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Ein Leben zwischen Business und Peitsche. Contessa Juliette, Ikone der Wiener S/M-Szene, führte Jahre lang eine doppelte Existenz als Geschäftsfrau und Domina. In ihrer herrlich ehrlichen Biografie begibt sie sich auf Spurensuche in ihrem eigenen Leben, schildert ihren ungewöhnlichen Werdegang und entführt in die faszinierende Welt von Dominanz und Unterwerfung. Mit über 126.000 Worten beschreibt sie ihre erotischen Begegnungen in einer neuen Dimension und bietet uns amüsante, aber auch bestürzende, in jedem Fall jedoch höchst aufschlussreiche Einblicke in ihr Privatleben und ein Metier, das die meisten nur vom Wegschauen oder aus Hausfrauenromanen kennen. Die Autorin, Contessa Juliette, verbrachte ihre Kindheit in Westberlin in der Ära der Beatles und der Rolling Stones. Die Verlegung des elterlichen Unternehmens nach Wien brachte eine neue Heimat und einen neuen Reisepass, der sehr oft zum Einsatz kam. Ihr Plan war, nach einer kaufmännischen Ausbildung in Paris Französisch und Kunstgeschichte zu studieren. Der plötzliche Tod beider Eltern durchkreuzte ihre Pläne, und so fand sich Juliette in der Geschäftsführung des Familienunternehmens wieder. Das Buch zeigt, wie eine harmlose Tochter aus gutem Hause zu einer bekannten Domina aufsteigt, die Erlebnisse auf diesem Weg, von nett und harmlos bis hin zu wirklich Schlimmem. Humor- und liebevoll schildert sie, wie vielfältig die Bedürfnisse der Menschen sein können, dass das Leben einer Domina nicht immer Zuckerschlecken und dennoch so verdammt spannend sein kann, ... In der Engel mit der Peitsche begegnen einem Kunden, Erlebnisse und tiefe Einblicke in eine bunte und lebensfrohe Szene, erfahren Sie mehr über den Alltag des nicht Alltäglichen.
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Seitenzahl: 638
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Widmung
Für meinen Bruder und Anna, Sandra und Stephan
Die Namen der meisten, aber nicht aller Personen in diesem Buch habe ich geändert, und in einigen Fällen habe ich zudem Details, die ihrer Identifi-zierung dienen könnten, modifiziert, um Anonymität zu gewährleisten.
Da und dort habe ich Personen und Ereignisse weggelassen, allerdings nur, wenn Wahrheitsgehalt und Substanz der Geschichte davon nicht beein-trächtigt wurde.
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch von Teilen.
Kein Teil des Werkes darf in irgend einer Form ohne schriftliche Genehmi-gung der Autorin reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Sys-teme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Impressum:
Copyright: © 2014 Contessa Juliette
www.contessa.at
Verlag: Contessa Juliette, Wien, www.contessa.at
5. Auflage 2024
Die Coverzeichnung wurde von Brigitte Bornbe (Wien) gefertigt,
© 2014 Contessa Juliette
Satz: Giampaolo Marzetti
I. Einleitung
„Ich glaube, ich habe den richtigen Zeitpunkt für das Ende meiner Karriere als Domina gewählt“, sagte ich. Meine Freundin drehte sich aufmerksam zu mir. „Unsere Gesellschaft hat sich verändert“, versuchte ich meine Ge-danken weiter auszuführen, „Alles wird immer oberflächlicher, schneller. Es geht nur noch ums Konsumieren und um schnelle Befriedigung.“ Die Freundin nickte: „Eine Fastfood-Kultur.“
„Ich habe noch die guten Jahre erlebt“, fuhr ich fort, an sie gewandt, und doch im Grunde zu mir selbst sprechend, „als eine Herrin noch als vereh-rungswürdige Person galt. Wo es um viel mehr ging als um bloße Befriedi-gung. Als die Sklaven das Begrüßungsritual noch zelebrierten und mir ehr-erbietig Blumen überreichten …“ - „Aber woher sollen Männer heute auch wissen, worum es wirklich geht?“, fragte meine Freundin. „Schau dir doch an, was den Massen heute als S/M verkauft wird: Sex in Latex und Fanta-sieromane naiver Hausfrauen, die vom Thema nicht die leiseste Ahnung haben.“ Ich lächelte wehmütig. „Stimmt. Wahre Herrinnen und echte Skla-ven gibt es nur noch wenige. Die Ära der wahren Domina ist vorbei.“
Die Freundin sah mich an: „Und dein ganzes Wissen? Deine Erfahrung, die Geschichten deiner Sklaven?“ Ich dachte nach. „Ich könnte alles auf-schreiben. Dokumentieren, was einmal war ...“ Ihre Augen glänzten. „Ja bitte, dann erfahre ich endlich genauer, was du Wildes erlebt hast. Und ja nichts auslassen!“ Nun musste ich doch lachen. Meine düstere Stimmung verflog. „Versprochen.“
II. Fesselt ihn!
„Binde ihn sofort wieder los!“, schallte eine empörte Stimme über den Schulhof. Ich drehte mich erstaunt um. „Aber wir spielen doch Indianer“, erklärte ich der Lehrerin, die in Riesenschritten auf uns zueilte. Uli, mein Schulkamerad, starrte die wutentbrannte Frau irritiert an. „Das gehört so!“, rief er und zerrte demonstrativ an seinen Fesseln. Ich hatte ihn ans Schulgitter gebunden, denn Marterpfahl hatten wir leider keinen. Wir alle kamen mal dran, Burschen und Mädchen abwechselnd. Die Burschen fes-selte aber immer nur ich. Die anderen Mädchen trauten sich nie und hielten kichernd Abstand. Erst, wenn die Jungs hilflos waren, wagten sie sich her-an und spielten mit.
Am liebsten fesselte ich Uli, den kleinen, drahtigen Arbeitersohn, das einzi-ge Schlüsselkind unserer Klasse, von allen bestaunt ob seiner interessanten Lebensweise, denn er wohnte als einziger in unserer Klasse in einem Mietshaus mit mehreren Wohnungen pro Stockwerk! Wir anderen wohnten in irgendwelchen Villen, was wir schrecklich langweilig fanden. Uli war sehr hübsch mit seinen blonden Locken und den großen blauen Augen, und er schenkte mir manchmal die Hälfte seines Wurstbrotes, was in unserem Alter - wir waren acht - einem Heiratsantrag gleichkam.
Zu Indianern wurden wir meist erst nachmittags nach der Schule, wenn wir statt nach Hause in den Park rannten. Mitunter tat‘s aber auch eine große Pause, die uns genug Zeit bot, um in unsere Fantasiewelt einzutauchen. Ei-ne Welt, in der ich oft genug den Ton angab.
Uli wurde an diesem Tag früher befreit als geplant. Ich erhielt eine Straf-predigt von unserer Lehrerin, die mich weiter nicht beeindruckte. Ich wuss-te ja, dass es nur ein Spiel war, und Uli wusste es auch. Wozu also die gan-ze Aufregung? Erwachsene, schloss ich aus dieser Episode, verstehen so etwas nicht.
1. Le Loup Serieux
Ich war sechsundzwanzig Jahre alt und hatte gerade eine schwere Auseinandersetzung mit meiner Mutter hinter mir. Ich war emotional bereits angeschlagen - die Enttäuschung über eine viel zu früh geschlossene und nach wenigen Jahren gescheiterte Ehe saß tief, und verschiedene Sexa-benteuer hatten mich unzufrieden zurückgelassen. Nach dem Krach mit meiner Mama hatte ich genug von allem. All die großen Pläne meine Zu-kunft betreffend - ich sollte den elterlichen Betrieb übernehmen und bis da-hin in anderen Firmen Erfahrungen sammeln - schmiss ich über den Haufen und kündigte meine Stelle in einem Elektronikunternehmen. Ich wollte raus, weg aus Wien. „Das Familienunternehmen muss leider noch auf mich wart-en“, erklärte ich meiner Mutter vehement und reiste ab - nach Paris, um Kunstgeschichte und Französisch zu studieren.
Ich bezog ein kleines Mansardenzimmer am Boulevard des Invalides, tauch-te ins Pariser Studentenleben ein und fühlte mich großartig. Zwar hatte ich in der Stadt der Liebe keine Affäre, denn von Männern hatte ich erst einmal genug. Aber ich lernte interessante Leute kennen, ging in wunderbare Res-taurants, genoss das kulturelle Angebot und hatte das Gefühl, die Stadt läge mir zu Füßen. Formidable! Wenige Monate später konnte man eine junge Frau beobachten, die völlig aufgelöst auf dem Pont Neuf hin und her rannte und eher einem verschreckten Huhn glich als einer souveränen, jungen Pariserin. Und das kam so: Ich sollte einem österreichischen Künstler behilflich sein, den ich durch Cyril, einen Ex-Liebhaber und guten Freund, kennen gelernt hatte. Le Loup Serieux war in Österreich schon sehr bekannt, seine Werke hingen sogar im Museum des 20. Jahrhunderts. Nun wolle er in den internationalen Galerien Fuß fassen, hatte er erklärt, mir ein dickes Kuvert mit Unterlagen, Fotos verschiedener Bilder und Katalogen überreicht und mich zu seiner Quasi-Kunstagentin ernannt.
