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Die schwarze Katze näherte sich mit geschmeidigen Bewegungen dem rechten Hinterrad der Limousine. Ihre Schritte waren vollkommen lautlos. Sie verharrte regungslos und spitzte die Ohren. Das breite, weiße Halsband bildete einen starken Kontrast zu dem pechschwarzen, seidigen Fell. An der linken Seite befand sich eine Verdickung - ein streichholzschachtelgroßer, quaderförmiger Gegenstand. Es handelte sich um eine digitale Mini-Kamera. Das kleine, nur wenige Millimeter hervorragende Objektiv zeigte in die Blickrichtung des Tieres. Alle dreißig Sekunden machte diese Kamera ein Bild aus der Katzenperspektive, sodass man später nachvollziehen konnte, wo es herumgestreunt war. Vorsichtig schlich die Katze unter den Wagen. Ihre Pfoten hinterließen Spuren, nachdem sie durch die dunkelrote Flüssigkeitslache gegangen war. Dann erreichte sie einen lang hingestreckten menschlichen Körper. Blut war aus einer Wunde an der Schläfe geronnen. Ein Augenpaar starrte die Katze starr an. Sie blickte lang genug zurück, sodass der Selbstauslöser der Kamera gemäß seines 30 Sekunden-Rhythmus aktiv wurde und ihre Sicht der Szene auf einen Daten-Chip bannte.
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Seitenzahl: 128
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Der Fall mit der schwarzen Katze: Kommissar Jörgensen Hamburg Krimi
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
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Der Fall mit der schwarzen Katze
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Alfred Bekker
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
von Alfred Bekker
»Sag mal, fand deine Mutter eigentlich Roy Black gut?«, fragte ich.
Mein Kollege Roy Müller sah mich stirnrunzelnd an.
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Roy.
»Könnte vom Alter her doch hinkommen. Und ich wette, da sind tausende von Kindern von ihren Müttern nach Roy Black benannt worden.«
»Also in meiner Klasse war ich der einzige Roy«, behauptete mein Kollege. »Aber nicht der einzige Müller.«
Mein Name ist Kriminalhauptkommissar Uwe Jörgensen.
Mein Kollege Roy Müller und ich sind in einer inHamburg angesiedelten Spezialabteilung des BKA, die speziell gegen das organisierte Verbrechen operiert und auch in Fällen von länderübergreifender, überregionaler Bedeutung hinzugezogen worden.
Uns stand ein Einsatz in Stade bevor.
Und da musste jedes Detail genau geplant werden.
Die Planung stand jetzt.
Roy blickte auf seine Uhr am Handgelenk.
»Lass uns für heute Feierabend machen, Uwe.«
»Okay.«
»Wir sollten wirklich alle ausgeschlafen sein, wenn die Sache in Stade losgeht.«
Er hatte recht.
Und was im Augenblick getan werden konnte, hatten wir getan.
Ich atmete tief durch. »Dann bis morgen, Roy!«
Bevor Roy den Raum verließ, drehte er sich nochmal um und fragte: »Hör mal, Uwe - du ist aber nicht zufällig nach Uwe Seeler benannt worden, oder?«
*
Später, als ich schon zu Hause war...
»Mir ist heute eine schwarze Katze über den Weg gelaufen«, sagte mir mein Nachbar. »Ich denk mir, das bedeutet nichts Gutes.«
Ich stand auf dem Balkon meiner Hamburger Wohnung, hatte eine Kaffeetasse in der Hand und sah auf das Gewimmel der Hansestadt Hamburg herab.
Ein freier Tag. Kommt bei einem Kriminalhauptkommissar nicht so häufig vor. Aber der Überstundenberg musste irgendwie abgebaut werden.
Mein Nachbar war Taxifahrer.
Ein Hamburger Taxifahrer mit richtig schön norddeutschem Akzent. Er sagte Moin und stolperte regelmäßig sprachlich über den spitzen Stein, wie man so schön sagt.
Und war Muslim.
Sein Vater war Perser, seine Mutter Türkin und er sprach genauso, wie eben jemand spricht, der sein ganzes Leben in Hamburg verbracht hat.
