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Eine Reihe von Sprengstoffanschlägen erschüttert Hamburg. Wollen islamistische Terroristen jetzt die Stadt in Schutt und Asche legen? Die üblichen Verdächtigen sind schnell ausgemacht. Aber ein Ermittler hat Zweifel. Ist der Fall wirklich so einfach zu durchschauen? Obwohl die Maschinerie aus Justiz, Polizei, Heimatschutz und Geheimdiensten sich längst festgelegt hat, geht der Ermittler seinen Zweifeln nach - und entdeckt, dass der Fall noch eine ganz andere Dimension hat, als bisher zu erkennen war...
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Seitenzahl: 129
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Der explosive Fall: Kommissar Jörgensen Hamburg Krimi
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
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Der explosive Fall
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Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
von Alfred Bekker
Kriminaldirektor Bock machte ein sehr ernstes Gesicht. Unser direkter Vorgesetzter bei der Kripo Hamburg steckte die Hände in die weiten Taschen seiner Flanellhose und deutete auf das Dossier auf seinem Schreibtisch.
»Wir haben mal wieder eine ziemlich vage Terrorwarnung bekommen. Anfangen kann man damit leider wenig.«
»Aus dem Bundesinnenministerium?«, fragte mein Kollege, Kriminalhauptkommissar Roy Müller.
Mein Name ist übrigens Kriminalhauptkommissar Uwe Jörgensen. Roy und ich sind seit Ewigkeiten ein Team.
»Vom Verfassungsschutz«, erklärte Herr Bock. »Sowas kriegen wir hier jede Woche auf den Tisch. Anfangen kann man nichts damit, weil nichts Konkretes drinsteht. Ich muss Sie trotzdem darüber informieren - für den Fall, dass doch etwas passiert.«
»Tja, so ist das eben«, sagte ich.
»So ist was, Herr Jörgensen?«, fragte Herr Bock.
»Jeder will sich absichern.«
Herr Bock nickte und hob vielsagend die Augenbrauen dabei. »Wenn dann doch was passiert, hat vorher jeder jeden gewarnt und seine Pflicht getan.«
»Dann ist im Fall der Fälle niemand Schuld«, stellte ich fest.
»Schuld?« Herr Bock sah mich an. »Schuld ist am Ende immer der Letzte in so einer Warnkette: Also Sie! Das ist doch klar!«
»Ich verstehe.«
»So, nachdem ich Sie also nun gewarnt habe, können wir uns der heutigen Arbeit zuwenden«, fuhr Herr Bock fort.
*
»Sie haben von diesem Apartment aus einen fantastischen Blick über den Stadtpark, Herr... wie war doch gleich der Name?«
Die attraktive Blondine im enganliegenden blauen Kleid drehte sich herum, musterte ihr Gegenüber kurz.
»Abdelhamid. Dr. Jamal Abdelhamid...«, kam die Antwort.
Der Mann, der sich Abdelhamid nannte, war groß und dunkelhaarig. An den Schläfen wurde er bereits grau. Ein dünner Oberlippenbart gab ihm ein Aussehen, das an den in die Jahre gekommenen Omar Sharif erinnerte.
Ihr Lächeln wirkte etwas verlegen. »Sie müssen schon entschuldigen. Meine Freundin hat Ihren Anruf entgegengenommen und den Namen so unleserlich aufgeschrieben, dass...«
»Schon gut«, schnitt Abdelhamid ihr das Wort ab. »Ich nehme das Apartment. Ich brauche es allerdings so schnell wie möglich. Wenn wir uns in dem Punkt einigen können, lege ich dafür auch ein paar Scheine drauf!« Abdelhamid trat an die Fensterfront heran. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen, als er hinaus auf den Stadtpark blickte.
Dieses Apartment ist wie geschaffen dafür, um eine große Sprengladung zu deponieren, ging es Abdelhamid durch den Kopf. Und wenn die losgeht, stürzt der halbe Block ein!
Stadtpark, einen Monat später...