Also klapperte ich die interessanten Galerien in St. Germain ab, meinen Fotoapparat immer dabei, denn als Kunstgeschichtsstudentin stieß ich überall auf interessante Motive. Vom Pont Neuf aus wollte ich einige Fotos von der Île de la Cité schießen, der Conciergerie und den mächtigen Türmen von Notre-Dame. Ich legte Le Loups Kuvert auf die Brüstung und foto-grafierte drauflos. Dann zog ich in Richtung St. Germain weiter. Kaum von der Brücke, fiel mir das Kuvert ein. Ich hatte es durch die Ablenkung auf die schönen Fotomotive total vergessen. Sofort rannte ich zurück - doch es war weg. Mir wurde flau im Magen. Ängstlich lugte ich in die Seine hinunter: Vielleicht trieb es ja im Wasser? Nichts. Auch gut, das ersparte mir die Antwort auf die Frage, was ich getan hätte, wenn das Kuvert tatsächlich im Fluss gelandet wäre. Hinterher springen?
Verzweifelt lief ich auf der Brücke hin und her. Der Wind hatte das Kuvert wohl nicht weggeweht - eher hatte ein Passant es heimlich eingesteckt. Noch heute frage ich mich bisweilen, ob der Finder wohl ein Fan von Le Loup Serieux geworden ist. Ich bin von Natur aus sehr korrekt und zuverlässig. Das verlorene Kuvert kam für mich einer Katastrophe gleich. Ich überlegte verschiedene Ausre-den, die ich nach Wien durchgeben konnte, und verwarf alle wieder, denn keine klang originell und glaubhaft. Schließlich schien mir die Wahrheit doch die beste Variante. Ich rief den Künstler aber nicht selbst an - dazu war ich zu feige - sondern Cyril, der mich Le Loup vorgestellt hatte. „Ich habe die Unterlagen verloren“, heulte ich ins Telefon. „Ich glaube, sie wurden gestohlen, was mach ich nur? Bitte, sag du ihm das, ich trau mich nicht ...“ Es folgte eine grässliche Woche des Wartens. In meinen Träumen jagte mich Le Loup über den Pont Neuf, und ich sprang vor Verzweiflung in die Seine. Jedes Mal, bevor ich unterging, wachte ich schweißgebadet auf. Schließlich kam ein Brief von Le Loup: Er erteile mir die Absolution, schrieb der Künstler in schwungvollen Buchstaben, ich hätte mich jedoch bei meinem nächsten Besuch in Wien persönlich bei ihm zu melden. Der will mich wohl übers Knie legen, kicherte ich in mich hinein, nun schon etwas erleichtert. Nun, ganz so daneben sollte ich mit dieser Vermutung gar nicht liegen.
Ich hatte Le Loup nur einmal vor meiner Abreise nach Paris getroffen und wusste außer seinen künstlerischen Eckdaten nichts über ihn. Cyril musste ihm jedoch einiges über mich erzählt haben, denn bei meinem nächsten Besuch in Wien trafen wir uns gleich zu einem abendlichen Beisammensein und zogen durch die damals als Künstlertreffs bekannten Lokale der Bäck-erstraße und Schönlaterngasse. Innerhalb weniger Stunden lernte ich Chris-tian Ludwig Attersee, Oswald Oberhuber, Hubert Aratym und andere bekannte Künstler kennen. Le Loup interessierte sich sehr für mich und wollte alles über mich und meine Pläne erfahren. Ich genoss seine Auf-merksamkeit und unsere interessanten Gespräche. Je später die Stunde, des-to mehr Wein floss und unsere Diskussionen wurden lebhafter. Ich be-merkte, wie Le Loup mich immer wieder amüsiert musterte. Er flirtete jedoch nicht, was mich indes nicht weiter störte. Er war ohnehin nicht mein Typ.
Als wir uns verabschiedeten, erklärte er mit seiner distinguierten, leisen Stimme, die auf wundersame Weise immer Gehör findet: „Für den Verlust meines Kuverts gehörst du aber schon noch bestraft.“ Mir verschlug es die Sprache. Seit meiner Kindheit hatte mir niemand mehr eine Strafe angedroht. „Und wie stellst du dir das vor?“ krähte ich, bereits ordentlich beschwipst. „Das erledige ich demnächst, ich werde dich anru-fen!“ Nun wurde mir doch etwas mulmig zumute, zugleich bekam ich Bau-chflattern. Derartige Ankündigungen hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt höchstens selbst ausgesprochen - gegenüber meinen Liebhabern.
Tage später bestellte er mich an einem sonnigen Mittag zu sich. Le Loup lebte in einem Loft im siebten Bezirk in Wien, das einmal Teil einer Mas-chinenfabrik gewesen war. Ein alter, riesiger Lastenaufzug zockelte im Zeitlupentempo in den zweiten Stock. Oben angekommen, stand ich direkt in Le Loups Wohnung, die sich über das gesamte Stockwerk erstreckte. Eine Seite bestand nur aus Fenstern, die Räume waren mindestens fünf Me-ter hoch, der Fußboden bestand aus dunklen, abgenutzten Holzdielen. Zögerlich tat ich ein paar Schritte. Ich bin in einer Altbauwohnung, in der Beletage, mit sehr großen, hohen Räumen aufgewachsen, aber so ein Loft war doch etwas ganz anderes. Man kann all seine architektonischen Fantasien verwirklichen, gleichzeitig ist man auf so großer Fläche ziemlich verloren. Le Loup hatte Wände aus Holz und Glas eingezogen, um zwei kleinere Boxen zu erhalten, die zum großen Raum hin offen standen. In einem befanden sich ein Krankenhausbett mit weißem Gestell, ein kleiner Tisch, auf dem eine alte, mechanische Olivetti-Schreibmaschine stand, und ein Holzstuhl. Neben dem Bett stand ein kleines Nachtkästchen mit Marmorplatte, darauf eine alte, schwarze Bür-olampe. In der zweiten Box sah ich ein Sofa, einen Flickenteppich, eine Stehlampe aus den Fünfziger Jahren und einen Plattenspieler. Le Loup bot mir Wein an. „Ich werde dir jetzt erklären, wie deine Strafe aussieht“, erklärte er ruhig, stieß mit seinem Weinglas an meines und mus-terte mich wieder mit diesem amüsierten Blick aus Augen, in denen es tief drin gefährlich glitzerte. Ich spürte meinen Herzschlag plötzlich im Magen. Le Loup war absolut nicht nach meinem Männergeschmack, trotzdem faszinierte er mich. Er war mindestens fünfzehn Jahre älter als ich, sehr schlank und schlaksig. Sein Haar war so kurz, dass man die Kopfhaut hin-durch sah und aus der Ferne meinen konnte, er habe eine Glatze. Zarte Fin-ger und seine harmonische Gestik beim Sprechen ließen den Feingeist ver-muten, der er war. Le Loup Serieux war nicht nur Maler, Grafiker und Ak-tionskünstler, er schrieb auch Texte und Gedichte. Schrift und Worte waren ein wesentlicher Teil seiner Kunst.
„Ich werde dich fesseln“, erklärte er mit einer Stimme, mit der er sonst wohl im Kaffeehaus seine Bestellung aufgab, „und dann werde ich dich betrachten.“ Mein Ex-Liebhaber musste ihm von meiner Vorliebe für Fesselspiele erzählt haben. „Ich weiß, der Verlust der Fotos und Kataloge ist schlimm“, sagte ich, „aber wenn ich nach Paris fahre, nehme ich wieder welche mit, und diesmal passe ich besser auf.“ - „Ja, sicher“, entgegnete Le Loup, „aber die Bestrafung muss sein. Und vielleicht gefällt es dir ja sogar?“ Er fuhr mit seinen Fingern unter meine Nackenhaare. Es war eine liebevolle und zugleich bestimmende Geste. Jetzt klopfte mein Herz bis zum Hals.
Dass Le Loup mir bis zu diesem Moment in keiner Weise nahegetreten war, hatte mich bereit für ihn gemacht - viel mehr, als es ein Draufgänger mit stürmischer Umwerbung erreicht hätte.
„Geh ins Bad“, wies er mich an, „zieh dich aus und komm wieder hier here-in.“ Ich gehorchte. Ich fürchtete mich nicht, was sollte ein bekannter Kün-stler mir schon tun? Eher war ich von einer Art ängstlicher Neugier erfüllt, die mich jedoch auf eine gewisse Weise erregte. Das Bad war weiß ver-fliest, mit einer freistehenden Badewanne. Ich legte meine Kleider auf einen alten, weiß lackierten Küchenhocker. Die Schuhe zog ich wieder an und ging zögernd zurück. Le Loup saß an seinem kleinen Schreibmaschi-nentischchen im „Schlafzimmer“ und betrachtete mich. „Bleib stehen. Gib die Hände auf den Rücken!“ Ich gehorchte, vor Scham rot bis zu den Ohren. Das Sonnenlicht fiel durch die riesigen Fenster. Das machte es zwar etwas wärmer, andererseits … „Kann man denn von außen in die Wohnung hineinsehen?“, fragte ich. „Nein, sonst hätte ich schon Jalousien“, meinte Le Loup. „Aber selbst wenn - es würde mir gefallen, dich so zu präsen-tieren.“ Ich stand da, nackt, in der Kühle des Lofts leicht zitternd, meine Scham dunkel behaart, doch der Kenner konnte meinen Paris-Aufenthalt daran erkennen, dass die Haare an den Seiten gezupft waren. Aufrecht stehende, feste Brüste mit großem Warzenhof. Ein brauner Pagenkopf, ein hübsches Gesicht, braune Augen mit langen, schwarzen Wimpern. Ein schöner Mund, sinnliche, volle Lippen und ebenmäßige Zähne. Ich war in dieser Zeit eher pummelig - heute würde man fraulich sagen -, worüber ich sehr unglücklich war. Ich hatte mein keusches Leben in Paris mit dem Genuss unzähliger französischer gastronomischer Kunstwerke kompensiert.