»Sind Sie abergläubisch?«, fragte ich und nahm einen Schluck Kaffee.
»Wieso?«
»Wegen der schwarzen Katze.«
»Meinen Sie das jetzt ernst?«
»Meine ich.«
»Ich bin nicht abergläubisch. Aber gläubig. Das ist ein Unterschied.«
»Sie glauben an Allah.«
»Ja.«
»Und an schwarze Katzen, die Unglück bringen.«
»Nicht ganz so stark, aber: ja.«
»Ist das denn mit dem Islam vereinbar?«
»Keine Ahnung. Um das zu beurteilen, da müsste ich mal einen Imam fragen.«
»Ah ja.«
»Ist das denn bei Christen vereinbar?«
»Nun...«
»Das wissen Sie auch auch nicht so genau, was?«
»Ich denke, es ist nicht vereinbar. Deswegen heißt es ja auch Aberglauben.«
»Sie sind doch Kommissar, oder?«
»Kriminalhauptkommissar«, sagte ich.
»Das wundert mich. Ich dachte immer, die hätten Abitur und studiert.«
»Ja, aber nicht Religionswissenschaft.«
»Aber sowas weiß man dann doch. Ich bin ja nur ein doofer Taxifahrer, aber Sie, Herr Jörgensen... Jörgensen! Das steht an Ihre Tür.«
»Sagen Sie Uwe zu mir. Wir sind ja jetzt Nachbarn.«
»Ich bin Reza.«
»Angenehm.«
»Ich habe mich dreimal um die Wohnung beworben. Man wollte mich nicht. Wahrscheinlich, weil ich Muslim bin und jeder gleich an einen Terroristen denkt.«
»Menschen mit Vorurteilen gibt es überall«, sagte ich.
»Die Wohnung wurde immer wieder angeboten und ich bin ja hartnäckig. Ich komm aus St. Pauli. Ich lass mich nicht unterkriegen, verstehen Sie?«
»Verstehe ich.«
»Offenbar hat die Wohnung niemand gewollt. Die sind sie einfach nicht losgeworden.«
»Tja...«
»Und so habe ich sie dann doch bekommen.«
»Glückwunsch.«
»Aber jetzt mal unter uns, Herr Kommissar...«
»Uwe!«
»Also, Uwe! Unter uns! Was stimmt mit dieser Wohnung nicht? Warum wollte die niemand? Ist doch in Ordnung. Preis in Ordnung, Heizung funktioniert, Kabelfernsehen funktioniert...«
»Könnte mit dem Vormieter zusammenhängen«, sagte ich.
»Aha...«
»Der wurde erschossen.«
»Oh.«
»Und jetzt hatte die Verwaltung Schwierigkeiten, Mieter zu finden. Das habe ich jedenfalls gehört. Wenn die davon gehört haben, haben sie wieder abgesagt.«
»Warum?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Aberglauben.«
»Wie mit der schwarzen Katze.«
»Genau.«
Zwei Tage später sah ich die schwarze Katze auch. Sie war auf meinen Balkon geklettert und dann auf die Fensterbank. Von dort sah sie ins Innere meiner Wohnung.
Sie hatte keine Scheu, gähnte, zeigte ihre Zähne und schien mich mit ihren gelben Augen zu mustern.
Nein, dachte ich. Ich bin nicht abergläubisch.
Ein anderer Ort, eine andere Katze...
Die schwarze Katze näherte sich mit geschmeidigen Bewegungen dem rechten Hinterrad der Limousine. Ihre Schritte waren vollkommen lautlos. Sie verharrte regungslos und spitzte die Ohren.
Das breite, weiße Halsband bildete einen starken Kontrast zu dem pechschwarzen, seidigen Fell. An der linken Seite befand sich eine Verdickung - ein streichholzschachtelgroßer, quaderförmiger Gegenstand.
Es handelte sich um eine digitale Mini-Kamera.