Eine dunkle Rauchfahne quoll aus dem zehnstöckigen Gebäude heraus, als Roy und ich dort eintrafen. Dutzende von Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr, der Notärzte und der Polizei blockierten den Stadtpark. Genau um 11.28 Uhr hatte eine gewaltige Explosion Hamburg Mitte erschüttert.
Wir waren so schnell wie möglich zum Ort des Geschehens geeilt. Den Sportwagen stellte ich am Straßenrand ab. Roy und ich stiegen aus.
In Höhe des fünften Stocks klaffte ein Loch in der Fassade des Gebäudes, einem exquisiten Apartment-Haus. Feuerwehr und Polizei hatten den Bereich weiträumig abgesperrt. Passanten wurden angewiesen, den Gefahrenbereich so schnell wie möglich zu verlassen.
Ein Megafon verkündete, dass akute Einsturzgefahr bestand.
»So eine Scheiße...«, murmelte Roy vor sich hin.
Der sechste Stock bröckelte mehr und mehr ab. Ganze Betonbrocken sackten in die Tiefe, rissen Teile der Fassade in weiter unten gelegenen Etagen mit sich.
Ein Mann geriet in Panik, sprang durch ein Fenster im achten Stock, da er wohl glaubte, dass das gesamte Gebäude innerhalb der nächsten Sekunden in sich zusammenstürzen würde.
Mit einem Schrei fiel der Mann in die Tiefe.
Jede Hilfe kam zu spät.
Ein energischer Feuerwehrmann trat uns entgegen.
Durch den Aufdruck an seiner Jacke wusste ich, dass er Fiegenbaum hieß.
»Gehen Sie bitte zurück!«
Wir zückten unsere Marken. »Jörgensen, Kriminalpolizei. Dies ist mein Kollege Müller...«
»Und wenn Sie der liebe Gott persönlich wären. Hier kommt im Moment niemand durch! Sie können nichts tun, außer hier stehen zu bleiben und abzuwarten. Unsere Leute sind da drin und versuchen so viele Menschenleben wie irgend möglich zu retten.« Er tickte gegen die Gasmaske, die ihm um den Hals hing. »Aber im Gegensatz zu euch sind wir entsprechend ausgerüstet...«
Ich atmete tief durch.
Der beißende Geruch des Qualms war schon in dieser Entfernung unangenehm und kratzte im Hals.
Ich warf einen Blick zu Roy, sah, dass er noch etwas erwidern wollte.
»Lass gut sein, der Mann hat recht«, kam ich ihm zuvor.
»Zum Glück handelt es sich um ein Haus mit Wohnapartments. Die meisten Bewohner dürften um diese Zeit in der Arbeit sein...«, meinte Fiegenbaum und sah dabei hinauf zur Rauchsäule. Unsere Erkennungsdienstler Thorsten Busche und Stefan Zeiler trafen zusammen mit einigen Kollegen ein.
Die beiden begrüßten uns knapp.
Der Einsatz der Erkennungsdienstler würde sicher noch eine ganze Weile warten müssen. Solange die akute Einsturzgefahr bestand, war es unmöglich, jemanden in das Gebäude hineinzuschicken, nur um ein paar Spuren zu sichern.
»Sieht aus, als hätte da jemand ein ganzes Apartment voller Sprengstoff in die Luft gejagt!«, meinte Thorsten Busche.
Vor Monaten schon hatten die Experten in allen Polizeibehörden Hamburgs darauf hingewiesen, dass mit einem derartigen Fall gerechnet werden musste. Mit Sprengstoff gefüllte Wohnungen als Waffe von Terroristen.
Die Vorgehensweise war denkbar einfach. Eine Wohnung anmieten, sie mit dem nötigen Sprengstoff bestücken und den Zünder auf jeden beliebigen Zeitpunkt einstellen.
Vor dieser Art Kriegsführung durch extreme Gruppen aller Art gab es keinen Schutz. Es sei denn, man hätte ein System totaler Kontrolle eingeführt, dass einem Polizeistaat gleichgekommen wäre. Aber das wollte ja niemand.
Auf den ersten Blick betrachtet war es relativ schwer, in Hamburg eine Wohnung zu mieten. Einerseits lag das natürlich an dem geradezu mörderischen Mietniveau, das sich gewöhnliche Angestellte kaum leisten konnten.