Le Loup schien jedoch zu gefallen, was er sah. Das Weinglas in der Hand, betrachtete er mich genießerisch, als wäre ich selbst ein französisches Gericht. Er ging zum Nachttisch und kam mit mehreren schwarzen und weißen Seilen zurück. „Komm näher“, befahl er. Mit geübten Griffen entknotete er ein Seil und begann, es um meinen Körper zu schlingen. Erst um den Hals, dann knüpfte er mehrere Knoten über meiner Brust, dem Bauch, der Scham und zog die beiden Seile genau zwischen meinen äußeren und inneren Schamlippen durch. Vom Rücken aus schlang er die Seile wieder nach vorne und fixierte sie. „Leg dich hin und spreize Arme und Beine.“ Ich hatte keinen Mucks gemacht und befolgte ohne zu zögern alle Anweisungen. Das alte Krankenhausbett war für solche Spiele bestens geeignet. Le Loup fesselte meine Hand- und Fußgelenke mit Seilen ans Bett, und schließlich verband er mir mit einem seiner Seidenschals die Au-gen.
Ich war wehrlos. Hörte ihn auf dem alten Boden hin- und hergehen. Schritte hinaus, eine Langspielplatte wurde aufgelegt. Schritte zurück, ans Fußende des Betts.
„Kennst du Erik Satie?“ -
„Nein ...“ -
„Ich spiele dir jetzt ein paar wunderbare Orchesterwerke von ihm vor“, sag-te er.
Und ließ mich einfach liegen. Ich wusste nicht, wo er war - neben mir? Am anderen Ende des Lofts? Anfangs fand ich es sehr erregend, so still dazuliegen. Dann wurde mir kalt, und schließlich wurde ich ungeduld-ig. Was will der eigentlich von mir, dachte ich. Okay, Strafe genug, jetzt kann ich ja wieder aufstehen. In diesem Augenblick spürte ich seine Hand auf meinem Busen. Ich hatte ihn gar nicht kommen gehört. Er setzte sich an den Bettrand, mit befeuch-tetem Finger umkreiste er meine Brustwarze, die unter der Berührung steif und hart wurde. Pack doch richtig zu, dachte ich. Aber Le Loup ließ sich Zeit. Das war meine Strafe: die Langsamkeit, diese grausam-genüssliche Art, meine Geduld auf die Probe zu stellen! Er fuhr mit dem Finger über meinen Hals, das Brustbein entlang, zum Bauchnabel. Bitte weiter, weiter!, dachte ich. Er legte die flache Hand auf meine Scham. „Du bist hübsch - und ziemlich geil, nicht wahr?“ - „Ja“, hauchte ich. Er kontrollierte die Seile, die zwischen meinen Schamlippen hindurchliefen, prüfte, ob sie gut saßen und nichts einschnürten. Diese Berührungen machten mich fast verrückt, ich spürte, wie ich ganz nass wurde. Bitte, mach was!, dachte, nein, flehte ich in Gedanken. Über meine Lippen kam jedoch kein Wort, ich wagte meine Gedanken nicht auszusprechen. Die Kühle von vorhin war vergangen, mir war jetzt sehr heiß. Ich hörte, wie Le Loup einen Schluck aus seinem Weinglas nahm.
Die Hilflosigkeit, die Unmöglichkeit mich zu befreien, hatten in mir nur einen Wunsch erzeugt: Ich wollte genommen werden, jetzt sofort. Endlich verstand ich, warum meine Liebhaber mir immer verfielen, wenn ich sie fesselte. Was hatte schon alles als Strick herhalten müssen: Krawatten, Bademantelgürtel, Vorhang-Raffer. Und jeder wollte mich weiterhin sehen, auch wenn die Verliebtheit längst verflogen war. So war das also.
Ich wimmerte und stöhnte unter den Händen von Le Loup, wand mich in meinen Fesseln hin und her - und endlich brach es aus mir heraus: „Berühr mich, fick mich, mach mit mir, was du willst!“ Le Loup legte seine feingliedrigen Finger auf meine geteilten Schamlippen, fand in der Feuchte meinen Kitzler und streichelte ihn, bis ich zum Höhepunkt kam und am ganzen Körper erzitterte. Danach ließ er mich ausruhen, streichelte meinen Körper ganz sanft, und erst, als er mir die Augenbinde abnahm, küsste er mich. „Genug gestraft“, sagte er, band mich los und schickte mich ins Badezimmer. Ich schwieg. Ich fühlte mich großartig, wenn auch peinlich berührt: Ich hatte gewinselt wie eine läufige Hündin. Ich, die selbstbeherrschte, dominante junge Frau! Im Autobus auf dem Weg zurück nach Hause dachte ich mit Blick auf die anderen Fahrgäste: Wenn Ihr wüsstet, was ich gerade Tolles erlebt habe! Und bei dem Gedanken daran wurde ich gleich wieder feucht.
2. Die Geliebte des O
L e Loup hatte in diesen Tagen eine Affäre mit einer verheirateten Frau - einer sehr großen, sehr gut aussehenden Dame, um einiges älter als er, äußerst intelligent und gebildet. Deren Ehemann wiederum war deutlich älter als sie, sehr bekannt, sehr seriös und sehr reich. Ich begegnete ihr ein paar Mal, sie blieb jedoch auf Abstand. Ich glaube, sie war etwas eifersüchtig auf mich. Dazu gab es aber keinen Grund, denn zum einen studierte ich ja immer noch in Paris, war also selten in Wien. Zum anderen traf ich Le Loup nach meiner aufregenden Bestrafung nur noch, um in Künstlerkreisen zu diskutieren.
Mein Studium hatte mir das nötige Rüstzeug für derlei Gespräche verliehen, und in meiner Familie hatte man immer schon die Kunst geliebt. Mein Stiefvater besaß eine große Sammlung von Zeichnungen lebender deutscher und österreichischer Künstler. Ich genoss Le Loups Bekanntschaft also schon aus rein künstlerischen Gründen. Mehr ergab sich nicht mehr zwischen uns, und das war mir ganz recht.
„Willst du mich zu einem Kollegen von mir begleiten?“, fragte er mich eines Tages. Der Zeichner und Graphiker O. war damals schon sehr bekannt und hatte den Ruf eines jungen Wilden und Frauenverführers. Den wollte ich mir gerne aus der Nähe ansehen! Und vielleicht eines seiner Werke erstehen, wer weiß? Wir fuhren also mit meinem Auto in einen Wiener Außenbezirk, wo wir vor einem Haus aus der Jahrhundertwende hielten, einem typischen Vorstadt-Mietshaus ohne Aufzug, in dem sich auf jedem Stockwerk viele Wohnungen drängten, zu denen man nur zu Fuß gelangte. Ausgetretene Stufen führten uns in den dritten Stock. Eine bildhübsche Frau öffnete, eine richtige Naturblondine mit langem Haar. „Bitte, kommt doch herein“, sagte sie in jenem leicht nasalen Ton, den manche Wiener bemühen, um vornehm zu wirken. Sie hieß Cathrin, wie wir erfuhren, war groß, mindestens eins fünfundsiebzig, und besaß einen schlanken, sehr wohlgeformten Körper, der in ihrem lässigen Strickkleid wunderbar zur Geltung kam.
„Wir freuen uns sehr über euren Besuch“, strahlte Cathrin. Sie war eine sympathische Erscheinung, offen und freundlich. Die Wohnung, durch die sie uns führte, war voll mit Bildern: An den Wänden hingen eigene Werke O.‘s, Zeichnungen und Gemälde anderer Künstler, an sämtlichen Wänden lehnten leere Rahmen. Als wir ins Wohnzimmer traten, stand ein dunkelhaariger, etwas untersetzter Mann auf. „Grüß Gott, Grüß Gott, willkommen, nur hereinspaziert!“, bat er uns mit tiefer, lauter Stimme herein.
Sein festes Haar stand ihm wirr vom Kopf und umrahmte ein kantiges, unrasiertes Gesicht mit buschigen Brauen über lebhaften grau-grünen Augen. Er hatte einen festen Händedruck. Seine Hände hätten auch einem Arbeiter gehören können, der fest zuzupacken weiß. Wenn ich nur die Hände gesehen hätte und nichts gewusst hätte, außer dass er ist Künstler ist - ich hätte auf Bildhauer getippt.
O. aber war für feine, dynamische Tuschzeichnungen bekannt. Obwohl er kein Riese war, kam ich mir mit meinen eins fünfundsechzig neben ihm klein vor. Le Loup begrüßte ihn mit einer Umarmung. Dann stellte er mich mit seiner leisen Stimme vor, die in starkem Gegensatz zu O.s polterndem Organ stand, und erzählte von meinem Studium in Paris, meiner großen Begeisterung für moderne Kunst und von der Sammlung meines Stiefvaters. Spätestens jetzt war O.s Interesse an mir geweckt. Er zeigte mir seine Mappen und erklärte, wo und wann die Zeichnungen entstanden waren.
