springt auf und schon– bevor ich reagieren kann – ist er verschwunden.
Gut, ich gebe mir keine besondere Mühe ihn wiederzufinden und kümmere mich lieber um den nächsten Verletzten, der ein aufgeschlagenes Kinn hat und dessen Fingerknöchel einen lädierten Eindruck machen. Nachdem sich die Menge aufgelöst hat und nur noch wir und die Bullen, nebst der in die Schlägerei verwickelten Herrschaften, vor Ort sind, kommt der Uniformierte von vorhin auf mich zu.
„Wo ist die verdächtige Person?“, fragt er mich formell.
Ich nehme mir die Zeit, den Kerl gründlich zu mustern. Hübsches Gesicht mit blauen Augen, braune Haare lugen unter der Mütze hervor. Seine Figur scheint kräftig zu sein und seine Lippen sind wirklich ein Hingucker. Die würde ich gern mal küssen, während wir uns auf meinem Latexlustlaken wälzen.
„Hallooo? Der Verdächtige.“ Der Bulle tippt mir auf die Schulter.
Hab ich ihn etwa die ganze Zeit mit halboffenem Mund angestarrt? Ich schlucke und zucke mit den Achseln.
„Ist mir entwischt“, gebe ich mit gespieltem Bedauern zu.
„So, so“, meint der Bulle, schiebt sich die Mütze in den Nacken und reibt sich die Stirn.
Schließlich räuspert er sich und zieht einen Block hervor. „Beihilfe zur Flucht eines Verdächtigen. Ihr Name?“
Ich muss schlucken. Hab ich mich jetzt etwa strafbar gemacht?
„Halloooo? Ihr Name?“, fährt mich der Uniformierte leicht unfreundlich an.
„Äh, Santiago de Villaporta“, murmele ich.
Der Kerl kritzelt.
„Anschrift?“
„Brauhausgasse 9“, nuschle ich.
Der Mann lässt den Blick sinken und starrt mich ungläubig an.
„Sie sind mein Nachbar“, stellt er fest und ein entzückendes Lächeln kräuselt seine Lippen.
„Na, herzlichen Glückwunsch“, murre ich.
„Hm, ja. Also: Brauhausgasse 9“, wird der Bulle wieder förmlich.
Nachdem er alles notiert hat, steckt er den Block ein, tippt gegen seine Mütze und sagt ein: „Sie hören von uns.“
Na großartig! Ulf hat das Ganze stumm mitangesehen und schüttelt nun den Kopf.
„Verdammte Bullen“, sagt er leise, nachdem der Uniformierte verschwunden ist.
„Stimmt“, seufze ich und denke an den Knackarsch des geilen Polizisten.
Ob wir uns mal wiedersehen werden? Ich meine, außerhalb der Polizeiwache? Wird er mich wirklich vorladen?
Matthias
Angepisst steige ich zu meinem Kollegen Martin ins Dienstfahrzeug. Eigentlich hätte ich seit einer halben Stunde Feierabend, aber dann kam dieser dämliche Funkspruch wegen der Schlägerei.
„Na, das war mal wieder ein denkwürdiges Ende eines Spiels, nicht wahr?“ Martin grinst.
„Kann sein“; grummle ich.
„Na, was haste denn? Nur noch Formulare ausfüllen, dann ist Feierabend!“, versucht er mich aufzumuntern.
Wenn der wüsste! Mir geht dieser Santiago de irgendwas nicht aus dem Kopf. Als ich ihn vorhin zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich das Gefühl, mir boxt einer in den Magen. Diese braunen Augen. Der Wuschelkopf.