Große Leiterwagen der Feuerwehr wurden jetzt näher herangefahren.
Verzweifelte hatten sich indessen in den Stockwerken Nummer sieben, acht und neun gesammelt.
Vielleicht zwanzig, dreißig Personen.
Herr Fiegenbaum schien mit seiner Vermutung, dass die Mehrheit der Bewohner gar nicht zu Hause war, recht gehabt zu haben.
Ich drückte ihm in dieser Hinsicht jedenfalls die Daumen.
Die langen Leitern reckten sich an die zerstörte Fassade des Gebäudes heran. Über Megafon bekamen die Bewohner Verhaltenshinweise.
Es war ein beklemmendes Gefühl für mich, dazustehen und nichts tun zu können, um den Leuten zu helfen.
Aber in diesem Fall war es wirklich besser, den Job den Fachleuten zu überlassen. Unsere Stunde würde noch schlagen...
Denn wer immer auch hinter diesem Anschlag stand, wir würden ihn früher oder später ermitteln und zur Rechenschaft ziehen.
Die ersten Bewohner hatten sich bereits auf die Leitern gerettet, da stürzte die gesamte Vorderfront des Gebäudes in sich zusammen. Zuerst brachen Teile der Decke zwischen den Etagen sechs und sieben herunter. Ein grollender Laut war dabei zu hören, der an Donner erinnerte. Todesschreie mischten sich in dieses Geräusch hinein, wurden von ihm verschluckt.
Ich sah, wie einer der Geretteten und ein Feuerwehrmann durch herumfliegende Beton- und Stahlteile von der Leiter geschleudert wurden.
Dann war nur noch Staub zu sehen. Er hüllte alles ein, erstickte wohl selbst den noch immer schwelenden Brandherd im fünften Stock und kroch auf uns zu.
Gleichgültig ob Angehörige der Feuerwehr, Polizisten oder Rettungssanitäter -—für sie alle gab es jetzt nur noch die Flucht.
Ich starrte auf die graubraune Wand aus Staub, die wie ein gewaltiges Ungeheuer auf uns zukam. Die Gedanken rasten nur so durch mein Hirn. Wie allen Menschen steckte auch mir noch die Erinnerung an das Flugzeugattentat in den Knochen, dass al-Quaida-Terroristen auf das World Trade Center verübt hatten. Die schrecklichen Bilder der einstürzenden Türme waren um die ganze Welt gegangen. Überall hatten sie Wut und Empörung gegen das menschenverachtende Handeln der Täter ausgelöst.
Das, was sich in diesen Augenblicken vor unseren Augen abspielte, war natürlich vom Ausmaß her nicht damit zu vergleichen.
Aber die Menschenverachtung der Täter war dieselbe.
Der Tod völlig Unbeteiligter wurde billigend in Kauf genommen.
Wut erfasste mich.
Unwillkürlich ballte ich die Hände zu Fäusten.
Roy stieß mich an.
»Los! Weg!«
Das riss mich aus der Erstarrung.
Wir rannten über eine Rasenfläche von etwa fünfzig Metern im Stadtpark zu.
Die Hunderte von Schaulustigen, die sich zuvor dort gesammelt hatten, stoben inzwischen längst auch in heller Panik davon.
Schließlich stoppte ich, blickte zurück.
Bis hierher würden uns die Brocken nicht um die Ohren fliegen.
Die Luft war gesättigt von Staub. Ich griff nach meinem Taschentuch. Trotzdem kratzte es im Hals. Durch die sich langsam senkenden Staubschwaden sahen wir eine Ruine.
Die Rückfront des Gebäudes stand noch in einer Höhe von vier Stockwerken da. Wie ein Skelett.
»Das ist ein Bild wie aus einem Krieg, Uwe«, sagte Roy hustend.
»Vielleicht führt die Welt inzwischen ja auch so etwas ähnliches«, erwiderte ich und versuchte beim Sprechen nicht allzuviel Staub zu schlucken.