Rahmen um Rahmen holte er hervor und breitete seine Werke vor mir aus. „Du studierst in Paris?“, fragte Cathrin entzückt. „Ich habe früher selbst viel Zeit dort verbracht, ich arbeite als Dolmetscherin und Übersetzerin für Französisch!“ Wir beschlossen an Ort und Stelle, in Kontakt zu bleiben, und die Herren grinsten amüsiert.
O. war ein „junger Wilder“, wie er im Buche steht. „Das Bürgertum ist der Tod der Kreativität und der Untergang der Kunst!“, schleuderte er mir, der behüteten Bürgerstochter, entgegen und seine Blicke bohrten sich in meine schreckgeweiteten Augen. Während des Nachmittags spürte ich immer mehr, dass O. sich mehr für mich als für meine Kaufkraft interessierte.
Dieser intensive Mensch verunsicherte mich: Einerseits zog mich seine kraftvolle Art an, und ich ertappte mich dabei, wie ich überlegte, was so ein Mensch wohl mit mir im Bett anstellen würde. Andererseits war ich mit jemandem, der so anarchistische Ideen vertrat und alles, was ich als großes Privileg empfand, ablehnte, überfordert und ein bisschen verschreckt. Ich lächelte schüchtern, versprach, mir den Kauf des einen oder anderen Werks zu überlegen - und beließ es bei dem einen Treffen mit ihm. Mit Cathrin dagegen wollte ich wie versprochen in Verbindung bleiben, sie wollte mich sogar in Paris besuchen.
Doch wie so oft kam das Leben dazwischen. Ich war wieder nach Wien zurückgekehrt, arbeitete auf Wunsch meiner Mutter in unserem Unternehmen und studierte nebenbei an der hiesigen Universität weiter. Plötzlich und völlig unerwartet starb meine Mutter. Wir hatten eine sehr enge Beziehung gehabt, sie war meine Vertraute und ich hatte mir ein Leben und meine Zukunft ohne sie nie vorgestellt. Ich war wie betäubt.
Und dann die Firma! Keine Sekunde kam mir in den Sinn, das Geschäft nicht zu übernehmen. Schon nach wenigen Tagen übernahm ich gemeinsam mit meinem Bruder die Leitung des Unternehmens. Meine Trauer betäubte ich mit Arbeit, eine zuverlässige Droge gegen jede Art von Kummer, wie ich feststellen sollte. Nicht einmal Zeit zu weinen, gab ich mir. Den Verlust meiner Mutter verarbeitete ich erst Jahre später, und konnte mich dann endlich von ihr verabschieden. Cathrin und ich verloren uns völlig aus den Augen.
Zwar besuchte ich in Wien Vorlesungen an der Universität, doch nur noch nebenbei, soweit es meine Arbeit im Unternehmen, die viele Auslandsreisen mit sich brachte, eben erlaubte.
Ich schloss mein Studium nie ab. Mein Bedauern darüber verarbeitete ich auf meine Art: Fortan kaufte ich selbst Kunst und besuchte mit Leidenschaft Ausstellungen. Zu Le Loup hatte sich eine schöne Freundschaft entwickelt, und er begleitete mich immer wieder zu Vernissagen.
Eines Abends, Jahre nach jenem Nachmittag in O.‘s Wohnzimmer, kam es in einer der vielen Wiener Galerien zu einem unverhofften Wiedersehen mit Cathrin, an das vor allem Le Loup sich noch lange erinnern sollte.
III. Das Mädchen Juliette
Wenn man mich fragt, wie meine Sexualerziehung ausgesehen hat, gebe ich bestimmt eine andere Antwort, als meine verstorbene Mutter gedacht hätte. Sie war der Meinung, uns sehr offen erzogen zu haben. Sie badete mit uns, sperrte die Toilettentür nicht ab und dachte wohl, das helfe uns, ein natürli-ches Verhältnis zur Nacktheit zu entwickeln. Das Ergebnis sah jedoch so aus, dass ich furchtbar „g‘schamig“ wurde, wie man in Wien so schön sagt, und überhaupt nicht wollte, dass mich irgendjemand nackt sah. Im Bi-kini herumzulaufen störte mich nicht, nur umziehen wollte ich mich nicht vor anderen. Ich erinnere mich daran, dass ich nach dem Turnunterricht immer wartete, bis die anderen geduscht und sich umgezogen hatten, damit mir nur ja keiner zusah.
Burschen gegenüber war ich neugierig, aber ahnungslos. Als ich vierzehn war, ließ ich mich einen ganzen Sommer lang nicht küssen, weil ich dachte, davon würde man schwanger. Wir verbrachten die Sommerferien am Wörthersee und meiner Mutter fiel auf, dass ich viel mit Burschen zusam-men war. Eines Tages drückte sie mir ein Aufklärungsbuch in die Hand. Mir wurde ganz schlecht, als ich feststellte, dass ich durch Küssen gar nicht schwanger werden konnte, beim Petting jedoch weit mehr Risiko ein-gegangen war! In der Schule war darüber nie geredet worden.
Trotz aller Aufklärungs-Desaster hatte ich dem anderen Geschlecht gegen-über immer ein großes Selbstbewusstsein. Ich hatte mir jedoch fest vorge-nommen, mit dem ersten intimen Kontakt zu warten, bis ich sechzehn war. Trotzdem war ich eine der ersten in meiner Klasse, die „es“ taten. Mein „erstes Mal“ erlebte ich mit einem Burschen, der zwei Jahre älter und schon erfahrener war als ich. Er nützte meine Ahnungslosigkeit unver-schämt aus, wollte ständig und ab einem bestimmten Punkt nur noch Sex von mir. Irgendwann reichte es mir: Mit einer schallenden Ohrfeige, mitten am Wiener Karlsplatz, schickte ich ihn zum Teufel. Ich war jedoch nicht etwa prüde. Schon früh war ich im Bett experimentierfreudig.
Beim Verführen zog ich alle Register und mit Mitte zwanzig dachte ich: „Dieser 08/15-Blümchensex kann doch nicht alles gewesen sein.“ Ich blät-terte neugierig in Büchern, probierte mit ein paar willigen Liebhabern so einiges aus und fand meine Vorlieben: Es gefiel mir, einen Mann spiele-risch zu fesseln und zu vernaschen. Damals machte ich mir keine Gedanken, ob vielleicht andere Menschen ähnliche Neigungen wie ich hatten. Es ging mir nur um mich. Hemmungen kannte ich keine, ich war, wie schon gesagt, ein geborener Freigeist.
Mein einziger Vertrauter war mein Bruder, und der meinte nur: „Wenn dir das Spaß macht, dann genieß es doch.“
Meinen Freundinnen hingegen erzählte ich nie von meinen Leidenschaften. Ich fürchtete, von ihnen verurteilt und abgelehnt zu werden. Eine sexuell selbstbestimmte Frau mit ungewöhnlichen Vorlieben, so denke ich mitunter, ist für andere Frauen oft eine größere Bedrohung als für Männer. Von de-nen nahm ich an, dass sie ungewöhnliche sexuelle Spielarten verstehen, sie sich womöglich sogar selbst wünschen. Diese Einstellung habe ich mir im Grunde bis heute bewahrt und vertraue mich immer noch eher einem Mann als einer Frau an.
3. Wiedersehen mit Le Loup
Jahre später, ich erholte mich gerade von einer Beziehung, die trotz meiner Bemühungen gescheitert war, da rief Le Loup mich an, um mich zu einer Vernissage einzuladen. Eine willkommene Ablenkung! „Das Leben geht weiter“, rezitierte ich vor dem Vorzimmerspiegel, „und bringt neue Abenteuer, für die jetzt wieder Platz in meinem Herzen ist.“ Ich zog hohe Schuhe an und mit Le Loup los.
In der Galerie drängte sich das Publikum bereits vor den Bildern. Wir flanierten durch die Menge, grüßten nach links und rechts. Mittendrin fiel mir eine große Blondine in einem roten, eng anliegenden Kleid auf, das ihre wundervolle Figur betonte. „Cathrin! Bonsoir!“ - „Juliette, wie schön! Wie geht es dir?“
Es herrschte große Wiedersehensfreude, und nach der Vernissage gingen wir noch zu dritt aus. Le Loup konnte den Blick nicht von Cathrin wenden. Er war seit einiger Zeit wieder solo und erzählte seine Geschichte: Seine Geliebte, die verheiratete Dame, hatte vor Jahren doch tatsächlich ihren Mann verlassen und war mit Le Loup zusammen in ein Haus im Burgenland südlich von Wien gezogen. Zu jener Zeit zog es viele Kreative dorthin, eine richtige Künstlerkolonie war zwischen den sanften Hügeln des Burgenlandes entstanden. Nach vielen glücklichen Jahren hatten sie sich getrennt.
„Und ich bin jetzt eben wieder nach Wien gezogen“, erzählte Le Loup und schenkte Cathrin einen treuherzigen Blick.