Das kleine, nur wenige Millimeter hervorragende Objektiv zeigte in die Blickrichtung des Tieres. Alle dreißig Sekunden machte diese Kamera ein Bild aus der Katzenperspektive, sodass man später nachvollziehen konnte, wo es herumgestreunt war.
Vorsichtig schlich die Katze unter den Wagen. Ihre Pfoten hinterließen Spuren, nachdem sie durch die dunkelrote Flüssigkeitslache gegangen war.
Dann erreichte sie einen lang hingestreckten menschlichen Körper. Blut war aus einer Wunde an der Schläfe geronnen. Ein Augenpaar starrte die Katze starr an. Sie blickte lang genug zurück, sodass der Selbstauslöser der Kamera gemäß seines 30 Sekunden-Rhythmus aktiv wurde und ihre Sicht der Szene auf einen Daten-Chip bannte.
Lars Thölkes war Kommissar im Dienst der Kriminalpolizei in Stade. Zwanzig Jahre Mordkommission hatte er hinter sich und dabei alles mit angesehen, was es da an Schrecklichem zu ertragen gab.
Aber der Fall, mit dem Thölkes an diesem Dienstag konfrontiert wurde, begann so skurril, dass er erst an einen Scherz der Kollegen glaubte.
Er lehnte sich zurück und strich sich nachdenklich über das glatte, dunkle Haar, dessen Ansatz sich bereits in bedenklicher Weise nach oben verlagert hatte.
Sein Blick war auf die Frau gerichtet, die vor ihm in dem stickigen Büro Platz genommen hatte, das Lars Thölkes seit seiner verspäteten Beförderung für sich allein hatte.
Sie war blond. Das gelockte Haar hing ihr als wilde, ungebändigte Mähne über die Schultern herab. Ihr Kleid war sehr enganliegend und verbarg so gut wie nichts von dem, was darunter war. Ein paar Steine und Ringe machten sofort klar, dass sie nicht in Armut lebte – genauso wie die Designer-Handtasche.
»Ihre Katze hat also einen Mord gesehen«, sagte Thölkes gedehnt. Einer der uniformierten Kollegen hatte die Frau zuerst befragt. Erst danach war sie an die Mordkommission weitergereicht worden und musste nun alles noch einmal von vorn berichten.
»Nein, sie hat keinen Mord gesehen, sondern einen Mann, der ermordet wurde. Eine Leiche mit einem Schussloch im Kopf«, korrigierte die Frau etwas genervt.
Thölkes blickte auf den Personalbogen, den sein Kollege angelegt hatte. Sie hieß Sabrina Kädinger, war 26 Jahre alt, gab an als Tänzerin in einem Club auf St. Pauli zu arbeiten. Sie wohnte in Stade. Thölkes hielt sie für eine Prostituierte.
Sie beugte sich vor. Ihr Dekolleté kam dabei so gut zur Geltung, dass Thölkes einen Moment lang abgelenkt war. Zwischen ihren Augen bildete sich eine tiefe Furche. »Hören Sie, man hat mir gesagt, Sie wären bei der Mordkommission...«
»Das bin ich auch! Zwanzig Jahre Mordaufklärung!«
»Ich würde es schätzen, wenn mich hier endlich mal jemand ernst nehmen würde! Ich habe ein Verbrechen zu melden – und wenn ich auch nicht selbst die Zeugin bin, so ist meine Katze doch mindestens genauso glaubwürdig.«
»Wo ist Ihre Katze?«, fragte Thölkes.