Wir verbrachten mehr oder weniger den Rest des Tages am Stadtpark. Die Bergungsarbeiten zogen sich über Stunden hin. Dutzende von Bewohnern des Gebäudes und mehrere verletzte Feuerwehrleute mussten in Kliniken eingeliefert werden. Bei den geretteten Hausbewohnern handelte es sich vornehmlich um Leute, die in den im Erdgeschoss befindlichen Geschäften angestellt gewesen waren.
Für die Bewohner der höher gelegenen Mietwohnungen standen die Chancen schlechter.
Bei den Wohnungsinhabern bis Etage vier hatte die Chance auf eine rechtzeitige Flucht bestanden.
Einige wenige waren mit Rauchvergiftungen davon gekommen.
Sie konnten sich glücklich schätzen.
Denn für diejenigen, die sich im oberen Bereich des Gebäudes aufgehalten hatten, gab es keine Hoffnung.
Im Laufe des Tages stellte sich nach und nach heraus, welche der Bewohner zum Zeitpunkt der Explosion gar nicht im Haus gewesen waren. Es waren erfreulich viele.
Aber mit etwa dreißig Toten mussten wir rechnen.
Angesichts der Tatsache, dass sich im Gebäude über hundert Wohnungen befanden, war das eine geringe Zahl.
Trotzdem, jedes dieser Opfer war eines zuviel.
Ein Mordopfer, dessen stummer Schrei nach Gerechtigkeit von uns nicht ungehört bleiben würde.
Als wir am nächsten Morgen im Besprechungszimmer unseres Chefs saßen, war von dem lockeren Umgang, die ansonsten unter uns Kollegen durchaus üblich ist, nichts zu spüren.
Ich hatte nicht viel geschlafen.
Und die Ringe unter Roys Augen zeugten davon, dass es ihm genauso ergangen war.
Nicht einmal Mandys vorzüglicher Kaffee wollte mir richtig schmecken.
Nur Herr Bock, dem Chef der Kriminalpolizei Hamburg, konnte man nicht ansehen, dass er vermutlich die halbe Nacht im Büro verbracht hatte.
Außer meinem Freund und Partner Roy Müller waren noch die Kollegen Stefan Carnavaro, Ollie Medina und Fred LaRocca anwesend. Dazu unsere Erkennungsdienstler Thorsten Busche und Stefan Zeiler sowie Max Bacher vom Innendienst. Außerdem war der Terrorismus-Experte Roger E. Hennemann eingeflogen worden.
»Ich möchte Ihnen ein Amateur-Video vorführen, das bereits gestern von mehreren Sendern in den Nachrichten gezeigt wurde«, erläuterte Roger E. Hennemann. Im Stadtpark hat ein Mann aufgenommen, wie sein fünfjähriger Sohn auf ein Klettergerüst stieg. Im Hintergrund war die Explosion zu sehen.
»Alle Indizien sprechen bis jetzt dafür, dass es sich tatsächlich um einen Anschlag von Terroristen handelt und nicht etwa um einen Unfall«, erläuterte Hennemann. »Allerdings will ich gerne zugestehen, dass die Spurenlage bis jetzt noch sehr dünn ist. Das liegt an den großen Zerstörungen. Wie Ihnen Ihre Kollegen Busche und Zeiler ja vorhin erläutert haben, werden Dutzende von Erkennungsdienstlern noch wochenlang damit zu tun haben, die wenigen Spuren zu sichern und anschließend zu einem Puzzle zusammenzusetzen.«
»So viel Zeit möchte ich dem oder den Tätern nicht lassen«, verkündete Herr Bock im Brustton der Entschlossenheit.
Hennemann nickte zustimmend.
Er fuhr fort: »Ich habe mich mit verschiedenen Spezialisten Ihrer Abteilung unterhalten. Das Gebäude war zwar nicht mehr das jüngste, aber es existierten sehr detaillierte Baupläne. Man kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass diese Wohnung ganz bewusst für die Sprengladung ausgesucht wurde, um einen möglichst großen Schaden anzurichten...«
»...was den Tätern ja auch leider gelungen ist«, vollendete Stefan Carnavaro.