„Ich bin auch wieder solo“, berichtete sie. Ihre Geschichte war trauriger: O. war wenige Monate zuvor nach schwerem Leiden gestorben. Zu viel Alkohol und ein schwerer Diabetes hatten ihn umgebracht. Neben diesen traurigen Geschichten kam mir meine gleich viel harmloser vor: „Mich hat mein Partner „nur“ enttäuscht“, berichtete ich. Wir stießen alle an und erklärten einhellig: „Das Leben geht weiter und bringt neue Abenteuer, für die jetzt wieder Platz in unseren Herzen ist.“
Le Loup grinste Cathrin an. Sie schien zu spüren, worauf er hinaus wollte und zwinkerte mir zu. Und richtig: Nach ein, zwei, weiteren Gläsern Wein rückte er mit seinem Wunsch heraus: „Können wir nicht zu dritt vögeln?“
Ich sah Cathrin an, diese bildschöne, weltoffene Frau, die mit dem Künstler O. bestimmt weit ungewöhnlichere Situationen erlebt hatte. Sie blickte mir gerade in die Augen und lächelte. Der Gedanke gefiel uns offenbar beiden. „Aber freue dich nicht zu früh, Loup“, meinte sie. „Juliette ist sicher nicht mehr das naive Mädchen, das sie mal war!“ Er lehnte sich genüsslich zurück.
„Das ist ja das Reizvolle“, erklärte er mit seiner feinen, von Wein nur ein wenig geölten Stimme, „vielleicht fällt euch für mich eine Überraschung ein?“ Nun, die kann er haben, dachte ich bei mir. Mir war ein Gedanke gekommen. Wir spazierten die paar Gassen zu mir nach Hause. Die große elterliche Altbauwohnung in der Beletage, die ich nach dem Tod meiner Mutter übernommen und nach meinem Geschmack eingerichtet hatte, lag nicht weit von der Innenstadt. Le Loup stolzierte wie ein Pascha einher, an jedem Arm eine attraktive Dame, sein Ziel eindeutig erkennbar. Doch an einer Ampel zog ich Cathrin zu mir. „Wir sollten uns verbünden“, flüsterte ich ihr ins Ohr. „Der denkt wohl, er kann uns beide vernaschen und uns womöglich dabei zusehen, wenn wir uns gegenseitig befriedigen. Aber ich habe da eine Idee …!“
Cathrin nickte und lächelte. Na warte, Le Loup!
In meiner Wohnung angekommen, übernahm ich die Regie. Le Loup, von Vorfreude und Alkohol leicht illuminiert, ließ alles mit sich geschehen. Cathrin und ich zogen ihn nackt aus, ließen selbst unsere Dessous jedoch an. In ihrer Wäsche sah Cathrin noch hinreißender aus: Ihre schönen langen Beine kamen in hellen, halterlosen Strümpfen wunderbar zur Geltung. Die blonde Scham war von einem transparenten, roten Slip bedeckt. Ein passender roter Spitzen-BH verhieß wunderbar feste Brüste. Ich war das kleinere, brünette Gegenstück: schlanker als zu der Zeit, als Le Loup mich an sein Krankenhausbett gefesselt hatte, jedoch mit einem schön gerundeten Po und ganz in Schwarz. Ich trug in dieser Zeit ständig Schwarz, eine Trotzreaktion auf meinen Verflossenen, der mir die Farbe stets verboten hatte. Schwarz erinnere ihn an den Krieg, den er als Kind miterleben musste, hatte er erklärt. Ich hatte ihm seinen Willen gelassen.
Doch jetzt war ich wieder frei, und Schwarz steht mir gut. Nach meiner Trennung hatte ich als erstes kostbare schwarze Unterwäsche gekauft. So.
An diesem Abend trug ich einen Tanga aus schwarzer Spitze mit passendem Push-up-BH, einen Strapsgürtel und schwarze Strümpfe mit kleinen Strass-Applikationen. Le Loup lag im Bett und blickte uns erwartungsfroh entgegen. Dann sah er an unseren Beinen hinunter, und da schien ihm etwas zu dämmern. Cathrin und ich hatten unsere Stöckelschuhe angelassen.
In meinem Schlafzimmer hatten sich einige Utensilien angesammelt, mit denen ich meine Liebesspiele würzte: Seile, Fesseln, Handschellen und eine Augenbinde. Die fischte ich nun aus der Nachttischlade und wollte sie Le Loup umbinden. „Nein, bitte nicht!“, bat er. „Ich möchte euch sehen, ihr seid so wunderschön. Sonst bin ich zu allem bereit, aber bitte nicht die Augen verbinden!“
Cathrin und ich sahen einander an und nickten dann gnädig. Jede nahm ein kurzes Seil und schlang es um eines seiner Handgelenke. Ohne uns abzusprechen, fesselten wir ihn ans Bett. Cathrin griff zwischen seine Beine, kraulte seine Hoden, massierte, zog und drückte sie. „Wie schade, dass wir nichts zum Abbinden haben“, meinte sie. „Oh doch, haben wir“, erklärte ich und zog eine Lederschnur aus der Lade. „Juliette, Juliette“, kam es vonseiten Le Loups. „Was ist nur aus dir geworden?“
Er grinste und genoss es sichtlich, wie ich ihm mit geübten Händen die Hoden abband. Das hatte ich schon mit früheren Liebhabern praktiziert. Das Abbinden von Hoden hat mehrere Vorteile: Es verhindert, dass das Blut aus dem Penis abfließt und hält ihn steif. Ich empfehle es jedem, der zu schnell abspritzt. Für den Mann ist es zudem erregend, wenn eine Frau mit seinem besten Stück hantiert.
Man benötigt eine ein Meter sechzig lange Schnur, ein dünnes Seil, ein Leder- oder Latex-Bändchen - wenn man einen Damenstrumpf verwendet, muss man Acht geben, nicht zu fest abzubinden, sonst bekommt man ihn nachher unter Umständen nicht mehr auf - einmal halbieren, von hinten beginnend um die Hoden schlingen und etwas zuziehen. Dann kann man zum Beispiel über Kreuz die beiden Eier teilen, die Peniswurzel mit einbeziehen und im Grunde genommen jedes Muster schnüren, das einem gefällt.
Le Loups Eier sahen nun aus wie rot glänzende Tischtennisbälle. „Jetzt drehen wir den Spieß um!“, erklärte ich und erzählte Cathrin in kurzen Worten von Le Loups Spiel mit mir. Sie lachte. „Zeit für die Revanche!“, sagte sie und nahm eines der längeren Seile. Wir knoteten es um seinen Körper, fixierten die Beine, und da lag er dann vor uns wie ein Gekreuzigter. Es gefiel ihm. Le Loup hatte mir schon ein paar Bondage-Hefte gezeigt und mir Bücher zu diesem Thema geschenkt. Es waren aber stets Frauen, die gefesselt abgebildet waren, denn darauf fuhr er ab, wie ich selbst wusste. Nun, jetzt sollte er lernen, dass auch Frauen solche Fantasien haben.
Die Luft knisterte förmlich vor Erotik. Cathrin und ich streichelten den Wehrlosen, spielten an ihm herum, zwischendurch berührten wir einander zärtlich vor seinen Augen und wurden dabei selbst immer geiler. Er lag da und genoss das Schauspiel, sein Penis ragte hoch auf. Ich war so heiß geworden, dass ich den wehrlosen Mann auf der Stelle verschlingen wollte. Ich setzte mich breitbeinig auf ihn und grub meine Fingernägel in seine Haut. Le Loup verdrehte erregt die Augen. Dann schob ich mein Höschen beiseite, setzte mich auf seinen steifen Schwanz und stöhnte auf, als ich seine Hitze in mir spürte. Ich rieb mich an ihm, hob und senkte meine Pobacken, ließ mein Becken kreisen, während Le Loup unter mir bewegungslos verharren musste und davon ganz wild wurde. Jede meiner Bewegungen zielte nur darauf ab, meinen Kitzler an seinem behaarten Unterkörper zu reiben. Ich genoss das Machtgefühl, den Genuss ihn endlich in mir zu spüren und diese außergewöhnliche Situation zu dritt. Er stöhnte, knurrte wie ein Tier, seine Zunge leckte in der Luft nach meinen Brüsten, die außerhalb seiner Reichweite auf und ab wippten. Oh, wie ich meine süße Rache genoss!
Cathrin hatte uns zugesehen, ihre feuchten Lippen verrieten ihre Erregung. „Setz dich doch auf sein Gesicht und lass dich verwöhnen“, forderte ich sie heftig atmend auf, während ich ihn langsam weiter ritt. „Wenn er so gut leckt, wie er spricht, hast du garantiert ein schönes Erlebnis.“
Cathrin ließ sich nicht zweimal bitten. Sie kniete sich über sein Gesicht, zog ihr rotes Höschen herunter, und Le Loup versenkte gierig seine Zunge im blonden Flaum ihrer Scham. Wir saßen einander gegenüber und streichelten uns gegenseitig, unsere Brüste hüpften im Takt unserer Bewegungen.
Schon bald wurde ich von einem heftigen Orgasmus geschüttelt. Erschöpft blieb ich auf Le Loup sitzen und beobachtete aus halbgeschlossenen Augen, wie er Cathrin geschickt mit der Zunge befriedigte. „Lass deine Zunge langsam um meinen Kitzler kreisen“, wies sie ihn an: „und jetzt leck ordentlich!“
Sie stöhnte genussvoll, schloss die Augen, während Le Loup unermüdlich weiter züngelte. Sie ließ ihre Pobacken kreisen, atmete immer heftiger. Plötzlich ging ein Beben durch ihren Körper, sie warf ihren Kopf in den Nacken, und aus ihrem Mund kam ein lautes „Aaaaah!“
Nach einer halben Minute öffnete sie die Augen, unsere Blicke trafen sich und wir lächelten uns verschmitzt an. Wir rutschten von Le Loup runter, der leider nicht zum Zug gekommen war, aber das schien ihn nicht zu stören. Wir banden ihn los und schliefen zu dritt, die eine links, die andere rechts in seinem Arm, befriedigt ein.