»Zu Hause«, erwiderte sie mit schneidendem Unterton. »Sie mag nämlich Männer mit aufdringlichem Parfum nicht. Dann fängt Sie immer an zu kratzen und ich wollte das Risiko vermeiden, deswegen Schwierigkeiten zu bekommen.«
Thölkes seufzte. »Also noch mal ganz von vorn.«
Sabrina Kädinger verdrehte die Augen. »Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was eine Cat Cam ist.«
»Ehrlich gesagt nein.«
»Das ist eine Minikamera, die man seiner Katze am Halsband befestigt. Ein automatischer Auslöser sorgt dafür, dass alle 20 oder 30 Sekunden ein Bild aus der Perspektive der Katze geknipst wird. Man kann auf diese Weise nachträglich ansehen, wo sie gewesen ist, unter welchen Wagen sie nach Mäusen gejagt hat, in welche Keller sie eingestiegen ist und welche anderen Katzen sie getroffen hat.«
Thölkes schüttelte den Kopf. »Das muss der totale Überwachungsstaat sein, in dem schon nicht einmal mehr Katzen den Kater ihrer Wahl treffen können, ohne dass die Besitzer das mitbekommen!«
»Sie können sich ruhig darüber lustig machen, Kommissar Thölkes. Aber mir ist es sehr ernst. Meine Katze hat nämlich bei einem ihrer Streifzüge einen Toten entdeckt, dem jemand eine Kugel verpasst hatte. Jedenfalls sah das für mich als Laie so aus. Aber Sie können sich gerne selbst davon überzeugen!«
Sie griff in ihre Handtasche nach ihrer Geldbörse. Aus dem Münzfach holte sie dann einen 1 GB Chip hervor. »Ich hoffe, Sie haben hier einen Computer, der modern genug ist, um diese Dinger lesen zu können. Da sind alle Bilder dieses besagten Ausflugs drauf. Es ist sogar jedes Mal die Zeit angegeben, wann die Kamera ausgelöst wurde.«
Thölkes’ Gesicht wurde jetzt ernster. Er nahm den Chip und begann seinen Rechner hochzufahren. Als das geschehen war, steckte er den Chip in den Schlitz des integrierten Kartenlesers.
Wenig später erschienen die ersten Bilder auf dem Schirm. Man konnte sich tatsächlich sehr gut vorstellen, wie der Weg der Katze aus ihrer Perspektive ausgesehen hatte. Sie ging über eine Straße. Man konnte Reifen und Radklappen aus der Bodenperspektive bewundern, einen Hundehaufen in Großaufnahme, der einen Rinnstein verstopfe, mehr oder weniger gut geputzte Schuhe von Männern und Frauen, einen Hund, der grimmig die Zähne fletschte und an seinem Halsband riss und dann noch jede Menge Aufnahmen, die offenbar unter parkenden Fahrzeugen gemacht worden waren.
»Was machen Sie normalerweise mit diesen Aufnahmen?«, fragte Thölkes während er weiterklickte und dabei den abenteuerlichen Weg einer Katze mehr oder weniger lustlos mitverfolgte.
Sabrina Kädinger hob das Kinn etwas an. »Es gibt Leute, die stellen diese Bilder ins Internet. Aber das finde ich krank...«
»Sie machen nur einen privaten Diaabend daraus?«
»Da ich Sie nicht einmal dazu einladen würde, wenn Sie der letzte Mann auf Erden wären, kann Ihnen das getrost egal sein!«, versetzte sie schneidend und so schroff, dass Thölkes sich zu ihr umdrehte.
»Uh, Sie haben ja Haare auf den Zähnen!«, grinste er.
»Sehen Sie besser in die andere Richtung. Das nächste Bild müsste es nämlich sein!«
Thölkes’ Gesicht veränderte sich, als er das nächste Bild ansah. Er veränderte den Zoom, sodass es etwa größer zu sehen war. Dann verengten sich seine Augen.
Zu sehen war ein Mann, der ausgestreckt dalag – offenbar unter einem parkenden Wagen. Aus einer Wunde an der Schläfe war sehr viel Blut gesickert. Auf dem Boden konnte man eine dunkelrote Lache sehen, durch die das Tier vermulich durchgetapst war. Thölkes sah sich auch noch das nächste Bild an. Die Szenerie schien für die Katze interessant genug gewesen zu sein, um etwas länger an dieser Stelle auszuharren. Insgesamt gab es vier Bilder, die den Toten aus leicht veränderten Perspektiven zeigte. Auf einem war das Gesicht besonders gut zu erkennen.
»Sie scheinen da tatsächlich auf etwas gestoßen zu sein«, sagte Thölkes.