»Seit Monaten gibt es Hinweise von den Geheimdiensten, dass in unter Anhängern extremer islamistischer Gruppen daran gedacht wird, Wohnungen in Serie anzumieten, mit Sprengstoff zu bestücken und als Zeitbomben jederzeit verwendbar zu haben.«
»An die Konsequenzen mag man gar nicht denken«, warf Ollie ein. »Diese Leute brauchen nur mit dem Finger zu schnipsen und in einer Stadt wie Hamburg fallen einige Dutzend Gebäude in Schutt und Asche!«
»Falls dieses Szenario zutrifft - ja«, bestätigte Hennemann. »Und das Schlimme ist: Wir können es kaum verhindern.«
»Aber eine Sache verstehe ich nicht«, sagte Herr Bock. »Wenn diese Terroristen wirklich in einer konzertierten Aktion mehrere Gebäude in Ruinen verwandelt hätten, wäre das Chaos in der Stadt doch perfekt gewesen. Die Leute haben alle noch die Bilder vom 11. September 2001 in Erinnerung und wir hätten wahrscheinlich eine Massenpanik erlebt. Wenn die Anhänger von Osama bin Laden einen Krieg führen wollen, dann verstehe ich nicht, wieso sie diese Gelegenheit nicht genutzt haben, uns wie ohnmächtige Deppen dastehen zu lassen!«
Hennemann hob die Augenbrauen.
»Vielleicht verfolgen unsere Gegner eine andere Strategie!«
»Und die wäre?«
»Man könnte Sie als Nadelstich-Strategie bezeichnen, Herr Bock. Auf die von Ihnen beschriebene Weise ließe sich eine Art Knalleffekt erzielen. Weltweites Aufsehen, dass sich jedoch schnell wieder verflüchtigt hätte. Anscheinend geht es den Tätern aber darum, für langanhaltende Verunsicherung zu sorgen. Niemand weiß, wann und wo die nächste Bombe hochgeht. Auf die Dauer wird das diese Stadt lähmen...«
Herr Bock vergrub die Hände in den Hosentaschen.
»Ich hoffe wirklich, dass Ihre Theorie sich nicht bestätigt, Herr Hennemann!«
Jamal Abdelhamid betrat die Hamburger Galerie. ARABIAN NIGHTS hieß auf gut hamburgisch das Motto der Ausstellung, zu deren Vernissage er geladen war. Künstler aus Syrien, Ägypten und Algerien stellten ihre Werke aus.
Abdelhamid ließ den Blick schweifen.
Die Gäste trugen Abendkleidung.
Abdelhamid war in seinem dunkelgrauen Straßenanzug gerade noch angemessen angezogen. Eine Frau lachte schrill. Jemand hielt Abdelhamid ein Tablett hin und er nahm eines der Champagnergläser.
Ein großformatiges, bis zur Decke reichendes Gemälde, dessen abstrakte Muster an arabische Kalligraphie erinnerten, nahm Abdelhamid für Augenblicke in seinen Bann.
Mustafa al-Khalili hieß der Künstler. Er stammte aus Kairo, lebte aber seit zwanzig Jahren in Deutschland; wie seine auf einer kleinen Schautafel abgedruckte Vita verriet.
»Wie ich sehe, haben Sie Ihren Sinn für Kunst entdeckt«, sagte eine Stimme in Abdelhamids Rücken.
Er wirbelte herum, blickte in das Gesicht eines hageren Mannes. »Mario«, stieß Abdelhamid hervor.
»Was gibt es denn so dringendes?« Mario blickte auf das Gemälde und grinste dabei. »Ihretwegen muss ich mir jetzt so einen Scheiß ansehen«, meinte er. »Am besten Sie kommen gleich zur Sache.«
Der Mann namens Mario war ziemlich schmächtig. Er reichte Abdelhamid kaum bis zur Schulter. Mario trug ein Jackett aus einem fließenden Stoff. Unter der Achsel war eine Verdickung zu sehen. Vermutlich von einem Schulterholster.
Abdelhamids Gesicht veränderte sich. Es wurde zur Maske.