4. Björn, der Callboy
Aus mir war eine erfolgreiche Geschäftsfrau geworden. Als Firmeninhaberin war ich selbstbestimmt, unternahm Geschäftsreisen quer durch Europa, nach Fernost und genoss mein Leben in vollen Zügen. Ich ging abends aus oder ins Theater, und wenn ich über ein Wochenende in einer fremden Stadt war, besuchte ich Museen und Ausstellungen.
In München hatte ich neben einer weiteren Firmenniederlassung auch eine eigene Wohnung. Die Stadt wurde wie ein zweites Zuhause für mich, wo ich gerne eine Pause einlegte, wenn ich von meinen Geschäftsreisen unterwegs nach Wien war.
Von einer Tagung in Straßburg kommend, kam ich an einem nasskalten Jännerabend erschöpft in meiner Münchner Wohnung an. Ich wollte hier übernachten und erst am nächsten Tag nach Wien weiterfahren. Der Kühlschrank war leer und ich von der langen Fahrt erledigt - also beschloss ich, in mein Lieblingslokal „Bei Roy“ zu gehen. Der Namensgeber war ein sehr charmanter, gutaussehender Mittvierziger mit schwarzem Haar, dunkelbraunen Glutaugen, perfekten Manieren und leider für die Frauenwelt verloren. Sein Abendlokal, eine Mischung aus American Bar, Restaurant und Piano Bar, war elegant und liebevoll dekoriert. Roy war berühmt für seine Diner-Spectacles, für die er zum Teil berühmte Showstars verpflichtete. Ich hatte dort meinen letzten Geburtstag gefeiert, mit einer Travestieshow und allem Drum und Dran. An diesem Abend wollte ich jedoch einfach nur entspannen, etwas Leckeres essen und dann schlafen gehen.
Roy begrüßte mich herzlich und geleitete mich an die Bar, wo ich auf einen freien Tisch warten konnte. Ein junger, blonder Mann saß bereits dort und blickte mich neugierig an. „Das ist Björn“, stellte Roy ihn vor, „Er ist auch alleine und zum ersten Mal hier. Er stammt aus Norddeutschland und Freunde haben ihm gesagt, wenn er schon in München ist, muss er mal bei Roy vorbeischauen.“
Stolz wandte er sich an den jungen Mann und machte eine elegante Handbewegung in meine Richtung. „Und das ist Frau Juliette aus Wien, eine liebe langjährige Freundin.“
Müde, wie ich war, hatte ich eigentlich keine Lust auf ein Gespräch, begann aber höflich den üblichen Smalltalk. Ich bestellte einen Kir Royal, den ich aus nostalgischen Gründen trank - er erinnerte mich an Frankreich. Björn gab sich unaufdringlich, und das Gespräch wurde interessanter. Optisch war er genau mein Typ: blond, blauäugig, schlank und groß. Allerdings war er auch sehr jung. Ich schätzte ihn auf höchstens dreißig.
Er sah mir in die Augen, musterte mich unauffällig (aber so, dass ich es doch bemerken konnte) und sagte plötzlich: „Sie haben wunderschöne Hände. Mich faszinieren schöne Hände und Füße.“
„Danke“, antwortete ich lächelnd, „Meine Füße sind auch sehr schön, nur können Sie das in den Stiefeln nicht erkennen.“ Flirten, das konnte ich sogar im Halbschlaf! Darauf berührte Björn meine Hand, und es durchzuckte mich. Hoppla, was macht denn das Jungchen da? Zugleich stieg in mir eine Erregung auf, die ich nun wirklich nicht gewollt hatte. In diesem Augenblick schwebte Roy herbei, um mir einen Tisch zuzuweisen. Ach, was soll‘s, dachte ich und wandte mich an Björn: „Möchten Sie sich zu mir setzen?“ Natürlich mochte er.
Während ich meine Trüffelnudeln genoss und Björn sich über seine Entenbrust à l‘orange hermachte, erzählte er mir von sich: von seiner technischen Ausbildung, und dass er jetzt in München einen Job suchte. Na bitte, da konnte ich ja punkten! „Ich arbeite im Bereich Industrie-Elektronik und kenne einige Hersteller“, begann ich lässig, „München ist das Silicon Valley von Europa. Senden Sie mir doch Ihren Lebenslauf und ich werde sehen, was ich für Sie tun kann“, und reichte ihm meine Visitenkarte. Björn sah mich an wie eine Marienerscheinung, streichelte meine Hand und brachte mich damit etwas durcheinander. Jeder zahlte für sich selbst, ich bestand jedoch darauf, den Wein zu übernehmen, zu dem ich Björn überredet hatte. Nach dem Essen fragte er mich, ob ich gerne tanze. „Ja, und wie!“, rief ich. Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. Die Nacht war noch jung und konnte kommen! „Ich habe gehört, im Bayerischen Hof gibt‘s eine tolle Bar mit Livemusik“, sagte Björn, „Wollen wir noch hinschauen?“
Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, am nächsten Morgen früh nach Wien weiter zu reisen. Doch jetzt wollte ich jede Minute mit Björn genießen. Beim Tanzen bewegten wir uns, als ob wir schon jahrelang ein Paar wären.
Bei den lateinamerikanischen Tänzen wiegten sich seine Hüften, beim Boogie-Woogie zog er mich ganz nah heran, und beim Tango bekam er wahrscheinlich ein feuchtes Knie. Ich wäre auf der Stelle mit ihm auf ein Zimmer gegangen. Wir hatten an der Bar des Nachtclubs auf das Du-Wort angestoßen, und eine Stunde später küsste er mich endlich. Ich schmolz in seinen Armen, behielt aber die Kontrolle über meine wackeligen Knie.
Es war vier Uhr früh, als die Band zu spielen aufhörte, wir uns mit leidenschaftlichen Küssen voneinander verabschiedeten und jeder in ein eigenes Taxi stieg. Im nüchternen Morgenlicht erschien mir alles wie ein Traum.
Den werde ich wohl nie wiedersehen, dachte ich und stieg trotzdem lächelnd ins Auto. Was für eine Begegnung! Ich wollte mein Erlebnis nicht nachträglich durch Was-wäre-wenn-Gedanken ruinieren, sondern einfach die Erinnerung an einen zauberhaften Abend genießen. In Wien angekommen, sah ich den blinkenden Anrufbeantworter. Eine Nachricht von Björn: Wie schön der Abend gewesen sei und dass er mich gerne wiedersehen würde. Nun, ich war inzwischen völlig nüchtern und entsprechend skeptisch: Was sollte ich mit so einem jungen Bürschchen, das noch dazu in München lebte?
Aus dem Kopf ging er mir trotzdem nicht. Als er wieder anrief und mich fragte, wann ich denn wieder nach München käme, sagte ich die Wahrheit: „In drei Tagen.“ - „Wunderbar, ich freue mich schon sehr auf dich. Wo treffen wir uns?“ - „Im Operncafé in der Maximilianstraße, um vier“, antwortete ich ohne nachzudenken. Und dort wartete er dann auch auf mich, begrüßte mich mit heftigen Küssen, und in mir schmolz jeder Widerstand und floss gemeinsam mit meiner Vernunft davon.
Wir verbrachten einen wunderschönen Nachmittag, erzählten uns Episoden aus unserem Leben und sahen uns verliebt an. Björn streichelte meine Hände und bewunderte meine Beine, die ich diesmal in hochhackigen Pumps präsentierte. Unsere Gespräche wurden immer intimer, ich nahm Schwingungen von ihm auf, die ich einzuordnen versuchte. Dann endlich stieg in mir ein Gedanke auf, den ich ohne zu zögern aussprach: „Ich glaube, mit dir kann ich beim Sex meine dritte Dimension ausleben.“ Björn sah mich mit großen Augen an: „Was meinst du damit?“ - „Ich denke, dass du ein Frauenverführer und -versteher bist, es aber eigentlich lieber magst, wenn die Frau die Führung übernimmt.“ Mehr wollte ich noch nicht sagen, schon gar nicht über meine Vorlieben, denn womöglich lag ich ja vollkommen falsch.
Doch mein Gefühl hatte mich nicht betrogen. „Ja, das hast du gut erkannt“, sagte Björn nach einer Pause. Er sah mir direkt in die Augen. „Ich liebe es, von einer Frau in jeder Hinsicht dominiert zu werden.“ Das saß. So deutlich hatte ich das nicht erwartet. Nun gut, dann konnte ich mich ja outen: „Ich bin eine starke Frau, das hast du schon bemerkt“, erklärte ich. „Bei mir hört es nicht mit Befehlen auf.“ - „Das glaube ich gern“, sagte Björn und setzte nach: „Ich war auch schon bei Dominas.“
Zu dieser Zeit hatte ich meine dominante Neigung nur mit meinem jeweiligen Partner ausgelebt. Was bei einer Domina abläuft, war mir fremd. Ich wusste nur eines: Ich wollte mit ihm ins Bett. Sofort. Doch Björn ließ mich zappeln. Wir gingen erst in eine Ausstellung, danach zum Abendessen - ich bezahlte, denn er hatte ja keinen Job - und endlich landeten wir bei mir. Björn zeigte sich beeindruckt von der hübschen Zweizimmerwohnung in der Prinzregentenstraße, einer Nobelstraße in München.