»Das sage ich doch die ganze Zeit.«
»Ich ziehe mir die Bilder von Ihrem Chip herunter. Dann können Sie den Datenträger wieder mitnehmen, falls Sie Ihre Katze...«
»Meinen Sie, die lasse ich in nächster Zeit noch mal raus?«, schnitt Sabrina Kädinger ihm das Wort ab. »Was werden Sie jetzt tun?«
»Wir werden in einem gewissen Umkreis um Ihre Wohnung nach Parkplätzen suchen, die als Tatort in Frage kommen. Und natürlich werden sich unsere Spezialisten die Sache ansehen. Falls der Mann auf dem Bild ein Straftäter war oder aus irgendeinem Grund in unseren Archiven gespeichert ist, dann stehen unsere Chancen gar nicht so schlecht, dass wir ihn mit einem Bilderkennungsprogramm identifizieren können.«
»Und falls nicht?«
»Dann ist das noch lange kein Grund aufzugeben. Wir bekommen heraus, wer das ist. Versprochen. Sind Sie in den nächsten Tagen zu Hause?«
»Ich bin Tänzerin in einem Club und arbeite am Abend. Tagsüber treffen Sie mich fast immer in meiner Wohnung an. Die Adresse hat Ihr Kollege aufgenommen.«
Thölkes nickte. »Wir melden uns bei Ihnen. Ganz bestimmt.«
Es war dunkel. Die Straßenbeleuchtung war in den Spar-Modus geschaltet. Zwischen ein Uhr nachts und vier Uhr in der Früh brannte nur jede zweite Leuchte. Eine feuchtkalte Nacht in einem Gewerbegebiet am Rand von Stade. Nach den zwei Stunden, die wir schon hier draußen waren, gab es wohl niemanden, der nicht fror.
Wir trugen Kevlar-Westen und waren über Headsets funktechnisch miteinander verbunden. Die Dienstwaffe lag schussbereit in meiner Hand. Zwanzig Beamte der Kriminalpolizei waren an diesem Einsatz auf dem Gelände der Speditionsfirma Broderich & Dirkens GmbH in Stade beteiligt. Frank Schachmann, ein Informant aus der Szene des illegalen Kunsthandels hatte uns Ort, Zeitpunkt und Beteiligte eines Riesendeals mit illegal eingeführten Asiatika gegeben. Es ging um Kunstgegenstände aus dem Khmer Reich in Kambodscha, dessen legendäre Hauptstadt Angkor vor tausend Jahren neben Bagdad und Kairo eine der wichtigsten Metropolen der Welt gewesen war. Die Umsätze der Kunst-Mafia können inzwischen locker mit denen anderer Zweige des organisierten Verbrechens mithalten und nahmen zwischen dem illegalen Handel mit Drogen, Waffen, Müll, Menschen und Falschgeld einen der vorderen Plätze ein.
Die Gewinne konnten sich sehen lassen und das Risiko erwischt zu werden, war viel geringer als beispielsweise im Drogenhandel, was vor allem damit zu tun hatte, dass es an Kunst-Spezialisten fehlte.
Jetzt warteten wir zusammen mit unseren Kollegen darauf, dass dieser Deal des Jahres, den Frank Schachmann uns verraten hatte, auch tatsächlich über die Bühne ging und wir unsere Falle zuschnappen lassen konnten.
Wir versprachen uns sehr viel davon, denn einige der Beteiligten gehörten zu den derzeit aktivsten Mitspielern in diesem illegalen Match. Wir hofften, dass wir durch ihre Festnahme endlich auch einige der Hintermänner dingfest machen konnten. Leute, die die Kunst-Mafia durch ihr Geld und ihre Aufträge überhaupt am Leben hielten, auch wenn sie selbst peinlich genau darauf achteten, sich nicht in die Schusslinie der Justiz zu begeben.
»Langsam könnte dieser Reinhardt aber auftauchen«, raunte mir mein Kollege Roy Müller zu. Wir hatten uns an der Ecke einer Lagerhalle verschanzt. Der gesamte Bereich war von unseren Kollegen umstellt.