Im Schlafzimmer stand ein zwei Meter breites Bett. Die gegenüberliegende Wand war von oben bis unten verspiegelt, helle Spannteppiche bedeckten den Boden, indirekte Beleuchtung tauchte den Raum in mildes Licht.
Der Architekt, den mein Stiefvater seinerzeit beauftragt hatte, hatte eine typische Junggesellenwohnung eingerichtet. Der ideale Rahmen also für eine Liebesnacht, die all meine Erwartungen übertreffen sollte. Wir hatten uns bereits im Vorzimmer gierig die Kleider vom Leib gerissen. Björn küsste meinen Hals, meine Brüste, streichelte meinen Körper bis zu den Zehen, die er einzeln in den Mund nahm und lutschte.
Dann fuhr seine Zunge meine Schenkel nach oben. Meine Scham sparte er aus. Er umkreiste mit der Zungenspitze meinen Nabel und ich wusste nicht: Sollte ich mir wünschen, dass er meinen Mund küsst oder lieber mit seiner Zunge endlich in meiner Spalte landet? Meine Brustwarzen standen steif und hart in die Luft wie sein perfekter Schwanz. Björn ließ sich nicht berühren. Es gab nur mich: Ich wurde geküsst, gestreichelt und endlich auch geleckt. Ich war bereits erregt und es brauchte nicht viel, aber er war so unglaublich geschickt mit der Zunge und seinen Fingern, dass ich den aufregendsten Orgasmus bekam, an den ich mich bis dahin erinnern konnte. Ich hatte noch lange nicht genug, wollte endlich seinen Schwanz in mir spüren. „Das geht nicht“, erklärte Björn. „Wieso nicht?“, fragte ich, mit einem Schlag ernüchtert. „Ich habe kein Kondom dabei und ohne schlafe ich nicht mit jemandem.“ - „Du triffst dich mit mir und hast kein Kondom dabei?“, rief ich. „Das gibt‘s doch nicht!“ Ich war sauer, aber was sollte ich tun? Er hatte mich schon mehrfach befriedigt, und nun wollte ich ihm natürlich auch gut tun. Also holte ich ihm mit der Hand einen runter und er spritzte auf seinen Bauch.
„Ich muss jetzt weg“, meinte er in aller Herrgottsfrühe. „Warum so zeitig?“, fragte ich schlaftrunken. „Ich wohne bei einer Freundin, und die muss zur Arbeit und hat keinen Zweitschlüssel für mich.“ Ich war viel zu träge um zu protestieren. „Gut, wir telefonieren später“, murmelte ich, „Küsschen, ich schlafe weiter. Du findest alleine raus?“, drehte mich um und schlief selig wieder ein.
Am nächsten Tag telefonierten wir. Ich hatte anstrengende Geschäftsver-handlungen vor mir und schlug Björn vor, danach eine Kleinigkeit zum Essen herzurichten und den Abend gemütlich bei mir zu verbringen.
„Und vergiss nicht, etwas Wichtiges mitzubringen!“, erinnerte ich ihn.
Ich besorgte zwischendurch ein paar Vorspeisen im berühmten Delika-tessengeschäft Käfer in der Prinzregentenstraße, kühlte eine Flasche Bianco di Custoza ein und deckte liebevoll den Couchtisch. Im Hintergrund lief romantische Musik, auf dem Tisch brannten Kerzen. Es sollte nicht so aussehen, als ob ich nur das Eine wollte, obwohl das natürlich stimmte. Es läutete. Björn stand vor der Tür, eine Flasche Prosecco in der Hand, und begrüßte mich mit einer Leidenschaft, die mich beinahe von den Füßen fegte. Trotzdem schafften wir es, uns zuerst zum Essen hinzusetzen. Ich begann zu plaudern, wollte mehr über ihn erfahren. Björn wich jedoch aus, gab nur wenig von sich preis. Dafür war er umso mehr an meinem Leben interessiert.
Wie oft ich nach München käme, in welchen Kreisen ich mich bewege, ob ich gebunden sei. Ich hatte nichts zu verbergen, antwortete also wahrheitsgemäß, dass ich zwei bis drei Mal pro Monat in München wäre, immer nur kurz, dass ich nette Bekannte in München und Wien habe und seit einem halben Jahr von meinem Lebensgefährten getrennt war.
Björn wusste sofort, wie er mich nehmen musste. Er liebkoste meinen Nacken, was mich willenlos machte, öffnete die Knöpfe meines blauen Jackenkleids, schob mein zartes Höschen beiseite und liebkoste meine feuchte Spalte. Dann trug er mich ins Schlafzimmer und legte eine ganze Packung Kondome auf den Nachttisch. Ein echter Gentleman, dachte ich noch, zieht zuerst die Socken aus - dann schlug eine Welle aus Begehren über mir zusammen, und ich dachte gar nichts mehr. Als wir beide erschöpft und befriedigt zwischen den zerwühlten Decken lagen, erklärte er: „Du musst morgen sicher früh raus, und ich muss auch gehen.“ Aber so einfach ließ ich ihn nicht abhauen: „Wer ist das, bei dem du wohnst - und was heißt, sie hat keinen Zweitschlüssel?“, fragte ich und schmiegte mich noch näher an ihn. „Das würde ja bedeuten, dass du tagsüber nicht mal einkaufen gehen kannst.“ Ich bin nicht weltfremd oder naiv und war auch nicht zu verliebt, um nicht zu kapieren, dass da etwas nicht stimmte. Wir lagen eng aneinander gekuschelt beisammen, und endlich erzählte Björn mir mehr von sich. „Meine Ex-Freundin ist nach München gegangen, um in einer Bar zu arbeiten und hat mir vorgeschlagen, hier als Callboy zu arbeiten“, begann er. Die Ex habe ihm erzählt, es gäbe hier jede Menge unbefriedigter, reicher Damen mittleren Alters, die auf einen Charmeur wie ihn abfahren würden. Ich schluckte.
„Und als wir uns bei Roy kennen lernten, warst du wirklich gerade erst in München angekommen?“ - „Ja, das Lokal hatte sie mir ja empfohlen.“ Mir wurde übel. „Da kam ich dir ja gerade recht.“ Ich rückte im Bett von ihm ab, er kuschelte sich sofort wieder näher. „Warum hast du als Callboy keine Kondome dabei?“, bemühte ich mich um Sarkasmus, denn das alles musste ich erst verarbeiten. „Weil ich nicht damit gerechnet habe, gleich eine so tolle Frau kennen zu lernen“, versetzte Björn treuherzig. „Eher, weil du mich süchtig nach mehr machen wolltest“, konstatierte ich, völlig ernüchtert.
Ich wickelte mir die Decke um, und setzte mich an den Bettrand. Björn streichelte liebevoll meine nackten Schultern.
„Was soll ich machen, ich habe mich in dich verliebt!“, flüsterte er und küsste mein Ohrläppchen. Ich fühlte, wie ich wieder schwach wurde und zog die Notbremse. „Du musst jetzt gehen“, erklärte ich, „Deine Ex wartet auf dich. Wenn sie überhaupt deine Ex ist.“
Im Morgenmantel wartete ich mit verschränkten Armen, bis er sich angezogen hatte und führte ihn zur Wohnungstür. Björn wollte mich zum Abschied küssen, aber ich wich aus und hielt ihm nur die Wange hin. Noch ein treuherziger Hundeblick, dann zog er ab.
Völlig durcheinander kroch ich in unser noch warmes Liebesnest zurück. Jetzt war ich also in einem Alter, in dem jemand von mir dachte, ich sei so unbefriedigt, dass ich für Sex zu zahlen bereit war! Und ausgerechnet beim ersten Liebesabenteuer, zu dem ich mich nach meinem großen Trennungsschmerz hatte hinreißen lassen … und schon flossen die Tränen.
Ich schwamm in Selbstmitleid und schlief irgendwann ein.
Am nächsten Tag packte ich meine Sachen und schalt mich selbst, weil ich mir von diesem grünen Jungen für einen Moment mein Selbstvertrauen anknacksen hatte lassen. Ich wollte gerade abfahren, als das Telefon läutete. Es war Björn.
„Ja bitte, was gibt‘s?“, antwortete ich kühl. „Ich möchte dich unbedingt noch sehen, bevor du abfährst“, drang es beschwörend aus dem Hörer. „Dazu habe ich weder Lust noch Zeit“, versetzte ich, wieder ganz die Alte. „Mach‘s gut und viel Erfolg im neuen Business. Wenn ich jemand Passenden für dich weiß, empfehle ich dich weiter.“ - „Bitte! Ich ...“ Aber da hatte ich schon aufgelegt.
Während der Autofahrt nach Wien ließ ich unsere Begegnungen noch einmal vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen. Vieles deutete darauf hin, dass ich nur eine willkommene Beute gewesen sein musste. Manches jedoch ließ eine starke persönliche Anziehung vermuten. Ach, egal! Aus, vorbei. Ich zählte mir selbst die Dinge auf, die ich aus der Episode mitnehmen konnte: Ich hatte wieder Freude am Sex und zudem festgestellt, dass es auch ein jüngerer Mann sein konnte - nicht immer nur gleichaltrige oder ältere Partner wie mein Ex-Lebensgefährte. Damit vergrößerte sich das Angebot an künftigen Lovern enorm! Mit dieser Erkenntnis gab ich Gas und fuhr gut gelaunt nach Wien.
Doch so schnell ließ Björn sich nicht abschütteln. In Wien erwartete mich schon eine lange Nachricht am Anrufbeantworter: „So glaub mir doch, bla bla“ -, ich drückte die Löschen-Taste. Zwei Tage später ein Brief: „Ich will dich unbedingt wiedersehen, du bedeutest mir viel, et cetera pp ...“
Klar, dachte ich wütend, wo findet sich so schnell eine attraktive, intelligente Vierzigerin, finanziell abgesichert, ohne eifersüchtigen Ehemann, mit einer eigenen Wohnung in München?
Noch dazu eine, die einem nicht dauernd auf die Pelle rückt, weil sie in Wien lebt und beruflich ständig unterwegs ist?
Ich hatte meine Gefühle wieder unter Kontrolle und meldete mich nicht bei Björn. Aber abends, vorm Einschlafen, musste ich dann doch an ihn denken. Seine Berührungen, sein schlanker, gepflegter Körper, wie geschickt er mich erregte und befriedigte. Und was, überlegte der selbstbewusste Teil meiner Persönlichkeit, wenn ich ihn wirklich nur als Callboy benutzte?
Nun, im Kopf funktionierte diese Idee, im Herzen und Magen jedoch gar nicht. Der Gedanke, dass Björn mit allen möglichen Frauen das Gleiche anstellte wie bei mir, und sie an meiner Stelle wollüstig stöhnten und danach die Hunderter auf den Tisch legten - das wollte ich mir nicht vorstellen.
Mein nächster München-Trip war fällig. Björn war ausgefuchst: Nachdem ich zu Hause nicht abgehoben hatte, fragte er in meiner Firma nach mir, wie ich später herausfand. Die arglose Sekretärin verriet bereitwillig, dass ich gerade auf dem Weg nach München sei.
Als ich in die Prinzregentenstraße einbog, stand Björn da und sprang sofort herbei, um mir mit dem Gepäck zu helfen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Es fiel mir schwer, meine ablehnende Haltung beizubehalten, als er vor mir stand. Björn gefiel mir einfach ausnehmend gut und hatte eine sexy Ausstrahlung, der ich mich nicht entziehen konnte. Er trug mein Gepäck hinauf und erklärte dann, er brächte jetzt mein Auto in die Garage. Hoffentlich haut der nicht mit dem Wagen ab, dachte ich mir, während ich wartete. Ich wusste ja nichts von ihm, außer den Namen. Wenn der überhaupt stimmt! Mein Misstrauen war riesengroß geworden. Aber wenige Minuten später läutete er an der Wohnungstür und stand gleich darauf verlegen im Vorzimmer. Ich fasste einen Entschluss: Ich wollte Klarheit und bat ihn ins Wohnzimmer zur Aussprache.
„Also, was möchtest du mir so dringend sagen, dass du schon auf der Straße auf mich wartest?“, leitete ich das Gespräch ein. „Juliette, es tut mir leid, dass ich dich wegen meiner Freundin angelogen habe“, begann er. Aha, also „Freundin“, nicht „Ex“, registrierte ich, hörte aber weiter zu. „Es war dumm von mir, dir die Sache mit dem Callboy zu erzählen.“ Ja, das war es wirklich, du Idiot. „Das war so eine Idee von ihr, um mich herzulocken, aber eigentlich suche ich einen Job in meinem Beruf. München ist für Techniker besser als Norddeutschland.“ Das stimmte freilich. „Aber über allem steht, dass du eine faszinierende Frau bist. Und ich mich wirklich in dich verliebt habe.“ Oje.
Ich setzte zu einer kühlen Entgegnung an, und es begann auch ganz gut. „Es gibt kein Problem, Björn“, sagte ich, und dann übernahm meine Zunge die Regie. „Wir können uns treffen, aber nur völlig unverbindlich.“
Was redete ich denn da? Ich wollte ihn doch aus meinem Leben streichen! Björn kam näher und nahm meine Hand: „Nein, es soll nicht unverbindlich sein!“, rief er. „Bitte, hilf mir mit deinen Verbindungen, bald einen Job zu finden - und wir sehen uns dann so oft es nur möglich ist!“
Mein Widerstand schmolz schon wieder dahin. „Okay“, sagte ich, „ich rufe ein paar von meinen Geschäftspartnern an und frage, ob sie eine Stelle zu vergeben haben. Dazu brauche ich aber einen ausführlichen Lebenslauf“, und kann ihn gleich selbst durchlesen, fügte ich in Gedanken hinzu. „Wir zwei schauen einfach, wie sich das mit uns entwickelt.“ Und mit fester Stimme fügte ich hinzu: „Ich bin erst seit sechs Monaten Single und möchte keine fixe Beziehung.“
Das war natürlich gelogen. Aber ich wollte zumindest so wirken, als stünde ich über den Dingen. Björn fiel mir um den Hals, küsste mich leidenschaftlich und am liebsten hätte ich ihn gleich ins Schlafzimmer gezerrt. Ich behielt jedoch die Contenance. „Ich muss jetzt dringend arbeiten, wir können uns abends treffen.“ Damit schubste ich ihn zum Wohnungseingang und bei der Tür hinaus. Er ging gehorsam und warf mir von der Treppe noch einen seiner Hundeblicke nach.
Abends holte mich Björn ab und lud mich zum Essen ein. Wir gingen zu einem Italiener, den ich schätzte. Das Abendessen verlief in angenehmer Atmosphäre, ein guter Rotwein lockerte die Stimmung weiter auf. Endlich entspannte ich mich. Ohne mit der Wimper zu zucken ließ ich ihn die Rechnung begleichen und nahm Björn anschließend mit zu mir. Ich hatte noch etwas vor mit dem jungen Mann.
Björn lag ausgestreckt am Rücken, als ich mich auf ihn wälzte und auf ihm zu sitzen kam. Ich küsste ihn und zog dabei seine Arme über seinen Kopf. Unsere Münder saugten sich aneinander, während ich seine Handgelenke fest umschloss und mit einigem Druck niederhielt. Dann richtete ich mich auf, setzte mich auf seinen harten Penis und begann ihn zu reiten. Ich wollte ihn benutzen, wie einen Sexsklaven. „Nichts ist mehr mit Callboy“, flüsterte ich ihm ins Ohr, während ich mein Becken kreisen ließ. „Du bist mein Lustobjekt. Ich benutze dich so lang ich will, so oft ich will und wie ich will.“ Unter mir ließ Björn jeden Widerstand fahren. Sein Schwanz erschien mir plötzlich noch steifer. Das gefiel ihm wohl. Gut, mir auch.
„Mach die Augen zu“, befahl ich ihm. Er gehorchte. Mit meinen spitzen Nägeln zog ich an seinen Nippeln, die sich sofort groß aufstellten. „Du bist ein geiles Miststück“, herrschte ich ihn an, „und wirst mir dienen!“ - „Ja, Juliette, mach mit mir, was du willst“, keuchte er unter mir. „Hör zu, du Sklave. Ich werde mich an dir selbst befriedigen. Und du darfst nicht abspritzen, bis ich es dir erlaube!“, sagte ich heftig atmend.
„Ja“, flüsterte Björn, „alles, was du willst!“ Dieses Machtgefühl machte mich noch heißer als seine Verführungskünste es vermocht hatten. Ich holte mir, was ich wollte, unter mir lag ein schöner, schlanker Jüngling, der mir als Lust-Instrument diente, als nichts sonst. Keine Verliebtheit, in diesem Moment war ich nur noch von Machtrausch angetrieben, der sich in einem Orgasmus entlud. Björn hielt sich wie befohlen zurück. Erst als ich ihn heftig atmend aufforderte: „Jetzt darfst du spritzen, du geiler Sexsklave“, explodierte auch er.
Wir lagen entspannt beieinander. Als er aufstehen wollte, hielt ich ihn zurück. „Wenn du mir beweisen willst, dass es nicht geschäftlich ist, dann bleibst du jetzt hier.“ Er blieb. Wir schliefen Arm in Arm ein.
Am nächsten Morgen frühstückten wir gemütlich. Dann ging Björn, und ich machte mich an die Arbeit. Ich liebte meinen Beruf, der immer an erster Stelle stand. Der erstklassigen Ausführung meiner Tätigkeit hatte sich alles unterzuordnen, auch mein Privatleben.
Ich brütete über Geschäftsunterlagen und dachte schon bald nicht mehr an die vergangene Nacht. Plötzlich klingelte das Telefon. Björn war am Apparat, er klang weinerlich und aufgeregt. „Ich hatte einen fürchterlichen Streit mit meiner Freundin“, begann er. Von wegen Ex. „Und?“, fragte ich ungeduldig. „Sie hat mich rausgeschmissen! Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll!“ - „Beruhige dich“, sagte ich, „Es wird schon nicht so schlimm sein.“
Doch Björn klang untröstlich. „Kann ich bei dir vorbeikommen?“ Ich seufzte. „Wenn‘s unbedingt sein muss, ich bin nämlich mitten in einer wichtigen Sache, die heute noch fertig werden muss.“